Urteilskopf
99 Ib 10
2. Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. März 1973 i.S. Bremshey Gesellschaft mbH für Stahlrohrmöbel und Ladenausstattung gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum.
Regeste
Schutz einer international registrierten Marke.
1.
Art. 5 Abs. 2 MMA
. Die in dieser Bestimmung vorgesehene Jahresfrist zur Verweigerung des Schutzes beginnt nicht vom Datum des Gesuchs um internationale Registrierung im Ursprungsland, sondern erst vom Tage an zu laufen, an dem die Marke tatsächlich in das internationale Register eingetragen wird (Erw. 1).
Nach Ablauf der Frist sind die Verbandsländer nur mit neuen Weigerungsgründen ausgeschlossen (Erw. 2).
2.
Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG
, Art. 6quinquies lit. B. Ziff. 2 PVUe. Das Wort "discotable" bezeichnet eine Sache und ist daher als Marke nicht schutzfähig (Erw. 3).
3.
Art. 6quinquies lit. C Abs. 1 PVUe
. Diese Bestimmung erlaubt, alle Tatumstände zu berücksichtigen, verpflichtet die Verbandsländer folglich nicht, eine Marke schon deshalb zu schützen, weil sie im Ursprungsland Verkehrsgeltung erlangt hat (Erw. 4).
A.-
Die Bremshey Gesellschaft m.b.H. für Stahlrohrmöbel und Ladenausstattung in Solingen-Ohligs stellte am 19. März 1971 bei der Behörde der Bundesrepublik Deutschland das Gesuch um internationale Registrierung ihrer in diesem Lande hinterlegten Wortmarke discotable, die für den Gebrauch auf Möbeln bestimmt ist. Das Internationale Büro für geistiges Eigentum trug sie am 11. Mai 1971 unter Nr. 376622 in das internationale Register ein und gab dabei unter Hinweis auf die in Nizza revidierte Fassung des Madrider Abkommens über die internationale Registrierung Von Marken (MMA/Nizza) als Datum der Registrierung den 19. März 1971 an.
Am 28. April 1972 verweigerte das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum dieser Marke in vollem Umfange vorläufig den Schutz mit der Begründung, das Wort "discotable" bezeichne in der französischen Sprache einen Tisch, der zum Abhören von Schallplatten eingerichtet sei; es sei rein beschreibender Art und entbehre daher als Marke der Unterscheidungskraft. Für andere Waren wäre es als blosse Defensivmarke zu betrachten (Art. 6 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums [PVUe] und
Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG
).
Nachdem die Markeninhaberin am 28. September 1972 Einsprache erhoben hatte, setzte sich das Eidgenössische Amt mit Schreiben vom 20. Oktober 1972 mit ihren Einwendungen auseinander und verfügte am 24. Oktober 1972 ohne Angabe weiterer Gründe, der Marke werde der Schutz endgültig verweigert.
B.-
Die Bremshey Gesellschaft m.b.H. für Stahlrohrmöbel und Ladenausstattung führt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben und
BGE 99 Ib 10 S. 12
die international eingetragene Marke in der Schweiz zu schützen.
Das Eidgenössische Amt beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz ist seit dem 19. September 1970, eventuell seit dem 22. Dezember 1970 (s. AS 1970 S. 1706 Fussnote 4), das Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken in der am 14. Juli 1967 in Stockholm beschlossenen Fassung in Kraft, während vorher für beide Staaten die Fassung von Nizza galt.
Art. 5 Abs. 2 MMA
/Stockholm bestimmt, die Behörden, die einer international registrierten Marke den Schutz verweigern wollten, hätten dies unter Angabe aller Gründe dem Internationalen Büro innerhalb der von ihrem Landesgesetz vorgesehenen Frist, "spätestens aber vor Ablauf eines Jahres nach der internationalen Registrierung der Marke oder nach dem gemäss Art. 3 ter gestellten Gesuch um Ausdehnung des Schutzes" mitzuteilen. Wie sich aus Art. 5 Abs. 5 des Abkommens ergibt, genügt die Mitteilung einer vorläufigen Verweigerung des Schutzes, um die Jahresfrist einzuhalten, und hat die Versäumung der Frist zur Folge, dass die Marke zu schützen ist.
Es fragt sich, ob das Eidgenössische Amt die Frist eingehalten habe. Versäumt ist sie, wenn sie, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, vom 19. März 1971 als dem "Datum des Gesuchs um internationale Registrierung im Ursprungsland" (
Art. 3 Abs. 4 Satz 2 MMA
/Stockholm) an lief. Eingehalten ist sie dagegen, wenn die Auffassung des Eidgenössischen Amtes zutrifft, wonach sie erst am 11. Mai 1971 durch die Eintragung der Marke in das internationale Register in Gang gesetzt wurde.
a) Die Beschwerdeführerin macht geltend, unter der "internationalen Registrierung" im Sinne von
Art. 5 Abs. 2 MMA
/Stockholm sei das mit dem Tag der tatsächlichen Eintragung der Marke in das internationale Register nicht übereinstimmende, sondern gemäss Art. 3 Abs. 4 des Abkommens weiter zurück liegende "Datum" (im vorliegenden Falle das "Datum des Gesuchs um internationale Registrierung im Ursprungsland")
BGE 99 Ib 10 S. 13
zu verstehen, weil das Wort "Registrierung" auch in Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1-3 diesen Sinn habe.
Art. 4 Abs. 1, wonach "vom Zeitpunkt der im Internationalen Büro nach den Bestimmungen der Art. 3 und 3 ter vollzogenen Registrierung an" die Marke in jedem der beteiligten Vertragsländer ebenso geschützt ist, wie wenn sie dort unmittelbar hinterlegt worden wäre, ist in der Tat so zu verstehen, dass der internationale Schutz der Marke auf das "Datum" zurückzubeziehen sei. Zu diesem Ergebnis kommt man aber nur durch Auslegung, namentlich weil Art. 4 Abs. 1 ausdrücklich auf Art. 3 verweist und von einem "Zeitpunkt" spricht (französisch "à partir de") und weil sonst das "Datum" sinnlos würde. Der Ausdruck "Registrierung" ("enregistrement") für sich allein zeugt aber auch hier nicht von genauer Redaktion. "Registrierung" deutet eher die Tätigkeit des Eintragens an, zumal von "vollzogener Registrierung" ("enregistrement ainsi fait") die Rede ist.
Ähnlich verhält es sich mit Art. 6 Abs. 1. Hier wird gesagt, die Registrierung erfolge für zwanzig Jahre ("L'enregistrement ... est effectué pour vingt ans"). Die zwanzig Jahre laufen, wenn das in Art. 3 Abs. 4 vorgesehene "Datum" einen Sinn haben soll, von diesem an. Das Wort "Registrierung" allein sagt das aber nicht, sondern ist eher als Vorgang des Eintragens in das Register zu verstehen, das eben "für zwanzig Jahre" erfolge, d.h. so lange wirke, wobei über den Beginn der Frist noch nichts gesagt ist.
In Art. 6 Abs. 2 und 3 sodann ist von einer Frist von fünf Jahren die Rede, während welcher der durch die "internationale Registrierung" erlangte Schutz von der nationalen Eintragung abhängt. Die Frist ist von dem in Art. 3 Abs. 4 vorgesehenen "Datum" an zu rechnen, wenn dieses einen Sinn haben soll. Abs. 2 und 3 des Art. 6 deuten das ausdrücklich an, indem sie vom "Zeitpunkt der internationalen Registrierung" ("à dater de l'enregistrement", "date de l'enregistrement") sprechen. Damit ist aber wiederum nicht gesagt, dass auch Art. 5 Abs. 2, der das Wort "Zeitpunkt" ("date") nicht enthält, unter dem Begriff "internationale Registrierung" das sogenannte "Datum" versteht.
