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Schweizerische Zivilprozessordnung
(Zivilprozessordnung, ZPO)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 122 Absatz 1 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 28. Juni 20062,

beschliesst:

1. Teil: Allgemeine Bestimmungen

1. Titel: Gegenstand und Geltungsbereich

Art. 1 Gegenstand

Die­ses Ge­setz re­gelt das Ver­fah­ren vor den kan­to­na­len In­stan­zen für:

a.
strei­ti­ge Zi­vil­sa­chen;
b.
ge­richt­li­che An­ord­nun­gen der frei­wil­li­gen Ge­richts­bar­keit;
c.
ge­richt­li­che An­ge­le­gen­hei­ten des Schuld­be­trei­bungs- und Kon­kurs­rechts;
d.
die Schieds­ge­richts­bar­keit.

Art. 2 Internationale Verhältnisse

Be­stim­mun­gen des Staats­ver­trags­rechts und die Be­stim­mun­gen des Bun­des­ge­set­zes vom 18. De­zem­ber 19873 über das In­ter­na­tio­na­le Pri­vat­recht (IPRG) blei­ben vor­be­hal­ten.

Art. 3 Organisation der Gerichte und der Schlichtungsbehörden

Die Or­ga­ni­sa­ti­on der Ge­rich­te und der Schlich­tungs­be­hör­den ist Sa­che der Kan­to­ne, so­weit das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt.

2. Titel: Zuständigkeit der Gerichte und Ausstand

1. Kapitel: Sachliche und funktionelle Zuständigkeit

Art. 4 Grundsätze

1 Das kan­to­na­le Recht re­gelt die sach­li­che und funk­tio­nel­le Zu­stän­dig­keit der Ge­rich­te, so­weit das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt.

2 Hängt die sach­li­che Zu­stän­dig­keit vom Streit­wert ab, so er­folgt des­sen Be­rech­nung nach die­sem Ge­setz.

Art. 5 Einzige kantonale Instanz

1 Das kan­to­na­le Recht be­zeich­net das Ge­richt, wel­ches als ein­zi­ge kan­to­na­le In­stanz zu­stän­dig ist für:

a.
Strei­tig­kei­ten im Zu­sam­men­hang mit geis­ti­gem Ei­gen­tum ein­sch­liess­lich der Strei­tig­kei­ten be­tref­fend Nich­tig­keit, In­ha­ber­schaft, Li­zen­zie­rung, Über­tra­gung und Ver­let­zung sol­cher Rech­te;
b.
kar­tell­recht­li­che Strei­tig­kei­ten;
c.
Strei­tig­kei­ten über den Ge­brauch ei­ner Fir­ma;
d.
Strei­tig­kei­ten nach dem Bun­des­ge­setz vom 19. De­zem­ber 19864 ge­gen den un­lau­te­ren Wett­be­werb, so­fern der Streit­wert mehr als 30 000 Fran­ken be­trägt oder so­fern der Bund sein Kla­ge­recht aus­übt;
e.5
Strei­tig­kei­ten nach dem Kern­ener­gie­haft­pflicht­ge­setz vom 13. Ju­ni 20086;
f.
Kla­gen ge­gen den Bund;
g.7
Strei­tig­kei­ten über die Ein­lei­tung und Durch­füh­rung ei­ner Son­der­un­ter­su­chung nach den Ar­ti­keln 697c–697hbis des Ob­li­ga­tio­nen­rechts (OR)8;
h.9
Strei­tig­kei­ten nach dem Kol­lek­ti­v­an­la­gen­ge­setz vom 23. Ju­ni 200610, nach dem Fi­nanz­marktin­fra­struk­tur­ge­setz vom 19. Ju­ni 201511 und nach demFi­nan­z­in­sti­tuts­ge­setz vom 15. Ju­ni 201812;
i.13
Strei­tig­kei­ten nach dem Wap­pen­schutz­ge­setz vom 21. Ju­ni 201314, dem Bun­des­ge­setz vom 25. März 195415 be­tref­fend den Schutz des Zei­chens und des Na­mens des Ro­ten Kreu­zes und dem Bun­des­ge­setz vom 15. De­zem­ber 196116 zum Schutz von Na­men und Zei­chen der Or­ga­ni­sa­ti­on der Ver­ein­ten Na­tio­nen und an­de­rer zwi­schen­staat­li­cher Or­ga­ni­sa­tio­nen.

2 Die­se In­stanz ist auch für die An­ord­nung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men vor Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit ei­ner Kla­ge zu­stän­dig.

4 SR 241

5 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 2 Ziff. 1, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221; AS 2022 43; BBl 2007 5397).

6 SR 732.44

7 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 3 des BG vom 19. Ju­ni 2020 (Ak­ti­en­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2020 4005; 2022 109; BBl 2017 399).

8SR 220

9 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 4 des Fi­nan­z­in­sti­tuts­ge­set­zes vom 15. Ju­ni 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2018 5247, 2019 4631; BBl 2015 8901).

10 SR 951.31

11 SR 958.1

12 SR 954.1

13 Ein­ge­fügt durch An­hang 3 Ziff. II 3 des Wap­pen­schutz­ge­set­zes vom 21. Ju­ni 2013, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 3679; BBl 2009 8533).

14 SR 232.21

15 SR 232.22

16 SR 232.23

Art. 6 Handelsgericht

1 Die Kan­to­ne kön­nen ein Fach­ge­richt be­zeich­nen, wel­ches als ein­zi­ge kan­to­na­le In­stanz für han­dels­recht­li­che Strei­tig­kei­ten zu­stän­dig ist (Han­dels­ge­richt).

2 Ei­ne Strei­tig­keit gilt als han­dels­recht­lich, wenn:

a.
die ge­schäft­li­che Tä­tig­keit min­des­tens ei­ner Par­tei be­trof­fen ist;
b.
ge­gen den Ent­scheid die Be­schwer­de in Zi­vil­sa­chen an das Bun­des­ge­richt of­fen steht; und
c.
die Par­tei­en im schwei­ze­ri­schen Han­dels­re­gis­ter oder in ei­nem ver­gleich­ba­ren aus­län­di­schen Re­gis­ter ein­ge­tra­gen sind.

3 Ist nur die be­klag­te Par­tei im schwei­ze­ri­schen Han­dels­re­gis­ter oder in ei­nem ver­gleich­ba­ren aus­län­di­schen Re­gis­ter ein­ge­tra­gen, sind aber die üb­ri­gen Vor­aus­set­zun­gen er­füllt, so hat die kla­gen­de Par­tei die Wahl zwi­schen dem Han­dels­ge­richt und dem or­dent­li­chen Ge­richt.

4 Die Kan­to­ne kön­nen das Han­dels­ge­richt aus­ser­dem zu­stän­dig er­klä­ren für:

a.
Strei­tig­kei­ten nach Ar­ti­kel 5 Ab­satz 1;
b.
Strei­tig­kei­ten aus dem Recht der Han­dels­ge­sell­schaf­ten und Ge­nos­sen­schaf­ten.

5 Das Han­dels­ge­richt ist auch für die An­ord­nung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men vor Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit ei­ner Kla­ge zu­stän­dig.

Art. 7 Gericht bei Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung

Die Kan­to­ne kön­nen ein Ge­richt be­zeich­nen, wel­ches als ein­zi­ge kan­to­na­le In­stanz für Strei­tig­kei­ten aus Zu­satz­ver­si­che­run­gen zur so­zia­len Kran­ken­ver­si­che­rung nach dem Bun­des­ge­setz vom 18. März 199417 über die Kran­ken­ver­si­che­rung zu­stän­dig ist.

Art. 8 Direkte Klage beim oberen Gericht

1 In ver­mö­gens­recht­li­chen Strei­tig­kei­ten kann die kla­gen­de Par­tei mit Zu­stim­mung der be­klag­ten Par­tei di­rekt an das obe­re Ge­richt ge­lan­gen, so­fern der Streit­wert min­des­tens 100 000 Fran­ken be­trägt.

2 Die­ses Ge­richt ent­schei­det als ein­zi­ge kan­to­na­le In­stanz.

2. Kapitel: Örtliche Zuständigkeit

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 9 Zwingende Zuständigkeit

1 Ein Ge­richts­stand ist nur dann zwin­gend, wenn es das Ge­setz aus­drück­lich vor­schreibt.

2 Von ei­nem zwin­gen­den Ge­richts­stand kön­nen die Par­tei­en nicht ab­wei­chen.

Art. 10 Wohnsitz und Sitz

1 Sieht die­ses Ge­setz nichts an­de­res vor, so ist zu­stän­dig:

a.
für Kla­gen ge­gen ei­ne na­tür­li­che Per­son: das Ge­richt an de­ren Wohn­sitz;
b.
für Kla­gen ge­gen ei­ne ju­ris­ti­sche Per­son und ge­gen öf­fent­lich-recht­li­che An­stal­ten und Kör­per­schaf­ten so­wie ge­gen Kol­lek­tiv- und Kom­man­dit­ge­sell­schaf­ten: das Ge­richt an de­ren Sitz;
c.
für Kla­gen ge­gen den Bund: das Ober­ge­richt des Kan­tons Bern oder das obe­re Ge­richt des Kan­tons, in dem die kla­gen­de Par­tei ih­ren Wohn­sitz, Sitz oder ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat;
d.
für Kla­gen ge­gen einen Kan­ton: ein Ge­richt am Kan­tons­haup­tort.

2 Der Wohn­sitz be­stimmt sich nach dem Zi­vil­ge­setz­buch (ZGB)18. Ar­ti­kel 24 ZGB ist nicht an­wend­bar.

Art. 11 Aufenthaltsort

1 Hat die be­klag­te Par­tei kei­nen Wohn­sitz, so ist das Ge­richt an ih­rem ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halts­ort zu­stän­dig.

2 Ge­wöhn­li­cher Auf­ent­halts­ort ist der Ort, an dem ei­ne Per­son wäh­rend län­ge­rer Zeit lebt, selbst wenn die Dau­er des Auf­ent­halts von vorn­her­ein be­fris­tet ist.

3 Hat die be­klag­te Par­tei kei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halts­ort, so ist das Ge­richt an ih­rem letz­ten be­kann­ten Auf­ent­halts­ort zu­stän­dig.

Art. 12 Niederlassung

Für Kla­gen aus dem Be­trieb ei­ner ge­schäft­li­chen oder be­ruf­li­chen Nie­der­las­sung oder ei­ner Zweignie­der­las­sung ist das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz der be­klag­ten Par­tei oder am Ort der Nie­der­las­sung zu­stän­dig.

Art. 13 Vorsorgliche Massnahmen

So­weit das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt, ist für die An­ord­nung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men zwin­gend zu­stän­dig das Ge­richt am Ort, an dem:

a.
die Zu­stän­dig­keit für die Haupt­sa­che ge­ge­ben ist; oder
b.
die Mass­nah­me voll­streckt wer­den soll.

Art. 14 Widerklage

1 Beim für die Haupt­kla­ge ört­lich zu­stän­di­gen Ge­richt kann Wi­der­kla­ge er­ho­ben wer­den, wenn die Wi­der­kla­ge mit der Haupt­kla­ge in ei­nem sach­li­chen Zu­sam­men­hang steht.

2 Die­ser Ge­richts­stand bleibt auch be­ste­hen, wenn die Haupt­kla­ge aus ir­gend­ei­nem Grund da­hin­fällt.

Art. 15 Streitgenossenschaft und Klagenhäufung

1 Rich­tet sich die Kla­ge ge­gen meh­re­re Streit­ge­nos­sen, so ist das für ei­ne be­klag­te Par­tei zu­stän­di­ge Ge­richt für al­le be­klag­ten Par­tei­en zu­stän­dig, so­fern die­se Zu­stän­dig­keit nicht nur auf ei­ner Ge­richts­stands­ver­ein­ba­rung be­ruht.

2 Ste­hen meh­re­re An­sprü­che ge­gen ei­ne be­klag­te Par­tei in ei­nem sach­li­chen Zu­sam­men­hang, so ist je­des Ge­richt zu­stän­dig, das für einen der An­sprü­che zu­stän­dig ist.

Art. 16 Streitverkündungsklage

Für die Streit­ver­kün­dung mit Kla­ge ist das Ge­richt des Haupt­pro­zes­ses zu­stän­dig.

Art. 17 Gerichtsstandsvereinbarung

1 So­weit das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt, kön­nen die Par­tei­en für einen be­ste­hen­den oder für einen künf­ti­gen Rechtss­treit über An­sprü­che aus ei­nem be­stimm­ten Rechts­ver­hält­nis einen Ge­richts­stand ver­ein­ba­ren. Geht aus der Ver­ein­ba­rung nichts an­de­res her­vor, so kann die Kla­ge nur am ver­ein­bar­ten Ge­richts­stand er­ho­ben wer­den.

2 Die Ver­ein­ba­rung muss schrift­lich oder in ei­ner an­de­ren Form er­fol­gen, die den Nach­weis durch Text er­mög­licht.

Art. 18 Einlassung

So­weit das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt, wird das an­ge­ru­fe­ne Ge­richt zu­stän­dig, wenn sich die be­klag­te Par­tei oh­ne Ein­re­de der feh­len­den Zu­stän­dig­keit zur Sa­che äus­sert.

Art. 19 Freiwillige Gerichtsbarkeit

In An­ge­le­gen­hei­ten der frei­wil­li­gen Ge­richts­bar­keit ist das Ge­richt oder die Be­hör­de am Wohn­sitz oder Sitz der ge­such­stel­len­den Par­tei zwin­gend zu­stän­dig, so­fern das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt.

2. Abschnitt: Personenrecht

Art. 20 Persönlichkeits- und Datenschutz

Für die fol­gen­den Kla­gen und Be­geh­ren ist das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz ei­ner der Par­tei­en zu­stän­dig:

a.
Kla­gen aus Per­sön­lich­keits­ver­let­zung;
b.
Be­geh­ren um Ge­gen­dar­stel­lung;
c.
Kla­gen auf Na­mens­schutz und auf An­fech­tung ei­ner Na­mens­än­de­rung;
d.19
Kla­gen und Be­geh­ren nach dem Da­ten­schutz­ge­setz vom 25. Sep­tem­ber 202020 (DSG).

19 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 24 des Da­ten­schutz­ge­set­zes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

20 SR 235.1

Art. 21 Todes- und Verschollenerklärung

Für Ge­su­che, die ei­ne To­des- oder ei­ne Ver­schol­le­n­er­klä­rung be­tref­fen (Art. 34–38 ZGB21), ist das Ge­richt am letz­ten be­kann­ten Wohn­sitz der ver­schwun­de­nen Per­son zwin­gend zu­stän­dig.

Art. 22 Bereinigung des Zivilstandsregisters

Für Kla­gen, die ei­ne Be­rei­ni­gung des Zi­vil­stands­re­gis­ters be­tref­fen, ist zwin­gend das Ge­richt zu­stän­dig, in des­sen Amts­kreis die zu be­rei­ni­gen­de Be­ur­kun­dung von Per­so­nen­stands­da­ten er­folgt ist oder hät­te er­fol­gen müs­sen.

3. Abschnitt: Familienrecht

Art. 23 Eherechtliche Gesuche und Klagen

1 Für ehe­recht­li­che Ge­su­che und Kla­gen so­wie für Ge­su­che um An­ord­nung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men ist das Ge­richt am Wohn­sitz ei­ner Par­tei zwin­gend zu­stän­dig.

2 Für Ge­su­che der Auf­sichts­be­hör­de in Be­trei­bungs­sa­chen auf An­ord­nung der Gü­ter­tren­nung ist das Ge­richt am Wohn­sitz der Schuld­ne­rin oder des Schuld­ners zwin­gend zu­stän­dig.

Art. 24 Gesuche und Klagen bei eingetragener Partnerschaft

Für Ge­su­che und Kla­gen bei ein­ge­tra­ge­ner Part­ner­schaft so­wie für Ge­su­che um An­ord­nung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men ist das Ge­richt am Wohn­sitz ei­ner Par­tei zwin­gend zu­stän­dig.

Art. 25 Feststellung und Anfechtung des Kindesverhältnisses

Für Kla­gen auf Fest­stel­lung und auf An­fech­tung des Kin­des­ver­hält­nis­ses ist das Ge­richt am Wohn­sitz ei­ner der Par­tei­en zwin­gend zu­stän­dig.

Art. 26 Unterhalts- und Unterstützungsklagen

Für selbst­stän­di­ge Un­ter­halts­kla­gen der Kin­der ge­gen ih­re El­tern und für Kla­gen ge­gen un­ter­stüt­zungs­pflich­ti­ge Ver­wand­te ist das Ge­richt am Wohn­sitz ei­ner der Par­tei­en zwin­gend zu­stän­dig.

Art. 27 Ansprüche der unverheirateten Mutter

Für An­sprü­che der un­ver­hei­ra­te­ten Mut­ter ist das Ge­richt am Wohn­sitz ei­ner der Par­tei­en zwin­gend zu­stän­dig.

4. Abschnitt: Erbrecht

Art. 28

1 Für erbrecht­li­che Kla­gen so­wie für Kla­gen auf gü­ter­recht­li­che Aus­ein­an­der­set­zung beim Tod ei­nes Ehe­gat­ten, ei­ner ein­ge­tra­ge­nen Part­ne­rin oder ei­nes ein­ge­tra­ge­nen Part­ners ist das Ge­richt am letz­ten Wohn­sitz der Erb­las­se­rin oder des Erb­las­sers zu­stän­dig.

2 Für Mass­nah­men im Zu­sam­men­hang mit dem Erb­gang ist die Be­hör­de am letz­ten Wohn­sitz der Erb­las­se­rin oder des Erb­las­sers zwin­gend zu­stän­dig. Ist der Tod nicht am Wohn­sitz ein­ge­tre­ten, so macht die Be­hör­de des Ster­be­or­tes der­je­ni­gen des Wohn­or­tes Mit­tei­lung und trifft die nö­ti­gen Mass­nah­men, um die Ver­mö­gens­wer­te am Ster­be­ort zu si­chern.

3 Selbst­stän­di­ge Kla­gen auf erbrecht­li­che Zu­wei­sung ei­nes land­wirt­schaft­li­chen Ge­wer­bes oder Grund­stückes kön­nen auch am Ort der ge­le­ge­nen Sa­che er­ho­ben wer­den.

5. Abschnitt: Sachenrecht

Art. 29 Grundstücke

1 Für die fol­gen­den Kla­gen ist das Ge­richt am Ort, an dem das Grund­stück im Grund­buch auf­ge­nom­men ist oder auf­zu­neh­men wä­re, zu­stän­dig:

a.
ding­li­che Kla­gen;
b.
Kla­gen ge­gen die Ge­mein­schaft der Stock­werk­ei­gen­tü­me­rin­nen und Stock­werk­ei­gen­tü­mer;
c.
Kla­gen auf Er­rich­tung ge­setz­li­cher Pfand­rech­te.

2 An­de­re Kla­gen, die sich auf Rech­te an Grund­stücken be­zie­hen, kön­nen auch beim Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz der be­klag­ten Par­tei er­ho­ben wer­den.

3 Be­zieht sich ei­ne Kla­ge auf meh­re­re Grund­stücke oder ist das Grund­stück in meh­re­ren Krei­sen in das Grund­buch auf­ge­nom­men wor­den, so ist das Ge­richt an dem Ort zu­stän­dig, an dem das flä­chen­mäs­sig gröss­te Grund­stück oder der flä­chen­mäs­sig gröss­te Teil des Grund­stücks liegt.

4 Für An­ge­le­gen­hei­ten der frei­wil­li­gen Ge­richts­bar­keit, die sich auf Rech­te an Grund­stücken be­zie­hen, ist das Ge­richt an dem Ort zwin­gend zu­stän­dig, an dem das Grund­stück im Grund­buch auf­ge­nom­men ist oder auf­zu­neh­men wä­re.

Art. 30 Bewegliche Sachen

1 Für Kla­gen, wel­che ding­li­che Rech­te, den Be­sitz an be­weg­li­chen Sa­chen oder For­de­run­gen, die durch Fahr­nis­pfand ge­si­chert sind, be­tref­fen, ist das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz der be­klag­ten Par­tei oder am Ort der ge­le­ge­nen Sa­che zu­stän­dig.

2 Für An­ge­le­gen­hei­ten der frei­wil­li­gen Ge­richts­bar­keit ist das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz der ge­such­stel­len­den Par­tei oder am Ort der ge­le­ge­nen Sa­che zwin­gend zu­stän­dig.

6. Abschnitt: Klagen aus Vertrag

Art. 31 Grundsatz

Für Kla­gen aus Ver­trag ist das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz der be­klag­ten Par­tei oder an dem Ort zu­stän­dig, an dem die cha­rak­te­ris­ti­sche Leis­tung zu er­brin­gen ist.

Art. 32 Konsumentenvertrag

1 Bei Strei­tig­kei­ten aus Kon­su­men­ten­ver­trä­gen ist zu­stän­dig:

a.
für Kla­gen der Kon­su­men­tin oder des Kon­su­men­ten: das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz ei­ner der Par­tei­en;
b.
für Kla­gen der An­bie­te­rin oder des An­bie­ters: das Ge­richt am Wohn­sitz der be­klag­ten Par­tei.

2 Als Kon­su­men­ten­ver­trä­ge gel­ten Ver­trä­ge über Leis­tun­gen des üb­li­chen Ver­brauchs, die für die per­sön­li­chen oder fa­mi­li­ären Be­dürf­nis­se der Kon­su­men­tin oder des Kon­su­men­ten be­stimmt sind und von der an­de­ren Par­tei im Rah­men ih­rer be­ruf­li­chen oder ge­werb­li­chen Tä­tig­keit an­ge­bo­ten wer­den.

Art. 33 Miete und Pacht unbeweglicher Sachen

Für Kla­gen aus Mie­te und Pacht un­be­weg­li­cher Sa­chen ist das Ge­richt am Ort der ge­le­ge­nen Sa­che zu­stän­dig.

Art. 34 Arbeitsrecht

1 Für ar­beits­recht­li­che Kla­gen ist das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz der be­klag­ten Par­tei oder an dem Ort, an dem die Ar­beit­neh­me­rin oder der Ar­beit­neh­mer ge­wöhn­lich die Ar­beit ver­rich­tet, zu­stän­dig.

2 Für Kla­gen ei­ner stel­len­su­chen­den Per­son so­wie ei­ner Ar­beit­neh­me­rin oder ei­nes Ar­beit­neh­mers, die sich auf das Ar­beits­ver­mitt­lungs­ge­setz vom 6. Ok­to­ber 198922 stüt­zen, ist zu­sätz­lich das Ge­richt am Ort der Ge­schäfts­nie­der­las­sung der ver­mit­teln­den oder ver­lei­hen­den Per­son, mit wel­cher der Ver­trag ab­ge­schlos­sen wur­de, zu­stän­dig.

Art. 35 Verzicht auf die gesetzlichen Gerichtsstände

1 Auf die Ge­richts­stän­de nach den Ar­ti­keln 32–34 kön­nen nicht zum Vor­aus oder durch Ein­las­sung ver­zich­ten:

a.
die Kon­su­men­tin oder der Kon­su­ment;
b.
die Par­tei, die Wohn- oder Ge­schäfts­räu­me ge­mie­tet oder ge­pach­tet hat;
c.
bei land­wirt­schaft­li­chen Pacht­ver­hält­nis­sen: die pach­ten­de Par­tei;
d.
die stel­len­su­chen­de oder ar­beit­neh­men­de Par­tei.

2 Vor­be­hal­ten bleibt der Ab­schluss ei­ner Ge­richts­stands­ver­ein­ba­rung nach Ent­ste­hung der Strei­tig­keit.

7. Abschnitt: Klagen aus unerlaubter Handlung

Art. 36 Grundsatz

Für Kla­gen aus un­er­laub­ter Hand­lung ist das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz der ge­schä­dig­ten Per­son oder der be­klag­ten Par­tei oder am Hand­lungs- oder am Er­folgs­ort zu­stän­dig.

Art. 37 Schadenersatz bei ungerechtfertigten vorsorglichen Massnahmen

Für Scha­den­er­satz­kla­gen we­gen un­ge­recht­fer­tig­ter vor­sorg­li­cher Mass­nah­men ist das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz der be­klag­ten Par­tei oder an dem Ort, an dem die vor­sorg­li­che Mass­nah­me an­ge­ord­net wur­de, zu­stän­dig.

Art. 38 Motorfahrzeug- und Fahrradunfälle

1 Für Kla­gen aus Mo­tor­fahr­zeug- und Fahr­ra­d­un­fäl­len ist das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz der be­klag­ten Par­tei oder am Un­fall­ort zu­stän­dig.

2 Für Kla­gen ge­gen das na­tio­na­le Ver­si­che­rungs­bü­ro (Art. 74 des Stras­sen­ver­kehrs­ge­set­zes vom 19. Dez. 195823; SVG) oder ge­gen den na­tio­na­len Ga­ran­tie­fonds (Art. 76 SVG) ist zu­sätz­lich das Ge­richt am Ort ei­ner Zweignie­der­las­sung die­ser Ein­rich­tun­gen zu­stän­dig.

Art. 38a Nuklearschäden 24

1 Für Kla­gen aus nu­klea­ren Er­eig­nis­sen ist zwin­gend das Ge­richt des Kan­tons zu­stän­dig, auf des­sen Ge­biet das Er­eig­nis ein­ge­tre­ten ist.

2 Kann die­ser Kan­ton nicht mit Si­cher­heit be­stimmt wer­den, so ist zwin­gend das Ge­richt des Kan­tons zu­stän­dig, in wel­chem die Ker­n­an­la­ge des haft­pflich­ti­gen In­ha­bers ge­le­gen ist.

3 Be­ste­hen nach die­sen Re­geln meh­re­re Ge­richts­stän­de, so ist zwin­gend das Ge­richt des Kan­tons zu­stän­dig, der die engs­te Ver­bin­dung zum Er­eig­nis auf­weist und am meis­ten von sei­nen Aus­wir­kun­gen be­trof­fen ist.

24 Ein­ge­fügt durch An­hang 2 Ziff. 1, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221; AS 2022 43; BBl 2007 5397).

Art. 39 Adhäsionsklage

Für die Be­ur­tei­lung ad­hä­si­ons­wei­se gel­tend ge­mach­ter Zi­vil­an­sprü­che bleibt die Zu­stän­dig­keit des Straf­ge­richts vor­be­hal­ten.

8. Abschnitt: Handelsrecht

Art. 40 Gesellschaftsrecht und Handelsregister 25

1 Für Kla­gen aus ge­sell­schafts­recht­li­cher Ver­ant­wort­lich­keit ist das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz der be­klag­ten Par­tei oder am Sitz der Ge­sell­schaft zu­stän­dig.

2 Für die Wie­der­ein­tra­gung ei­ner ge­lösch­ten Rechts­ein­heit ins Han­dels­re­gis­ter ist das Ge­richt am letz­ten ein­ge­tra­ge­nen Sitz der ge­lösch­ten Rechts­ein­heit zwin­gend zu­stän­dig.26

25 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 17. März 2017 (Han­dels­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 957; BBl 2015 3617).

26 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 17. März 2017 (Han­dels­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 957; BBl 2015 3617).

Art. 4127

27 Auf­ge­ho­ben durch Ziff. II 1 des BG vom 28. Sept. 2012, mit Wir­kung seit 1. Mai 2013 (AS 2013 1103; BBl 2011 6873).

Art. 42 Fusionen, Spaltungen, Umwandlungen und Vermögensübertragungen

Für Kla­gen, die sich auf das Fu­si­ons­ge­setz vom 3. Ok­to­ber 200328 stüt­zen, ist das Ge­richt am Sitz ei­nes be­tei­lig­ten Rechts­trä­gers zu­stän­dig.

Art. 43 Kraftloserklärung von Wertpapieren und Versicherungspolicen; Zahlungsverbot

1 Für die Kraft­los­er­klä­rung von Be­tei­li­gungs­pa­pie­ren ist das Ge­richt am Sitz der Ge­sell­schaft zwin­gend zu­stän­dig.

2 Für die Kraft­los­er­klä­rung von Grund­pfand­ti­teln ist das Ge­richt an dem Ort zwin­gend zu­stän­dig, an dem das Grund­stück im Grund­buch auf­ge­nom­men ist.

3 Für die Kraft­los­er­klä­rung der üb­ri­gen Wert­pa­pie­re und der Ver­si­che­rungs­po­li­cen ist das Ge­richt am Wohn­sitz oder Sitz der Schuld­ne­rin oder des Schuld­ners zwin­gend zu­stän­dig.

4 Für Zah­lungs­ver­bo­te aus Wech­sel und Check und für de­ren Kraft­los­er­klä­rung ist das Ge­richt am Zah­lungs­ort zwin­gend zu­stän­dig.

Art. 44 Anleihensobligationen

Die ört­li­che Zu­stän­dig­keit für die Er­mäch­ti­gung zur Ein­be­ru­fung der Gläu­bi­ger­ver­samm­lung rich­tet sich nach Ar­ti­kel 1165 OR29.

Art. 45 Kollektivanlagen

Für Kla­gen der An­le­ge­rin­nen und An­le­ger so­wie der Ver­tre­tung der An­le­ger­ge­mein­schaft ist das Ge­richt am Sitz des je­weils be­trof­fe­nen Be­wil­li­gungs­trä­gers zwin­gend zu­stän­dig.

9. Abschnitt: Schuldbetreibungs- und Konkursrecht

Art. 46

Für Kla­gen nach dem Bun­des­ge­setz vom 11. April 188930 über Schuld­be­trei­bung und Kon­kurs (SchKG) be­stimmt sich die ört­li­che Zu­stän­dig­keit nach die­sem Ka­pi­tel, so­weit das SchKG kei­nen Ge­richts­stand vor­sieht.

3. Kapitel: Ausstand

Art. 47 Ausstandsgründe

1 Ei­ne Ge­richts­per­son tritt in den Aus­stand, wenn sie:

a.
in der Sa­che ein per­sön­li­ches In­ter­es­se hat;
b.
in ei­ner an­de­ren Stel­lung, ins­be­son­de­re als Mit­glied ei­ner Be­hör­de, als Rechts­bei­stän­din oder Rechts­bei­stand, als Sach­ver­stän­di­ge oder Sach­ver­stän­di­ger, als Zeu­gin oder Zeu­ge, als Me­dia­to­rin oder Me­dia­tor in der glei­chen Sa­che tä­tig war;
c.
mit ei­ner Par­tei, ih­rer Ver­tre­te­rin oder ih­rem Ver­tre­ter oder ei­ner Per­son, die in der glei­chen Sa­che als Mit­glied der Vor­in­stanz tä­tig war, ver­hei­ra­tet ist oder war, in ein­ge­tra­ge­ner Part­ner­schaft lebt oder leb­te oder ei­ne fak­ti­sche Le­bens­ge­mein­schaft führt;
d.
mit ei­ner Par­tei in ge­ra­der Li­nie oder in der Sei­ten­li­nie bis und mit dem drit­ten Grad ver­wandt oder ver­schwä­gert ist;
e.
mit der Ver­tre­te­rin oder dem Ver­tre­ter ei­ner Par­tei oder mit ei­ner Per­son, die in der glei­chen Sa­che als Mit­glied der Vor­in­stanz tä­tig war, in ge­ra­der Li­nie oder im zwei­ten Grad der Sei­ten­li­nie ver­wandt oder ver­schwä­gert ist;
f.
aus an­de­ren Grün­den, ins­be­son­de­re we­gen Freund­schaft oder Feind­schaft mit ei­ner Par­tei oder ih­rer Ver­tre­tung, be­fan­gen sein könn­te.

2 Kein Aus­stands­grund für sich al­lein ist ins­be­son­de­re die Mit­wir­kung:

a.
beim Ent­scheid über die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge;
b.
beim Schlich­tungs­ver­fah­ren;
c.
bei der Rechts­öff­nung nach den Ar­ti­keln 80–84 SchKG31;
d.
bei der An­ord­nung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men;
e.
beim Ehe­schutz­ver­fah­ren.

Art. 48 Mitteilungspflicht

Die be­trof­fe­ne Ge­richts­per­son legt einen mög­li­chen Aus­stands­grund recht­zei­tig of­fen und tritt von sich aus in den Aus­stand, wenn sie den Grund als ge­ge­ben er­ach­tet.

Art. 49 Ausstandsgesuch

1 Ei­ne Par­tei, die ei­ne Ge­richts­per­son ab­leh­nen will, hat dem Ge­richt un­ver­züg­lich ein ent­spre­chen­des Ge­such zu stel­len, so­bald sie vom Aus­stands­grund Kennt­nis er­hal­ten hat. Die den Aus­stand be­grün­den­den Tat­sa­chen sind glaub­haft zu ma­chen.

2 Die be­trof­fe­ne Ge­richts­per­son nimmt zum Ge­such Stel­lung.

Art. 50 Entscheid

1 Wird der gel­tend ge­mach­te Aus­stands­grund be­strit­ten, so ent­schei­det das Ge­richt.

2 Der Ent­scheid ist mit Be­schwer­de an­fecht­bar.

Art. 51 Folgen der Verletzung der Ausstandsvorschriften

1 Amts­hand­lun­gen, an de­nen ei­ne zum Aus­stand ver­pflich­te­te Ge­richts­per­son mit­ge­wirkt hat, sind auf­zu­he­ben und zu wie­der­ho­len, so­fern dies ei­ne Par­tei in­nert zehn Ta­gen ver­langt, nach­dem sie vom Aus­stands­grund Kennt­nis er­hal­ten hat.

