BGE 129 I 302 vom 4. Juli 2003

Datum: 4. Juli 2003

Artikelreferenzen:  Art. 262 StGB, Art. 11 ZGB, Art. 28 ZGB, Art. 31 ZGB, Art. 392 ZGB, Art. 7 BV, Art. 10 BV , Art. 31 Abs. 1 und Art. 11 ZGB, Art. 53 Abs. 2 aBV, Art. 84 ff. OG, Art. 90 Abs. 1 lit. b OG, Art. 28 Abs. 1 ZGB, Art. 156 OG

BGE referenzen:  97 I 221, 101 II 177, 104 II 225, 109 II 353, 118 IV 319, 127 I 115, 127 I 145, 129 I 173, 136 V 117, 143 I 388 , 127 I 115, 109 II 353, 104 II 225, 101 II 177, 127 III 41, 97 I 221, 129 I 173, 118 IV 319, 127 I 145, 129 IV 172, 127 III 41, 97 I 221, 129 I 173, 118 IV 319, 127 I 145, 129 IV 172

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

129 I 302


27. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. +X., +Y. und Z. gegen Bezirksanwaltschaft Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
1P.373/2002 vom 4. Juli 2003

Regeste

Art. 31 Abs. 1 und Art. 11 ZGB , Art. 84 ff. OG ; postmortaler Persönlichkeitsschutz, Anfechtung einer Obduktionsverfügung, Parteifähigkeit.
Ein Toter ist nicht parteifähig. Niemand kann in dessen Namen staatsrechtliche Beschwerde erheben (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 1.2).

