Urteilskopf
98 II 40
7. Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. Februar 1972 i.S. Fux gegen Staat Wallis und Kuonen.
Regeste
Art. 58 OR
, Haftpflicht des Strasseneigentümers.
1. Grenzen der einem Kanton obliegenden Pflicht, Glatteis auf seinem Strassennetz zu bekämpfen. Pflicht des Fahrers, auf winterliche Strassenverhältnisse Rücksicht zu nehmen (Erw. 1 und 2).
2. Anwendung dieser Regeln auf einen Verkehrsunfall, der sich ausserorts auf einer vereisten Hauptstrasse ereignet hat (Erw. 3).
3.
Art. 3 Abs. 1 SSV
. Der Strasseneigentümer ist nicht verpflichtet, die Schleudergefahr wegen zeitweise auftretender Winterglätte, die er regelmässig bekämpfen lässt, besonders zu signalisieren (Erw. 4).
4. Art. 41 Abs. 1, 55 und 61 Abs. 1 OR. Ist der Polizeibeamte, der sich auf den Posten begab, statt den Verkehr auf der vereisten Strasse zu sichern, bis diese gesalzt werden konnte, für den Unfall mitverantwortlich (Erw. 5)?
A.-
Albert Fux fuhr am Sonntag den 5. Februar 1967, nach 15 Uhr, mit seinem Personenwagen Ford-Corsair auf der Furkastrasse von Lax Richtung Mörel. Die Strasse war schneefrei, das Wetter schön. In der Nacht hatte es jedoch geregnet, und im Verlaufe des Tages ging die Temperatur stark zurück. Im Guldersand, zwischen der Bader- und der Nussbaumbrücke, wo die Strasse zu dieser Jahreszeit den ganzen Tag im Schatten liegt, bildete sich deswegen auf einer Strecke von etwa 1,2 km eine dünne Eisschicht. Als Fux diese Strecke um 15.30 Uhr mit angeblich 30 bis 50 km/h befuhr, geriet sein Wagen in der Nähe des Gasthofes "Furka" ins Schleudern und prallte bergseits gegen eine Mauer. Fux wurde nur leicht verletzt. Seine Frau dagegen, die neben ihm sass und in die Windschutzscheibe geworfen wurde, verlor wegen Verletzungen, die sie sich durch Glassplitter zuzog, die Sehkraft eines Auges. Für den stark beschädigten Wagen, der vorher etwa Fr. 6000.-- wert war, konnte Fux nur noch Fr. 900.-- lösen.
Am gleichen Nachmittag war der Polizeigefreite Kuonen von Mörel bereits um 14.15 Uhr durch Dritte unterrichtet worden, dass sich im Guldersand ein Unfall ereignet habe. Als er dort eintraf, stellte er fest, dass der Wagen der Ursula Kriesi wegen des Glatteises von der Strasse abgekommen war. Da offenbar nur Sachschaden entstanden war und die Beteiligten ausdrücklich auf eine Tatbestandsaufnahme verzichteten, begab sich Kuonen auf den Polizeiposten zurück und versuchte, den zuständigen Strassenaufseher Imhasly in Fiesch telephonisch zu
BGE 98 II 40 S. 42
erreichen. Dieser war jedoch abwesend. Kuonen wandte sich deshalb an den Strassenmeister Sidler in Visp, der den Strassenwärter Karlen in Grengiols zwischen 15.30 und 16 Uhr anwies, in Visp Salz zu holen und das vereiste Strassenstück mit Hilfe Dritter zu bestreuen. Inzwischen, etwa um 14.45 Uhr, war auch Peter Margelisch, der bergwärts fuhr, wegen des Glatteises von der Strasse abgekommen, aber wahrscheinlich ohne Schaden zu nehmen; denn er fuhr nachher mit dem Wagen wieder zurück. Kamil Tenisch und Max Karlen, die ungefähr um 13 und 13.30 Uhr die Strecke befuhren, kamen ebenfalls leicht ins Schleudern, konnten ihre Fahrzeuge jedoch auf der Strasse halten.
