Urteilskopf
98 II 57
9. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 1. Februar 1972 i.S. Standard Commerz Bank gegen Commerzbank Aktiengesellschaft.
Regeste
Firmenbildung, Schutz des Handelsnamens, unlauterer Wettbewerb.
1.
Art. 8 und 10bis PVUe
. Schutz eines ausländischen Handelsnamens in der Schweiz (Erw. 1).
2.
Art. 1 UWG
. Wettbewerbsverhältnis zwischen einem ausländischen und einem schweizerischen Bankunternehmen (Erw. 2).
3.
Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG
. Unlauterer Wettbewerb durch Führung einer Firma, die teils aus dem zum Individualzeichen gewordenenBestandteil einer älteren Firma besteht; Rechtsfolgen (Erw. 3-5).
4.
Art. 29 Abs. 2 ZGB
. Verletzung des Namensrechtes durch den Gebrauch einer unzulässigen Geschäftsfirma (Erw. 6).
A.-
Die "Commerzbank Aktiengesellschaft", die diesen Namen seit 1958 führt, ist eine Grossbank in der Bundesrepublik Deutschland. Auf Klage dieser Bank verbot das Obergericht des Kantons Luzern am 28. Juni 1971 der seit Juni 1969 im Handelsregister von Luzern stehenden "Standard Commerz Bank", das Wort "Commerz" in Verbindung mit "Bank" oder einem anderen auf ein Finanzinstitut hinweisenden Zusammenhang zur Bildung ihrer Firma in der Schweiz zu verwenden, die vorhandenen Drucksachen mit der beanstandeten Firma im Verkehr weiter zu benützen und neue Drucksachen mit dieser Firma herzustellen oder herstellen zu lassen. Es verband die Verbote mit der Androhung, dass die Organe der Beklagten im Falle einer Widerhandlung wegen Ungehorsams gemäss
Art. 292 StGB
bestraft und die Drucksachen beschlagnahmtwürden. Die Klägerin wurde ermächtigt, den Urteilsspruch
BGE 98 II 57 S. 59
auf Kosten der Beklagten in vier Schweizer Zeitungen zu veröffentlichen.
B.-
Die Beklagte hat gegen dieses Urteil die Berufung erklärt. Sie beantragt, es aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Bundesrepublik Deutschland gehört wie die Schweiz der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums (PVUe) an. Dieses Abkommen galt im Verhältnis der beiden Staaten vom 17. Februar 1963 an in der Fassung von Lissabon von 1958 (AS 1970 S. 1682 f.). Seit 19. September 1970 ist die Fassung von Stockholm von 1967 massgebend (AS 1970 S. 620; La Propriété industrielle 1970 S. 210).
Die Klägerin geniesst daher - und genoss schon vor dem Inkrafttreten der neuesten Fassung der Übereinkunft - in der Schweiz in bezug auf den Schutz des gewerblichen Eigentums die gleichen Vorteile, welche die schweizerischen Gesetze den Schweizern gewähren (
Art. 2 Abs. 1 PVUe
). Insbesondere ist ihr Handelsname in der Schweiz ohne Verpflichtung zur Hinterlegung oder Eintragung geschützt (
Art. 8 PVUe
) und hat sie Anspruch auf einen wirksamen Schutz gegen unlauteren Wettbewerb (
Art. 10 bis PVUe
).
Art. 8 PVUe
hat nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtes nicht den Sinn, der ausländische Handelsname sei auch ohne Eintragung in das Handelsregister wie ein im Inland eingetragener zu schützen. Die Bestimmung verlangt nur, dass jedes Verbandsland dem nicht eingetragenen Handelsnamen des Angehörigen eines anderen Verbandslandes auch ohne Eintragung den gleichen Schutz gewähre, den es dem nicht eingetragenen Handelsnamen der eigenen Staatsangehörigen bietet. Es verhält sich auch dann nicht anders, wenn der Handelsname im Ursprungslande förmlich registriert worden ist. Diese Eintragung ist nicht kraft der Verbandsübereinkunft einer Eintragung in den anderen Verbandsländern gleichzustellen (
BGE 79 II 307
ff.,
BGE 90 II 197
, 318).
