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Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten

Übersetzung aus dem englischen und französischen Originaltext1

Die Unterzeichnerregierungen, Mitglieder des Europarats -

in Anbetracht der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündet worden ist;

in der Erwägung, dass diese Erklärung bezweckt, die universelle und wirksame Anerkennung und Einhaltung der in ihr aufgeführten Rechte zu gewährleisten;

in der Erwägung, dass es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herzustellen, und dass eines der Mittel zur Erreichung dieses Zieles die Wahrung und Fortentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ist;

in Bekräftigung ihres tiefen Glaubens an diese Grundfreiheiten, welche die Grundlage von Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bilden und die am besten durch eine wahrhaft demokratische politische Ordnung sowie durch ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Achtung der diesen Grundfreiheiten zugrunde liegenden Menschenrechte gesichert werden;

entschlossen, als Regierungen europäischer Staaten, die vom gleichen Geist beseelt sind und ein gemeinsames Erbe an politischen Überlieferungen, Idealen, Achtung der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit besitzen, die ersten Schritte auf dem Weg zu einer kollektiven Garantie bestimmter in der Allgemeinen Erklärung aufgeführter Rechte zu unternehmen -

haben folgendes vereinbart:

Abschnitt I: Rechte und Freiheiten

Art. 2 Recht auf Leben  

(1) Das Recht je­des Men­schen auf Le­ben wird ge­setz­lich ge­schützt. Nie­mand darf ab­sicht­lich ge­tö­tet wer­den, aus­ser durch Voll­stre­ckung ei­nes To­des­ur­teils, das ein Ge­richt we­gen ei­nes Ver­bre­chens ver­hängt hat, für das die To­dess­tra­fe ge­setz­lich vor­ge­se­hen ist.

(2) Ei­ne Tö­tung wird nicht als Ver­let­zung die­ses Ar­ti­kels be­trach­tet, wenn sie durch ei­ne Ge­walt­an­wen­dung ver­ur­sacht wird, die un­be­dingt er­for­der­lich ist, um

a)
je­man­den ge­gen rechts­wid­ri­ge Ge­walt zu ver­tei­di­gen;
b)
je­man­den recht­mäs­sig fest­zu­neh­men oder je­man­den, dem die Frei­heit recht­mäs­sig ent­zo­gen ist, an der Flucht zu hin­dern;
c)
einen Auf­ruhr oder Auf­stand recht­mäs­sig nie­der­zu­schla­gen.
Art. 3 Verbot der Folter  

Nie­mand darf der Fol­ter oder un­mensch­li­cher oder er­nied­ri­gen­der Stra­fe oder Be­hand­lung un­ter­wor­fen wer­den.

Art. 4 Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit  

(1) Nie­mand darf in Skla­ve­rei oder Leib­ei­gen­schaft ge­hal­ten wer­den.

(2) Nie­mand darf ge­zwun­gen wer­den, Zwangs- oder Pflicht­ar­beit zu ver­rich­ten.

(3) Nicht als Zwangs- oder Pflicht­ar­beit im Sin­ne die­ses Ar­ti­kels gilt

a)
ei­ne Ar­beit, die üb­li­cher­wei­se von ei­ner Per­son ver­langt wird, der un­ter den Vor­aus­set­zun­gen des Ar­ti­kels 5 die Frei­heit ent­zo­gen oder die be­dingt ent­las­sen wor­den ist;
b)
ei­ne Dienst­leis­tung mi­li­tä­ri­scher Art oder ei­ne Dienst­leis­tung, die an die Stel­le des im Rah­men der Wehr­pflicht zu leis­ten­den Diens­tes tritt, in Län­dern, wo die Dienst­ver­wei­ge­rung aus Ge­wis­sens­grün­den an­er­kannt ist;
c)
ei­ne Dienst­leis­tung, die ver­langt wird, wenn Not­stän­de oder Ka­ta­stro­phen das Le­ben oder das Wohl der Ge­mein­schaft be­dro­hen;
d)
ei­ne Ar­beit oder Dienst­leis­tung, die zu den üb­li­chen Bür­ger­pflich­ten ge­hört.
Art. 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit  

(1) Je­de Per­son hat das Recht auf Frei­heit und Si­cher­heit. Die Frei­heit darf nur in den fol­gen­den Fäl­len und nur auf die ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­ne Wei­se ent­zo­gen wer­den:

a)
recht­mäs­si­ger Frei­heits­ent­zug nach Ver­ur­tei­lung durch ein zu­stän­di­ges Ge­richt;
b)
recht­mäs­si­ge Fest­nah­me oder recht­mäs­si­ger Frei­heits­ent­zug we­gen Nicht­be­fol­gung ei­ner recht­mäs­si­gen ge­richt­li­chen An­ord­nung oder zur Er­zwin­gung der Er­fül­lung ei­ner ge­setz­li­chen Ver­pflich­tung;
c)
recht­mäs­si­ge Fest­nah­me oder recht­mäs­si­ger Frei­heits­ent­zug zur Vor­füh­rung vor die zu­stän­di­ge Ge­richts­be­hör­de, wenn hin­rei­chen­der Ver­dacht be­steht, dass die be­tref­fen­de Per­son ei­ne Straf­tat be­gan­gen hat, oder wenn be­grün­de­ter An­lass zu der An­nah­me be­steht, dass es not­wen­dig ist, sie an der Be­ge­hung ei­ner Straf­tat oder an der Flucht nach Be­ge­hung ei­ner sol­chen zu hin­dern;
d)
recht­mäs­si­ger Frei­heits­ent­zug bei Min­der­jäh­ri­gen zum Zweck über­wach­ter Er­zie­hung oder zur Vor­füh­rung vor die zu­stän­di­ge Be­hör­de;
e)
recht­mäs­si­ger Frei­heits­ent­zug mit dem Ziel, ei­ne Ver­brei­tung an­ste­cken­der Krank­hei­ten zu ver­hin­dern, so­wie bei psy­chisch Kran­ken, Al­ko­hol- oder Rausch­gift­süch­ti­gen und Land­strei­chern;
f)
recht­mäs­si­ge Fest­nah­me oder recht­mäs­si­ger Frei­heits­ent­zug zur Ver­hin­de­rung der un­er­laub­ten Ein­rei­se so­wie bei Per­so­nen, ge­gen die ein Aus­wei­sungs- oder Aus­lie­fe­rungs­ver­fah­ren im Gan­ge ist.

(2) Je­der fest­ge­nom­me­nen Per­son muss in mög­lichst kur­z­er Frist1 in ei­ner ihr ver­ständ­li­chen Spra­che mit­ge­teilt wer­den, wel­ches die Grün­de für ih­re Fest­nah­me sind und wel­che Be­schul­di­gun­gen ge­gen sie er­ho­ben wer­den.

(3) Je­de Per­son, die nach Ab­satz 1 Buch­sta­be c von Fest­nah­me oder Frei­heits­ent­zug be­trof­fen ist, muss un­ver­züg­lich ei­nem Rich­ter oder ei­ner an­de­ren ge­setz­lich zur Wahr­neh­mung rich­ter­li­cher Auf­ga­ben er­mäch­tig­ten Per­son vor­ge­führt wer­den; sie hat An­spruch auf ein Ur­teil in­ner­halb an­ge­mes­se­ner Frist oder auf Ent­las­sung wäh­rend des Ver­fah­rens. Die Ent­las­sung kann von der Leis­tung ei­ner Si­cher­heit für das Er­schei­nen vor Ge­richt ab­hän­gig ge­macht wer­den.

(4) Je­de Per­son, die fest­ge­nom­men oder der die Frei­heit ent­zo­gen ist, hat das Recht zu be­an­tra­gen, dass ein Ge­richt in­ner­halb kur­z­er Frist über die Recht­mäs­sig­keit des Frei­heits­ent­zugs ent­schei­det und ih­re Ent­las­sung an­ord­net, wenn der Frei­heits­ent­zug nicht recht­mäs­sig ist.