Dass das Abkommen das Wort "Registrierung" ("enregistrement") keineswegs nur zur Bezeichnung des "Datums" Verwendet, auf das der Schutz zurückbezogen wird, ergibt sich
BGE 99 Ib 10 S. 14
z.B. auch aus Art. 7 Abs. 1 und 2, wonach die "Registrierung" immer wieder für einen Zeitabschnitt von zwanzig Jahren erneuert werden kann und die Erneuerung gegenüber dem Stand der vorhergehenden "Registrierung" keine Änderung enthalten darf. Hier hat Registrierung den Sinn von Schutz bzw. Schutzwirkung. Ein Zusammenhang mit dem Begriff des "Datums", von dem an die erste Schutzperiode läuft, fehlt vollständig. In Art. 8 Abs. 2 sodann wird unmissverständlich der Vorgang des Eintragens in das Register als "Registrierung" ("enregistrement") bezeichnet, indem gesagt wird, vor der Registrierung einer Marke beim Internationalen Büro sei eine internationale Gebühr zu entrichten. Beachtenswert ist, dass dann in Art. 8 Abs. 3 hinsichtlich der unter Abs. 2 lit. b erwähnten Zusatzgebühr gesagt wird, sie könne jedoch, "ohne dass sich dies auf den Zeitpunkt der Registrierung auswirkt", innerhalb einer von der Ausführungsordnung festzusetzenden Frist entrichtet werden. Hier wird also zur Bezeichnung des Datums des Schutzbeginnes ausdrücklich - wie in Art. 4 und 6 Abs. 2 und 3 - die Wendung "Zeitpunkt der Registrierung" ("date de l'enregistrement") verwendet.
Daraus erhellt, dass der Sprachgebrauch des Abkommens nicht einheitlich ist, dass aber dort, wo der Tag des Schutzbeginnes gemeint ist, eher die Wendungen "Zeitpunkt der Registrierung" und "date de l'enregistrement" stehen. Was jeweilen "Registrierung" bedeutet, ist durch Auslegung für jede einzelne Bestimmung zu ermitteln.
b) Art. 5 Abs. 2 des Abkommens lautete schon in der Fassung von Nizza vom 15. Juni 1957 gleich. Früher, in den Fassungen vom Haag vom 6. November 1925 und von London vom 2. Juni 1934, war die Bestimmung im Originaltext wie folgt gefasst (BS 11 S. 970 und 977):
"Les Administrations qui voudront exercer cette faculté devront notifier leur refus, avec indication des motifs, au Bureau international, dans le délai prévu par leur loi nationale et, au plus tard, avant la fin d'une année comptée à partir de l'enregistrement international de la marque."
Der neue Wortlaut von Nizza ist ausschliesslich darauf zurückzuführen, dass ein Antrag der Schweiz angenommen wurde, wonach in der Mitteilung an das Internationale Büro alle Gründe der Schutzverweigerung anzugeben seien (Actes de la Conférence réunie à Nice S. 132 und 209), und dass der
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Einführung der sog. fakultativen territorialen Beschränkung des Schutzes der Marke (Art. 3 bis) und der Möglichkeit von Gesuchen des Markeninhabers um Ausdehnung des Schutzes (Art. 3 ter) Rechnung getragen werden musste. Die Wendung "enregistrement international" wurde unverändert aus dem bisherigen Text übernommen.
Sie bezeichnete unter der Herrschaft der Abkommen vom Haag und von London die tatsächliche Eintragung der Marke in das internationale Register. Der Tag, an dem diese erfolgte, galt als "date de l'enregistrement". Das ergibt sich aus Art. 3 Ziff. 8 der Ausführungsordnung vom 2. Juni 1934, wonach das Internationale Büro "la date de l'enregistrement au Bureau international" einzutragen hatte. "Enregistrement" bedeutet das gleiche wie der im einleitenden Satz des Art. 3 verwendete Ausdruck "inscription". Das geht auch aus Art. 4 Abs. 1 der Ausführungsordnung hervor, der mit dem Satz beginnt: "L'inscription une fois faite dans le Registre, le Bureau international certifiera sur les deux exemplaires de la demande sous quelle date et sous quel numéro l'enregistrement a eu lieu...", und der im dritten Satz von "enregistrement opéré" spricht.
Da die Eintragung sofort ("immédiatement", "sans retard") vorzunehmen war und das Internationale Büro sie unverzüglich den Verwaltungen der Verbandsländer mitzuteilen hatte (Art. 3 Abs. 3 des Abkommens und Art. 3 und 4 der Ausführungsordnung), stand den Verwaltungen immer praktisch fast die volle Jahresfrist zur Verfügung, um sich über den Schutz oder die Schutzverweigerung schlüssig zu werden. Die Frage, ob Fälle eintreten könnten, in denen sie ihren Entschluss in wesentlich weniger als einem Jahre fassen müssten, stellte sich erst, als die Konferenz von Nizza Art. 3 Abs. 4 Satz 2 in das Abkommen aufnahm, wonach die Registrierung das Datum des im Ursprungsland gestellten Gesuchs um internationale Registrierung erhalten soll, wenn dieses Gesuch beim Internationalen Büro innerhalb von zwei Monaten nach seiner Stellung eingeht. Die Konferenz hat diese Frage nicht in einem bestimmten Sinne beantwortet. Der Fristbeginn war nicht Gegenstand der Verhandlungen von Nizza; bezügliche Anträge wurden von niemandem gestellt.
Die von der Beschwerdeführerin angerufene Stelle auf S. 80 der Konferenzakten betrifft Ausführungen, die von Frankreich und vom Internationalen Büro zu ihren vor Beginn der Konferenz
BGE 99 Ib 10 S. 16
ausgearbeiteten Vorschlägen betreffend Art. 5 Abs. 5 gemacht wurden. Wenn hier gesagt ist, die Verwaltungen könnten binnen einer Höchstfrist von einem Jahr "à compter de la date de l'enregistrement international" den Schutz der Marke verweigern, so heisst das nicht, die Frist beginne inskünftig mit der Einreichung des Gesuches im Ursprungsland; "date de l'enregistrement international" konnte ebensogut wie bisher als Tag der tatsächlichen Eintragung der Marke in das internationale Register verstanden werden.
Auf den Seiten 124-151 der Konferenzakten sind sodann die Vorschläge, Gegenvorschläge und Bemerkungen wiedergegeben, die von Verbandsländern und internationalen Orga.. nisationen vor der Konferenz eingereicht worden sind. Die Seiten 131 f., auf die sich die Beschwerdeführerin stützt, betreffen einen Vorschlag von Österreich zu Art. 5 Abs. 5 und andere Vorschläge. Mit dem Fristbeginn befassen sie sich nicht. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, man könne daraus ersehen, dass der Ausgangspunkt der Jahresfrist für niemanden problematisch gewesen sei, ist nur richtig, wenn die Beschwerdeführerin damit sagen will, über diesen Ausgangspunkt habe überhaupt niemand gesprochen.
Auf den Seiten 206 ff. der Konferenzakten befinden sich die die Schutzverweigerung betreffenden Ausführungen des Berichtes über die Sitzungen der sogenannten Kommission. Wenn die Beschwerdeführerin geltend macht, hier habe niemand das Datum der tatsächlichen Eintragung der Marke heranziehen wollen oder an diese Möglichkeit auch nur gedacht, so ist das wiederum insofern richtig, als eben gar nicht darüber verhandelt wurde, ob die Frist durch die Einreichung des Gesuches im Ursprungsland oder erst durch die Eintragung der Marke in das internationale Register in Gang gesetzt werde. Nur nebenbei, im Zusammenhang mit Art. 5 Abs. 5, wurde vom "délai maximum d'une année, à compter de l'enregistrement international" gesprochen (S. 207 unten). Unter dem "enregistrement" kann wie bisher die tatsächliche Eintragung in das Register verstanden gewesen sein.