Auch
Art. 956 OR
stellt die ausländische Eintragung einer Eintragung in der Schweiz nicht gleich. Da die Klägerin hier nicht im Handelsregister eingetragen ist - sie unterhält keine schweizerische Zweigniederlassung -, steht ihr daher das in dieser Bestimmung vorgesehene Recht zum ausschliesslichen
BGE 98 II 57 S. 60
Gebrauch ihrer Firma nicht zu (
BGE 90 II 199
, 318). Sie kann sich in der Schweiz der Nachmachung oder Nachahmung ihrer Firma nur widersetzen, wenn und soweit die Beklagte die Voraussetzungen des unlauteren Wettbewerbes erfüllt oder die Klägerin in den persönlichen Verhältnissen verletzt hat (BGE 23 S. 1757,
BGE 52 II 398
,
BGE 79 II 309
, 314 f.,
BGE 90 II 199
, 318,
BGE 91 II 123
).
Die Klägerin hat denn auch ihre Rechtsbegehren nur aus unlauterem Wettbewerb (
Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG
) und aus dem Persönlichkeitsrecht auf ihren Namen (
Art. 29 ZGB
) abgeleitet, und das Obergericht hat sie nur unter ersterem Gesichtspunkt geschützt.
2.
Die Beklagte bestreitet, mit der Klägerin im Sinne des
Art. 1 UWG
im Wettbewerb zu stehen, denn sie sei vorwiegend in der Zentralschweiz tätig, während die Klägerin Bankgeschäfte in der Schweiz nicht abschliesse und mangels einer Erlaubnis der eidgenössischen Bankenkommission auch gar nicht "in ihrem Namen nach aussen auftretend" abschliessen dürfe.
a) Das Obergericht ist der Auffassung, die räumliche Voraussetzung eines Wettbewerbes sei schon dann erfüllt, wenn der Kunde das Tun des einen Unternehmens dem anderen zurechnet oder eine Verbindung zwischen beiden annimmt, so dass er sich auf Grund der Leistungen oder Handlungen des einen sein Urteil über jene des andern bilde, die beiden Unternehmen also in einen Zusammenhang bringe, der nicht besteht. Es bejaht deshalb ein räumliches Wettbewerbsverhältnis im vorliegenden Falle schon mit der Begründung, es bestehe eine tatsächliche Vermutung, dass deutsche Touristen in Luzern die Dienste der Beklagten in Anspruch nehmen und wegen der Ähnlichkeit der beiden Handelsnamen auf eine Verbindung zwischen den Unternehmen der Parteien schliessen. Es beruft sich auf TROLLER, Immaterialgüterrecht II, 1. Auflage S. 896 (= 2. Auflage S. 1040 f.).
Diese Auffassung ist zu verdeutlichen. Zwei Unternehmen stehen nur dann miteinander im Wettbewerb, wenn sie für ihre (gleichartigen) Leistungen wenigstens teilweise im gleichen geographischen Gebiete Kunden suchen oder die Gefahr besteht, dass jemand sich trotz der getrennten Werbegebiete statt vom einen vom anderen Unternehmen bedienen lasse (vgl.
BGE 76 II 96
,
BGE 79 II 314
,
BGE 88 II 32
Erw. 2,
BGE 90 II 323
f.). Der Schluss, den das Publikum aus der Ähnlichkeit der beiden Namen ziehen mag, sagt nichts darüber aus, ob die eine oder andere Voraussetzung
BGE 98 II 57 S. 61
zutreffe. Wenn z.B. zwei Lichtspieltheater in Brüssel und Lausanne ähnliche Namen haben und das Publikum daraus schliesst, sie gehörten ein und demselben Unternehmer oder es bestehe eine wirtschaftliche Verbindung zwischen ihren Eigentümern, stehen die beiden Theater dennoch nicht mit einander im Wettbewerb, denn sie werben nicht im gleichen geographischen Gebiete und es besteht auch nicht die Gefahr, dass die Kunden wegen der Vorstellung, die sie sich über die beiden Unternehmen machen, vom einen zum anderen überlaufen (vgl.