(5) Je­de Per­son, die un­ter Ver­let­zung die­ses Ar­ti­kels von Fest­nah­me oder Frei­heits­ent­zug be­trof­fen ist, hat An­spruch auf Scha­denser­satz.


1 Re­dak­tio­nel­le Änd. auf Grund der Über­set­zungs­kon­fe­renz der deutsch­spra­chi­gen Län­der (Deutsch­land, Liech­ten­stein, Ös­ter­reich und Schweiz).

Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren  

(1) Je­de Per­son hat ein Recht dar­auf, dass über Strei­tig­kei­ten in Be­zug auf ih­re zi­vil­recht­li­chen An­sprü­che und Ver­pflich­tun­gen oder über ei­ne ge­gen sie er­ho­be­ne straf­recht­li­che An­kla­ge von ei­nem un­ab­hän­gi­gen und un­par­tei­ischen, auf Ge­setz be­ru­hen­den Ge­richt in ei­nem fai­ren Ver­fah­ren, öf­fent­lich und in­ner­halb an­ge­mes­se­ner Frist ver­han­delt wird. Das Ur­teil muss öf­fent­lich ver­kün­det wer­den; Pres­se und Öf­fent­lich­keit kön­nen je­doch wäh­rend des gan­zen oder ei­nes Tei­les des Ver­fah­rens aus­ge­schlos­sen wer­den, wenn dies im In­ter­es­se der Mo­ral, der öf­fent­li­chen Ord­nung oder der na­tio­na­len Si­cher­heit in ei­ner de­mo­kra­ti­schen Ge­sell­schaft liegt, wenn die In­ter­es­sen von Ju­gend­li­chen oder der Schutz des Pri­vat­le­bens der Pro­zess­par­tei­en es ver­lan­gen oder - so­weit das Ge­richt es für un­be­dingt er­for­der­lich hält - wenn un­ter be­son­de­ren Um­stän­den ei­ne öf­fent­li­che Ver­hand­lung die In­ter­es­sen der Rechts­pfle­ge be­ein­träch­ti­gen wür­de.

(2) Je­de Per­son, die ei­ner Straf­tat an­ge­klagt ist, gilt bis zum ge­setz­li­chen Be­weis ih­rer Schuld als un­schul­dig.

(3) Je­de an­ge­klag­te Per­son hat min­des­tens fol­gen­de Rech­te:

a)
in­ner­halb mög­lichst kur­z­er Frist in ei­ner ihr ver­ständ­li­chen Spra­che in al­len Ein­zel­hei­ten über Art und Grund der ge­gen sie er­ho­be­nen Be­schul­di­gung un­ter­rich­tet zu wer­den;
b)
aus­rei­chen­de Zeit und Ge­le­gen­heit zur Vor­be­rei­tung ih­rer Ver­tei­di­gung zu ha­ben;
c)
sich selbst zu ver­tei­di­gen, sich durch einen Ver­tei­di­ger ih­rer Wahl ver­tei­di­gen zu las­sen oder, falls ihr die Mit­tel zur Be­zah­lung feh­len, un­ent­gelt­lich den Bei­stand ei­nes Ver­tei­di­gers zu er­hal­ten, wenn dies im In­ter­es­se der Rechts­pfle­ge er­for­der­lich ist;
d)
Fra­gen an Be­las­tungs­zeu­gen zu stel­len oder stel­len zu las­sen und die La­dung und Ver­neh­mung von Ent­las­tungs­zeu­gen un­ter den­sel­ben Be­din­gun­gen zu er­wir­ken, wie sie für Be­las­tungs­zeu­gen gel­ten;
e)
un­ent­gelt­li­che Un­ter­stüt­zung durch einen Dol­met­scher zu er­hal­ten, wenn sie die Ver­hand­lungs­spra­che des Ge­richts nicht ver­steht oder spricht.
Art. 7 Keine Strafe ohne Gesetz  

(1) Nie­mand darf we­gen ei­ner Hand­lung oder Un­ter­las­sung ver­ur­teilt wer­den, die zur Zeit ih­rer Be­ge­hung nach in­ner­staat­li­chem oder in­ter­na­tio­na­lem Recht nicht straf­bar war. Es darf auch kei­ne schwe­re­re als die zur Zeit der Be­ge­hung an­ge­droh­te Stra­fe ver­hängt wer­den.

(2) Die­ser Ar­ti­kel schliesst nicht aus, dass je­mand we­gen ei­ner Hand­lung oder Un­ter­las­sung ver­ur­teilt oder be­straft wird, die zur Zeit ih­rer Be­ge­hung nach den von den zi­vi­li­sier­ten Völ­kern an­er­kann­ten all­ge­mei­nen Rechts­grund­sät­zen straf­bar war.

Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens  

(1) Je­de Per­son hat das Recht auf Ach­tung ih­res Pri­vat- und Fa­mi­li­en­le­bens, ih­rer Woh­nung und ih­rer Kor­re­spon­denz.

(2) Ei­ne Be­hör­de darf in die Aus­übung die­ses Rechts nur ein­grei­fen, so­weit der Ein­griff ge­setz­lich vor­ge­se­hen und in ei­ner de­mo­kra­ti­schen Ge­sell­schaft not­wen­dig ist für die na­tio­na­le oder öf­fent­li­che Si­cher­heit, für das wirt­schaft­li­che Wohl des Lan­des, zur Auf­recht­er­hal­tung der Ord­nung, zur Ver­hü­tung von Straf­ta­ten, zum Schutz der Ge­sund­heit oder der Mo­ral oder zum Schutz der Rech­te und Frei­hei­ten an­de­rer.

Art. 9 Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit  

(1) Je­de Per­son hat das Recht auf Ge­dan­ken-, Ge­wis­sens- und Re­li­gi­ons­frei­heit; die­ses Recht um­fasst die Frei­heit, sei­ne Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung zu wech­seln, und die Frei­heit, sei­ne Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung ein­zeln oder ge­mein­sam mit an­de­ren öf­fent­lich oder pri­vat durch Got­tes­dienst, Un­ter­richt oder Prak­ti­zie­ren von Bräu­chen und Ri­ten zu be­ken­nen.

(2) Die Frei­heit, sei­ne Re­li­gi­on oder Welt­an­schau­ung zu be­ken­nen, darf nur Ein­schrän­kun­gen un­ter­wor­fen wer­den, die ge­setz­lich vor­ge­se­hen und in ei­ner de­mo­kra­ti­schen Ge­sell­schaft not­wen­dig sind für die öf­fent­li­che Si­cher­heit, zum Schutz der öf­fent­li­chen Ord­nung, Ge­sund­heit oder Mo­ral oder zum Schutz der Rech­te und Frei­hei­ten an­de­rer.

Art. 10 Freiheit der Meinungsäusserung  

(1) Je­de Per­son hat das Recht auf freie Mei­nungs­äus­se­rung. Die­ses Recht schliesst die Mei­nungs­frei­heit und die Frei­heit ein, In­for­ma­tio­nen und Ide­en oh­ne be­hörd­li­che Ein­grif­fe und oh­ne Rück­sicht auf Staats­gren­zen zu emp­fan­gen und wei­ter­zu­ge­ben. Die­ser Ar­ti­kel hin­dert die Staa­ten nicht, für Ra­dio-, Fern­seh- oder Ki­noun­ter­neh­men ei­ne Ge­neh­mi­gung vor­zu­schrei­ben.