Die einzigen Stellen der Konferenzakten, die sich mit dem Problem des Fristbeginnes befassen, befinden sich auf den Seiten 242 (zweitletzter Absatz) und 245 (drittletzter Absatz). Sie stehen in dem erst nach dem Schluss der Konferenz verfassten.allgemeinen Bericht von Bogdanovitch. Dieser führte aus, nach
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der Neuregelung in Art. 3 könne eine internationale Registrierung, die in Wirklichkeit am 31. Oktober vorgenommen und den Verbandsländern unverzüglich mitgeteilt werde, fiktiv ein um zwei Monate zurückversetztes Datum tragen, so dass die nationalen Behörden, statt der in Art. 5 vorgesehenen Frist von 12 Monaten, nur über 10 Monate verfügten, um dieser Registrierung allenfalls den Schutz zu verweigern und ihren Entscheid dem internationalen Büro mitzuteilen (S. 242). Die Frist für die Schutzverweigerung sei in keiner Weise geändert worden. Sie betrage immer noch 12 Monate, gerechnet vom Datum der internationalen Registrierung oder vom Gesuch um Schutzausdehnung an. Immerhin könne sie nach Art. 3 in aussergewöhnlichen Fällen bloss 10 Monate betragen (S. 245).
Diese Ausführungen vermögen die Auslegung des Art. 5 Abs. 2 des Abkommens nicht zu präjudizieren. Sie geben nicht die einhellige Meinung der Konferenz wieder. Hätte die Konferenz dem Abkommen den Sinn geben wollen, die Einjahresfrist beginne mit dem Tage, auf den gemäss Art. 3 Abs. 4 die Wirkung der Eintragung zurückdatiert werde, so hätte sie es in einer ausdrücklichen Bestimmung sagen müssen, damit die Verbandsländer bei der Ratifikation des Abkommens im Bilde seien, welchen Sinn es habe. Da die Konferenz über die Streitfrage gar nicht verhandelte, ist anzunehmen, dass sie dazu nicht Stellung nehmen wollte.
Der Werdegang von
Art. 5 Abs. 2 MMA
/Nizza und Stockholm spricht also für die Auslegung, wonach unter der "internationalen Registrierung", welche die Jahresfrist in Gang setzt, wie unter der Herrschaft des MMA/Den Haag und London die tatsächliche Eintragung in das internationale Register zu verstehen und der Fristbeginn nicht zurückzudatieren ist.
c) Auch der Zweck der Frist legt diese Auslegung nahe. Die Frist läuft zulasten der Verbandsländer. Diese sollen der Marke nach einem Jahr den Schutz nicht mehr verweigern können. Bis das Abkommen im Haag revidiert wurde, lief die Frist von der Mitteilung der Eintragung an, hatten also die Verbandsländer ein volles Jahr zur Verfügung. Im Haag wurde dann Art. 5 Abs. 2 aus praktischen Gründen in dem Sinne revidiert, dass die Frist schon von der Eintragung der Marke an laufen sollte. Dadurch wurde die Zeit, binnen der sich die Verbandsländer zur Schutzverweigerung entschliessen konnten, im Durchschnitt nur um etwa acht Tage kürzer (Conférence de
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La Haye, Propositions avec exposés des motifs S. 70). Um den Verbandsländern dieses kleine Opfer annehmbar zu machen, verpflichtete man anderseits das Internationale Büro durch Revision des Art. 3, ihnen die Eintragung unverzüglich mitzuteilen (a.a.O. S. 66). Man legte also Wert darauf, dass die Verbandsländer in ihrem Rechte nur unwesentlich verkürzt würden. Würde nun aufgrund der Fassung von Nizza der Beginn der Jahresfrist auf den Zeitpunkt der Einreichung des Gesuches im Ursprungsland zurückverlegt, so hätten die Verbandsländer erheblich weniger Zeit zur Verfügung, um ihren Entschluss zu fassen. Sie wären um den weiteren Zeitraum geprellt, der von der Einreichung des Gesuches im Ursprungsland bis zur Eintragung der Marke verstreicht. Zwischen der Einreichung des Gesuches und seinem Eintreffen beim Internationalen Büro können gemäss
Art. 3 Abs. 4 Satz 2 MMA
zwei Monate liegen. Die daran anschliessende Zeit bis zur Eintragung der Marke kann ebenfalls sehr erheblich sein, denn das Internationale Büro muss unter anderem prüfen, ob das Gesuch hinsichtlich der Klassifizierung der Waren oder Dienstleistungen in Ordnung ist, und allenfalls Vorschläge zur Behebung der Mängel machen sowie zur Entrichtung der entsprechenden Gebühren Frist setzen, alles durch Vermittlung der Behörden des Ursprungslandes (
Art. 8 Abs. 3 MMA
/Nizza und Stockholm). Diese Frist reichte schon nach Art. 8 der Ausführungsordnung (Übergangsregelung) vom 15. Dezember 1966 (AS 1967 S. 165ff.) um einen Monat über die bereits erwähnte Zweimonatsfrist hinaus. Nach Art. 8 Abs. 3 der Ausführungsordnung vom 29. April 1970 beträgt die Frist, innerhalb der das Gesuch in Ordnung zu bringen ist, drei Monate. Es ergibt sich daraus, dass von der Einreichung des Gesuches im Ursprungsland bis zur Eintragung der Marke in das internationale Register auch bei raschester Pflichterfüllung des Internationalen Büros 5 bis 6 Monate verstreichen können. Würde die Jahresfrist zur Mitteilung der Schutzverweigerung von der Einreichung des Gesuches an laufen, so wäre der Wille, den die Verbandsländer beim Abschluss des Abkommens hatten, klar missachtet.
d) Die Anbringen der Beschwerdeführerin vermögen gegen diese Überlegungen nicht aufzukommen.
Gewiss soll die Jahresfrist verhindern, dass der Hinterleger zu lange auf den Entscheid der Verbandsländer über die Schutzverweigerung warten müsse. Diesen Zweck kann die Frist aber
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auch erfüllen, wenn sie von der tatsächlichen Eintragung der Marke an läuft. Mit der Äusserung, der Zeitpunkt der tatsächlichen Eintragung sei "frei manipulierbar", unterstellt die Beschwerdeführerin unzulässigerweise, das Internationale Büro bestimme ihn so, wie es ihm gerade passe. Verzögerungen in der Geschäftsabwicklung zwischen der Einreichung des Gesuches im Ursprungsland und der Eintragung der Marke sind, wie schon gesagt, oft auf Mängel des Gesuches zurückzuführen. Insoweit hat der Gesuchsteller für sie einzustehen. Soweit sie andere Ursachen haben können, treten sie bei der Behörde des Ursprungslandes oder beim Internationalen Büro ein. Auf keinen Fall hat jenes Verbandsland, das der Marke den Schutz verweigern will, sie zu verantworten. Im übrigen muss sich der Hinterleger der Marke sagen lassen, dass die Rückdatierung der Schutzwirkung auf den Zeitpunkt der Einreichung des Gesuches im Ursprungsland ausschliesslich in seinem Interesse erfolgte. Es ist weder nötig noch billig, wegen dieses Entgegenkommens die Zeit zu verkürzen, binnen der die Verbandsländer die Marke prüfen und ihr den Schutz verweigern können.
Mit dem Argument, der Markeninhaber habe ein Interesse, spätestens nach einem Jahr seit Einreichung des Gesuches über die Schutzverweigerung Bescheid zu erhalten, verkennt die Beschwerdeführerin, dass die Jahresfrist nie bezweckt hat, dem Markeninhaber Gewähr zu bieten, dass spätestens ein Jahr nach der Einreichung des Gesuches abgeklärt sei, in welchen Verbandsländern die Marke geschützt werde. Ihr Zweck bestand von Anfang an und besteht noch heute ausschliesslich darin, die Verbandsländer zu speditiver Prüfung zu veranlassen, ob sie die eingetragene Marke schützen wollen.
Der Hinweis der Beschwerdeführerin darauf, dass sie gemäss
Art. 9 MSchG
nur drei Jahre Zeit habe, um mit dem Gebrauch der Marke in der Schweiz zu beginnen, taugt nicht. Dieses dem schweizerischen Recht entnommene Argument vermag die Auslegung des Madrider Markenabkommens von vornherein nicht zu beeinflussen. In welchem Zeitpunkt die dreijährige Frist beginnt, kann deshalb offen bleiben. Selbst wenn sie schon von der Stellung des Gesuches um internationale Registrierung an laufen sollte, würde sie übrigens wesentlich über den Zeitraum hinausreichen, der von der Einreichung des Gesuches bis zur Bekanntgabe der Schutzverweigerung an den Gesuchsteller verstreichen kann. Zudem benachteiligt die dreijährige Unterlassung
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des Gebrauches den Markeninhaber nur, wenn er sie nicht hinreichend zu rechtfertigen vermag. Lange Ungewissheit darüber, ob die Schweiz die Marke schützen werde, vermöchte ihren Nichtgebrauch allenfalls zu entschuldigen und die Folge des
Art. 9 Abs. 1 MSchG
abzuwenden. Das wäre sogar ein typischer Entschuldigungsgrund, wenn man die dreijährige Frist von der Einreichung des Gesuches im Ursprungsland an rechnen würde.