B.-
Im Juli 1967 klagten Albert und Elsa Fux gegen den Kanton Wallis und den Polizeigefreiten Kuonen auf Schadenersatz. Sie beantragten, die Beklagten seien solidarisch zu verurteilen, Albert Fux Fr. 5632.-- nebst Zins und Elsa Fux Fr. 125 388.-- nebst Zins zu bezahlen.
Die Kläger beriefen sich auf
Art. 58 Abs. 1 OR
und machten geltend, die Strasse sei am Unfalltag im Guldersand mangelhaft unterhalten worden, weil man weder das Glatteis bekämpft noch die notwendigen Gefahrensignale aufgestellt habe. Kuonen hafte aus
Art. 41 Abs. 1 OR
, da er es pflichtwidrig unterlassen habe, nach dem Unfall der Ursula Kriesi an Ort und Stelle Massnahmen zu treffen, um weitere Unfälle zu verhindern.
Das Kantonsgericht Wallis wies die Klage durch Urteil vom 15. September 1971 ab.
C.-
Die Kläger haben gegen dieses Urteil die Berufung erklärt. Sie beantragen, es aufzuheben und die Klage gutzuheissen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Wie das Bundesgericht im Entscheid 72 II 201 ausgeführt hat, ist die Frage, ob eine Strasse mangelhaft unterhalten worden sei, auch dann nach
Art. 58 OR
zu beurteilen, wenn ein Gemeinwesen Eigentümer der Strasse ist. In neueren Entscheiden hat es diesen Grundsatz insofern eingeschränkt, als es erklärte, in welchem Masse öffentliche Strassen zu unterhalten seien, bestimme grundsätzlich das öffentliche Recht, und wenn dessen Vorschriften im einzelnen Fall beobachtet worden seien, so könne nur bei Vernachlässigung elementarer Massnahmen
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von einem Unterhaltsmangel gesprochen werden (
BGE 76 II 217
/8,
BGE 78 II 152
,
BGE 89 II 334
,
BGE 91 II 199
).
Ob an dieser Einschränkung unbekümmert um die stete Zunahme des Motorfahrzeugverkehrs festzuhalten sei, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Es braucht auch nicht entschieden zu werden, ob die Streupflicht für Strassen ausserorts, wie OFTINGER annimmt (Haftpflichtrecht II/1 S. 90), überhaupt zu verneinen oder heute wenigstens für das Hauptstrassennetz zu bejahen wäre, auch wenn das öffentliche Recht sie nicht vorschreibt. Diese Fragen stellen sich hier nicht, denn das Walliser Strassengesetz vom 3. September 1965 (StG) bestimmt in Art. 103, dass öffentliche Strassen auch im Winter entsprechend den Verkehrsbedürfnissen in dem Masse offen zu halten sind, als dies vom Unterhaltspflichtigen verlangt werden kann (Abs. 1), und dass der Winterdienst vor allem die Schneeräumung sowie die Bekämpfung von Glatteis und Schneeglätte umfasst (Abs. 2). In Art. 116 wird zudem gesagt, Schneeräumung und Schutzmassnahmen gegen Glatteis und Schneeglätte hätten als Unterhaltsarbeiten zu gelten und würden (für das kantonale Strassennetz) vom Baudepartement besorgt. Das öffentliche Recht schreibt somit den Gemeinwesen im Wallis ausdrücklich vor, Winterglätte auf ihrem Strassennetz zu bekämpfen. Soweit sich die Vorschrift an den Kanton als Strasseneigentümer wendet, gilt sie in erster Linie für das Hauptstrassennetz. Dazu gehört aber auch das Strassenstück, auf dem sich der Unfall ereignet hat (
Art. 5 Ziff. 1 StG
).
2.
