BGE 105 III 18 vom 23. März 1979

Datum: 23. März 1979

Artikelreferenzen:  Art. 2 ZGB

BGE referenzen:  107 III 33, 109 III 93, 110 III 35, 112 III 47, 120 III 42, 120 III 159, 129 III 203, 143 III 279 , 94 I 374, 94 III 82, 85 III 29

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

105 III 18


4. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 23. März 1979 i.S. Dr. M. (Rekurs)

Regeste

Arrestvollzug.
Ein rechtsmissbräuchlich erwirkter Arrest darf vom Betreibungsamt nicht vollzogen werden.

Sachverhalt ab Seite 18

BGE 105 III 18 S. 18

A.- Zwischen der X. AG, Gonten, und dem in Kempten im Allgäu wohnhaften Dr. M. ist vor deutschen Gerichten ein Streit anhängig. Am 28. September 1978 teilten die deutschen Anwälte der X. AG dieser mit, Dr. M. beabsichtige, sie voraussichtlich am 9./10. Oktober 1978 zum Zwecke von Vergleichsgesprächen in Gonten aufzusuchen. Hierauf ersuchte die X. AG den Bezirksgerichtspräsidenten von Appenzell um Erlass eines Arrestbefehls im Betrag von Fr. 38'525.- nebst Zinsen über sämtliche Vermögenswerte, insbesondere das Motorfahrzeug, Bargeld, Checks und Wertgegenstände, die Dr. M. mit sich führe, wenn er zu den Vergleichsgesprächen in Gonten erscheine. Der Bezirksgerichtspräsident gab diesem Gesuch am 9. Oktober 1978 statt. Da Dr. M. jedoch nicht erschien, wurde der Arrestbefehl am 31. Oktober 1978 als hinfällig erklärt. Am 28. November 1978 teilte die X. AG der Gerichtskanzlei mit, Dr. M. werde sich heute oder in den nächsten Tagen bei ihr zu Vergleichsgesprächen einfinden und sie erneuere ihr Arrestbegehren. Der Bezirksgerichtspräsident erliess wiederum einen Arrestbefehl, der noch am gleichen Tag vom Betreibungsamt Appenzell vollzogen wurde. Dabei wurden der Dr. M. gehörende Personenwagen Daimler-Benz 350 SL, Jahrgang 1971, im Schätzungswert von Fr. 14'000.- sowie 12 vom Betreibungsamt als wertlos bezeichnete Bargeldchecks mit Arrest belegt.

B.- Gegen den Arrestvollzug führte der Arrestschuldner beim Kantonsgericht Appenzell I.-Rh. als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde. Er machte unter anderem geltend, das Vorgehen der Gläubigerin, die ihn
BGE 105 III 18 S. 19
unter Hinweis auf Vergleichsverhandlungen nach Appenzell gelockt habe, sei rechtsmissbräuchlich. Mit Entscheid vom 10. Januar 1979 wies das Kantonsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.

C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt Dr. M., der Entscheid des Kantonsgerichts sei aufzuheben und der Personenwagen Daimler-Benz aus dem Arrestbeschlag zu entlassen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer heisst den Rekurs gut und erklärt den Arrestvollzug als gültig (recte: ungültig).

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Hingegen darf der Arrest deswegen nicht vollzogen werden, weil er rechtsmissbräuchlich erwirkt worden ist. Gleichgültig, ob der Rekurrent aus eigenem Antrieb nach Appenzell zu Vergleichsgesprächen kam oder auf Aufforderung durch seinen Geschäftspartner hin, widerspricht es jeglichem Vertrauen im Geschäftsverkehr, wenn bei Ankunft des Rekurrenten dessen ganzes Vermögen, das er mit sich führt, mit Arrest belegt wird. Das Vorgehen der Gläubigerin, die wusste, dass Vergleichsverhandlungen bevorstanden, mit denen der laufende Prozess vielleicht hätte beendigt werden können, ist hinterhältig und stellt eine krasse Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben dar. Ein solches Vorgehen verdient keinen Rechtsschutz ( Art. 2 ZGB ; dazu etwa BGE 94 I 374 , BGE 94 III 82 /83, BGE 85 III 29 ).

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