Sachverhalt ab Seite 302

BGE 129 I 302 S. 302
X. (geb. 1971) und seine Schwester Y. (geb. 1973) waren französische Staatsangehörige und lebten in ihrem Heimatland. Beide litten angeblich seit ihrer Kindheit unter einer durch Medikamente unbeeinflussbaren Geisteskrankheit mit Ängsten und Verfolgungswahn. Im Jahre 2001 nahmen sie Kontakt auf mit dem schweizerischen Verein "Dignitas - Menschenwürdig leben - Menschenwürdig sterben"; dies in der Absicht, Suizid zu begehen. Am 10. Februar 2002 fuhren sie mit dem Zug nach Zürich. Dort holte sie Rechtsanwalt Ludwig A. Minelli, der Gründer und Generalsekretär des Vereins "Dignitas", am Bahnhof ab. Er brachte sie in ein Hotel, in dem er zuvor die Zimmer reserviert hatte. Am 11. Februar 2002 erteilten
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die Geschwister Ludwig A. Minelli je eine übereinstimmende Vollmacht mit folgendem Wortlaut:
"PROCURATION
Ludwig A. Minelli
(...)
reçoit du mandant individuellement procuration générale d'avocat aux fins d'agir vis-à-vis de la police, le juge d'instruction, l'état civil, l'office des pompes funèbres de la ville de Zurich, etc., concernant mon décès volontaire. Le mandataire aura pleins pouvoirs, y compris celui de substituter toute personne de son choix."
Am Nachmittag des 11. Februar 2002 begaben sich die Geschwister in eine von "Dignitas" gemietete Wohnung in Zürich. Dort begingen sie in Anwesenheit von zwei Sterbebegleiterinnen Suizid, indem sie ein tödliches Mittel zu sich nahmen. Um 17.30 Uhr führte ein Arzt des Instituts für Rechtsmedizin die Leichenschau durch. Danach wurden die beiden Leichen vorerst zur Aufbewahrung in das Institut für Rechtsmedizin überführt.
Am 12. Februar 2002, um 11.30 Uhr, ordnete die zuständige Bezirksanwältin die Obduktion der Leichname an. Rechtsanwalt Minelli wurde davon um 14.00 Uhr in Kenntnis gesetzt. Er erhob noch am gleichen Tag gegen die Obduktionsverfügung namens der Verstorbenen Rekurs bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich mit den Anträgen, das Institut für Rechtsmedizin sei unverzüglich anzuweisen, mit der Obduktion zuzuwarten, bis über den Rekurs rechtskräftig entschieden sei; die bezirksanwaltschaftliche Anordnung sei aufzuheben; es sei ihm eine schriftliche und begründete Verfügung der Bezirksanwaltschaft zuzustellen und ihm sei Gelegenheit zu geben, die Rekursbegründung anschliessend zu ergänzen.
Ebenfalls noch am 12. Februar 2002 reichte Rechtsanwalt Minelli im Namen der Verstorbenen gegen die Obduktionsverfügung der Bezirksanwältin auch staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht ein mit den Anträgen, es sei den Behörden durch Präsidialverfügung die Durchführung der Obduktion einstweilen zu untersagen; diese Anordnung sei dem Direktor des Instituts für Rechtsmedizin unverzüglich per Telefax zuzustellen; es sei anzuordnen, dass die Behörden des Kantons Zürich in Fällen begleiteten Suizids die Anordnung von Obduktionen künftig mit formgerechter schriftlicher und begründeter Verfügung vorzunehmen hätten, und dass Rekurse dagegen deren Vollzug hinderten.
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Mit Rekurszwischenentscheid vom 13. Februar 2002 verweigerte die Staatsanwaltschaft die Gewährung der aufschiebenden Wirkung.
Gleichentags ordnete der Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes an, dass bis zum Entscheid über das Gesuch um aufschiebende Wirkung alle Vollziehungsmassnahmen zu unterbleiben hätten und vorläufig keine Obduktion vorgenommen werden dürfe.
Mit Fax ebenfalls noch vom gleichen Tag teilte der Direktor des Instituts für Rechtsmedizin dem Bundesgericht mit, dass er die Obduktion am Vormittag bereits vorgenommen habe, bevor ihn die vorläufige Anordnung des Präsidenten der I. öffentlichrechtlichen Abteilung erreicht habe.
Am 2. April 2002 trat das Bundesgericht auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht ein. Es erwog, formell werde diese gegen die Verfügung der Bezirksanwaltschaft vom 12. Februar 2002 erhoben, mit welcher die Obduktion angeordnet worden sei. Die Staatsanwaltschaft habe jedoch über den Rekurs von Rechtsanwalt Minelli gegen diese Verfügung noch nicht entschieden, weshalb es insoweit an einem letztinstanzlichen kantonalen Entscheid fehle. Als Anfechtungsobjekt komme nur der Rekurszwischenentscheid vom 13. Februar 2002 in Betracht, mit dem die Staatsanwaltschaft die Gewährung der aufschiebenden Wirkung des Rekurses verweigert habe. An der Aufhebung dieses Zwischenentscheides bestehe aber kein aktuelles praktisches Interesse mehr, nachdem die Obduktion am 13. Februar 2002 bereits durchgeführt worden sei. Ausnahmsweise verzichte das Bundesgericht auf das Erfordernis des aktuellen Rechtsschutzinteresses, wenn sich die aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen jeweils unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, ohne dass im Einzelfall rechtzeitig eine höchstrichterliche Prüfung stattfinden könnte. Im vorliegenden Fall bestehe jedoch die Möglichkeit, noch in der Hauptsache, d.h. gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid über die Obduktionsverfügung, an das Bundesgericht zu gelangen und in diesem Verfahren die Zulässigkeit untersuchungsrichterlich angeordneter Obduktionen bei Suiziden mit Freitodbegleitung sowie Form und Begründung derartiger Verfügungen verfassungsgerichtlich prüfen zu lassen. Es sei allerdings nach dem heutigen Stand der Rechtsprechung zweifelhaft, ob Rechtsanwalt Minelli namens der Verstorbenen staatsrechtliche Beschwerde gegen den Rekursentscheid erheben könne. Gemäss Art. 31 Abs. 1 ZGB erlösche die Rechts- und Parteifähigkeit mit dem Tod. Dies schliesse nach der bundesgerichtlichen Praxis Klagen oder Beschwerden im Namen des Verstorbenen
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aus. Zumindest die nächsten Angehörigen der Verstorbenen hätten jedoch die Möglichkeit, die Anordnung der Obduktion nachträglich gerichtlich überprüfen zu lassen.
Am 6. Juni 2002 wies die Staatsanwaltschaft den gegen die Obduktionsverfügung der Bezirksanwältin erhobenen Rekurs ab.
Rechtsanwalt Minelli führt gegen den Entscheid der Staatsanwaltschaft vom 6. Juni 2002 namens und im Auftrag von X. und Y. (Beschwerdeführer 1 und 2) sowie deren Mutter Z. (Beschwerdeführerin 3) staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, es sei festzustellen:
- dass das von den Beschwerdegegnern gewählte Verfahren einer gesetzlichen Grundlage entbehre;
- dass den Beschwerdeführern in unzulässiger Weise das Recht, die angefochtene Verfügung wirksam vor einer Durchführung der Obduktionen rechtlich anzufechten, entzogen worden sei;
- dass die beiden Obduktionen unzulässig gewesen seien.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob auf eine staatsrechtliche Beschwerde einzutreten ist ( BGE 127 III 41 E. 2a mit Hinweisen).