Wenn das öffentliche Recht den Gemeinwesen aufgibt, Glatteis und Schneeglätte auf ihren Strassen zu bekämpfen, heisst das nicht, dass bei jedem Unfall, der mit einer solchen Gefahrenquelle zusammenhängt, auf einen mangelhaften Unterhalt der Strasse im Sinne von
Art. 58 OR
zu schliessen sei. Es ist vielmehr in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Strasseneigentümer nach den zeitlichen, technischen und finanziellen Gegebenheiten überhaupt in der Lage war, seine Aufgabe zu erfüllen. Zu bedenken ist vor allem, dass ein Strassennetz wegen seiner Ausdehnung nicht in gleichem Masse unter Kontrolle gehalten werden kann wie zum Beispiel ein einzelnes Gebäude und dass die Aufwendungen eines Gemeinwesens für den winterlichen Strassendienst in einem vernünftigen Verhältnis zu seinen Mitteln und zu seinen übrigen Auslagen stehen müssen (
BGE 78 II 152
/3,
BGE 89 II 334
Erw. 4). Dass sich die Winterglätte auf
BGE 98 II 40 S. 44
einem einzelnen Strassenstück ohne grossen Aufwand beseitigen lässt, ist daher nicht entscheidend, sondern dass die Leistungsfähigkeit des Strasseneigentümers, folglich auch das Ausmass seiner Streupflicht durch die gesamten Verhältnisse bestimmt wird. Je ausgedehnter das Strassennetz eines Gemeinwesens ist und je zahlreicher die Strecken sind, auf denen Winterglätte auftreten kann, desto mehr drängt es sich auf, die Streupflicht des Eigentümers auf besonders gefährliche Teile verkehrswichtiger Strassen zu beschränken. Das muss insbesondere für Strecken ausserorts gelten, da eine allgemeine Streupflicht bei Winterglätte in einem grösseren Kanton praktisch undurchführbar ist. Zu bedenken ist ferner, dass Winterglätte namentlich in Berglagen plötzlich auftreten und das gestreute Mittel bei anhaltendem Frost seine Wirkung schon innert Stunden verlieren kann, vom Gemeinwesen aber vernünftigerweise nicht verlangt werden darf, das Streuen alle paar Stunden zu wiederholen oder einzelne Stellen besonders zu behandeln.
Auf witterungsbedingte Strassenverhältnisse Rücksicht zu nehmen ist in erster Linie vielmehr Sache des Fahrers. Dazu gehört, dass er für Fahrten auf winterlichen Strassen geeignete Gleitschutzmittel verwendet und erhöhte Vorsicht walten lässt, insbesondere seine Fahrweise dem Zustand der Strasse anpasst (
Art. 32 Abs. 1 SVG
). Auch muss er bei Graden um Null mit Eisbildung auf nassen Strassen rechnen und die Fahrgeschwindigkeit danach einrichten; er darf selbst bei klarem Wetter nicht leichthin annehmen, die Fahrbahn sei überall eisfrei oder gegen Winterglätte bereits gesichert, zumal den zuständigen Organen eine angemessene Frist eingeräumt werden muss, die Streuarbeiten auszuführen. Wenn er zu schnell fährt, von der Gefahr überrascht wird oder sich fahrtechnisch falsch verhält, den Unfall bei einer vernünftigen, den Umständen entsprechenden vorsichtigen Fahrweise aber hätte vermeiden können, so kann er sich nicht auf die Haftung des Strasseneigentümers nach
Art. 58 OR
berufen (vgl.
BGE 81 II 453
/4,
BGE 91 II 209
).
3.
Nach dem angefochtenen Urteil war die Furkastrasse zwischen Lax und Brig in der Nacht zum Unfalltag eis- und schneefrei geblieben. Es regnete bis gegen Fiesch und das Wetter war eher mild. Am Morgen des Unfalltages war die Strasse im Guldersand nach den Angaben des Strassenaufsehers Imhasly, der sie damals selber befuhr, wohl etwas glitschig, aber bei angepasster Geschwindigkeit gut befahrbar. Dasselbe ergibt
BGE 98 II 40 S. 45
sich aus den Aussagen des Klägers, der im Verfahren erklärte, er habe bei der Bergfahrt am Vormittag nichts Ungewöhnliches, insbesondere "nichts vom Eise" bemerkt. Entgegen den Einwänden in der Berufung lässt sich deshalb nicht sagen, die Eisbildung hätte den kantonalen Strassendienst bereits am Vormittag zum Sanden veranlassen müssen, da sie schon zu dieser Zeit klar erkennbar gewesen sei. Der Kälteeinbruch ist erst im Verlaufe des Tages erfolgt. Dem angefochtenen Urteil ist denn auch nicht zu entnehmen, dass bis 13 Uhr, als der Wagen des Kamil Tenisch wegen der Vereisung ins Rutschen geriet, sich im Guldersand bereits ein ähnlicher Zwischenfall ereignet habe.
