Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern
vom 19. Oktober 1977 (Stand am 20. Juni 2017)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf Artikel 316 Absatz 2 des Zivilgesetzbuches2 (ZGB) und auf Artikel 30 Absatz 2 des Ausländer- und Integrationsgesetzes3 vom 16. Dezember 20054 sowie in Ausführung des Übereinkommens vom 20. November 19895 über die Rechte des Kindes und des Haager Kindesschutzübereinkommens vom 19. Oktober 19966,7
verordnet:
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Grundsätze
1Die Aufnahme von Minderjährigen2 ausserhalb des Elternhauses bedarf gemäss dieser Verordnung einer Bewilligung und untersteht der Aufsicht.
2Unabhängig von der Bewilligungspflicht kann die Aufnahme untersagt werden, wenn die beteiligten Personen erzieherisch, charakterlich oder gesundheitlich ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind oder die Verhältnisse offensichtlich nicht genügen.
3Vorbehalten bleiben
- a.3
- die Befugnisse der Eltern, der Kindesschutzbehörde und der Jugendstrafrechtspflege;
- b.
- die Bestimmungen des öffentlichen Rechts zum Schutz der Minderjährigen, insbesondere über die Bekämpfung der Tuberkulose.
4Keine Bewilligung ist erforderlich für die Betreuung und Vermittlung im Rahmen von Schüleraustauschprogrammen, Au-pair-Einsätzen sowie vergleichbaren Aufenthalten ausserhalb des Elternhauses, die nicht behördlich angeordnet werden.4
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
2 Ausdruck gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801). Die Anpassung wurde im ganzen Text vorgenommen.
3 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
4 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
Art. 1a Kindeswohl
1Beim Entscheid über die Erteilung oder den Entzug einer Bewilligung sowie bei der Ausübung der Aufsicht ist vorrangig das Kindeswohl zu berücksichtigen.
2Die Kindesschutzbehörde sorgt dafür, dass das Kind, das in einer Pflegefamilie oder in einem Heim betreut wird:
- a.
- über seine Rechte, insbesondere Verfahrensrechte, entsprechend seinem Alter aufgeklärt wird;
- b.
- eine Vertrauensperson zugewiesen erhält, an die es sich bei Fragen oder Problemen wenden kann;
- c.
- an allen Entscheidungen, die einen wesentlichen Einfluss auf sein Leben haben, entsprechend seinem Alter beteiligt wird.
1 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
Art. 2 Zuständige Behörde
1Die für die Bewilligung oder die Entgegennahme von Meldungen und die Aufsicht zuständige Behörde (Behörde) ist:2
- a.
- im Bereich der Familien-, Heim- und Tagespflege die Kindesschutzbehörde am Ort der Unterbringung des Kindes;
- b.
- für Dienstleistungsangebote in der Familienpflege eine vom Kanton bezeichnete zentrale kantonale Behörde am Sitz oder im Wohnsitzkanton der Anbieterin oder des Anbieters.
2Die Kantone können die Aufgaben nach Absatz 1 Buchstabe a:
- a.
- im Bereich der Familien- und Heimpflege anderen geeigneten kantonalen oder kommunalen Behörden übertragen;
- b.
- im Bereich der Tagespflege anderen geeigneten kantonalen oder kommunalen Behörden oder Stellen übertragen.
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
2 Die Berichtigung vom 20. Juni 2017 betrifft nur den französischen Text (AS 2017 3543).
Art. 2a Internationale Verhältnisse
1Die zuständige Behörde kann eine befristete Platzierung von Pflegekindern in Familien oder Heimen im Ausland unter den folgenden Voraussetzungen anordnen:
- a.
- Sie hat eine Vertrauensperson in der Schweiz bezeichnet, an die sich das im Ausland betreute Kind bei Fragen oder Problemen wenden kann.
- b.
- Sie bezieht vor der Platzierung die zentrale Behörde des Kantons nach Artikel 2 des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 20072 über internationale Kindesentführung und die Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern und Erwachsenen ein und holt die Zustimmung der für die Platzierung zuständigen ausländischen Behörde ein.
