Urteilskopf
98 II 176
27. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. Mai 1972 i.S. Schmid und Mitbeteiligte gegen Schmid und Burri.
Regeste
Klage auf Ungültigerklärung einer Verfügung von Todes wegen (
Art. 519 ZGB
); "Verjährung" (
Art. 521 ZGB
).
Die Jahresfrist, mit deren Ablauf die Ungültigkeitsklage nach
Art. 521 Abs. 1 ZGB
"verjährt", ist nicht eine Verjährungs-, sondern eine Verwirkungsfrist (Klarstellung der Praxis). (Erw. 10.)
Voraussetzungen, unter denen das Begehren um Ladung zu einem Sühneversuch zur Wahrung dieser Frist genügt. Fall, dass die Klage nach dem Scheitern des Sühneversuchs nicht innert der vom kantonalen Prozessrecht festgesetzten Frist beim erkennenden Gericht eingereicht wird. Voraussetzungen der Gewährung einer Nachfrist nach
Art. 139 OR
(Erw.11).
Mehrere gesetzliche Erben des Christian Schmid verlangten u.a. gestützt auf
Art. 519 ZGB
die Ungültigerklärung letztwilliger Verfügungen des Erblassers, von denen sie am 7. Januar 1965 Kenntnis erhalten hatten. Die Tatsachen, aus denen sie die Ungültigkeit der Verfügungen ableiten, wurden ihnen spätestens am 22. März 1965 bekannt, so dass die Jahresfrist, mit deren Ablauf die Ungültigkeitsklage nach
Art. 521 Abs. 1 ZGB
"verjährt", spätestens mit dem 22. März 1966 endigte. Nachdem die Kläger das Vermittleramt Oberengadin am 17. März 1965 und 5. Januar 1966 um Ladung zum Sühneversuch über ihr Klagebegehren ersucht, die nach dem Scheitern der Sühneversuche am 31. Mai 1965 und 19. November 1966 ausgestellten Leitscheine des Vermittleramtes aber nicht bzw. nicht innert der 20tägigen Frist von Art. 96 der ZPO von Graubünden mit einer Prozesseingabe beim Bezirksgericht Maloja eingereicht hatten, stellten sie am 2. Januar 1967 ein neues Vermittlungsbegehren und reichten den Leitschein vom 21. Juni 1967 am 27. Juni 1967 mit einer Prozesseingabe beim Bezirksgericht ein. Die bündnerischen Gerichte und das Bundesgericht weisen die damit eingeleitete Klage, soweit sie eine Ungültigkeitsklage im Sinne von
Art. 519 ZGB
darstellt, wegen Versäumung der Jahresfrist von
Art. 521 Abs. 1 ZGB
ab.
Erwägungen:
10.
Die Kläger haben am 17. März 1965, 5. Januar 1966 und 2. Januar 1967 das Vermittleramt um Ladung zum Sühneversuch über ihr Begehren auf Ungültigerklärung der streitigen Testamente ersucht. Innert der Geltungsdauer des Leitscheins, der ihnen nach dem Scheitern des am 2. Januar 1967 verlangten Sühneversuchs ausgestellt wurde, machten sie die vorliegende
BGE 98 II 176 S. 178
Klage beim Bezirksgericht anhängig. Bei diesem Sachverhalt könnte, wenn auf die in
Art. 521 ZGB
vorgesehene "Verjährung" die Vorschriften des OR über die Unterbrechung der Verjährung von Forderungen (insbesondere die
Art. 135 Ziff. 2 und 137 Abs. 1 OR
) anzuwenden wären, nicht angenommen werden, die Ungültigkeitsklage sei bei Einleitung des vorliegenden Prozesses bereits verjährt gewesen. (Unter dem in
Art. 135 Ziff. 2 OR
verwendeten Ausdruck "Ladung zu einem amtlichen Sühneversuch" ist nachBGE 65 II 166ff. das Begehren an den Friedensrichter [Vermittler] zu verstehen.)