2 Nicht wie­der­hol­ba­re Be­weis­mass­nah­men darf das ent­schei­den­de Ge­richt be­rück­sich­ti­gen.

3 Wird der Aus­stands­grund erst nach Ab­schluss des Ver­fah­rens ent­deckt, so gel­ten die Be­stim­mun­gen über die Re­vi­si­on.

3. Titel: Verfahrensgrundsätze und Prozessvoraussetzungen

1. Kapitel: Verfahrensgrundsätze

Art. 52 Handeln nach Treu und Glauben

Al­le am Ver­fah­ren be­tei­lig­ten Per­so­nen ha­ben nach Treu und Glau­ben zu han­deln.

Art. 53 Rechtliches Gehör

1 Die Par­tei­en ha­ben An­spruch auf recht­li­ches Ge­hör.

2 Ins­be­son­de­re kön­nen sie die Ak­ten ein­se­hen und Ko­pi­en an­fer­ti­gen las­sen, so­weit kei­ne über­wie­gen­den öf­fent­li­chen oder pri­va­ten In­ter­es­sen ent­ge­gen­ste­hen.

Art. 54 Öffentlichkeit des Verfahrens

1 Ver­hand­lun­gen und ei­ne all­fäl­li­ge münd­li­che Er­öff­nung des Ur­teils sind öf­fent­lich. Die Ent­schei­de wer­den der Öf­fent­lich­keit zu­gäng­lich ge­macht.

2 Das kan­to­na­le Recht be­stimmt, ob die Ur­teils­be­ra­tung öf­fent­lich ist.

3 Die Öf­fent­lich­keit kann ganz oder teil­wei­se aus­ge­schlos­sen wer­den, wenn es das öf­fent­li­che In­ter­es­se oder das schutz­wür­di­ge In­ter­es­se ei­ner be­tei­lig­ten Per­son er­for­dert.

4 Die fa­mi­li­en­recht­li­chen Ver­fah­ren sind nicht öf­fent­lich.

Art. 55 Verhandlungs- und Untersuchungsgrundsatz

1 Die Par­tei­en ha­ben dem Ge­richt die Tat­sa­chen, auf die sie ih­re Be­geh­ren stüt­zen, dar­zu­le­gen und die Be­weis­mit­tel an­zu­ge­ben.

2 Vor­be­hal­ten blei­ben ge­setz­li­che Be­stim­mun­gen über die Fest­stel­lung des Sach­ver­hal­tes und die Be­weis­er­he­bung von Am­tes we­gen.

Art. 56 Gerichtliche Fragepflicht

Ist das Vor­brin­gen ei­ner Par­tei un­klar, wi­der­sprüch­lich, un­be­stimmt oder of­fen­sicht­lich un­voll­stän­dig, so gibt ihr das Ge­richt durch ent­spre­chen­de Fra­gen Ge­le­gen­heit zur Klar­stel­lung und zur Er­gän­zung.

Art. 57 Rechtsanwendung von Amtes wegen

Das Ge­richt wen­det das Recht von Am­tes we­gen an.

Art. 58 Dispositions- und Offizialgrundsatz

1 Das Ge­richt darf ei­ner Par­tei nicht mehr und nichts an­de­res zu­spre­chen, als sie ver­langt, und nicht we­ni­ger, als die Ge­gen­par­tei an­er­kannt hat.

2 Vor­be­hal­ten blei­ben ge­setz­li­che Be­stim­mun­gen, nach de­nen das Ge­richt nicht an die Par­tei­an­trä­ge ge­bun­den ist.

2. Kapitel: Prozessvoraussetzungen

Art. 59 Grundsatz

1 Das Ge­richt tritt auf ei­ne Kla­ge oder auf ein Ge­such ein, so­fern die Pro­zess­vor­aus­set­zun­gen er­füllt sind.

2 Pro­zess­vor­aus­set­zun­gen sind ins­be­son­de­re:

a.
die kla­gen­de oder ge­such­stel­len­de Par­tei hat ein schutz­wür­di­ges In­ter­es­se;
b.
das Ge­richt ist sach­lich und ört­lich zu­stän­dig;
c.
die Par­tei­en sind par­tei- und pro­zess­fä­hig;
d.
die Sa­che ist nicht an­der­wei­tig rechts­hän­gig;
e.
die Sa­che ist noch nicht rechts­kräf­tig ent­schie­den;
f.
der Vor­schuss und die Si­cher­heit für die Pro­zess­kos­ten sind ge­leis­tet wor­den.

Art. 60 Prüfung der Prozessvoraussetzungen

Das Ge­richt prüft von Am­tes we­gen, ob die Pro­zess­vor­aus­set­zun­gen er­füllt sind.

Art. 61 Schiedsvereinbarung

Ha­ben die Par­tei­en über ei­ne schieds­fä­hi­ge Streit­sa­che ei­ne Schieds­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen, so lehnt das an­ge­ru­fe­ne staat­li­che Ge­richt sei­ne Zu­stän­dig­keit ab, es sei denn:

a.
die be­klag­te Par­tei ha­be sich vor­be­halt­los auf das Ver­fah­ren ein­ge­las­sen;
b.
das Ge­richt stel­le fest, dass die Schieds­ver­ein­ba­rung of­fen­sicht­lich un­gül­tig oder nicht er­füll­bar sei; oder
c.
das Schieds­ge­richt kön­ne nicht be­stellt wer­den aus Grün­den, für wel­che die im Schieds­ver­fah­ren be­klag­te Par­tei of­fen­sicht­lich ein­zu­ste­hen hat.

4. Titel: Rechtshängigkeit und Folgen des Klagerückzugs

Art. 62 Beginn der Rechtshängigkeit

1 Die Ein­rei­chung ei­nes Schlich­tungs­ge­su­ches, ei­ner Kla­ge, ei­nes Ge­su­ches oder ei­nes ge­mein­sa­men Schei­dungs­be­geh­rens be­grün­det Rechts­hän­gig­keit.

2 Der Ein­gang die­ser Ein­ga­ben wird den Par­tei­en be­stä­tigt.

Art. 63 Rechtshängigkeit bei fehlender Zuständigkeit und falscher Verfahrensart

1 Wird ei­ne Ein­ga­be, die man­gels Zu­stän­dig­keit zu­rück­ge­zo­gen oder auf die nicht ein­ge­tre­ten wur­de, in­nert ei­nes Mo­na­tes seit dem Rück­zug oder dem Nicht­ein­tre­tens­ent­scheid bei der zu­stän­di­gen Schlich­tungs­be­hör­de oder beim zu­stän­di­gen Ge­richt neu ein­ge­reicht, so gilt als Zeit­punkt der Rechts­hän­gig­keit das Da­tum der ers­ten Ein­rei­chung.

2 Glei­ches gilt, wenn ei­ne Kla­ge nicht im rich­ti­gen Ver­fah­ren ein­ge­reicht wur­de.

3 Vor­be­hal­ten blei­ben die be­son­de­ren ge­setz­li­chen Kla­ge­fris­ten nach dem SchKG32.

Art. 64 Wirkungen der Rechtshängigkeit

1 Die Rechts­hän­gig­keit hat ins­be­son­de­re fol­gen­de Wir­kun­gen:

a.
der Streit­ge­gen­stand kann zwi­schen den glei­chen Par­tei­en nicht an­der­wei­tig rechts­hän­gig ge­macht wer­den;
b.
die ört­li­che Zu­stän­dig­keit bleibt er­hal­ten.

2 Für die Wah­rung ei­ner ge­setz­li­chen Frist des Pri­vat­rechts, die auf den Zeit­punkt der Kla­ge, der Kla­gean­he­bung oder auf einen an­de­ren ver­fah­rensein­lei­ten­den Schritt ab­stellt, ist die Rechts­hän­gig­keit nach die­sem Ge­setz mass­ge­bend.

Art. 65 Folgen des Klagerückzugs

Wer ei­ne Kla­ge beim zum Ent­scheid zu­stän­di­gen Ge­richt zu­rück­zieht, kann ge­gen die glei­che Par­tei über den glei­chen Streit­ge­gen­stand kei­nen zwei­ten Pro­zess mehr füh­ren, so­fern das Ge­richt die Kla­ge der be­klag­ten Par­tei be­reits zu­ge­stellt hat und die­se dem Rück­zug nicht zu­stimmt.

5. Titel: Die Parteien und die Beteiligung Dritter

1. Kapitel: Partei- und Prozessfähigkeit

Art. 66 Parteifähigkeit

Par­tei­fä­hig ist, wer rechts­fä­hig ist oder von Bun­des­rechts we­gen als Par­tei auf­tre­ten kann.

Art. 67 Prozessfähigkeit

1 Pro­zess­fä­hig ist, wer hand­lungs­fä­hig ist.

2 Für ei­ne hand­lungs­un­fä­hi­ge Per­son han­delt ih­re ge­setz­li­che Ver­tre­tung.

3 So­weit ei­ne hand­lungs­un­fä­hi­ge Per­son ur­teils­fä­hig ist, kann sie:

a.
selbst­stän­dig Rech­te aus­üben, die ihr um ih­rer Per­sön­lich­keit wil­len zu­ste­hen;
b.
vor­läu­fig selbst das Nö­ti­ge vor­keh­ren, wenn Ge­fahr in Ver­zug ist.

2. Kapitel: Parteivertretung

Art. 68 Vertragliche Vertretung

1 Je­de pro­zess­fä­hi­ge Par­tei kann sich im Pro­zess ver­tre­ten las­sen.

2 Zur be­rufs­mäs­si­gen Ver­tre­tung sind be­fugt:

a.
in al­len Ver­fah­ren: An­wäl­tin­nen und An­wäl­te, die nach dem An­walts­ge­setz vom 23. Ju­ni 200033 be­rech­tigt sind, Par­tei­en vor schwei­ze­ri­schen Ge­rich­ten zu ver­tre­ten;
b.
vor der Schlich­tungs­be­hör­de, in ver­mö­gens­recht­li­chen Strei­tig­kei­ten des ver­ein­fach­ten Ver­fah­rens so­wie in den An­ge­le­gen­hei­ten des sum­ma­ri­schen Ver­fah­rens: pa­ten­tier­te Sach­wal­te­rin­nen und Sach­wal­ter so­wie Recht­s­agen­tin­nen und Recht­s­agen­ten, so­weit das kan­to­na­le Recht es vor­sieht;
c.
in den An­ge­le­gen­hei­ten des sum­ma­ri­schen Ver­fah­rens nach Ar­ti­kel 251 die­ses Ge­set­zes: ge­werbs­mäs­si­ge Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter nach Ar­ti­kel 27 SchKG34;
d.
vor den Miet- und Ar­beits­ge­rich­ten be­ruf­lich qua­li­fi­zier­te Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter, so­weit das kan­to­na­le Recht es vor­sieht.

3 Die Ver­tre­te­rin oder der Ver­tre­ter hat sich durch ei­ne Voll­macht aus­zu­wei­sen.

4 Das Ge­richt kann das per­sön­li­che Er­schei­nen ei­ner ver­tre­te­nen Par­tei an­ord­nen.

Art. 69 Unvermögen der Partei

1 Ist ei­ne Par­tei of­fen­sicht­lich nicht im­stan­de, den Pro­zess selbst zu füh­ren, so kann das Ge­richt sie auf­for­dern, ei­ne Ver­tre­te­rin oder einen Ver­tre­ter zu be­auf­tra­gen. Leis­tet die Par­tei in­nert der an­ge­setz­ten Frist kei­ne Fol­ge, so be­stellt ihr das Ge­richt ei­ne Ver­tre­tung.

2 Das Ge­richt be­nach­rich­tigt die Er­wach­se­nen- und Kin­des­schutz­be­hör­de, wenn es Schutz­mass­nah­men für ge­bo­ten hält.35

35 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 2 Ziff. 3, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221; AS 2011 725; BBl 2006 7001).

3. Kapitel: Streitgenossenschaft

Art. 70 Notwendige Streitgenossenschaft

1 Sind meh­re­re Per­so­nen an ei­nem Rechts­ver­hält­nis be­tei­ligt, über das nur mit Wir­kung für al­le ent­schie­den wer­den kann, so müs­sen sie ge­mein­sam kla­gen oder be­klagt wer­den.

2 Recht­zei­ti­ge Pro­zess­hand­lun­gen ei­nes Streit­ge­nos­sen wir­ken auch für säu­mi­ge Streit­ge­nos­sen; aus­ge­nom­men ist das Er­grei­fen von Rechts­mit­teln.

Art. 71 Einfache Streitgenossenschaft

1 Sol­len Rech­te und Pflich­ten be­ur­teilt wer­den, die auf gleich­ar­ti­gen Tat­sa­chen oder Rechts­grün­den be­ru­hen, so kön­nen meh­re­re Per­so­nen ge­mein­sam kla­gen oder be­klagt wer­den.

2 Die ein­fa­che Streit­ge­nos­sen­schaft ist aus­ge­schlos­sen, wenn für die ein­zel­nen Kla­gen nicht die glei­che Ver­fah­rens­art an­wend­bar ist.

3 Je­der Streit­ge­nos­se kann den Pro­zess un­ab­hän­gig von den an­dern Streit­ge­nos­sen füh­ren.

Art. 72 Gemeinsame Vertretung

Die Streit­ge­nos­sen kön­nen ei­ne ge­mein­sa­me Ver­tre­tung be­zeich­nen, sonst er­ge­hen Zu­stel­lun­gen an je­den ein­zel­nen Streit­ge­nos­sen.

4. Kapitel: Intervention

1. Abschnitt: Hauptintervention

Art. 73

1 Wer am Streit­ge­gen­stand ein bes­se­res Recht be­haup­tet, das bei­de Par­tei­en ganz oder teil­wei­se aus­sch­liesst, kann beim Ge­richt, bei dem der Pro­zess ers­tin­stanz­lich rechts­hän­gig ist, ge­gen bei­de Par­tei­en Kla­ge er­he­ben.

2 Das Ge­richt kann den Pro­zess bis zur rechts­kräf­ti­gen Er­le­di­gung der Kla­ge des Haupt­in­ter­ve­ni­en­ten ein­stel­len oder die Ver­fah­ren ver­ei­ni­gen.

2. Abschnitt: Nebenintervention

Art. 74 Grundsatz

Wer ein recht­li­ches In­ter­es­se glaub­haft macht, dass ei­ne rechts­hän­gi­ge Strei­tig­keit zu­guns­ten der einen Par­tei ent­schie­den wer­de, kann im Pro­zess je­der­zeit als Ne­ben­par­tei in­ter­ve­nie­ren und zu die­sem Zweck beim Ge­richt ein In­ter­ven­ti­ons­ge­such stel­len.

Art. 75 Gesuch

1 Das In­ter­ven­ti­ons­ge­such ent­hält den Grund der In­ter­ven­ti­on und die Be­zeich­nung der Par­tei, zu de­ren Un­ter­stüt­zung in­ter­ve­niert wird.

2 Das Ge­richt ent­schei­det über das Ge­such nach An­hö­rung der Par­tei­en. Der Ent­scheid ist mit Be­schwer­de an­fecht­bar.

Art. 76 Rechte der intervenierenden Person

1 Die in­ter­ve­nie­ren­de Per­son kann zur Un­ter­stüt­zung der Haupt­par­tei al­le Pro­zess­hand­lun­gen vor­neh­men, die nach dem Stand des Ver­fah­rens zu­läs­sig sind, ins­be­son­de­re al­le An­griffs- und Ver­tei­di­gungs­mit­tel gel­tend ma­chen und auch Rechts­mit­tel er­grei­fen.

2 Ste­hen die Pro­zess­hand­lun­gen der in­ter­ve­nie­ren­den Per­son mit je­nen der Haupt­par­tei im Wi­der­spruch, so sind sie im Pro­zess un­be­acht­lich.

Art. 77 Wirkungen der Intervention

Ein für die Haupt­par­tei un­güns­ti­ges Er­geb­nis des Pro­zes­ses wirkt auch ge­gen die in­ter­ve­nie­ren­de Per­son, es sei denn:

a.
sie sei durch die La­ge des Pro­zes­ses zur Zeit ih­res Ein­tritts oder durch Hand­lun­gen oder Un­ter­las­sun­gen der Haupt­par­tei ver­hin­dert ge­we­sen, An­griffs- und Ver­tei­di­gungs­mit­tel gel­tend zu ma­chen; oder
b.
ihr un­be­kann­te An­griffs- oder Ver­tei­di­gungs­mit­tel sei­en von der Haupt­par­tei ab­sicht­lich oder grob­fahr­läs­sig nicht gel­tend ge­macht wor­den.

5. Kapitel: Streitverkündung

1. Abschnitt: Einfache Streitverkündung

Art. 78 Grundsätze

1 Ei­ne Par­tei, die für den Fall ih­res Un­ter­lie­gens ei­ne drit­te Per­son be­lan­gen will oder den An­spruch ei­ner drit­ten Per­son be­fürch­tet, kann die­se auf­for­dern, sie im Pro­zess zu un­ter­stüt­zen.

2 Die streit­be­ru­fe­ne Per­son kann den Streit wei­ter ver­kün­den.

Art. 79 Stellung der streitberufenen Person

1 Die streit­be­ru­fe­ne Per­son kann:

a.
zu­guns­ten der Par­tei, die ihr den Streit ver­kün­det hat, oh­ne wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen in­ter­ve­nie­ren; oder
b.
an­stel­le der Par­tei, die ihr den Streit ver­kün­det hat, mit de­ren Ein­ver­ständ­nis den Pro­zess füh­ren.

2 Lehnt sie den Ein­tritt ab oder er­klärt sie sich nicht, so wird der Pro­zess oh­ne Rück­sicht auf sie fort­ge­setzt.

Art. 80 Wirkungen der Streitverkündung

Ar­ti­kel 77 gilt sinn­ge­mä­ss.

2. Abschnitt: Streitverkündungsklage

Art. 81 Grundsätze

1 Die streit­ver­kün­den­de Par­tei kann ih­re An­sprü­che, die sie im Fal­le des Un­ter­lie­gens ge­gen die streit­be­ru­fe­ne Per­son zu ha­ben glaubt, beim Ge­richt, das mit der Haupt­kla­ge be­fasst ist, gel­tend ma­chen.

2 Die streit­be­ru­fe­ne Per­son kann kei­ne wei­te­re Streit­ver­kün­dungs­kla­ge er­he­ben.

3 Im ver­ein­fach­ten und im sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren ist die Streit­ver­kün­dungs­kla­ge un­zu­läs­sig.

Art. 82 Verfahren

1 Die Zu­las­sung der Streit­ver­kün­dungs­kla­ge ist mit der Kla­geant­wort oder mit der Re­plik im Haupt­pro­zess zu be­an­tra­gen. Die Rechts­be­geh­ren, wel­che die streit­ver­kün­den­de Par­tei ge­gen die streit­be­ru­fe­ne Per­son zu stel­len ge­denkt, sind zu nen­nen und kurz zu be­grün­den.

2 Das Ge­richt gibt der Ge­gen­par­tei so­wie der streit­be­ru­fe­nen Per­son Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me.

3 Wird die Streit­ver­kün­dungs­kla­ge zu­ge­las­sen, so be­stimmt das Ge­richt Zeit­punkt und Um­fang des be­tref­fen­den Schrif­ten­wech­sels; Ar­ti­kel 125 bleibt vor­be­hal­ten.

4 Der Ent­scheid über die Zu­las­sung der Kla­ge ist mit Be­schwer­de an­fecht­bar.

6. Kapitel: Parteiwechsel

Art. 83

1 Wird das Streit­ob­jekt wäh­rend des Pro­zes­ses ver­äus­sert, so kann die Er­wer­be­rin oder der Er­wer­ber an Stel­le der ver­äus­sern­den Par­tei in den Pro­zess ein­tre­ten.

2 Die ein­tre­ten­de Par­tei haf­tet für die ge­sam­ten Pro­zess­kos­ten. Für die bis zum Partei­wech­sel auf­ge­lau­fe­nen Pro­zess­kos­ten haf­tet die aus­schei­den­de Par­tei so­li­da­risch mit.

3 In be­grün­de­ten Fäl­len hat die ein­tre­ten­de Par­tei auf Ver­lan­gen der Ge­gen­par­tei für die Voll­stre­ckung des Ent­schei­des Si­cher­heit zu leis­ten.

4 Oh­ne Ver­äus­se­rung des Streit­ob­jekts ist ein Partei­wech­sel nur mit Zu­stim­mung der Ge­gen­par­tei zu­läs­sig; be­son­de­re ge­setz­li­che Be­stim­mun­gen über die Rechts­nach­fol­ge blei­ben vor­be­hal­ten.

6. Titel: Klagen

Art. 84 Leistungsklage

1 Mit der Leis­tungs­kla­ge ver­langt die kla­gen­de Par­tei die Ver­ur­tei­lung der be­klag­ten Par­tei zu ei­nem be­stimm­ten Tun, Un­ter­las­sen oder Dul­den.

2 Wird die Be­zah­lung ei­nes Geld­be­tra­ges ver­langt, so ist die­ser zu be­zif­fern.

Art. 85 Unbezifferte Forderungsklage

1 Ist es der kla­gen­den Par­tei un­mög­lich oder un­zu­mut­bar, ih­re For­de­rung be­reits zu Be­ginn des Pro­zes­ses zu be­zif­fern, so kann sie ei­ne un­be­zif­fer­te For­de­rungs­kla­ge er­he­ben. Sie muss je­doch einen Min­dest­wert an­ge­ben, der als vor­läu­fi­ger Streit­wert gilt.

2 Die For­de­rung ist zu be­zif­fern, so­bald die kla­gen­de Par­tei nach Ab­schluss des Be­weis­ver­fah­rens oder nach Aus­kunft­s­er­tei­lung durch die be­klag­te Par­tei da­zu in der La­ge ist. Das an­ge­ru­fe­ne Ge­richt bleibt zu­stän­dig, auch wenn der Streit­wert die sach­li­che Zu­stän­dig­keit über­steigt.

Art. 86 Teilklage

Ist ein An­spruch teil­bar, so kann auch nur ein Teil ein­ge­klagt wer­den.

Art. 87 Gestaltungsklage

Mit der Ge­stal­tungs­kla­ge ver­langt die kla­gen­de Par­tei die Be­grün­dung, Än­de­rung oder Auf­he­bung ei­nes be­stimm­ten Rechts oder Rechts­ver­hält­nis­ses.

Art. 88 Feststellungsklage

Mit der Fest­stel­lungs­kla­ge ver­langt die kla­gen­de Par­tei die ge­richt­li­che Fest­stel­lung, dass ein Recht oder Rechts­ver­hält­nis be­steht oder nicht be­steht.

Art. 89 Verbandsklage

1 Ver­ei­ne und an­de­re Or­ga­ni­sa­tio­nen von ge­samtschwei­ze­ri­scher oder re­gio­na­ler Be­deu­tung, die nach ih­ren Sta­tu­ten zur Wah­rung der In­ter­es­sen be­stimm­ter Per­so­nen­grup­pen be­fugt sind, kön­nen in ei­ge­nem Na­men auf Ver­let­zung der Per­sön­lich­keit der An­ge­hö­ri­gen die­ser Per­so­nen­grup­pen kla­gen.

2 Mit der Ver­bands­kla­ge kann be­an­tragt wer­den:

a.
ei­ne dro­hen­de Ver­let­zung zu ver­bie­ten;
b.
ei­ne be­ste­hen­de Ver­let­zung zu be­sei­ti­gen;
c.
die Wi­der­recht­lich­keit ei­ner Ver­let­zung fest­zu­stel­len, wenn sich die­se wei­ter­hin stö­rend aus­wirkt.

3 Be­son­de­re ge­setz­li­che Be­stim­mun­gen über die Ver­bands­kla­ge blei­ben vor­be­hal­ten.

Art. 90 Klagenhäufung

Die kla­gen­de Par­tei kann meh­re­re An­sprü­che ge­gen die­sel­be Par­tei in ei­ner Kla­ge ver­ei­nen, so­fern:

a.
das glei­che Ge­richt da­für sach­lich zu­stän­dig ist; und
b.
die glei­che Ver­fah­rens­art an­wend­bar ist.

7. Titel: Streitwert

Art. 91 Grundsatz

1 Der Streit­wert wird durch das Rechts­be­geh­ren be­stimmt. Zin­sen und Kos­ten des lau­fen­den Ver­fah­rens oder ei­ner all­fäl­li­gen Pu­bli­ka­ti­on des Ent­scheids so­wie all­fäl­li­ge Even­tu­al­be­geh­ren wer­den nicht hin­zu­ge­rech­net.

2 Lau­tet das Rechts­be­geh­ren nicht auf ei­ne be­stimm­te Geld­sum­me, so setzt das Ge­richt den Streit­wert fest, so­fern sich die Par­tei­en dar­über nicht ei­ni­gen oder ih­re An­ga­ben of­fen­sicht­lich un­rich­tig sind.

Art. 92 Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen

1 Als Wert wie­der­keh­ren­der Nut­zun­gen oder Leis­tun­gen gilt der Ka­pi­tal­wert.

2 Bei un­ge­wis­ser oder un­be­schränk­ter Dau­er gilt als Ka­pi­tal­wert der zwan­zig­fa­che Be­trag der ein­jäh­ri­gen Nut­zung oder Leis­tung und bei Leib­ren­ten der Bar­wert.

Art. 93 Streitgenossenschaft und Klagenhäufung

1 Bei ein­fa­cher Streit­ge­nos­sen­schaft und Kla­gen­häu­fung wer­den die gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che zu­sam­men­ge­rech­net, so­fern sie sich nicht ge­gen­sei­tig aus­sch­lies­sen.

2 Bei ein­fa­cher Streit­ge­nos­sen­schaft bleibt die Ver­fah­rens­art trotz Zu­sam­men­rech­nung des Streit­werts er­hal­ten.

Art. 94 Widerklage

1 Ste­hen sich Kla­ge und Wi­der­kla­ge ge­gen­über, so be­stimmt sich der Streit­wert nach dem hö­he­ren Rechts­be­geh­ren.

2 Zur Be­stim­mung der Pro­zess­kos­ten wer­den die Streit­wer­te zu­sam­men­ge­rech­net, so­fern sich Kla­ge und Wi­der­kla­ge nicht ge­gen­sei­tig aus­sch­lies­sen.

8. Titel: Prozesskosten und unentgeltliche Rechtspflege

1. Kapitel: Prozesskosten

Art. 95 Begriffe

1 Pro­zess­kos­ten sind:

a.
die Ge­richts­kos­ten;
b.
die Par­tei­ent­schä­di­gung.

2 Ge­richts­kos­ten sind:

a.
die Pau­scha­len für das Schlich­tungs­ver­fah­ren;
b.
die Pau­scha­len für den Ent­scheid (Ent­scheid­ge­bühr);
c.
die Kos­ten der Be­weis­füh­rung;
d.
die Kos­ten für die Über­set­zung;
e.
die Kos­ten für die Ver­tre­tung des Kin­des (Art. 299 und 300).

3 Als Par­tei­ent­schä­di­gung gilt:

a.
der Er­satz not­wen­di­ger Aus­la­gen;
b.
die Kos­ten ei­ner be­rufs­mäs­si­gen Ver­tre­tung;
c.
in be­grün­de­ten Fäl­len: ei­ne an­ge­mes­se­ne Um­triebs­ent­schä­di­gung, wenn ei­ne Par­tei nicht be­rufs­mäs­sig ver­tre­ten ist.

Art. 96 Tarife

Die Kan­to­ne set­zen die Ta­ri­fe für die Pro­zess­kos­ten fest.

Art. 97 Aufklärung über die Prozesskosten

Das Ge­richt klärt die nicht an­walt­lich ver­tre­te­ne Par­tei über die mut­mass­li­che Hö­he der Pro­zess­kos­ten so­wie über die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge auf.

Art. 98 Kostenvorschuss

Das Ge­richt kann von der kla­gen­den Par­tei einen Vor­schuss bis zur Hö­he der mut­mass­li­chen Ge­richts­kos­ten ver­lan­gen.

Art. 99 Sicherheit für die Parteientschädigung

1 Die kla­gen­de Par­tei hat auf An­trag der be­klag­ten Par­tei für de­ren Par­tei­ent­schä­di­gung Si­cher­heit zu leis­ten, wenn sie:

a.
kei­nen Wohn­sitz oder Sitz in der Schweiz hat;
b.
zah­lungs­un­fä­hig er­scheint, na­ment­lich wenn ge­gen sie der Kon­kurs er­öff­net oder ein Nach­lass­ver­fah­ren im Gang ist oder Ver­lust­schei­ne be­ste­hen;
c.
Pro­zess­kos­ten aus frü­he­ren Ver­fah­ren schul­det; oder
d.
wenn an­de­re Grün­de für ei­ne er­heb­li­che Ge­fähr­dung der Par­tei­ent­schä­di­gung be­ste­hen.

2 Bei not­wen­di­ger Streit­ge­nos­sen­schaft ist nur dann Si­cher­heit zu leis­ten, wenn bei al­len Streit­ge­nos­sen ei­ne der Vor­aus­set­zun­gen ge­ge­ben ist.

3 Kei­ne Si­cher­heit ist zu leis­ten:

a.
im ver­ein­fach­ten Ver­fah­ren mit Aus­nah­me der ver­mö­gens­recht­li­chen Strei­tig­kei­ten nach Ar­ti­kel 243 Ab­satz 1;
b.
im Schei­dungs­ver­fah­ren;
c.
im sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren mit Aus­nah­me des Rechts­schut­zes in kla­ren Fäl­len (Art. 257);
d.36
im Ver­fah­ren we­gen ei­ner Strei­tig­keit nach dem DSG37.

36 Ein­ge­fügt durch An­hang 1 Ziff. II 24 des Da­ten­schutz­ge­set­zes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

37 SR 235.1

Art. 100 Art und Höhe der Sicherheit

1 Die Si­cher­heit kann in bar oder durch Ga­ran­tie ei­ner in der Schweiz nie­der­ge­las­se­nen Bank oder ei­nes zum Ge­schäfts­be­trieb in der Schweiz zu­ge­las­se­nen Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­mens ge­leis­tet wer­den.

2 Das Ge­richt kann die zu leis­ten­de Si­cher­heit nach­träg­lich er­hö­hen, her­ab­set­zen oder auf­he­ben.

Art. 101 Leistung des Vorschusses und der Sicherheit

1 Das Ge­richt setzt ei­ne Frist zur Leis­tung des Vor­schus­ses und der Si­cher­heit.

2 Vor­sorg­li­che Mass­nah­men kann es schon vor Leis­tung der Si­cher­heit an­ord­nen.

3 Wer­den der Vor­schuss oder die Si­cher­heit auch nicht in­nert ei­ner Nach­frist ge­leis­tet, so tritt das Ge­richt auf die Kla­ge oder auf das Ge­such nicht ein.

Art. 102 Vorschuss für Beweiserhebungen

1 Je­de Par­tei hat die Aus­la­gen des Ge­richts vor­zu­schies­sen, die durch von ihr be­an­trag­te Be­weis­er­he­bun­gen ver­an­lasst wer­den.

2 Be­an­tra­gen die Par­tei­en das­sel­be Be­weis­mit­tel, so hat je­de Par­tei die Hälf­te vor­zu­schies­sen.

3 Leis­tet ei­ne Par­tei ih­ren Vor­schuss nicht, so kann die an­de­re die Kos­ten vor­schies­sen; an­dern­falls un­ter­bleibt die Be­weis­er­he­bung. Vor­be­hal­ten blei­ben Strei­tig­kei­ten, in de­nen das Ge­richt den Sach­ver­halt von Am­tes we­gen zu er­for­schen hat.

Art. 103 Rechtsmittel

Ent­schei­de über die Leis­tung von Vor­schüs­sen und Si­cher­hei­ten sind mit Be­schwer­de an­fecht­bar.

2. Kapitel: Verteilung und Liquidation der Prozesskosten

Art. 104 Entscheid über die Prozesskosten

1 Das Ge­richt ent­schei­det über die Pro­zess­kos­ten in der Re­gel im En­dent­scheid.

2 Bei ei­nem Zwi­schen­ent­scheid (Art. 237) kön­nen die bis zu die­sem Zeit­punkt ent­stan­de­nen Pro­zess­kos­ten ver­teilt wer­den.

3 Über die Pro­zess­kos­ten vor­sorg­li­cher Mass­nah­men kann zu­sam­men mit der Haupt­sa­che ent­schie­den wer­den.

4 In ei­nem Rück­wei­sungs­ent­scheid kann die obe­re In­stanz die Ver­tei­lung der Pro­zess­kos­ten des Rechts­mit­tel­ver­fah­rens der Vor­in­stanz über­las­sen.

Art. 105 Festsetzung und Verteilung der Prozesskosten

1 Die Ge­richts­kos­ten wer­den von Am­tes we­gen fest­ge­setzt und ver­teilt.

2 Die Par­tei­ent­schä­di­gung spricht das Ge­richt nach den Ta­ri­fen (Art. 96) zu. Die Par­tei­en kön­nen ei­ne Kos­ten­no­te ein­rei­chen.