Als Strassenmeister Sidler etwa um 15.30 Uhr von der Vereisung Kenntnis erhielt, wies er den Strassenwärter Karlen an, die Strecke zu salzen, was gegen 17 Uhr geschehen ist. Die Weisung war sachlich richtig, da Glatteis am besten mit Salz bekämpft wird. Ob es ein Fehler war, dass der Strassenwärter das Salz in Visp holen musste, braucht nicht geprüft zu werden, da die Kläger bereits verunfallten, als die Organe des Strassenunterhaltungsdienstes von der Vereisung erfuhren. Die Kläger machen ihnen daraus denn auch keinen Vorwurf, sondern wenden ein, das Strassenstück im Guldersand sei den verantwortlichen Organen des Streudienstes wegen seiner Gefährlichkeit im Winter bestens bekannt gewesen; sie hätten deshalb mit einer Vereisung rechnen müssen.
Dem ist vorweg entgegenzuhalten, dass die Strasse im Guldersand nach dem, was in tatsächlicher Hinsicht feststeht, auch im Winter nicht als besonders gefährlich bezeichnet werden kann. Die Furkastrasse führt auf dieser Strecke zwar teils der Rhone entlang, weist aber nur wenig Biegungen und Gefälle auf, ist über 9 m breit und gut ausgebaut. Auch ereigneten sich dort, wie aus dem angefochtenen Urteil erhellt, während etwa zehn Jahren (Januar 1958 bis Mai 1968) verhältnismässig wenig Unfälle, nämlich drei mit Körperverletzungen und sieben mit blossem Sachschaden. Dazu kommt, dass nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht nur die Strecke im Guldersand, sondern zahlreiche weitere Teile des Walliser Hauptstrassennetzes während des Winters grösstenteils im Schatten liegen. Dort kann die Vereisungsgefahr bei winterlichen Verhältnissen auch tagsüber andauern und trotz Bekämpfung immer wieder einsetzen. Wenn nach Tau- oder Regenwetter, wie hier, plötzlich Kälte einbricht, ist die Gefahr noch allgemeiner.
Unter solchen Umständen kann vom eingeklagten Strasseneigentümer schlechterdings nicht verlangt werden, jede schattige Stelle im Winter jederzeit von Glätte freizuhalten oder gar, wie die Kläger anzunehmen scheinen, eine Strasse schon bei drohender Vereisung oder Glätte vorsorglich zu bestreuen. Der Eigentümer wäre überfordert, und seine finanziellen Aufwendungen, die nach den Angaben des kantonalen Strassenmeisters allein für Salz und Sand jährlich etwa eine Million Franken ausmachen, müssten ungleich höher ausfallen. Vorbeugende Massnahmen drängten sich übrigens nach der Auffassung des Strassenaufsehers Imhasly am Morgen des 5. Februar im Guldersand nicht auf, zumal die Furkastrasse in den beiden vorangehenden Wochen mehrmals von Mörel bis Fiesch bestreut worden war. Die Vereisungsgefahr ist zudem, wie die Erfahrung zeigt, nachts und in den Morgenstunden, das heisst wenn am wenigsten Verkehr herrscht, am grössten, geht tagsüber aber meistens zurück. Hier verhielt es sich wider Erwarten anders, weil die Temperatur wegen eines Kälteeinbruches im Verlaufe des Sonntags knapp unter den Gefrierpunkt sank. Auf die Vereisung, die daraufhin im Guldersand entstand, mussten sich die Fahrer einstellen, die Strecke bis zur Behebung der Gefahr durch den Strassendienst folglich langsamer und mit erhöhter Vorsicht befahren. Das galt insbesondere für Fahrer, die wie der Kläger abwärts fuhren und sich im Guldersand auf der Talseite befanden.
4.
Zum mangelfreien Strassenunterhalt im weiteren Sinn gehört auch, dass gefährliche Stellen, die nicht durch bauliche oder andere Massnahmen entschärft werden können, durch entsprechende Signale gekennzeichnet werden (vgl.