- c.
- Die ausländischen Pflegefamilien oder Heime müssen über eine Bewilligung der zuständigen ausländischen Behörde verfügen und unter deren Aufsicht stehen.
2Findet das Kind Aufnahme bei Verwandten oder von seinen Eltern bezeichneten nahestehenden Personen mit Wohnsitz im Ausland, so kann von den Voraussetzungen im Einzelfall abgewichen werden, wenn die zuständige Behörde vorgängig abgeklärt hat, dass das Wohl des Kindes nicht gefährdet ist.
1 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
2 SR 211.222.32
Art. 3 Kantonales Recht
1Die Kantone sind befugt, zum Schutz von Minderjährigen, die ausserhalb des Elternhauses aufwachsen, Bestimmungen zu erlassen, die über diese Verordnung hinausgehen.
2Den Kantonen ist es vorbehalten, das Pflegekinderwesen zu fördern, insbesondere:
- a.1
- Massnahmen zu treffen zur Ausbildung, Weiterbildung und Beratung von Pflegeeltern und Fachpersonen sowie zur Vermittlung guter Pflegeplätze in Familien und Heimen;
- b.
- Muster für Pflegeverträge und Formulare für Gesuche und Meldungen zu erstellen, Richtlinien für die Festsetzung von Pflegegeldern zu erlassen und Merkblätter über die Rechte und Pflichten von Eltern und Pflegeeltern herauszugeben.
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
2. Abschnitt: Familienpflege
Art. 4 Bewilligungspflicht
1Wer ein Pflegekind in seinen Haushalt aufnehmen will, benötigt eine Bewilligung der Behörde, wenn das Kind:
- a.
- für mehr als einen Monat entgeltlich aufgenommen wird; oder
- b.
- für mehr als drei Monate unentgeltlich aufgenommen wird.
2Wer entgeltlich oder unentgeltlich Kinder regelmässig im Rahmen von Kriseninterventionen in seinen Haushalt aufnehmen will, benötigt unabhängig von der Dauer der Aufnahme eine Bewilligung.
3Die Bewilligungspflicht besteht auch, wenn das Kind:
- a.
- von einer Behörde untergebracht wird;
- b.
- das Wochenende nicht in der Pflegefamilie verbringt.
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
Art. 5 Allgemeine Voraussetzungen der Bewilligung
1Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn die Pflegeeltern und ihre Hausgenossen nach Persönlichkeit, Gesundheit und erzieherischer Eignung sowie nach den Wohnverhältnissen für gute Pflege, Erziehung und Ausbildung des Kindes Gewähr bieten und das Wohl anderer in der Pflegefamilie lebender Kinder nicht gefährdet wird.
1 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, mit Wirkung seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).
Art. 6 Aufnahme ausländischer Kinder
1Wird keine Adoption angestrebt, so kann ein ausländisches Kind, das bisher im Ausland gelebt hat, in der Schweiz nur aufgenommen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
2Die Pflegeeltern müssen eine schriftliche Erklärung des nach dem Recht des Herkunftslandes des Kindes zuständigen gesetzlichen Vertreters vorlegen, in der dieser angibt, zu welchem Zweck das Kind in der Schweiz untergebracht werden soll. Ist diese Erklärung nicht in einer schweizerischen Amtssprache abgefasst, so kann die Behörde eine Übersetzung verlangen.
3Die Pflegeeltern müssen sich schriftlich verpflichten, ohne Rücksicht auf die Entwicklung des Pflegeverhältnisses für den Unterhalt des Kindes in der Schweiz wie für den eines eigenen aufzukommen und dem Gemeinwesen die Kosten zu ersetzen, die es an ihrer Stelle für den Unterhalt des Kindes getragen hat.
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).
Art. 6a
Art. 6b Erleichterte Aufnahme ausländischer Kinder
Die Voraussetzungen nach Artikel 6 gelten nicht für die Aufnahme eines ausländischen Kindes, das bisher im Ausland gelebt hat, wenn:2
- a.