1.1 Die Beschwerdeführerin 3 war am kantonalen Verfahren nicht beteiligt. Rechtsanwalt Minelli hat den Rekurs an die Staatsanwaltschaft ausschliesslich im Namen der Beschwerdeführer 1 und 2 erhoben. Die Beschwerdeführerin 3 ist somit im Rekursverfahren mit keinen Anträgen unterlegen und insoweit durch den angefochtenen Entscheid nicht beschwert. Eine Beschwer käme höchstens insoweit in Betracht, als der angefochtene Entscheid die Kosten des Rekursverfahrens dem Nachlass der Beschwerdeführer 1 und 2 auferlegt hat. Die Beschwerdeführerin 3 macht dazu jedoch keine näheren Ausführungen. Sie belegt ihre Erbenstellung in keiner Weise; sie behauptet nicht einmal, Erbin zu sein und damit für die Schulden des Nachlasses zu haften. Zwar ist es möglich, dass ihr Erbenstellung zukommt. Zwingend ist das aber nicht. Denkbar ist insbesondere, dass auch in Frankreich eine dem schweizerischen Recht entsprechende Möglichkeit der Ausschlagung der Erbschaft besteht und die Beschwerdeführerin 3 davon Gebrauch gemacht hat. Für die Überschuldung der Nachlasse spricht, dass die Beschwerdeführer 1 und 2 Sozialhilfeempfänger waren. Dazu die erforderlichen Abklärungen zu treffen, ist nicht Sache des Bundesgerichtes. Hätte
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die Beschwerdeführerin 3 eine Beschwer unter dem Gesichtspunkt der Kosten geltend machen wollen, hätte sie dazu substantiiert Ausführungen machen und dem Bundesgericht die notwendigen Entscheidungsgrundlagen unterbreiten müssen. Da sie das nicht getan hat, ist sie insoweit ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ).
Von der Beschwerdeführerin 3 liegt überdies keine Vollmacht vor. Rechtsanwalt Minelli legt in der Beschwerdeschrift vom 12. Juli 2002 dar, die Beschwerdeführerin 3 habe von ihm noch nicht kontaktiert werden können; es werde versucht, ihre Vollmacht nachzubringen. In der Zwischenzeit hat Rechtsanwalt Minelli dem Bundesgericht verschiedene Schreiben zugesandt. Diesen hat er die angekündigte Vollmacht der Beschwerdeführerin 3 nicht beigelegt. Bis heute ist die Vollmacht beim Bundesgericht nicht eingegangen. Die Beschwerdeführerin 3 wohnt an der gleichen Adresse wie früher auch die Beschwerdeführer 1 und 2, mit denen Rechtsanwalt Minelli einen Briefwechsel geführt hat. Rechtsanwalt Minelli macht nicht geltend, die Beschwerdeführerin 3 sei an ihrem Wohnort unerreichbar. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin 3 - die während des Geschehens, das zu den Suiziden geführt hat, nicht in Erscheinung getreten ist - am Verfahren kein Interesse hat.
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin 3 kann deshalb nicht eingetreten werden.