Für die Auslegung des Art. 5 Abs. 2 des Abkommens ist auch unerheblich, ob bis zum Inkrafttreten der Ausführungsordnung vom 29. April 1970 alle Schutzverweigerungen des Eidgenössischen Amtes innerhalb eines Jahres seit dem Tage des sogenannten Datums der Marke mitgeteilt wurden, wie die Beschwerdeführerin behauptet. Sollte das zugetroffen haben, so kann daraus höchstens auf rasches Arbeiten dieses Amtes geschlossen werden.
e) MIOSGA, Internationaler Marken- und Herkunftsschutz S. 226, unterstellt, dass die Jahresfrist mit der Einreichung des Gesuches um Registrierung beginne. Er weist darauf hin, dass den nationalen Behörden die Wahrung der Frist nach dem Inkrafttreten des Abkommens von Nizza schwieriger sein werde als vorher und dass deshalb die spanische Delegation an der Konferenz von Nizza vom 6.-7. Mai 1966 vorgeschlagen habe, sie erst von der Mitteilung der Eintragung an die Verbandsländer an zu berechnen.
An der Konferenz von Nizza vom 6.-7. Mai 1966 berieten die Leiter der nationalen Ämter den Entwurf der Ausführungsordnung (Übergangsregelung) zum zweitenmal. Aus dem Bericht hierüber (La Propriété industrielle 1966 S. 140) könnte man schliessen, der Entwurf der Ausführungsordnung (a.a.O. S. 27 ff.) habe zur Frage des Beginnes der Jahresfrist Stellung genommen. Das trifft indessen nicht zu. Er sagte in Art. 12 lit. f nur, "la date ou les dates à partir de laquelle ou desquelles l'enregistrement prend effet" seien in das Register einzutragen, und in Art. 26 Abs. 4 sah er vor, dass das Internationale Büro Schutzverweigerungen, die ihm nach Ablauf "du délai d'un an visé à l'article 5 (2) de l'Arrangement" zugeschickt würden, zurückzuschicken habe unter Hinweis darauf, dass der Schutz nicht mehr verweigert werden könne. In der endgültigen Fassung der Ausführungsordnung lauten diese Bestimmungen gleich wie im Entwurf. Die Konferenz der Leiter der nationalen
BGE 99 Ib 10 S. 21
Ämter hat über den Beginn der Jahresfrist keinen Beschluss gefasst, sondern nur von den Bedenken Kenntnis genommen, welche die spanische Delegation über die Auslegung des Art. 5 Abs. 2 des Abkommens angemeldet hat. In der Beilage III zum Bericht über die vom 13.-16. Dezember 1965 abgehaltene erste Konferenz zur Beratung des Entwurfes war unter Ziff. 3 denn auch ausdrücklich gesagt worden, die Versammlung habe das Abkommen nicht auszulegen, sondern bloss die inoffiziellen Meinungen einzuholen; diese sollten weder für die Konferenz selber noch für die Verbandsländer verbindlich sein.
Hätten die Leiter der nationalen Ämter die Frage des Fristbeginnes in der Ausführungsordnung (Übergangsregelung) beantworten wollen, so hätten sie dies übrigens einstimmig tun müssen (
Art. 10 Abs. 4 lit. b MMA
/Nizza).
Was Miosga über den Beginn der Frist sagt, ist also nur dessen persönliche Auffassung. Er begründet sie aber mit keinem Worte. Seine Äusserung ist daher kein Grund,
Art. 5 Abs. 2 MMA
/Nizza anders auszulegen.
f) Die neue Ausführungsordnung vom 29. April 1970 schreibt dem Internationalen Büro in Art. 10 Abs. 1 lit. a und b vor, sowohl "la date de l'enregistrement" als auch "la date à laquelle la marque a été effectivement inscrite au registre international" einzutragen. In Art. 13 Abs. 1 bestimmt sie sodann, die Mitteilung der Schutzverweigerung müsse spätestens innerhalb des Jahres, "qui suit la date à laquelle la marque ou la demande d'extension territoriale a été inscrite au registre international", abgesandt werden. Die Leiter der nationalen Ämter waren also bei der Revision der Ausführungsordnung nunmehr einstimmig der Ansicht, die Jahresfrist beginne mit dem Tage der Eintragung der Marke in das internationale Register, nicht mit dem Tage, auf den die Schutzwirkung zurückdatiert wird.
Muss
Art. 5 Abs. 2 MMA
/Nizza und Stockholm in der Tat so ausgelegt werden, so braucht der Richter weder zur Meinung des Eidgenössischen Amtes, die Ausführungsordnung als zwischenstaatlicher, wenn auch von der Bundesversammlung nicht genehmigter Vertrag binde ihn, noch zur Meinung der Beschwerdeführerin, die Leiter der nationalen Ämter hätten durch Art. 13 Abs. 1 der Ausführungsordnung die ihnen durch
Art. 10 Abs. 4 MMA
/Nizza eingeräumte Kompetenz überschritten, Stellung zu nehmen.
2.
Aus zahlreichem Werbematerial geht hervor, dass die Beschwerdeführerin unter den Bezeichnungen "disco-table" oder "Bremshey-disco-table" ein zusammensetzbares Möbel anpreist, das im wesentlichen aus einer waagrechten Bodenplatte, einer waagrechten Deckplatte und zwei senkrechten Stützplatten besteht, wobei die Deckplatte als Tischplatte dient und die Bodenplatte zur Aufbewahrung von Gegenständen wie Schallplatten, Flaschen, Büchern verwendet werden kann. Die Beschwerdeführerin wirbt vor allem für die Verwendung als Tisch zur Aufbewahrung von Schallplatten. Sie bestreitet das nicht.
Dagegen macht sie geltend, die Frage der Schutzfähigkeit ihrer Marke sei ausschliesslich aufgrund der Auffassung zu beurteilen, die das Eidgenössische Amt am 28. April 1972 vertrat und wonach "discotable" einen Tisch zum Abhören von Schallplatten bezeichne; denn der Brief vom 20. Oktober 1972 sei erst nach Ablauf eines Jahres seit der Eintragung der Marke in das internationale Register geschrieben worden und
Art. 5 Abs. 2 MMA
/Stockholm verpflichte die Verbandsländer, die Schutzverweigerung binnen der Jahresfrist unter Angabe aller Gründe mitzuteilen.
Art. 5 Abs. 2 MMA
/London begann mit den Worten: "Les Administrations qui voudront exercer cette faculté devront notifier leurs refus, avec indication des motifs, ...". Als die Schweiz an der Konferenz von Nizza vom Juni 1957 diese Fassung berichtigt wissen wollte, schlug sie vor zu sagen: "... devront notifier tous leurs refus, avec indication des motifs ...". Sie begründete ihren Antrag damit, die Änderung solle verhindern, dass nach Mitteilung eines ersten Zurückweisungsgrundes innerhalb der Jahresfrist weitere Gründe angerufen und mitgeteilt werden, obschon die Frist inzwischen abgelaufen sei; der Markeninhaber müsse sich darauf verlassen können, dass die beteiligte Behörde ihm alle Weigerungsgründe innerhalb der Frist bekanntgebe (Actes de la conférence de Nice S. 132). Im Bericht des Konferenzpräsidenten Finnis über die Sitzungen wurde zu diesem Revisionspunkt insbesondere ausgeführt (a.a.O. S. 209), dass nach Ausführungen der schweizerischen Delegation gewisse Länder innerhalb der Frist eine Rückweisungsverfügung an das Internationale Büro erliessen, nach Ablauf der Frist aber bezüglich der gleichen Marke noch weitere Verfügungen mit anderen Gründen für zulässig hielten. Das vertrage
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sich offenbar nicht mit dem Geist des Abkommens und ergebe für den Hinterleger zudem eine lange Zeit der Ungewissheit und Unsicherheit, was dem Geschäftsgang schade. Die schweizerische Delegation habe deshalb vorgeschlagen, Art. 5 Abs. 2 dahin zu ändern, dass die Behörden, die einer Marke den Schutz verweigern wollen, dies dem Internationalen Büro unter Angabe aller Gründe innert Jahresfrist mitzuteilen haben und nach deren Ablauf mit neuen Gründen ausgeschlossen sind. Der Vorschlag sei angenommen, und die Bestimmung entsprechend geändert worden.