Art. 106 Verteilungsgrundsätze

1 Die Pro­zess­kos­ten wer­den der un­ter­lie­gen­den Par­tei auf­er­legt. Bei Nicht­ein­tre­ten und bei Kla­ge­rück­zug gilt die kla­gen­de Par­tei, bei An­er­ken­nung der Kla­ge die be­klag­te Par­tei als un­ter­lie­gend.

2 Hat kei­ne Par­tei voll­stän­dig ob­siegt, so wer­den die Pro­zess­kos­ten nach dem Aus­gang des Ver­fah­rens ver­teilt.

3 Sind am Pro­zess meh­re­re Per­so­nen als Haupt- oder Ne­ben­par­tei­en be­tei­ligt, so be­stimmt das Ge­richt ih­ren An­teil an den Pro­zess­kos­ten. Es kann auf so­li­da­ri­sche Haf­tung er­ken­nen.

Art. 107 Verteilung nach Ermessen

1 Das Ge­richt kann von den Ver­tei­lungs­grund­sät­zen ab­wei­chen und die Pro­zess­kos­ten nach Er­mes­sen ver­tei­len:

a.
wenn die Kla­ge zwar grund­sätz­lich, aber nicht in der Hö­he der For­de­rung gut­ge­heis­sen wur­de und die­se Hö­he vom ge­richt­li­chen Er­mes­sen ab­hän­gig oder die Be­zif­fe­rung des An­spruchs schwie­rig war;
b.
wenn ei­ne Par­tei in gu­ten Treu­en zur Pro­zess­füh­rung ver­an­lasst war;
c.
in fa­mi­li­en­recht­li­chen Ver­fah­ren;
d.
in Ver­fah­ren bei ein­ge­tra­ge­ner Part­ner­schaft;
e.
wenn das Ver­fah­ren als ge­gen­stands­los ab­ge­schrie­ben wird und das Ge­setz nichts an­de­res vor­sieht;
f.
wenn an­de­re be­son­de­re Um­stän­de vor­lie­gen, die ei­ne Ver­tei­lung nach dem Aus­gang des Ver­fah­rens als un­bil­lig er­schei­nen las­sen.

1bis Das Ge­richt kann die Pro­zess­kos­ten bei Ab­wei­sung ge­sell­schafts­recht­li­cher Kla­gen, die auf Leis­tung an die Ge­sell­schaft lau­ten, nach Er­mes­sen auf die Ge­sell­schaft und die kla­gen­de Par­tei auf­tei­len.38

2 Das Ge­richt kann Ge­richts­kos­ten, die we­der ei­ne Par­tei noch Drit­te ver­an­lasst ha­ben, aus Bil­lig­keits­grün­den dem Kan­ton auf­er­le­gen.

38 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 17. März 2017 (Han­dels­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 957; BBl 2015 3617).

Art. 108 Unnötige Prozesskosten

Un­nö­ti­ge Pro­zess­kos­ten hat zu be­zah­len, wer sie ver­ur­sacht hat.

Art. 109 Verteilung bei Vergleich

1 Bei ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich trägt je­de Par­tei die Pro­zess­kos­ten nach Mass­ga­be des Ver­gleichs.

2 Die Kos­ten wer­den nach den Ar­ti­keln 106–108 ver­teilt, wenn:

a.
der Ver­gleich kei­ne Re­ge­lung ent­hält; oder
b.
die ge­trof­fe­ne Re­ge­lung ein­sei­tig zu­las­ten ei­ner Par­tei geht, wel­cher die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge be­wil­ligt wor­den ist.

Art. 110 Rechtsmittel

Der Kos­ten­ent­scheid ist selbst­stän­dig nur mit Be­schwer­de an­fecht­bar.

Art. 111 Liquidation der Prozesskosten

1 Die Ge­richts­kos­ten wer­den mit den ge­leis­te­ten Vor­schüs­sen der Par­tei­en ver­rech­net. Ein Fehl­be­trag wird von der kos­ten­pflich­ti­gen Per­son nach­ge­for­dert.

2 Die kos­ten­pflich­ti­ge Par­tei hat der an­de­ren Par­tei die ge­leis­te­ten Vor­schüs­se zu er­set­zen so­wie die zu­ge­spro­che­ne Par­tei­ent­schä­di­gung zu be­zah­len.

3 Vor­be­hal­ten blei­ben die Be­stim­mun­gen über die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge.

Art. 112 Stundung, Erlass, Verjährung und Verzinsung der Gerichtskosten

1 Ge­richts­kos­ten kön­nen ge­stun­det oder bei dau­ern­der Mit­tel­lo­sig­keit er­las­sen wer­den.

2 Die For­de­run­gen ver­jäh­ren zehn Jah­re nach Ab­schluss des Ver­fah­rens.

3 Der Ver­zugs­zins be­trägt 5 Pro­zent.

3. Kapitel: Besondere Kostenregelungen

Art. 113 Schlichtungsverfahren

1 Im Schlich­tungs­ver­fah­ren wer­den kei­ne Par­tei­ent­schä­di­gun­gen ge­spro­chen. Vor­be­hal­ten bleibt die Ent­schä­di­gung ei­ner un­ent­gelt­li­chen Rechts­bei­stän­din oder ei­nes un­ent­gelt­li­chen Rechts­bei­stan­des durch den Kan­ton.

2 Kei­ne Ge­richts­kos­ten wer­den ge­spro­chen in Strei­tig­kei­ten:

a.
nach dem Gleich­stel­lungs­ge­setz vom 24. März 199539;
b.
nach dem Be­hin­der­ten­gleich­stel­lungs­ge­setz vom 13. De­zem­ber 200240;
c.
aus Mie­te und Pacht von Wohn- und Ge­schäfts­räu­men so­wie aus land­wirt­schaft­li­cher Pacht;
d.
aus dem Ar­beits­ver­hält­nis so­wie nach dem Ar­beits­ver­mitt­lungs­ge­setz vom 6. Ok­to­ber 198941 bis zu ei­nem Streit­wert von 30 000 Fran­ken;
e.
nach dem Mit­wir­kungs­ge­setz vom 17. De­zem­ber 199342;
f.
aus Zu­satz­ver­si­che­run­gen zur so­zia­len Kran­ken­ver­si­che­rung nach dem Bun­des­ge­setz vom 18. März 199443 über die Kran­ken­ver­si­che­rung;
g.44
nach dem DSG45.

39 SR 151.1

40 SR 151.3

41 SR 823.11

42 SR 822.14

43 SR 832.10

44 Ein­ge­fügt durch An­hang 1 Ziff. II 24 des Da­ten­schutz­ge­set­zes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

45 SR 235.1

Art. 114 Entscheidverfahren

Im Ent­scheid­ver­fah­ren wer­den kei­ne Ge­richts­kos­ten ge­spro­chen bei Strei­tig­kei­ten:

a.
nach dem Gleich­stel­lungs­ge­setz vom 24. März 199546;
b.
nach dem Be­hin­der­ten­gleich­stel­lungs­ge­setz vom 13. De­zem­ber 200247;
c.
aus dem Ar­beits­ver­hält­nis so­wie nach dem Ar­beits­ver­mitt­lungs­ge­setz vom 6. Ok­to­ber 198948 bis zu ei­nem Streit­wert von 30 000 Fran­ken;
d.
nach dem Mit­wir­kungs­ge­setz vom 17. De­zem­ber 199349;
e.
aus Zu­satz­ver­si­che­run­gen zur so­zia­len Kran­ken­ver­si­che­rung nach dem Bun­des­ge­setz vom 18. März 199450 über die Kran­ken­ver­si­che­rung;
f.51
we­gen Ge­walt, Dro­hun­gen oder Nach­stel­lun­gen nach Ar­ti­kel 28b ZGB52 oder be­tref­fend die elek­tro­ni­sche Über­wa­chung nach Ar­ti­kel 28c ZGB;
g.53
nach dem DSG54.

46 SR 151.1

47 SR 151.3

48 SR 823.11

49 SR 822.14

50 SR 832.10

51 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

52 SR 210

53 Ein­ge­fügt durch An­hang 1 Ziff. II 24 des Da­ten­schutz­ge­set­zes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

54 SR 235.1

Art. 115 Kostentragungspflicht

1 Bei bös- oder mut­wil­li­ger Pro­zess­füh­rung kön­nen die Ge­richts­kos­ten auch in den un­ent­gelt­li­chen Ver­fah­ren ei­ner Par­tei auf­er­legt wer­den.

2 BeiStreitigkeiten nach Artikel 114 Buchstabe f können die Gerichtskosten der unterliegenden Partei auferlegt werden, wenn gegen sie ein Verbot nach Artikel 28bZGB55oder eine elektronische Überwachung nach Artikel 28cZGB angeordnet wird.56

55 SR 210

56 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

Art. 116 Kostenbefreiung nach kantonalem Recht

1 Die Kan­to­ne kön­nen wei­te­re Be­frei­un­gen von den Pro­zess­kos­ten ge­wäh­ren.

2 Be­frei­un­gen, wel­che ein Kan­ton sich selbst, sei­nen Ge­mein­den und an­de­ren kan­to­nal­recht­li­chen Kör­per­schaf­ten ge­währt, gel­ten auch für den Bund.

4. Kapitel: Unentgeltliche Rechtspflege

Art. 117 Anspruch

Ei­ne Per­son hat An­spruch auf un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge, wenn:

a.
sie nicht über die er­for­der­li­chen Mit­tel ver­fügt; und
b.
ihr Rechts­be­geh­ren nicht aus­sichts­los er­scheint.

Art. 118 Umfang

1 Die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge um­fasst:

a.
die Be­frei­ung von Vor­schuss- und Si­cher­heits­leis­tun­gen;
b.
die Be­frei­ung von den Ge­richts­kos­ten;
c.
die ge­richt­li­che Be­stel­lung ei­ner Rechts­bei­stän­din oder ei­nes Rechts­bei­stan­des, wenn dies zur Wah­rung der Rech­te not­wen­dig ist, ins­be­son­de­re wenn die Ge­gen­par­tei an­walt­lich ver­tre­ten ist; die Rechts­bei­stän­din oder der Rechts­bei­stand kann be­reits zur Vor­be­rei­tung des Pro­zes­ses be­stellt wer­den.

2 Sie kann ganz oder teil­wei­se ge­währt wer­den.

3 Sie be­freit nicht von der Be­zah­lung ei­ner Par­tei­ent­schä­di­gung an die Ge­gen­par­tei.

Art. 119 Gesuch und Verfahren

1 Das Ge­such um un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge kann vor oder nach Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit ge­stellt wer­den.

2 Die ge­such­stel­len­de Per­son hat ih­re Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­ver­hält­nis­se dar­zu­le­gen und sich zur Sa­che so­wie über ih­re Be­weis­mit­tel zu äus­sern. Sie kann die Per­son der ge­wünsch­ten Rechts­bei­stän­din oder des ge­wünsch­ten Rechts­bei­stands im Ge­such be­zeich­nen.

3 Das Ge­richt ent­schei­det über das Ge­such im sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren. Die Ge­gen­par­tei kann an­ge­hört wer­den. Sie ist im­mer an­zu­hö­ren, wenn die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge die Leis­tung der Si­cher­heit für die Par­tei­ent­schä­di­gung um­fas­sen soll.

4 Die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge kann aus­nahms­wei­se rück­wir­kend be­wil­ligt wer­den.

5 Im Rechts­mit­tel­ver­fah­ren ist die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge neu zu be­an­tra­gen.

6 Aus­ser bei Bös- oder Mut­wil­lig­keit wer­den im Ver­fah­ren um die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge kei­ne Ge­richts­kos­ten er­ho­ben.

Art. 120 Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege

Das Ge­richt ent­zieht die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge, wenn der An­spruch dar­auf nicht mehr be­steht oder nie be­stan­den hat.

Art. 121 Rechtsmittel

Wird die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge ganz oder teil­wei­se ab­ge­lehnt oder ent­zo­gen, so kann der Ent­scheid mit Be­schwer­de an­ge­foch­ten wer­den.

Art. 122 Liquidation der Prozesskosten

1 Un­ter­liegt die un­ent­gelt­lich pro­zess­füh­ren­de Par­tei, so wer­den die Pro­zess­kos­ten wie folgt li­qui­diert:

a.
die un­ent­gelt­li­che Rechts­bei­stän­din oder der un­ent­gelt­li­che Rechts­bei­stand wird vom Kan­ton an­ge­mes­sen ent­schä­digt;
b.
die Ge­richts­kos­ten ge­hen zu­las­ten des Kan­tons;
c.
der Ge­gen­par­tei wer­den die Vor­schüs­se, die sie ge­leis­tet hat, zu­rück­er­stat­tet;
d.
die un­ent­gelt­lich pro­zess­füh­ren­de Par­tei hat der Ge­gen­par­tei die Par­tei­ent­schä­di­gung zu be­zah­len.

2 Ob­siegt die un­ent­gelt­lich pro­zess­füh­ren­de Par­tei und ist die Par­tei­ent­schä­di­gung bei der Ge­gen­par­tei nicht oder vor­aus­sicht­lich nicht ein­bring­lich, so wird die un­ent­gelt­li­che Rechts­bei­stän­din oder der un­ent­gelt­li­che Rechts­bei­stand vom Kan­ton an­ge­mes­sen ent­schä­digt. Mit der Zah­lung geht der An­spruch auf den Kan­ton über.

Art. 123 Nachzahlung

1 Ei­ne Par­tei, der die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge ge­währt wur­de, ist zur Nach­zah­lung ver­pflich­tet, so­bald sie da­zu in der La­ge ist.

2 Der An­spruch des Kan­tons ver­jährt zehn Jah­re nach Ab­schluss des Ver­fah­rens.

9. Titel: Prozessleitung, prozessuales Handeln und Fristen

1. Kapitel: Prozessleitung

Art. 124 Grundsätze

1 Das Ge­richt lei­tet den Pro­zess. Es er­lässt die not­wen­di­gen pro­zess­lei­ten­den Ver­fü­gun­gen zur zü­gi­gen Vor­be­rei­tung und Durch­füh­rung des Ver­fah­rens.

2 Die Pro­zess­lei­tung kann an ei­nes der Ge­richts­mit­glie­der de­le­giert wer­den.

3 Das Ge­richt kann je­der­zeit ver­su­chen, ei­ne Ei­ni­gung zwi­schen den Par­tei­en her­bei­zu­füh­ren.

Art. 125 Vereinfachung des Prozesses

Zur Ver­ein­fa­chung des Pro­zes­ses kann das Ge­richt ins­be­son­de­re:

a.
das Ver­fah­ren auf ein­zel­ne Fra­gen oder auf ein­zel­ne Rechts­be­geh­ren be­schrän­ken;
b.
ge­mein­sam ein­ge­reich­te Kla­gen tren­nen;
c.
selbst­stän­dig ein­ge­reich­te Kla­gen ver­ei­ni­gen;
d.
ei­ne Wi­der­kla­ge vom Haupt­ver­fah­ren tren­nen.

Art. 126 Sistierung des Verfahrens

1 Das Ge­richt kann das Ver­fah­ren sis­tie­ren, wenn die Zweck­mäs­sig­keit dies ver­langt. Das Ver­fah­ren kann na­ment­lich sis­tiert wer­den, wenn der Ent­scheid vom Aus­gang ei­nes an­de­ren Ver­fah­rens ab­hän­gig ist.

2 Die Sis­tie­rung ist mit Be­schwer­de an­fecht­bar.

Art. 127 Überweisung bei zusammenhängenden Verfahren

1 Sind bei ver­schie­de­nen Ge­rich­ten Kla­gen rechts­hän­gig, die mit­ein­an­der in ei­nem sach­li­chen Zu­sam­men­hang ste­hen, so kann ein spä­ter an­ge­ru­fe­nes Ge­richt die bei ihm rechts­hän­gi­ge Kla­ge an das zu­erst an­ge­ru­fe­ne Ge­richt über­wei­sen, wenn die­ses mit der Über­nah­me ein­ver­stan­den ist.

2 Die Über­wei­sung ist mit Be­schwer­de an­fecht­bar.

Art. 128 Verfahrensdisziplin und mutwillige Prozessführung

1 Wer im Ver­fah­ren vor Ge­richt den An­stand ver­letzt oder den Ge­schäfts­gang stört, wird mit ei­nem Ver­weis oder ei­ner Ord­nungs­bus­se bis zu 1000 Fran­ken be­straft. Das Ge­richt kann zu­dem den Aus­schluss von der Ver­hand­lung an­ord­nen.

2 Das Ge­richt kann zur Durch­set­zung sei­ner An­ord­nun­gen die Po­li­zei bei­zie­hen.

3 Bei bös- oder mut­wil­li­ger Pro­zess­füh­rung kön­nen die Par­tei­en und ih­re Ver­tre­tun­gen mit ei­ner Ord­nungs­bus­se bis zu 2000 Fran­ken und bei Wie­der­ho­lung bis zu 5000 Fran­ken be­straft wer­den.

4 Die Ord­nungs­bus­se ist mit Be­schwer­de an­fecht­bar.

2. Kapitel: Formen des prozessualen Handelns

1. Abschnitt: Verfahrenssprache

Art. 129

Das Ver­fah­ren wird in der Amtss­pra­che des zu­stän­di­gen Kan­tons ge­führt. Bei meh­re­ren Amtss­pra­chen re­geln die Kan­to­ne den Ge­brauch der Spra­chen.

2. Abschnitt: Eingaben der Parteien

Art. 130 Form 57

1 Ein­ga­ben sind dem Ge­richt in Pa­pier­form oder elek­tro­nisch ein­zu­rei­chen. Sie sind zu un­ter­zeich­nen.

2 Bei elek­tro­ni­scher Ein­rei­chung muss die Ein­ga­be mit ei­ner qua­li­fi­zier­ten elek­tro­ni­schen Si­gna­tur ge­mä­ss Bun­des­ge­setz vom 18. März 201658 über die elek­tro­ni­sche Si­gna­tur ver­se­hen wer­den. Der Bun­des­rat re­gelt:

a.
das For­mat der Ein­ga­be und ih­rer Bei­la­gen;
b.
die Art und Wei­se der Über­mitt­lung;
c.
die Vor­aus­set­zun­gen, un­ter de­nen bei tech­ni­schen Pro­ble­men die Nach­rei­chung von Do­ku­men­ten auf Pa­pier ver­langt wer­den kann.

57 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 5 des BG vom 18. März 2016 über die elek­tro­ni­sche Si­gna­tur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).

58 SR 943.03

Art. 131 Anzahl

Ein­ga­ben und Bei­la­gen in Pa­pier­form sind in je ei­nem Ex­em­plar für das Ge­richt und für je­de Ge­gen­par­tei ein­zu­rei­chen; an­dern­falls kann das Ge­richt ei­ne Nach­frist an­set­zen oder die not­wen­di­gen Ko­pi­en auf Kos­ten der Par­tei er­stel­len.

Art. 132 Mangelhafte, querulatorische und rechtsmissbräuchliche Eingaben

1 Män­gel wie feh­len­de Un­ter­schrift und feh­len­de Voll­macht sind in­nert ei­ner ge­richt­li­chen Nach­frist zu ver­bes­sern. An­dern­falls gilt die Ein­ga­be als nicht er­folgt.

2 Glei­ches gilt für un­le­ser­li­che, un­ge­bühr­li­che, un­ver­ständ­li­che oder weit­schwei­fi­ge Ein­ga­ben.

3 Que­ru­la­to­ri­sche und rechts­miss­bräuch­li­che Ein­ga­ben wer­den oh­ne Wei­te­res zu­rück­ge­schickt.

3. Abschnitt: Gerichtliche Vorladung

Art. 133 Inhalt

Die Vor­la­dung ent­hält:

a.
Na­me und Adres­se der vor­ge­la­de­nen Per­son;
b.
die Pro­zess­sa­che und die Par­tei­en;
c.
die Ei­gen­schaft, in wel­cher die Per­son vor­ge­la­den wird;
d.
Ort, Da­tum und Zeit des ge­for­der­ten Er­schei­nens;
e.
die Pro­zess­hand­lung, zu der vor­ge­la­den wird;
f.
die Säum­nis­fol­gen;
g.
das Da­tum der Vor­la­dung und die Un­ter­schrift des Ge­richts.

Art. 134 Zeitpunkt

Die Vor­la­dung muss min­des­tens zehn Ta­ge vor dem Er­schei­nungs­ter­min ver­sandt wer­den, so­fern das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt.

Art. 135 Verschiebung des Erscheinungstermins

Das Ge­richt kann einen Er­schei­nungs­ter­min aus zu­rei­chen­den Grün­den ver­schie­ben:

a.
von Am­tes we­gen; oder
b.
wenn es vor dem Ter­min dar­um er­sucht wird.

4. Abschnitt: Gerichtliche Zustellung

Art. 136 Zuzustellende Urkunden

Das Ge­richt stellt den be­trof­fe­nen Per­so­nen ins­be­son­de­re zu:

a.
Vor­la­dun­gen;
b.
Ver­fü­gun­gen und Ent­schei­de;
c.
Ein­ga­ben der Ge­gen­par­tei.

Art. 137 Bei Vertretung

Ist ei­ne Par­tei ver­tre­ten, so er­folgt die Zu­stel­lung an die Ver­tre­tung.

Art. 138 Form

1 Die Zu­stel­lung von Vor­la­dun­gen, Ver­fü­gun­gen und Ent­schei­den er­folgt durch ein­ge­schrie­be­ne Post­sen­dung oder auf an­de­re Wei­se ge­gen Emp­fangs­be­stä­ti­gung.

2 Sie ist er­folgt, wenn die Sen­dung von der Adres­sa­tin oder vom Adres­sa­ten oder von ei­ner an­ge­stell­ten oder im glei­chen Haus­halt le­ben­den, min­des­tens 16 Jah­re al­ten Per­son ent­ge­gen­ge­nom­men wur­de. Vor­be­hal­ten blei­ben An­wei­sun­gen des Ge­richts, ei­ne Ur­kun­de dem Adres­sa­ten oder der Adres­sa­tin per­sön­lich zu­zu­stel­len.

3 Sie gilt zu­dem als er­folgt:

a.
bei ei­ner ein­ge­schrie­be­nen Post­sen­dung, die nicht ab­ge­holt wor­den ist: am sieb­ten Tag nach dem er­folg­lo­sen Zu­stel­lungs­ver­such, so­fern die Per­son mit ei­ner Zu­stel­lung rech­nen muss­te;
b.
bei per­sön­li­cher Zu­stel­lung, wenn die Adres­sa­tin oder der Adres­sat die An­nah­me ver­wei­gert und dies von der über­brin­gen­den Per­son fest­ge­hal­ten wird: am Tag der Wei­ge­rung.

4 An­de­re Sen­dun­gen kann das Ge­richt durch ge­wöhn­li­che Post zu­stel­len.

Art. 139 Elektronische Zustellung 59

1 Mit dem Ein­ver­ständ­nis der be­trof­fe­nen Per­son kön­nen Vor­la­dun­gen, Ver­fü­gun­gen und Ent­schei­de elek­tro­nisch zu­ge­stellt wer­den. Sie sind mit ei­ner elek­tro­ni­schen Si­gna­tur ge­mä­ss Bun­des­ge­setz vom 18. März 201660 über die elek­tro­ni­sche Si­gna­tur zu ver­se­hen.

2 Der Bun­des­rat re­gelt:

a.
die zu ver­wen­den­de Si­gna­tur;
b.
das For­mat der Vor­la­dun­gen, Ver­fü­gun­gen und Ent­schei­de so­wie ih­rer Bei­la­gen;
c.
die Art und Wei­se der Über­mitt­lung;
d.
den Zeit­punkt, zu dem die Vor­la­dung, die Ver­fü­gung oder der Ent­scheid als zu­ge­stellt gilt.

59 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 5 des BG vom 18. März 2016 über die elek­tro­ni­sche Si­gna­tur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).

60 SR 943.03

Art. 140 Zustellungsdomizil

Das Ge­richt kann Par­tei­en mit Wohn­sitz oder Sitz im Aus­land an­wei­sen, ein Zu­stel­lungs­do­mi­zil in der Schweiz zu be­zeich­nen.

Art. 141 Öffentliche Bekanntmachung

1 Die Zu­stel­lung er­folgt durch Pu­bli­ka­ti­on im kan­to­na­len Amts­blatt oder im Schwei­ze­ri­schen Han­delsamts­blatt, wenn:

a.
der Auf­ent­halts­ort der Adres­sa­tin oder des Adres­sa­ten un­be­kannt ist und trotz zu­mut­ba­rer Nach­for­schun­gen nicht er­mit­telt wer­den kann;
b.
ei­ne Zu­stel­lung un­mög­lich ist oder mit aus­ser­or­dent­li­chen Um­trie­ben ver­bun­den wä­re;
c.
ei­ne Par­tei mit Wohn­sitz oder Sitz im Aus­land ent­ge­gen der An­wei­sung des Ge­richts kein Zu­stel­lungs­do­mi­zil in der Schweiz be­zeich­net hat.

2 Die Zu­stel­lung gilt am Tag der Pu­bli­ka­ti­on als er­folgt.

3. Kapitel: Fristen, Säumnis und Wiederherstellung

1. Abschnitt: Fristen

Art. 142 Beginn und Berechnung

1 Fris­ten, die durch ei­ne Mit­tei­lung oder den Ein­tritt ei­nes Er­eig­nis­ses aus­ge­löst wer­den, be­gin­nen am fol­gen­den Tag zu lau­fen.

2 Be­rech­net sich ei­ne Frist nach Mo­na­ten, so en­det sie im letz­ten Mo­nat an dem Tag, der die­sel­be Zahl trägt wie der Tag, an dem die Frist zu lau­fen be­gann. Fehlt der ent­spre­chen­de Tag, so en­det die Frist am letz­ten Tag des Mo­nats.

3 Fällt der letz­te Tag ei­ner Frist auf einen Sams­tag, einen Sonn­tag oder einen am Ge­richts­ort vom Bun­des­recht oder vom kan­to­na­len Recht an­er­kann­ten Fei­er­tag, so en­det sie am nächs­ten Werk­tag.

Art. 143 Einhaltung

1 Ein­ga­ben müs­sen spä­tes­tens am letz­ten Tag der Frist beim Ge­richt ein­ge­reicht oder zu des­sen Han­den der Schwei­ze­ri­schen Post oder ei­ner schwei­ze­ri­schen di­plo­ma­ti­schen oder kon­su­la­ri­schen Ver­tre­tung über­ge­ben wer­den.

2 Bei elek­tro­ni­scher Ein­rei­chung ist für die Wah­rung ei­ner Frist der Zeit­punkt mass­ge­bend, in dem die Quit­tung aus­ge­stellt wird, die be­stä­tigt, dass al­le Schrit­te ab­ge­schlos­sen sind, die auf der Sei­te der Par­tei für die Über­mitt­lung not­wen­dig sind.61

3 Die Frist für ei­ne Zah­lung an das Ge­richt ist ein­ge­hal­ten, wenn der Be­trag spä­tes­tens am letz­ten Tag der Frist zu­guns­ten des Ge­richts der Schwei­ze­ri­schen Post über­ge­ben oder ei­nem Post- oder Bank­kon­to in der Schweiz be­las­tet wor­den ist.

61 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. II 5 des BG vom 18. März 2016 über die elek­tro­ni­sche Si­gna­tur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4651; BBl 2014 1001).

Art. 144 Erstreckung

1 Ge­setz­li­che Fris­ten kön­nen nicht er­streckt wer­den.

2 Ge­richt­li­che Fris­ten kön­nen aus zu­rei­chen­den Grün­den er­streckt wer­den, wenn das Ge­richt vor Fri­sta­blauf dar­um er­sucht wird.

Art. 145 Stillstand der Fristen

1 Ge­setz­li­che und ge­richt­li­che Fris­ten ste­hen still:

a.
vom sieb­ten Tag vor Os­tern bis und mit dem sieb­ten Tag nach Os­tern;
b.
vom 15. Ju­li bis und mit dem 15. Au­gust;
c.
vom 18. De­zem­ber bis und mit dem 2. Ja­nu­ar.

2 Die­ser Fris­ten­still­stand gilt nicht für:

a.
das Schlich­tungs­ver­fah­ren;
b.
das sum­ma­ri­sche Ver­fah­ren.

3 Die Par­tei­en sind auf die Aus­nah­men nach Ab­satz 2 hin­zu­wei­sen.

4 Vor­be­hal­ten blei­ben die Be­stim­mun­gen des SchKG62 über die Be­trei­bungs­fe­ri­en und den Rechts­s­till­stand.

Art. 146 Wirkungen des Stillstandes

1 Bei Zu­stel­lung wäh­rend des Still­stan­des be­ginnt der Fris­ten­lauf am ers­ten Tag nach En­de des Still­stan­des.

2 Wäh­rend des Still­stan­des der Fris­ten fin­den kei­ne Ge­richts­ver­hand­lun­gen statt, es sei denn, die Par­tei­en sei­en ein­ver­stan­den.

2. Abschnitt: Säumnis und Wiederherstellung

Art. 147 Säumnis und Säumnisfolgen

1 Ei­ne Par­tei ist säu­mig, wenn sie ei­ne Pro­zess­hand­lung nicht frist­ge­recht vor­nimmt oder zu ei­nem Ter­min nicht er­scheint.

2 Das Ver­fah­ren wird oh­ne die ver­säum­te Hand­lung wei­ter­ge­führt, so­fern das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt.

3 Das Ge­richt weist die Par­tei­en auf die Säum­nis­fol­gen hin.

Art. 148 Wiederherstellung

1 Das Ge­richt kann auf Ge­such ei­ner säu­mi­gen Par­tei ei­ne Nach­frist ge­wäh­ren oder zu ei­nem Ter­min er­neut vor­la­den, wenn die Par­tei glaub­haft macht, dass sie kein oder nur ein leich­tes Ver­schul­den trifft.

2 Das Ge­such ist in­nert zehn Ta­gen seit Weg­fall des Säum­nis­grun­des ein­zu­rei­chen.

3 Ist ein Ent­scheid er­öff­net wor­den, so kann die Wie­der­her­stel­lung nur in­ner­halb von sechs Mo­na­ten seit Ein­tritt der Rechts­kraft ver­langt wer­den.

Art. 149 Verfahren der Wiederherstellung

Das Ge­richt gibt der Ge­gen­par­tei Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me und ent­schei­det end­gül­tig.

10. Titel: Beweis

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 150 Beweisgegenstand

1 Ge­gen­stand des Be­wei­ses sind recht­s­er­heb­li­che, strei­ti­ge Tat­sa­chen.

2 Be­weis­ge­gen­stand kön­nen auch Übung, Orts­ge­brauch und, bei ver­mö­gens­recht­li­chen Strei­tig­kei­ten, aus­län­di­sches Recht sein.

Art. 151 Bekannte Tatsachen

Of­fen­kun­di­ge und ge­richts­no­to­ri­sche Tat­sa­chen so­wie all­ge­mein an­er­kann­te Er­fah­rungs­sät­ze be­dür­fen kei­nes Be­wei­ses.

Art. 152 Recht auf Beweis

1 Je­de Par­tei hat das Recht, dass das Ge­richt die von ihr form- und frist­ge­recht an­ge­bo­te­nen taug­li­chen Be­weis­mit­tel ab­nimmt.

2 Rechts­wid­rig be­schaff­te Be­weis­mit­tel wer­den nur be­rück­sich­tigt, wenn das In­ter­es­se an der Wahr­heits­fin­dung über­wiegt.

Art. 153 Beweiserhebung von Amtes wegen

1 Das Ge­richt er­hebt von Am­tes we­gen Be­weis, wenn der Sach­ver­halt von Am­tes we­gen fest­zu­stel­len ist.

2 Es kann von Am­tes we­gen Be­weis er­he­ben, wenn an der Rich­tig­keit ei­ner nicht strei­ti­gen Tat­sa­che er­heb­li­che Zwei­fel be­ste­hen.

Art. 154 Beweisverfügung

Vor der Be­weis­ab­nah­me wer­den die er­for­der­li­chen Be­weis­ver­fü­gun­gen ge­trof­fen. Dar­in wer­den ins­be­son­de­re die zu­ge­las­se­nen Be­weis­mit­tel be­zeich­net und wird be­stimmt, wel­cher Par­tei zu wel­chen Tat­sa­chen der Haupt- oder der Ge­gen­be­weis ob­liegt. Be­weis­ver­fü­gun­gen kön­nen je­der­zeit ab­ge­än­dert oder er­gänzt wer­den.

Art. 155 Beweisabnahme

1 Die Be­weis­ab­nah­me kann an ei­nes oder meh­re­re der Ge­richts­mit­glie­der de­le­giert wer­den.

2 Aus wich­ti­gen Grün­den kann ei­ne Par­tei die Be­weis­ab­nah­me durch das ur­tei­len­de Ge­richt ver­lan­gen.

3 Die Par­tei­en ha­ben das Recht, an der Be­weis­ab­nah­me teil­zu­neh­men.

Art. 156 Wahrung schutzwürdiger Interessen

Ge­fähr­det die Be­weis­ab­nah­me die schutz­wür­di­gen In­ter­es­sen ei­ner Par­tei oder Drit­ter, wie ins­be­son­de­re de­ren Ge­schäfts­ge­heim­nis­se, so trifft das Ge­richt die er­for­der­li­chen Mass­nah­men.