Es fragt sich jedoch, ob die in
Art. 521 und 533 ZGB
geregelte "Verjährung" der Ungültigkeits- und der Herabsetzungsklage eine eigentliche Verjährung sei, auf welche nach
Art. 7 ZGB
die erwähnten Vorschriften des OR sinngemäss angewendet werden könnten, oder ob man es in Wirklichkeit mit einer Verwirkung des Klagerechts zu tun habe, wie das nach der Rechtsprechung in mehreren andern Fällen zutrifft, wo das Gesetz von Verjährung spricht (vgl. namentlichBGE 65 II 101ff., bes. 103/04,
BGE 68 II 274
,
BGE 69 II 347
,
BGE 84 II 595
und
BGE 95 II 267
zu Art. 127, 137 Abs. 2 und 138 Abs. 2 ZGB,
BGE 65 II 103
zum Randtitel von
Art. 251 OR
,
BGE 76 II 240
ff. Erw. 3 zu Art. 21 des BG vom 22. März 1888 betr. den Geschäftsbetrieb der Auswanderungsagenturen und
BGE 95 II 266
ff. Erw. 9 zu
Art. 14 Abs. 1 Satz 2 EHG
).
Das Bundesgericht hat in
BGE 86 II 344
Erw. 4 erklärt, die Frage, ob und wieweit sich die entsprechende Anwendung von Art. 135 und 137/38 OR auf die Ungültigkeits- und die Herabsetzungsklage sachlich rechtfertige, lasse sich beantworten, ohne dass zu prüfen wäre, ob es dogmatisch richtig sei, die Rechtsfolge, welche die
Art. 521 und 533 ZGB
an den unbenützten Ablauf der hier festgesetzten Fristen knüpfen, als Verjährung (besonderer Art) zu bezeichnen, oder ob besser von einer Verwirkung des Klagerechts gesprochen würde (wie es die Vorinstanz im Gegensatz zu der bis dahin vorherrschenden, auch vom Bundesgericht vertretenen Auffassung getan hatte). Sodann hat es in Erw. 5 im wesentlichen ausgeführt, der durch eine Verfügung von Todes wegen Benachteiligte könne, falls er die ihm nach seiner Auffassung zukommenden Erbschaftswerte noch nicht besitzt, nach dem klaren Sinne des Gesetzes nur durch gerichtliche Klage geltend machen, die Verfügung sei mit einem Ungültigkeitsgrund behaftet oder verletze seinen Pflichtteil;
BGE 98 II 176 S. 179
solange kein Gerichtsurteil ergangen sei, stünden ihm die Ansprüche, welche die Verfügung ihm abgesprochen hat, nicht zu, sondern besitze er nur ein durch Klage auszuübendes Anfechtungsrecht; darin unterscheide sich seine Stellung wesentlich von derjenigen des Gläubigers einer Geldforderung, der diese schon vor dem Gerichtsurteil innehabe und nicht immer ein solches erstreiten müsse, um sie zur Geltung zu bringen; wenn das Gesetz vorschreibe, dass die Ungültigkeits- und die Herabsetzungsklage mit dem Ablauf bestimmter Fristen verjähren, könne das also nur heissen, der nicht besitzende Benachteiligte müsse bei Gefahr des Verlustes des Klagerechts innert dieser Fristen die gerichtliche Klage einleiten; hieraus folge, dass
Art. 135 OR
auf die Ungültigkeits- und die Herabsetzungsklage jedenfalls insoweit nicht angewendet werden könne, als er eine Unterbrechung der Verjährung durch andere Mittel als durch gerichtliche Klage (oder Einrede vor Gericht) vorsieht; die Ladung zu einem amtlichen Sühneversuch (
Art. 135 Ziff. 2 OR
) könne zur Wahrung der Fristen von
Art. 521 und 533 ZGB
nur genügen, wenn die Voraussetzungen gegeben seien, unter denen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (
BGE 85 II 537
mit Hinweisen) die Anrufung des Sühnebeamten als Klageanhebung gilt; anderseits genüge eine zuständigenorts und in gehöriger Form eingeleitete Klage, um den Kläger gegen einen durch Zeitverlust bewirkten Verlust der Befugnis zu schützen, die Ungültigerklärung oder Herabsetzung der ihn benachteiligenden Verfügung zu verlangen; nach vorschriftsmässiger Ausübung des Klagerechts könne von einer Verjährung der Klage, "womit hier eben nur dieses durch den einmaligen Akt der Klageeinleitung auszuübende Recht... gemeint sein" könne, nicht mehr die Rede sein; die Vorschriften von Art. 137 Abs. 1 und 138 Abs. 1 OR seien somit auf die Verjährung der Ungültigkeits- und der Herabsetzungsklage im Sinne von Art. 521 bzw. 533 ZGB nicht anwendbar.