(2) Die Aus­übung die­ser Frei­hei­ten ist mit Pflich­ten und Ver­ant­wor­tung ver­bun­den; sie kann da­her Form­vor­schrif­ten, Be­din­gun­gen, Ein­schrän­kun­gen oder Straf­dro­hun­gen un­ter­wor­fen wer­den, die ge­setz­lich vor­ge­se­hen und in ei­ner de­mo­kra­ti­schen Ge­sell­schaft not­wen­dig sind für die na­tio­na­le Si­cher­heit, die ter­ri­to­ria­le Un­ver­sehrt­heit oder die öf­fent­li­che Si­cher­heit, zur Auf­recht­er­hal­tung der Ord­nung oder zur Ver­hü­tung von Straf­ta­ten, zum Schutz der Ge­sund­heit oder der Mo­ral, zum Schutz des gu­ten Ru­fes oder der Rech­te an­de­rer, zur Ver­hin­de­rung der Ver­brei­tung ver­trau­li­cher In­for­ma­tio­nen oder zur Wah­rung der Au­to­ri­tät und der Un­par­tei­lich­keit der Recht­spre­chung.

Art. 11 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit  

(1) Je­de Per­son hat das Recht, sich frei und fried­lich mit an­de­ren zu ver­sam­meln und sich frei mit an­de­ren zu­sam­men­zu­sch­lies­sen; da­zu ge­hört auch das Recht, zum Schutz sei­ner In­ter­es­sen Ge­werk­schaf­ten zu grün­den und Ge­werk­schaf­ten bei­zu­tre­ten.

(2) Die Aus­übung die­ser Rech­te darf nur Ein­schrän­kun­gen un­ter­wor­fen wer­den, die ge­setz­lich vor­ge­se­hen und in ei­ner de­mo­kra­ti­schen Ge­sell­schaft not­wen­dig sind für die na­tio­na­le oder öf­fent­li­che Si­cher­heit, zur Auf­recht­er­hal­tung der Ord­nung oder zur Ver­hü­tung von Straf­ta­ten, zum Schutz der Ge­sund­heit oder der Mo­ral oder zum Schutz der Rech­te und Frei­hei­ten an­de­rer. Die­ser Ar­ti­kel steht recht­mäs­si­gen Ein­schrän­kun­gen der Aus­übung die­ser Rech­te für An­ge­hö­ri­ge der Streit­kräf­te, der Po­li­zei oder der Staats­ver­wal­tung nicht ent­ge­gen.

Art. 12 Recht auf Eheschliessung  

Män­ner und Frau­en im hei­rats­fä­hi­gen Al­ter ha­ben das Recht, nach den in­ner­staat­li­chen Ge­set­zen, wel­che die Aus­übung die­ses Rechts re­geln, ei­ne Ehe ein­zu­ge­hen und ei­ne Fa­mi­lie zu grün­den.

Art. 13 Recht auf wirksame Beschwerde  

Je­de Per­son, die in ih­ren in die­ser Kon­ven­ti­on an­er­kann­ten Rech­ten oder Frei­hei­ten ver­letzt wor­den ist, hat das Recht, bei ei­ner in­ner­staat­li­chen In­stanz ei­ne wirk­sa­me Be­schwer­de zu er­he­ben, auch wenn die Ver­let­zung von Per­so­nen be­gan­gen wor­den ist, die in amt­li­cher Ei­gen­schaft ge­han­delt ha­ben.

Art. 14 Diskriminierungsverbot  

Der Ge­nuss der in die­ser Kon­ven­ti­on an­er­kann­ten Rech­te und Frei­hei­ten ist oh­ne Dis­kri­mi­nie­rung ins­be­son­de­re we­gen des Ge­schlechts, der Ras­se, der Haut­far­be, der Spra­che, der Re­li­gi­on, der po­li­ti­schen oder sons­ti­gen An­schau­ung, der na­tio­na­len oder so­zia­len Her­kunft, der Zu­ge­hö­rig­keit zu ei­ner na­tio­na­len Min­der­heit, des Ver­mö­gens, der Ge­burt oder ei­nes sons­ti­gen Sta­tus zu ge­währ­leis­ten.

Art. 15 Abweichen im Notstandsfall  

(1) Wird das Le­ben der Na­ti­on durch Krieg oder einen an­de­ren öf­fent­li­chen Not­stand be­droht, so kann je­de Ho­he Ver­trags­par­tei Mass­nah­men tref­fen, die von den in die­ser Kon­ven­ti­on vor­ge­se­he­nen Ver­pflich­tun­gen ab­wei­chen, je­doch nur, so­weit es die La­ge un­be­dingt er­for­dert und wenn die Mass­nah­men nicht im Wi­der­spruch zu den sons­ti­gen völ­ker­recht­li­chen Ver­pflich­tun­gen der Ver­trags­par­tei ste­hen.

(2) Auf­grund des Ab­sat­zes 1 darf von Ar­ti­kel 2 nur bei To­des­fäl­len in­fol­ge recht­mäs­si­ger Kriegs­hand­lun­gen und von Ar­ti­kel 3, Ar­ti­kel 4 (Ab­satz 1) und Ar­ti­kel 7 in kei­nem Fall ab­ge­wi­chen wer­den.

(3) Je­de Ho­he Ver­trags­par­tei, die die­ses Recht auf Ab­wei­chung aus­übt, un­ter­rich­tet den Ge­ne­ral­se­kre­tär des Eu­ro­pa­rats um­fas­send über die ge­trof­fe­nen Mass­nah­men und de­ren Grün­de. Sie un­ter­rich­tet den Ge­ne­ral­se­kre­tär des Eu­ro­pa­rats auch über den Zeit­punkt, zu dem die­se Mass­nah­men aus­ser Kraft ge­tre­ten sind und die Kon­ven­ti­on wie­der vol­le An­wen­dung fin­det.

Art. 16 Beschränkungen der politischen Tätigkeit ausländischer Personen  

Die Ar­ti­kel 10, 11 und 14 sind nicht so aus­zu­le­gen, als un­ter­sag­ten sie den Ho­hen Ver­trags­par­tei­en, die po­li­ti­sche Tä­tig­keit aus­län­di­scher Per­so­nen zu be­schrän­ken.

Art. 17 Verbot des Missbrauchs der Rechte  

Die­se Kon­ven­ti­on ist nicht so aus­zu­le­gen, als be­grün­de sie für einen Staat, ei­ne Grup­pe oder ei­ne Per­son das Recht, ei­ne Tä­tig­keit aus­zuü­ben oder ei­ne Hand­lung vor­zu­neh­men, die dar­auf ab­zielt, die in der Kon­ven­ti­on fest­ge­leg­ten Rech­te und Frei­hei­ten ab­zu­schaf­fen oder sie stär­ker ein­zu­schrän­ken, als es in der Kon­ven­ti­on vor­ge­se­hen ist.

Art. 18 Begrenzung der Rechtseinschränkungen  

Die nach die­ser Kon­ven­ti­on zu­läs­si­gen Ein­schrän­kun­gen der ge­nann­ten Rech­te und Frei­hei­ten dür­fen nur zu den vor­ge­se­he­nen Zwe­cken er­fol­gen.

Abschnitt II: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Art. 19 Errichtung des Gerichtshofs  

Um die Ein­hal­tung der Ver­pflich­tun­gen si­cher­zu­stel­len, wel­che die Ho­hen Ver­trags­par­tei­en in die­ser Kon­ven­ti­on und den Pro­to­kol­len da­zu über­nom­men ha­ben, wird ein Eu­ro­päi­scher Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te, im Fol­gen­den als «Ge­richts­hof» be­zeich­net, er­rich­tet. Er nimmt sei­ne Auf­ga­ben als stän­di­ger Ge­richts­hof wahr.

Art. 20 Zahl der Richter  

Die Zahl der Rich­ter des Ge­richts­hofs ent­spricht der­je­ni­gen der Ho­hen Ver­trags­par­tei­en.

Art. 21 Voraussetzungen für das Amt  

(1) Die Rich­ter müs­sen ho­hes sitt­li­ches An­se­hen ge­nies­sen und ent­we­der die für die Aus­übung ho­her rich­ter­li­cher Äm­ter er­for­der­li­chen Vor­aus­set­zun­gen er­fül­len oder Rechts­ge­lehr­te von an­er­kann­tem Ruf sein.

