BGE 128 III 70 vom 30. Oktober 2001

Datum: 30. Oktober 2001

Artikelreferenzen:  Art. 2 ZGB, Art. 9 OR, Art. 18 OR, Art. 23 OR, Art. 24 OR, Art. 25 OR, Art. 28 OR, Art. 31 OR, Art. 115 OR , Art. 23 ff. OR, Art. 63 Abs. 2 OG, Art. 18 Abs. 1 OR, Art. 24 ff. OR, Art. 28 Abs. 1 OR, Art. 25 Abs. 1 OR, Art. 2 Abs. 1 ZGB

BGE referenzen:  88 II 410, 98 II 96, 119 II 147, 121 III 118, 123 III 35, 132 II 161, 132 III 626, 137 III 487, 138 III 659 , 121 III 118, 123 III 35, 98 II 96, 119 II 147, 88 II 410, 88 II 410

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

128 III 70


13. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. A. gegen B. (Berufung)
4C.78/2001 vom 30. Oktober 2001

Regeste

Vertragsanfechtung wegen Irrtums oder Täuschung ( Art. 23 ff. OR ).
Die Wirksamkeit der Anfechtungserklärung setzt das Bestehen des behaupteten Willensmangels voraus (E. 1).
Ausnahmen vom Grundsatz der Unwiderruflichkeit der Anfechtungserklärung (E. 2).