Mit diesen Ausführungen hat das Bundesgericht zwar nicht dem Worte, aber der Sache nach entschieden, dass die Fristen der
Art. 521 und 533 ZGB
in Wirklichkeit nicht Verjährungs-, sondern Verwirkungsfristen seien. Das ergibt sich namentlich daraus,
- dass festgestellt wurde, die in Frage stehenden Klagen seien "bei Gefahr des Verlustes des Klagerechts" innert dieser Fristen einzuleiten,
BGE 98 II 176 S. 180
- dass bei Umschreibung der Voraussetzungen, unter denen die Ladung zu einem Sühneversuch zur Wahrung dieser Fristen genügt, auf die Regeln abgestellt wurde, welche die Rechtsprechung für die bundesrechtlichen Klagefristen aufgestellt hat (vgl. hiezu ausser
BGE 85 II 537
mit Hinweisen auch den diese Praxis bestätigenden Entscheid
BGE 89 II 307
Erw. 4), und
- dass als Gegenstand der Klageverjährung im Sinne von
Art. 521 und 533 ZGB
das "durch den einmaligen Akt der Klageeinleitung auszuübende" Klagerecht bezeichnet und entschieden wurde,
Art. 137 Abs. 1 OR
, wonach die Verjährung mit der Unterbrechung von neuem beginnt, sei auf die Verjährung im Sinne von
Art. 521 und 533 ZGB
nicht anwendbar.
Der Entscheid
BGE 86 II 347
ff. ist denn auch von PICENONI (der ihn kritisiert) im angegebenen Sinne verstanden worden (SJZ 1967 S. 101 ff., S. 103/04), wogegen MERZ (der den Entscheid billigt) sich nicht darüber ausspricht, welcher Charakter den Fristen von Art. 521 und 533 nach diesem Entscheide zuzuschreiben sei (ZBJV 1961 S. 370 f.).
An der Auffassung über das Wesen der in
Art. 521 und 533 ZGB
vorgesehenen "Verjährung", zu der sich das Bundesgericht in diesem Entscheide implicite bekannt hat, ist aus den dort angegebenen Gründen festzuhalten. Neben der in diesem Entscheide gekennzeichneten Natur des Rechts, das die
Art. 521 und 533 ZGB
einer "Verjährung" unterwerfen, spricht für diese Auffassung auch der Zweck der genannten Vorschriften. Das Gesetz will mit diesen Bestimmungen unverkennbar dafür sorgen, dass eine allfällige Ungültigkeits- oder Herabsetzungsklage im Regelfalle (- wenn nicht die Sonderbestimmung von
Art. 521 Abs. 2 ZGB
eingreift -) innert einer verhältnismässig kurzen Frist vom Bekanntwerden der massgebenden Tatsachen an erhoben und der fragliche Streit im so eingeleiteten Verfahren erledigt wird. Die durch die betreffende Verfügung Bedachten, unter denen sich betagte Personen wie z.B. der überlebende Ehegatte des Erblassers befinden können, haben hieran ein berechtigtes Interesse. Den durch die Verfügung Benachteiligten ist die Ausübung ihres Klagerechts innert der Jahresfrist von Art. 521 bzw. 533 ZGB unter Vorbehalt des erwähnten Sonderfalles um so eher zuzumuten, als sie nach
Art. 559 ZGB
die Auslieferung der Erbschaft an die eingesetzten
BGE 98 II 176 S. 181
Erben dadurch verhindern können, dass sie deren Berechtigung innert eines Monats seit der in
Art. 558 ZGB
vorgeschriebenen Mitteilung der Verfügung ohne Grundangabe (vgl. BGE 98 I b 99 Abs. 2 am Ende) bestreiten.
Die praktische Tragweite der Art. 521 Abs. 1 und 533 Abs. 1 ZGB wird freilich, worauf PICENONI (a.a.O. 104 ff.) hinweist, dadurch beschränkt, dass Personen, die sich im Besitz oder Mitbesitz der Erbschaft befinden, nicht auf die Ungültigkeits- oder Herabsetzungsklage angewiesen sind, sondern die Ungültigkeit oder Herabsetzbarkeit einer Verfügung gemäss Art. 521 Abs. 3 bzw. 533 Abs. 3 jederzeit einredeweise geltend machen können, und zwar gegebenenfalls auch im Erbteilungsprozess (
BGE 58 II 404
ff. Erw. 3,
BGE 86 II 462
f.). Das hindert aber keineswegs, die erwähnten Bestimmungen so auszulegen, dass sie dort, wo sie zur Anwendung kommen, ihren Zweck erfüllen.