BGE 76 II 77
ff.). Anderer Meinung ist wahrscheinlich auch TROLLER nicht, denn er führt aus, ein Wettbewerbsverhältnis setze das Umwerben derselben Kunden und damit das Handeln in einem Gebiet voraus, auf dem Personen die Möglichkeit haben, sich für das eine oder andere Angebot zu entscheiden; kein Wettbewerb liege vor, wenn Unternehmer zwar dieselbe Art von Waren, aber an gebietsmässig getrennte Kundenkreise anbieten; dabei komme es vor allem darauf an, ob der Kunde die angebotene Ware oder Leistung gleich an dem Orte entgegennehmen möchte, wo er sich aufhält, oder ob die räumliche Entfernung ihn nicht von der Bestellung zurückhalten würde (a.a.O. 2. Auflage S. 1040 f.). Wenn TROLLER anschliessend daran ausführt, die wettbewerbsmässige Verbindung könne noch loser sein, und sich dann ähnlich ausdrückt wie das Obergericht, will er offenbar nicht davon abrücken, dass die beiden Unternehmen miteinander räumlich überhaupt im Wettbewerb stehen müssen. Er will nur sagen, welche Vorstellungen den Kunden bewegen können, trotz der räumlichen Entfernung der beiden Unternehmen statt mit dem einen mit dem anderen abzuschliessen.
Der Klägerin können schon ausserhalb der Schweiz Kunden entgehen, wenn sie die Namen der Parteien verwechseln oder zu Unrecht auf wirtschaftlich enge Beziehungen unter den Parteien schliessen. Statt dass sich ein Kunde an die Klägerin im Ausland wendet, nimmt er die Dienste der Beklagten in der Schweiz in Anspruch in der Meinung, die Beklagte sei eine Zweigniederlassung der Klägerin oder werde von dieser beherrscht. Es verhält sich anders als im Beispiel der Lichtspieltheater, deren Kunden aus einem geographisch kleinen Gebiet kommen und nicht wegen einer Verwechslung das im Ausland liegende Theater eines anderen Unternehmens besuchen. Die Klägerin ist nicht eine kleine Lokalbank, sondern eine Grossbank
BGE 98 II 57 S. 62
mit 700 Zweigniederlassungen in der Bundesrepublik Deutschland und Vertretungen in zahlreichen Ländern. Ihr Kundenkreis erstreckt sich über die Grenzen Deutschlands hinaus. Selbst wenn die Klägerin nicht auch in der Schweiz geschäftlich tätig wäre, bestände daher die Gefahr, dass jemand in der Meinung, mit der Klägerin abzuschliessen, die Beklagte anspreche, falls er die Parteien nicht voneinander zu unterscheiden vermag oder glaubt, die Klägerin beherrsche die Beklagte und diese arbeite daher gleich zuverlässig wie jene.
Die Parteien stehen daher schon unter diesem Gesichtspunkt miteinander im Wettbewerb, gleichgültig ob die Klägerin in der Schweiz Geschäfte abzuschliessen pflegt.
b) Das Fehlen schweizerischer Betriebsstätten der Klägerin bedeutet zudem nicht, dass diese in der Schweiz keine Kunden habe. Das Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen verbietet ihr nicht, an Personen in der Schweiz heranzutreten und mit ihnen Geschäfte zu tätigen. Es ist nur anwendbar auf die schweizerischen Banken und auf die in der Schweiz bestehenden Sitze, Zweigniederlassungen, Agenturen und Vertreter ausländischer Banken (Art. 1 und 2). Ausländische Banken dürfen auch dann, wenn sie diesem Gesetz nicht unterstehen, in der Schweiz Kunden werben und mit solchen Geschäfte abschliessen, sei es, dass sie vom Auslande aus selber handeln, sei es, dass sie die Dienste schweizerischer Banken in Anspruch nehmen. Wenn die Klägerin in der Schweiz wirbt oder unmittelbar oder mittelbar Bankgeschäfte einzugehen pflegt, steht sie hier mit der Beklagten im Wettbewerb (
BGE 91 II 123
Erw. 2).
Werbung der Klägerin in der Schweiz ist nachgewiesen. Es steht fest, dass die Klägerin sich schon oft in schweizerischen Finanz- und Tageszeitungen durch Inserate als deutsche Grossbank mit weiten internationalen Verbindungen empfohlen hat.
Konkrete Geschäfte zwischen der Klägerin und schweizerischen Kunden sind begreiflicherweise keine namhaft gemacht worden. Die Parteien sind sich aber einig, dass die Klägerin in der Schweiz mit Korrespondenzbanken verkehrt. Das Obergericht stellt ferner fest, dass sie hier in Wirtschafts- und Finanzkreisen bekannt ist und auch nennenswerte Geschäftsbeziehungen zur Zentralschweiz unterhält, denn es sei notorisch, dass die Wirtschaft der Schweiz mit jener der Bundesrepublik Deutschland verflochten sei.