- seine Eltern eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung in der Schweiz besitzen;
- b.
- es auf Anordnung oder durch Vermittlung einer Bundesbehörde untergebracht wird.
1 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988, in Kraft seit 1. Jan. 1989 (AS 1989 54).
2 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).
Art. 7 Untersuchung
1Die Behörde hat die Verhältnisse in geeigneter Weise, vorab durch Hausbesuche und nötigenfalls unter Beizug von Sachverständigen, abzuklären.
1 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, mit Wirkung seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).
Art. 8 Bewilligung
1Die Pflegeeltern müssen die Bewilligung vor Aufnahme des Kindes einholen.
2Die Bewilligung wird ihnen für ein bestimmtes Kind erteilt; sie kann befristet und mit Auflagen und Bedingungen verbunden werden.
3Das Kind muss gegen die Folgen von Krankheit, Unfall und Haftpflicht angemessen versichert werden.1
4Die Bewilligung für die Aufnahme eines ausländischen Kindes, das bisher im Ausland gelebt hat (Art. 6), wird erst wirksam, wenn das Visum erteilt oder die Aufenthaltsbewilligung zugesichert ist (Art. 8a).2
1 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988, in Kraft seit 1. Jan. 1989 (AS 1989 54).
2 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).
Art. 8a Kantonale Migrationsbehörde
1Die Behörde überweist die Bewilligung zur Aufnahme eines ausländischen Kindes, das bisher im Ausland gelebt hat, mit ihrem Bericht über die Pflegefamilie der kantonalen Migrationsbehörde.
2Die kantonale Migrationsbehörde entscheidet über das Visum oder die Zusicherung der Aufenthaltsbewilligung für das Kind und teilt ihren Entscheid der Behörde mit.
1 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
Art. 8b Meldepflicht
Die Pflegeeltern müssen der Behörde innerhalb von zehn Tagen die Einreise des Kindes mitteilen.
1 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).
Art. 9 Änderung der Verhältnisse
1Die Pflegeeltern haben der Behörde alle wichtigen Veränderungen der Verhältnisse unverzüglich zu melden, insbesondere den Wechsel der Wohnung sowie die Auflösung des Pflegeverhältnisses und, soweit bekannt, den neuen Aufenthaltsort des Kindes.
2Sie haben auch den gesetzlichen Vertreter oder den Versorger von wichtigen Vorkommnissen zu benachrichtigen.
Art. 10 Aufsicht
1Eine Fachperson der Behörde besucht die Pflegefamilie so oft als nötig, jährlich aber wenigstens einmal, und führt über diese Besuche Protokoll.
2Diese Person prüft, ob die Voraussetzungen für die Weiterführung des Pflegeverhältnisses erfüllt sind. Sie steht den Pflegeeltern bei Bedarf beratend zur Seite.
3Die Behörde wacht darüber, dass die gesetzliche Vertretung des Kindes ordnungsgemäss geregelt ist und das Kind an Entscheidungen, die einen wesentlichen Einfluss auf sein Leben haben, entsprechend seinem Alter beteiligt wird.
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
Art. 11 Widerruf der Bewilligung
1Können Mängel oder Schwierigkeiten auch in Zusammenarbeit mit dem gesetzlichen Vertreter oder dem Versorger nicht behoben werden und erscheinen andere Massnahmen zur Abhilfe nutzlos, so entzieht die Behörde die Bewilligung und fordert den gesetzlichen Vertreter oder den Versorger auf, das Kind binnen angemessener Frist anderswo unterzubringen.
2Bleibt diese Aufforderung erfolglos, so benachrichtigt die Behörde die Kindesschutzbehörde am Wohnsitz und gegebenenfalls am Aufenthaltsort des Kindes.1
3Liegt Gefahr im Verzug, so nimmt die Behörde das Kind unter Anzeige an die Kindesschutzbehörde sofort weg und bringt es vorläufig anderswo unter.2
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
2 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
Art. 11a-11j
…
1 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002 (AS 2002 4167). Aufgehoben durch Anhang Ziff. II 1 der Adoptionsverordnung vom 29. Juni 2011, mit Wirkung seit 1. Jan. 2010 (AS 2011 3637).
