Urteilskopf
148 II 359
27. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Helvetia Nostra gegen A. GmbH und Gemeinde Surses (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
1C_241/2021 vom 17. März 2022
Regeste
Publikation von Baugesuchen im Anwendungsbereich des ZWG (
Art. 20 Abs. 1 ZWG
;
Art. 12b NHG
).
Art. 20 Abs. 1 ZWG
ist lex specialis zu
Art. 12b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 NHG
. Die Publikation von Baugesuchen im Anwendungsbereich des ZWG richtet sich somit ausschliesslich nach kantonalem Recht (E. 3-4.4). Dieses muss allfälligen verfassungs- oder völkerrechtlichen Mindestanforderungen an die Publikation genügen (E. 4.5).
Als Sondervorschrift ist
Art. 20 Abs. 1 ZWG
eng auszulegen. Sie gelangt nicht zur Anwendung, wenn mit dem Bauvorhaben eine andere Bundesaufgabe verbunden ist (E. 5).
A.
Am 30. Juli 2019 reichte die A. GmbH bei der Gemeinde Surses ein Baugesuch für ein Ferienresort ein. Das Baugesuch wurde am 9. August 2019 im kommunalen Amtsblatt publiziert und öffentlich aufgelegt. Der Gemeindevorstand wies die dagegen erhobenen Einsprachen am 31. Oktober 2019 ab und erteilte gleichentags die Bewilligung.
B.
Am 6. Dezember 2019 ersuchte Helvetia Nostra um Mitteilung, wann das Baugesuch im kantonalen Amtsblatt publiziert worden sei. Der Leiter des Bauamts teilte mit, die Publikation habe vom 9. bis 28. August 2019 in den gemeindeeigenen Publikationsorganen stattgefunden, und übermittelte den Publikationstext der Bauausschreibung. Helvetia Nostra beharrte darauf, dass eine Publikation im kantonalen Amtsblatt erforderlich gewesen sei, und bat um Zustellung der Baugesuchsunterlagen und der Baubewilligung. Die Gemeinde vertrat die Auffassung, es sei ihr kein Fehler bei der Publikation unterlaufen, und sah sich deshalb auch nicht veranlasst, Helvetia Nostra mit den Baugesuchsunterlagen und der Baubewilligung zu bedienen.
BGE 148 II 359 S. 361
Am 16. Dezember 2019 erhob Helvetia Nostra Einsprache gegen das Bauvorhaben und beantragte die Abweisung des Baugesuchs, Einsicht in die Bauakten und die Feststellung, dass das bisherige Baubewilligungsverfahren nichtig sei. Der Gemeindevorstand Surses trat am 18. Februar 2020 auf die Einsprache nicht ein.
C.
Dagegen erhob Helvetia Nostra am 5. März 2020 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dieses wies die Beschwerde am 16. März 2021 ab.
D.
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid hat Helvetia Nostra am 30. April 2021 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben.
Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) kommt in seiner Vernehmlassung zum Ergebnis, das Vorgehen der zuständigen Behörden sei korrekt gewesen.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde schon aus formellen Gründen gut und weist die Sache an das Verwaltungsgericht zurück.
(Zusammenfassung)
Aus den Erwägungen:
3.
Aus prozessökonomischen Gründen ist noch auf die Rügen der Beschwerdeführerin zum Verhältnis von Art. 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. März 2015 über Zweitwohnungen (Zweitwohnungsgesetz, ZWG; SR 702) und Art. 12b des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) einzugehen.