Art. 157 Freie Beweiswürdigung

Das Ge­richt bil­det sich sei­ne Über­zeu­gung nach frei­er Wür­di­gung der Be­wei­se.

Art. 158 Vorsorgliche Beweisführung

1 Das Ge­richt nimmt je­der­zeit Be­weis ab, wenn:

a.
das Ge­setz einen ent­spre­chen­den An­spruch ge­währt; oder
b.
die ge­such­stel­len­de Par­tei ei­ne Ge­fähr­dung der Be­weis­mit­tel oder ein schutz­wür­di­ges In­ter­es­se glaub­haft macht.

2 An­zu­wen­den sind die Be­stim­mun­gen über die vor­sorg­li­chen Mass­nah­men.

Art. 159 Organe einer juristischen Person

Ist ei­ne ju­ris­ti­sche Per­son Par­tei, so wer­den ih­re Or­ga­ne im Be­weis­ver­fah­ren wie ei­ne Par­tei be­han­delt.

2. Kapitel: Mitwirkungspflicht und Verweigerungsrecht

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 160 Mitwirkungspflicht

1 Die Par­tei­en und Drit­te sind zur Mit­wir­kung bei der Be­weis­er­he­bung ver­pflich­tet. Ins­be­son­de­re ha­ben sie:

a.
als Par­tei, als Zeu­gin oder als Zeu­ge wahr­heits­ge­mä­ss aus­zu­sa­gen;
b.63
Ur­kun­den her­aus­zu­ge­ben; aus­ge­nom­men sind Un­ter­la­gen aus dem Ver­kehr ei­ner Par­tei oder ei­ner Dritt­per­son mit ei­ner An­wäl­tin oder ei­nem An­walt, die oder der zur be­rufs­mäs­si­gen Ver­tre­tung be­rech­tigt ist, oder mit einer Patentanwältin oder einem Patentanwalt im Sinne von Artikel 2 des Patentanwaltsgesetzes vom 20. März 200964;
c.
einen Au­gen­schein an Per­son oder Ei­gen­tum durch Sach­ver­stän­di­ge zu dul­den.

2 Über die Mit­wir­kungs­pflicht ei­ner min­der­jäh­ri­gen Per­son ent­schei­det das Ge­richt nach sei­nem Er­mes­sen.65 Es be­rück­sich­tigt da­bei das Kin­des­wohl.

3 Drit­te, die zur Mit­wir­kung ver­pflich­tet sind, ha­ben An­spruch auf ei­ne an­ge­mes­se­ne Ent­schä­di­gung.

63 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 4 des BG vom 28. Sept. 2012 über die An­pas­sung von ver­fah­rens­recht­li­chen Be­stim­mun­gen zum an­walt­li­chen Be­rufs­ge­heim­nis, in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 847; BBl 2011 8181).

64 SR 935.62

65 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 2 Ziff. 3, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221; AS 2011 725; BBl 2006 7001).

Art. 161 Aufklärung

1 Das Ge­richt klärt die Par­tei­en und Drit­te über die Mit­wir­kungs­pflicht, das Ver­wei­ge­rungs­recht und die Säum­nis­fol­gen auf.

2 Un­ter­lässt es die Auf­klä­rung über das Ver­wei­ge­rungs­recht, so darf es die er­ho­be­nen Be­wei­se nicht be­rück­sich­ti­gen, es sei denn, die be­trof­fe­ne Per­son stim­me zu oder die Ver­wei­ge­rung wä­re un­be­rech­tigt ge­we­sen.

Art. 162 Berechtigte Verweigerung der Mitwirkung

Ver­wei­gert ei­ne Par­tei oder ei­ne drit­te Per­son die Mit­wir­kung be­rech­tig­ter­wei­se, so darf das Ge­richt dar­aus nicht auf die zu be­wei­sen­de Tat­sa­che schlies­sen.

2. Abschnitt: Verweigerungsrecht der Parteien

Art. 163 Verweigerungsrecht

1 Ei­ne Par­tei kann die Mit­wir­kung ver­wei­gern, wenn sie:

a.
ei­ne ihr im Sin­ne von Ar­ti­kel 165 na­he­ste­hen­de Per­son der Ge­fahr straf­recht­li­cher Ver­fol­gung oder zi­vil­recht­li­cher Ver­ant­wort­lich­keit aus­set­zen wür­de;
b.
sich we­gen Ver­let­zung ei­nes Ge­heim­nis­ses nach Ar­ti­kel 321 des Straf­ge­setz­buchs (StGB)66 straf­bar ma­chen wür­de; aus­ge­nom­men sind die Re­vi­so­rin­nen und Re­vi­so­ren; Ar­ti­kel 166 Ab­satz 1 Buch­sta­be b drit­ter Teil­satz gilt sinn­ge­mä­ss.

2 Die Trä­ge­rin­nen und Trä­ger an­de­rer ge­setz­lich ge­schütz­ter Ge­heim­nis­se kön­nen die Mit­wir­kung ver­wei­gern, wenn sie glaub­haft ma­chen, dass das Ge­heim­hal­tungs­in­ter­es­se das In­ter­es­se an der Wahr­heits­fin­dung über­wiegt.

Art. 164 Unberechtigte Verweigerung

Ver­wei­gert ei­ne Par­tei die Mit­wir­kung un­be­rech­tig­ter­wei­se, so be­rück­sich­tigt dies das Ge­richt bei der Be­weis­wür­di­gung.

3. Abschnitt: Verweigerungsrecht Dritter

Art. 165 Umfassendes Verweigerungsrecht

1 Je­de Mit­wir­kung kön­nen ver­wei­gern:

a.
wer mit ei­ner Par­tei ver­hei­ra­tet ist oder war oder ei­ne fak­ti­sche Le­bens­ge­mein­schaft führt;
b.
wer mit ei­ner Par­tei ge­mein­sa­me Kin­der hat;
c.
wer mit ei­ner Par­tei in ge­ra­der Li­nie oder in der Sei­ten­li­nie bis und mit dem drit­ten Grad ver­wandt oder ver­schwä­gert ist;
d.
die Pfle­ge­el­tern, die Pfle­ge­kin­der und die Pfle­ge­ge­schwis­ter ei­ner Par­tei;
e.67
die für ei­ne Par­tei zur Vor­mund­schaft oder zur Bei­stand­schaft ein­ge­setz­te Per­son.

2 Die ein­ge­tra­ge­ne Part­ner­schaft ist der Ehe gleich­ge­stellt.

3 Die Stief­ge­schwis­ter sind den Ge­schwis­tern gleich­ge­stellt.

67 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 2 Ziff. 3, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221; AS 2011 725; BBl 2006 7001).

Art. 166 Beschränktes Verweigerungsrecht

1 Ei­ne drit­te Per­son kann die Mit­wir­kung ver­wei­gern:

a.
zur Fest­stel­lung von Tat­sa­chen, die sie oder ei­ne ihr im Sin­ne von Ar­ti­kel 165 na­he­ste­hen­de Per­son der Ge­fahr straf­recht­li­cher Ver­fol­gung oder zi­vil­recht­li­cher Ver­ant­wort­lich­keit aus­set­zen wür­de;
b.
so­weit sie sich we­gen Ver­let­zung ei­nes Ge­heim­nis­ses nach Ar­ti­kel 321 StGB68 straf­bar ma­chen wür­de; aus­ge­nom­men sind die Re­vi­so­rin­nen und Re­vi­so­ren; mit Aus­nah­me der An­wäl­tin­nen und An­wäl­te so­wie der Geist­li­chen ha­ben Drit­te je­doch mit­zu­wir­ken, wenn sie ei­ner An­zei­ge­pflicht un­ter­lie­gen oder wenn sie von der Ge­heim­hal­tungs­pflicht ent­bun­den wor­den sind, es sei denn, sie ma­chen glaub­haft, dass das Ge­heim­hal­tungs­in­ter­es­se das In­ter­es­se an der Wahr­heits­fin­dung über­wiegt;
c.69
zur Fest­stel­lung von Tat­sa­chen, die ihr als Be­am­tin oder Be­am­ter im Sin­ne von Ar­ti­kel 110 Ab­satz 3 StGB oder als Be­hör­den­mit­glied in ih­rer amt­li­chen Ei­gen­schaft an­ver­traut wor­den sind oder die sie bei Aus­übung ih­res Am­tes oder bei Aus­übung ih­rer Hilf­s­tä­tig­keit für ei­ne Be­am­tin oder einen Be­am­ten oder ei­ne Be­hör­de wahr­ge­nom­men hat; sie hat aus­zu­sa­gen, wenn sie ei­ner An­zei­ge­pflicht un­ter­liegt oder wenn sie von ih­rer vor­ge­setz­ten Be­hör­de zur Aus­sa­ge er­mäch­tigt wor­den ist;
d.70
wenn sie als Om­buds­per­son, Ehe- oder Fa­mi­li­en­be­ra­te­rin oder -be­ra­ter, Me­dia­to­rin oder Me­dia­tor über Tat­sa­chen aus­sa­gen müss­te, die sie im Rah­men der be­tref­fen­den Tä­tig­keit wahr­ge­nom­men hat;
e.
über die Iden­ti­tät der Au­to­rin oder des Au­tors oder über In­halt und Quel­len ih­rer In­for­ma­tio­nen, wenn sie sich be­ruf­lich oder als Hilfs­per­son mit der Ver­öf­fent­li­chung von In­for­ma­tio­nen im re­dak­tio­nel­len Teil ei­nes pe­ri­odisch er­schei­nen­den Me­di­ums be­fasst.

2 Die Trä­ge­rin­nen und Trä­ger an­de­rer ge­setz­lich ge­schütz­ter Ge­heim­nis­se kön­nen die Mit­wir­kung ver­wei­gern, wenn sie glaub­haft ma­chen, dass das Ge­heim­hal­tungs­in­ter­es­se das In­ter­es­se an der Wahr­heits­fin­dung über­wiegt.

3 Vor­be­hal­ten blei­ben die be­son­de­ren Be­stim­mun­gen des So­zi­al­ver­si­che­rungs­rechts über die Da­ten­be­kannt­ga­be.

68 SR 311.0

69 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. 5 des In­for­ma­ti­ons­si­cher­heits­ge­set­zes vom 18. Dez. 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 232, 750; BBl 2017 2953).

70 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kin­des­un­ter­halt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

Art. 167 Unberechtigte Verweigerung

1 Ver­wei­gert die drit­te Per­son die Mit­wir­kung un­be­rech­tig­ter­wei­se, so kann das Ge­richt:

a.
ei­ne Ord­nungs­bus­se bis zu 1000 Fran­ken an­ord­nen;
b.
die Straf­dro­hung nach Ar­ti­kel 292 StGB71 aus­spre­chen;
c.
die zwangs­wei­se Durch­set­zung an­ord­nen;
d.
die Pro­zess­kos­ten auf­er­le­gen, die durch die Ver­wei­ge­rung ver­ur­sacht wor­den sind.

2 Säum­nis der drit­ten Per­son hat die glei­chen Fol­gen wie de­ren un­be­rech­tig­te Ver­wei­ge­rung der Mit­wir­kung.

3 Die drit­te Per­son kann die ge­richt­li­che An­ord­nung mit Be­schwer­de an­fech­ten.

3. Kapitel: Beweismittel

1. Abschnitt: Zulässige Beweismittel

Art. 168

1 Als Be­weis­mit­tel sind zu­läs­sig:

a.
Zeug­nis;
b.
Ur­kun­de;
c.
Au­gen­schein;
d.
Gut­ach­ten;
e.
schrift­li­che Aus­kunft;
f.
Par­tei­be­fra­gung und Be­weis­aus­sa­ge.

2 Vor­be­hal­ten blei­ben die Be­stim­mun­gen über Kin­der­be­lan­ge in fa­mi­li­en­recht­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten.

2. Abschnitt: Zeugnis

Art. 169 Gegenstand

Wer nicht Par­tei ist, kann über Tat­sa­chen Zeug­nis ab­le­gen, die er oder sie un­mit­tel­bar wahr­ge­nom­men hat.

Art. 170 Vorladung

1 Zeu­gin­nen und Zeu­gen wer­den vom Ge­richt vor­ge­la­den.

2 Das Ge­richt kann den Par­tei­en ge­stat­ten, Zeu­gin­nen oder Zeu­gen oh­ne Vor­la­dung mit­zu­brin­gen.

3 Die Be­fra­gung kann am Auf­ent­halts­ort der Zeu­gin oder des Zeu­gen er­fol­gen. Die Par­tei­en sind dar­über recht­zei­tig zu in­for­mie­ren.

Art. 171 Form der Einvernahme

1 Die Zeu­gin oder der Zeu­ge wird vor der Ein­ver­nah­me zur Wahr­heit er­mahnt; nach Vollen­dung des 14. Al­ters­jah­res wird die Zeu­gin oder der Zeu­ge zu­dem auf die straf­recht­li­chen Fol­gen des falschen Zeug­nis­ses (Art. 307 StGB72) hin­ge­wie­sen.

2 Das Ge­richt be­fragt je­de Zeu­gin und je­den Zeu­gen ein­zeln und in Ab­we­sen­heit der an­dern; vor­be­hal­ten bleibt die Kon­fron­ta­ti­on.

3 Das Zeug­nis ist frei ab­zu­le­gen; das Ge­richt kann die Be­nüt­zung schrift­li­cher Un­ter­la­gen zu­las­sen.

4 Das Ge­richt schliesst Zeu­gin­nen und Zeu­gen von der üb­ri­gen Ver­hand­lung aus, so­lan­ge sie nicht aus dem Zeu­gen­stand ent­las­sen sind.

Art. 172 Inhalt der Einvernahme

Das Ge­richt be­fragt die Zeu­gin­nen und Zeu­gen über:

a.
ih­re Per­so­na­li­en;
b.
ih­re per­sön­li­chen Be­zie­hun­gen zu den Par­tei­en so­wie über an­de­re Um­stän­de, die für die Glaub­wür­dig­keit der Aus­sa­ge von Be­deu­tung sein kön­nen;
c.
ih­re Wahr­neh­mun­gen zur Sa­che.

Art. 173 Ergänzungsfragen

Die Par­tei­en kön­nen Er­gän­zungs­fra­gen be­an­tra­gen oder sie mit Be­wil­li­gung des Ge­richts selbst stel­len.

Art. 174 Konfrontation

Zeu­gin­nen und Zeu­gen kön­nen ein­an­der und den Par­tei­en ge­gen­über­ge­stellt wer­den.

Art. 175 Zeugnis einer sachverständigen Person

Das Ge­richt kann ei­ner sach­ver­stän­di­gen Zeu­gin oder ei­nem sach­ver­stän­di­gen Zeu­gen auch Fra­gen zur Wür­di­gung des Sach­ver­hal­tes stel­len.

Art. 176 Protokoll

1 Die Aus­sa­gen wer­den in ih­rem we­sent­li­chen In­halt zu Pro­to­koll ge­nom­men, der Zeu­gin oder dem Zeu­gen vor­ge­le­sen oder zum Le­sen vor­ge­legt und von der Zeu­gin oder dem Zeu­gen un­ter­zeich­net. Zu Pro­to­koll ge­nom­men wer­den auch ab­ge­lehn­te Er­gän­zungs­fra­gen der Par­tei­en, wenn dies ei­ne Par­tei ver­langt.73

2 Die Aus­sa­gen kön­nen zu­sätz­lich auf Ton­band, auf Vi­deo oder mit an­de­ren ge­eig­ne­ten tech­ni­schen Hilfs­mit­teln auf­ge­zeich­net wer­den.

3 Wer­den die Aus­sa­gen wäh­rend ei­ner Ver­hand­lung mit tech­ni­schen Hilfs­mit­teln nach Ab­satz 2 auf­ge­zeich­net, so kann das Ge­richt oder das ein­ver­neh­men­de Ge­richts­mit­glied dar­auf ver­zich­ten, der Zeu­gin oder dem Zeu­gen das Pro­to­koll vor­zu­le­sen oder zum Le­sen vor­zu­le­gen und von der Zeu­gin oder dem Zeu­gen un­ter­zeich­nen zu las­sen. Die Auf­zeich­nun­gen wer­den zu den Ak­ten ge­nom­men und zu­sam­men mit dem Pro­to­koll auf­be­wahrt.74

73 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 28. Sept. 2012 (Pro­to­kol­lie­rungs­vor­schrif­ten), in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 851; BBl 2012 57075719).

74 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 28. Sept. 2012 (Pro­to­kol­lie­rungs­vor­schrif­ten), in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 851; BBl 2012 57075719).

3. Abschnitt: Urkunde

Art. 177 Begriff

Als Ur­kun­den gel­ten Do­ku­men­te wie Schrift­stücke, Zeich­nun­gen, Plä­ne, Fo­tos, Fil­me, Tonauf­zeich­nun­gen, elek­tro­ni­sche Da­tei­en und der­glei­chen, die ge­eig­net sind, recht­s­er­heb­li­che Tat­sa­chen zu be­wei­sen.

Art. 178 Echtheit

Die Par­tei, die sich auf ei­ne Ur­kun­de be­ruft, hat de­ren Echt­heit zu be­wei­sen, so­fern die Echt­heit von der an­dern Par­tei be­strit­ten wird; die Be­strei­tung muss aus­rei­chend be­grün­det wer­den.

Art. 179 Beweiskraft öffentlicher Register und Urkunden

Öf­fent­li­che Re­gis­ter und öf­fent­li­che Ur­kun­den er­brin­gen für die durch sie be­zeug­ten Tat­sa­chen vol­len Be­weis, so­lan­ge nicht die Un­rich­tig­keit ih­res In­halts nach­ge­wie­sen ist.

Art. 180 Einreichung

1 Die Ur­kun­de kann in Ko­pie ein­ge­reicht wer­den. Das Ge­richt oder ei­ne Par­tei kann die Ein­rei­chung des Ori­gi­nals oder ei­ner amt­lich be­glau­big­ten Ko­pie ver­lan­gen, wenn be­grün­de­te Zwei­fel an der Echt­heit be­ste­hen.

2 Bei um­fang­rei­chen Ur­kun­den ist die für die Be­weis­füh­rung er­heb­li­che Stel­le zu be­zeich­nen.

4. Abschnitt: Augenschein

Art. 181 Durchführung

1 Das Ge­richt kann zur un­mit­tel­ba­ren Wahr­neh­mung von Tat­sa­chen oder zum bes­se­ren Ver­ständ­nis des Sach­ver­hal­tes auf An­trag ei­ner Par­tei oder von Am­tes we­gen einen Au­gen­schein durch­füh­ren.

2 Es kann Zeu­gin­nen und Zeu­gen so­wie sach­ver­stän­di­ge Per­so­nen zum Au­gen­schein bei­zie­hen.

3 Kann der Ge­gen­stand des Au­gen­scheins oh­ne Nach­teil vor Ge­richt ge­bracht wer­den, ist er ein­zu­rei­chen.

Art. 182 Protokoll

Über den Au­gen­schein ist Pro­to­koll zu füh­ren. Es wird ge­ge­be­nen­falls mit Plä­nen, Zeich­nun­gen, fo­to­gra­fi­schen und an­dern tech­ni­schen Mit­teln er­gänzt.

5. Abschnitt: Gutachten

Art. 183 Grundsätze

1 Das Ge­richt kann auf An­trag ei­ner Par­tei oder von Am­tes we­gen bei ei­ner oder meh­re­ren sach­ver­stän­di­gen Per­so­nen ein Gut­ach­ten ein­ho­len. Es hört vor­gän­gig die Par­tei­en an.

2 Für ei­ne sach­ver­stän­di­ge Per­son gel­ten die glei­chen Aus­stands­grün­de wie für die Ge­richts­per­so­nen.

3 Ei­ge­nes Fach­wis­sen hat das Ge­richt of­fen zu le­gen, da­mit die Par­tei­en da­zu Stel­lung neh­men kön­nen.

Art. 184 Rechte und Pflichten der sachverständigen Person

1 Die sach­ver­stän­di­ge Per­son ist zur Wahr­heit ver­pflich­tet und hat ihr Gut­ach­ten frist­ge­recht ab­zu­lie­fern.

2 Das Ge­richt weist sie auf die Straf­bar­keit ei­nes falschen Gut­ach­tens nach Ar­ti­kel 307 StGB75 und der Ver­let­zung des Amts­ge­heim­nis­ses nach Ar­ti­kel 320 StGB so­wie auf die Fol­gen von Säum­nis und man­gel­haf­ter Auf­trags­er­fül­lung hin.

3 Die sach­ver­stän­di­ge Per­son hat An­spruch auf Ent­schä­di­gung. Der ge­richt­li­che Ent­scheid über die Ent­schä­di­gung ist mit Be­schwer­de an­fecht­bar.

Art. 185 Auftrag

1 Das Ge­richt in­stru­iert die sach­ver­stän­di­ge Per­son und stellt ihr die ab­zu­klä­ren­den Fra­gen schrift­lich oder münd­lich in der Ver­hand­lung.

2 Es gibt den Par­tei­en Ge­le­gen­heit, sich zur Fra­ge­stel­lung zu äus­sern und Än­de­rungs- oder Er­gän­zungs­an­trä­ge zu stel­len.

3 Es stellt der sach­ver­stän­di­gen Per­son die not­wen­di­gen Ak­ten zur Ver­fü­gung und be­stimmt ei­ne Frist für die Er­stat­tung des Gut­ach­tens.

Art. 186 Abklärungen der sachverständigen Person

1 Die sach­ver­stän­di­ge Per­son kann mit Zu­stim­mung des Ge­richts ei­ge­ne Ab­klä­run­gen vor­neh­men. Sie hat sie im Gut­ach­ten of­fen­zu­le­gen.

2 Das Ge­richt kann auf An­trag ei­ner Par­tei oder von Am­tes we­gen die Ab­klä­run­gen nach den Re­geln des Be­weis­ver­fah­rens noch­mals vor­neh­men.

Art. 187 Erstattung des Gutachtens

1 Das Ge­richt kann münd­li­che oder schrift­li­che Er­stat­tung des Gut­ach­tens an­ord­nen. Es kann über­dies an­ord­nen, dass die sach­ver­stän­di­ge Per­son ihr schrift­li­ches Gut­ach­ten in der Ver­hand­lung er­läu­tert.

2 Über ein münd­li­ches Gut­ach­ten ist sinn­ge­mä­ss nach Ar­ti­kel 176 Pro­to­koll zu füh­ren.

3 Sind meh­re­re sach­ver­stän­di­ge Per­so­nen be­auf­tragt, so er­stat­tet je­de von ih­nen ein Gut­ach­ten, so­fern das Ge­richt nichts an­de­res an­ord­net.

4 Das Ge­richt gibt den Par­tei­en Ge­le­gen­heit, ei­ne Er­läu­te­rung des Gut­ach­tens oder Er­gän­zungs­fra­gen zu be­an­tra­gen.

Art. 188 Säumnis und Mängel

1 Er­stat­tet die sach­ver­stän­di­ge Per­son das Gut­ach­ten nicht frist­ge­mä­ss, so kann das Ge­richt den Auf­trag wi­der­ru­fen und ei­ne an­de­re sach­ver­stän­di­ge Per­son be­auf­tra­gen.

2 Das Ge­richt kann ein un­voll­stän­di­ges, un­kla­res oder nicht ge­hö­rig be­grün­de­tes Gut­ach­ten auf An­trag ei­ner Par­tei oder von Am­tes we­gen er­gän­zen und er­läu­tern las­sen oder ei­ne an­de­re sach­ver­stän­di­ge Per­son bei­zie­hen.

Art. 189 Schiedsgutachten

1 Die Par­tei­en kön­nen ver­ein­ba­ren, über strei­ti­ge Tat­sa­chen ein Schieds­gut­ach­ten ein­zu­ho­len.

2 Für die Form der Ver­ein­ba­rung gilt Ar­ti­kel 17 Ab­satz 2.

3 Das Schieds­gut­ach­ten bin­det das Ge­richt hin­sicht­lich der dar­in fest­ge­stell­ten Tat­sa­chen, wenn:

a.
die Par­tei­en über das Rechts­ver­hält­nis frei ver­fü­gen kön­nen;
b.
ge­gen die be­auf­trag­te Per­son kein Aus­stands­grund vor­lag; und
c.
das Schieds­gut­ach­ten oh­ne Be­vor­zu­gung ei­ner Par­tei er­stellt wur­de und nicht of­fen­sicht­lich un­rich­tig ist.

6. Abschnitt: Schriftliche Auskunft

Art. 190

1 Das Ge­richt kann Amts­stel­len um schrift­li­che Aus­kunft er­su­chen.

2 Es kann von Pri­vat­per­so­nen schrift­li­che Aus­künf­te ein­ho­len, wenn ei­ne Zeu­gen­be­fra­gung nicht er­for­der­lich er­scheint.

7. Abschnitt: Parteibefragung und Beweisaussage

Art. 191 Parteibefragung

1 Das Ge­richt kann ei­ne oder bei­de Par­tei­en zu den recht­s­er­heb­li­chen Tat­sa­chen be­fra­gen.

2 Die Par­tei­en wer­den vor der Be­fra­gung zur Wahr­heit er­mahnt und dar­auf hin­ge­wie­sen, dass sie mit ei­ner Ord­nungs­bus­se bis zu 2000 Fran­ken und im Wie­der­ho­lungs­fall bis zu 5000 Fran­ken be­straft wer­den kön­nen, wenn sie mut­wil­lig leug­nen.

Art. 192 Beweisaussage

1 Das Ge­richt kann ei­ne oder bei­de Par­tei­en von Am­tes we­gen zur Be­weis­aus­sa­ge un­ter Straf­dro­hung ver­pflich­ten.

2 Die Par­tei­en wer­den vor der Be­weis­aus­sa­ge zur Wahr­heit er­mahnt und auf die Straf­fol­gen ei­ner Falschaus­sa­ge hin­ge­wie­sen (Art. 306 StGB76).

Art. 193 Protokoll

Für das Pro­to­koll der Par­tei­be­fra­gung und der Be­weis­aus­sa­ge gilt Ar­ti­kel 176 sinn­ge­mä­ss.

11. Titel: Rechtshilfe zwischen schweizerischen Gerichten

Art. 194 Grundsatz

1 Die Ge­rich­te sind ge­gen­sei­tig zur Rechts­hil­fe ver­pflich­tet.

2 Sie ver­keh­ren di­rekt mit­ein­an­der77.

77 Die ört­lich zu­stän­di­ge schwei­ze­ri­sche Jus­tiz­be­hör­de für Rechts­hil­feer­su­chen kann über fol­gen­de In­ter­netsei­te er­mit­telt wer­den: www.elor­ge.ad­min.ch

Art. 195 Direkte Prozesshandlungen in einem andern Kanton

Je­des Ge­richt kann die er­for­der­li­chen Pro­zess­hand­lun­gen auch in ei­nem an­de­ren Kan­ton di­rekt und sel­ber vor­neh­men; es kann ins­be­son­de­re Sit­zun­gen ab­hal­ten und Be­weis er­he­ben.

Art. 196 Rechtshilfe

1 Das Ge­richt kann um Rechts­hil­fe er­su­chen. Das Rechts­hil­fe­ge­such kann in der Amtss­pra­che des er­su­chen­den oder des er­such­ten Ge­richts ab­ge­fasst wer­den.

2 Das er­such­te Ge­richt in­for­miert das er­su­chen­de Ge­richt und die Par­tei­en über Ort und Zeit der Pro­zess­hand­lung.

3 Das er­such­te Ge­richt kann für sei­ne Aus­la­gen Er­satz ver­lan­gen.

2. Teil: Besondere Bestimmungen

1. Titel: Schlichtungsversuch

1. Kapitel: Geltungsbereich und Schlichtungsbehörde

Art. 197 Grundsatz

Dem Ent­scheid­ver­fah­ren geht ein Schlich­tungs­ver­such vor ei­ner Schlich­tungs­be­hör­de vor­aus.

Art. 198 Ausnahmen

Das Schlich­tungs­ver­fah­ren ent­fällt:

a.
im sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren;
abis.78
bei Kla­gen we­gen Ge­walt, Dro­hun­gen oder Nach­stel­lun­gen nach Ar­ti­kel 28b ZGB79 oder be­tref­fend ei­ne elek­tro­ni­sche Über­wa­chung nach Ar­ti­kel 28c ZGB;
b.
bei Kla­gen über den Per­so­nen­stand;
bbis.80
bei Kla­gen über den Un­ter­halt des Kin­des und wei­te­re Kin­der­be­lan­ge, wenn vor der Kla­ge ein El­tern­teil die Kin­des­schutz­be­hör­de an­ge­ru­fen hat (Art. 298bund 298dZGB81);
c.
im Schei­dungs­ver­fah­ren;
d.82
im Ver­fah­ren zur Auf­lö­sung und zur Un­gül­ti­g­er­klä­rung der ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaft;
e.
bei fol­gen­den Kla­gen aus dem SchKG83:
1.
Ab­er­ken­nungs­kla­ge (Art. 83 Abs. 2 SchKG),
2.
Fest­stel­lungs­kla­ge (Art. 85a SchKG),
3.
Wi­der­spruchs­kla­ge (Art. 106–109 SchKG),
4.
An­schluss­kla­ge (Art. 111 SchKG),
5.
Aus­son­de­rungs- und Ad­mas­sie­rungs­kla­ge (Art. 242 SchKG),
6.
Kol­lo­ka­ti­ons­kla­ge (Art. 148 und 250 SchKG),
7.
Kla­ge auf Fest­stel­lung neu­en Ver­mö­gens (Art. 265a SchKG),
8.
Kla­ge auf Rück­schaf­fung von Re­ten­ti­ons­ge­gen­stän­den (Art. 284 SchKG);
f.
bei Strei­tig­kei­ten, für die nach den Ar­ti­keln 5 und 6 die­ses Ge­set­zes ei­ne ein­zi­ge kan­to­na­le In­stanz zu­stän­dig ist;
g.
bei der Haupt­in­ter­ven­ti­on, der Wi­der­kla­ge und der Streit­ver­kün­dungs­kla­ge;
h.
wenn das Ge­richt Frist für ei­ne Kla­ge ge­setzt hat.

78 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

79 SR 210

80 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kin­des­un­ter­halt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

81 SR 210

82 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2015 (Ge­werbs­mäs­si­ge Ver­tre­tung im Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­ren), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 3643; BBl 2014 8669).

83 SR 281.1

Art. 199 Verzicht auf das Schlichtungsverfahren

1 Bei ver­mö­gens­recht­li­chen Strei­tig­kei­ten mit ei­nem Streit­wert von min­des­tens 100 000 Fran­ken kön­nen die Par­tei­en ge­mein­sam auf die Durch­füh­rung des Schlich­tungs­ver­fah­rens ver­zich­ten.

2 Die kla­gen­de Par­tei kann ein­sei­tig auf das Schlich­tungs­ver­fah­ren ver­zich­ten, wenn:

a.
die be­klag­te Par­tei Sitz oder Wohn­sitz im Aus­land hat;
b.
der Auf­ent­halts­ort der be­klag­ten Par­tei un­be­kannt ist;
c.
in Strei­tig­kei­ten nach dem Gleich­stel­lungs­ge­setz vom 24. März 199584.

Art. 200 Paritätische Schlichtungsbehörden

1 Bei Strei­tig­kei­ten aus Mie­te und Pacht von Wohn- und Ge­schäfts­räu­men be­steht die Schlich­tungs­be­hör­de aus ei­ner vor­sit­zen­den Per­son und ei­ner pa­ri­tä­ti­schen Ver­tre­tung.

2 Bei Strei­tig­kei­ten nach dem Gleich­stel­lungs­ge­setz vom 24. März 199585 be­steht die Schlich­tungs­be­hör­de aus ei­ner vor­sit­zen­den Per­son und ei­ner pa­ri­tä­ti­schen Ver­tre­tung der Ar­beit­ge­ber- und Ar­beit­neh­mer­sei­te und des öf­fent­li­chen und pri­va­ten Be­reichs; die Ge­schlech­ter müs­sen pa­ri­tä­tisch ver­tre­ten sein.

Art. 201 Aufgaben der Schlichtungsbehörde

1 Die Schlich­tungs­be­hör­de ver­sucht in form­lo­ser Ver­hand­lung, die Par­tei­en zu ver­söh­nen. Dient es der Bei­le­gung des Strei­tes, so kön­nen in einen Ver­gleich auch aus­ser­halb des Ver­fah­rens lie­gen­de Streit­fra­gen zwi­schen den Par­tei­en ein­be­zo­gen wer­den.

2 In den An­ge­le­gen­hei­ten nach Ar­ti­kel 200 ist die Schlich­tungs­be­hör­de auch Rechts­be­ra­tungs­stel­le.

2. Kapitel: Schlichtungsverfahren

Art. 202 Einleitung

1 Das Ver­fah­ren wird durch das Schlich­tungs­ge­such ein­ge­lei­tet. Die­ses kann in den For­men nach Ar­ti­kel 130 ein­ge­reicht oder münd­lich bei der Schlich­tungs­be­hör­de zu Pro­to­koll ge­ge­ben wer­den.