Sind die hier festgesetzten Fristen Verwirkungsfristen, so kommen eine Unterbrechung ihres Laufs nach Art. 135 und ein Neubeginn nach Art. 137/38 OR nicht in Frage, sondern muss unter allen Umständen innert dieser Fristen geklagt werden und richten sich die Anforderungen an die Klageerhebung nach den für die bundesrechtlichen Klagefristen geltenden Grundsätzen.
11.
Die Kläger sind vor Ablauf der Jahresfrist von
Art. 521 Abs. 1 ZGB
(22. März 1966) nicht an das Gericht gelangt, sondern haben bloss zwei Vermittlungsbegehren gestellt.
Die Anrufung des Sühnebeamten genügt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Wahrung einer bundesrechtlichen Klagefrist nur dann, wenn der Sühnebeamte die Streitsache gemäss kantonalem Prozessrecht mangels Aussöhnung von Amtes wegen an das Gericht weiterzuleiten hat oder wenn zwischen dem Sühne- und dem eigentlichen Prozessverfahren nach kantonalem Prozessrecht ein Zusammenhang wenigstens in dem Sinne besteht, dass der Kläger den Streit innert einer gewissen Frist nach Abschluss des Sühneverfahrens vor den urteilenden Richter bringen muss, um die Verwirkung des Klagerechts oder andere Rechtsnachteile zu vermeiden, und der Kläger diese Frist im konkreten Falle auch wirklich eingehalten hat (
BGE 74 II 16
f. Erw. 1b mit Hinweisen,
BGE 81 II 538
,
BGE 82 II 590
,
BGE 85 II 315
und 537,
BGE 89 II 307
Erw. 4).
In Graubünden besteht zwischen dem Vermittlungsverfahren und dem gerichtlichen Verfahren ein solcher Zusammenhang (vgl.
BGE 89 II 307
). Die Nichteinhaltung der Frist von 20
BGE 98 II 176 S. 182
Tagen seit Ausstellung des Leitscheins, die nach
Art. 96 ZPO
für die Einreichung des Leitscheins des Vermittleramtes (und der Prozesseingabe) beim Gericht gilt, bewirkt zwar nicht etwa den Verlust des im materiellen Recht begründeten Klagerechts (vgl. hiezu
BGE 93 II 371
Erw. 5 mit Hinweisen), macht aber den Leitschein unwirksam und führt, wenn dieser gleichwohl eingereicht wird, nach
Art. 97 ZPO
zur Abschreibung der Klage, was genügt, um den nach der Rechtsprechung erforderlichen Zusammenhang zwischen Vermittlungs- und Gerichtsverfahren herzustellen.
Die Kläger haben jedoch den im ersten Vermittlungsverfahren ausgestellten Leitschein vom 31. Mai 1965 überhaupt nicht und den Leitschein aus dem zweiten Vermittlungsverfahren, der am 19. November 1966 ausgestellt wurde, erst am 14. Dezember 1966 eingereicht, was nach der im Berufungsverfahren nicht überprüfbaren Auslegung des kantonalen Prozessrechts durch die Vorinstanz zu spät war. Daher stellt weder das erste noch das zweite der innert der Jahresfrist von
Art. 521 Abs. 1 ZGB
gestellten Vermittlungsbegehren eine Klageanhebung im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis dar. Die vorliegende Klage könnte deshalb selbst dann nicht als innert dieser Frist angehoben gelten, wenn es sich dabei um die im Anschluss an das zweite Vermittlungsverfahren beim Gericht eingereichte Klage handeln würde. Das ist im übrigen nicht der Fall, sondern die vorliegende Klage beruht auf dem Leitschein aus dem dritten Vermittlungsverfahren, das erst am 2. Januar 1967 und damit lange nach Ablauf der Jahresfrist von
Art. 521 Abs. 1 ZGB
eingeleitet wurde.