Art. 1 Abs. 2 SSV
). Das Signal "Schleudergefahr" (Nr. 105) ist vor Fahrbahnen mit übermässig glattem Belag und vor Strassenstrecken aufzustellen, die in besonderem Masse der Vereisung ausgesetzt sind (
Art. 3 Abs. 1 SSV
). Die Kläger machen geltend, auf der Strecke im Guldersand hätte man zwei bis drei solche Signale anbringen sollen; der Strassenwärter Karlen hätte das übrigens noch auf seiner Hinfahrt nach Visp tun und dadurch den Unfall vermeiden können.
Die Strecke im Guldersand war zur Zeit des Unfalls nicht mit dem Signal Nr. 105 versehen. Nach der Feststellung des Kantonsgerichtes befand sich ein solches Signal zwar oberhalb der Baderbrücke. Damit wurde aber offenbar nur vor der Gefahr,
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welche die Brücke und die unmittelbar folgende scharfe Rechtsbiegung darstellen, gewarnt. Die Feststellung, die sich auf die Aussagen Imhaslys stützt, steht übrigens im Widerspruch zu den Angaben von Kuonen und Karlen. Wie es sich damit genau verhält, ist für den Ausgang des Verfahrens jedoch nicht entscheidend und mag daher offen bleiben. Es braucht auch nicht geprüft zu werden, ob Karlen vor der vereisten Strecke ein Signal hätte anbringen sollen, bevor er Salz holen ging. Die Unterlassung des Strassenwärters war für den Unfall der Kläger jedenfalls nicht kausal, da diese etwa um 15.30 Uhr verunglückten, Karlen aber erst nachher benachrichtigt wurde. Entscheidend ist, dass die Strasse im Guldersand nach den Feststellungen des Kantonsgerichtes nicht gefährlicher ist als zahlreiche andere Strecken im Wallis, die bei kalter Witterung, wenn Eis- oder Schneeglätte auftreten können, vom Fahrer ebenfalls erhöhte Vorsicht verlangen. Dass sie in besonderem Masse der Vereisung ausgesetzt sei, lässt sich nicht sagen. Richtig ist, dass sie im Winter weitgehend im Schatten bleibt, während andere Teile der Furkastrasse, wie dies am Unfalltage zutraf, von der Sonne beschienen werden und daher nach Tau- oder Regenwetter trocknen. In engen oder tiefen Tälern sind schattige Strecken jedoch nichts Aussergewöhnliches, weshalb der Strasseneigentümer nicht verpflichtet werden kann, die Schleudergefahr wegen zeitweise auftretender Winterglätte besonders zu signalisieren. Dass der Strassendienst dies im Winter 1967/68 im Guldersand gleichwohl getan hat, hilft darüber nicht hinweg. Die Signalisierung erübrigt sich jedenfalls dann, wenn der Eigentümer die Winterglätte, wie das hier in den Wochen vor dem Unfall geschehen ist, regelmässig bekämpfen lässt. Auf längeren Strecken müsste die Warnung zudem in angemessenen Abständen wiederholt werden (
Art. 73 Abs. 3 SSV
), was zu einer Häufung fester Signale führte, die während der meisten Zeit überflüssig wären. Dadurch aber wird die Aufmerksamkeit der Fahrer nicht gefördert, sondern eher abgestumpft.
Es ist übrigens unwahrscheinlich, dass Fux seine Fahrweise wegen eines Signals Nr. 105 vor der Unfallstrecke geändert hätte. Er fuhr vorher bei Sonnenschein auf einer trockenen Strecke und rechnete offensichtlich nicht damit, dass sich die Fahrbahn im Guldersand seit der Bergfahrt verändert haben könnte. Er erreichte die gefährliche Stelle nach seinen eigenen Angaben mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 50 km/h, also
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zu schnell, zumal sein Wagen einzig mit zwei Schneereifen versehen war. Als er von der Gefahr überrascht wurde, verhielt er sich fahrtechnisch zudem falsch, was angesichts der Tatsache, dass er die Fahrprüfung erst im Dezember 1966 abgelegt hatte, allerdings nicht verwundert. Statt das Gas wegzunehmen und leicht Gegensteuer zu geben, um den gegen den rechten Strassenrand rutschenden Wagen wieder in die Gewalt zu bekommen, riss er das Steuer, wie er sich selber ausdrückte, etwas brüsk nach links.