2 Im Schlich­tungs­ge­such sind die Ge­gen­par­tei, das Rechts­be­geh­ren und der Streit­ge­gen­stand zu be­zeich­nen.

3 Die Schlich­tungs­be­hör­de stellt der Ge­gen­par­tei das Schlich­tungs­ge­such un­ver­züg­lich zu und lädt gleich­zei­tig die Par­tei­en zur Ver­mitt­lung vor.

4 In den An­ge­le­gen­hei­ten nach Ar­ti­kel 200 kann sie, so­weit ein Ur­teils­vor­schlag nach Ar­ti­kel 210 oder ein Ent­scheid nach Ar­ti­kel 212 in Fra­ge kommt, aus­nahms­wei­se einen Schrif­ten­wech­sel durch­füh­ren.

Art. 203 Verhandlung

1 Die Ver­hand­lung hat in­nert zwei Mo­na­ten seit Ein­gang des Ge­suchs oder nach Ab­schluss des Schrif­ten­wech­sels statt­zu­fin­den.

2 Die Schlich­tungs­be­hör­de lässt sich all­fäl­li­ge Ur­kun­den vor­le­gen und kann einen Au­gen­schein durch­füh­ren. So­weit ein Ur­teils­vor­schlag nach Ar­ti­kel 210 oder ein Ent­scheid nach Ar­ti­kel 212 in Fra­ge kommt, kann sie auch die üb­ri­gen Be­weis­mit­tel ab­neh­men, wenn dies das Ver­fah­ren nicht we­sent­lich ver­zö­gert.

3 Die Ver­hand­lung ist nicht öf­fent­lich. In den An­ge­le­gen­hei­ten nach Ar­ti­kel 200 kann die Schlich­tungs­be­hör­de die Öf­fent­lich­keit ganz oder teil­wei­se zu­las­sen, wenn ein öf­fent­li­ches In­ter­es­se be­steht.

4 Mit Zu­stim­mung der Par­tei­en kann die Schlich­tungs­be­hör­de wei­te­re Ver­hand­lun­gen durch­füh­ren. Das Ver­fah­ren ist spä­tes­tens nach zwölf Mo­na­ten ab­zu­sch­lies­sen.

Art. 204 Persönliches Erscheinen

1 Die Par­tei­en müs­sen per­sön­lich zur Schlich­tungs­ver­hand­lung er­schei­nen.

2 Sie kön­nen sich von ei­ner Rechts­bei­stän­din, ei­nem Rechts­bei­stand oder ei­ner Ver­trau­ens­per­son be­glei­ten las­sen.

3 Nicht per­sön­lich er­schei­nen muss und sich ver­tre­ten las­sen kann, wer:

a.
aus­ser­kan­to­na­len oder aus­län­di­schen Wohn­sitz hat;
b.
we­gen Krank­heit, Al­ter oder an­de­ren wich­ti­gen Grün­den ver­hin­dert ist;
c.
in Strei­tig­kei­ten nach Ar­ti­kel 243 als Ar­beit­ge­ber be­zie­hungs­wei­se als Ver­si­che­rer ei­ne an­ge­stell­te Per­son oder als Ver­mie­ter die Lie­gen­schafts­ver­wal­tung de­le­giert, so­fern die­se zum Ab­schluss ei­nes Ver­gleichs schrift­lich er­mäch­tigt sind.

4 Die Ge­gen­par­tei ist über die Ver­tre­tung vor­gän­gig zu ori­en­tie­ren.

Art. 205 Vertraulichkeit des Verfahrens

1 Aus­sa­gen der Par­tei­en dür­fen we­der pro­to­kol­liert noch spä­ter im Ent­scheid­ver­fah­ren ver­wen­det wer­den.

2 Vor­be­hal­ten ist die Ver­wen­dung der Aus­sa­gen im Fal­le ei­nes Ur­teils­vor­schla­ges oder Ent­schei­des der Schlich­tungs­be­hör­de.

Art. 206 Säumnis

1 Bei Säum­nis der kla­gen­den Par­tei gilt das Schlich­tungs­ge­such als zu­rück­ge­zo­gen; das Ver­fah­ren wird als ge­gen­stands­los ab­ge­schrie­ben.

2 Bei Säum­nis der be­klag­ten Par­tei ver­fährt die Schlich­tungs­be­hör­de, wie wenn kei­ne Ei­ni­gung zu Stan­de ge­kom­men wä­re (Art. 209–212).

3 Bei Säum­nis bei­der Par­tei­en wird das Ver­fah­ren als ge­gen­stands­los ab­ge­schrie­ben.

Art. 207 Kosten des Schlichtungsverfahrens

1 Die Kos­ten des Schlich­tungs­ver­fah­rens wer­den der kla­gen­den Par­tei auf­er­legt:

a.
wenn sie das Schlich­tungs­ge­such zu­rück­zieht;
b.
wenn das Ver­fah­ren we­gen Säum­nis ab­ge­schrie­ben wird;
c.
bei Er­tei­lung der Kla­ge­be­wil­li­gung.

2 Bei Ein­rei­chung der Kla­ge wer­den die Kos­ten zur Haupt­sa­che ge­schla­gen.

3. Kapitel: Einigung und Klagebewilligung

Art. 208 Einigung der Parteien

1 Kommt es zu ei­ner Ei­ni­gung, so nimmt die Schlich­tungs­be­hör­de einen Ver­gleich, ei­ne Kla­gean­er­ken­nung oder einen vor­be­halt­lo­sen Kla­ge­rück­zug zu Pro­to­koll und lässt die Par­tei­en die­ses un­ter­zeich­nen. Je­de Par­tei er­hält ein Ex­em­plar des Pro­to­kolls.

2 Ein Ver­gleich, ei­ne Kla­gean­er­ken­nung oder ein vor­be­halt­lo­ser Kla­ge­rück­zug ha­ben die Wir­kung ei­nes rechts­kräf­ti­gen Ent­scheids.

Art. 209 Klagebewilligung

1 Kommt es zu kei­ner Ei­ni­gung, so hält die Schlich­tungs­be­hör­de dies im Pro­to­koll fest und er­teilt die Kla­ge­be­wil­li­gung:

a.
bei der An­fech­tung von Miet- und Pacht­zins­er­hö­hun­gen: dem Ver­mie­ter oder Ver­päch­ter;
b.
in den üb­ri­gen Fäl­len: der kla­gen­den Par­tei.

2 Die Kla­ge­be­wil­li­gung ent­hält:

a.
die Na­men und Adres­sen der Par­tei­en und all­fäl­li­ger Ver­tre­tun­gen;
b.
das Rechts­be­geh­ren der kla­gen­den Par­tei mit Streit­ge­gen­stand und ei­ne all­fäl­li­ge Wi­der­kla­ge;
c.
das Da­tum der Ein­lei­tung des Schlich­tungs­ver­fah­rens;
d.
die Ver­fü­gung über die Kos­ten des Schlich­tungs­ver­fah­rens;
e.
das Da­tum der Kla­ge­be­wil­li­gung;
f.
die Un­ter­schrift der Schlich­tungs­be­hör­de.

3 Nach Er­öff­nung be­rech­tigt die Kla­ge­be­wil­li­gung wäh­rend drei­er Mo­na­te zur Ein­rei­chung der Kla­ge beim Ge­richt.

4 In Strei­tig­kei­ten aus Mie­te und Pacht von Wohn- und Ge­schäfts­räu­men so­wie aus land­wirt­schaft­li­cher Pacht be­trägt die Kla­ge­frist 30 Ta­ge. Vor­be­hal­ten blei­ben wei­te­re be­son­de­re ge­setz­li­che und ge­richt­li­che Kla­ge­fris­ten.

4. Kapitel: Urteilsvorschlag und Entscheid

Art. 210 Urteilsvorschlag

1 Die Schlich­tungs­be­hör­de kann den Par­tei­en einen Ur­teils­vor­schlag un­ter­brei­ten in:

a.
Strei­tig­kei­ten nach dem Gleich­stel­lungs­ge­setz vom 24. März 199586;
b.
Strei­tig­kei­ten aus Mie­te und Pacht von Wohn- und Ge­schäfts­räu­men so­wie aus land­wirt­schaft­li­cher Pacht, so­fern die Hin­ter­le­gung von Miet- und Pacht­zin­sen, der Schutz vor miss­bräuch­li­chen Miet- und Pacht­zin­sen, der Kün­di­gungs­schutz oder die Er­stre­ckung des Miet- und Pacht­ver­hält­nis­ses be­trof­fen ist;
c.
den üb­ri­gen ver­mö­gens­recht­li­chen Strei­tig­kei­ten bis zu ei­nem Streit­wert von 5000 Fran­ken.

2 Der Ur­teils­vor­schlag kann ei­ne kur­ze Be­grün­dung ent­hal­ten; im Üb­ri­gen gilt Ar­ti­kel 238 sinn­ge­mä­ss.

Art. 211 Wirkungen

1 Der Ur­teils­vor­schlag gilt als an­ge­nom­men und hat die Wir­kun­gen ei­nes rechts­kräf­ti­gen Ent­scheids, wenn ihn kei­ne Par­tei in­nert 20 Ta­gen seit der schrift­li­chen Er­öff­nung ab­lehnt. Die Ab­leh­nung be­darf kei­ner Be­grün­dung.

2 Nach Ein­gang der Ab­leh­nung stellt die Schlich­tungs­be­hör­de die Kla­ge­be­wil­li­gung zu:

a.
in den An­ge­le­gen­hei­ten nach Ar­ti­kel 210 Ab­satz 1 Buch­sta­be b: der ab­leh­nen­den Par­tei;
b.
in den üb­ri­gen Fäl­len: der kla­gen­den Par­tei.

3 Wird die Kla­ge in den An­ge­le­gen­hei­ten nach Ar­ti­kel 210 Ab­satz 1 Buch­sta­be b nicht recht­zei­tig ein­ge­reicht, so gilt der Ur­teils­vor­schlag als an­er­kannt und er hat die Wir­kun­gen ei­nes rechts­kräf­ti­gen Ent­schei­des.

4 Die Par­tei­en sind im Ur­teils­vor­schlag auf die Wir­kun­gen nach den Ab­sät­zen 1–3 hin­zu­wei­sen.

Art. 212 Entscheid

1 Ver­mö­gens­recht­li­che Strei­tig­kei­ten bis zu ei­nem Streit­wert von 2000 Fran­ken kann die Schlich­tungs­be­hör­de ent­schei­den, so­fern die kla­gen­de Par­tei einen ent­spre­chen­den An­trag stellt.

2 Das Ver­fah­ren ist münd­lich.

2. Titel: Mediation

Art. 213 Mediation statt Schlichtungsverfahren

1 Auf An­trag sämt­li­cher Par­tei­en tritt ei­ne Me­dia­ti­on an die Stel­le des Schlich­tungs­ver­fah­rens.

2 Der An­trag ist im Schlich­tungs­ge­such oder an der Schlich­tungs­ver­hand­lung zu stel­len.

3 Teilt ei­ne Par­tei der Schlich­tungs­be­hör­de das Schei­tern der Me­dia­ti­on mit, so wird die Kla­ge­be­wil­li­gung aus­ge­stellt.

Art. 214 Mediation im Entscheidverfahren

1 Das Ge­richt kann den Par­tei­en je­der­zeit ei­ne Me­dia­ti­on emp­feh­len.

2 Die Par­tei­en kön­nen dem Ge­richt je­der­zeit ge­mein­sam ei­ne Me­dia­ti­on be­an­tra­gen.

3 Das ge­richt­li­che Ver­fah­ren bleibt bis zum Wi­der­ruf des An­tra­ges durch ei­ne Par­tei oder bis zur Mit­tei­lung der Be­en­di­gung der Me­dia­ti­on sis­tiert.

Art. 215 Organisation und Durchführung der Mediation

Or­ga­ni­sa­ti­on und Durch­füh­rung der Me­dia­ti­on ist Sa­che der Par­tei­en.

Art. 216 Verhältnis zum gerichtlichen Verfahren

1 Die Me­dia­ti­on ist von der Schlich­tungs­be­hör­de und vom Ge­richt un­ab­hän­gig und ver­trau­lich.

2 Die Aus­sa­gen der Par­tei­en dür­fen im ge­richt­li­chen Ver­fah­ren nicht ver­wen­det wer­den.

Art. 217 Genehmigung einer Vereinbarung

Die Par­tei­en kön­nen ge­mein­sam die Ge­neh­mi­gung der in der Me­dia­ti­on er­ziel­ten Ver­ein­ba­rung be­an­tra­gen. Die ge­neh­mig­te Ver­ein­ba­rung hat die Wir­kung ei­nes rechts­kräf­ti­gen Ent­scheids.

Art. 218 Kosten der Mediation

1 Die Par­tei­en tra­gen die Kos­ten der Me­dia­ti­on.

2 In kin­des­recht­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten ha­ben die Par­tei­en An­spruch auf ei­ne un­ent­gelt­li­che Me­dia­ti­on, wenn:87

a.
ih­nen die er­for­der­li­chen Mit­tel feh­len; und
b.
das Ge­richt die Durch­füh­rung ei­ner Me­dia­ti­on emp­fiehlt.

3 Das kan­to­na­le Recht kann wei­te­re Kos­te­ner­leich­te­run­gen vor­se­hen.

87 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kin­des­un­ter­halt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

3. Titel: Ordentliches Verfahren

1. Kapitel: Geltungsbereich

Art. 219

Die Be­stim­mun­gen die­ses Ti­tels gel­ten für das or­dent­li­che Ver­fah­ren so­wie sinn­ge­mä­ss für sämt­li­che an­de­ren Ver­fah­ren, so­weit das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt.

2. Kapitel: Schriftenwechsel und Vorbereitung der Hauptverhandlung

Art. 220 Einleitung

Das or­dent­li­che Ver­fah­ren wird mit Ein­rei­chung der Kla­ge ein­ge­lei­tet.

Art. 221 Klage

1 Die Kla­ge ent­hält:

a.
die Be­zeich­nung der Par­tei­en und all­fäl­li­ger Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter;
b.
das Rechts­be­geh­ren;
c.
die An­ga­be des Streit­werts;
d.
die Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen;
e.
die Be­zeich­nung der ein­zel­nen Be­weis­mit­tel zu den be­haup­te­ten Tat­sa­chen;
f.
das Da­tum und die Un­ter­schrift.

2 Mit der Kla­ge sind fol­gen­de Bei­la­gen ein­zu­rei­chen:

a.
ei­ne Voll­macht bei Ver­tre­tung;
b.
ge­ge­be­nen­falls die Kla­ge­be­wil­li­gung oder die Er­klä­rung, dass auf das Schlich­tungs­ver­fah­ren ver­zich­tet wer­de;
c.
die ver­füg­ba­ren Ur­kun­den, wel­che als Be­weis­mit­tel die­nen sol­len;
d.
ein Ver­zeich­nis der Be­weis­mit­tel.

3 Die Kla­ge kann ei­ne recht­li­che Be­grün­dung ent­hal­ten.

Art. 222 Klageantwort

1 Das Ge­richt stellt die Kla­ge der be­klag­ten Par­tei zu und setzt ihr gleich­zei­tig ei­ne Frist zur schrift­li­chen Kla­geant­wort.

2 Für die Kla­geant­wort gilt Ar­ti­kel 221 sinn­ge­mä­ss. Die be­klag­te Par­tei hat dar­zu­le­gen, wel­che Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen der kla­gen­den Par­tei im Ein­zel­nen an­er­kannt oder be­strit­ten wer­den.

3 Das Ge­richt kann die be­klag­te Par­tei auf­for­dern, die Kla­geant­wort auf ein­zel­ne Fra­gen oder ein­zel­ne Rechts­be­geh­ren zu be­schrän­ken (Art. 125).

4 Es stellt die Kla­geant­wort der kla­gen­den Par­tei zu.

Art. 223 Versäumte Klageantwort

1 Bei ver­säum­ter Kla­geant­wort setzt das Ge­richt der be­klag­ten Par­tei ei­ne kur­ze Nach­frist.

2 Nach un­be­nutz­ter Frist trifft das Ge­richt einen En­dent­scheid, so­fern die An­ge­le­gen­heit spruch­reif ist. An­dern­falls lädt es zur Haupt­ver­hand­lung vor.

Art. 224 Widerklage

1 Die be­klag­te Par­tei kann in der Kla­geant­wort Wi­der­kla­ge er­he­ben, wenn der gel­tend ge­mach­te An­spruch nach der glei­chen Ver­fah­rens­art wie die Haupt­kla­ge zu be­ur­tei­len ist.

2 Über­steigt der Streit­wert der Wi­der­kla­ge die sach­li­che Zu­stän­dig­keit des Ge­richts, so hat die­ses bei­de Kla­gen dem Ge­richt mit der hö­he­ren sach­li­chen Zu­stän­dig­keit zu über­wei­sen.

3 Wird Wi­der­kla­ge er­ho­ben, so setzt das Ge­richt der kla­gen­den Par­tei ei­ne Frist zur schrift­li­chen Ant­wort. Wi­der­kla­ge auf Wi­der­kla­ge ist un­zu­läs­sig.

Art. 225 Zweiter Schriftenwechsel

Er­for­dern es die Ver­hält­nis­se, so kann das Ge­richt einen zwei­ten Schrif­ten­wech­sel an­ord­nen.

Art. 226 Instruktionsverhandlung

1 Das Ge­richt kann je­der­zeit In­struk­ti­ons­ver­hand­lun­gen durch­füh­ren.

2 Die In­struk­ti­ons­ver­hand­lung dient der frei­en Er­ör­te­rung des Streit­ge­gen­stan­des, der Er­gän­zung des Sach­ver­hal­tes, dem Ver­such ei­ner Ei­ni­gung und der Vor­be­rei­tung der Haupt­ver­hand­lung.

3 Das Ge­richt kann Be­wei­se ab­neh­men.

Art. 227 Klageänderung

1 Ei­ne Kla­ge­än­de­rung ist zu­läs­sig, wenn der ge­än­der­te oder neue An­spruch nach der glei­chen Ver­fah­rens­art zu be­ur­tei­len ist und:

a.
mit dem bis­he­ri­gen An­spruch in ei­nem sach­li­chen Zu­sam­men­hang steht;
oder
b.
die Ge­gen­par­tei zu­stimmt.

2 Über­steigt der Streit­wert der ge­än­der­ten Kla­ge die sach­li­che Zu­stän­dig­keit des Ge­richts, so hat die­ses den Pro­zess an das Ge­richt mit der hö­he­ren sach­li­chen Zu­stän­dig­keit zu über­wei­sen.

3 Ei­ne Be­schrän­kung der Kla­ge ist je­der­zeit zu­läs­sig; das an­ge­ru­fe­ne Ge­richt bleibt zu­stän­dig.

3. Kapitel: Hauptverhandlung

Art. 228 Erste Parteivorträge

1 Nach der Er­öff­nung der Haupt­ver­hand­lung stel­len die Par­tei­en ih­re An­trä­ge und be­grün­den sie.

2 Das Ge­richt gibt ih­nen Ge­le­gen­heit zu Re­plik und Du­plik.

Art. 229 Neue Tatsachen und Beweismittel

1 In der Haupt­ver­hand­lung wer­den neue Tat­sa­chen und Be­weis­mit­tel nur noch be­rück­sich­tigt, wenn sie oh­ne Ver­zug vor­ge­bracht wer­den und:

a.88
erst nach Ab­schluss des Schrif­ten­wech­sels oder nach der letz­ten In­struk­ti­ons­ver­hand­lung ent­stan­den sind (ech­te No­ven); oder
b.
be­reits vor Ab­schluss des Schrif­ten­wech­sels oder vor der letz­ten In­struk­ti­ons­ver­hand­lung vor­han­den wa­ren, aber trotz zu­mut­ba­rer Sorg­falt nicht vor­her vor­ge­bracht wer­den konn­ten (un­ech­te No­ven).

2 Hat we­der ein zwei­ter Schrif­ten­wech­sel noch ei­ne In­struk­ti­ons­ver­hand­lung statt­ge­fun­den, so kön­nen neue Tat­sa­chen und Be­weis­mit­tel zu Be­ginn der Haupt­ver­hand­lung un­be­schränkt vor­ge­bracht wer­den.

3 Hat das Ge­richt den Sach­ver­halt von Am­tes we­gen ab­zu­klä­ren, so be­rück­sich­tigt es neue Tat­sa­chen und Be­weis­mit­tel bis zur Ur­teils­be­ra­tung.

88 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2015 (Ge­werbs­mäs­si­ge Ver­tre­tung im Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­ren), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 3643; BBl 2014 8669).

Art. 230 Klageänderung

1 Ei­ne Kla­ge­än­de­rung ist in der Haupt­ver­hand­lung nur noch zu­läs­sig, wenn:

a.
die Vor­aus­set­zun­gen nach Ar­ti­kel 227 Ab­satz 1 ge­ge­ben sind; und
b.89
sie auf neu­en Tat­sa­chen oder Be­weis­mit­teln be­ruht.

2 Ar­ti­kel 227 Ab­sät­ze 2 und 3 ist an­wend­bar.

89 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2015 (Ge­werbs­mäs­si­ge Ver­tre­tung im Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­ren), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 3643; BBl 2014 8669).

Art. 231 Beweisabnahme

Nach den Par­tei­vor­trä­gen nimmt das Ge­richt die Be­wei­se ab.

Art. 232 Schlussvorträge

1 Nach Ab­schluss der Be­weis­ab­nah­me kön­nen die Par­tei­en zum Be­wei­s­er­geb­nis und zur Sa­che Stel­lung neh­men. Die kla­gen­de Par­tei plä­diert zu­erst. Das Ge­richt gibt Ge­le­gen­heit zu ei­nem zwei­ten Vor­trag.

2 Die Par­tei­en kön­nen ge­mein­sam auf die münd­li­chen Schluss­vor­trä­ge ver­zich­ten und be­an­tra­gen, schrift­li­che Par­tei­vor­trä­ge ein­zu­rei­chen. Das Ge­richt setzt ih­nen da­zu ei­ne Frist.

Art. 233 Verzicht auf die Hauptverhandlung

Die Par­tei­en kön­nen ge­mein­sam auf die Durch­füh­rung der Haupt­ver­hand­lung ver­zich­ten.

Art. 234 Säumnis an der Hauptverhandlung

1 Bei Säum­nis ei­ner Par­tei be­rück­sich­tigt das Ge­richt die Ein­ga­ben, die nach Mass­ga­be die­ses Ge­set­zes ein­ge­reicht wor­den sind. Im Üb­ri­gen kann es sei­nem Ent­scheid un­ter Vor­be­halt von Ar­ti­kel 153 die Ak­ten so­wie die Vor­brin­gen der an­we­sen­den Par­tei zu Grun­de le­gen.

2 Bei Säum­nis bei­der Par­tei­en wird das Ver­fah­ren als ge­gen­stands­los ab­ge­schrie­ben. Die Ge­richts­kos­ten wer­den den Par­tei­en je zur Hälf­te auf­er­legt.

4. Kapitel: Protokoll

Art. 235

1 Das Ge­richt führt über je­de Ver­hand­lung Pro­to­koll. Die­ses ent­hält ins­be­son­de­re:

a.
den Ort und die Zeit der Ver­hand­lung;
b.
die Zu­sam­men­set­zung des Ge­richts;
c.
die An­we­sen­heit der Par­tei­en und ih­rer Ver­tre­tun­gen;
d.
die Rechts­be­geh­ren, An­trä­ge und Pro­zes­s­er­klä­run­gen der Par­tei­en;
e.
die Ver­fü­gun­gen des Ge­richts;
f.
die Un­ter­schrift der pro­to­koll­füh­ren­den Per­son.

2 Aus­füh­run­gen tat­säch­li­cher Na­tur sind dem we­sent­li­chen In­halt nach zu pro­to­kol­lie­ren, so­weit sie nicht in den Schrift­sät­zen der Par­tei­en ent­hal­ten sind. Sie kön­nen zu­sätz­lich auf Ton­band, auf Vi­deo oder mit an­de­ren ge­eig­ne­ten tech­ni­schen Hilfs­mit­teln auf­ge­zeich­net wer­den.

3 Über Ge­su­che um Pro­to­koll­be­rich­ti­gung ent­schei­det das Ge­richt.

5. Kapitel: Entscheid

Art. 236 Endentscheid

1 Ist das Ver­fah­ren spruch­reif, so wird es durch Sach- oder Nicht­ein­tre­tens­ent­scheid be­en­det.

2 Das Ge­richt ur­teilt durch Mehr­heits­ent­scheid.

3 Auf An­trag der ob­sie­gen­den Par­tei ord­net es Voll­stre­ckungs­mass­nah­men an.

Art. 237 Zwischenentscheid

1 Das Ge­richt kann einen Zwi­schen­ent­scheid tref­fen, wenn durch ab­wei­chen­de ober­in­stanz­li­che Be­ur­tei­lung so­fort ein En­dent­scheid her­bei­ge­führt und so ein be­deu­ten­der Zeit- oder Kos­ten­auf­wand ge­spart wer­den kann.

2 Der Zwi­schen­ent­scheid ist selbst­stän­dig an­zu­fech­ten; ei­ne spä­te­re An­fech­tung zu­sam­men mit dem En­dent­scheid ist aus­ge­schlos­sen.

Art. 238 Inhalt

Ein Ent­scheid ent­hält:

a.
die Be­zeich­nung und die Zu­sam­men­set­zung des Ge­richts;
b.
den Ort und das Da­tum des Ent­scheids;
c.
die Be­zeich­nung der Par­tei­en und ih­rer Ver­tre­tung;
d.
das Dis­po­si­tiv (Ur­teils­for­mel);
e.
die An­ga­be der Per­so­nen und Be­hör­den, de­nen der Ent­scheid mit­zu­tei­len ist;
f.
ei­ne Rechts­mit­tel­be­leh­rung, so­fern die Par­tei­en auf die Rechts­mit­tel nicht ver­zich­tet ha­ben;
g.
ge­ge­be­nen­falls die Ent­scheid­grün­de;
h.
die Un­ter­schrift des Ge­richts.

Art. 239 Eröffnung und Begründung

1 Das Ge­richt kann sei­nen Ent­scheid oh­ne schrift­li­che Be­grün­dung er­öff­nen:

a.
in der Haupt­ver­hand­lung durch Über­ga­be des schrift­li­chen Dis­po­si­tivs an die Par­tei­en mit kur­z­er münd­li­cher Be­grün­dung;
b.
durch Zu­stel­lung des Dis­po­si­tivs an die Par­tei­en.

2 Ei­ne schrift­li­che Be­grün­dung ist nach­zu­lie­fern, wenn ei­ne Par­tei dies in­nert zehn Ta­gen seit der Er­öff­nung des Ent­schei­des ver­langt. Wird kei­ne Be­grün­dung ver­langt, so gilt dies als Ver­zicht auf die An­fech­tung des Ent­schei­des mit Be­ru­fung oder Be­schwer­de.

3 Vor­be­hal­ten blei­ben die Be­stim­mun­gen des Bun­des­ge­richts­ge­set­zes vom 17. Ju­ni 200590 über die Er­öff­nung von Ent­schei­den, die an das Bun­des­ge­richt wei­ter­ge­zo­gen wer­den kön­nen.

Art. 240 Mitteilung und Veröffentlichung des Entscheides

Sieht das Ge­setz es vor oder dient es der Voll­stre­ckung, so wird der Ent­scheid Be­hör­den und be­trof­fe­nen Drit­ten mit­ge­teilt oder ver­öf­fent­licht.

6. Kapitel: Beendigung des Verfahrens ohne Entscheid

Art. 241 Vergleich, Klageanerkennung, Klagerückzug

1 Wird ein Ver­gleich, ei­ne Kla­gean­er­ken­nung oder ein Kla­ge­rück­zug dem Ge­richt zu Pro­to­koll ge­ge­ben, so ha­ben die Par­tei­en das Pro­to­koll zu un­ter­zeich­nen.

2 Ein Ver­gleich, ei­ne Kla­gean­er­ken­nung oder ein Kla­ge­rück­zug hat die Wir­kung ei­nes rechts­kräf­ti­gen Ent­schei­des.

3 Das Ge­richt schreibt das Ver­fah­ren ab.

Art. 242 Gegenstandslosigkeit aus anderen Gründen

En­det das Ver­fah­ren aus an­de­ren Grün­den oh­ne Ent­scheid, so wird es ab­ge­schrie­ben.

4. Titel: Vereinfachtes Verfahren

Art. 243 Geltungsbereich

1 Das ver­ein­fach­te Ver­fah­ren gilt für ver­mö­gens­recht­li­che Strei­tig­kei­ten bis zu ei­nem Streit­wert von 30 000 Fran­ken.

2 Es gilt oh­ne Rück­sicht auf den Streit­wert bei Strei­tig­kei­ten:91

a.
nach dem Gleich­stel­lungs­ge­setz vom 24. März 199592;
b.93
we­gen Ge­walt, Dro­hun­gen oder Nach­stel­lun­gen nach Ar­ti­kel 28b ZGB94 oder be­tref­fend ei­ne elek­tro­ni­sche Über­wa­chung nach Ar­ti­kel 28c ZGB;
c.
aus Mie­te und Pacht von Wohn- und Ge­schäfts­räu­men so­wie aus land­wirt­schaft­li­cher Pacht, so­fern die Hin­ter­le­gung von Miet- und Pacht­zin­sen, der Schutz vor miss­bräuch­li­chen Miet- und Pacht­zin­sen, der Kün­di­gungs­schutz oder die Er­stre­ckung des Miet- oder Pacht­ver­hält­nis­ses be­trof­fen ist;
d.95
zur Durch­set­zung des Aus­kunfts­rechts nach Ar­ti­kel 25 DSG96;
e.
nach dem Mit­wir­kungs­ge­setz vom 17. De­zem­ber 199397;
f.
aus Zu­satz­ver­si­che­run­gen zur so­zia­len Kran­ken­ver­si­che­rung nach dem Bun­des­ge­setz vom 18. März 199498 über die Kran­ken­ver­si­che­rung.

3 Es fin­det kei­ne An­wen­dung in Strei­tig­kei­ten vor der ein­zi­gen kan­to­na­len In­stanz nach den Ar­ti­keln 5 und 8 und vor dem Han­dels­ge­richt nach Ar­ti­kel 6.

91 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

92 SR 151.1

93 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Ju­li 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

94 SR 210

95 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 24 des Da­ten­schutz­ge­set­zes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

96 SR 235.1

97 SR 822.14

98 SR 832.10

Art. 244 Vereinfachte Klage

1 Die Kla­ge kann in den For­men nach Ar­ti­kel 130 ein­ge­reicht oder münd­lich bei Ge­richt zu Pro­to­koll ge­ge­ben wer­den. Sie ent­hält:

a.
die Be­zeich­nung der Par­tei­en;
b.
das Rechts­be­geh­ren;
c.
die Be­zeich­nung des Streit­ge­gen­stan­des;
d.
wenn nö­tig die An­ga­be des Streit­wer­tes;
e.
das Da­tum und die Un­ter­schrift.

2 Ei­ne Be­grün­dung der Kla­ge ist nicht er­for­der­lich.

3 Als Bei­la­gen sind ein­zu­rei­chen:

a.
ei­ne Voll­macht bei Ver­tre­tung;
b.
die Kla­ge­be­wil­li­gung oder die Er­klä­rung, dass auf das Schlich­tungs­ver­fah­ren ver­zich­tet wer­de;
c.
die ver­füg­ba­ren Ur­kun­den, wel­che als Be­weis­mit­tel die­nen sol­len.

Art. 245 Vorladung zur Verhandlung und Stellungnahme

1 Ent­hält die Kla­ge kei­ne Be­grün­dung, so stellt das Ge­richt sie der be­klag­ten Par­tei zu und lädt die Par­tei­en zu­gleich zur Ver­hand­lung vor.

2 Ent­hält die Kla­ge ei­ne Be­grün­dung, so setzt das Ge­richt der be­klag­ten Par­tei zu­nächst ei­ne Frist zur schrift­li­chen Stel­lung­nah­me.

Art. 246 Prozessleitende Verfügungen

1 Das Ge­richt trifft die not­wen­di­gen Ver­fü­gun­gen, da­mit die Streit­sa­che mög­lichst am ers­ten Ter­min er­le­digt wer­den kann.

2 Er­for­dern es die Ver­hält­nis­se, so kann das Ge­richt einen Schrif­ten­wech­sel an­ord­nen und In­struk­ti­ons­ver­hand­lun­gen durch­füh­ren.

Art. 247 Feststellung des Sachverhaltes

1 Das Ge­richt wirkt durch ent­spre­chen­de Fra­gen dar­auf hin, dass die Par­tei­en un­ge­nü­gen­de An­ga­ben zum Sach­ver­halt er­gän­zen und die Be­weis­mit­tel be­zeich­nen.