Sachverhalt ab Seite 70

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Mit Vertrag vom 28. Dezember 1988 verkaufte B. 49% der Aktienanteile der X. AG an C. zum Preis von Fr. 350'000.-. Dieser Vertrag wurde in der Folge von keiner Seite erfüllt. Am 29. Mai 1992 schlossen die Parteien eine als Vergleich benannte Vereinbarung, mit der sie Klarheit hinsichtlich der Beteiligungsverhältnisse an der X. AG und an deren Tochtergesellschaften schaffen wollten. In dieser Vereinbarung wurde der Kaufvertrag vom 28. Dezember 1988 als hinfällig erklärt und C. anerkannte, dass er am Aktienkapital der X. AG oder am Gesellschaftskapital der Tochtergesellschaften nicht beteiligt sei und ihm diesbezüglich keine Ansprüche zuständen. C. verpflichtete sich sodann, alle Erklärungen
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abzugeben bzw. Handlungen vorzunehmen, die für die Erfüllung der Vereinbarung notwendig sein sollten. B. verpflichtete sich seinerseits, C. einen Betrag von Fr. 1'450'000.- in Raten zu bezahlen. Am 30. August 1992 schlossen die Parteien eine zweite Vereinbarung, mit der sie jene vom 29. Mai 1992 teilweise änderten. Sie hielten zudem fest, dass B. bisher Zahlungen im Gesamtbetrag von Fr. 775'000.- erbracht habe und C. bestimmten Vertragspflichten noch nicht nachgekommen sei.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 1992 erklärte C. gegenüber B., er trete von den Vereinbarungen vom 29. Mai und 30. August 1992 wegen Täuschung und Grundlagenirrtums zurück. Er machte geltend, er sei über den Preis getäuscht worden, zu welchem die Aktien der X. AG an einen Dritten verkauft worden seien, und es hätten sich "auch weitere Vertragsgrundlagen als hinfällig erwiesen". Er kündigte an, er werde seinen Rechtsanwalt mit der Rückabwicklung der Vertragsverhältnisse beauftragen.
Mit Brief vom 3. Januar 1994 nahm der Anwalt von C. gegenüber jenem von B. Bezug auf die mehrmonatigen, erfolglosen Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien und erklärte, dass sein Mandant nun die unverzügliche beidseitige volle Erfüllung der Vereinbarungen vom 29. Mai und 30. August 1992 verlange. Darauf wies der Rechtsvertreter von B. mit Antwortschreiben vom 10. Januar 1994 darauf hin, dass C. die Vereinbarungen wegen Täuschung und Grundlagenirrtums angefochten habe, und stellte die Frage, ob es nicht widersprüchlich sei, wenn gleichwohl ein dermassen angefochtener Vertrag vollzogen werden solle. Er schloss das Schreiben mit der Mitteilung, dass er die Äusserungen des Gegenanwalts nicht als Abbruch der Vergleichsverhandlungen verstehe. Dieser antwortete am folgenden Tag, dass das Verhalten seines Klienten nicht widersprüchlich sei, weil dieser den Vertrag trotz der Anfechtung nachträglich genehmigen könne, wenn die Gegenpartei die Wirksamkeit der Anfechtung bestreite. Im Übrigen erklärte er, an der Aufforderung zur Vertragserfüllung gemäss seinem Schreiben vom 3. Januar 1994 festzuhalten.
Mit schriftlicher Erklärung, datiert vom 11. Januar 1994, trat C. seine sämtlichen Ansprüche aus den Vereinbarungen vom 28. Dezember 1988 sowie vom 29. Mai und 30. August 1992 mit B. an A. ab.
Am 10. Juni 1994 reichte A. beim Bezirksgericht March Klage gegen B. ein. Der Kläger stellte das Rechtsbegehren, den Beklagten zur Zahlung von Fr. 571'625.- nebst Zins zu verpflichten.
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Mit Urteil vom 24. September 1998 verpflichtete das Bezirksgericht den Beklagten, dem Kläger bei Erhalt der Erklärungen im Sinne von Ziff. 4 der Vereinbarung vom 29. Mai 1992 Zug um Zug Fr. 423'875.- zu zahlen. Auf Berufung des Beklagten und Anschlussberufung des Klägers hin wies das Kantonsgericht des Kantons Schwyz die Klage mit Urteil vom 14. November 2000 ab.
Das Bundesgericht heisst die Berufung des Klägers teilweise gut, hebt das Urteil des Kantonsgerichts auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an dieses zurück.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. Das Kantonsgericht ist im Gegensatz zur ersten Instanz zum Ergebnis gekommen, die Vereinbarungen vom 29. Mai und 30. August 1992 seien unverbindlich, weil C. am 18. Dezember 1992 erklärt habe, er trete von diesen wegen Täuschung und Grundlagenirrtums zurück. Ein einseitiger Widerruf der Erklärung sei ausgeschlossen; vielmehr sei ein Zurückkommen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur möglich, wenn sich beide Parteien nachträglich darauf geeinigt hätten, die Vereinbarung aufrechtzuerhalten, was dem Abschluss eines neuen Vertrags desselben Inhalts gleichkomme. Es bedürfe einer neuen Einigung unter den Vertragsparteien darauf, den Vertrag trotz der Unverbindlichkeitserklärung halten zu wollen, wobei diese Einigung auch stillschweigend oder durch konkludentes Verhalten zustande kommen könne. Die Beweislast dafür, dass sich die Parteien nachträglich geeinigt hätten, den Vertrag trotzdem gelten zu lassen, liege vorliegend bei der Partei, welche den Vertrag angefochten habe. Eine solche Einigung verneinte das Kantonsgericht, weil der Beklagte die vom Anwalt von C. mit Schreiben vom 3. Januar 1994 unterbreitete Offerte nicht angenommen habe, auch nicht stillschweigend oder konkludent. In diesem Zusammenhang sei nicht von Bedeutung, dass der Beklagte im Prozess geltend gemacht habe, die von C. behaupteten Anfechtungsgründe hätten nicht bestanden. Der Beklagte könne den Anfechtenden auf seiner Erklärung behaften, selbst wenn er den Anfechtungsgrund nicht anerkenne; zumindest dann, wenn er geltend mache, er dürfe seine Leistung aus anderen Gründen verweigern.
a) Der Kläger wirft dem Kantonsgericht vor, es habe bei der Beurteilung, ob ein neuer Vertrag geschlossen worden sei, die Frage des Zustandekommens des Vertrages mit jener der Vertragserfüllung verwechselt. Das Gericht habe übersehen, dass die Zahlungsverweigerung