(2) Die Rich­ter ge­hö­ren dem Ge­richts­hof in ih­rer per­sön­li­chen Ei­gen­schaft an.

(3) Wäh­rend ih­rer Amts­zeit dür­fen die Rich­ter kei­ne Tä­tig­keit aus­üben, die mit ih­rer Un­ab­hän­gig­keit, ih­rer Un­par­tei­lich­keit oder mit den Er­for­der­nis­sen der Voll­zeit­be­schäf­ti­gung in die­sem Amt un­ver­ein­bar ist; al­le Fra­gen, die sich aus der An­wen­dung die­ses Ab­sat­zes er­ge­ben, wer­den vom Ge­richts­hof ent­schie­den.

Art. 22 Wahl der Richter  

(1) Die Rich­ter wer­den von der Par­la­men­ta­ri­schen Ver­samm­lung für je­de Ho­he Ver­trags­par­tei mit der Mehr­heit der ab­ge­ge­be­nen Stim­men aus ei­ner Lis­te von drei Kan­di­da­ten ge­wählt, die von der Ho­hen Ver­trags­par­tei vor­ge­schla­gen wer­den.

(2) …1


1 Auf­ge­ho­ben durch Art. 1 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und mit Wir­kung seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 23 Amtszeit und Entlassung  

(1) Die Rich­ter wer­den für neun Jah­re ge­wählt. Ih­re Wie­der­wahl ist nicht zu­läs­sig.

(2) Die Amts­zeit der Rich­ter en­det mit Vollen­dung des 70. Le­bens­jahrs.

(3) Die Rich­ter blei­ben bis zum Amts­an­tritt ih­rer Nach­fol­ger im Amt. Sie blei­ben je­doch in den Rechtssa­chen tä­tig, mit de­nen sie be­reits be­fasst sind.

(4) Ein Rich­ter kann nur ent­las­sen wer­den, wenn die an­de­ren Rich­ter mit Zwei­drit­tel­mehr­heit ent­schei­den, dass er die er­for­der­li­chen Vor­aus­set­zun­gen nicht mehr er­füllt.


1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 2 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 24 Kanzlei und Berichterstatter  

(1) Der Ge­richts­hof hat ei­ne Kanz­lei, de­ren Auf­ga­ben und Or­ga­ni­sa­ti­on in der Ver­fah­rens­ord­nung des Ge­richts­hofs fest­ge­legt wer­den.

(2) Wenn der Ge­richts­hof in Ein­zel­rich­ter­be­set­zung tagt, wird er von Be­richt­er­stat­tern un­ter­stützt, die ih­re Auf­ga­ben un­ter der Auf­sicht des Prä­si­den­ten des Ge­richts­hofs aus­üben. Sie ge­hö­ren der Kanz­lei des Ge­richts­hofs an.


1 Ur­sprüng­lich: Art. 25. Fas­sung ge­mä­ss Art. 4 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 25 Plenum  

Das Ple­num des Ge­richts­hofs

a)
wählt sei­nen Prä­si­den­ten und einen oder zwei Vi­ze­prä­si­den­ten für drei Jah­re; ih­re Wie­der­wahl ist zu­läs­sig;
b)
bil­det Kam­mern für einen be­stimm­ten Zeit­raum;
c)
wählt die Prä­si­den­ten der Kam­mern des Ge­richts­hofs; ih­re Wie­der­wahl ist zu­läs­sig;
d)
be­schliesst die Ver­fah­rens­ord­nung des Ge­richts­hofs;
e)
wählt den Kanz­ler und einen oder meh­re­re stell­ver­tre­ten­de Kanz­ler;
f)3
stellt An­trä­ge nach Ar­ti­kel 26 Ab­satz 2.

1 Ur­sprüng­lich: Art. 26.
2 Fas­sung ge­mä­ss Art. 5 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).
3 Ein­ge­fügt durch Art. 5 Ziff. 3 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 26 Einzelrichterbesetzung, Ausschüsse, Kammern und Grosse Kammer  

(1) Zur Prü­fung der Rechtssa­chen, die bei ihm an­hän­gig ge­macht wer­den, tagt der Ge­richts­hof in Ein­zel­rich­ter­be­set­zung, in Aus­schüs­sen mit drei Rich­tern, in Kam­mern mit sie­ben Rich­tern und in ei­ner Gros­sen Kam­mer mit 17 Rich­tern. Die Kam­mern des Ge­richts­hofs bil­den die Aus­schüs­se für einen be­stimm­ten Zeit­raum.

(2) Auf An­trag des Plen­ums des Ge­richts­hofs kann die An­zahl Rich­ter je Kam­mer für einen be­stimm­ten Zeit­raum durch ein­stim­mi­gen Be­schluss des Mi­nis­ter­ko­mi­tees auf fünf her­ab­ge­setzt wer­den.

(3) Ein Rich­ter, der als Ein­zel­rich­ter tagt, prüft kei­ne Be­schwer­de ge­gen die Ho­he Ver­trags­par­tei, für die er ge­wählt wor­den ist.

(4) Der Kam­mer und der Gros­sen Kam­mer ge­hört von Amts we­gen der für ei­ne als Par­tei be­tei­lig­te Ho­he Ver­trags­par­tei ge­wähl­te Rich­ter an. Wenn ein sol­cher nicht vor­han­den ist oder er an den Sit­zun­gen nicht teil­neh­men kann, nimmt ei­ne Per­son in der Ei­gen­schaft ei­nes Rich­ters an den Sit­zun­gen teil, die der Prä­si­dent des Ge­richts­hofs aus ei­ner Lis­te aus­wählt, wel­che ihm die be­tref­fen­de Ver­trags­par­tei vor­ab un­ter­brei­tet hat.

(5) Der Gros­sen Kam­mer ge­hö­ren fer­ner der Prä­si­dent des Ge­richts­hofs, die Vi­ze­prä­si­den­ten, die Prä­si­den­ten der Kam­mern und an­de­re nach der Ver­fah­rens­ord­nung des Ge­richts­hofs aus­ge­wähl­te Rich­ter an. Wird ei­ne Rechtssa­che nach Ar­ti­kel 43 an die Gros­se Kam­mer ver­wie­sen, so dür­fen Rich­ter der Kam­mer, die das Ur­teil ge­fällt hat, der Gros­sen Kam­mer nicht an­ge­hö­ren; das gilt nicht für den Prä­si­den­ten der Kam­mer und den Rich­ter, wel­cher in der Kam­mer für die als Par­tei be­tei­lig­te Ho­he Ver­trags­par­tei mit­ge­wirkt hat.


1 Ur­sprüng­lich: Art. 27. Fas­sung ge­mä­ss Art. 6 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 27 Befugnisse des Einzelrichters  

(1) Ein Ein­zel­rich­ter kann ei­ne nach Ar­ti­kel 34 er­ho­be­ne Be­schwer­de für un­zu­läs­sig er­klä­ren oder im Re­gis­ter strei­chen, wenn ei­ne sol­che Ent­schei­dung oh­ne wei­te­re Prü­fung ge­trof­fen wer­den kann.

(2) Die Ent­schei­dung ist end­gül­tig.

(3) Er­klärt der Ein­zel­rich­ter ei­ne Be­schwer­de nicht für un­zu­läs­sig und streicht er sie auch nicht im Re­gis­ter des Ge­richts­hofs, so über­mit­telt er sie zur wei­te­ren Prü­fung an einen Aus­schuss oder ei­ne Kam­mer.