5.
Die Kläger werfen dem Polizeigefreiten Kuonen vor, er habe durch sein Verhalten den Unfall schuldhaft mitverursacht. Wenn dies zutrifft, können sie vom eingeklagten Kanton gemäss
Art. 55 OR
und von Kuonen nach
Art. 41 Abs. 1 OR
Ersatz verlangen, da der Kanton Wallis über die Verantwortlichkeit seiner Polizeibeamten keine besonderen Vorschriften im Sinne des
Art. 61 Abs. 1 OR
erlassen hat (vgl.
BGE 96 II 46
).
Die Kläger berufen sich vorweg auf den allgemein anerkannten Rechtssatz, dass zu Schutzmassnahmen verpflichtet ist, wer einen gefährlichen Zustand schafft oder unterhält (vgl.
BGE 66 II 117
,
BGE 71 II 113
,
BGE 79 II 69
). Sie verkennen indes, dass der Polizeibeamte die durch die Witterungsverhältnisse bedingte Vereisung nicht zu verantworten hatte; er konnte daher nicht schon gestützt auf den angeführten Satz gehalten sein, etwas vorzukehren. Dagegen war er nach Dienstvorschriften verpflichtet, die gefährliche Vereisung dem Strassendienst zu melden. Dieser Pflicht ist Kuonen dadurch nachgekommen, dass er den zuständigen Strassenaufseher zu erreichen suchte und als ihm dies nicht gelang, den Strassenmeister benachrichtigte.
Die Kläger sind ferner der Meinung, der Polizeibeamte hätte nach dem Unfall der Ursula Kriesi alles ihm Zumutbare vorkehren, insbesondere 200 m vor der Unfallstelle ein Warnsignal anbringen und die gefährdete Strecke bis zum Eintreffen des Streudienstes sichern sollen. Kuonen verfügte indes weder über Warnsignale noch über sonstige Mittel, um die Gefahr auch nur vorübergehend meistern zu können. Es hatte namentlich keinen Sinn, dass er sein Pannendreieck zur Warnung verwendete, da dieses keine Schleudergefahr, sondern ein Hindernis in der Fahrbahn anzeigt. Kuonen war auch nicht befugt, dem in Grengiols wohnhaften Strassenwärter die Weisung zu geben, im Guldersand Signale aufzustellen und die Fahrbahn zu sanden,
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ganz abgesehen davon, dass Sand nicht das geeignete Mittel zur Bekämpfung des Glatteises war und von einem Mann allein nicht erwartet werden konnte, dass er die Gefahr auf einer Strecke von 1,2 km innert nützlicher Zeit beseitige. Die Streuarbeiten zu organisieren und zu veranlassen, war Aufgabe des Strassendienstes, der dafür mit den notwendigen Fahrzeugen und Geräten ausgerüstet ist.
Entgegen der Annahme der Kläger gereicht Kuonen auch nicht zum Verschulden, dass er nach dem Unfall der Ursula Kriesi nicht im Guldersand blieb. Wie er den Verkehr auf der 1,2 km langen gefährdeten Strecke in beiden Richtungen wirksam hätte sichern können, ist nicht zu ersehen. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall denn auch vom Sachverhalt, der dem Urteil vom 21. Juni 1960 i.S. Bader zugrunde lag. Dort ging es um eine kurze vereiste Kurve, vor der zudem in einer Richtung mit dem Signal "Schleudergefahr" gewarnt wurde. Ob der Polizist fahrlässig gehandelt habe, weil er den Unfallort verliess, um den Strassenwärter zu benachrichtigen, wurde in jenem Fall übrigens offen gelassen. Dazu kommt, dass Kuonen den Dienst auf dem Posten Mörel allein versah und sich deshalb in erster Linie dort aufzuhalten hatte; jedenfalls konnte er angesichts des eher geringen Verkehrs dieser Meinung sein, ohne dass ihm deswegen Fahrlässigkeit im Sinne von
Art. 41 Abs. 1 OR
vorgeworfen werden könnte.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichtes Wallis vom 15. September 1971 bestätigt.