Die Klägerin steht somit auch dank ihrer Werbung und ihrer
BGE 98 II 57 S. 63
Beziehungen zu inländischen Banken und anderen Kunden mit der Beklagten in der Schweiz im Wettbewerb. Ob das Publikum von vorneherein weiss, an welche Korrespondenzbanken es sich wenden muss, um mit der Klägerin ins Geschäft zu kommen, ist unerheblich.
3.
Aktiengesellschaften können unter Wahrung der allgemeinen Grundsätze der Firmenbildung ihre Firma frei wählen (
Art. 950 Abs. 1 OR
). Sie dürfen darin auf die Natur ihres Unternehmens hinweisen, gleichgültig ob schon ältere Firmen mit gleicher oder ähnlicher Geschäftsbezeichnung bestehen. Dieser besonders in der Rechtsprechung zum Firmenrecht anerkannte Grundsatz gilt auch, wenn sich die Frage der Zulässigkeit eines Firmenbestandteils nur unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechtes stellt. Der Hinweis auf die Natur der geschäftlichen Tätigkeit kann grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben (
Art. 1 UWG
) verstossen, selbst wenn sich andere Unternehmer gleicher Angaben bedienen (
BGE 81 II 468
,
BGE 87 II 350
,
BGE 97 II 159
f.).
Wie das Firmenrecht (
Art. 956 Abs. 2 OR
) verlangt aber auch das Wettbewerbsrecht, dass durch gleichartige Hinweise nicht die Gefahr von Verwechslungen geschaffen werde (
Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG
). Wer in der Firma die Natur seines Geschäftes angibt, muss durch einen Zusatz oder sonstwie dafür sorgen, dass es dennoch genügend vom Geschäft des Mitbewerbers unterschieden werden kann (
BGE 36 II 71
,
BGE 37 II 538
,
BGE 40 II 605
Erw. 4,
BGE 54 II 128
,
BGE 59 II 159
,
BGE 63 II 25
Erw. 3,
BGE 90 II 204
).
Eine weitere Schranke ist der Verwendung einer Sachbezeichnung ferner dann gesetzt, wenn sie in der Firma des anderen durch langen Gebrauch zum Individualzeichen geworden ist, d.h. die Bedeutung eines schlagwortähnlichen Hinweises auf den Firmeninhaber und sein Geschäft erlangt hat (
BGE 59 II 160
f.,
BGE 77 II 326
,
BGE 82 II 341
f.,
BGE 87 II 351
Erw. 3,
BGE 90 II 205
,
BGE 97 II 158
Erw. f.). Sie darf dann selbst in Verbindung mit Zusätzen nicht als charakteristischer Bestandteil in die jüngere Firma aufgenommen werden; deren Inhaber muss sich damit begnügen, seine geschäftliche Tätigkeit rein beschreibend in einer Art und Weise bekanntzugeben, die nicht zu Verwechslungen führen kann (
BGE 59 II 161
ff. Erw. 3 und 4).
4.
Der Ausdruck "Commerz", der vom lateinischen Wort "commercium" abstammt, war ursprünglich in Deutschland eine Sachbezeichnung. Er wurde dort noch im 19. Jahrhundert
BGE 98 II 57 S. 64
in Zusammensetzungen wie z.B. Commerz-Allianz, Commerz-Bilanz, Commerz-Kammer, Commerz-Rat, Commerz-Schule verwendet (HEYSE/BÖTTGER, Fremdwörterbuch, 5. Auflage, Leipzig 1879, unter "Commer. .."). In den neueren Auflagen des "Grossen Duden, Rechtschreibung" kommt nur noch die Schreibweise "Kommerz" vor. Das Grosse Duden-Lexikon, 2. Auflage, führt aus, "Kommerz" sei ein veralteter Ausdruck für Handel, Verkehr und sei im 17. und 18. Jahrhundert öfters in Zusammensetzungen aufgetreten. Das Schweizer-Lexikon weist das Stichwort "Commerz" oder "Kommerz" nicht auf, wohl aber das Wort "Kommerzialisierung". Wenn in der Schweiz "Commerz" überhaupt jemals Bestandteil der Sprache geworden sein sollte, ist es heute jedenfalls nicht mehr gebräuchlich. Ob es hier dennoch als Sachbezeichnung gelten kann, wie das Obergericht zwar nicht in seinen wettbewerbsrechtlichen Erwägungen, aber in anderem Zusammenhange annimmt, ist fraglich, kann aber offen bleiben.