1.2 Das Bundesgericht hat Rechtsanwalt Minelli im Urteil vom 2. April 2002, wie dargelegt, bereits darauf aufmerksam gemacht, es sei zweifelhaft, ob er namens der Verstorbenen staatsrechtliche Beschwerde gegen den Rekursentscheid erheben könne.

1.2.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 ZGB endet die Persönlichkeit mit dem Tod. Nach der Rechtsprechung versagt die Rechtsordnung dem Verstorbenen jede Rechtsfähigkeit und damit zwangsläufig auch die Klagelegitimation. Es ist daher aufgrund des geltenden Rechts ausgeschlossen, dass jemand als Vertreter eines Verstorbenen in dessen Namen eine Klage gemäss Art. 28 Abs. 1 ZGB anhebt ( BGE 127 I 115 E. 6a S. 122 f.; BGE 109 II 353 E. 4a S. 359; BGE 104 II 225 E. 5b S. 234 ff.; BGE 101 II 177 E. 5a S. 190 ff.; BGE 70 II 127 E. 2).
Im Lichte dieser Rechtsprechung kann auch auf die Beschwerde der Beschwerdeführer 1 und 2 nicht eingetreten werden. Sie sind als Verstorbene nicht mehr rechtsfähig und können daher nicht in eigenem Namen Beschwerde erheben.
Rechtsanwalt Minelli bestreitet dies nicht. Er verweist jedoch auf die vom deutschen Bundesgerichtshof vertretene Theorie des postmortalen
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Persönlichkeitsschutzes, wonach das Persönlichkeitsrecht in bestimmten Bereichen über den Tod seines Trägers hinaus Rechtsschutz findet und es auch nach dem Tod einer Person zulässig ist, in ihrem Namen gegen eine Verfälschung ihres Lebensbildes in einem zeitkritischen Roman Klage zu erheben (vgl. BGHZ 50, 133 ff., sog. Mephisto-Urteil). Rechtsanwalt Minelli legt dar, die Theorie des postmortalen Persönlichkeitsschutzes werde in einem neuen wissenschaftlichen Beitrag verteidigt und auch für die Schweiz zur Übernahme empfohlen (WALTER OTT/THOMAS GRIEDER, Plädoyer für den postmortalen Persönlichkeitsschutz, AJP 2001 S. 627 ff.); ausserdem gebe es verschiedene Urteile des Bundesgerichtes, die für diese Theorie sprächen. Die Frage bedürfe einer grundsätzlichen Überprüfung.

