BGE 94 III 74 vom 10. Oktober 1968

Datum: 10. Oktober 1968

Artikelreferenzen:  Art. 38 SchKG, Art. 67 SchKG, Art. 79 SchKG, Art. 88 SchKG , Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG, Art. 38 Abs. 1 SchKG

BGE referenzen:  90 III 74, 90 III 75

Quelle: bger.ch

Urteilskopf

94 III 74


14. Auszug aus dem Entscheid vom 10. Oktober 1968 i.S. Täschler.

Regeste

Fortsetzung der Betreibung ( Art. 88 SchKG ) auf Grund eines nach dem Rechtsvorschlag des Schuldners auf dem Wege des ordentlichen Prozesses ( Art. 79 SchKG ) erstrittenen Urteils oder eines in einem solchen Prozess abgeschlossenen gerichtlichen Vergleichs.
Dem Fortsetzungsbegehren ist grundsätzlich nur zu entsprechen, wenn die Forderungssumme im Urteil oder Vergleich wie im Betreibungsbegehren ( Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG ) und im Fortsetzungsbegehren in gesetzlicher Schweizerwährung angegeben ist.
Ein Vergleich, wonach sich der Betriebene zu einer Überweisung in WIR-Checks verpflichtet, erlaubt die Fortsetzung der Betreibung nicht.

Sachverhalt ab Seite 74

BGE 94 III 74 S. 74
Gekürzter Tatbestand:

A.- Täschler betrieb Pini in Zug für eine (nach seiner Darstellung auf der Lieferung von 11500 WIR-Checks beruhende) Forderung von Fr. 8395.-- nebst Zins und Kosten. Nachdem Pini Rechtsvorschlag erhoben hatte, weil der geforderte Betrag in WIR zahlbar sei, leitete Täschler beim Friedensrichteramt Zug ein Vermittlungsverfahren ein. Am
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29. Mai 1968 schlossen die Parteien vor diesem Amte folgenden Vergleich:
"Der Beklagte (Pini) anerkennt eine Schuld von Fr. 11 500.-- in WIR'geld und erklärt sich bereit, diesen Betrag plus 5 % Zins von Fr. 8395.-- seit 1.12.1967, dem Kläger (Täschler) bis spätestens 30. Juni 1968 in WIR-Checks zu überweisen.
....."
Da Pini die im Vergleich übernommene Verpflichtung innert der vereinbarten Frist nicht erfüllte, verlangte Täschler die Fortsetzung der Betreibung für die im Zahlungsbefehl genannte Forderung. Am 12. Juli 1968 vollzog das Betreibungsamt die Pfändung.

B.- Am 25. Juli 1968 führte der Schuldner Beschwerde mit dem Antrag, die Pfändung sei aufzuheben. Er machte im wesentlichen geltend, die Betreibung könne auf Grund des Vergleichs vom 29. Mai 1968 nicht fortgesetzt werden, weil er sich mit diesem Vergleich weder zu einer Geldzahlung noch zu einer Sicherheitsleistung ( Art. 38 Abs. 1 SchKG ), sondern zu einer Sachleistung (Übergabe von WIR-Checks) verpflichtet habe.
Mit Entscheid vom 19. August 1968 hob die kantonale Aufsichtsbehörde die angefochtene Pfändung auf.