Vergeblich machen die Kläger geltend, das Testamentsanfechtungsverfahren sei seit dem 17. März 1965 (Datum des ersten Vermittlungsbegehrens) oder doch jedenfalls seit dem 5. Januar 1966 (Datum des zweiten, ebenfalls noch vor Ablauf der Frist von
Art. 521 Abs. 1 ZGB
gestellten Vermittlungsbegehrens) "ohne jeden Unterbruch rechtshängig". Beim Entscheid darüber, ob die Klagefrist von
Art. 521 Abs. 1 ZGB
eingehalten worden sei, kommt es nicht auf die Rechtshängigkeit, die sich nach kantonalem Recht bestimmt (
BGE 74 II 69
,
BGE 90 II 216
Erw. 2), sondern allein darauf an, wann die zu beurteilende Klage in Sinne der für die bundesrechtlichen Klagefristen geltenden Regeln des Bundesrechts angehoben wurde, und das ist eben im vorliegenden Falle erst lange nach
BGE 98 II 176 S. 183
Ablauf jener Frist geschehen. Im übrigen hat die Vorinstanz auf Grund des kantonalen Prozessrechts, dessen Anwendung das Bundesgericht als Berufungsinstanz nicht zu überprüfen hat, festgestellt, dass das mit dem Vermittlungsbegehren vom 5. Januar 1966 eingeleitete Verfahren bereits am 10. Dezember 1966, d.h. an dem auf den letzten Tag der Leitscheinfrist folgenden Tage, nicht mehr hängig war und dass mehrere aufeinanderfolgende Vermittlungsbegehren nicht dazu taugen, die Streithängigkeit ohne Unterbruch aufrechtzuerhalten. Indem die Vorinstanz ausführte, die Streithängigkeit falle mit dem unbenützten Ablauf der Leitscheinfrist ohne weiteres dahin und der Beschluss vom 29. Dezember 1966 über die Abschreibung der Klage nach
Art. 97 ZPO
stelle den Hinfall der Rechtshängigkeit rein deklaratorisch fest, hat sie implicite auch erklärt, dass die aufschiebende Wirkung, die den Rechtsmitteln gegen den Abschreibungsbeschluss erteilt wurde, nach kantonalem Recht keinen Einfluss auf die Rechtshängigkeit der Streitsache haben konnte (sondern nur die Vollstreckung des Kostenspruchs hinderte). Ob der Abschreibungsbeschluss während der kantonalen Gerichtsferien erlassen werden durfte, ist unerheblich, da beim Entscheid über die Rechtzeitigkeit der vorliegenden Klage auf diesen Beschluss überhaupt nichts ankommt, und stellt im übrigen eine Frage des kantonalen Prozessrechts dar, mit der sich das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht befassen kann.
Art. 139 OR
, der in der Berufungsschrift angerufen wird, hilft den Klägern nicht. Diese Vorschrift, die unter den Bestimmungen über die Verjährung eine Sonderstellung einnimmt (
BGE 89 II 309
), ist zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auf die Klagefristen des Bundeszivilrechts entsprechend anzuwenden (
BGE 89 II 307
ff. Erw. 6 mit Hinweisen,
BGE 93 II 369
Erw. 3,
BGE 96 III 95
Erw. 2). Sie greift grundsätzlich auch dann ein, wenn eine Klage an einem Fehler scheitert, der nicht bei Einleitung des Vermittlungsverfahrens, sondern erst bei Anrufung des Gerichtes unterlief. Dem Kläger, der in diesem Stadium des Verfahrens einen Fehler begeht, kommt die Nachfrist von
Art. 139 OR
aber nur zugute, falls er innert der Frist, die nach kantonalem Prozessrecht für die Einreichung der Klage beim Gericht gilt, etwas - wenn auch nicht das Richtige - vorkehrt. Einem Kläger, der diese Frist unbenützt verstreichen lässt, ist die Nachfrist des
Art. 139 OR
dagegen nicht zu gewähren
BGE 98 II 176 S. 184
(
BGE 89 II 311
f. Erw. 7,
BGE 93 II 370
f. Erw. 4). So verhält es sich im vorliegenden Falle. Die Kläger sind innert der Frist von 20 Tagen seit Ausstellung der Leitscheine vom 31. Mai 1965 und 19. November 1966, innert der sie nach
Art. 96 ZPO
den Leitschein und die Prozesseingabe hätten einreichen sollen, untätig geblieben und können daher eine Nachfrist im Sinne von
Art. 139 OR
nicht beanspruchen.
Soweit die vorliegende Klage eine Ungültigkeitsklage im Sinne von
Art. 519 ZGB
darstellt, ist sie also wegen Versäumung der Klagefrist von
Art. 521 Abs. 1 ZGB
abzuweisen.