1 Ein­ge­fügt durch Art. 7 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 28 Befugnisse der Ausschüsse  

(1) Ein Aus­schuss, der mit ei­ner nach Ar­ti­kel 34 er­ho­be­nen Be­schwer­de be­fasst wird, kann die­se durch ein­stim­mi­gen Be­schluss:

a)
für un­zu­läs­sig er­klä­ren oder im Re­gis­ter strei­chen, wenn ei­ne sol­che Ent­schei­dung oh­ne wei­te­re Prü­fung ge­trof­fen wer­den kann; oder
b)
für zu­läs­sig er­klä­ren und zu­gleich ein Ur­teil über die Be­grün­det­heit fäl­len, so­fern die der Rechtssa­che zu­grun­de lie­gen­de Fra­ge der Aus­le­gung oder An­wen­dung die­ser Kon­ven­ti­on oder der Pro­to­kol­le da­zu Ge­gen­stand ei­ner ge­fes­tig­ten Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs ist.

(2) Die Ent­schei­dun­gen und Ur­tei­le nach Ab­satz 1 sind end­gül­tig.

(3) Ist der für die als Par­tei be­tei­lig­te Ho­he Ver­trags­par­tei ge­wähl­te Rich­ter nicht Mit­glied des Aus­schus­ses, so kann er von Letz­te­rem je­der­zeit wäh­rend des Ver­fah­rens ein­ge­la­den wer­den, den Sitz ei­nes Mit­glieds im Aus­schuss ein­zu­neh­men; der Aus­schuss hat da­bei al­le er­heb­li­chen Um­stän­de ein­sch­liess­lich der Fra­ge, ob die­se Ver­trags­par­tei der An­wen­dung des Ver­fah­rens nach Ab­satz 1 Buch­sta­be b ent­ge­gen­ge­tre­ten ist, zu be­rück­sich­ti­gen.


1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 8 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 29 Entscheidungen der Kammern über die Zulässigkeit und Begründetheit  

(1) Er­geht we­der ei­ne Ent­schei­dung nach Ar­ti­kel 27 oder 28 noch ein Ur­teil nach Ar­ti­kel 28, so ent­schei­det ei­ne Kam­mer über die Zu­läs­sig­keit und Be­grün­det­heit der nach Ar­ti­kel 34 er­ho­be­nen Be­schwer­den. Die Ent­schei­dung über die Zu­läs­sig­keit kann ge­son­dert er­ge­hen.1

(2) Ei­ne Kam­mer ent­schei­det über die Zu­läs­sig­keit und Be­grün­det­heit der nach Ar­ti­kel 33 er­ho­be­nen Staa­ten­be­schwer­den. Die Ent­schei­dung über die Zu­läs­sig­keit er­geht ge­son­dert, so­fern der Ge­richts­hof in Aus­nah­me­fäl­len nicht an­ders ent­schei­det.2

(3) …3


1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 9 Ziff. 1 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).
2 Satz ein­ge­fügt durch Art. 9 Ziff. 2 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).
3 Auf­ge­ho­ben durch Art. 9 Ziff. 3 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und mit Wir­kung seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 30 Abgabe der Rechtssache an die Grosse Kammer  

Wirft ei­ne bei ei­ner Kam­mer an­hän­gi­ge Rechtssa­che ei­ne schwer­wie­gen­de Fra­ge der Aus­le­gung die­ser Kon­ven­ti­on oder der Pro­to­kol­le da­zu auf oder kann die Ent­schei­dung ei­ner ihr vor­lie­gen­den Fra­ge zu ei­ner Ab­wei­chung von ei­nem frü­he­ren Ur­teil des Ge­richts­hofs füh­ren, so kann die Kam­mer die­se Sa­che je­der­zeit, be­vor sie ihr Ur­teil ge­fällt hat, an die Gros­se Kam­mer ab­ge­ben, so­fern nicht ei­ne Par­tei wi­der­spricht.

Art. 31 Befugnisse der Grossen Kammer  

Die Gros­se Kam­mer:

a)
ent­schei­det über nach Ar­ti­kel 33 oder Ar­ti­kel 34 er­ho­be­ne Be­schwer­den, wenn ei­ne Kam­mer die Rechtssa­che nach Ar­ti­kel 30 an sie ab­ge­ge­ben hat oder wenn die Sa­che nach Ar­ti­kel 43 an sie ver­wie­sen wor­den ist;
b)1
ent­schei­det über Fra­gen, mit de­nen der Ge­richts­hof durch das Mi­nis­ter­ko­mi­tee nach Ar­ti­kel 46 Ab­satz 4 be­fasst wird; und
c)2
be­han­delt An­trä­ge nach Ar­ti­kel 47 auf Er­stat­tung von Gut­ach­ten.

1 Ein­ge­fügt durch Art. 10 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).
2 Ur­sprüng­lich: Bst. b.

Art. 32 Zuständigkeit des Gerichtshofs  

(1) Die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs um­fasst al­le die Aus­le­gung und An­wen­dung die­ser Kon­ven­ti­on und der Pro­to­kol­le da­zu be­tref­fen­den An­ge­le­gen­hei­ten, mit de­nen er nach den Ar­ti­keln 33, 34, 46 und 47 be­fasst wird.1

(2) Be­steht Streit über die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs, so ent­schei­det der Ge­richts­hof.


1 Be­rei­nigt ge­mä­ss Art. 11 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 33 Staatenbeschwerden  

Je­de Ho­he Ver­trags­par­tei kann den Ge­richts­hof we­gen je­der be­haup­te­ten Ver­let­zung die­ser Kon­ven­ti­on und der Pro­to­kol­le da­zu durch ei­ne an­de­re Ho­he Ver­trags­par­tei an­ru­fen.

Art. 34 Individualbeschwerden  

Der Ge­richts­hof kann von je­der na­tür­li­chen Per­son, nicht­staat­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­on oder Per­so­nen­grup­pe, die be­haup­tet, durch ei­ne der Ho­hen Ver­trags­par­tei­en in ei­nem der in die­ser Kon­ven­ti­on oder den Pro­to­kol­len da­zu an­er­kann­ten Rech­te ver­letzt zu sein, mit ei­ner Be­schwer­de be­fasst wer­den. Die Ho­hen Ver­trags­par­tei­en ver­pflich­ten sich, die wirk­sa­me Aus­übung die­ses Rechts nicht zu be­hin­dern.

Art. 35 Zulässigkeitsvoraussetzungen  

(1) Der Ge­richts­hof kann sich mit ei­ner An­ge­le­gen­heit erst nach Er­schöp­fung al­ler in­ner­staat­li­chen Rechts­be­hel­fe in Über­ein­stim­mung mit den all­ge­mein an­er­kann­ten Grund­sät­zen des Völ­ker­rechts und nur in­ner­halb ei­ner Frist von sechs Mo­na­ten nach der end­gül­ti­gen in­ner­staat­li­chen Ent­schei­dung be­fas­sen.

(2) Der Ge­richts­hof be­fasst sich nicht mit ei­ner nach Ar­ti­kel 34 er­ho­be­nen In­di­vi­du­al­be­schwer­de, die

a)
an­onym ist oder
b)
im We­sent­li­chen mit ei­ner schon vor­her vom Ge­richts­hof ge­prüf­ten Be­schwer­de über­ein­stimmt oder schon ei­ner an­de­ren in­ter­na­tio­na­len Un­ter­su­chungs- oder Ver­gleichs­in­stanz un­ter­brei­tet wor­den ist und kei­ne neu­en Tat­sa­chen ent­hält.