Das Obergericht schliesst nämlich aus dem Umstand, dass das Wort "Commerz" im deutschen Sprachraum normalerweise nicht mehr gebraucht wird, es habe als Firmenbestandteil der Klägerin kennzeichnenden Charakter erlangt. Diese Feststellung betrifft tatsächliche Verhältnisse und bindet daher das Bundesgericht (
BGE 90 II 205
). Sie leuchtet auch ein. Die Klägerin ist die Nachfolgerin der im Jahre 1870 gegründeten "Commerz- und Disconto-Bank in Hamburg", die später "Commerz- und Disconto-Bank AG" hiess. Als dieses Unternehmen im Jahre 1920 mit der Mitteldeutschen Privatbank AG verschmolzen wurde, hiess die neue Firma "Commerz- und Privatbank AG" (Das Grosse Duden-Lexikon, 2. Auflage, unter "Commerzbank AG"). Anlässlich der Grossbanken-Reform im Jahre 1952 nahm eine der drei Nachfolgebanken die Firma "Commerz- und Credit-Bank AG" an (Der Grosse Brockhaus, unter "Commerzbank"). Als im Jahre 1958 die drei Nachfolge-Institute sich wieder zusammenschlossen, wählte die Klägerin die Firma "Commerzbank Aktiengesellschaft". Der Bestandteil "Commerz" kommt also in der Firma der Klägerin und ihrer Vorgängerinnen seit hundert Jahren vor. Während dieser Ausdruck in der Umgangs- und Geschäftssprache nach und nach veraltete, konnte er sich zum Schlagwort für die Klägerin und ihr Unternehmen entwickeln. Die Beklagte versucht das in der Berufung nicht zu widerlegen.
Da "Commerz" auch in der Firma der Beklagten charakteristischer Bestandteil ist, besteht die Gefahr, dass der Durchschnittskunde in der Beklagten eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Vertreterin der Klägerin sehe. Der weitere Bestandteil "Standard" ändert nichts. Gewiss beurteilt sich nach dem Gesamteindruck, den die Firma macht, ob sie verwechselbar ist (
BGE 92 II 97
,
BGE 97 II 155
). "Standard" hat aber nicht so grosses Gewicht, dass "Commerz" unter allen Umständen als nebensächlich empfunden und übergangen wird. Ein Teil der Kunden wird mehr vom Wort "Commerz" beeindruckt. Die an sich mögliche Meinung, die Beklagte werde von der "Standard Bank Limited" in London beherrscht oder regelmässig zur Abwicklung von Geschäften in der Schweiz benutzt (
BGE 98 II 67
ff.), verwischt zudem den ebenfalls in Betracht kommenden Eindruck nicht, die Beklagte stehe daneben auch mit der Klägerin in engen juristischen oder wirtschaftlichen Beziehungen. Die Klägerin braucht sich die Entstehung dieser Meinung nicht gefallen zu lassen (
BGE 59 II 161
,
BGE 88 II 294
f.,
BGE 90 II 202
,
BGE 92 II 96
,
BGE 94 II 131
,
BGE 95 II 571
,
BGE 97 II 157
). Sie könnte den Kunden zur Annahme verleiten, wenn er durch die Klägerin bedient werden wolle, brauche er sich nur an die Beklagte zu wenden, oder diese arbeite gleich vorteilhaft wie die Klägerin.
Dass es in der Schweiz Grossbanken gibt, deren Namen sich nach der Auffassung der Beklagten nur unwesentlich voneinander unterscheiden, bürgt nicht notwendigerweise für ein hochentwickeltes Unterscheidungsvermögen aller Bankkunden. Namentlich aber sagt dieser Umstand nicht, dass jene Kunden, die sich der rechtlichen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit der betreffenden schweizerischen Grossbanken bewusst sind, ohne weiteres auch den Gedanken verwerfen, die kleine "Standard Commerz Bank" sei ein von der grossen deutschen "Commerzbank Aktiengesellschaft" beherrschtes oder benütztes Institut.