1.2.2 Die angeführte bundesgerichtliche Rechtsprechung folgt der Lehre des so genannten Andenkensschutzes. Danach kann zwar niemand als Vertreter eines Verstorbenen in dessen Namen Klage erheben. Hingegen ist es zulässig, dass nahe Angehörige für den Schutz der den Tod überdauernden Persönlichkeitsgüter sorgen, indem sie sich hierfür auf ihr eigenes Persönlichkeitsrecht stützen, das mindestens in einem gewissen Umfang auch die Wahrung des Ansehens naher Verwandter oder Freunde mitumfassen kann ( BGE 109 II 353 E. 4a S. 359; BGE 104 II 225 E. 5b S. 234 ff.; BGE 101 II 177 E. 5a S. 190 ff.; BGE 70 II 127 E. 2).
OTT/GRIEDER (a.a.O., S. 628 ff.) führen aus, das Problem des Andenkensschutzes liege darin, dass die Persönlichkeit des Verstorbenen ungenügend geschützt werde. In gewissen Fällen versage der Schutz sogar gänzlich. Wenn ein Angehöriger selber in die Persönlichkeit des Verstorbenen eingreife, so tangiere er gleichzeitig die eigene Persönlichkeit. Er müsste eine in sich widersprechende Interessenabwägung innerhalb seiner Persönlichkeit vornehmen. Der Andenkensschutz könne in diesem Fall die Persönlichkeit des Verstorbenen nicht schützen. Ferner versage der Schutz, wenn der Verstorbene keine Angehörigen habe oder diese nichts unternehmen wollten. Die Angehörigen hätten es in der Hand, ob sie die Persönlichkeit des Verstorbenen schützen wollten. Der Andenkensschutz sei nicht in der Lage einen von den Angehörigen unabhängigen Schutz zu verschaffen. Schliesslich werde die Persönlichkeit des Verstorbenen durch den indirekten Schutz ungenügend geschützt. Denn der Schutzbereich der Persönlichkeit des Verstorbenen gehe weiter, als die Pietätsgefühle der Angehörigen erfassen könnten. Auch nach dem Prinzip des postmortalen Persönlichkeitsschutzes verliere der Mensch mit dem Tod grundsätzlich seine Rechtsfähigkeit.
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Soweit aber noch schutzwürdige Nachwirkungen der Persönlichkeit bestünden, sei das Persönlichkeitsrecht mit Beendigung des Lebens noch nicht erloschen. Das Persönlichkeitsrecht daure nach dem Tod in beschränktem Umfang weiter. Schutzobjekt sei das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen. Diesem werde im Verletzungsfalle ein eigener Abwehranspruch zuerkannt. Der Schutz hänge nicht davon ab, ob der Verstorbene Angehörige hinterlasse oder diese etwas unternehmen wollten. Lediglich zur Geltendmachung der gegebenen Ansprüche müsse auf die Hinterbliebenen zurückgegriffen werden. Das Persönlichkeitsrecht schütze den Menschen auch in seinem Vertrauen, dass seine Persönlichkeit nach dem Tod nicht verletzt werde. Erst dieses Vertrauen in den postmortalen Schutz gewährleiste, dass sich der Mensch zu Lebzeiten frei entfalten könne. Es gehe somit um die postmortale Vervollkommnung der Persönlichkeit zu Lebzeiten. Der Verstorbene könne sich bei einer Verletzung seiner Persönlichkeit nicht mehr wehren. Es müsse daher bestimmt werden, wer berechtigt sein solle, die Rechte des Verstorbenen wahrzunehmen. Grundsätzlich sei der vom Verstorbenen zu Lebzeiten Berufene als Wahrnehmungsberechtigter anzusehen. Ansonsten folge eine gesetzliche Ermächtigung, wie sie sich aus analoger Anwendung der Vertretungsbeistandschaft ergebe ( Art. 392 ZGB ). Der Vertretungsbeistand werde auf Ansuchen eines Beteiligten oder von Amtes wegen von der Vormundschaftsbehörde ernannt.
Folgte man dem, wäre die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführer 1 und 2 zu bejahen. Die Obduktionsverfügung könnte in deren Namen angefochten werden. Aufgrund der von den Verstorbenen Rechtsanwalt Minelli am Todestag ausgestellten Vollmacht wäre dieser als Wahrnehmungsberechtigter anzusehen.

