BGE 82 I 18 vom 2. März 1956

Datum: 2. März 1956

BGE referenzen:  142 II 433

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

82 I 18


3. Urteil vom 2. März 1956 i. S. Wehrsteuerverwaltung des Kantons Zürich gegen Holzkorporation Zollikon.

Regeste

Wehrsteuer: Berichtigung von Rechnungsfehlern (Art. 127 WStB).
Die Wahl eines unzutreffenden Tarifs (in casu: des Tarifs für Genossenschaften des Obligationenrechts statt desjenigen für natürliche Personen bei der Besteuerung einer Korporation des kantonalen Rechts) ist kein Rechnungsfehler.

Sachverhalt ab Seite 18

BGE 82 I 18 S. 18

A.- Die Holzkorporation Zollikon ist eine Körperschaft des kantonalen Rechts im Sinne des Art. 59 ZGB . Sie ist daher der Wehrsteuer nur für das Vermögen unterworfen (Art. 51 Abs. 1 lit. b WStB). Am 9. Februar 1952 wurde ihr die Einschätzung für die VI. Periode eröffnet. Die danach geforderte Steuer war zum Satze von 0,75 Promille berechnet. Es wurde Art. 61 WStB angewandt, der diesen Satz für die von den Genossenschaften des Obligationenrechts zu entrichtende Ergänzungssteuer vom Vermögen vorsieht. Nachdem die Veranlagung längst rechtskräftig geworden war, stellte die kantonale Wehrsteuerverwaltung fest, dass die Steuer zu einem wesentlich höheren Satze, nach dem für die Ergänzungssteuer natürlicher Personen geltenden Tarif III (Art. 51 Abs. 2 WStB), hätte berechnet werden sollen. Sie fand, man habe es mit einem Rechnungsfehler im Sinne von Art. 127 Abs. 1 WStB zu tun. Am 4. März 1955 liess sie der Steuerpflichtigen eine berichtigte Einschätzung für die VI. Periode zugehen.
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Auf Beschwerde der Pflichtigen hin hat indessen die kantonale Rekurskommission die am 9. Februar 1952 eröffnete Veranlagung wiederhergestellt (Entscheid vom 15. Juli 1955). Sie nimmt an, es handle sich nicht um einen Rechnungsfehler im Sinne des Art. 127 WStB; die Bestimmung des massgebenden Tarifs habe keine Rechenoperation erfordert, sondern die Beantwortung der Rechtsfrage, welcher Tarif anwendbar sei.

B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die kantonale Wehrsteuerverwaltung, den Entscheid der Rekurskommission aufzuheben und die Korporation zur Zahlung des in der berichtigten Einschätzung vom 4. März 1955 nachgeforderten Steuerbetrages zu verpflichten. Sie macht geltend, infolge Verwechslung der Tarife sei es zu einer falschen Rechenoperation und damit zu einem Rechnungsfehler gekommen, der im Verfahren nach Art. 127 Abs. 1 WStB habe berichtigt werden dürfen. Nach Abs. 3 daselbst könnten nur solche Rechnungsfehler, die bei der Festsetzung der Steuerfaktoren (Einkommen, Reingewinn, Vermögen, Kapital usw.) unterlaufen, nach Eintritt der Rechtskraft der Veranlagung nicht mehr behoben werden.