2 Das Ge­richt stellt den Sach­ver­halt von Am­tes we­gen fest:

a.
in den An­ge­le­gen­hei­ten nach Ar­ti­kel 243 Ab­satz 2;
b.
bis zu ei­nem Streit­wert von 30 000 Fran­ken:
1.
in den üb­ri­gen Strei­tig­kei­ten aus Mie­te und Pacht von Wohn- und Ge­schäfts­räu­men so­wie aus land­wirt­schaft­li­cher Pacht,
2.
in den üb­ri­gen ar­beits­recht­li­chen Strei­tig­kei­ten.

5. Titel: Summarisches Verfahren

1. Kapitel: Geltungsbereich

Art. 248 Grundsatz

Das sum­ma­ri­sche Ver­fah­ren ist an­wend­bar:

a.
in den vom Ge­setz be­stimm­ten Fäl­len;
b.
für den Rechts­schutz in kla­ren Fäl­len;
c.
für das ge­richt­li­che Ver­bot;
d.
für die vor­sorg­li­chen Mass­nah­men;
e.
für die An­ge­le­gen­hei­ten der frei­wil­li­gen Ge­richts­bar­keit.

Art. 249 Zivilgesetzbuch

Das sum­ma­ri­sche Ver­fah­ren gilt ins­be­son­de­re für fol­gen­de An­ge­le­gen­hei­ten:

a.99
Per­so­nen­recht:
1.
Frist­an­set­zung zur Ge­neh­mi­gung von Rechts­ge­schäf­ten ei­ner min­der­jäh­ri­gen Per­son oder ei­ner Per­son un­ter um­fas­sen­der Bei­stand­schaft (Art. 19a ZGB100),
2.
An­spruch auf Ge­gen­dar­stel­lung (Art. 28l ZGB),
3.
Ver­schol­le­n­er­klä­rung (Art. 35–38 ZGB),
4.
Be­rei­ni­gung ei­ner Ein­tra­gung im Zi­vil­stands­re­gis­ter (Art. 42 ZGB);
b.101
c.
Erbrecht:
1.
Ent­ge­gen­nah­me ei­nes münd­li­chen Tes­ta­men­tes (Art. 507 ZGB),
2.
Si­cher­stel­lung bei Be­er­bung ei­ner ver­schol­le­nen Per­son (Art. 546 ZGB),
3.
Ver­schie­bung der Erb­tei­lung und Si­che­rung der An­sprü­che der Mit­er­bin­nen und Mit­er­ben ge­gen­über zah­lungs­un­fä­hi­gen Er­ben (Art. 604 Abs. 2 und 3 ZGB);
d.
Sa­chen­recht:
1.
Mass­nah­men zur Er­hal­tung des Wer­tes und der Ge­brauchs­fä­hig­keit der Sa­che bei Mit­ei­gen­tum (Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB),
2.
Ein­tra­gung ding­li­cher Rech­te an Grund­stücken bei aus­ser­or­dent­li­cher Er­sit­zung (Art. 662 ZGB),
3.
Auf­he­bung der Ein­spra­che ge­gen die Ver­fü­gun­gen über ein Stock­werk (Art. 712c Abs. 3 ZGB),
4.
Er­nen­nung und Ab­be­ru­fung des Ver­wal­ters bei Stock­werk­ei­gen­tum (Art. 712q und 712r ZGB),
5.
vor­läu­fi­ge Ein­tra­gung ge­setz­li­cher Grund­pfand­rech­te (Art. 712i, 779d, 779k und 837–839 ZGB),
6.
Frist­an­set­zung zur Si­cher­stel­lung bei Nutz­nies­sung und Ent­zug des Be­sit­zes (Art. 760 und 762 ZGB),
7.
An­ord­nung der Schul­den­li­qui­da­ti­on des Nutz­nies­sungs­ver­mö­gens (Art. 766 ZGB),
8.
Mass­nah­men zu Guns­ten des Pfand­gläu­bi­gers zur Si­che­rung des Grund­pfands (Art. 808 Abs. 1 und 2 so­wie Art. 809–811 ZGB),
9.102
An­ord­nung über die Stell­ver­tre­tung bei Schuld­brief (Art. 850 Abs. 3 ZGB),
10.103
Kraft­los­er­klä­rung von Schuld­brief (Art. 856 und 865 ZGB),
11.
Vor­mer­kung von Ver­fü­gungs­be­schrän­kun­gen und vor­läu­fi­gen Ein­tra­gun­gen im Streit­fall (Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1, 961 Abs. 1 Ziff. 1 und 966 Abs. 2 ZGB).

99 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 2 Ziff. 3, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221; AS 2011 725; BBl 2006 7001).

100 SR 210

101 Auf­ge­ho­ben durch An­hang 2 Ziff. 3, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2013 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221; AS 2011 725; BBl 2006 7001).

102 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II 3 des BG vom 11. Dez. 2009 (Re­gis­ter-Schuld­brief und wei­te­re Än­de­run­gen im Sa­chen­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 4637; BBl 2007 5283).

103 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II 3 des BG vom 11. Dez. 2009 (Re­gis­ter-Schuld­brief und wei­te­re Än­de­run­gen im Sa­chen­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 4637; BBl 2007 5283).

Art. 250 Obligationenrecht

Das sum­ma­ri­sche Ver­fah­ren gilt ins­be­son­de­re für fol­gen­de An­ge­le­gen­hei­ten:

a.
All­ge­mei­ner Teil:
1.
ge­richt­li­che Hin­ter­le­gung ei­ner er­lo­sche­nen Voll­macht (Art. 36 Abs. 1 OR104),
2.
An­set­zung ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist zur Si­cher­stel­lung (Art. 83 Abs. 2 OR),
3.
Hin­ter­le­gung und Ver­kauf der ge­schul­de­ten Sa­che bei Gläu­bi­ger­ver­zug (Art. 92 Abs. 2 und 93 Abs. 2 OR),
4.
Er­mäch­ti­gung zur Er­satz­vor­nah­me (Art. 98 OR),
5.
An­set­zung ei­ner Frist zur Ver­trags­er­fül­lung (Art. 107 Abs. 1105 OR),
6.
Hin­ter­le­gung ei­nes strei­ti­gen Be­tra­ges (Art. 168 Abs. 1 OR);
b.
Ein­zel­ne Ver­trags­ver­hält­nis­se:
1.
Be­zeich­nung ei­ner sach­ver­stän­di­gen Per­son zur Nach­prü­fung des Ge­schäfts­er­geb­nis­ses oder der Pro­vi­si­ons­ab­rech­nung (Art. 322a Abs. 2 und 322c Abs. 2 OR),
2.
An­set­zung ei­ner Frist zur Si­cher­heits­leis­tung bei Lohn­ge­fähr­dung (Art. 337a OR),
3.
An­set­zung ei­ner Frist bei ver­trags­wid­ri­ger Aus­füh­rung ei­nes Wer­kes (Art. 366 Abs. 2 OR),
4.
Be­zeich­nung ei­ner sach­ver­stän­di­gen Per­son zur Prü­fung ei­nes Wer­kes (Art. 367 OR),
5.
An­set­zung ei­ner Frist zur Her­stel­lung der neu­en Auf­la­ge ei­nes li­te­ra­ri­schen oder künst­le­ri­schen Wer­kes (Art. 383 Abs. 3 OR),
6.
Her­aus­ga­be der beim Se­ques­ter hin­ter­leg­ten Sa­che (Art. 480 OR),
7.
Be­ur­tei­lung der Pfand­de­ckung bei So­lid­ar­bürg­schaft (Art. 496 Abs. 2 OR),
8.
Ein­stel­lung der Be­trei­bung ge­gen den Bür­gen bei Leis­tung von Re­al­si­cher­heit (Art. 501 Abs. 2 OR),
9.
Si­cher­stel­lung durch den Haupt­schuld­ner und Be­frei­ung von der Bürg­schaft (Art. 506 OR);
c.
Ge­sell­schafts­recht und Han­dels­re­gis­ter:106
1.
vor­läu­fi­ger Ent­zug der Ver­tre­tungs­be­fug­nis (Art. 565 Abs. 2, 603 und 767 Abs. 1 OR),
2.
Be­zeich­nung der ge­mein­sa­men Ver­tre­tung (Art. 690 Abs. 1, 764 Abs. 2, 792 Ziff. 1 und 847 Abs. 4 OR),
3.
Be­stim­mung, Ab­be­ru­fung und Er­set­zung von Li­qui­da­to­ren (Art. 583 Abs. 2, 619, 740, 741, 770, 826 Abs. 2 und 913 OR),
4.
Ver­kauf zu ei­nem Ge­samt­über­nah­me­preis und Art der Ver­äus­se­rung von Grund­stücken (Art. 585 Abs. 3 und 619 OR),
5.
Be­zeich­nung der sach­ver­stän­di­gen Per­son zur Prü­fung der Ge­winn- und Ver­lust­rech­nung und der Bi­lanz der Kom­man­dit­ge­sell­schaft (Art. 600 Abs. 3 OR),
6.107
An­set­zung ei­ner Frist bei un­ge­nü­gen­der An­zahl von Mit­glie­dern oder bei Feh­len von not­wen­di­gen Or­ga­nen (Art. 731b, 819, 908 und 941aOR),
7.108
An­ord­nung der Aus­kunft­s­er­tei­lung an Gläu­bi­ger so­wie an Ak­tio­näre, Ge­sell­schaf­ter ei­ner Ge­sell­schaft mit be­schränk­ter Haf­tung und Ge­nos­sen­schaf­ter (Art. 697b, 802 Abs. 4, 857 Abs. 3 und 958e OR),
8.109
Son­der­un­ter­su­chung (Art. 697c–697hbis OR),
9.110
Ein­be­ru­fung der Ge­ne­ral­ver­samm­lung, Trak­tan­die­rung ei­nes Ver­hand­lungs­ge­gen­stan­des und Auf­nah­me von An­trä­gen und kur­z­en Be­grün­dun­gen in die Ein­la­dung der Ge­ne­ral­ver­samm­lung (Art. 699 Abs. 5, 699b Abs. 4, 805 Abs. 5 Ziff. 2 und 3 und 881 Abs. 3 OR),
10.111
Be­zeich­nung ei­ner Ver­tre­tung der Ge­sell­schaft oder der Ge­nos­sen­schaft bei An­fech­tung von Ge­ne­ral­ver­samm­lungs­be­schlüs­sen durch die Ver­wal­tung (Art. 706a Abs. 2, 808c und 891 Abs. 1 OR),
11.112
Er­nen­nung und Ab­be­ru­fung der Re­vi­si­ons­stel­le (Art. 731b, 819 und 908 OR),
12.
Hin­ter­le­gung von For­de­rungs­bei­trä­gen bei der Li­qui­da­ti­on (Art. 744, 770, 826 Abs. 2 und 913 OR),
13.113
Ab­be­ru­fung der Ver­wal­tung und der Re­vi­si­ons­stel­le der Ge­nos­sen­schaft (Art. 890 Abs. 2 OR),
14.114
Wie­der­ein­tra­gung ei­ner ge­lösch­ten Rechts­ein­heit ins Han­dels­re­gis­ter (Art. 935 OR),
15.115An­ord­nung zur Auf­lö­sung der Ge­sell­schaft und zu ih­rer Li­qui­da­ti­on nach den Vor­schrif­ten über den Kon­kurs (Art. 731b, 819 und 908 OR);
d.
Wert­pa­pi­er­recht:
1.
Kraft­los­er­klä­rung von Wert­pa­pie­ren (Art. 981 OR),
2.
Ver­bot der Be­zah­lung ei­nes Wech­sels und Hin­ter­le­gung des Wech­sel­be­tra­ges (Art. 1072 OR),
3.
Er­lö­schen ei­ner Voll­macht, wel­che die Gläu­bi­ger­ver­samm­lung bei An­lei­hen­sob­li­ga­tio­nen ei­ner Ver­tre­tung er­teilt hat (Art. 1162 Abs. 4 OR),
4.
Ein­be­ru­fung ei­ner Gläu­bi­ger­ver­samm­lung auf Ge­such der An­lei­hens­gläu­bi­ger (Art. 1165 Abs. 3 und 4 OR).

104 SR 220

105 Be­rich­tigt von der Re­dak­ti­ons­kom­mis­si­on der BVers (Art. 58 Abs. 1 ParlG – SR 171.10).

106 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 17. März 2017 (Han­dels­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 957; BBl 2015 3617).

107 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2015 (Ge­werbs­mäs­si­ge Ver­tre­tung im Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­ren), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 3643; BBl 2014 8669).

108 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 3 des BG vom 19. Ju­ni 2020 (Ak­ti­en­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2020 4005; 2022 109; BBl 2017 399).

109 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 3 des BG vom 19. Ju­ni 2020 (Ak­ti­en­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2020 4005; 2022 109; BBl 2017 399).

110 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 3 des BG vom 19. Ju­ni 2020 (Ak­ti­en­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2020 4005; 2022 109; BBl 2017 399).

111 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 3 des BG vom 19. Ju­ni 2020 (Ak­ti­en­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2020 4005; 2022 109; BBl 2017 399).

112 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 3 des BG vom 19. Ju­ni 2020 (Ak­ti­en­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2020 4005; 2022 109; BBl 2017 399).

113 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2015 (Ge­werbs­mäs­si­ge Ver­tre­tung im Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­ren), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 3643; BBl 2014 8669).

114 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 17. März 2017 (Han­dels­re­gis­ter­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 957; BBl 2015 3617).

115 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 3 des BG vom 19. Ju­ni 2020 (Ak­ti­en­recht), in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2020 4005; 2022 109, 110; BBl 2017 399).

Art. 251 Bundesgesetz vom
11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs

Das sum­ma­ri­sche Ver­fah­ren gilt ins­be­son­de­re für fol­gen­de An­ge­le­gen­hei­ten:

a.
Ent­schei­de, die vom Rechts­öff­nungs-, Kon­kurs-, Ar­rest- und Nach­lass­ge­richt ge­trof­fen wer­den;
b.
Be­wil­li­gung des nach­träg­li­chen Rechts­vor­schla­ges (Art. 77 Abs. 3 SchKG116) und des Rechts­vor­schla­ges in der Wech­sel­be­trei­bung (Art. 181 SchKG);
c.
Auf­he­bung oder Ein­stel­lung der Be­trei­bung (Art. 85 SchKG);
d.
Ent­scheid über das Vor­lie­gen neu­en Ver­mö­gens (Art. 265a Abs. 1–3 SchKG);
e.
An­ord­nung der Gü­ter­tren­nung (Art. 68b SchKG).

Art. 251a Bundesgesetz vom
18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht
117

Das sum­ma­ri­sche Ver­fah­ren gilt ins­be­son­de­re für fol­gen­de An­ge­le­gen­hei­ten:

a.
Er­nen­nung und Er­set­zung von Mit­glie­dern des Schieds­ge­richts (Art. 179 Abs. 2–5 IPRG118);
b.
Ab­leh­nung und Ab­be­ru­fung ei­nes Mit­glieds des Schieds­ge­richts (Art. 180a Abs. 2 und Art. 180b Abs. 2 IPRG);
c.
Mit­wir­kung des staat­li­chen Ge­richts bei der Um­set­zung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men (Art. 183 Abs. 2 IPRG) und bei der Be­weis­ab­nah­me (Art. 184 Abs. 2 IPRG);
d.
sons­ti­ge Mit­wir­kung des staat­li­chen Ge­richts im Schieds­ver­fah­ren (Art. 185 IPRG);
e.
Mit­wir­kung des staat­li­chen Ge­richts bei aus­län­di­schen Schieds­ver­fah­ren (Art. 185a IPRG);
f.
Hin­ter­le­gung des Schieds­ent­scheids und Aus­stel­lung ei­ner Voll­streck­bar­keits­be­schei­ni­gung (Art. 193 IPRG);
g.
An­er­ken­nung und Voll­stre­ckung aus­län­di­scher Schieds­ent­schei­de (Art. 194 IPRG).

117 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

118 SR 291

2. Kapitel: Verfahren und Entscheid

Art. 252 Gesuch

1 Das Ver­fah­ren wird durch ein Ge­such ein­ge­lei­tet.

2 Das Ge­such ist in den For­men nach Ar­ti­kel 130 zu stel­len; in ein­fa­chen oder drin­gen­den Fäl­len kann es münd­lich beim Ge­richt zu Pro­to­koll ge­ge­ben wer­den.

Art. 253 Stellungnahme

Er­scheint das Ge­such nicht of­fen­sicht­lich un­zu­läs­sig oder of­fen­sicht­lich un­be­grün­det, so gibt das Ge­richt der Ge­gen­par­tei Ge­le­gen­heit, münd­lich oder schrift­lich Stel­lung zu neh­men.

Art. 254 Beweismittel

1 Be­weis ist durch Ur­kun­den zu er­brin­gen.

2 An­de­re Be­weis­mit­tel sind nur zu­läs­sig, wenn:

a.
sie das Ver­fah­ren nicht we­sent­lich ver­zö­gern;
b.
es der Ver­fah­rens­zweck er­for­dert; oder
c.
das Ge­richt den Sach­ver­halt von Am­tes we­gen fest­zu­stel­len hat.

Art. 255 Untersuchungsgrundsatz

Das Ge­richt stellt den Sach­ver­halt von Am­tes we­gen fest:

a.
wenn es als Kon­kurs- oder Nach­lass­ge­richt zu ent­schei­den hat;
b.
bei An­ord­nun­gen der frei­wil­li­gen Ge­richts­bar­keit.

Art. 256 Entscheid

1 Das Ge­richt kann auf die Durch­füh­rung ei­ner Ver­hand­lung ver­zich­ten und auf­grund der Ak­ten ent­schei­den, so­fern das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt.

2 Er­weist sich ei­ne An­ord­nung der frei­wil­li­gen Ge­richts­bar­keit im Nach­hin­ein als un­rich­tig, so kann sie von Am­tes we­gen oder auf An­trag auf­ge­ho­ben oder ab­ge­än­dert wer­den, es sei denn, das Ge­setz oder die Rechts­si­cher­heit stän­den ent­ge­gen.

3. Kapitel: Rechtsschutz in klaren Fällen

Art. 257

1 Das Ge­richt ge­währt Rechts­schutz im sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren, wenn:

a.
der Sach­ver­halt un­be­strit­ten oder so­fort be­weis­bar ist; und
b.
die Rechts­la­ge klar ist.

2 Aus­ge­schlos­sen ist die­ser Rechts­schutz, wenn die An­ge­le­gen­heit dem Of­fi­zi­al­grund­satz un­ter­liegt.

3 Kann die­ser Rechts­schutz nicht ge­währt wer­den, so tritt das Ge­richt auf das Ge­such nicht ein.

4. Kapitel: Gerichtliches Verbot

Art. 258 Grundsatz

1 Wer an ei­nem Grund­stück ding­lich be­rech­tigt ist, kann beim Ge­richt be­an­tra­gen, dass je­de Be­sit­zes­stö­rung zu un­ter­las­sen ist und ei­ne Wi­der­hand­lung auf An­trag mit ei­ner Bus­se bis zu 2000 Fran­ken be­straft wird. Das Ver­bot kann be­fris­tet oder un­be­fris­tet sein.

2 Die ge­such­stel­len­de Per­son hat ihr ding­li­ches Recht mit Ur­kun­den zu be­wei­sen und ei­ne be­ste­hen­de oder dro­hen­de Stö­rung glaub­haft zu ma­chen.

Art. 259 Bekanntmachung

Das Ver­bot ist öf­fent­lich be­kannt zu ma­chen und auf dem Grund­stück an gut sicht­ba­rer Stel­le an­zu­brin­gen.

Art. 260 Einsprache

1 Wer das Ver­bot nicht an­er­ken­nen will, hat in­nert 30 Ta­gen seit des­sen Be­kannt­ma­chung und An­brin­gung auf dem Grund­stück beim Ge­richt Ein­spra­che zu er­he­ben. Die Ein­spra­che be­darf kei­ner Be­grün­dung.

2 Die Ein­spra­che macht das Ver­bot ge­gen­über der ein­spre­chen­den Per­son un­wirk­sam. Zur Durch­set­zung des Ver­bo­tes ist beim Ge­richt Kla­ge ein­zu­rei­chen.

5. Kapitel: Vorsorgliche Massnahmen und Schutzschrift

1. Abschnitt: Vorsorgliche Massnahmen

Art. 261 Grundsatz

1 Das Ge­richt trifft die not­wen­di­gen vor­sorg­li­chen Mass­nah­men, wenn die ge­such­stel­len­de Par­tei glaub­haft macht, dass:

a.
ein ihr zu­ste­hen­der An­spruch ver­letzt ist oder ei­ne Ver­let­zung zu be­fürch­ten ist; und
b.
ihr aus der Ver­let­zung ein nicht leicht wie­der gutz­u­ma­chen­der Nach­teil droht.

2 Leis­tet die Ge­gen­par­tei an­ge­mes­se­ne Si­cher­heit, so kann das Ge­richt von vor­sorg­li­chen Mass­nah­men ab­se­hen.

Art. 262 Inhalt

Ei­ne vor­sorg­li­che Mass­nah­me kann je­de ge­richt­li­che An­ord­nung sein, die ge­eig­net ist, den dro­hen­den Nach­teil ab­zu­wen­den, ins­be­son­de­re:

a.
ein Ver­bot;
b.
ei­ne An­ord­nung zur Be­sei­ti­gung ei­nes rechts­wid­ri­gen Zu­stands;
c.
ei­ne An­wei­sung an ei­ne Re­gis­ter­be­hör­de oder ei­ne drit­te Per­son;
d.
ei­ne Sach­leis­tung;
e.
die Leis­tung ei­ner Geld­zah­lung in den vom Ge­setz be­stimm­ten Fäl­len.

Art. 263 Massnahmen vor Rechtshängigkeit

Ist die Kla­ge in der Haupt­sa­che noch nicht rechts­hän­gig, so setzt das Ge­richt der ge­such­stel­len­den Par­tei ei­ne Frist zur Ein­rei­chung der Kla­ge, mit der An­dro­hung, die an­ge­ord­ne­te Mass­nah­me fal­le bei un­ge­nutz­tem Ab­lauf der Frist oh­ne Wei­te­res da­hin.

Art. 264 Sicherheitsleistung und Schadenersatz

1 Ist ein Scha­den für die Ge­gen­par­tei zu be­fürch­ten, so kann das Ge­richt die An­ord­nung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men von der Leis­tung ei­ner Si­cher­heit durch die ge­such­stel­len­de Par­tei ab­hän­gig ma­chen.

2 Die ge­such­stel­len­de Par­tei haf­tet für den aus ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten vor­sorg­li­chen Mass­nah­me er­wach­se­nen Scha­den. Be­weist sie je­doch, dass sie ihr Ge­such in gu­ten Treu­en ge­stellt hat, so kann das Ge­richt die Er­satz­pflicht her­ab­set­zen oder gänz­lich von ihr ent­bin­den.

3 Ei­ne ge­leis­te­te Si­cher­heit ist frei­zu­ge­ben, wenn fest­steht, dass kei­ne Scha­den­er­satz­kla­ge er­ho­ben wird; bei Un­ge­wiss­heit setzt das Ge­richt ei­ne Frist zur Kla­ge.

Art. 265 Superprovisorische Massnahmen

1 Bei be­son­de­rer Dring­lich­keit, ins­be­son­de­re bei Ver­ei­te­lungs­ge­fahr, kann das Ge­richt die vor­sorg­li­che Mass­nah­me so­fort und oh­ne An­hö­rung der Ge­gen­par­tei an­ord­nen.

2 Mit der An­ord­nung lädt das Ge­richt die Par­tei­en zu ei­ner Ver­hand­lung vor, die un­ver­züg­lich statt­zu­fin­den hat, oder setzt der Ge­gen­par­tei ei­ne Frist zur schrift­li­chen Stel­lung­nah­me. Nach An­hö­rung der Ge­gen­par­tei ent­schei­det das Ge­richt un­ver­züg­lich über das Ge­such.

3 Das Ge­richt kann die ge­such­stel­len­de Par­tei von Am­tes we­gen zu ei­ner vor­gän­gi­gen Si­cher­heits­leis­tung ver­pflich­ten.

Art. 266 Massnahmen gegen Medien

Ge­gen pe­ri­odisch er­schei­nen­de Me­di­en darf das Ge­richt ei­ne vor­sorg­li­che Mass­nah­me nur an­ord­nen, wenn:

a.
die dro­hen­de Rechts­ver­let­zung der ge­such­stel­len­den Par­tei einen be­son­ders schwe­ren Nach­teil ver­ur­sa­chen kann;
b.
of­fen­sicht­lich kein Recht­fer­ti­gungs­grund vor­liegt; und
c.
die Mass­nah­me nicht un­ver­hält­nis­mäs­sig er­scheint.

Art. 267 Vollstreckung

Das Ge­richt, das die vor­sorg­li­che Mass­nah­me an­ord­net, trifft auch die er­for­der­li­chen Voll­stre­ckungs­mass­nah­men.

Art. 268 Änderung und Aufhebung

1 Ha­ben sich die Um­stän­de ge­än­dert oder er­wei­sen sich vor­sorg­li­che Mass­nah­men nach­träg­lich als un­ge­recht­fer­tigt, so kön­nen sie ge­än­dert oder auf­ge­ho­ben wer­den.

2 Mit Rechts­kraft des Ent­schei­des in der Haupt­sa­che fal­len die Mass­nah­men von Ge­set­zes we­gen da­hin. Das Ge­richt kann die Wei­ter­gel­tung an­ord­nen, wenn es der Voll­stre­ckung dient oder das Ge­setz dies vor­sieht.

Art. 269 Vorbehalt

Vor­be­hal­ten blei­ben die Be­stim­mun­gen:

a.
des SchKG119 über si­chern­de Mass­nah­men bei der Voll­stre­ckung von Geld­for­de­run­gen;
b.
des ZGB120 über die erbrecht­li­chen Si­che­rungs­mass­re­geln;
c.
des Pa­tent­ge­set­zes vom 25. Ju­ni 1954121 über die Kla­ge auf Li­zen­zer­tei­lung.

2. Abschnitt: Schutzschrift

Art. 270

1 Wer Grund zur An­nah­me hat, dass ge­gen ihn oh­ne vor­gän­gi­ge An­hö­rung die An­ord­nung ei­ner su­per­pro­vi­so­ri­schen Mass­nah­me, ei­nes Ar­rests nach den Ar­ti­keln 271–281 SchKG122 oder ei­ner an­de­ren Mass­nah­me be­an­tragt wird, kann sei­nen Stand­punkt vor­sorg­lich in ei­ner Schutz­schrift dar­le­gen.123

2 Die Schutz­schrift wird der Ge­gen­par­tei nur mit­ge­teilt, wenn die­se das ent­spre­chen­de Ver­fah­ren ein­lei­tet.

3 Die Schutz­schrift ist sechs Mo­na­te nach Ein­rei­chung nicht mehr zu be­ach­ten.

122 SR 281.1

123 Fas­sung ge­mä­ss Art. 3 Ziff. 1 des BB vom 11. Dez. 2009 (Ge­neh­mi­gung und Um­set­zung des Lu­ga­no-Über­eink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 5601; BBl 2009 1777).

6. Titel: Besondere eherechtliche Verfahren

1. Kapitel: Angelegenheiten des summarischen Verfahrens

Art. 271 Geltungsbereich

Das sum­ma­ri­sche Ver­fah­ren ist un­ter Vor­be­halt der Ar­ti­kel 272 und 273 an­wend­bar für Mass­nah­men zum Schutz der ehe­li­chen Ge­mein­schaft, ins­be­son­de­re für:

a.
die Mass­nah­men nach den Ar­ti­keln 172–179 ZGB124;
b.
die Aus­deh­nung der Ver­tre­tungs­be­fug­nis ei­nes Ehe­gat­ten für die ehe­li­che Ge­mein­schaft (Art. 166 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB);
c.
die Er­mäch­ti­gung ei­nes Ehe­gat­ten zur Ver­fü­gung über die Woh­nung der Fa­mi­lie (Art. 169 Abs. 2 ZGB);
d.
die Aus­kunfts­pflicht der Ehe­gat­ten über Ein­kom­men, Ver­mö­gen und Schul­den (Art. 170 Abs. 2 ZGB);
e.
die An­ord­nung der Gü­ter­tren­nung und Wie­der­her­stel­lung des frü­he­ren Gü­ter­stands (Art. 185, 187 Abs. 2, 189 und 191 ZGB);
f.
die Ver­pflich­tung ei­nes Ehe­gat­ten zur Mit­wir­kung bei der Auf­nah­me ei­nes In­ven­tars (Art. 195a ZGB);
g.
die Fest­set­zung von Zah­lungs­fris­ten und Si­cher­heits­leis­tun­gen zwi­schen Ehe­gat­ten aus­ser­halb ei­nes Pro­zes­ses über die gü­ter­recht­li­che Aus­ein­an­der­set­zung (Art. 203 Abs. 2, 218, 235 Abs. 2 und 250 Abs. 2 ZGB);
h.
die Zu­stim­mung ei­nes Ehe­gat­ten zur Aus­schla­gung oder zur An­nah­me ei­ner Erb­schaft (Art. 230 Abs. 2 ZGB);
i.
die An­wei­sung an die Schuld­ner und die Si­cher­stel­lung nach­e­he­li­chen Un­ter­halts aus­ser­halb ei­nes Pro­zes­ses über den nach­e­he­li­chen Un­ter­halt (Art. 132 ZGB).

Art. 272 Untersuchungsgrundsatz

Das Ge­richt stellt den Sach­ver­halt von Am­tes we­gen fest.

Art. 273 Verfahren

1 Das Ge­richt führt ei­ne münd­li­che Ver­hand­lung durch. Es kann nur dar­auf ver­zich­ten, wenn der Sach­ver­halt auf­grund der Ein­ga­ben der Par­tei­en klar oder un­be­strit­ten ist.

2 Die Par­tei­en müs­sen per­sön­lich er­schei­nen, so­fern das Ge­richt sie nicht we­gen Krank­heit, Al­ter oder an­de­ren wich­ti­gen Grün­den dis­pen­siert.

3 Das Ge­richt ver­sucht, zwi­schen den Par­tei­en ei­ne Ei­ni­gung her­bei­zu­füh­ren.

2. Kapitel: Scheidungsverfahren

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 274 Einleitung

Das Schei­dungs­ver­fah­ren wird durch Ein­rei­chung ei­nes ge­mein­sa­men Schei­dungs­be­geh­rens oder ei­ner Schei­dungs­kla­ge ein­ge­lei­tet.

Art. 275 Aufhebung des gemeinsamen Haushalts

Je­der Ehe­gat­te kann nach Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit für die Dau­er des Schei­dungs­ver­fah­rens den ge­mein­sa­men Haus­halt auf­he­ben.

Art. 276 Vorsorgliche Massnahmen

1 Das Ge­richt trifft die nö­ti­gen vor­sorg­li­chen Mass­nah­men. Die Be­stim­mun­gen über die Mass­nah­men zum Schutz der ehe­li­chen Ge­mein­schaft sind sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

2 Mass­nah­men, die das Ehe­schutz­ge­richt an­ge­ord­net hat, dau­ern wei­ter. Für die Auf­he­bung oder die Än­de­rung ist das Schei­dungs­ge­richt zu­stän­dig.

3 Das Ge­richt kann vor­sorg­li­che Mass­nah­men auch dann an­ord­nen, wenn die Ehe auf­ge­löst ist, das Ver­fah­ren über die Schei­dungs­fol­gen aber an­dau­ert.

Art. 277 Feststellung des Sachverhalts

1 Für die gü­ter­recht­li­che Aus­ein­an­der­set­zung und den nach­e­he­li­chen Un­ter­halt gilt der Ver­hand­lungs­grund­satz.

2 Stellt das Ge­richt fest, dass für die Be­ur­tei­lung von ver­mö­gens­recht­li­chen Schei­dungs­fol­gen not­wen­di­ge Ur­kun­den feh­len, so for­dert es die Par­tei­en auf, die­se nach­zu­rei­chen.

3 Im Üb­ri­gen stellt das Ge­richt den Sach­ver­halt von Am­tes we­gen fest.

Art. 278 Persönliches Erscheinen

Die Par­tei­en müs­sen per­sön­lich zu den Ver­hand­lun­gen er­schei­nen, so­fern das Ge­richt sie nicht we­gen Krank­heit, Al­ter oder an­de­ren wich­ti­gen Grün­den dis­pen­siert.

Art. 279 Genehmigung der Vereinbarung

1 Das Ge­richt ge­neh­migt die Ver­ein­ba­rung über die Schei­dungs­fol­gen, wenn es sich da­von über­zeugt hat, dass die Ehe­gat­ten sie aus frei­em Wil­len und nach reif­li­cher Über­le­gung ge­schlos­sen ha­ben und sie klar, voll­stän­dig und nicht of­fen­sicht­lich un­an­ge­mes­sen ist; vor­be­hal­ten blei­ben die Be­stim­mun­gen über die be­ruf­li­che Vor­sor­ge.

2 Die Ver­ein­ba­rung ist erst rechts­gül­tig, wenn das Ge­richt sie ge­neh­migt hat. Sie ist in das Dis­po­si­tiv des Ent­scheids auf­zu­neh­men.