3.1
Die Beschwerdeführerin ist als beschwerdeberechtigte Organisation im Bereich des Natur- und Heimatschutzes nach
Art. 12 Abs. 1 lit. b NHG
(vgl. Anhang Ziff. 9 der Verordnung vom 27. Juni 1990 über die Bezeichnung der im Bereich des Umweltschutzes sowie des Natur- und Heimatschutzes beschwerdeberechtigten Organisationen [VBO; SR 814.076]) zur Beschwerde gegen Verfügungen befugt, die in Erfüllung einer Bundesaufgabe im Sinne von
Art. 78 Abs. 2 BV
und
Art. 2 NHG
ergehen. Die Plafonierung des Zweitwohnungsbaus gemäss
Art. 75b BV
stellt eine Bundesaufgabe dar, die der Schonung der Natur und Landschaft dient (
BGE 139 II 271
E. 11 S. 276 ff.). Baubewilligungen können daher von der Beschwerdeführerin wegen Verletzung von
Art. 75b BV
und seiner
BGE 148 II 359 S. 362
Ausführungsbestimmungen mit Beschwerde gemäss
Art. 12 NHG
angefochten werden. Findet - wie vorliegend - ein Einspracheverfahren statt, muss sich die Organisation bereits an diesem beteiligen, um ihr Beschwerderecht nicht zu verlieren (vgl.
Art. 12c Abs. 2 NHG
und Art. 104 Abs. 2 letzter Satz des kantonalen Raumplanungsgesetzes vom 6. Dezember 2004 [KRG; BR 801.100]).
Gemäss
Art. 12b NHG
eröffnet die Behörde den Gemeinden und Organisationen ihre Verfügungen durch schriftliche Mitteilung oder durch Veröffentlichung im Bundesblatt oder im kantonalen Publikationsorgan. Die öffentliche Auflage dauert in der Regel 30 Tage (Abs. 1). Sieht das Bundesrecht oder das kantonale Recht ein Einspracheverfahren vor, so sind auch die Gesuche nach Absatz 1 zu veröffentlichen (Abs. 2).
3.2
Im Urteil 1C_630/2014 vom 18. September 2015 (E. 2.3.2 und 2.3.3) folgerte das Bundesgericht aus dieser Bestimmung, dass Baugesuche und -bewilligungen für Zweitwohnungen durch schriftliche Mitteilung an die beschwerdeberechtigten Organisationen oder durch Veröffentlichung im Bundesblatt oder im kantonalen Publikationsorgan zu eröffnen seien. Sollten sich gesamtschweizerisch tätige Organisationen als Partei am Verfahren beteiligen können, müssten sie in überblickbarer Weise über die geplanten Vorhaben informiert werden. Dies werde durch die schriftliche Mitteilung bzw. die Publikation im Bundesblatt oder im kantonalen Publikationsorgan erreicht. Diese Publikationsformen seien das notwendige Korrelat zur Obliegenheit der Organisation, sich von Anfang an am kantonalen Verfahren zu beteiligen. Bereits die Botschaft vom 26. Juni 1991 über die Änderung des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG) halte dazu fest, mit einer solchen Veröffentlichung solle verhindert werden, dass beschwerdeberechtigte Organisationen sämtliche Publikationsorgane bis hin zu Gemeindeanzeigern und öffentlichen Aushängen regelmässig einsehen müssten, um nicht Gefahr zu laufen, ihr Beschwerderecht zu verwirken (BBl 1991 III 1121 ff., 1141). Sinn und Zweck von
Art. 12b NHG
sei es, sicherzustellen, dass das Verbandsbeschwerderecht effektiv gewährleistet sei (zit. Urteil 1C_630/2014 E. 2.3.2 mit Literaturhinweisen).
Das Bundesgericht liess damals offen, ob
Art. 20 Abs. 1 ZWG
zu einer anderen Beurteilung führe, weil die Bestimmung noch nicht in Kraft war und im Bereich der Publikationsvorschriften auch keine Vorwirkung entfaltete (zit. Urteil 1C_630/2014 E. 2.5). Diese Frage muss nunmehr beantwortet werden.
BGE 148 II 359 S. 363
4.