3. Abschnitt: Tagespflege
Art. 12
1Wer sich allgemein anbietet, Kinder unter zwölf Jahren gegen Entgelt regelmässig tagsüber in seinem Haushalt zu betreuen, muss dies der Behörde melden.
2Die Aufsicht der Behörde richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über die Familienpflege (Art. 5 und 10).
3Die Behörde untersagt den Tagespflegeeltern - unter Anzeige an den gesetzlichen Vertreter - die weitere Aufnahme von Kindern, wenn andere Massnahmen zur Behebung von Mängeln oder Schwierigkeiten erfolglos geblieben sind oder von vornherein ungenügend erscheinen.
4. Abschnitt: Heimpflege
Art. 13 Bewilligungspflicht
1Einer Bewilligung der Behörde bedarf der Betrieb von Einrichtungen, die dazu bestimmt sind,
- a.
- mehrere Minderjährige zur Erziehung, Betreuung, Ausbildung, Beobachtung oder Behandlung tags- und nachtsüber aufzunehmen;
- b.
- mehrere Kinder unter zwölf Jahren regelmässig tagsüber zur Betreuung aufzunehmen (Kinderkrippen, Kinderhorte u. dgl.).
2Von der Bewilligungspflicht sind ausgenommen:
- a.
- kantonale, kommunale oder gemeinnützige private Einrichtungen, die nach der Schul-, Gesundheits- oder Sozialhilfegesetzgebung einer besonderen Aufsicht unterstehen;
- b.
- …1
- c.
- Ferienkolonien und Ferienlager, unter Vorbehalt abweichender kantonaler Vorschriften;
- d.
- …2
3Minderjährige dürfen erst aufgenommen werden, wenn die Bewilligung erteilt worden ist.
4Für Heime, die Dienstleistungen in der Familienpflege anbieten, gelten zusätzlich die Artikel 20a-20f.3
1 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, mit Wirkung seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
2 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, mit Wirkung seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
3 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
Art. 14 Bewilligungsgesuch
1Das Gesuch muss alle sachdienlichen, mindestens aber folgende Angaben enthalten:
- a.
- Zweck, rechtliche Form und finanzielle Grundlage des Heims;
- b.
- Anzahl, Alter und Art der aufzunehmenden Minderjährigen, gegebenenfalls Unterrichtsprogramm oder therapeutisches Angebot;
- c.
- Personalien und Ausbildung des Leiters, Anzahl und Ausbildung der Mitarbeiter;
- d.
- Anordnung und Einrichtung der Wohn-, Unterrichts- und Freizeiträume.
2Ist der Träger des Heims eine juristische Person, so sind die Statuten beizulegen und die Organe bekanntzugeben.
3Die Behörde kann Belege und weitere sachdienliche Auskünfte verlangen.
Art. 15 Voraussetzungen der Bewilligung
1Die Bewilligung darf nur erteilt werden:
- a.
- wenn eine für die körperliche und geistige Entwicklung förderliche Betreuung der Minderjährigen gesichert erscheint;
- b.
- wenn der Leiter und seine Mitarbeiter nach Persönlichkeit, Gesundheit, erzieherischer Befähigung und Ausbildung für ihre Aufgabe geeignet sind und die Zahl der Mitarbeiter für die zu betreuenden Minderjährigen genügt;
- c.
- wenn für gesunde und abwechslungsreiche Ernährung und für ärztliche Überwachung gesorgt ist;
- d.
- wenn die Einrichtungen den anerkannten Anforderungen der Wohnhygiene und des Brandschutzes entsprechen;
- e.
- wenn das Heim eine gesicherte wirtschaftliche Grundlage hat;
- f.
- wenn eine angemessene Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherung der Minderjährigen gewährleistet ist.
2Bevor sie die Bewilligung erteilt, prüft die Behörde in geeigneter Weise, insbesondere durch Augenschein, Besprechungen und Erkundigungen und wenn nötig unter Beizug von Sachverständigen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.