(3) Der Ge­richts­hof er­klärt ei­ne nach Ar­ti­kel 34 er­ho­be­ne In­di­vi­du­al­be­schwer­de für un­zu­läs­sig:

a)
wenn er sie für un­ver­ein­bar mit die­ser Kon­ven­ti­on oder den Pro­to­kol­len da­zu, für of­fen­sicht­lich un­be­grün­det oder für miss­bräuch­lich hält; oder
b)
wenn er der An­sicht ist, dass dem Be­schwer­de­füh­rer kein er­heb­li­cher Nach­teil ent­stan­den ist, es sei denn, die Ach­tung der Men­schen­rech­te, wie sie in die­ser Kon­ven­ti­on und den Pro­to­kol­len da­zu an­er­kannt sind, er­for­dert ei­ne Prü­fung der Be­grün­det­heit der Be­schwer­de, und vor­aus­ge­setzt, es wird aus die­sem Grund nicht ei­ne Rechtssa­che zu­rück­ge­wie­sen, die noch von kei­nem in­ner­staat­li­chen Ge­richt ge­büh­rend ge­prüft wor­den ist.1

(4) Der Ge­richts­hof weist ei­ne Be­schwer­de zu­rück, die er nach die­sem Ar­ti­kel für un­zu­läs­sig hält. Er kann dies in je­dem Sta­di­um des Ver­fah­rens tun.


1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 12 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 36 Beteiligung Dritter  

(1) In al­len bei ei­ner Kam­mer oder der Gros­sen Kam­mer an­hän­gi­gen Rechtssa­chen ist die Ho­he Ver­trags­par­tei, de­ren Staats­an­ge­hö­rig­keit der Be­schwer­de­füh­rer be­sitzt, be­rech­tigt, schrift­li­che Stel­lung­nah­men ab­zu­ge­ben und an den münd­li­chen Ver­hand­lun­gen teil­zu­neh­men.

(2) Im In­ter­es­se der Rechts­pfle­ge kann der Prä­si­dent des Ge­richts­hofs je­der Ho­hen Ver­trags­par­tei, die in dem Ver­fah­ren nicht Par­tei ist, oder je­der be­trof­fe­nen Per­son, die nicht Be­schwer­de­füh­rer ist, Ge­le­gen­heit ge­ben, schrift­lich Stel­lung zu neh­men oder an den münd­li­chen Ver­hand­lun­gen teil­zu­neh­men.

(3) In al­len bei ei­ner Kam­mer oder der Gros­sen Kam­mer an­hän­gi­gen Rechtssa­chen kann der Kom­missar für Men­schen­rech­te des Eu­ro­pa­rats schrift­li­che Stel­lung­nah­men ab­ge­ben und an den münd­li­chen Ver­hand­lun­gen teil­neh­men.1


1 Ein­ge­fügt durch Art. 13 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 37 Streichung von Beschwerden  

(1) Der Ge­richts­hof kann je­der­zeit wäh­rend des Ver­fah­rens ent­schei­den, ei­ne Be­schwer­de in sei­nem Re­gis­ter zu strei­chen, wenn die Um­stän­de Grund zur An­nah­me ge­ben, dass

a)
der Be­schwer­de­füh­rer sei­ne Be­schwer­de nicht wei­ter­zu­ver­fol­gen be­ab­sich­tigt,
b)
die Strei­tig­keit ei­ner Lö­sung zu­ge­führt wor­den ist oder
c)
ei­ne wei­te­re Prü­fung der Be­schwer­de aus an­de­ren vom Ge­richts­hof fest­ge­stell­ten Grün­den nicht ge­recht­fer­tigt ist.

Der Ge­richts­hof setzt je­doch die Prü­fung der Be­schwer­de fort, wenn die Ach­tung der Men­schen­rech­te, wie sie in die­ser Kon­ven­ti­on und den Pro­to­kol­len da­zu an­er­kannt sind, dies er­for­dert.

(2) Der Ge­richts­hof kann die Wie­der­ein­tra­gung ei­ner Be­schwer­de in sein Re­gis­ter an­ord­nen, wenn er dies den Um­stän­den nach für ge­recht­fer­tigt hält.

Art. 38 Prüfung der Rechtssache  

Der Ge­richts­hof prüft die Rechtssa­che mit den Ver­tre­tern der Par­tei­en und nimmt, falls er­for­der­lich, Er­mitt­lun­gen vor; die be­tref­fen­den Ho­hen Ver­trags­par­tei­en ha­ben al­le zur wirk­sa­men Durch­füh­rung der Er­mitt­lun­gen er­for­der­li­chen Er­leich­te­run­gen zu ge­wäh­ren.


1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 14 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 39 Gütliche Einigung  

(1) Der Ge­richts­hof kann sich je­der­zeit wäh­rend des Ver­fah­rens zur Ver­fü­gung der Par­tei­en hal­ten mit dem Ziel, ei­ne güt­li­che Ei­ni­gung auf der Grund­la­ge der Ach­tung der Men­schen­rech­te, wie sie in die­ser Kon­ven­ti­on und den Pro­to­kol­len da­zu an­er­kannt sind, zu er­rei­chen.

(2) Das Ver­fah­ren nach Ab­satz 1 ist ver­trau­lich.

(3) Im Fall ei­ner güt­li­chen Ei­ni­gung streicht der Ge­richts­hof durch ei­ne Ent­schei­dung, die sich auf ei­ne kur­ze An­ga­be des Sach­ver­halts und der er­ziel­ten Lö­sung be­schränkt, die Rechtssa­che in sei­nem Re­gis­ter.

(4) Die­se Ent­schei­dung ist dem Mi­nis­ter­ko­mi­tee zu­zu­lei­ten; die­ses über­wacht die Durch­füh­rung der güt­li­chen Ei­ni­gung, wie sie in der Ent­schei­dung fest­ge­hal­ten wird.


1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 15 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 40 Öffentliche Verhandlung und Akteneinsicht  

(1) Die Ver­hand­lung ist öf­fent­lich, so­weit nicht der Ge­richts­hof auf Grund be­son­de­rer Um­stän­de an­ders ent­schei­det.

(2) Die beim Kanz­ler ver­wahr­ten Schrift­stücke sind der Öf­fent­lich­keit zu­gäng­lich, so­weit nicht der Prä­si­dent des Ge­richts­hofs an­ders ent­schei­det.

Art. 41 Gerechte Entschädigung  

Stellt der Ge­richts­hof fest, dass die­se Kon­ven­ti­on oder die Pro­to­kol­le da­zu ver­letzt wor­den sind, und ge­stat­tet das in­ner­staat­li­che Recht der Ho­hen Ver­trags­par­tei nur ei­ne un­voll­kom­me­ne Wie­der­gut­ma­chung für die Fol­gen die­ser Ver­let­zung, so spricht der Ge­richts­hof der ver­letz­ten Par­tei ei­ne ge­rech­te Ent­schä­di­gung zu, wenn dies not­wen­dig ist.

Art. 42 Urteile der Kammern  

Ur­tei­le der Kam­mern wer­den nach Mass­ga­be des Ar­ti­kels 44 Ab­satz 2 end­gül­tig.

Art. 43 Verweisung an die Grosse Kammer  

(1) In­ner­halb von drei Mo­na­ten nach dem Da­tum des Ur­teils der Kam­mer kann je­de Par­tei in Aus­nah­me­fäl­len die Ver­wei­sung der Rechtssa­che an die Gros­se Kam­mer be­an­tra­gen.

(2) Ein Aus­schuss von fünf Rich­tern der Gros­sen Kam­mer nimmt den An­trag an, wenn die Rechtssa­che ei­ne schwer­wie­gen­de Fra­ge der Aus­le­gung oder An­wen­dung die­ser Kon­ven­ti­on oder der Pro­to­kol­le da­zu oder ei­ne schwer­wie­gen­de Fra­ge von all­ge­mei­ner Be­deu­tung auf­wirft.

(3) Nimmt der Aus­schuss den An­trag an, so ent­schei­det die Gros­se Kam­mer die Sa­che durch Ur­teil.

Art. 44 Endgültige Urteile  

(1) Das Ur­teil der Gros­sen Kam­mer ist end­gül­tig.