Daraus ergibt sich, dass es den Verbandsstaaten nicht darum ging, zu bestimmen, die Begründung der Schutzverweigerung müsse möglichst einlässlich sein und dürfe nach Ablauf der Jahresfrist in keiner Weise mehr erläutert, abgeändert oder ergänzt werden, namentlich wenn der Markeninhaber gegen die Schutzverweigerung ein Rechtsmittel ergreife. Man wollte nur verhindern, dass die nationale Behörde Teilentscheide erlasse mit der Folge, dass sie nach Ablauf der Jahresfrist die Marke unter einem neuen Gesichtspunkt erneut als nicht schutzfähig erkläre. "Motifs" ist die Mehrzahl von "motif", und darunter ist hier der einzelne Zurückweisungsgrund ("cause de refus", motif de refus) zu verstehen. Die nationale Behörde soll, wenn die Jahresfrist abgelaufen ist, nicht mehr von einem Zurückweisungsgrund im Sinne von
Art. 6 quinquies lit. B PVUe
auf einen anderen hinüberwechseln können, z.B. geltend machen, die Marke verletze Rechte Dritter, nachdem sie sie zuerst nur als gegen die guten Sitten verstossend oder als im Gemeingebrauch stehend bezeichnet hatte.
Indem das Eidgenössische Amt im vorliegenden Falle zunächst meinte, "discotable" weise auf einen Tisch mit einer Vorrichtung zum Abhören von Schallplatten hin, dann aber erkannte, dass die Beschwerdeführerin damit in Wirklichkeit einen Tisch zum Aufbewahren von Schallplatten bezeichnet, machte es nicht einen neuen Zurückweisungsgrund geltend. So oder so besteht der Grund der Schutzverweigerung darin, dass das Wort "discotable" nach der Auffassung des Amtes eine Sachbezeichnung und somit Gemeingut ist.
3.
Die Beschwerdeführerin beruft sich auf die Rechtsprechung, wonach ein Zeichen dann nicht Gemeingut ist, wenn es nur entfernt auf die Beschaffenheit der Ware anspielt, so dass sein Sinn nur mit Hilfe besonderer Phantasie erfasst werden
BGE 99 Ib 10 S. 24
kann, wie das etwa für die Wortmarke Materna für Gürtel, Korsetts, Büstenhalter und dgl. zutraf (Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. Mai 1971 i.S. Hildebrand c. Materna SA Erw. 2, veröffentlicht in Schweizerische Mitteilungen über gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht S. 177 ff.) (
BGE 93 II 56
f., 263,
BGE 96 II 240
, 250 und dort zitierte Urteile).
Es bedarf indessen keiner Phantasie oder Gedankenverbindung, um den Sinn des Wortes "discotable" zu verstehen. Das italienische "disco" bedeutet unter anderem Schallplatte und kommt mit diesem Sinn in den zusammengesetzten Wörtern discofilo, discografia, discografico, discoteca und discotecario vor (s. ZINGARELLI, Vocabolario della lingua italiana, 10. Auflage, unter diesen Stichwörtern). Auch in den französischen Wörtern discophile, discophilie und discothèque weist "disco" auf Schallplatten hin (ROBERT, Dictionnaire alphabétique et analogique de la langue française, Bd. 2, unter "discothèque", und Ergänzungsband, unter "discophile" und "discophilie").
Für den, dem diese Begriffe oder einzelne von ihnen vertraut sind, bedeutet deshalb "discotable" "Schallplattentisch". Das liegt für weite Kreise der schweizerischen Bevölkerung mindestens so nahe wie z.B. der Sinn der Wörter "Clip", "Hydroformer", "Synchrobelt", "ever fresh" und "top set", die das Bundesgericht als Sachbezeichnungen bzw. als beschreibender Natur gewürdigt und daher als Marken abgelehnt hat (nicht veröffentlichtes Urteil vom 12. Mai 1969 i.S. J. M. Voith GmbH sowie
BGE 80 II 176
,
BGE 91 I 358
,
BGE 95 I 477
ff.,
BGE 97 I 82
). Mit dem Einwand, das Publikum werde unter einer "discotable" am ehesten einen Tisch mit scheibenförmiger Platte erwarten, vermag die Beschwerdeführerin "disco" nicht als Phantasiebestandteil hinzustellen. Diese Deutung liegt so abseits, dass kaum jemand auf sie verfallen wird, zumal ja die Beschwerdeführerin die Marke auf Tischen anbringen will, deren charakteristisches Merkmal nicht in der scheibenförmigen Tischplatte, wie sie bei zahllosen anderen Modellen von Tischen auch zu finden ist, sondern eben darin besteht, dass sie sich vorwiegend zur Aufbewahrung von Schallplatten eignen, was die Beschwerdeführerin in ihrer Reklame denn auch deutlich hervorhebt. Es kommt auch nicht darauf an, dass das Eidgenössische Amt sich zuerst vorstellte, die Beschwerdeführerin wolle einen Tisch mit einer Vorrichtung zum Abhören von
BGE 99 Ib 10 S. 25
Schallplatten als "discotable" bezeichnen. Das Amt hatte bis dahin weder den Tisch noch die Erläuterungen und Abbildungen im Werbematerial der Beschwerdeführerin gesehen. Wer indessen die Marke auf dem Möbel liest, ist ohne weiteres im Bilde, was gemeint ist.
Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG
, der nicht über
Art. 6 quinquies lit. B Ziff. 2 PVUe
hinausgeht, verbietet, das Wort "discotable" als Marke der Beschwerdeführerin zu schützen und damit anderen zu verwehren, gleichartige oder ähnliche Erzeugnisse zum Aufbewahren von Schallplatten unter der gleichen Sachbezeichnung anzubieten. Ob diese geradezu unentbehrlich ist oder durch andere Bezeichnungen ersetzt werden könnte, ist unerheblich.
Dass die Beschwerdeführerin die streitige Marke nicht bloss für Tische zur Aufbewahrung von Schallplatten, sondern allgemein für Möbel, d.h. Waren der internationalen Klasse 20, hinterlegt hat, obschon sie sie zugegebenermassen nur auf Tischen gebrauchen will, ändert an der Beurteilung des Wortes discotable als Sachbezeichnung nichts. Soweit für andere Möbel hinterlegt, ist das Zeichen reine Defensivmarke und daher des Schutzes ebenfalls nicht fähig (BGE 98 I b 185 Erw. 3).
4.
Die Beschwerdeführerin macht unter Berufung auf
BGE 55 I 272
und
BGE 81 I 300
geltend, ihre Marke habe sich in Deutschland im Verkehr durchgesetzt und müsse daher gemäss
Art. 6 quinquies lit. C Abs. 1 PVUe
in der Schweiz geschützt werden.
a) Vorgänger dieser Bestimmung war Art. 6 Abs. 2 Ziff. 2 Abs. 2, der an der Konferenz von Washington von 1911 in die Übereinkunft aufgenommen wurde (seit der Revision von London, Art. 6 lit. B Ziff. 2 Satz 2). Er lautete im Originaltext wie folgt (BS 11 S. 916):
"Dans l'appréciation du caractère distinctif d'une marque, on devra tenir compte de toutes les circonstances de fait, notamment de la durée de l'usage de la marque."