Art. 16 Bewilligung
1Die Bewilligung wird dem verantwortlichen Leiter des Heims erteilt und gegebenenfalls dem Träger angezeigt.
2Die Bewilligung hält fest, wie viele und was für Personen aufgenommen werden dürfen; sie kann auf Probe erteilt oder befristet und mit Auflagen und Bedingungen verbunden werden.
3Wechselt der verantwortliche Leiter, so ist eine neue Bewilligung einzuholen.
Art. 16a Umplatzierungen
1Ein Heim darf aufgenommene Minderjährige nur dann in eine Pflegefamilie oder ein anderes Heim umplatzieren, wenn:
- a.
- die Pflegefamilie oder das andere Heim über eine Bewilligung verfügt und beaufsichtigt wird;
- b.
- die Person oder Behörde, welche die Platzierung im Heim veranlasst hat, der Umplatzierung zugestimmt hat; und
- c.
- das Kind an der Entscheidung entsprechend seinem Alter angemessen beteiligt worden ist.
2Für Umplatzierungen ins Ausland gilt zusätzlich Artikel 2a.
3Die Absätze 1 und 2 gelten auch für regelmässige Wochenend- und für Ferienplatzierungen.
1 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
Art. 17 Verzeichnis der Minderjährigen
1Über die aufgenommenen Minderjährigen ist ein Verzeichnis mit folgenden Angaben zu führen:
- a.
- Personalien des Minderjährigen und seiner Eltern,
- b.
- früherer Aufenthaltsort,
- c.
- gesetzlicher Vertreter und Versorger,
- d.
- Datum des Eintritts und des Austritts,
- e.
- ärztliche Feststellungen und Anordnungen,
- f.
- besondere Vorkommnisse.
2Bei Einrichtungen, die Kinder nur tagsüber aufnehmen, müssen lediglich die Personalien der Kinder und ihrer Eltern oder Pflegeeltern aufgeführt werden.
Art. 18 Änderung der Verhältnisse
1Der Leiter und gegebenenfalls der Träger des Heims haben der Behörde beabsichtigte wesentliche Änderungen der Organisation, der Einrichtungen oder der Tätigkeit des Heims, insbesondere auch die Erweiterung, Verlegung oder Einstellung des Betriebs, rechtzeitig zum voraus mitzuteilen.
2Ausserdem sind alle besondern Vorkommnisse zu melden, welche die Gesundheit oder die Sicherheit der Minderjährigen betreffen, insbesondere schwere Krankheiten, Unfälle und Todesfälle.
3Die Bewilligung darf nur bestehen bleiben, wenn das Wohl der Minderjährigen weiterhin gewährleistet ist; sie ist gegebenenfalls zu ändern und mit neuen Auflagen und Bedingungen zu verbinden.
Art. 19 Aufsicht
1Sachkundige Vertreter der Behörde müssen jedes Heim sooft als nötig, wenigstens aber alle zwei Jahre besuchen.
2Sie haben die Aufgabe, sich in jeder geeigneten Weise, namentlich auch im Gespräch, ein Urteil über das Befinden und die Betreuung der Minderjährigen zu bilden.
3Sie wachen darüber, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung erfüllt und die damit verbundenen Auflagen und Bedingungen eingehalten werden.
Art. 20 Widerruf der Bewilligung
1Können Mängel durch Beratung oder Vermittlung fachkundiger Hilfe nicht beseitigt werden, so fordert die Behörde den Leiter des Heims unter Mitteilung an den Träger auf, unverzüglich die zur Behebung der Mängel nötigen Vorkehren zu treffen.
2Die Behörde kann das Heim einer besondern Aufsicht unterstellen und dafür besondere Vorschriften erlassen.
