Federal court decision 115 II 93 from March 15, 1989

Date: March 15, 1989

Related articles:  Art. 6 ZGB, Art. 32 OR, Art. 929 OR, Art. 934 OR, Art. 19 HRegV , Art. 52 HRegV, Art. 32 ff. OR, Art. 19 Abs. 2 HRegV, Art. 929 Abs. 1 OR, Art. 32 Abs. 1 OR, Art. 6 ZGB, Art. 22 Abs. 2 HRegV

Related court decisions:  104 IB 322, 107 II 247, 91 I 362

Source: bger.ch

Urteilskopf

115 II 93


17. Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. März 1989 i.S. X. gegen Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Regeste

Eintragung im Handelsregister, Haftung für Gebühren.
Nach Art. 21 Abs. 1 GebT haften auch Notare für die Gebühren und Auslagen des Handelsregisteramtes, wenn sie von ihm eine Handlung verlangen. Ob sie sich im Auftrag Dritter oder von sich aus an das Amt wenden, ist gleichgültig.

Sachverhalt ab Seite 93

BGE 115 II 93 S. 93

A.- X. meldete im Februar 1987 drei Gesellschaften, über deren Gründungen er als Notar öffentliche Urkunden erstellt hatte, beim Handelsregisteramt Basel-Stadt zur Eintragung an. Er ersuchte das Amt sodann um mehrere Registerauszüge. Das Amt stellte ihm fünf Rechnungen im Betrage von insgesamt Fr. 1'300.--, die nicht bezahlt wurden.
Mit Verfügung vom 17. Mai 1988 forderte das Handelsregisteramt X. zur Zahlung auf, weil er nach Art. 21 Abs. 1 des Gebührentarifs (GebT) als Anmelder und Gesuchsteller für die Gebühren und Auslagen des Amtes hafte. X. beschwerte sich dagegen beim Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt, das am 12. Oktober 1988 die Verfügung des Amtes sinngemäss bestätigte.