C.- Gegen diesen Entscheid rekurriert Täschler an das Bundesgericht mit dem Antrag, die Pfändung als gültig zu erklären.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Erstreitet der betreibende Gläubiger, nachdem der Schuldner Rechtsvorschlag erhoben hat, auf dem Wege des ordentlichen Prozesses ein vollstreckbares Urteil, das ihm die in Betreibung gesetzte Forderung in unbedingter Form ganz oder teilweise zuspricht, so kann er gestützt auf dieses Urteil für den ihm zugesprochenen Betrag das Fortsetzungsbegehren stellen, auch wenn das Urteil den Rechtsvorschlag nicht ausdrücklich aufhebt ( BGE 75 III 45 , BGE 77 III 149 ). Die gleiche Wirkung hat ein in einem solchen Prozess abgeschlossener gerichtlicher Vergleich, soweit darin die in Betreibung gesetzte
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Forderung bedingungslos anerkannt wird ( BGE 90 III 74 f. mit Hinweisen).
Im vorliegenden Falle hat der Rekurrent eine Forderung von Fr. 8395.-- in Betreibung gesetzt. Unter Fr. 8395.-- sind dabei unstreitig Fr. 8395.-- in gesetzlicher Schweizerwährung zu verstehen. Wäre die Forderungssumme im Betreibungsbegehren in einer andern Währung angegeben worden, so hätte dem Begehren nach Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG , wonach die Forderungssumme (bezw. die Summe, für die Sicherheit verlangt wird) in gesetzlicher Schweizerwährung anzugeben ist, überhaupt nicht Folge gegeben werden dürfen. Insbesondere hätte ein auf eine bestimmte Summe in WIR-Checks lautendes Begehren zurückgewiesen werden müssen, selbst wenn diese Checks Geldzeichen und Zahlungen in solchen Checks Geldzahlungen im Sinne von Art. 38 Abs. 1 SchKG sein sollten; denn auf jeden Fall ist das sog. WIR-Geld nicht gesetzliche Schweizerwährung im Sinne von Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG .
Auch das Fortsetzungsbegehren des Rekurrenten lautete auf Fr. 8395.--, worunter wie im Betreibungsbegehren Fr. 8395.-- in gesetzlicher Schweizerwährung zu verstehen sind. Das in Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG aufgestellte Erfordernis der Angabe der Forderungssumme in gesetzlicher Schweizerwährung gilt auch für das Fortsetzungsbegehren ( BGE 43 III 272 ) wie überhaupt für das ganze Betreibungsverfahren (vgl. das obligatorische Formular Nr. 4, Begehren um Fortsetzung der Betreibung, wo die Angabe der Forderung in "Fr.", d.h. in Schweizerfranken verlangt wird). Ein Fortsetzungsbegehren, in dem die Forderung nicht in gesetzlicher Schweizerwährung, sondern z.B. in WIR-Checks angegeben worden wäre, hätte schon aus diesem Grunde zurückgewiesen werden müssen.
Lautet das Fortsetzungsbegehren auf Schweizerfranken und darf es nicht anders lauten, so kann ihm auf Grund eines nach dem Rechtsvorschlag des Schuldners erstrittenen Urteils oder eines im Forderungsprozess geschlossenen Vergleichs nur entsprochen werden, wenn die Forderungssumme im Urteil oder im Vergleich ebenfalls in gesetzlicher Schweizerwährung angegeben ist. Eine Angabe in einer andern Währung kann höchstens dann genügen, wenn das Urteil oder der Vergleich zugleich den Umrechnungskurs zahlenmässig genau festlegt. Ein Urteil oder Vergleich, wonach die Umrechnung zu einem erst noch zu ermittelnden Kurs zu erfolgen hat, erlaubt die Fortsetzung der
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Betreibung nicht (vgl. BGE 43 III 272 , wonach ein Rechtsöffnungsentscheid, der die Forderungssumme in fremder Währung angibt und für die Umrechnung den Kurs des Zahlungstages als massgebend erklärt, keine genügende Grundlage für die Fortsetzung der Betreibung bildet; vgl. auch JAEGER N. 16 zu Art. 67 SchKG ).
Im Vergleich vom 29. Mai 1968, auf den der Rekurrent sich beruft, hat Pini nur "eine Schuld von Fr. 11 500.-- in WIR'geld" anerkannt und sich bloss verpflichtet, dem Rekurrenten diesen Betrag bis zum 30. Juni 1968 "in WIR-Checks" zu überweisen. Der Vergleich gibt also die Forderungssumme nicht in gesetzlicher Schweizerwährung an und sagt auch nicht etwa, zu welchem Kurs das "WIR-Geld" in diese Währung umzurechnen sei. Er bestimmt nicht einmal, dass Pini den Gegenwert des geschuldeten "WIR"-Betrages in Schweizerfranken zu entrichten habe, sondern sieht eine Überweisung in "WIR-Checks" vor. Aus diesen Gründen gestattet er dem Rekurrenten nicht, die Fortsetzung der Betreibung zu verlangen.
Der Rekurrent macht dem Sinne nach freilich geltend, der Vergleich erlaube dem Schuldner die Zahlung in WIR-Checks nur unter der Bedingung, dass er seine Leistung bis zum 30. Juni 1968 erbringe; bei Ausfall dieser Bedingung müsse er in Schweizerfranken zahlen; dabei habe als von den Parteien anerkannt zu gelten, dass 11 500 WIR in 8395 Schweizerfranken umzurechnen seien. Das geht jedoch aus dem Wortlaut des Vergleichs nicht hervor, und es kann nicht Sache der Betreibungsbehörden sein, zu untersuchen, ob der Vergleich einen darin nicht ausgesprochenen Sinn habe. Die Betreibung kann nur auf Grund eines klaren Vollstreckungstitels fortgesetzt werden ( BGE 90 III 75 ). Da der Entscheid über die Begründetheit und die Höhe der in Betreibung gesetzten Forderung dem Richter vorbehalten ist, dürfen die Betreibungsbehörden insbesondere auch nicht darüber befinden, ob der Schuldner die Zulässigkeit der vom Rekurrenten vorgenommenen Umrechnung und die Massgeblichkeit des von ihm angewandten Umrechnungskurses in missbräuchlicher Weise bestreite. Will der Rekurrent daran festhalten, dass Pini ihm 8395 Schweizerfranken schulde, weil er die vereinbarte Überweisung in WIR-Checks nicht rechtzeitig vornahm, so bleibt dem Rekurrenten nichts anderes übrig, als von neuem den Richter anzurufen.
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Sollte es ihm nicht gelingen, einen auf Schweizerfranken lautenden Vollstreckungstitel zu erlangen, so bliebe ihm allenfalls (wenn die WIR-Checks nicht Geldzeichen, sondern Sachen sein sollten, was hier nicht zu entscheiden ist) der Weg der Realexekution nach kantonalem Recht offen.

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