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nicht darauf beruht habe, dass der Beklagte das Angebot zur Genehmigung des Vergleichsvertrags nicht habe annehmen wollen, sondern darauf, dass der Beklagte C. Zug um Zug zur Erfüllung von dessen eigenen vertraglichen Leistungspflichten habe auffordern wollen. Das Gericht habe zudem lediglich das Vorliegen eines faktischen Konsenses geprüft, dagegen nicht nach der Existenz eines rechtlichen Konsenses gefragt.
Diese Rügen sind teils unbegründet, teils nicht zu hören. Hat die Vorinstanz den tatsächlichen und von C. bzw. dessen Anwalt wahrgenommenen Willen des Beklagten festgestellt, die Offerte nicht anzunehmen, ist das Bundesgericht im Berufungsverfahren an diese Feststellung gebunden ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Steht aber fest, dass für beide Parteien erkennbar keine Willensübereinstimmung bestand, bleibt für eine Auslegung nach dem Vertrauensgrundsatz kein Raum ( Art. 18 Abs. 1 OR ; BGE 121 III 118 E. 4b/aa). Diese Regel gilt nicht nur für die Vertragsauslegung, sondern auch für die Frage, ob ein Vertrag geschlossen worden ist ( BGE 123 III 35 E. 2b mit Hinweisen).
b) Das Kantonsgericht hat wie bereits die erste Instanz nicht geprüft, ob auf der Seite von C. Willensmängel im Sinne der Art. 24 ff. OR vorgelegen haben, die ihn dazu berechtigten, die Unverbindlichkeit der Vereinbarungen vom 29. Mai und 30. August 1992 geltend zu machen. Der Kläger bringt in der Berufungsschrift vor, die Begründung, welche C. in seinem Schreiben vom 18. Dezember 1992 für den Vertragsrücktritt gegeben habe, sei weder stichhaltig noch wahr; die Anfechtung sei ohne rechtlich vertretbaren Grund erfolgt. Auch der Beklagte hat nach dem angefochtenen Urteil im Prozess vorgebracht, die Anfechtungsgründe, auf die sich C. berufen habe, hätten nicht bestanden. Beide Prozessparteien nahmen bzw. nehmen somit den Standpunkt ein, dass auf der Seite von C. keine Willensmängel bestanden hätten.
Im angefochtenen Urteil wird ausgeführt, C. habe mit der Erklärung vom 18. Dezember 1992 ein unwiderrufliches und bedingungsfeindliches Gestaltungsrecht ausgeübt, das beim Zugang der Erklärung die Unwirksamkeit des Vertrags ex tunc zur Folge habe. Es wird sodann unter Hinweis auf die Literatur und die Rechtsprechung des Bundesgerichts festgehalten, die Geltendmachung der Ungültigkeit müsse nicht gerichtlich erfolgen, es genüge die Berufung auf Irrtum oder Täuschung durch blosse empfangsbedürftige Erklärung gegenüber dem Vertragspartner oder durch Verweigerung der von ihm geforderten Erfüllung.
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Soweit diese Aussage dahin zu verstehen ist, dass die blosse Erklärung der einen Willensmangel behauptenden Partei die Ungültigkeit des Vertrags bewirkt, kann dem nicht zugestimmt werden. Diese Auffassung lässt sich weder mit dem Gesetz vereinbaren noch aus der von der Vorinstanz zitierten Literatur und Rechtsprechung ableiten. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist der Vertrag für denjenigen unverbindlich, der sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat ( Art. 23 OR ). Die Tatsache des Irrtums ist somit unerlässliche Voraussetzung der Wirksamkeit der Erklärung, den Vertrag deswegen nicht halten zu wollen. Auch aus dem Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 OR geht unmissverständlich hervor, dass die absichtliche Täuschung tatsächlich erfolgt sein muss, damit die getäuschte Partei die Unverbindlichkeit des Vertrags erklären kann. Schliesslich lässt sich aus dem vom Kantonsgericht zitierten Bundesgerichtsurteil ( BGE 72 II 404 ) und der Literaturstelle (GUHL/KOLLER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., S. 143) ebenfalls nicht ableiten, dass die blosse Erklärung die Ungültigkeit des Vertrages bewirkt, unabhängig davon, ob der Vertragsschluss tatsächlich mit einem Willensmangel behaftet ist. Diese Auffassung wird soweit ersichtlich nirgends vertreten. Lehre und Rechtsprechung setzen vielmehr - zu Recht - als selbstverständlich voraus, dass die Erklärung nur dann wirksam ist, wenn beim Vertragsschluss tatsächlich ein Willensmangel vorgelegen hat (vgl. zum Beispiel BGE 98 II 96 E. 3: "..., sofern die Voraussetzungen eines Willensmangels erfüllt seien, ..."). In diesem Zusammenhang ist allerdings anzumerken, dass die Parteien einen Vertrag in der Regel im gegenseitigen Einverständnis aufheben können, wobei sie sich nicht darum kümmern müssen, ob beim Vertragsschluss ein Willensmangel vorgelegen hat (vgl. zum Aufhebungsvertrag: AEPLI, Zürcher Kommentar, N. 16 ff. zu Art. 115 OR ; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., Zürich 1988, S. 390). Ein Aufhebungsvertrag fällt jedoch im vorliegenden Fall mangels Konsenses ausser Betracht, nachdem die Vergleichsverhandlungen erfolglos verlaufen sind und der Kläger heute den Standpunkt einnimmt, dass die Vereinbarungen vom 29. Mai und 30. August 1992 für beide Seiten verbindlich sind.
Aus den vorangehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Begründung des angefochtenen Urteils insoweit gegen Bundesrecht verstösst, als ihr die Auffassung zugrunde liegt, dass die Erklärung von C. vom 18. Dezember 1992 für sich allein zur Unverbindlichkeit der Vereinbarungen vom 29. Mai und 30. August 1992 führte. Eine
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solche Annahme ist ausgeschlossen, so lange nicht festgestellt oder allenfalls von beiden Prozessparteien anerkannt ist, dass die von C. in seinem Schreiben vom 18. Dezember 1992 behaupteten Willensmängel tatsächlich vorlagen. Zu prüfen bleibt dagegen, ob der Beklagte die Gegenpartei unter den gegebenen Umständen auf der Erklärung von C. behaften darf.