Art. 20 Abs. 1 ZWG
sieht vor, dass sich die Ausschreibung von Baugesuchen und die Mitteilung von Bauentscheiden abschliessend nach den jeweiligen kantonalen Vorgaben richten; vorbehalten bleibt
Art. 112 Abs. 4 BGG
(betr. die Eröffnung an beschwerdeberechtigte Bundesbehörden). Im Weiteren richten sich die Zuständigkeit, das Verfahren und der Rechtsschutz unter Vorbehalt der Bestimmungen des ZWG nach dem RPG (SR 700) und den dazugehörigen Ausführungsbestimmungen der Kantone (
Art. 20 Abs. 2 ZWG
).
4.1
Das Verwaltungsgericht und die Gemeinde Surses erwogen, diese Bestimmung gehe als jüngeres und spezielleres Recht für die Publikation von Baugesuchen im Bereich der Zweitwohnungsgesetzgebung dem älteren
Art. 12b NHG
vor, weshalb es genüge, Baugesuche für Zweitwohnungen in einem amtlichen Publikationsorgan der Gemeinde bekannt zu geben, wie dies in Art. 45 Abs. 1 der kantonalen Raumplanungsverordnung vom 24. Mai 2005 (KRVO; BR 801.110) vorgesehen sei. Diese Auffassung wird vom BAFU geteilt.
Die Beschwerdeführerin bestreitet dies: Ihres Erachtens ist
Art. 12b NHG
Spezialbestimmung für die Publikation von Vorhaben, welche das Verbandsbeschwerderecht auslösen;
Art. 20 Abs. 1 ZWG
nehme gerade keinen Bezug auf die Besonderheiten der Verbandsbeschwerde.
4.2
Der Wortlaut von
Art. 20 Abs. 1 ZWG
, insbesondere das Wort "abschliessend", spricht klar gegen die Annahme der Beschwerdeführerin, wonach
Art. 12b NHG
neben den kantonalen Publizitätsanforderungen zu beachten sei. Ein Vorbehalt wird in Satz 2 einzig für die Eröffnung an beschwerdeberechtigte Bundesbehörden gemacht, nicht aber für Natur- und Heimatschutzorganisationen.
Art. 20 Abs. 1 ZWG
wäre auch überflüssig, wenn
Art. 12b NHG
kumulativ zur Anwendung käme, da sich die Ausschreibung von Baugesuchen und die Mitteilung von Bauentscheiden ansonsten (d.h. abgesehen von gesetzlichen Beschwerderechten der Gemeinden, der Organisationen und der Bundesbehörden) schon zuvor nach kantonalem Recht richtete.
4.3
Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt diese Auslegung:
Kommissionssprecher Ivo Bischofberger (AB 2014 S 969) führte aus, mit der vorgeschlagenen Bestimmung werde sichergestellt, dass in Kantonen, in denen Baugesuche nur in kommunalen oder regionalen Amtsblättern ausgeschrieben werden müssen, solche
BGE 148 II 359 S. 364
Ausschreibungen bundesrechtlich dann auch genügten, wenn sie einen in den Anwendungsbereich des Zweitwohnungsgesetzes fallenden Tatbestand betreffen. Er ergänzte, dass diese Bestimmung mit dem Beschwerderecht der Gemeinden und Organisationen gemäss
Art. 12 ff. NHG
vereinbar sei: Als kantonale Publikationsorgane, in welchen gemäss
Art. 12b Abs. 1 NHG
die relevanten Baubewilligungsgesuche veröffentlicht werden müssen, gälten auch diejenigen Publikationsorgane, die das kantonale Recht für die Ausschreibung von Baugesuchen vorsehe.
Ständerat Martin Schmid (AB 2014 S 969) hielt fest, es handle sich um eine lex specialis, die auch als neuere Norm vorgehe. Aufgrund dieser neuen Bestimmung im Zweitwohnungsgesetz bestehe keine bundesrechtliche Verpflichtung zur Publikation von kommunalen Baubewilligungsentscheiden mehr, ausser der Kanton würde das vorsehen; die Kantone seien diesbezüglich also frei. Es sei ausreichend, wenn der Baubewilligungsentscheid dem Betroffenen und allfälligen Einsprechern mitgeteilt werde; die Baubewilligungserteilung müsse nicht nochmals amtlich publiziert werden. Somit wäre auch ausgeschlossen, dass das Bundesgericht im Anwendungsfall, zum Beispiel aufgrund von Art. 12b Absatz 1 NHG, eine entsprechende kantonale Veröffentlichungsvorschrift als NHG-widrig erklären könnte.