(2) Das Ur­teil ei­ner Kam­mer wird end­gül­tig,

a)
wenn die Par­tei­en er­klä­ren, dass sie die Ver­wei­sung der Rechtssa­che an die Gros­se Kam­mer nicht be­an­tra­gen wer­den,
b)
drei Mo­na­te nach dem Da­tum des Ur­teils, wenn nicht die Ver­wei­sung der Rechtssa­che an die Gros­se Kam­mer be­an­tragt wor­den ist, oder
c)
wenn der Aus­schuss der Gros­sen Kam­mer den An­trag auf Ver­wei­sung nach Ar­ti­kel 43 ab­ge­lehnt hat.

(3) Das end­gül­ti­ge Ur­teil wird ver­öf­fent­licht.

Art. 45 Begründung der Urteile und Entscheidungen  

(1) Ur­tei­le so­wie Ent­schei­dun­gen, mit de­nen Be­schwer­den für zu­läs­sig oder für un­zu­läs­sig er­klärt wer­den, wer­den be­grün­det.

(2) Bringt ein Ur­teil ganz oder teil­wei­se nicht die über­ein­stim­men­de Mei­nung der Rich­ter zum Aus­druck, so ist je­der Rich­ter be­rech­tigt, sei­ne ab­wei­chen­de Mei­nung dar­zu­le­gen.

Art. 46 Verbindlichkeit und Vollzug der Urteile  

(1) Die Ho­hen Ver­trags­par­tei­en ver­pflich­ten sich, in al­len Rechtssa­chen, in de­nen sie Par­tei sind, das end­gül­ti­ge Ur­teil des Ge­richts­hofs zu be­fol­gen.

(2) Das end­gül­ti­ge Ur­teil des Ge­richts­hofs ist dem Mi­nis­ter­ko­mi­tee zu­zu­lei­ten; die­ses über­wacht sei­nen Voll­zug.

(3) Wird die Über­wa­chung des Voll­zugs ei­nes end­gül­ti­gen Ur­teils nach Auf­fas­sung des Mi­nis­ter­ko­mi­tees durch ei­ne Fra­ge be­tref­fend die Aus­le­gung die­ses Ur­teils be­hin­dert, so kann das Mi­nis­ter­ko­mi­tee den Ge­richts­hof an­ru­fen, da­mit er über die­se Aus­le­gungs­fra­ge ent­schei­det. Der Be­schluss des Mi­nis­ter­ko­mi­tees, den Ge­richts­hof an­zu­ru­fen, be­darf der Zwei­drit­tel­mehr­heit der Stim­men der zur Teil­nah­me an den Sit­zun­gen des Ko­mi­tees be­rech­tig­ten Mit­glie­der.

(4) Wei­gert sich ei­ne Ho­he Ver­trags­par­tei nach Auf­fas­sung des Mi­nis­ter­ko­mi­tees, in ei­ner Rechtssa­che, in der sie Par­tei ist, ein end­gül­ti­ges Ur­teil des Ge­richts­hofs zu be­fol­gen, so kann das Mi­nis­ter­ko­mi­tee, nach­dem es die be­tref­fen­de Par­tei ge­mahnt hat, durch einen mit Zwei­drit­tel­mehr­heit der Stim­men der zur Teil­nah­me an den Sit­zun­gen des Ko­mi­tees be­rech­tig­ten Mit­glie­der ge­fass­ten Be­schluss den Ge­richts­hof mit der Fra­ge be­fas­sen, ob die­se Par­tei ih­rer Ver­pflich­tung nach Ab­satz 1 nach­ge­kom­men ist.

(5) Stellt der Ge­richts­hof ei­ne Ver­let­zung des Ab­sat­zes 1 fest, so weist er die Rechtssa­che zur Prü­fung der zu tref­fen­den Mass­nah­men an das Mi­nis­ter­ko­mi­tee zu­rück. Stellt der Ge­richts­hof fest, dass kei­ne Ver­let­zung des Ab­sat­zes 1 vor­liegt, so weist er die Rechtssa­che an das Mi­nis­ter­ko­mi­tee zu­rück; die­ses be­schliesst die Ein­stel­lung sei­ner Prü­fung.


1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 16 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).

Art. 47 Gutachten  

(1) Der Ge­richts­hof kann auf An­trag des Mi­nis­ter­ko­mi­tees Gut­ach­ten über Rechts­fra­gen er­stat­ten, wel­che die Aus­le­gung die­ser Kon­ven­ti­on und der Pro­to­kol­le da­zu be­tref­fen.

(2) Die­se Gut­ach­ten dür­fen kei­ne Fra­gen zum Ge­gen­stand ha­ben, die sich auf den In­halt oder das Aus­mass der in Ab­schnitt I die­ser Kon­ven­ti­on und in den Pro­to­kol­len da­zu an­er­kann­ten Rech­te und Frei­hei­ten be­zie­hen, noch an­de­re Fra­gen, über die der Ge­richts­hof oder das Mi­nis­ter­ko­mi­tee auf Grund ei­nes nach die­ser Kon­ven­ti­on ein­ge­lei­te­ten Ver­fah­rens zu ent­schei­den ha­ben könn­te.

(3) Der Be­schluss des Mi­nis­ter­ko­mi­tees, ein Gut­ach­ten beim Ge­richts­hof zu be­an­tra­gen, be­darf der Mehr­heit der Stim­men der zur Teil­nah­me an den Sit­zun­gen des Ko­mi­tees be­rech­tig­ten Mit­glie­der.

Art. 48 Gutachterliche Zuständigkeit des Gerichtshofs  

Der Ge­richts­hof ent­schei­det, ob ein vom Mi­nis­ter­ko­mi­tee ge­stell­ter An­trag auf Er­stat­tung ei­nes Gut­ach­tens in sei­ne Zu­stän­dig­keit nach Ar­ti­kel 47 fällt.

Art. 49 Begründung der Gutachten  

(1) Die Gut­ach­ten des Ge­richts­hofs wer­den be­grün­det.

(2) Bringt das Gut­ach­ten ganz oder teil­wei­se nicht die über­ein­stim­men­de Mei­nung der Rich­ter zum Aus­druck, so ist je­der Rich­ter be­rech­tigt, sei­ne ab­wei­chen­de Mei­nung dar­zu­le­gen.

(3) Die Gut­ach­ten des Ge­richts­hofs wer­den dem Mi­nis­ter­ko­mi­tee über­mit­telt.

Art. 50 Kosten des Gerichtshofs  

Die Kos­ten des Ge­richts­hofs wer­den vom Eu­ro­pa­rat ge­tra­gen.

Art. 51 Privilegien und Immunitäten der Richter  

Die Rich­ter ge­nies­sen bei der Aus­übung ih­res Am­tes die Pri­vi­le­gi­en und Im­mu­ni­tä­ten, die in Ar­ti­kel 40 der Sat­zung des Eu­ro­pa­rats1 und den auf­grund je­nes Ar­ti­kels ge­schlos­se­nen Über­ein­künf­ten vor­ge­se­hen sind.


Abschnitt III: Verschiedene Bestimmungen

Art. 52 Anfragen des Generalsekretärs  

Auf An­fra­ge des Ge­ne­ral­se­kre­tärs des Eu­ro­pa­rats er­läu­tert je­de Ho­he Ver­trags­par­tei, auf wel­che Wei­se die wirk­sa­me An­wen­dung al­ler Be­stim­mun­gen die­ser Kon­ven­ti­on in ih­rem in­ner­staat­li­chen Recht ge­währ­leis­tet wird.

Art. 53 Wahrung anerkannter Menschenrechte  

Die­se Kon­ven­ti­on ist nicht so aus­zu­le­gen, als be­schrän­ke oder be­ein­träch­ti­ge sie Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten, die in den Ge­set­zen ei­ner Ho­hen Ver­trags­par­tei oder in ei­ner an­de­ren Über­ein­kunft, de­ren Ver­trags­par­tei sie ist, an­er­kannt wer­den.

Art. 54 Befugnisse des Ministerkomitees  

Die­se Kon­ven­ti­on be­rührt nicht die dem Mi­nis­ter­ko­mi­tee durch die Sat­zung des Eu­ro­pa­rats1 über­tra­ge­nen Be­fug­nis­se.