3Sind diese Massnahmen erfolglos geblieben oder erscheinen sie von vornherein ungenügend, so entzieht die Behörde die Bewilligung. Sie trifft rechtzeitig die zur Schliessung des Heims erforderlichen Anordnungen und unterstützt nötigenfalls die Unterbringung der Minderjährigen; liegt Gefahr im Verzug, so verfügt sie unverzüglich die notwendigen Massnahmen.1
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
4a. Abschnitt: Dienstleistungsangebote in der Familienpflege
Art. 20a Meldepflicht
Gegenüber der zentralen kantonalen Behörde meldepflichtig und deren Aufsicht unterstellt ist, wer entgeltlich oder unentgeltlich Dienstleistungen in der Familienpflege anbietet (Anbieterin oder Anbieter), insbesondere:
- a.
- Pflegeplätze für Minderjährige in Pflegefamilien vermittelt;
- b.
- das Pflegeverhältnis sozialpädagogisch begleitet;
- c.
- Pflegeeltern aus- und weiterbildet; oder
- d.
- Beratungen und Therapien für Pflegekinder durchführt.
Art. 20b Meldung
1Der Meldung der Anbieterin oder des Anbieters muss mindestens folgende Angaben und Belege enthalten:
- a.
- Zweck und rechtliche Form sowie, wenn es sich um eine juristische Person handelt, Statuten und Organe;
- b.
- Personalien und berufliche Qualifikationen der mit den Dienstleistungen betrauten Personen;
- c.
- Strafregisterauszug der geschäftsführenden Personen und deren Erklärung, wonach die mit den Dienstleistungen betrauten Personen bei Stellenantritt sowie während der Dauer des Anstellungsverhältnisses jährlich entsprechend überprüft werden;
- d.
- Konzept zu den angebotenen Dienstleistungen; im Konzept ist insbesondere darzulegen, ob genügend personelle und finanzielle Mittel für die Dienstleistungen vorhanden sind;
- e.
- detaillierte Angaben zu den Tarifen für die angebotenen Dienstleistungen.
2Die Meldung ist innerhalb dreier Monate nach Aufnahme der Tätigkeit zu machen.
Art. 20c Änderung der Verhältnisse
1Die Anbieterinnen und Anbieter müssen wesentliche Änderungen der Tätigkeit, insbesondere solche, die Gegenstand der Meldepflicht waren, der Behörde unverzüglich und unaufgefordert melden.
2Zu melden sind insbesondere:
- a.
- wesentliche Änderungen der Statuten, der Organisation, der Tätigkeit und des Konzepts;
- b.
- Wechsel der geschäftsführenden Personen;
- c.
- die Erweiterung, Verlegung oder Einstellung der Tätigkeit.
Art. 20d Führen von Verzeichnissen
1Die Anbieterinnen und Anbieter müssen Verzeichnisse führen über:
- a.
- die Pflegefamilien, mit denen sie zusammenarbeiten und bei denen sie Pflegeplätze vermitteln;
- b.
- die Kinder, für die sie Pflegeplätze vermittelt haben.
2Die Verzeichnisse müssen mindestens folgende Angaben enthalten:
- a.
- Personalien der Pflegeeltern;
- b.
- Personalien des Kindes;
- c.
- Personalien der Eltern des Kindes;
- d.
- Datum der Platzierung, einer allfälligen Um- oder Rückplatzierung sowie der Beendigung der Fremdplatzierung.
3Umfasst die Tätigkeit auch Dienstleistungen nach Artikel 20a Buchstaben b-d, so müssen die Verzeichnisse zusätzlich folgende Angaben enthalten:
- a.
- ärztliche Feststellungen und Anordnungen, die im Zusammenhang mit dem Pflegeplatz oder der Betreuungssituation stehen;
- b.
- besondere Vorkommnisse;
- c.
- Entscheidungen, die einen wesentlichen Einfluss auf das Leben der betreuten Kinder haben, sowie deren Meinung zu diesen Entscheidungen.
4Die Verzeichnisse sind der Behörde jährlich zuzustellen.
5Die Behörde kann zusätzliche Unterlagen und Auskünfte verlangen.
Art. 20e Aufsicht
1Die Behörde prüft jährlich die Verzeichnisse der Anbieterinnen und Anbieter sowie allfällige weitere verlangte Unterlagen. Sie führt Protokoll über die Aufsichtstätigkeit.