Im Jahre 1929 erklärte das Bundesgericht das aus dem englischen Ortsnamen Tunbridge Wells bestehende und daher an sich Gemeingut bildende Zeichen einer englischen Unternehmerin in Anwendung dieser Bestimmung als schutzfähig, weil es beim englischen Publikum zufolge langen Gebrauchs die Bedeutung eines Hinweises auf die Ware der Markeninhaberin erlangt habe (
BGE 55 I 270
ff. Erw. 4). Im Jahre 1955 entschied es gleich bezüglich des von einer englischen Firma als Uhrenmarke
BGE 99 Ib 10 S. 26
gebrauchten schweizerischen Ortsnamens Bernex (
BGE 81 I 298
ff.).
Diese Rechtsprechung vermag dann nicht zu überzeugen, wenn man aus ihr ableitet, eine Marke, die im Ursprungsland Verkehrsgeltung erlangt hat, müsse in der Schweiz ohne weiteres geschützt werden.
An der Konferenz von Washington wurde die Frage, welche Verhältnisse in territorialer Hinsicht bei der Anwendung von Abs. 6 Abs. 2 Ziff. 2 Abs. 2 massgebend seien, nicht aufgeworfen. Diese Bestimmung geht darauf zurück, dass die schwedische Delegation geltend machte, Schweden könne der Revision des Art. 6 wahrscheinlich nicht zustimmen, weil dieses Land sehr alte und wichtige Marken der Eisen- und Holzindustrie kenne, die nur aus einem einzigen Buchstaben oder einer Zahl beständen. Schweden befürchtete, dass diese Zeichen wegen ihrer Form in den Verbandsländern nicht als Marken anerkannt würden, und wehrte sich daher gegen die Streichung der Ziffer 4 des Schlussprotokolls alter Fassung, in dem die sogenannte "telle quelle"-Klausel des Art. 6 Abs. 1 erläutert war. Als man dann als Kompromisslösung die neue Fassung des Art. 6 Abs. 2 vorschlug, dessen Ziff. 2 Abs. 2 bei der Würdigung der Unterscheidungskraft der Marken den tatsächlichen Verhältnissen, besonders der Dauer des Gebrauchs Rechnung getragen wissen will, gab die schwedische Delegation ihren Widerstand auf (Actes de la Conférence de Washington S. 195, 252, 299 f., 308; OSTERRIETH, Die Washingtoner Konferenz zur Revision der PVUe, in Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht [GRUR] 1912, S. 18, 20 = Sonderabdruck S. 57 f. und 65 f.). Durch die Aufnahme des zweiten Absatzes von Art. 6 Abs. 2 Ziff. 2 wollte man also die Verbandsländer verhalten, die Unterscheidungskraft der Marke nicht nur nach ihrer Form, sondern auch aufgrund ihrer Geltung im Verkehr zu beurteilen. Dass es nicht auf die Geltung im Inlande, sondern ausschliesslich auf jene im Ursprungsland ankomme, behauptete niemand und kann entgegen Yvonne HINTERMEISTER, Der Schutz der ausländischen Marke in der Schweiz, Diss. Zürich 1972 S. 74, nicht kurzerhand daraus abgeleitet werden, dass die schwedische Delegation sich für die Berücksichtigung von Marken einsetzte, die für Schweden als Ursprungsland, nicht als Einfuhrland, von Bedeutung waren. Schweden war schon im Jahre 1911 für Eisen, Stahl und Holz ein Exportland, weshalb angenommen werden
BGE 99 Ib 10 S. 27
darf, dass die bis 200 Jahre alten einfachen Buchstaben- und Zahlenmarken, die es verteidigte, nicht nur in Schweden allein, sondern auch in den Einfuhrländern seiner Erzeugnisse sich im Verkehr als Hinweise auf bestimmte Fabriken oder Handelsunternehmen durchgesetzt haben konnten. Weshalb die schwedischen Zeichen ohne weiteres auch dann als Marken geschützt werden müssten, wenn sie im Einfuhrlande noch keinerlei hinweisende Kraft erlangt hätten, ist nicht zu ersehen. Das versteht sich um so weniger von selbst, als die englische Vertretung trotz ihrer Zustimmung zur Streichung der Ziff. 4 des alten Schlussprotokolls ausdrücklich erklärte, es seien immer noch abweichende Auslegungen des Art. 6 möglich und man werde es in England nach wie vor ablehnen, Dinge zu schützen, die überhaupt nicht als Zeichen gälten (OSTERRIETH, GRUR 1912 S. 18 Spalte rechts = Sonderabdruck S. 58). Das konnte nur heissen, dass England jedes Hinterlegungsgesuch aufgrund der in seinem eigenen Lande herrschenden Verhältnisse beurteilen werde.
In
BGE 55 I 262
ff. sagte das Gericht denn auch mit keinem Worte, weshalb es auf die Verkehrsgeltung im Ursprungsland, nicht auf jene im Inland abstelle. Diese Frage wurde erst in
BGE 81 I 301
erörtert, aber mit Ausführungen, die nicht überzeugen.
Das Bundesgericht verwies hier darauf, dass es nach
BGE 55 I 262
auf den Gebrauch der Marke im Ursprungsland ankomme, und erklärte, es bestehe kein Grund, davon abzuweichen, denn die von SEILER, Die Entstehung des Rechts an ausländischen Marken in der Schweiz, Berner Diss. 1943 S. 69/70 geübte, auf eine engere Auslegung zielende Kritik halte nicht stand. Seiler hat jedoch gar nicht zur Frage Stellung genommen, ob die Verkehrsgeltung des Ursprungslandes oder jene in der Schweiz massgebend sei, sondern auf den Seiten 62-70 ausschliesslich die Frage behandelt, ob Art. 6 lit. B Ziff. 2 Satz 2 PVUe nur auf Zeichen anzuwenden sei, denen ohne die Durchsetzung im Verkehr jede Unterscheidungskraft fehlen würde, oder auch auf Beschaffenheitsangaben. Die Kritik, die er in dieser Hinsicht an
BGE 55 I 272
übte, und die Gegenkritik des Bundesgerichts an der Auffassung Seilers tragen also zur Frage, ob sich die Verkehrsgeltung nach den Verhältnissen des Ursprungslandes oder nach jenen des Inlandes beurteile, nichts bei.
Das Bundesgericht fügte dann allerdings noch hinzu, seine
BGE 99 Ib 10 S. 28
in
BGE 55 I 262
ff. vertretene Auffassung sei "auch zweckentsprechend, weil den Bedürfnissen eines gesteigerten internationalen Handelsverkehrs und den Schutzbestrebungen des Abkommens angepasst". Den Bedürfnissen des internationalen Handels stehen indessen die Bedürfnisse des inländischen Handels und des inländischen Publikums entgegen. Man darf erwarten, dass derjenige, der exportieren will, sich hinsichtlich der Verwendung von Marken den Gesetzen des Einfuhrlandes unterzieht, wie er das auch in mancher anderen Hinsicht tun muss. Die Bestrebungen zum Schutze der ausländischen Marken konnten durch die PVUe nur in sehr beschränktem Umfange verwirklicht werden, zählt doch Art. 6 quinquies in lit. B eine ganze Reihe von Gründen auf, welche die Verbandsländer berechtigen, ausländischen Marken den Schutz zu verweigern. So sind z.B. der Sprachgebrauch und die inländische öffentliche Ordnung für die Beurteilung der Zulässigkeit einer ausländischen Marke zum mindesten ebenso wichtig wie die Bedürfnisse des internationalen Handels und die Verkehrsgeltung, welche die Marke im Auslande unter einer ganz anderen Gesetzgebung und unter anderen Verhältnissen erlangt haben mag. Man kann nicht schlechthin die Verkehrsgeltung im Auslande den Gesetzen und Verhältnissen im Einfuhrlande vorgehen lassen. Hätte die PVUe ausländische Marken möglichst ungehemmt auch im Einfuhrland geschützt wissen wollen, so hätte sie ausdrücklich einen diesbezüglichen obersten Grundsatz aufstellen müssen.