Beide Voten bezogen sich somit ausdrücklich auf das Beschwerderecht der Naturschutzorganisationen und befürworteten eine Abweichung von
Art. 12b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 NHG
im Anwendungsbereich des Zweitwohnungsgesetzes.
4.4
In der Literatur wird denn auch, soweit ersichtlich, einhellig die Auffassung vertreten,
Art. 20 Abs. 1 ZWG
gehe als lex specialis
Art. 12b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 NHG
vor (vgl. STALDER/HEIM, in: Zweitwohnungsgesetz [...], Wolf/Pfammatter [Hrsg.], 2. Aufl. 2021, N. 1 und 5 zu
Art. 20 ZWG
; JONAS ALIG, Das Zweitwohnungsgesetz, ZBl 117/2016 S. 249 f.; ALAIN GRIFFEL, Anmerkung der Redaktion zu BGer 1C_630/2014, URP 2016 S. 35 f.; DANIELA THURNHERR, in: Fachhandbuch Öffentliches Baurecht, 2016, S. 707 Rz. 8.21; DAVID DUSSY, in: Fachhandbuch Öffentliches Baurecht, 2016, S. 658 Fn. 293; AURÉLIEN WIEDLER, La protection du patrimoine bâti, 2019, S. 246). Auch PETER M. KELLER (in: Kommentar NHG, Keller/Zufferey/Fahrländer [Hrsg.], 2. Aufl. 2019, N. 10 zu
Art. 12b NHG
) teilt die Auffassung, dass
Art. 20 Abs. 1 ZWG
eine Sonderregelung darstellt,
BGE 148 II 359 S. 365
mit der Folge, dass Baugesuche im Anwendungsbereich des ZWG nicht zwingend im zentralen kantonalen Publikationsorgan veröffentlicht werden müssten, sondern das kantonale Recht auch andere Publikationsorgane (z.B. kommunale oder regionale Amtsblätter) vorsehen könne, allerdings mit dem Vorbehalt, dass dies die Wahrnehmung des Beschwerderechts nicht verunmöglichen oder übermässig erschweren dürfe.
4.5
Die Beschwerdeführerin macht dagegen geltend, bei dieser Auslegung sei
Art. 20 Abs. 1 ZWG
verfassungs- und völkerrechtswidrig: Verletzt seien
Art. 29 und 29a BV
,
Art. 6 und 13 EMRK
und Art. 9 des Übereinkommens vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention; SR 0.814.07). Damit werde im Ergebnis das Verbandsbeschwerderecht ausgehebelt und die Umsetzung von
Art. 75b BV
torpediert; dies verletze Treu und Glauben und sei rechtsmissbräuchlich.
Art. 20 Abs. 1 ZWG
müsse daher verfassungs- und konventionskonform ausgelegt werden, indem Baugesuche betreffend Zweitwohnungen weiterhin im kantonalen Amtsblatt publiziert oder den Verbänden schriftlich mitgeteilt werden (mit Hinweis auf die Praxishilfe Zweitwohnungsgesetzgebung des Kantons Bern, 2020, S. 45).
Dem ist entgegenzuhalten, dass
Art. 20 Abs. 1 ZWG
ausschliesslich auf das kantonale Recht verweist, ohne selbst festzulegen, wie im Einzelnen Baugesuche zu publizieren oder mitzuteilen sind. Soweit sich aus den von der Beschwerdeführerin angerufenen Verfassungs- und Konventionsbestimmungen Mindestanforderungen an die Publikation ergeben, ist es somit Sache der kantonalen Behörden, diese in Gesetzgebung und Praxis umzusetzen. Die Verfassungs- und Völkerrechtskonformität des kantonalen Verfahrensrechts kann im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle oder inzident, im Anwendungsfall, gerichtlich überprüft werden (in diesem Sinne auch GRIFFEL, a.a.O., S. 36; ALIG, a.a.O., S. 250).