Art. 55 Ausschluss anderer Verfahren zur Streitbeilegung  

Die Ho­hen Ver­trags­par­tei­en kom­men über­ein, dass sie sich vor­be­halt­lich be­son­de­rer Ver­ein­ba­rung nicht auf die zwi­schen ih­nen gel­ten­den Ver­trä­ge, sons­ti­gen Über­ein­künf­te oder Er­klä­run­gen be­ru­fen wer­den, um ei­ne Strei­tig­keit über die Aus­le­gung oder An­wen­dung die­ser Kon­ven­ti­on ei­nem an­de­ren als den in der Kon­ven­ti­on vor­ge­se­he­nen Be­schwer­de­ver­fah­ren zur Bei­le­gung zu un­ter­stel­len.

Art. 56 Räumlicher Geltungsbereich  

(1) Je­der Staat kann bei der Ra­ti­fi­ka­ti­on oder je­der­zeit da­nach durch ei­ne an den Ge­ne­ral­se­kre­tär des Eu­ro­pa­rats ge­rich­te­te No­ti­fi­ka­ti­on er­klä­ren, dass die­se Kon­ven­ti­on vor­be­halt­lich des Ab­sat­zes 4 auf al­le oder ein­zel­ne Ho­heits­ge­bie­te An­wen­dung fin­det, für de­ren in­ter­na­tio­na­le Be­zie­hun­gen er ver­ant­wort­lich ist.

(2) Die Kon­ven­ti­on fin­det auf je­des in der Er­klä­rung be­zeich­ne­te Ho­heits­ge­biet ab dem dreis­sigs­ten Tag nach Ein­gang der No­ti­fi­ka­ti­on beim Ge­ne­ral­se­kre­tär des Eu­ro­pa­rats An­wen­dung.

(3) In den ge­nann­ten Ho­heits­ge­bie­ten wird die­se Kon­ven­ti­on un­ter Be­rück­sich­ti­gung der ört­li­chen Not­wen­dig­kei­ten an­ge­wen­det.

(4) Je­der Staat, der ei­ne Er­klä­rung nach Ab­satz 1 ab­ge­ge­ben hat, kann je­der­zeit da­nach für ei­nes oder meh­re­re der in der Er­klä­rung be­zeich­ne­ten Ho­heits­ge­bie­te er­klä­ren, dass er die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs für die Ent­ge­gen­nah­me von Be­schwer­den von na­tür­li­chen Per­so­nen, nicht­staat­li­chen Or­ga­ni­sa­tio­nen oder Per­so­nen­grup­pen nach Ar­ti­kel 34 an­er­kennt.

Art. 57 Vorbehalte  

(1) Je­der Staat kann bei der Un­ter­zeich­nung die­ser Kon­ven­ti­on oder bei der Hin­ter­le­gung sei­ner Ra­ti­fi­ka­ti­ons­ur­kun­de einen Vor­be­halt zu ein­zel­nen Be­stim­mun­gen der Kon­ven­ti­on an­brin­gen, so­weit ein zu die­ser Zeit in sei­nem Ho­heits­ge­biet gel­ten­des Ge­setz mit der be­tref­fen­den Be­stim­mung nicht über­ein­stimmt. Vor­be­hal­te all­ge­mei­ner Art sind nach die­sem Ar­ti­kel nicht zu­läs­sig.

(2) Je­der nach die­sem Ar­ti­kel an­ge­brach­te Vor­be­halt muss mit ei­ner kur­z­en Dar­stel­lung des be­tref­fen­den Ge­set­zes ver­bun­den sein.

Art. 58 Kündigung  

(1) Ei­ne Ho­he Ver­trags­par­tei kann die­se Kon­ven­ti­on frü­he­s­tens fünf Jah­re nach dem Tag, an dem sie Ver­trags­par­tei ge­wor­den ist, un­ter Ein­hal­tung ei­ner Kün­di­gungs­frist von sechs Mo­na­ten durch ei­ne an den Ge­ne­ral­se­kre­tär des Eu­ro­pa­rats ge­rich­te­te No­ti­fi­ka­ti­on kün­di­gen; die­ser un­ter­rich­tet die an­de­ren Ho­hen Ver­trags­par­tei­en.

(2) Die Kün­di­gung be­freit die Ho­he Ver­trags­par­tei nicht von ih­ren Ver­pflich­tun­gen aus die­ser Kon­ven­ti­on in Be­zug auf Hand­lun­gen, die sie vor dem Wirk­sam­wer­den der Kün­di­gung vor­ge­nom­men hat und die mög­li­cher­wei­se ei­ne Ver­let­zung die­ser Ver­pflich­tun­gen dar­stel­len.

(3) Mit der­sel­ben Mass­ga­be schei­det ei­ne Ho­he Ver­trags­par­tei, de­ren Mit­glied­schaft im Eu­ro­pa­rat en­det, als Ver­trags­par­tei die­ser Kon­ven­ti­on aus.

(4) Die Kon­ven­ti­on kann in Be­zug auf je­des Ho­heits­ge­biet, auf das sie durch ei­ne Er­klä­rung nach Ar­ti­kel 56 an­wend­bar ge­wor­den ist, nach den Ab­sät­zen 1 bis 3 ge­kün­digt wer­den

Art. 59 Unterzeichnung und Ratifikation  

(1) Die­se Kon­ven­ti­on liegt für die Mit­glie­der des Eu­ro­pa­rats zur Un­ter­zeich­nung auf. Sie be­darf der Ra­ti­fi­ka­ti­on. Die Ra­ti­fi­ka­ti­ons­ur­kun­den wer­den beim Ge­ne­ral­se­kre­tär des Eu­ro­pa­rats hin­ter­legt.

(2) Die Eu­ro­päi­sche Uni­on kann die­ser Kon­ven­ti­on bei­tre­ten.1

(3) Die­se Kon­ven­ti­on tritt nach Hin­ter­le­gung von zehn Ra­ti­fi­ka­ti­ons­ur­kun­den in Kraft.2

(4) Für je­den Un­ter­zeich­ner, der die Kon­ven­ti­on spä­ter ra­ti­fi­ziert, tritt sie mit der Hin­ter­le­gung sei­ner Ra­ti­fi­ka­ti­ons­ur­kun­de in Kraft.3

(5) Der Ge­ne­ral­se­kre­tär des Eu­ro­pa­rats no­ti­fi­ziert al­len Mit­glie­dern des Eu­ro­pa­rats das In­kraft­tre­ten der Kon­ven­ti­on, die Na­men der Ho­hen Ver­trags­par­tei­en, die sie ra­ti­fi­ziert ha­ben, und je­de spä­te­re Hin­ter­le­gung ei­ner Ra­ti­fi­ka­ti­ons­ur­kun­de.4

Ge­sche­hen zu Rom am 4. No­vem­ber 1950 in eng­li­scher und fran­zö­si­scher Spra­che, wo­bei je­der Wort­laut glei­cher­mas­sen ver­bind­lich ist, in ei­ner Ur­schrift, die im Ar­chiv des Eu­ro­pa­rats hin­ter­legt wird. Der Ge­ne­ral­se­kre­tär über­mit­telt al­len Un­ter­zeich­nern be­glau­big­te Ab­schrif­ten.

(Es fol­gen die Un­ter­schrif­ten)


1 Ein­ge­fügt durch Art. 17 des Prot. Nr. 14 vom 13. Mai 2004, von der BVers ge­neh­migt am 16. Dez. 2005 und in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2009 3067 3065, 2010 1241; BBl 2005 2119).
2 Ur­sprüng­lich: Abs. 2.
3 Ur­sprüng­lich: Abs. 3.
4 Ur­sprüng­lich: Abs. 4.

Geltungsbereich am 23. Februar 2012

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