Das Bundesgericht hat dann in
BGE 81 I 302
noch ausgeführt, seine Auffassung werde durch eine analoge ausländische Praxis erhärtet, wobei es sich auf PLAISANT, Traité de droit international concernant la propriété industrielle S. 209 ff., besonders 211, berief. Dieses Werk und die dort zitierten ausländischen Präjudizien befassen sich aber ausschliesslich mit anderen Fragen, besonders mit dem Grundsatz des
Art. 6 lit. A PVUe
/London, wonach die Marken, was ihre Form betrifft, "telle quelle" zu schützen sind. Auch das Urteil des schweizerischen Bundesgerichts vom 9. Juni 1931, das Plaisant am Schlusse der S. 211 zitiert (
BGE 57 II 442
ff.), trägt zur Lösung des Problems, ob bei der Anwendung von Art. 6 lit. B Ziff. 2 Satz 2 die Verkehrsgeltung im Ursprungsland oder jene im Inland massgebend sei, nichts bei.
b) Anlässlich der Revision der PVUe in Lissabon im Jahre 1958 wurde auf Vorschlag der Internationalen Vereinigung für
BGE 99 Ib 10 S. 29
gewerblichen Rechtsschutz (AIPPI) der bisherige Art. 6 durch einen neuen Art. 6 und durch Art. 6 quinquies ersetzt.
Im neuen Art. 6 erklärte man vorab, die Bedingungen für die Hinterlegung und Eintragung von Fabrik- oder Handelsmarken würden in jedem Lande durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmt. Aus diesem Grundsatz folgt, dass die Übereinkunft im Zweifel so auszulegen ist, dass die Rechtsordnung und die Verhältnisse des Einfuhrlandes vor dem ausländischen Recht und den ausländischen Verhältnissen, besonders vor jenen im Ursprungslande, den Vorrang haben. Von Schutzbestrebungen als oberstem Leitbild in dem Sinne, dass die im Ursprungslande geschützte Marke im Zweifel auch im Einfuhrlande geschützt werden müsse, kann nicht die Rede sein. Eine Ausnahme sieht die sog. telle-quelle-Klausel des Art. 6 quinquies lit. A vor, doch gilt sie nur für die äussere Form der Marke (BGE 98 I b 180 ff.).
In Art. 6 quinquies wurde unter anderem aufgenommen, was bisher in Art. 6 lit. A und B gesagt war. Dabei machte man den bisherigen Satz 2 von lit. B Ziff. 2 zum Absatz 1 der lit. C und gab ihm folgenden neuen Wortlaut:
"Pour apprécier si la marque est susceptible de protection, on devra tenir compte de toutes les circonstances de fait, notamment de la durée de l'usage de la marque."
Damit war klargestellt, dass nicht nur bei der Würdigung der Unterscheidungskraft der Marke, sondern bei der Beurteilung ihrer Schutzfähigkeit überhaupt alle Tatumstände, besonders die Dauer des Gebrauchs der Marke, also ihre Durchsetzung im Verkehr, zu berücksichtigen seien.
Dass es auf die Durchsetzung im Verkehr im Auslande, besonders im Ursprungslande, also nicht auf die Verhältnisse im Inlande ankomme, wurde aber auch bei dieser Gelegenheit nicht gesagt. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein Versehen. Das Problem war an der Konferenz von Lissabon durchaus bekannt. Die AIPPI hatte vorgeschlagen, Art. 6 quinquies lit. C wie folgt zu fassen (Actes de la Conférence réunie à Lisbonne, S. 596):
"C. Pour apprécier si la marque a un caractère distinctif, on devra tenir compte de toutes les circonstances, notamment:
1. du fait que ladite marque a été admise à l'enregistrement dans le pays d'origine ou dans un autre pays de l'Union après examen des
BGE 99 Ib 10 S. 30
conditions d'admission ou qu'elle a été reconnue distinctive dans un pays de l'Union;
2. du fait de la durée et de l'étendue de son usage dans les pays de l'Union;
3. du fait que les milieux intéressés la considèrent comme le signe distinctif du produit qu'elle couvre."
Die Delegation von Österreich, unterstützt von den Delegationen der Tschechoslowakei und von Jugoslawien, widersprach diesem Vorschlag mit der Begründung, er bringe gegenüber dem bisherigen Art. 6 lit. B Ziff. 2 Satz 2 eine wesentliche Änderung mit sich, weil bisher bei der Würdigung der Unterscheidungskraft der Marke das Einfuhrland nur die in diesem Lande eingetretenen Tatsachen habe berücksichtigen müssen (Actes S. 605 f. und 753). Der Delegierte von Deutschland vertrat dagegen die Meinung, der Richter könne allen Tatsachen Rechnung tragen, um sich eine Meinung zu bilden (Actes S. 753). Der Schweizer alt Bundesrichter Bolla äusserte sich als Präsident der Dritten Kommission, die diesen Artikel beriet, gemäss Protokoll dahin, die Hauptschwierigkeit liege in der Frage, ob der Richter nur die Tatumstände im eigenen Lande, also im Einfuhrlande berücksichtigen solle oder ob er auch anderen Umständen, insbesondere ausserhalb seines Landes eingetretenen Tatsachen Rechnung tragen dürfe. Der bisherige Text erlaube dies, und der Vorschlag der AIPPI wolle ihn nicht ändern, sondern bloss durch Beispiele ergänzen. Es frage sich somit, ob die geltende Fassung genüge (Actes S. 606).
Hierauf beschlossen die Delegierten mit 20 gegen 7 Stimmen, die bisherige Wendung "... on devra tenir compte de toutes les circonstances de fait, notamment de la durée de l'usage de la marque" beizubehalten, also den Vorschlag der AIPPI abzulehnen (Actes S. 606).
Es kann somit nicht gesagt werden, Art. 6 quinquies lit. C Abs. 1 wolle die Verbandsländer verpflichten, eine Marke zu schützen, wenn sie im Ursprungslande Verkehrsgeltung erlangt hat. Diese Bestimmung erlaubt dem Einfuhrlande, alle Tatumstände zu berücksichtigen.
Dazu gehören vor allem die Verhältnisse, wie sie im Einfuhrlande selbst bestehen. Das ergibt sich schon daraus, dass die in Art. 6 quinquies lit. B aufgezählten Gründe, aus denen dieses Land die Eintragung der im Ursprungsland registrierten Marke ablehnen kann, im Einfuhrland verwirklicht sein müssen (BGE
BGE 99 Ib 10 S. 31
53 II 360, 55 II 62, 151/152, 72 I 240, 73 II 132, 76 I 169, 80 I 383; TROLLER, Immaterialgüterrecht, 2. Aufl., I 354; MASSON, La protection "telle quelle" des marques de fabrique et de commerce S. 75, 82). Die PVUe kann nicht der Rechtsordnung und den Verhältnissen des Einfuhrlandes dermassen den Vorrang einräumen, dieses Land dann aber doch verpflichten wollen, die Marke unbekümmert darum, ob sie im Einfuhrlande z.B. die Rechte Dritter verletzt (lit. B Ziff. 1) oder Beschaffenheitsangabe ist (lit. B Ziff. 2) oder sogar gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstösst (lit. B Ziff. 3), bloss deshalb zu schützen, weil sie im Ursprungslande, wo ganz andere Verhältnisse herrschen können (anderer Sprachgebrauch, andere Eintragungsvoraussetzungen usw.), Verkehrsgeltung erlangt hat.
Zu den Tatumständen, die das Einfuhrland berücksichtigen darf - aber nicht notwendigerweise muss -, kann man im einzelnen Falle auch die Vorgänge im Ursprungslande (oder in anderen Ländern) rechnen. Sie können etwa Indizien dafür sein, dass das Zeichen sich durch seinen Gebrauch auch im Einfuhrlande durchgesetzt hat. Wenn sie im Einfuhrlande bekannt sind, können sie den Schutz der ausländischen Marke unter Umständen auch deshalb rechtfertigen, weil der Gebrauch dieser Marke durch andere Fabrikanten oder Händler wegen der Täuschungsgefahr nicht in Frage kommt (
BGE 73 II 133
).