Art. 280 Vereinbarung über die berufliche Vorsorge

1 Das Ge­richt ge­neh­migt ei­ne Ver­ein­ba­rung über den Aus­gleich der An­sprü­che aus der be­ruf­li­chen Vor­sor­ge, wenn:125

a.126
die Ehe­gat­ten sich über den Aus­gleich und des­sen Durch­füh­rung ge­ei­nigt ha­ben;
b.127
die Ehe­gat­ten ei­ne Be­stä­ti­gung der be­tei­lig­ten Ein­rich­tun­gen der be­ruf­li­chen Vor­sor­ge über die Durch­führ­bar­keit der ge­trof­fe­nen Re­ge­lung und die Hö­he der Gut­ha­ben oder der Ren­ten vor­le­gen; und
c.
das Ge­richt sich da­von über­zeugt hat, dass die Ver­ein­ba­rung dem Ge­setz ent­spricht.

2 Das Ge­richt teilt den be­tei­lig­ten Ein­rich­tun­gen den rechts­kräf­ti­gen Ent­scheid be­züg­lich der sie be­tref­fen­den Punk­te un­ter Ein­schluss der nö­ti­gen An­ga­ben für die Über­wei­sung des ver­ein­bar­ten Be­tra­ges mit. Der Ent­scheid ist für die Ein­rich­tun­gen ver­bind­lich.

3 Wei­chen die Ehe­gat­ten in ei­ner Ver­ein­ba­rung von der hälf­ti­gen Tei­lung ab oder ver­zich­ten sie dar­in auf den Vor­sor­ge­aus­gleich, so prüft das Ge­richt von Am­tes we­gen, ob ei­ne an­ge­mes­se­ne Al­ters- und In­va­li­den­vor­sor­ge ge­währ­leis­tet bleibt.128

125 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

126 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

127 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

128 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

Art. 281 Fehlende Einigung über den Vorsorgeausgleich 129

1 Kommt kei­ne Ver­ein­ba­rung zu­stan­de, ste­hen je­doch die mass­ge­bli­chen Gut­ha­ben und Ren­ten fest, so ent­schei­det das Ge­richt nach den Vor­schrif­ten des ZGB130 und des Frei­zü­gig­keits­ge­set­zes vom 17. De­zem­ber 1993131 (FZG) über das Tei­lungs­ver­hält­nis (Art. 122–124e ZGB in Ver­bin­dung mit den Art. 22–22f FZG), legt den zu über­wei­sen­den Be­trag fest und holt bei den be­tei­lig­ten Ein­rich­tun­gen der be­ruf­li­chen Vor­sor­ge un­ter An­set­zung ei­ner Frist die Be­stä­ti­gung über die Durch­führ­bar­keit der in Aus­sicht ge­nom­me­nen Re­ge­lung ein.132

2 Ar­ti­kel 280 Ab­satz 2 gilt sinn­ge­mä­ss.

3 In den üb­ri­gen Fäl­len, in de­nen kei­ne Ver­ein­ba­rung zu­stan­de kommt, über­weist das Ge­richt bei Rechts­kraft des Ent­schei­des über das Tei­lungs­ver­hält­nis die Streit­sa­che von Am­tes we­gen dem nach dem FZG zu­stän­di­gen Ge­richt und teilt die­sem ins­be­son­de­re mit:133

a.
den Ent­scheid über das Tei­lungs­ver­hält­nis;
b.
das Da­tum der Ehe­schlies­sung und das Da­tum der Ehe­schei­dung;
c.134
die Ein­rich­tun­gen der be­ruf­li­chen Vor­sor­ge, bei de­nen den Ehe­gat­ten vor­aus­sicht­lich Gut­ha­ben zu­ste­hen, und die Hö­he die­ser Gut­ha­ben;
d.135
die Ein­rich­tun­gen der be­ruf­li­chen Vor­sor­ge, die den Ehe­gat­ten Ren­ten aus­rich­ten, die Hö­he die­ser Ren­ten und die zu­ge­spro­che­nen Ren­ten­an­tei­le.

129 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

130 SR 210

131 SR 831.42

132 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

133 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

134 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

135 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

Art. 282 Unterhaltsbeiträge

1 Wer­den durch Ver­ein­ba­rung oder Ent­scheid Un­ter­halts­bei­trä­ge fest­ge­legt, so ist an­zu­ge­ben:

a.
von wel­chem Ein­kom­men und Ver­mö­gen je­des Ehe­gat­ten aus­ge­gan­gen wird;
b.
wie viel für den Ehe­gat­ten und wie viel für je­des Kind be­stimmt ist;
c.
wel­cher Be­trag zur De­ckung des ge­büh­ren­den Un­ter­halts des be­rech­tig­ten Ehe­gat­ten fehlt, wenn ei­ne nach­träg­li­che Er­hö­hung der Ren­te vor­be­hal­ten wird;
d.
ob und in wel­chem Aus­mass die Ren­te den Ver­än­de­run­gen der Le­bens­kos­ten an­ge­passt wird.

2 Wird der Un­ter­halts­bei­trag für den Ehe­gat­ten an­ge­foch­ten, so kann die Rechts­mit­tel­in­stanz auch die nicht an­ge­foch­te­nen Un­ter­halts­bei­trä­ge für die Kin­der neu be­ur­tei­len.

Art. 283 Einheit des Entscheids

1 Das Ge­richt be­fin­det im Ent­scheid über die Ehe­schei­dung auch über de­ren Fol­gen.

2 Die gü­ter­recht­li­che Aus­ein­an­der­set­zung kann aus wich­ti­gen Grün­den in ein se­pa­ra­tes Ver­fah­ren ver­wie­sen wer­den.

3 Der Aus­gleich von An­sprü­chen aus der be­ruf­li­chen Vor­sor­ge kann ge­samt­haft in ein se­pa­ra­tes Ver­fah­ren ver­wie­sen wer­den, wenn Vor­sor­gean­sprü­che im Aus­land be­trof­fen sind und über de­ren Aus­gleich ei­ne Ent­schei­dung im be­tref­fen­den Staat er­wirkt wer­den kann. Das Ge­richt kann das se­pa­ra­te Ver­fah­ren aus­set­zen, bis die aus­län­di­sche Ent­schei­dung vor­liegt; es kann be­reits das Tei­lungs­ver­hält­nis fest­le­gen.136

136 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

Art. 284 Änderung rechtskräftig entschiedener Scheidungsfolgen

1 Die Vor­aus­set­zun­gen und die sach­li­che Zu­stän­dig­keit für ei­ne Än­de­rung des Ent­scheids rich­ten sich nach den Ar­ti­keln 124eAb­satz 2, 129 und 134 ZGB137.138

2 Nicht strei­ti­ge Än­de­run­gen kön­nen die Par­tei­en in ein­fa­cher Schrift­lich­keit ver­ein­ba­ren; vor­be­hal­ten blei­ben die Be­stim­mun­gen des ZGB be­tref­fend Kin­der­be­lan­ge (Art. 134 Abs. 3 ZGB).

3 Für strei­ti­ge Än­de­rungs­ver­fah­ren gel­ten die Vor­schrif­ten über die Schei­dungs­kla­ge sinn­ge­mä­ss.

137 SR 210

138 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

2. Abschnitt: Scheidung auf gemeinsames Begehren

Art. 285 Eingabe bei umfassender Einigung

Die ge­mein­sa­me Ein­ga­be der Ehe­gat­ten ent­hält:

a.
die Na­men und Adres­sen der Ehe­gat­ten so­wie die Be­zeich­nung all­fäl­li­ger Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter;
b.
das ge­mein­sa­me Schei­dungs­be­geh­ren;
c.
die voll­stän­di­ge Ver­ein­ba­rung über die Schei­dungs­fol­gen;
d.
die ge­mein­sa­men An­trä­ge hin­sicht­lich der Kin­der;
e.
die er­for­der­li­chen Be­le­ge;
f.
das Da­tum und die Un­ter­schrif­ten.

Art. 286 Eingabe bei Teileinigung

1 In der Ein­ga­be ha­ben die Ehe­gat­ten zu be­an­tra­gen, dass das Ge­richt die Schei­dungs­fol­gen be­ur­teilt, über die sie sich nicht ei­nig sind.

2 Je­der Ehe­gat­te kann be­grün­de­te An­trä­ge zu den strei­ti­gen Schei­dungs­fol­gen stel­len.

3 Im Üb­ri­gen gilt Ar­ti­kel 285 sinn­ge­mä­ss.

Art. 287 Anhörung der Parteien 139

Ist die Ein­ga­be voll­stän­dig, so lädt das Ge­richt die Par­tei­en zur An­hö­rung vor. Die­se rich­tet sich nach den Be­stim­mun­gen des ZGB140.

139 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2009 (Be­denk­zeit im Schei­dungs­ver­fah­ren auf ge­mein­sa­mes Be­geh­ren), in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 2811861; BBl 2008 19591975).

140 SR 210

Art. 288 Fortsetzung des Verfahrens und Entscheid

1 Sind die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Schei­dung auf ge­mein­sa­mes Be­geh­ren er­füllt, so spricht das Ge­richt die Schei­dung aus und ge­neh­migt die Ver­ein­ba­rung.

2 Sind Schei­dungs­fol­gen strei­tig ge­blie­ben, so wird das Ver­fah­ren in Be­zug auf die­se kon­tra­dik­to­risch fort­ge­setzt.141 Das Ge­richt kann die Par­tei­rol­len ver­tei­len.

3 Sind die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Schei­dung auf ge­mein­sa­mes Be­geh­ren nicht er­füllt, so weist das Ge­richt das ge­mein­sa­me Schei­dungs­be­geh­ren ab und setzt gleich­zei­tig je­dem Ehe­gat­ten ei­ne Frist zur Ein­rei­chung ei­ner Schei­dungs­kla­ge.142 Das Ver­fah­ren bleibt wäh­rend die­ser Frist rechts­hän­gig und all­fäl­li­ge vor­sorg­li­che Mass­nah­men gel­ten wei­ter.

141 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2009 (Be­denk­zeit im Schei­dungs­ver­fah­ren auf ge­mein­sa­mes Be­geh­ren), in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 2811861; BBl 2008 19591975).

142 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2009 (Be­denk­zeit im Schei­dungs­ver­fah­ren auf ge­mein­sa­mes Be­geh­ren), in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 2811861; BBl 2008 19591975).

Art. 289 Rechtsmittel

Die Schei­dung der Ehe kann nur we­gen Wil­lens­män­geln mit Be­ru­fung an­ge­foch­ten wer­den.

3. Abschnitt: Scheidungsklage

Art. 290 Einreichung der Klage

Die Schei­dungs­kla­ge kann oh­ne schrift­li­che Be­grün­dung ein­ge­reicht wer­den. Sie ent­hält:

a.
Na­men und Adres­sen der Ehe­gat­ten so­wie die Be­zeich­nung all­fäl­li­ger Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter;
b.
das Rechts­be­geh­ren, die Ehe sei zu schei­den so­wie die Be­zeich­nung des Schei­dungs­grunds (Art. 114 oder 115 ZGB143);
c.
die Rechts­be­geh­ren hin­sicht­lich der ver­mö­gens­recht­li­chen Schei­dungs­fol­gen;
d.
die Rechts­be­geh­ren hin­sicht­lich der Kin­der;
e.
die er­for­der­li­chen Be­le­ge;
f.
das Da­tum und die Un­ter­schrif­ten.

Art. 291 Einigungsverhandlung

1 Das Ge­richt lädt die Ehe­gat­ten zu ei­ner Ver­hand­lung vor und klärt ab, ob der Schei­dungs­grund ge­ge­ben ist.

2 Steht der Schei­dungs­grund fest, so ver­sucht das Ge­richt zwi­schen den Ehe­gat­ten ei­ne Ei­ni­gung über die Schei­dungs­fol­gen her­bei­zu­füh­ren.

3 Steht der Schei­dungs­grund nicht fest oder kommt kei­ne Ei­ni­gung zu­stan­de, so setzt das Ge­richt der kla­gen­den Par­tei Frist, ei­ne schrift­li­che Kla­ge­be­grün­dung nach­zu­rei­chen. Bei Nicht­ein­hal­ten der Frist wird die Kla­ge als ge­gen­stands­los ab­ge­schrie­ben.

Art. 292 Wechsel zur Scheidung auf gemeinsames Begehren

1 Das Ver­fah­ren wird nach den Vor­schrif­ten über die Schei­dung auf ge­mein­sa­mes Be­geh­ren fort­ge­setzt, wenn die Ehe­gat­ten:

a.
bei Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit noch nicht seit min­des­tens zwei Jah­ren ge­trennt ge­lebt ha­ben; und
b.
mit der Schei­dung ein­ver­stan­den sind.

2 Steht der gel­tend ge­mach­te Schei­dungs­grund fest, so fin­det kein Wech­sel zur Schei­dung auf ge­mein­sa­mes Be­geh­ren statt.

Art. 293 Klageänderung

Die Schei­dungs­kla­ge kann bis zum Be­ginn der Ur­teils­be­ra­tung in ei­ne Tren­nungs­kla­ge um­ge­wan­delt wer­den.

4. Abschnitt: Eheungültigkeits- und Ehetrennungsklagen

Art. 294

1 Das Ver­fah­ren bei Eheun­gül­tig­keits- und Ehe­tren­nungs­kla­gen rich­tet sich sinn­ge­mä­ss nach den Vor­schrif­ten über die Schei­dungs­kla­ge.

2 Ei­ne Tren­nungs­kla­ge kann bis zum Be­ginn der Ur­teils­be­ra­tung in ei­ne Schei­dungs­kla­ge um­ge­wan­delt wer­den.

7. Titel: Kinderbelange in familienrechtlichen Angelegenheiten

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 295 Grundsatz

Für selbst­stän­di­ge Kla­gen gilt das ver­ein­fach­te Ver­fah­ren.

Art. 296 Untersuchungs- und Offizialgrundsatz

1 Das Ge­richt er­forscht den Sach­ver­halt von Am­tes we­gen.

2 Zur Auf­klä­rung der Ab­stam­mung ha­ben Par­tei­en und Drit­te an Un­ter­su­chun­gen mit­zu­wir­ken, die nö­tig und oh­ne Ge­fahr für die Ge­sund­heit sind. Die Be­stim­mun­gen über die Ver­wei­ge­rungs­rech­te der Par­tei­en und von Drit­ten sind nicht an­wend­bar.

3 Das Ge­richt ent­schei­det oh­ne Bin­dung an die Par­tei­an­trä­ge.

Art. 297 Anhörung der Eltern und Mediation

1 Sind An­ord­nun­gen über ein Kind zu tref­fen, so hört das Ge­richt die El­tern per­sön­lich an.

2 Das Ge­richt kann die El­tern zu ei­nem Me­dia­ti­ons­ver­such auf­for­dern.

Art. 298 Anhörung des Kindes

1 Das Kind wird durch das Ge­richt oder durch ei­ne be­auf­trag­te Dritt­per­son in ge­eig­ne­ter Wei­se per­sön­lich an­ge­hört, so­fern sein Al­ter oder an­de­re wich­ti­ge Grün­de nicht da­ge­gen spre­chen.

2 Im Pro­to­koll der An­hö­rung wer­den nur die für den Ent­scheid we­sent­li­chen Er­geb­nis­se fest­ge­hal­ten. Die El­tern und die Bei­stän­din oder der Bei­stand wer­den über die­se Er­geb­nis­se in­for­miert.

3 Das ur­teils­fä­hi­ge Kind kann die Ver­wei­ge­rung der An­hö­rung mit Be­schwer­de an­fech­ten.

Art. 299 Anordnung einer Vertretung des Kindes

1 Das Ge­richt ord­net wenn nö­tig die Ver­tre­tung des Kin­des an und be­zeich­net als Bei­stän­din oder Bei­stand ei­ne in für­sor­ge­ri­schen und recht­li­chen Fra­gen er­fah­re­ne Per­son.

2 Es prüft die An­ord­nung der Ver­tre­tung ins­be­son­de­re, wenn:

a.144
die El­tern un­ter­schied­li­che An­trä­ge stel­len be­züg­lich:
1.
der Zu­tei­lung der el­ter­li­chen Sor­ge,
2.
der Zu­tei­lung der Ob­hut,
3.
wich­ti­ger Fra­gen des per­sön­li­chen Ver­kehrs,
4.
der Auf­tei­lung der Be­treu­ung,
5.
des Un­ter­halts­bei­tra­ges;
b.145
die Kin­des­schutz­be­hör­de oder ein El­tern­teil ei­ne Ver­tre­tung be­an­tra­gen;
c.
es auf­grund der An­hö­rung der El­tern oder des Kin­des oder aus an­de­ren Grün­den:146
1.147
er­heb­li­che Zwei­fel an der An­ge­mes­sen­heit der ge­mein­sa­men An­trä­ge der El­tern be­züg­lich der Fra­gen nach Buch­sta­be a hat, oder
2.
den Er­lass von Kin­des­schutz­mass­nah­men er­wägt.

3 Stellt das ur­teils­fä­hi­ge Kind An­trag auf ei­ne Ver­tre­tung, so ist die­se an­zu­ord­nen. Das Kind kann die Nicht­an­ord­nung mit Be­schwer­de an­fech­ten.

144 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kin­des­un­ter­halt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

145 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 2 Ziff. 3, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2010 1739; BBl 2006 7221; AS 2011 725; BBl 2006 7001).

146 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kin­des­un­ter­halt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

147 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kin­des­un­ter­halt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

Art. 300 Kompetenzen der Vertretung 148

Die Ver­tre­tung des Kin­des kann An­trä­ge stel­len und Rechts­mit­tel ein­le­gen, so­weit es um fol­gen­de An­ge­le­gen­hei­ten geht:

a.
die Zu­tei­lung der el­ter­li­chen Sor­ge;
b.
die Zu­tei­lung der Ob­hut;
c.
wich­ti­ge Fra­gen des per­sön­li­chen Ver­kehrs;
d.
die Auf­tei­lung der Be­treu­ung;
e.
den Un­ter­halts­bei­trag;
f.
die Kin­des­schutz­mass­nah­men.

148 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kin­des­un­ter­halt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

Art. 301 Eröffnung des Entscheides

Ein Ent­scheid wird er­öff­net:

a.
den El­tern;
b.
dem Kind, wel­ches das 14. Al­ters­jahr vollen­det hat;
c.149
ge­ge­be­nen­falls der Bei­stän­din oder dem Bei­stand, so­weit es um ei­ne der fol­gen­den Fra­gen geht:
1.
die Zu­tei­lung der el­ter­li­chen Sor­ge,
2.
die Zu­tei­lung der Ob­hut,
3.
wich­ti­ge Fra­gen des per­sön­li­chen Ver­kehrs,
4.
die Auf­tei­lung der Be­treu­ung,
5.
den Un­ter­halts­bei­trag,
6.
die Kin­des­schutz­mass­nah­men.

149 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kin­des­un­ter­halt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

Art. 301a Unterhaltsbeiträge 150

Wer­den im Un­ter­halts­ver­trag oder im Ent­scheid Un­ter­halts­bei­trä­ge fest­ge­legt, so ist dar­in an­zu­ge­ben:

a.
von wel­chem Ein­kom­men und Ver­mö­gen je­des El­tern­teils und je­des Kin­des aus­ge­gan­gen wird;
b.
wel­cher Be­trag für je­des Kind be­stimmt ist;
c.
wel­cher Be­trag zur De­ckung des ge­büh­ren­den Un­ter­halts je­des Kin­des fehlt;
d.
ob und in wel­chem Aus­mass die Un­ter­halts­bei­trä­ge den Ver­än­de­run­gen der Le­bens­kos­ten an­ge­passt wer­den.

150 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kin­des­un­ter­halt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

2. Kapitel: Summarisches Verfahren: Geltungsbereich 151

151 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

Art. 302 152

1 Das sum­ma­ri­sche Ver­fah­ren ist ins­be­son­de­re an­wend­bar für:

a.
Ent­schei­de nach dem Haa­ger Über­ein­kom­men vom 25. Ok­to­ber 1980153 über die zi­vil­recht­li­chen Aspek­te in­ter­na­tio­na­ler Kin­desent­füh­rung und nach dem Eu­ro­päi­schen Über­ein­kom­men vom 20. Mai 1980154 über die An­er­ken­nung und Voll­stre­ckung von Ent­schei­dun­gen über das Sor­ge­recht für Kin­der und die Wie­der­her­stel­lung des Sor­ge­rechts;
b.
die Leis­tung ei­nes be­son­de­ren Bei­trags bei nicht vor­ge­se­he­nen aus­ser­or­dent­li­chen Be­dürf­nis­sen des Kin­des (Art. 286 Abs. 3 ZGB155);
c.
die An­wei­sung an die Schuld­ner und die Si­cher­stel­lung des Kin­der­un­ter­halts aus­ser­halb ei­nes Pro­zes­ses über die Un­ter­halts­pflicht der El­tern (Art. 291 und 292 ZGB).

2 Die Be­stim­mun­gen des Bun­des­ge­set­zes vom 21. De­zem­ber 2007156 über in­ter­na­tio­na­le Kin­desent­füh­rung und die Haa­ger Über­ein­kom­men zum Schutz von Kin­dern und Er­wach­se­nen sind vor­be­hal­ten.

152 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kin­des­un­ter­halt), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

153 SR 0.211.230.02

154 SR 0.211.230.01

155 SR 210

156 SR 211.222.32

3. Kapitel: Unterhalts- und Vaterschaftsklage 157

157 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

Art. 303 Vorsorgliche Massnahmen

1 Steht das Kin­des­ver­hält­nis fest, so kann der Be­klag­te ver­pflich­tet wer­den, an­ge­mes­se­ne Bei­trä­ge an den Un­ter­halt des Kin­des zu hin­ter­le­gen oder vor­läu­fig zu zah­len.

2 Ist die Un­ter­halts­kla­ge zu­sam­men mit der Va­ter­schafts­kla­ge ein­ge­reicht wor­den, so hat der Be­klag­te auf Ge­such der kla­gen­den Par­tei:

a.
die Ent­bin­dungs­kos­ten und an­ge­mes­se­ne Bei­trä­ge an den Un­ter­halt von Mut­ter und Kind zu hin­ter­le­gen, wenn die Va­ter­schaft glaub­haft ge­macht ist;
b.
an­ge­mes­se­ne Bei­trä­ge an den Un­ter­halt des Kin­des zu zah­len, wenn die Va­ter­schaft zu ver­mu­ten ist und die Ver­mu­tung durch die so­fort ver­füg­ba­ren Be­weis­mit­tel nicht um­ge­stos­sen wird.

Art. 304 Zuständigkeit

1 Über die Hin­ter­le­gung, die vor­läu­fi­ge Zah­lung, die Aus­zah­lung hin­ter­leg­ter Bei­trä­ge und die Rück­er­stat­tung vor­läu­fi­ger Zah­lun­gen ent­schei­det das für die Be­ur­tei­lung der Kla­ge zu­stän­di­ge Ge­richt.

2 Im Fall ei­ner Un­ter­halts­kla­ge ent­schei­det das Ge­richt auch über die el­ter­li­che Sor­ge so­wie die wei­te­ren Kin­der­be­lan­ge.158

158 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kin­des­un­ter­halt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

8. Titel: Verfahren bei eingetragener Partnerschaft

1. Kapitel: Angelegenheiten des summarischen Verfahrens

Art. 305 Geltungsbereich

Das sum­ma­ri­sche Ver­fah­ren ist ins­be­son­de­re an­wend­bar für:159

a.
die Fest­set­zung von Geld­bei­trä­gen an den Un­ter­halt und An­wei­sung an die Schuld­ne­rin oder den Schuld­ner (Art. 13 Abs. 2 und 3 des Part­ner­schafts­ge­set­zes vom 18. Ju­ni 2004160, PartG);
b.
die Er­mäch­ti­gung ei­ner Part­ne­rin oder ei­nes Part­ners zur Ver­fü­gung über die ge­mein­sa­me Woh­nung (Art. 14 Abs. 2 PartG);
c.
die Aus­deh­nung oder den Ent­zug der Ver­tre­tungs­be­fug­nis ei­ner Part­ne­rin oder ei­nes Part­ners für die Ge­mein­schaft (Art. 15 Abs. 2 Bst. a und 4 PartG);
d.
die Aus­kunfts­pflicht der Part­ne­rin oder des Part­ners über Ein­kom­men, Ver­mö­gen und Schul­den (Art. 16 Abs. 2 PartG);
e.
die Fest­le­gung, An­pas­sung oder Auf­he­bung der Geld­bei­trä­ge und die Re­ge­lung der Be­nüt­zung der Woh­nung und des Haus­rats (Art. 17 Abs. 2 und 4 PartG);
f.
die Ver­pflich­tung ei­ner Part­ne­rin oder ei­nes Part­ners zur Mit­wir­kung bei der Auf­nah­me ei­nes In­ven­tars (Art. 20 Abs. 1 PartG);
g.
die Be­schrän­kung der Ver­fü­gungs­be­fug­nis ei­ner Part­ne­rin oder ei­nes Part­ners über be­stimm­te Ver­mö­gens­wer­te (Art. 22 Abs. 1 PartG);
h.
die Ein­räu­mung von Fris­ten zur Be­glei­chung von Schul­den zwi­schen den Part­ne­rin­nen oder Part­nern (Art. 23 Abs. 1 PartG).

159 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2015 (Ge­werbs­mäs­si­ge Ver­tre­tung im Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­ren), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 3643; BBl 2014 8669).

160 SR 211.231

Art. 306 Verfahren

Für das Ver­fah­ren gel­ten die Ar­ti­kel 272 und 273 sinn­ge­mä­ss.

2. Kapitel: Auflösung und Ungültigkeit der eingetragenen Partnerschaft

Art. 307

Für das Ver­fah­ren zur Auf­lö­sung und zur Un­gül­ti­g­er­klä­rung der ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaft gel­ten die Be­stim­mun­gen über das Schei­dungs­ver­fah­ren sinn­ge­mä­ss.

3. Kapitel: Kinderbelange in Verfahren bei eingetragener Partnerschaft161

161 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 3699; BBl 2015 877).

Art. 307a

Hat ei­ne Per­son das min­der­jäh­ri­ge Kind ih­rer ein­ge­tra­ge­nen Part­ne­rin oder ih­res ein­ge­tra­ge­nen Part­ners ad­op­tiert, so gel­ten die Ar­ti­kel 295–302 sinn­ge­mä­ss.

9. Titel: Rechtsmittel

1. Kapitel: Berufung

1. Abschnitt: Anfechtbare Entscheide und Berufungsgründe

Art. 308 Anfechtbare Entscheide

1 Mit Be­ru­fung sind an­fecht­bar:

a.
ers­tin­stanz­li­che End- und Zwi­schen­ent­schei­de;
b.
ers­tin­stanz­li­che Ent­schei­de über vor­sorg­li­che Mass­nah­men.

2 In ver­mö­gens­recht­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten ist die Be­ru­fung nur zu­läs­sig, wenn der Streit­wert der zu­letzt auf­recht­er­hal­te­nen Rechts­be­geh­ren min­des­tens 10 000 Fran­ken be­trägt.

Art. 309 Ausnahmen

Die Be­ru­fung ist un­zu­läs­sig:

a.
ge­gen Ent­schei­de des Voll­stre­ckungs­ge­richts;
b.
in den fol­gen­den An­ge­le­gen­hei­ten des SchKG162:
1.
Auf­he­bung des Rechts­s­till­stan­des (Art. 57d SchKG),
2.
Be­wil­li­gung des nach­träg­li­chen Rechts­vor­schla­ges (Art. 77 SchKG),
3.
Rechts­öff­nung (Art. 80–84 SchKG),
4.
Auf­he­bung oder Ein­stel­lung der Be­trei­bung (Art. 85 SchKG),
5.
Be­wil­li­gung des Rechts­vor­schla­ges in der Wech­sel­be­trei­bung (Art. 185 SchKG),
6.163
Ar­rest (Art. 272 und 278 SchKG),
7.164
Ent­schei­de, die nach SchKG in die Zu­stän­dig­keit des Kon­kurs- oder des Nach­lass­ge­richts fal­len.

162 SR 281.1

163 Fas­sung ge­mä­ss Art. 3 Ziff. 1 des BB vom 11. Dez. 2009 (Ge­neh­mi­gung und Um­set­zung des Lu­ga­no-Über­eink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 5601; BBl 2009 1777).

164 Ein­ge­fügt durch Art. 3 Ziff. 1 des BB vom 11. Dez. 2009 (Ge­neh­mi­gung und Um­set­zung des Lu­ga­no-Über­eink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 5601; BBl 2009 1777).

Art. 310 Berufungsgründe

Mit Be­ru­fung kann gel­tend ge­macht wer­den:

a.
un­rich­ti­ge Rechts­an­wen­dung;
b.
un­rich­ti­ge Fest­stel­lung des Sach­ver­hal­tes.

2. Abschnitt: Berufung, Berufungsantwort und Anschlussberufung

Art. 311 Einreichen der Berufung

1 Die Be­ru­fung ist bei der Rechts­mit­tel­in­stanz in­nert 30 Ta­gen seit Zu­stel­lung des be­grün­de­ten Ent­schei­des be­zie­hungs­wei­se seit der nach­träg­li­chen Zu­stel­lung der Ent­scheid­be­grün­dung (Art. 239) schrift­lich und be­grün­det ein­zu­rei­chen.

2 Der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid ist bei­zu­le­gen.

Art. 312 Berufungsantwort

1 Die Rechts­mit­tel­in­stanz stellt die Be­ru­fung der Ge­gen­par­tei zur schrift­li­chen Stel­lung­nah­me zu, es sei denn, die Be­ru­fung sei of­fen­sicht­lich un­zu­läs­sig oder of­fen­sicht­lich un­be­grün­det.

2 Die Frist für die Be­ru­fungs­ant­wort be­trägt 30 Ta­ge.

Art. 313 Anschlussberufung

1 Die Ge­gen­par­tei kann in der Be­ru­fungs­ant­wort An­schluss­be­ru­fung er­he­ben.

2 Die An­schluss­be­ru­fung fällt da­hin, wenn:

a.
die Rechts­mit­tel­in­stanz nicht auf die Be­ru­fung ein­tritt;
b.
die Be­ru­fung als of­fen­sicht­lich un­be­grün­det ab­ge­wie­sen wird;
c.
die Be­ru­fung vor Be­ginn der Ur­teils­be­ra­tung zu­rück­ge­zo­gen wird.

Art. 314 Summarisches Verfahren

1 Ge­gen einen im sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren er­gan­ge­nen Ent­scheid be­trägt die Frist zur Ein­rei­chung der Be­ru­fung und zur Be­ru­fungs­ant­wort je zehn Ta­ge.

2 Die An­schluss­be­ru­fung ist un­zu­läs­sig.

3. Abschnitt: Wirkungen und Verfahren der Berufung

Art. 315 Aufschiebende Wirkung

1 Die Be­ru­fung hemmt die Rechts­kraft und die Voll­streck­bar­keit des an­ge­foch­te­nen Ent­scheids im Um­fang der An­trä­ge.

2 Die Rechts­mit­tel­in­stanz kann die vor­zei­ti­ge Voll­stre­ckung be­wil­li­gen. Nö­ti­gen­falls ord­net sie si­chern­de Mass­nah­men oder die Leis­tung ei­ner Si­cher­heit an.

3 Rich­tet sich die Be­ru­fung ge­gen einen Ge­stal­tungs­ent­scheid, so kann die auf­schie­ben­de Wir­kung nicht ent­zo­gen wer­den.

4 Kei­ne auf­schie­ben­de Wir­kung hat die Be­ru­fung ge­gen Ent­schei­de über:

a.
das Ge­gen­dar­stel­lungs­recht;
b.
vor­sorg­li­che Mass­nah­men.

5 Die Voll­stre­ckung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men kann aus­nahms­wei­se auf­ge­scho­ben wer­den, wenn der be­trof­fe­nen Par­tei ein nicht leicht wie­der­gutz­u­ma­chen­der Nach­teil droht.

Art. 316 Verfahren vor der Rechtsmittelinstanz

1 Die Rechts­mit­tel­in­stanz kann ei­ne Ver­hand­lung durch­füh­ren oder auf­grund der Ak­ten ent­schei­den.

2 Sie kann einen zwei­ten Schrif­ten­wech­sel an­ord­nen.

3 Sie kann Be­wei­se ab­neh­men.

Art. 317 Neue Tatsachen, neue Beweismittel und Klageänderung

1 Neue Tat­sa­chen und Be­weis­mit­tel wer­den nur noch be­rück­sich­tigt, wenn sie:

a.
oh­ne Ver­zug vor­ge­bracht wer­den; und
b.
trotz zu­mut­ba­rer Sorg­falt nicht schon vor ers­ter In­stanz vor­ge­bracht wer­den konn­ten.

2 Ei­ne Kla­ge­än­de­rung ist nur noch zu­läs­sig, wenn:

a.
die Vor­aus­set­zun­gen nach Ar­ti­kel 227 Ab­satz 1 ge­ge­ben sind; und
b.165
sie auf neu­en Tat­sa­chen oder Be­weis­mit­teln be­ruht.

165 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2015 (Ge­werbs­mäs­si­ge Ver­tre­tung im Zwangs­voll­stre­ckungs­ver­fah­ren), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 3643; BBl 2014 8669).