1.2.3 In BGE 97 I 221 erwog das Bundesgericht, es rechtfertige sich, vom Standpunkt der Bundesverfassung aus anzunehmen, dass ein mit der Gestaltung der Bestattung zusammenhängendes Persönlichkeitsrecht den Tod des Bürgers überdauern könne. Nach der Verfassung hätten die staatlichen Behörden dafür zu sorgen, dass jeder Verstorbene schicklich beerdigt werden könne, und in der Rechtslehre sei mit überzeugenden Gründen dargetan worden, dass damit ein vom Verfassungsgeber anerkanntes subjektives öffentliches Recht bestehe. Enthalte das in Art. 53 Abs. 2 aBV angeführte Gebot schicklicher Beerdigung ein seiner Natur nach über den Tod hinaus wirkendes verfassungsmässiges Recht, so stehe an sich nichts entgegen, auch andere mit der Bestattung im Zusammenhang stehende Rechte als mit dem Tod nicht erlöschend zu betrachten (E. 4b S. 228 f.).
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In BGE 127 I 115 führte das Bundesgericht aus, die persönliche Freiheit gemäss Art. 10 BV beschränke sich nicht auf die Dauer des Lebens eines Menschen. Sie erstrecke sich über den Tod hinaus und erlaube es jedem, zu Lebzeiten das Schicksal seines Leichnams festzulegen und jeden unzulässigen Eingriff zu untersagen, ob es sich um eine Organentnahme handle oder eine Autopsie (E. 4a S. 119 mit Hinweisen).
In BGE 129 I 173 bemerkte es, das Selbstbestimmungsrecht eines Menschen, über seinen toten Körper zu verfügen und die Modalitäten seiner Bestattung festzulegen, habe grundsätzlich Vorrang vor dem Bestimmungsrecht der hinterbliebenen Angehörigen, welches nur subsidiär zum Zuge komme, wenn keine entsprechenden schriftlichen oder mündlichen Anordnungen des Verstorbenen vorlägen. Die Einschränkung der persönlichen Freiheit der Angehörigen, die im zu beurteilenden Fall weit von dem von der Verstorbenen gewünschten Bestattungsort entfernt wohnten, sei durch das gegenläufige Interesse am postmortalen Schutz des Persönlichkeitsrechts der Verstorbenen grundsätzlich gerechtfertigt (E. 4).
In BGE 118 IV 319 entschied das Bundesgericht, der Tote bleibe unter strafrechtlichen Gesichtspunkten noch während einer gewissen Zeit seit dem Eintritt des physischen Todes, normalerweise bis zur Bestattung, Inhaber von höchstpersönlichen Rechten (E. 2). Der soeben Verstorbene könne noch Opfer von strafbaren Handlungen gegen den Geheim- oder Privatbereich und von Hausfriedensbruch sein (E. 3).
Im Urteil 2P.339/1994 vom 26. April 1995 (publ. in: Pra 85/1996 Nr. 94 S. 289 ff.) erkannte das Bundesgericht, auch wenn die Persönlichkeit mit dem Tod ende, seien die in einem Patientendossier enthaltenen Angaben auch nach dem Tod durch das Arztgeheimnis geschützt (E. 3b).
Es ist einzuräumen, dass das Bundesgericht damit in bestimmten Bereichen Wirkungen des Persönlichkeitsrechts über den Tod hinaus sowie eine strafrechtliche Tabuzone für soeben Verstorbene bejaht hat. Die von den Anhängern der Theorie des postmortalen Persönlichkeitsschutzes vertretene Auffassung, wonach es zulässig ist, für einen Verstorbenen in dessen Namen Klage zu erheben, hat das Bundesgericht jedoch nie anerkannt. Es hat diese Ansicht in BGE 104 II 225 mit Hinweis auf Art. 31 Abs. 1 ZGB vielmehr abgelehnt und erwogen, obwohl einzuräumen sei, dass gewisse persönliche Güter wie z.B. das Ansehen einer Person auch nach deren Tod verletzt werden könnten, versage unsere Rechtsordnung dem Verstorbenen jede Rechtsfähigkeit und damit zwangsläufig auch die Klagelegitimation
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(E. 5b S. 235/236). Diese Rechtsprechung hat es in der Folge bestätigt ( BGE 109 II 353 E. 4a; BGE 127 I 115 E. 6a; vgl. auch BGE 127 I 145 E. 5c/cc S. 161). Darauf zurückzukommen besteht auch im Lichte der Ausführungen von OTT/GRIEDER kein Anlass.