2. Mit der Erklärung, einen Vertrag wegen Grundlagenirrtums oder Täuschung nicht halten zu wollen, wird im Rahmen eines Gestaltungsgeschäftes ein rechtsaufhebendes Gestaltungsrecht ausgeübt (GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, 7. Aufl., Zürich 1998, Rz. 129 und 151). Durch ein solches Gestaltungsrecht wird ein Rechtsverhältnis inhaltlich aufgehoben, ohne dass es dazu der Zustimmung der Gegenpartei bedarf. Der einseitigen Gestaltungsmacht des Berechtigten entspricht auf der Seite des Erklärungsgegners eine Gebundenheit, diese Gestaltung und den in ihr liegenden Einbruch in den eigenen Rechtskreis hinzunehmen und gegen sich gelten zu lassen. Da dem Berechtigten durch das Gestaltungsrecht eine einseitige Gestaltungsmacht eingeräumt ist, müssen Sicherungen im Interesse der Gegenpartei vorgesehen werden, damit der Eingriff in die Rechtssphäre für diesen überschaubar und auf das notwendige Mass begrenzt wird (LARENZ/WOLF, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 8. Aufl., München 1997, S. 311). Aus diesem Schutzbedürfnis der Gegenpartei, ihrem Interesse an klaren Verhältnissen, folgt der Grundsatz, dass die Ausübung von Gestaltungsrechten bedingungsfeindlich und unwiderruflich ist (GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., Rz. 154 ff.; BGE 119 II 147 E. 3c).
Der - hier allein interessierende - Grundsatz der Unwiderruflichkeit erleidet Ausnahmen, die sich teils unmittelbar aus dem Gesetz und teils aus dessen teleologischer Auslegung ergeben, wobei in diesem Zusammenhang wiederum massgebend ist, ob und wie weit ein Schutzbedürfnis der Gegenpartei besteht (GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., Rz. 157). So kann eine Anfechtungserklärung analog der Regel von Art. 9 OR zurückgenommen werden (MERZ, Schweizerisches Privatrecht, Bd. VI/1, Bern 1984, S. 80) oder wegen Verstosses gegen Treu und Glauben ungültig sein ( Art. 2 ZGB und Art. 25 Abs. 1 OR ). Möglich ist ferner, dass die Erklärung ihrerseits wegen eines Willensmangels unwirksam ist (SCHMIDLIN, Berner Kommentar, N. 174 ff. zu Art. 23/24 OR; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., Rz. 937). Schliesslich ist ein Zurückkommen auf die Anfechtungserklärung nach der Lehre zulässig, wenn der Erklärungsgegner
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das Gestaltungsrecht oder dessen wirksame Ausübung bestreitet, weil dann nur der von ihm für richtig gehaltene Zustand hergestellt wird (LARENZ/WOLF, a.a.O., S. 311; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., Rz. 157 und 907; SCHWENZER, Basler Kommentar, 2. Aufl., N. 8 zu Art. 31 OR ; ALFRED KOLLER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, Bern 1996, Rz. 1309; BUCHER, a.a.O., S. 212). Dieser mehrheitlich in der Literatur vertretenen Auffassung ist beizustimmen. Sie entspricht der hier massgebenden teleologischen Interpretation des Gesetzes. Soweit die bundesgerichtliche Rechtsprechung für eine Rücknahme der Anfechtung voraussetzt, dass die Gegenpartei damit einverstanden ist ( BGE 88 II 410 E. 2 S. 412), genügt die Bestreitung des Gestaltungsrechts oder dessen wirksamer Ausübung, weil die Gegenpartei damit hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, dass sie am Vertrag festhalten will. Wer sich so verhält, soll sich nach dem Grundsatz von Art. 2 Abs. 1 ZGB nicht gleichzeitig darauf berufen dürfen, durch die Anfechtungserklärung sei er seiner Erfüllungspflicht enthoben worden. Es trifft somit entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht zu, dass der Beklagte die Gegenpartei auf der Erklärung von C. behaften kann, obschon sie das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes bestreitet. Vielmehr ist von einem wirksamen Widerruf der Erklärung auszugehen, falls den Feststellungen im angefochtenen Urteil entnommen werden kann, dass die Klägerseite aufgrund des Verhaltens des Beklagten annehmen durfte, dieser widersetze sich der Anfechtungserklärung und wolle am Vertrag festhalten.

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