BGE 137 III 241 vom 5. Mai 2011

Dossiernummer: 5A_774/2010

Datum: 5. Mai 2011

Artikelreferenzen:  Art. 190 BV, Art. 42 BGG , Art. 28 PartG, Art. 264a Abs. 3 ZGB, Art. 264a ZGB, Art. 298 Abs. 1 ZGB, Art. 42 Abs. 2 BGG

BGE referenzen:  134 II 244, 138 III 193, 140 III 86 , 134 II 244

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

137 III 241


39. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. von Känel gegen Vormundschaftsbehörde Greifensee (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_774/2010 vom 5. Mai 2011

Regeste

Art. 264a ZGB und Art. 28 PartG ; Stiefkindadoption durch eingetragene Partner.
Personen, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, sind nach geltendem Recht nicht zur Adoption zugelassen, auch nicht zur Stiefkindadoption (E. 4). Frage offengelassen, ob das Adoptionsverbot völkerrechtskonform ist, weil die behauptete Diskriminierung gegenüber Ehepaaren im vorliegenden Einzelfall nicht gegeben war (E. 5).

Sachverhalt ab Seite 242

BGE 137 III 241 S. 242

A. Maria von Känel, geb. 20. Mai 1971, lebt seit 9. März 2007 in einer eingetragenen Partnerschaft mit Martina Rahel Scheibling, geb. 11. Februar 1971. Letztere ist die leibliche Mutter des am 9. März 2009 geborenen Kindes Sina Rayelle Scheibling.
Die Vormundschaftsbehörde Uster hat mit Beschluss vom 12. Mai 2009 auf die Errichtung einer Beistandschaft verzichtet und festgestellt, dass Sina Rayelle gestützt auf Art. 298 Abs. 1 ZGB unter der elterlichen Sorge ihrer Mutter steht.

B. Mit Schreiben vom 9. März 2010 stellte Maria von Känel bei der Vormundschaftsbehörde Greifensee das Gesuch, Sina Rayelle zu adoptieren. In ihrem Beschluss vom 21. April 2010 beantragte die Vormundschaftsbehörde beim Bezirksrat Uster die Ablehnung des Gesuches. Mit Entscheid vom 14. Juni 2010 wies der Bezirksrat Uster das Gesuch um Stiefkindadoption ab.
Dagegen rekurrierte Maria von Känel am 25. Juni 2010, wobei sie die Rückweisung zur Neubeurteilung und die Bewilligung der Stiefkindadoption verlangte. Mit Entscheid vom 29. September 2010 wies das Obergericht, II. Zivilkammer, den Rekurs ab.

C. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 3. November 2010 verlangt Maria von Känel im Wesentlichen die Zulassung der Adoption. Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

4. Die Ehe steht homosexuellen Paaren nach schweizerischem Recht nicht offen. Seit Inkrafttreten des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004 (PartG; SR 211.231) können diese jedoch eine eingetragene Partnerschaft begründen.
Gemäss Art. 28 PartG sind Personen, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, weder zu fortpflanzungsmedizinischen Verfahren noch zur Adoption zugelassen, insbesondere auch nicht zur vorliegend verlangten Stiefkindadoption. Diesbezüglich bestimmt Art. 264a Abs. 3 ZGB , dass eine Person das Kind ihres Ehegatten adoptieren darf, wenn die Ehegatten seit mindestens fünf Jahren verheiratet sind.

5. Ob das in Art. 28 PartG enthaltene Adoptionsverbot als solches mit der Bundesverfassung und dem Völkerrecht vereinbar ist, soweit dies aufgrund von Art. 190 BV überprüft werden dürfte, kann vorliegend offengelassen werden, weil die von der
BGE 137 III 241 S. 243
Beschwerdeführerin behauptete Diskriminierung gegenüber Ehepaaren in der vorliegenden Konstellation nicht gegeben ist:
Eine Adoption durch den Stiefelter ist gemäss Art. 264a Abs. 3 ZGB frühestens nach fünf Ehejahren möglich, wobei die Zeitspanne zwischen Eheschluss und Adoptionsgesuch massgebend ist. Die Beschwerdeführerin lebte bei Gesuchseinreichung seit drei Jahren in einer eingetragenen Partnerschaft. Bei verheirateten Paaren müsste das entsprechende Adoptionsgesuch abgewiesen werden. Die Beschwerdeführerin verlangt mithin etwas, was verheirateten Ehepaaren nach schweizerischem Recht nicht zustehen würde. Folglich ist die Beschwerdeführerin durch die Abweisung des Gesuches nicht diskriminiert; vielmehr wären Ehepaare diskriminiert, wenn homosexuelle Paare ohne Abwarten von Fristen das Kind des eingetragenen Partners adoptieren könnten. Dass die in Art. 264a Abs. 3 ZGB aufgestellte Frist als solche mit übergeordnetem Recht unvereinbar wäre und deshalb auch für Ehepaare nicht gelten könnte, wird in der Beschwerde nirgends behauptet und ist folglich auch nicht zu erörtern, weil das Bundesgericht wegen der in Art. 42 Abs. 2 BGG statuierten Begründungspflicht nur gerügte Rechtsverletzungen prüft ( BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.).

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