2Sie bildet sich auf geeignete Weise, insbesondere durch Augenschein, Besprechungen und Erkundigungen, ein Urteil über die ausgeübte Tätigkeit.
Art. 20f Aufsichtsmassnahmen
1Stellt die Behörde im Rahmen ihrer Aufsicht Mängel bei der Ausübung der Tätigkeit fest, die das Wohl der platzierten Kinder gefährden können, so ordnet sie geeignete Massnahmen zur Behebung der Mängel an.
2Trägt die Anbieterin oder der Anbieter den Anordnungen der Behörde nicht Rechnung und ist dadurch das Wohl der platzierten Kinder gefährdet, so kann die Behörde die Ausübung der Tätigkeit vorübergehend untersagen.
3Diese Massnahme gilt, solange die Anbieterin oder der Anbieter gegenüber der Behörde nicht darlegen kann, dass die festgestellten Mängel behoben sind.
4Untersagt die Behörde die Ausübung der Tätigkeit, so informiert sie:
- a.
- die Pflegefamilien, die mit der Anbieterin oder dem Anbieter zusammengearbeitet haben;
- b.
- die betroffenen Kindesschutzbehörden oder, wenn das Kind nicht auf behördliche Anordnung hin platziert wurde, die Inhaberin oder den Inhaber der elterlichen Sorge oder der elterlichen Obhut; und
- c.
- die übrigen kantonalen Aufsichtsbehörden.
5. Abschnitt: Verfahren
Art. 21 Aktenführung
- a.
- über die Kinder in Familienpflege, mit folgenden Angaben: Personalien des Kindes und der Pflegeeltern, Beginn und Ende des Pflegeverhältnisses, Ergebnisse der Besuche und allfällige Massnahmen;
- b.
- über die Tagespflegeeltern mit folgenden Angaben: Personalien der Pflegeeltern, Zahl der Pflegeplätze, Ergebnisse der Besuche und allfällige Massnahmen;
- c.
- über die Heime mit folgenden Angaben: Personalien des Leiters, gegebenenfalls der Träger, Zahl der Minderjährigen, Ergebnisse der Besuche und allfällige Massnahmen;
- d.2
- über die Anbieterinnen und Anbieter von Dienstleistungen in der Familienpflege, mit folgenden Angaben: Personalien der geschäftsführenden Personen; Personalien der Pflegeeltern, mit denen eine Zusammenarbeit besteht; Personalien der Kinder, für die Pflegeplätze vermittelt oder die platziert wurden; Ergebnisse der Aufsichtstätigkeit und allfällige Massnahmen.
2Das kantonale Recht kann die Erhebung weiterer Daten vorsehen.3
3Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kann statistische Erhebungen über die Pflegekinder anordnen und die nötigen Bestimmungen erlassen; das Bundesamt für Statistik führt die Erhebungen durch.4
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
2 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
3 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988, in Kraft seit 1. Jan. 1989 (AS 1989 54).
4 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988, in Kraft seit 1. Jan. 1989 (AS 1989 54).
Art. 22 Schweigepflicht
Alle in der Pflegekinderaufsicht tätigen Personen sind gegenüber Dritten zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Art. 23 Mitteilung
1Die Einwohnerkontrolle der Gemeinde meldet der Behörde neu zugezogene Minderjährige, die nicht bei ihren Eltern wohnen.1
2Erfährt die Behörde, dass ein Kind auswärts in einer Pflegefamilie untergebracht wird, so benachrichtigt sie die dort zuständige Behörde; das gilt sinngemäss, wenn eine Pflegefamilie ihren Wohnsitz verlegt.
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
Art. 24 Rechtshilfe
Die mit der Pflegekinderaufsicht betrauten Behörden und die übrigen für den Schutz des Kindes verantwortlichen Behörden leisten einander Amts- und Rechtshilfe.
Art. 25 Unentgeltlichkeit
1Die Behörde darf für die Aufsicht über Familien- und Tagespflegeverhältnisse nur Gebühren erheben, wenn ein Pflegeplatz zu wiederholten oder schweren Beanstandungen Anlass gibt.