Wenn die Beklagte sodann aufBGE 40 II 123ff. verweist, wo in der Führung der Firma "Alliance Horlogère" kein firmenrechtlicher oder wettbewerbsrechtlicher Verstoss gegen die Rechte der älteren Genossenschaft "Union Horlogère" gesehen wurde, so verkennt sie, dass das Bundesgericht in allen Bestandteilen dieser Firmen reine Sachbezeichnungen (Hinweise auf den Geschäftszweig und die genossenschaftliche Organisation) sah und ausführte, die Namen seien nur deshalb ähnlich, weil
BGE 98 II 57 S. 66
Art und Zweck der Geschäfte selber ähnlich seien. Im vorliegenden Falle verhält es sich anders. Die Beklagte brauchte sich nicht als (Standard) Commerz Bank zu bezeichnen, um auszudrücken, dass sie dem Handel und Verkehr dienende Bankgeschäfte abwickeln wolle. Zudem hat sich der eigenartige Ausdruck "Commerz", weil er fremd und veraltet wirkt und von der Klägerin und ihren Vorgängerinnen sehr lange gebraucht wurde, zum Individualzeichen entwickelt, was bei "Union Horlogère" in der Uhrenstadt Biel nicht zutraf.
5.
Da das Wort "Commerz" in der Firma der Beklagten im Sinne von
Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG
zu Verwechslungen führen kann, hat die Klägerin gemäss
Art. 2 Abs. 1 lit. b UWG
Anspruch darauf, dass die Beklagte es aus ihrer Firma entferne und es im Geschäftsverkehr zur Bezeichnung ihres Betriebes nicht mehr gebrauche. Die entsprechenden Verbote des Obergerichts sind daher nicht zu beanstanden. Bei diesem Ergebnis ist unerheblich, ob
Art. 10 bis PVUe
direkt anwendbares materielles Recht enthält und, wenn ja, weiter geht als
Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG
(s. dazu BODENHAUSEN, Guide d'application de la Convention de Paris pour la protection de la propriété industrielle telle que révisée à Stockholm en 1967 S. 149, und STÖCKLI, Der Schutz des ausländischen Handelsnamens in der Schweiz auf Grund der Pariser Verbandsübereinkunft von 1883 S. 16; fernerBGE 76 II 94).
Unnötig war es, der Beklagten für den Fall, dass sie gegen das Verbot über die Drucksachen verstossen sollte, auch deren Beschlagnahme anzudrohen.
Art. 292 StGB
verlangt nur den Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels. Das Gesetz ist jedoch durch die Aufnahme der überflüssigen Androhung nicht verletzt, da der Strafrichter frei zu entscheiden haben wird, ob die Drucksachen zu beschlagnahmen seien. Die Beklagte beschwert sich denn auch über diese Androhung nicht.
6.
Das Obergericht ist der Auffassung, der Unterlassungsanspruch der Klägerin könne nicht mit dem Namensrecht (
Art. 29 ZGB
) begründet werden, weil am Wort "Commerz" in der Schweiz noch ein geringes Freihaltebedürfnis bestehe, da es sich durch die Einflüsse der französischen und der italienischen Sprache als Sachbezeichnung gehalten habe.
Die Frage geht indessen nicht dahin, ob die Beklagte das Wort "Commerz" im mündlichen oder schriftlichen Umgang mit Dritten in irgendwelchem Zusammenhang gebrauchen dürfe,
BGE 98 II 57 S. 67
weil es angeblich zum schweizerischen Sprachschatz gehört, sondern ob sie dadurch, dass sie es in ihre Firma aufnahm und sich "Standard Commerz Bank" nannte, die Klägerin in ihrem Persönlichkeitsrecht am Namen "Commerzbank Aktiengesellschaft" verletzt habe und auch in Zukunft verletzen würde, wenn sie es als Bestandteil ihres Namens weiterhin gebrauchte. Diese Frage ist zu bejahen, da der Ausdruck "Commerzbank" zu einem auf die Klägerin und nur gerade auf sie hinweisenden Individualzeichen geworden ist (
BGE 97 II 159
Erw. 3). Die Klage geht denn auch nur dahin, der Beklagten den Gebrauch als Bestandteil des Namens - in der Firma oder im sonstigen Geschäftsverkehr - zu untersagen. Die Verwendung anders als Name oder Namenbestandteil soll und kann ihr nicht verboten werden.
Indessen kommt nichts darauf an, dass die Beklagte das Namensrecht der Klägerin verletzt hat und weiterhin verletzen würde, wenn sie auch in Zukunft als "Standard Commerz Bank" aufträte, denn das ist ihr schon auf Grund des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb verboten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts (I. Kammer) des Kantons Luzern vom 28. Juni 1971 bestätigt.