1.2.4 Die Auffassung, die Beschwerdeführer 1 und 2 könnten nach ihrem Tod noch in eigenem Namen Beschwerde führen, lässt sich mit dem geltenden Recht nicht vereinbaren. Gemäss Art. 31 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 11 ZGB endet mit dem Tod die Rechtsfähigkeit. Ein Toter ist damit nicht parteifähig und kann weder Klage erheben noch Beschwerde führen. Im Schrifttum zu Art. 31 ZGB wird denn auch anerkannt, dass niemand als Vertreter eines Verstorbenen einen Prozess führen kann (PIERA BERETTA, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 2002, N. 39 zu Art. 31 ZGB ). In diesem Sinne hat sich auch die Rechtsprechung im Kanton Zürich geäussert (Urteil des Verwaltungsgerichtes vom 18. November 1998, Rechenschaftsbericht an den Kantonsrat 1998, Nr. 41 E. 1; Urteil des Kassationsgerichtes vom 10. Juli 1997, ZR 97/1998 S. 74).
Dass die deutsche Theorie des postmortalen Persönlichkeitsschutzes mit Blick auf Art. 31 Abs. 1 ZGB de lege lata schwerlich übernommen werden kann, räumt auch ROBERT KEHL ein, der nebst OTT/GRIEDER im jüngeren schweizerischen Schrifttum - soweit ersichtlich - diese Theorie als Einziger jener des Andenkensschutzes vorzieht (Die Rechte der Toten, Zürich 1991, S. 53 f.).
Die Anwendung der Theorie des postmortalen Persönlichkeitsschutzes, so wie sie in der deutschen Rechtsprechung vertreten wird, bedürfte nach dem Gesagten einer Änderung von Art. 31 ZGB und damit eines Entscheids des Gesetzgebers.

1.2.5 Anzumerken ist allerdings, dass die Theorie des postmortalen Persönlichkeitsschutzes von der herrschenden schweizerischen Lehre nach wie vor abgelehnt wird (vgl. CHRISTIAN BRÜCKNER, Das Personenrecht des ZGB, Zürich 2000, N. 651 ff.; HENRI DESCHENAUX/PAUL-HENRI STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 4. Aufl., Bern 2001, N. 475 f., insb. Fn. 33, und N. 536 ff.; HANS MICHAEL RIEMER, Personenrecht des ZGB, 2. Aufl., Bern 2002, N. 133 f.; JÖRG SCHMID, Einleitungsartikel des ZGB und Personenrecht, Zürich 2001, N. 723; HEINZ HAUSHEER/REGINA E. AEBI-MÜLLER, Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Bern 1999, S. 7 N. 02.22 und S. 88 N. 10.27; ANDREAS BUCHER, Natürliche Personen und Persönlichkeitsschutz, 3. Aufl., Basel 1999, N. 219 ff., 474, 510 und 562; ANDREA BÜCHLER, Die Kommerzialisierung Verstorbener, AJP 2003 S. 6/7; ESTHER KNELLWOLF, Postmortaler Persönlichkeitsschutz -
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Andenkensschutz der Hinterbliebenen, Diss. Zürich 1991, S. 80 f. und 146; THOMAS GEISER, Die Persönlichkeitsverletzung insbesondere durch Kunstwerke, Basel 1990, S. 91).
Gegen die Übernahme der Theorie des postmortalen Persönlichkeitsschutzes werden insbesondere folgende Gesichtspunkte angeführt:
Sie führt zu schwer lösbaren dogmatischen Problemen bei der Bestimmung des Rechtsträgers. So anerkennen manche deutsche Autoren dem Verstorbenen eine Rechtssubjektivität als Minus zur Rechtsfähigkeit zu. Andere nehmen beim postmortalen Schutz ein subjektloses Recht an, wobei allerdings unklar bleibt, wie man sich ein Recht ohne Träger vorzustellen hat. Wieder andere schlagen vor, von einer postmortalen Teilrechtsfähigkeit ohne Handlungsfähigkeit auszugehen oder das Recht treuhänderisch den Angehörigen bzw. den vom Toten zu seinen Lebzeiten Berufenen zuzuordnen (vgl. dazu JOHANNES HAGER, in: von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Zweites Buch, Recht der Schuldverhältnisse, 13. Bearbeitung, Berlin 1999, § 823 N. C 38 mit Hinweisen). Wie ANDREA BÜCHLER (a.a.O., S. 8 Fn. 48) angesichts der Vielzahl von Lösungsansätzen bemerkt, steht die positiv-rechtliche Begründung für den postmortalen Persönlichkeitsschutz noch aus.
Zwar kann der Schutz des Verstorbenen nach der Theorie des Andenkensschutzes beeinträchtigt sein, wenn keine Angehörigen vorhanden sind oder diese nichts unternehmen; ebenso wenn die Angehörigen selber das Andenken des Verstorbenen in Mitleidenschaft ziehen. Auch die Theorie des postmortalen Persönlichkeitsschutzes bietet dem Toten jedoch keinen umfassenden Schutz. Der mit eigenen Rechten ausgestattete Verstorbene ist faktisch ebenfalls darauf angewiesen, dass Überlebende seine Ansprüche geltend machen (KNELLWOLF, a.a.O., S. 80 und 124). Im Übrigen ist es nicht so, dass ein Verstorbener, der keine Angehörigen hinterlässt, völlig schutzlos wäre. Sowohl das öffentliche Recht als auch das Strafrecht schützen die Würde des Verstorbenen (KNELLWOLF, a.a.O., S. 82 ff.). Die Verfassung gewährleistet jedem Toten eine schickliche Bestattung. Dies sagte Art. 53 Abs. 2 aBV ausdrücklich; das Recht auf eine schickliche Bestattung ergibt sich heute aus Art. 7 BV (Botschaft vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 141). Art. 262 StGB stellt sodann die Störung des Totenfriedens unter Strafe. Diese Bestimmung schützt den toten Menschenkörper, seine letzte Ruhestätte sowie die Leichenfeier gegen grobe Beeinträchtigungen und Störungen (vgl. BGE 129 IV 172 E. 2 S. 173). Art. 262
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StGB
stellt ein Offizialdelikt dar; ein Strafantrag von Hinterbliebenen ist also nicht erforderlich. Ferner enthält das kantonale und kommunale Friedhofs- und Bestattungsrecht Bestimmungen darüber, wie mit einem Leichnam zu verfahren ist. Diese schützen den toten Menschenkörper und seine letzte Ruhestätte noch weiter gehend als das Strafrecht und verhindern nicht nur krasse Verstösse gegen die Pietät. Das Friedhofs- und Bestattungsrecht verhindert weitgehend ein unschickliches Verhalten einem verstorbenen Menschen gegenüber.
Beim postmortalen Persönlichkeitsschutz stellt sich zudem - wie auch OTT/GRIEDER (a.a.O., S. 629) einräumen - das Problem der Befristung. Ein unbefristeter postmortaler Persönlichkeitsschutz ist unrealistisch. Jede Befristung hat aber etwas Willkürliches. Die Lehre zum deutschen Recht zeigt, dass es nahezu gleichviel Lösungsvorschläge wie Autoren gibt, die sich mit der Frage befassen (GEISER, a.a.O., S. 89 f.).