2Auslagen, die der Behörde zusätzlich anfallen, wie Kosten für Arbeiten von Dritten, dürfen den Gesuchstellern belastet werden.1
1 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988, in Kraft seit 1. Jan. 1989 (AS 1989 54).
Art. 26 Sanktionen
1Wer die Pflichten, die sich aus dieser Verordnung oder aus einer gestützt darauf erlassenen Verfügung ergeben, vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, wird von der Behörde mit einer Ordnungsbusse bis zu 1000 Franken belegt.2
2Wird eine Ordnungsbusse ausgesprochen, so kann die Behörde für die vorsätzliche Wiederholung Bestrafung mit Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung nach Artikel 292 des Strafgesetzbuches3 androhen.4
3Behörden oder Beamte, die in ihrer dienstlichen Tätigkeit eine Widerhandlung gegen Bestimmungen dieser Verordnung wahrnehmen oder davon Kenntnis erhalten, sind verpflichtet, sie der Behörde sofort anzuzeigen.
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988, in Kraft seit 1. Jan. 1989 (AS 1989 54).
2 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988, in Kraft seit 1. Jan. 1989 (AS 1989 54).
3 SR 311.0
4 Fassung gemäss Art. 333 des Strafgesetzbuches (SR 311.0) in der Fassung des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).
Art. 27 Beschwerdeverfahren
1Verfügungen, welche die Kindesschutzbehörde gestützt auf diese Verordnung erlässt, unterliegen der Beschwerde an das zuständige Gericht (Art. 450 ZGB).1
2Sind andere Stellen mit den Befugnissen der Behörde betraut, so richtet sich die Weiterziehung der Verfügung nach kantonalem Recht.
1 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
6. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Art. 28 Bestehende Pflegeverhältnisse
1Bewilligungen, die bis 31. Dezember 1977 nach dem bisherigen kantonalen Recht erteilt worden und auch in dieser Verordnung vorgeschrieben sind, bleiben in Kraft; sie sind, soweit nötig, bis zum 31. Dezember 1978 dem neuen Recht anzupassen.
2Die Aufsicht richtet sich in jedem Fall nach den Bestimmungen dieser Verordnung.
3Für Pflegeverhältnisse, die nach dem bisherigen Recht keiner Bewilligungspflicht unterlagen, für die aber das neue Recht eine Bewilligung verlangt, ist das Bewilligungsgesuch bis zum 30. Juni 1978 einzureichen; das gilt sinngemäss für Meldungen, die das neue Recht vorschreibt.
Art. 29 Aufhebung kantonalen Rechts
1Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung sind die kantonalen Bestimmungen über den Schutz von Minderjährigen, die ausserhalb des Elternhauses leben, aufgehoben, soweit nicht bundesrechtlich etwas anderes vorgesehen ist (Art. 51 SchlT ZGB).
2Bestehende kantonale Bestimmungen über die Organisation des Schutzes von Minderjährigen, die ausserhalb des Elternhauses leben, bleiben in Kraft, solange die Kantone nichts anderes bestimmen.
Art. 29a Übergangsbestimmung zur Änderung vom 10. Oktober 2012
1Für Pflegeverhältnisse, die nach dem bisherigen Recht keiner Bewilligungspflicht unterlagen, für die aber das neue Recht eine Bewilligung verlangt, ist das Bewilligungsgesuch bis zum 31. März 2013 einzureichen. Bestehende Pflegeverhältnisse dürfen weitergeführt werden, bis die Behörde über das Gesuch entschieden hat.
2Die Behörde nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b ist am 1. Januar 2014 einzusetzen.
3Anbieterinnen und Anbieter von Dienstleistungen in der Familienpflege müssen ihre Tätigkeit auf den Zeitpunkt der Einsetzung dieser Behörde in ihrem Sitz- oder Wohnsitzkanton melden.
1 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 10. Okt. 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5801).
Art. 30 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1978 in Kraft.