B.- X. führt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, ihn wegen unzulässiger Anwendung des Gebührentarifs aufzuheben.
BGE 115 II 93 S. 94
Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat sich auf einige grundsätzliche Bemerkungen beschränkt und auf einen Antrag verzichtet.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Der Beschwerdeführer macht geltend, Art. 21 Abs. 1 GebT erwähne den Notar nicht; dieser gehöre auch nicht zu den Personen, die gemäss Art. 934 OR und Art. 52 HRegV zur Anmeldung verpflichtet seien. Seine Anmeldung begründe daher noch kein relevantes Haftungsverhältnis. Indem die Vorinstanz aus der streitigen Tarifbestimmung eine persönliche Haftung des beurkundenden Notars ableite, greife sie zudem in unzulässiger Weise in ein Rechtsverhältnis ein, das durch Art. 32 ff. OR abschliessend geregelt werde.
a) Wer zur Anmeldung einer Eintragung berechtigt oder verpflichtet ist, wer eine Anmeldung einreicht oder eine Amtshandlung verlangt, haftet gemäss Art. 21 Abs. 1 GebT persönlich für die Bezahlung der Gebühren und Auslagen; mehrere Personen haften solidarisch. Der Wortlaut dieser Bestimmung ist eindeutig und lässt keinen Raum zu einem Streit darüber, ob sie auch für Notare gelte, wenn diese sich im Auftrag Dritter oder von sich aus an ein Handelsregisteramt wenden, um es zu einer Eintragung zu veranlassen oder von ihm eine andere Handlung zu verlangen. Dass ein solidarisch Haftender selber zur Anmeldung einer Eintragung berechtigt oder mit einem Anmeldepflichtigen identisch sein müsse, wie der Beschwerdeführer unter Hinweis auf Art. 934 OR und Art. 52 HRegV anzunehmen scheint, ist diesen Bestimmungen nicht zu entnehmen. An der Haftung der anmeldenden Person für Gebühren und Auslagen ändert auch Art. 21 Abs. 3 GebT nichts, wonach Gebühren im voraus zu entrichten sind. Wenn das Amt namentlich Urkundspersonen gegenüber von einem Vorschuss absieht, heisst das nicht, dass es sie nicht für haftbar halte oder von vornherein aus der Haftung entlasse.
Die Auffassung der Vorinstanz entspricht nicht nur dem klaren Wortlaut des Art. 21 Abs. 1 GebT, sondern auch dem Sinn und Zweck der Bestimmung. Die Wendung "wer eine Anmeldung einreicht oder eine Amtshandlung verlangt" wäre sinnlos und daher überflüssig, wenn tatsächliche oder scheinbare Vertreter
BGE 115 II 93 S. 95
davon auszunehmen wären. Es lässt sich im Ernst auch nicht sagen, die unmittelbare Haftung dessen, der eine Eintragung anmeldet oder vom Amt etwas anderes, z.B. Auszüge verlangt wie der Beschwerdeführer, finde im Gesetz keine Grundlage. Das öffentliche Registerrecht mit seinen Verfahren, die auf dem Antragsprinzip beruhen, muss seiner Natur und seinem Zweck entsprechend rasch und einfach gehandhabt werden ( BGE 104 Ib 322 mit Hinweisen). Das gilt namentlich für die Eintragungen, die unverzüglich vorzunehmen sind ( Art. 19 Abs. 2 HRegV ), aber zu den häufigsten Amtshandlungen gehören, wie die Statistik zeigt (SHAB Nr. 13 vom 19. Januar 1989 S. 247). Dazu kommt, dass die Überprüfungsbefugnis des Registerführers stark eingeschränkt ist ( BGE 107 II 247 /48 und BGE 91 I 362 mit Hinweisen), es folglich nicht seine Aufgabe sein kann, einem allfälligen Vertretungsverhältnis nachzuforschen, wenn nicht ersichtlich ist, für wen eine Amtshandlung beantragt wird. Die Oberaufsichtsbehörde nimmt deshalb mit Recht an, dass der Bundesrat sich angesichts der besondern Bedürfnisse der Registerbehörden gestützt auf Art. 929 Abs. 1 OR für befugt halten durfte, eine autonome Haftungsregelung zu schaffen, die unter Umständen über den Grundsatz des Art. 32 Abs. 1 OR hinausgeht (HUBER, N. 105 ff. zu Art. 6 ZGB ). Dass diese Regelung den Registerbehörden das Gebührenwesen erheblich erleichtert und daher auch sachlich gerechtfertigt ist, liegt auf der Hand.
b) Das ist auch dem Hinweis des Beschwerdeführers auf einen Entscheid entgegenzuhalten, in dem die Justizdirektion des Kantons Bern am 29. Oktober 1988 seine Haftung in einem ähnlichen Fall verneint hat. Dieser Entscheid deckt sich zwar mit der Argumentation des Beschwerdeführers, widerspricht aber den vorstehenden Erwägungen. Er geht gestützt auf die Eintragungspflicht juristischer Personen gemäss Art. 22 Abs. 2 HRegV von der irrtümlichen Annahme aus, dass der Kreis der Haftenden auf anmeldepflichtige und -berechtigte Personen der Verwaltung zu beschränken sei. Das leuchtet namentlich dann nicht ein, wenn notarielle Entwürfe, deren Prüfung gemäss Art. 9 Ziff. 4 GebT ebenfalls gebührenpflichtig ist, dem Amt schon vor der Gründung einer Gesellschaft unterbreitet werden, was nach der Vernehmlassung der Vorinstanz in vielen Fällen vorkommen soll. Die Auslegung der streitigen Vorschrift durch die Vorinstanz ist umso weniger zu beanstanden, als Vertreter einer persönlichen Haftung dadurch vorbeugen können, dass sie einen Vorschuss verlangen,
BGE 115 II 93 S. 96
wenn das Amt gemäss Art. 21 Abs. 3 GebT von einem solchen absieht.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

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