C.- Die Rekurskommission und die Steuerpflichtige beantragen Abweisung, die eidg. Steuerverwaltung Gutheissung der Beschwerde.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Nach Art. 127 Abs. 1 WStB können Rechnungsfehler binnen drei Jahren seit Eintritt der Rechtskraft der Veranlagung auf Begehren des Steuerpflichtigen oder von Amtes wegen durch die kantonale Wehrsteuerverwaltung berichtigt werden. Indessen kann nach Abs. 3 ebenda eine rechtskräftige Feststellung der Steuerfaktoren (éléments imposables) nicht abgeändert werden. Rechnungsfehler, die bei der Festsetzung dieser Faktoren (Einkommen, Reingewinn, Vermögen, Kapital und Reserven usw.) begangen werden, können daher nicht mehr behoben werden, sobald die Veranlagung rechtskräftig geworden ist. Alle
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andern Rechnungsfehler können innerhalb der in Art. 127 Abs. 1 WStB vorgesehenen Frist berichtigt werden.
Das Gesetz umschreibt den Begriff des Rechnungsfehlers nicht näher. Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch liegt ein solcher vor, wenn bei einer mathematischen Operation ein Versehen rein rechnerischer Natur unterläuft. In diesem Sinne muss auch Art. 127 Abs. 1 WStB verstanden werden. Die Veranlagung zur Wehrsteuer wird in einem besonders geregelten Verfahren festgestellt, das der Erzielung einer sachlich richtigen Einschätzung dient und an dem der Steuerpflichtige und die Steuerbehörde teilzunehmen haben. Allfällige Mängel sind vom Pflichtigen oder von der Steuerverwaltung in der hiefür im Gesetz vorgesehenen Form, durch rechtzeitige Einsprache oder Beschwerde, zu rügen. Geschieht dies nicht, so wird die Veranlagung rechtskräftig, und es kann darauf grundsätzlich, im Interesse der Rechtssicherheit, nicht mehr zurückgekommen werden. Vorbehalten ist die Nachforderung hinterzogener Steuern (Art. 129 ff. WStB) und die Revision ( BGE 74 I 405 ), ferner eben die Berichtigung von Rechnungsfehlern nach Art. 127 WStB. Diese Bestimmung beruht offenbar auf dem Gedanken, dass rechnerische Versehen, die nach Festlegung der Steuerfaktoren bei der Bestimmung der Steuer vorkommen, zunächst leicht übersehen und oft erst im Stadium des Steuerbezuges bemerkt werden, aber stets ohne weiteres festgestellt und behoben werden können und dass daher die Rechtssicherheit genügend gewährleistet ist, wenn die Berichtigung solcher Mängel auch noch während einer gewissen vom Eintritt der Rechtskraft der Veranlagung an laufenden Frist zugelassen wird. Bei den Fehlern, die der Veranlagung sonst noch anhaften können, verhält es sich im allgemeinen anders. Es erscheint daher als sachlich begründet, das in Art. 127 Abs. 1 WStB vorgesehene Berichtigungsverfahren nicht auf sie anzuwenden, auch soweit sie nicht bei der Feststellung der Steuerfaktoren im Sinne des Abs. 3, sondern bei andern Veranlagungsarbeiten unterlaufen sind. Richtig ist deshalb die
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Auslegung, die dem nächstliegenden Sinn des Wortes "Rechnungsfehler" entspricht. Art. 127 Abs. 1 WStB durchbricht den - in Abs. 3 bestätigten - Grundsatz, dass auf rechtskräftig gewordene Veranlagungen nicht zurückgekommen werden darf, und ist daher, als Ausnahmebestimmung, vorsichtig auszulegen, im dargelegten Sinne.

2. Der Fehler, um den es hier geht, ist nicht bei der Feststellung der Steuerfaktoren, sondern bei der Bestimmung des anwendbaren Steuersatzes unterlaufen. Er ist aber kein Rechnungsfehler im Sinne des Art. 127 WStB. Er besteht darin, dass ein unzutreffender Tarif angewandt wurde. Aus welchem Grunde das geschah, ist gleichgültig. Entscheidend ist, dass für die Wahl des richtigen Tarifes keine Rechenoperation erforderlich war. Die dem festgesetzten steuerbaren Vermögen entsprechende Steuer wurde innerhalb des Rahmens des zu Unrecht gewählten Tarifes rechnerisch richtig ausgemittelt. Die Unrichtigkeit des Ergebnisses der so vorgenommenen Veranlagung beruht nicht auf einem Versehen rechnerischer Natur. Art. 127 Abs. 1 WStB ist daher nicht anwendbar.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.

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