1.2.6 Nach dem Gesagten kann Rechtsanwalt Minelli nicht im Namen der Beschwerdeführer 1 und 2 staatsrechtliche Beschwerde erheben.

1.2.7 Die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführer 1 und 2 ergibt sich entgegen einer Bemerkung in der Beschwerdeschrift auch nicht daraus, dass der angefochtene Entscheid ihrem Nachlass die Kosten auferlegt hat. Dies ändert nichts daran, dass die Beschwerdeführer 1 und 2 nicht parteifähig sind und deshalb nicht Beschwerde erheben können. Die Kostenregelung im angefochtenen Entscheid betrifft im Übrigen nicht die Beschwerdeführer 1 und 2, sondern die Erben.

1.3 Auf die Beschwerde kann nicht eingetreten werden.

2. Der Beschwerdeführerin 3 können keine Kosten auferlegt werden; sie übt nicht rechtsgenüglich Parteirechte aus. Ebenso wenig kann der Nachlass der Beschwerdeführer 1 und 2 zur Tragung der Kosten verpflichtet werden, weil damit die Erben belastet würden, die sich am Verfahren nicht beteiligt haben und dazu offenbar auch keine Zustimmung gegeben haben. Das bundesgerichtliche Verfahren veranlasst hat Rechtsanwalt Minelli. Er trägt deshalb die Kosten ( Art. 156 OG ).

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