4.6
Vorliegend rügt die Beschwerdeführerin zwar eine Verunmöglichung des Verbandsbeschwerderechts mangels Publikation im kantonalen Amtsblatt; sie legt aber nicht substanziiert dar, inwiefern es ihr nicht möglich oder zumutbar gewesen sei, rechtzeitig von der Baupublikation der Gemeinde Surses Kenntnis zu nehmen, die nicht nur im amtlichen Publikationsorgan der Gemeinde, sondern auch auf deren Internetseite publiziert wurde. Die Beschwerdeführerin
BGE 148 II 359 S. 366
legt auch nicht konkret, anhand der Bauausschreibung, dar, inwiefern sie sich daraus kein Bild von Art und Tragweite des geplanten Vorhabens machen und ihre Beschwerdeberechtigung erkennen konnte. Damit fehlt es an einer rechtsgenügenden Begründung der Grundrechts- und Konventionsrügen (vgl.
Art. 106 Abs. 2 BGG
), weshalb auf diese nicht näher einzugehen ist.
5.
Nach dem Gesagten ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass
Art. 20 Abs. 1 ZWG
eine lex specialis gegenüber
Art. 12b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 NHG
darstellt. Dies schliesst allerdings eine Publikationspflicht im Kantonsblatt nicht von vornherein aus, wie im Folgenden darzulegen sein wird.
5.1
KELLER (a.a.O., N. 11 zu
Art. 12b NHG
), DUSSY (a.a.O., Rz. 7, 115) sowie das BAFU weisen darauf hin, dass
Art. 20 Abs. 1 Satz 1 ZWG
als Sondervorschrift eng auszulegen sei und nicht zur Anwendung gelange, sobald mit dem Bauvorhaben eine andere Bundesaufgabe verbunden sei, z.B. bei der Erstellung von Bauten ausserhalb der Bauzone oder im Gewässerraum.
Dem ist zuzustimmen: Bauvorhaben, die in Erfüllung einer Bundesaufgabe ergehen, z.B. weil sie auf eine bundesrechtliche Spezial- oder Ausnahmebewilligung angewiesen sind, unterlagen schon vor Einführung von
Art. 75b BV
der Verbandsbeschwerde und mussten Gemeinden und Organisationen gemäss
Art. 12b NHG
angezeigt werden. Es gibt keine Hinweise, dass der Gesetzgeber an dieser vorbestehenden und von der Zweitwohnungsgesetzgebung unabhängigen Rechtslage etwas ändern wollte.
5.2
Im Übrigen verlangt bereits Art. 45 Abs. 2 KRVO bei Baugesuchen ausserhalb der Bauzone, Gesuchen mit UVP oder mit Zusatzbewilligungen, die im Kantonsamtsblatt zu publizieren sind, dass die öffentliche Auflage gleichzeitig auch im Kantonsamtsblatt bekannt zu geben sei. Gemäss der vom Departement für Volkswirtschaft und Soziales Graubünden publizierten Liste der zu koordinierenden Zusatzbewilligungen handelt es sich insbesondere um Bewilligungen, die sich auf das GSchG (SR 814.20), das USG (SR 814.01), das NHG, das Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 (WaG; SR 921.0) und das Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über die Fischerei (BGF; SR 923.0) stützen, d.h. auf Bundesrecht.
5.3
Ob vorliegend eine bundesrechtliche Spezialbewilligung in diesem Sinne erforderlich ist, lässt sich ohne Kenntnis der Baugesuchsakten nicht zuverlässig beurteilen. Es erscheint daher geboten,
BGE 148 II 359 S. 367
die Sache in diesem Punkt an die Vorinstanz zurückzuweisen, um diese Frage - nach (ganz oder teilweiser) Gewährung des Akteneinsichtsrechts - zu prüfen.