Dieser Meinung ist offenbar auch BODENHAUSEN, Guide d'application de la Convention de Paris S. 123, wenn er ausführt: "Les autorités compétentes du pays dans lequel la protection de la marque est revendiquée peuvent également tirer des conclusions de ce genre de circonstances existant dans d'autres pays."
c) Soweit das schweizerische Schrifttum die in
BGE 55 I 262
und
BGE 81 I 301
vertretene Auffassung übernommen hat, vermag es aus den angeführten Gründen ebenfalls nicht zu überzeugen (DAVID, Komm. zum MSchG Art. 3 N. 35; TROLLER, Immaterialgüterrecht 2. Auflage I 390; YVONNE HINTERMEISTER, Der Schutz der ausländischen Marke in der Schweiz S. 74). Troller behält übrigens "wichtige inländische Interessen" vor, scheint also nicht anzunehmen, dass immer die Verkehrsgeltung im Ursprungslande massgebend sei. Dem Urteil betreffend die Marke "Bernex" wirft er zudem vor (S. 391), es enthalte einen Widerspruch, weil die Motive einerseits davon
BGE 99 Ib 10 S. 32
ausgingen, das Publikum werde den Namen "Bernex" nicht mit der Herstellung von Uhren in Zusammenhang bringen, womit er, was für ihre Zulassung entscheidend gewesen sei, als Phantasiemarke anerkannt worden sei. Auch Yvonne HINTERMEISTER fügt bei (S. 75), eine Marke sei trotz eines langen Gebrauchs und dadurch erlangter Verkehrsgeltung im Ursprungslande dann nicht "telle quelle" zu schützen, wenn sie im Inland der Kennzeichnungs- und damit der Unterscheidungskraft entbehre oder als Beschaffenheitsangabe offengehalten werden müsse. Sie sieht also in der Verkehrsgeltung im Ursprungslande nicht in allen Fällen einen Grund, der das Einfuhrland zur Eintragung der Marke verpflichte.
MATTER, Komm. zum MSchG S. 63/64, ist im Gegensatz zu
BGE 55 I 273
der Meinung, dass gewöhnlich die Durchsetzung im Inland erforderlich ist, bei Exportmarken jedoch die Verhältnisse im Ausland zu berücksichtigen sind.
d) Das deutsche Bundespatentgericht vertritt in einem Entscheid aus dem Jahre 1965 (veröffentlicht in GRUR 1965 Ausland S. 508) die Auffassung, ein nicht unterscheidungskräftiges oder ein beschreibendes Warenzeichen könne nur dann in die deutsche Zeichenrolle eingetragen werden, wenn es sich in der Bundesrepublik durchgesetzt hat; Durchsetzung im Verkehr des Ursprungslandes genüge nicht.
Auch das deutsche Schrifttum ist überwiegend der Auffassung, dass es auf die Durchsetzung in der Bundesrepublik ankomme, wobei es einräumt, dass die Verkehrsgeltung der Marke im Ausland den Nachweis der Durchsetzung in der Bundesrepublik erleichtern kann (BUSSE, Warenzeichengesetz 3. Auflage Anm. 34 II Ziff. 1 Abs. 1 und lit. f zu
§ 4 WZG
und Anm. 5 lit. c zu
Art. 6 PVUe
; REIMER/TRÜSTEDT Anm. 31 zu
§ 4 WZG
; BAUMBACH/HEFERMEHL Anm. 67 zu
§ 4 WZG
). BEIER, in GRUR 1968 S. 497, meint dagegen, dem Verlangen nach übereinstimmender Beurteilung der Schutzfähigkeit einer im internationalen Handel benützen Marke sollte grundsätzlich entsprochen werden, soweit keine überwiegenden Interessen inländischer Gewerbetreibender oder die inländische öffentliche Ordnung entgegenstehen. Der Vorbehalt der inländischen Interessen und öffentlichen Ordnung zeigt aber, dass auch Beier letzten Endes doch dem Recht des Einfuhrlandes den Vorrang gibt.
In Österreich vertreten SONN/PRETTENHOFER/KOCH, Warenzeichenrecht, Wien 1958 S. 10 die Auffassung, bei der Entscheidung
BGE 99 Ib 10 S. 33
der Frage, ob sich eine Marke in den beteiligten Kreisen als Kennzeichen der Ware des Unternehmens durchgesetzt habe, sei die inländische Verkehrsanschauung massgebend.
Auch nach der Rechtsprechung Grossbritanniens vermögen die Verhältnisse im Auslande ein den Anforderungen des englischen Rechts nicht genügendes Zeichen nicht eintragungsfähig zu machen (GRUR 1956 Ausland S. 56; VON WATTENWYL, Der Schutz der Marke in Grossbritanien, ZBJV 89 S. 203/204).
e) Der vorliegende Fall bestätigt, dass die Verkehrsgeltung der Marke im Ursprungslande nicht ohne weiteres Anspruch darauf geben kann, dass sie auch im Einfuhrlande geschützt werde. Das Recht der Verbandsstaaten, den ausschliesslich aus Beschaffenheitsangaben bestehenden Marken den Schutz zu verweigern, wäre sonst oft illusorisch. Das Wort discotable ist in der Bundesrepublik Deutschland möglicherweise schon sehr bald, gewissermassen von Anfang an, als Marke der Beschwerdeführerin bekannt geworden, weil es im deutschen Publikum als fremdsprachiger Ausdruck nicht Beschaffenheitsangabe, sondern Phantasiewort ist, sich also nicht zuerst durch langen Gebrauch vom Freizeichen zum Individualzeichen umzugestalten brauchte. Die Berücksichtigung der Verhältnisse in der Bundesrepublik liefe darauf hinaus, dass über die Bedeutung, die das Wort in der französsichen Sprache hat, in der Schweiz von Anfang an hinweggesehen werden müsste, obschon diese Sprache hier National- und Amtssprache ist. Es kann nicht der Wille der PVUe sein, dass die sprachlichen Verhältnisse im Einfuhrlande dermassen den Verhältnissen im Ursprungslande hintanzustellen seien.
Die Beschwerdeführerin befindet sich in anderer Lage als der Inhaber der Marke "Tunbridge Wells". Dieser Ausdruck war nicht in der Schweiz, sondern im Ursprungslande England eine Ortsbezeichnung und daher zunächst Freizeichen. Er konnte sich in England durch langen Gebrauch zum Individualzeichen umbilden. Schweizerische Geschäftsleute waren an seiner Freihaltung für den Gebrauch im Inlande überhaupt nicht interessiert. Der Gebrauch von "Tunbridge Wells" als Marke durch sie hätte geradezu täuschend wirken können. Das Bundesgericht hat das schon in
BGE 73 II 133
angedeutet, als es, eine Parallele mit
BGE 55 I 262
ff. ziehend, die Nachahmung der Marke "Cigarettes françaises" des Inhabers des französischen
BGE 99 Ib 10 S. 34
Tabak-Regiebetriebes wegen Täuschungsgefahr als unzulässig erklärte. Von der Marke der Beschwerdeführerin kann nicht gesagt werden, ihr Gebrauch durch andere Personen in der Schweiz könnte zu Täuschungen führen. "Discotable" wird hier nicht als ausschliessliches Gut der Beschwerdeführerin, sondern als Beschaffenheitsangabe, also als Gemeingut empfunden. Schweizerische Geschäftsleute haben ein Interesse, ihre Tische zum Aufbewahren von Schallplatten ebenfalls als discotables bezeichnen zu dürfen.
Anders verhielte es sich nur, wenn sich dieses Wort für Waren aus dem Betriebe der Beschwerdeführerin auch in der Schweiz als Individualzeichen durchgesetzt hätte. Das wird aber von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Sie beruft sich nur auf die angebliche Verkehrsgeltung in Deutschland und bringt nicht einmal vor, dass sie die Marke in der Schweiz überhaupt schon gebraucht habe. Die Frage, ob die behauptete Durchsetzung im Verkehr in Deutschland ein Indiz dafür sei, dass sich das Zeichen auch in der Schweiz durchgesetzt habe, stellt sich daher nicht.
Die Marke kann deshalb in der Schweiz nicht eingetragen werden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.