Art. 318 Entscheid

1 Die Rechts­mit­tel­in­stanz kann:

a.
den an­ge­foch­te­nen Ent­scheid be­stä­ti­gen;
b.
neu ent­schei­den; oder
c.
die Sa­che an die ers­te In­stanz zu­rück­wei­sen, wenn:
1.
ein we­sent­li­cher Teil der Kla­ge nicht be­ur­teilt wur­de, oder
2.
der Sach­ver­halt in we­sent­li­chen Tei­len zu ver­voll­stän­di­gen ist.

2 Die Rechts­mit­tel­in­stanz er­öff­net ih­ren Ent­scheid mit ei­ner schrift­li­chen Be­grün­dung.

3 Trifft die Rechts­mit­tel­in­stanz einen neu­en Ent­scheid, so ent­schei­det sie auch über die Pro­zess­kos­ten des ers­tin­stanz­li­chen Ver­fah­rens.

2. Kapitel: Beschwerde

Art. 319 Anfechtungsobjekt

Mit Be­schwer­de sind an­fecht­bar:

a.
nicht be­ru­fungs­fä­hi­ge ers­tin­stanz­li­che En­dent­schei­de, Zwi­schen­ent­schei­de und Ent­schei­de über vor­sorg­li­che Mass­nah­men;
b.
an­de­re ers­tin­stanz­li­che Ent­schei­de und pro­zess­lei­ten­de Ver­fü­gun­gen:
1.
in den vom Ge­setz be­stimm­ten Fäl­len,
2.
wenn durch sie ein nicht leicht wie­der­gutz­u­ma­chen­der Nach­teil droht;
c.
Fäl­le von Rechts­ver­zö­ge­rung.

Art. 320 Beschwerdegründe

Mit der Be­schwer­de kann gel­tend ge­macht wer­den:

a.
un­rich­ti­ge Rechts­an­wen­dung;
b.
of­fen­sicht­lich un­rich­ti­ge Fest­stel­lung des Sach­ver­hal­tes.

Art. 321 Einreichen der Beschwerde

1 Die Be­schwer­de ist bei der Rechts­mit­tel­in­stanz in­nert 30 Ta­gen seit der Zu­stel­lung des be­grün­de­ten Ent­schei­des oder seit der nach­träg­li­chen Zu­stel­lung der Ent­scheid­be­grün­dung (Art. 239) schrift­lich und be­grün­det ein­zu­rei­chen.

2 Wird ein im sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren er­gan­ge­ner Ent­scheid oder ei­ne pro­zess­lei­ten­de Ver­fü­gung an­ge­foch­ten, so be­trägt die Be­schwer­de­frist zehn Ta­ge, so­fern das Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt.

3 Der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid oder die an­ge­foch­te­ne pro­zess­lei­ten­de Ver­fü­gung ist bei­zu­le­gen, so­weit die Par­tei sie in Hän­den hat.

4 Ge­gen Rechts­ver­zö­ge­rung kann je­der­zeit Be­schwer­de ein­ge­reicht wer­den.

Art. 322 Beschwerdeantwort

1 Die Rechts­mit­tel­in­stanz stellt der Ge­gen­par­tei die Be­schwer­de zur schrift­li­chen Stel­lung­nah­me zu, es sei denn, die Be­schwer­de sei of­fen­sicht­lich un­zu­läs­sig oder of­fen­sicht­lich un­be­grün­det.

2 Für die Be­schwer­de­ant­wort gilt die glei­che Frist wie für die Be­schwer­de.

Art. 323 Anschlussbeschwerde

Ei­ne An­schluss­be­schwer­de ist aus­ge­schlos­sen.

Art. 324 Stellungnahme der Vorinstanz

Die Rechts­mit­tel­in­stanz kann die Vor­in­stanz um ei­ne Stel­lung­nah­me er­su­chen.

Art. 325 Aufschiebende Wirkung

1 Die Be­schwer­de hemmt die Rechts­kraft und die Voll­streck­bar­keit des an­ge­foch­te­nen Ent­scheids nicht.

2 Die Rechts­mit­tel­in­stanz kann die Voll­stre­ckung auf­schie­ben. Nö­ti­gen­falls ord­net sie si­chern­de Mass­nah­men oder die Leis­tung ei­ner Si­cher­heit an.

Art. 326 Neue Anträge, neue Tatsachen und neue Beweismittel

1 Neue An­trä­ge, neue Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen und neue Be­weis­mit­tel sind aus­ge­schlos­sen.

2 Be­son­de­re Be­stim­mun­gen des Ge­set­zes blei­ben vor­be­hal­ten.

Art. 327 Verfahren und Entscheid

1 Die Rechts­mit­tel­in­stanz ver­langt bei der Vor­in­stanz die Ak­ten.

2 Sie kann auf­grund der Ak­ten ent­schei­den.

3 So­weit sie die Be­schwer­de gut­heisst:

a.
hebt sie den Ent­scheid oder die pro­zess­lei­ten­de Ver­fü­gung auf und weist die Sa­che an die Vor­in­stanz zu­rück; oder
b.
ent­schei­det sie neu, wenn die Sa­che spruch­reif ist.

4 Wird die Be­schwer­de we­gen Rechts­ver­zö­ge­rung gut­ge­heis­sen, so kann die Rechts­mit­tel­in­stanz der Vor­in­stanz ei­ne Frist zur Be­hand­lung der Sa­che set­zen.

5 Die Rechts­mit­tel­in­stanz er­öff­net ih­ren Ent­scheid mit ei­ner schrift­li­chen Be­grün­dung.

Art. 327a Vollstreckbarerklärung nach Lugano-Übereinkommen 166

1 Rich­tet sich die Be­schwer­de ge­gen einen Ent­scheid des Voll­stre­ckungs­ge­richts nach den Ar­ti­keln 38–52 des Über­ein­kom­mens vom 30. Ok­to­ber 2007167 über die ge­richt­li­che Zu­stän­dig­keit und die An­er­ken­nung und Voll­stre­ckung von Ent­schei­dun­gen in Zi­vil- und Han­delssa­chen (Lu­ga­no-Über­ein­kom­men), so prüft die Rechts­mit­tel­in­stanz die im Lu­ga­no-Über­ein­kom­men vor­ge­se­he­nen Ver­wei­ge­rungs­grün­de mit vol­ler Ko­gni­ti­on.

2 Die Be­schwer­de hat auf­schie­ben­de Wir­kung. Si­chern­de Mass­nah­men, ins­be­son­de­re der Ar­rest nach Ar­ti­kel 271 Ab­satz 1 Zif­fer 6 SchKG168, sind vor­be­hal­ten.

3 Die Frist für die Be­schwer­de ge­gen die Voll­streck­bar­er­klä­rung rich­tet sich nach Ar­ti­kel 43 Ab­satz 5 des Lu­ga­no-Über­ein­kom­mens.

166 Ein­ge­fügt durch Art. 3 Ziff. 1 des BB vom 11. Dez. 2009 (Ge­neh­mi­gung und Um­set­zung des Lu­ga­no-Über­eink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 5601; BBl 2009 1777).

167 SR 0.275.12

168 SR 281.1

3. Kapitel: Revision

Art. 328 Revisionsgründe

1 Ei­ne Par­tei kann beim Ge­richt, wel­ches als letz­te In­stanz in der Sa­che ent­schie­den hat, die Re­vi­si­on des rechts­kräf­ti­gen Ent­scheids ver­lan­gen, wenn:

a.
sie nach­träg­lich er­heb­li­che Tat­sa­chen er­fährt oder ent­schei­den­de Be­weis­mit­tel fin­det, die sie im frü­he­ren Ver­fah­ren nicht bei­brin­gen konn­te; aus­ge­schlos­sen sind Tat­sa­chen und Be­weis­mit­tel, die erst nach dem Ent­scheid ent­stan­den sind;
b.
ein Straf­ver­fah­ren er­ge­ben hat, dass durch ein Ver­bre­chen oder ein Ver­ge­hen zum Nach­teil der be­tref­fen­den Par­tei auf den Ent­scheid ein­ge­wirkt wur­de; ei­ne Ver­ur­tei­lung durch das Straf­ge­richt ist nicht er­for­der­lich; ist das Straf­ver­fah­ren nicht durch­führ­bar, so kann der Be­weis auf an­de­re Wei­se er­bracht wer­den;
c.
gel­tend ge­macht wird, dass die Kla­gean­er­ken­nung, der Kla­ge­rück­zug oder der ge­richt­li­che Ver­gleich un­wirk­sam ist.

2 Die Re­vi­si­on we­gen Ver­let­zung der Eu­ro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on vom 4. No­vem­ber 1950169 (EMRK) kann ver­langt wer­den, wenn:

a.170
der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te in ei­nem end­gül­ti­gen Ur­teil (Art. 44 EMRK) fest­ge­stellt hat, dass die EMRK oder die Pro­to­kol­le da­zu ver­letzt wor­den sind, oder den Fall durch ei­ne güt­li­che Ei­ni­gung (Art. 39 EMRK) ab­ge­schlos­sen hat;
b.
ei­ne Ent­schä­di­gung nicht ge­eig­net ist, die Fol­gen der Ver­let­zung aus­zu­glei­chen; und
c.
die Re­vi­si­on not­wen­dig ist, um die Ver­let­zung zu be­sei­ti­gen.

169 SR 0.101

170 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 1. Okt. 2021, in Kraft seit 1. Ju­li 2022 (AS 2022 289; BBl 2021300, 889).

Art. 329 Revisionsgesuch und Revisionsfristen

1 Das Re­vi­si­ons­ge­such ist in­nert 90 Ta­gen seit Ent­de­ckung des Re­vi­si­ons­grun­des schrift­lich und be­grün­det ein­zu­rei­chen.

2 Nach Ab­lauf von zehn Jah­ren seit Ein­tritt der Rechts­kraft des Ent­scheids kann die Re­vi­si­on nicht mehr ver­langt wer­den, aus­ser im Fal­le von Ar­ti­kel 328 Ab­satz 1 Buch­sta­be b.

Art. 330 Stellungnahme der Gegenpartei

Das Ge­richt stellt das Re­vi­si­ons­ge­such der Ge­gen­par­tei zur Stel­lung­nah­me zu, es sei denn, das Ge­such sei of­fen­sicht­lich un­zu­läs­sig oder of­fen­sicht­lich un­be­grün­det.

Art. 331 Aufschiebende Wirkung

1 Das Re­vi­si­ons­ge­such hemmt die Rechts­kraft und die Voll­streck­bar­keit des Ent­scheids nicht.

2 Das Ge­richt kann die Voll­stre­ckung auf­schie­ben. Nö­ti­gen­falls ord­net es si­chern­de Mass­nah­men oder die Leis­tung ei­ner Si­cher­heit an.

Art. 332 Entscheid über das Revisionsgesuch

Der Ent­scheid über das Re­vi­si­ons­ge­such ist mit Be­schwer­de an­fecht­bar.

Art. 333 Neuer Entscheid in der Sache

1 Heisst das Ge­richt das Re­vi­si­ons­ge­such gut, so hebt es sei­nen frü­he­ren Ent­scheid auf und ent­schei­det neu.

2 Im neu­en Ent­scheid ent­schei­det es auch über die Kos­ten des frü­he­ren Ver­fah­rens.

3 Es er­öff­net sei­nen Ent­scheid mit ei­ner schrift­li­chen Be­grün­dung.

4. Kapitel: Erläuterung und Berichtigung

Art. 334

1 Ist das Dis­po­si­tiv un­klar, wi­der­sprüch­lich oder un­voll­stän­dig oder steht es mit der Be­grün­dung im Wi­der­spruch, so nimmt das Ge­richt auf Ge­such ei­ner Par­tei oder von Am­tes we­gen ei­ne Er­läu­te­rung oder Be­rich­ti­gung des Ent­scheids vor. Im Ge­such sind die be­an­stan­de­ten Stel­len und die ge­wünsch­ten Än­de­run­gen an­zu­ge­ben.

2 Die Ar­ti­kel 330 und 331 gel­ten sinn­ge­mä­ss. Bei der Be­rich­ti­gung von Schreib- oder Rech­nungs­feh­lern kann das Ge­richt auf ei­ne Stel­lung­nah­me der Par­tei­en ver­zich­ten.

3 Ein Ent­scheid über das Er­läu­te­rungs- oder Be­rich­ti­gungs­ge­such ist mit Be­schwer­de an­fecht­bar.

4 Der er­läu­ter­te oder be­rich­tig­te Ent­scheid wird den Par­tei­en er­öff­net.

10. Titel: Vollstreckung

1. Kapitel: Vollstreckung von Entscheiden

Art. 335 Geltungsbereich

1 Die Ent­schei­de wer­den nach den Be­stim­mun­gen die­ses Ka­pi­tels voll­streckt.

2 Lau­tet der Ent­scheid auf ei­ne Geld­zah­lung oder ei­ne Si­cher­heits­leis­tung, so wird er nach den Be­stim­mun­gen des SchKG171 voll­streckt.

3 Die An­er­ken­nung, Voll­streck­bar­er­klä­rung und Voll­stre­ckung aus­län­di­scher Ent­schei­de rich­ten sich nach die­sem Ka­pi­tel, so­weit we­der ein Staats­ver­trag noch das IPRG172 et­was an­de­res be­stim­men.

Art. 336 Vollstreckbarkeit

1 Ein Ent­scheid ist voll­streck­bar, wenn er:

a.
rechts­kräf­tig ist und das Ge­richt die Voll­stre­ckung nicht auf­ge­scho­ben hat (Art. 325 Abs. 2 und 331 Abs. 2); oder
b.
noch nicht rechts­kräf­tig ist, je­doch die vor­zei­ti­ge Voll­stre­ckung be­wil­ligt wor­den ist.

2 Auf Ver­lan­gen be­schei­nigt das Ge­richt, das den zu voll­stre­cken­den Ent­scheid ge­trof­fen hat, die Voll­streck­bar­keit.

Art. 337 Direkte Vollstreckung

1 Hat be­reits das ur­tei­len­de Ge­richt kon­kre­te Voll­stre­ckungs­mass­nah­men an­ge­ord­net (Art. 236 Abs. 3), so kann der Ent­scheid di­rekt voll­streckt wer­den.

2 Die un­ter­le­ge­ne Par­tei kann beim Voll­stre­ckungs­ge­richt um Ein­stel­lung der Voll­stre­ckung er­su­chen; Ar­ti­kel 341 gilt sinn­ge­mä­ss.

Art. 338 Vollstreckungsgesuch

1 Kann nicht di­rekt voll­streckt wer­den, so ist beim Voll­stre­ckungs­ge­richt ein Voll­stre­ckungs­ge­such ein­zu­rei­chen.

2 Die ge­such­stel­len­de Par­tei hat die Vor­aus­set­zun­gen der Voll­streck­bar­keit dar­zu­le­gen und die er­for­der­li­chen Ur­kun­den bei­zu­le­gen.

Art. 339 Zuständigkeit und Verfahren

1 Zwin­gend zu­stän­dig für die An­ord­nung von Voll­stre­ckungs­mass­nah­men und die Ein­stel­lung der Voll­stre­ckung ist das Ge­richt:

a.
am Wohn­sitz oder Sitz der un­ter­le­ge­nen Par­tei;
b.
am Ort, wo die Mass­nah­men zu tref­fen sind; oder
c.
am Ort, wo der zu voll­stre­cken­de Ent­scheid ge­fällt wor­den ist.

2 Das Ge­richt ent­schei­det im sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren.

Art. 340 Sichernde Massnahmen 173

Das Voll­stre­ckungs­ge­richt kann si­chern­de Mass­nah­men an­ord­nen, nö­ti­gen­falls oh­ne vor­he­ri­ge An­hö­rung der Ge­gen­par­tei.

173 Fas­sung ge­mä­ss Art. 3 Ziff. 1 des BB vom 11. Dez. 2009 (Ge­neh­mi­gung und Um­set­zung des Lu­ga­no-Über­eink.), in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 5601; BBl 2009 1777).

Art. 341 Prüfung der Vollstreckbarkeit und Stellungnahme der unterlegenen Partei

1 Das Voll­stre­ckungs­ge­richt prüft die Voll­streck­bar­keit von Am­tes we­gen.

2 Es setzt der un­ter­le­ge­nen Par­tei ei­ne kur­ze Frist zur Stel­lung­nah­me.

3 Ma­te­ri­ell kann die un­ter­le­ge­ne Par­tei ein­wen­den, dass seit Er­öff­nung des Ent­scheids Tat­sa­chen ein­ge­tre­ten sind, wel­che der Voll­stre­ckung ent­ge­gen­ste­hen, wie ins­be­son­de­re Til­gung, Stun­dung, Ver­jäh­rung oder Ver­wir­kung der ge­schul­de­ten Leis­tung. Til­gung und Stun­dung sind mit Ur­kun­den zu be­wei­sen.

Art. 342 Vollstreckung einer bedingten oder von einer Gegenleistung abhängigen Leistung

Der Ent­scheid über ei­ne be­ding­te oder ei­ne von ei­ner Ge­gen­leis­tung ab­hän­gi­ge Leis­tung kann erst voll­streckt wer­den, wenn das Voll­stre­ckungs­ge­richt fest­ge­stellt hat, dass die Be­din­gung ein­ge­tre­ten ist oder die Ge­gen­leis­tung ge­hö­rig an­ge­bo­ten, er­bracht oder si­cher­ge­stellt wor­den ist.

Art. 343 Verpflichtung zu einem Tun, Unterlassen oder Dulden

1 Lau­tet der Ent­scheid auf ei­ne Ver­pflich­tung zu ei­nem Tun, Un­ter­las­sen oder Dul­den, so kann das Voll­stre­ckungs­ge­richt an­ord­nen:

a.
ei­ne Straf­dro­hung nach Ar­ti­kel 292 StGB174;
b.
ei­ne Ord­nungs­bus­se bis zu 5000 Fran­ken;
c.
ei­ne Ord­nungs­bus­se bis zu 1000 Fran­ken für je­den Tag der Nicht­er­fül­lung;
d.
ei­ne Zwangs­mass­nah­me wie Weg­nah­me ei­ner be­weg­li­chen Sa­che oder Räu­mung ei­nes Grund­stückes; oder
e.
ei­ne Er­satz­vor­nah­me.

1bis Ent­hält der Ent­scheid ein Ver­bot nach Ar­ti­kel 28bZGB175, so kann das Voll­stre­ckungs­ge­richt auf An­trag der ge­such­stel­len­den Per­son ei­ne elek­tro­ni­sche Über­wa­chung nach Ar­ti­kel 28c ZGB an­ord­nen.176

2 Die un­ter­le­ge­ne Par­tei und Drit­te ha­ben die er­for­der­li­chen Aus­künf­te zu er­tei­len und die not­wen­di­gen Durch­su­chun­gen zu dul­den.

3 Die mit der Voll­stre­ckung be­trau­te Per­son kann die Hil­fe der zu­stän­di­gen Be­hör­de in An­spruch neh­men.

174 SR 311.0

175 SR 210

176 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Ver­bes­se­rung des Schut­zes ge­walt­be­trof­fe­ner Per­so­nen, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

Art. 344 Abgabe einer Willenserklärung

1 Lau­tet der Ent­scheid auf Ab­ga­be ei­ner Wil­lens­er­klä­rung, so wird die Er­klä­rung durch den voll­streck­ba­ren Ent­scheid er­setzt.

2 Be­trifft die Er­klä­rung ein öf­fent­li­ches Re­gis­ter wie das Grund­buch und das Han­dels­re­gis­ter, so er­teilt das ur­tei­len­de Ge­richt der re­gis­ter­füh­ren­den Per­son die nö­ti­gen An­wei­sun­gen.

Art. 345 Schadenersatz und Umwandlung in Geld

1 Die ob­sie­gen­de Par­tei kann ver­lan­gen:

a.
Scha­den­er­satz, wenn die un­ter­le­ge­ne Par­tei den ge­richt­li­chen An­ord­nun­gen nicht nach­kommt;
b.
die Um­wand­lung der ge­schul­de­ten Leis­tung in ei­ne Geld­leis­tung.

2 Das Voll­stre­ckungs­ge­richt setzt den ent­spre­chen­den Be­trag fest.

Art. 346 Rechtsmittel Dritter

Drit­te, die von ei­nem Voll­stre­ckungs­ent­scheid in ih­ren Rech­ten be­trof­fen sind, kön­nen den Ent­scheid mit Be­schwer­de an­fech­ten.

2. Kapitel: Vollstreckung öffentlicher Urkunden

Art. 347 Vollstreckbarkeit

Öf­fent­li­che Ur­kun­den über Leis­tun­gen je­der Art kön­nen wie Ent­schei­de voll­streckt wer­den, wenn:

a.
die ver­pflich­te­te Par­tei in der Ur­kun­de aus­drück­lich er­klärt hat, dass sie die di­rek­te Voll­stre­ckung an­er­kennt;
b.
der Rechts­grund der ge­schul­de­ten Leis­tung in der Ur­kun­de er­wähnt ist; und
c.
die ge­schul­de­te Leis­tung:
1.
in der Ur­kun­de ge­nü­gend be­stimmt ist,
2.
in der Ur­kun­de von der ver­pflich­te­ten Par­tei an­er­kannt ist, und
3.
fäl­lig ist.

Art. 348 Ausnahmen

Nicht di­rekt voll­streck­bar sind Ur­kun­den über Leis­tun­gen:

a.
nach dem Gleich­stel­lungs­ge­setz vom 24. März 1995177;
b.
aus Mie­te und Pacht von Wohn- und Ge­schäfts­räu­men so­wie aus land­wirt­schaft­li­cher Pacht;
c.
nach dem Mit­wir­kungs­ge­setz vom 17. De­zem­ber 1993178;
d.
aus dem Ar­beits­ver­hält­nis und nach dem Ar­beits­ver­mitt­lungs­ge­setz vom 6. Ok­to­ber 1989179;
e.
aus Kon­su­men­ten­ver­trä­gen (Art. 32).

Art. 349 Urkunde über eine Geldleistung

Die voll­streck­ba­re Ur­kun­de über ei­ne Geld­leis­tung gilt als de­fi­ni­ti­ver Rechts­öff­nungs­ti­tel nach den Ar­ti­keln 80 und 81 SchKG180.

Art. 350 Urkunde über eine andere Leistung

1 Ist ei­ne Ur­kun­de über ei­ne an­de­re Leis­tung zu voll­stre­cken, so stellt die Ur­kunds­per­son der ver­pflich­te­ten Par­tei auf An­trag der be­rech­tig­ten Par­tei ei­ne be­glau­big­te Ko­pie der Ur­kun­de zu und setzt ihr für die Er­fül­lung ei­ne Frist von 20 Ta­gen. Die be­rech­tig­te Par­tei er­hält ei­ne Ko­pie der Zu­stel­lung.

2 Nach un­be­nütz­tem Ab­lauf der Er­fül­lungs­frist kann die be­rech­tig­te Par­tei beim Voll­stre­ckungs­ge­richt ein Voll­stre­ckungs­ge­such stel­len.

Art. 351 Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht

1 Die ver­pflich­te­te Par­tei kann Ein­wen­dun­gen ge­gen die Leis­tungs­pflicht nur gel­tend ma­chen, so­fern sie so­fort be­weis­bar sind.

2 Ist die Ab­ga­be ei­ner Wil­lens­er­klä­rung ge­schul­det, so wird die Er­klä­rung durch den Ent­scheid des Voll­stre­ckungs­ge­richts er­setzt. Die­ses trifft die er­for­der­li­chen An­wei­sun­gen nach Ar­ti­kel 344 Ab­satz 2.

Art. 352 Gerichtliche Beurteilung

Die ge­richt­li­che Be­ur­tei­lung der ge­schul­de­ten Leis­tung bleibt in je­dem Fall vor­be­hal­ten. Ins­be­son­de­re kann die ver­pflich­te­te Par­tei je­der­zeit auf Fest­stel­lung kla­gen, dass der An­spruch nicht oder nicht mehr be­steht oder ge­stun­det ist.

3. Teil: Schiedsgerichtsbarkeit

1. Titel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 353 Geltungsbereich

1 Die Be­stim­mun­gen die­ses Teils gel­ten für Ver­fah­ren vor Schieds­ge­rich­ten mit Sitz in der Schweiz, so­fern nicht die Be­stim­mun­gen des zwölf­ten Ka­pi­tels des IPRG181 an­wend­bar sind.

2 Die Par­tei­en kön­nen die Gel­tung die­ses Teils durch ei­ne Er­klä­rung in der Schieds­ver­ein­ba­rung oder in ei­ner spä­te­ren Über­ein­kunft aus­sch­lies­sen und die An­wen­dung der Be­stim­mun­gen des zwölf­ten Ka­pi­tels des IPRG ver­ein­ba­ren. Die Er­klä­rung be­darf der Form ge­mä­ss Ar­ti­kel 358.182

181 SR 291

182 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

Art. 354 Schiedsfähigkeit

Ge­gen­stand ei­nes Schieds­ver­fah­rens kann je­der An­spruch sein, über den die Par­tei­en frei ver­fü­gen kön­nen.

Art. 355 Sitz des Schiedsgerichtes

1 Der Sitz des Schieds­ge­rich­tes wird von den Par­tei­en oder von der durch sie be­auf­trag­ten Stel­le be­stimmt. Er­folgt kei­ne Sitz­be­stim­mung, so be­stimmt das Schieds­ge­richt sei­nen Sitz selbst.

2 Be­stim­men we­der die Par­tei­en noch die von ih­nen be­auf­trag­te Stel­le noch das Schieds­ge­richt den Sitz, so ist die­ser am Ort des staat­li­chen Ge­rich­tes, das bei Feh­len ei­ner Schieds­ver­ein­ba­rung zur Be­ur­tei­lung der Sa­che zu­stän­dig wä­re.

3 Sind meh­re­re staat­li­che Ge­rich­te zu­stän­dig, so hat das Schieds­ge­richt sei­nen Sitz am Ort des staat­li­chen Ge­rich­tes, das als ers­tes in An­wen­dung von Ar­ti­kel 356 an­ge­ru­fen wird.

4 Ha­ben die Par­tei­en nichts an­de­res ver­ein­bart, so kann das Schieds­ge­richt auch an je­dem an­dern Ort ver­han­deln, Be­wei­se ab­neh­men und be­ra­ten.

Art. 356 Zuständige staatliche Gerichte

1 Der Kan­ton, in dem sich der Sitz des Schieds­ge­richts be­fin­det, be­zeich­net ein obe­res Ge­richt, das zu­stän­dig ist für:

a.
Be­schwer­den und Re­vi­si­ons­ge­su­che;
b.
die Ent­ge­gen­nah­me des Schiedss­pruchs zur Hin­ter­le­gung und die Be­schei­ni­gung der Voll­streck­bar­keit.

2 Ein vom Sitz­kan­ton be­zeich­ne­tes an­de­res oder an­ders zu­sam­men­ge­setz­tes Ge­richt ist als ein­zi­ge In­stanz zu­stän­dig für:

a.
die Er­nen­nung, Ab­leh­nung, Ab­be­ru­fung und Er­set­zung der Schieds­rich­te­rin­nen und Schieds­rich­ter;
b.
die Ver­län­ge­rung der Amts­dau­er des Schieds­ge­richts;
c.
die Un­ter­stüt­zung des Schieds­ge­richts bei den Ver­fah­rens­hand­lun­gen.

3 Mit Aus­nah­me von Ab­satz 1 Buch­sta­be a ent­schei­det das zu­stän­di­ge staat­li­che Ge­richt im sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren.183

183 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

2. Titel: Schiedsvereinbarung und Schiedsklausel 184

184 Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 19. Juni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

Art. 357 Schiedsvereinbarung

1 Die Schieds­ver­ein­ba­rung kann sich so­wohl auf be­ste­hen­de als auch auf künf­ti­ge Strei­tig­kei­ten aus ei­nem be­stimm­ten Rechts­ver­hält­nis be­zie­hen.

2 Ge­gen die Schieds­ver­ein­ba­rung kann nicht ein­ge­wen­det wer­den, der Haupt­ver­trag sei un­gül­tig.

Art. 358 Form

1 Die Schieds­ver­ein­ba­rung hat schrift­lich oder in ei­ner an­de­ren Form zu er­fol­gen, die den Nach­weis durch Text er­mög­licht.

2 Für Schieds­klau­seln, die in ein­sei­ti­gen Rechts­ge­schäf­ten oder in Sta­tu­ten vor­ge­se­hen sind, gel­ten die Be­stim­mun­gen die­ses Teils sinn­ge­mä­ss.185

185 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

Art. 359 Bestreitung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts

1 Wer­den die Gül­tig­keit der Schieds­ver­ein­ba­rung, ihr In­halt, ih­re Trag­wei­te oder die rich­ti­ge Kon­sti­tu­ie­rung des Schieds­ge­richts vor dem Schieds­ge­richt be­strit­ten, so ent­schei­det die­ses dar­über mit Zwi­schen­ent­scheid oder im Ent­scheid über die Haupt­sa­che.

2 Die Ein­re­de der Un­zu­stän­dig­keit des Schieds­ge­richts muss vor der Ein­las­sung auf die Haupt­sa­che er­ho­ben wer­den.

3. Titel: Bestellung des Schiedsgerichts

Art. 360 Anzahl der Mitglieder

1 Die Par­tei­en kön­nen frei ver­ein­ba­ren, aus wie vie­len Mit­glie­dern das Schieds­ge­richt be­steht. Ha­ben sie nichts ver­ein­bart, so be­steht es aus drei Mit­glie­dern.

2 Ha­ben die Par­tei­en ei­ne ge­ra­de Zahl ver­ein­bart, so ist an­zu­neh­men, dass ei­ne zu­sätz­li­che Per­son als Prä­si­den­tin oder Prä­si­dent zu be­stim­men ist.

Art. 361 Ernennung durch die Parteien

1 Die Mit­glie­der des Schieds­ge­richts wer­den nach der Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en er­nannt.

2 Bei Feh­len ei­ner Ver­ein­ba­rung er­nennt je­de Par­tei die glei­che An­zahl Mit­glie­der; die­se wäh­len ein­stim­mig ei­ne Prä­si­den­tin oder einen Prä­si­den­ten.

3 Wird ei­ne Schieds­rich­te­rin oder ein Schieds­rich­ter der Stel­lung nach be­zeich­net, so gilt als er­nannt, wer die­se Stel­lung bei Ab­ga­be der An­nah­me­er­klä­rung be­klei­det.

4 In den An­ge­le­gen­hei­ten aus Mie­te und Pacht von Wohn­räu­men kön­nen die Par­tei­en ein­zig die Schlich­tungs­be­hör­de als Schieds­ge­richt ein­set­zen.

Art. 362 Ernennung durch das staatliche Gericht

1 Sieht die Schieds­ver­ein­ba­rung kei­ne an­de­re Stel­le für die Er­nen­nung vor oder er­nennt die­se die Mit­glie­der nicht in­nert an­ge­mes­se­ner Frist, so nimmt das nach Ar­ti­kel 356 Ab­satz 2 zu­stän­di­ge staat­li­che Ge­richt auf An­trag ei­ner Par­tei die Er­nen­nung vor, wenn:

a.
die Par­tei­en sich über die Er­nen­nung der Ein­zel­schieds­rich­te­rin, des Ein­zel­schieds­rich­ters, der Prä­si­den­tin oder des Prä­si­den­ten nicht ei­ni­gen;
b.
ei­ne Par­tei die von ihr zu be­zeich­nen­den Mit­glie­der nicht in­nert 30 Ta­gen seit Auf­for­de­rung er­nennt; oder
c.
die Schieds­rich­te­rin­nen und Schieds­rich­ter sich nicht in­nert 30 Ta­gen seit ih­rer Er­nen­nung über die Wahl der Prä­si­den­tin oder des Prä­si­den­ten ei­ni­gen.

2 Im Fal­le ei­ner Mehr­par­tei­en­schiedssa­che kann das nach Ar­ti­kel 356 Ab­satz 2 zu­stän­di­ge staat­li­che Ge­richt al­le Mit­glie­der er­nen­nen.

3 Wird ein staat­li­ches Ge­richt mit der Er­nen­nung be­traut, so muss es die Er­nen­nung vor­neh­men, es sei denn, ei­ne sum­ma­ri­sche Prü­fung er­ge­be, dass zwi­schen den Par­tei­en kei­ne Schieds­ver­ein­ba­rung be­steht.

Art. 363 Offenlegungspflicht

1 Ei­ne Per­son, der ein Schieds­rich­ter­amt an­ge­tra­gen wird, hat das Vor­lie­gen von Um­stän­den un­ver­züg­lich of­fen­zu­le­gen, die be­rech­tig­te Zwei­fel an ih­rer Un­ab­hän­gig­keit oder Un­par­tei­lich­keit we­cken kön­nen.

2 Die­se Pflicht bleibt wäh­rend des gan­zen Ver­fah­rens be­ste­hen.

Art. 364 Annahme des Amtes

1 Die Schieds­rich­te­rin­nen und Schieds­rich­ter be­stä­ti­gen die An­nah­me des Am­tes.

2 Das Schieds­ge­richt ist erst kon­sti­tu­iert, wenn al­le Mit­glie­der die An­nah­me des Am­tes er­klärt ha­ben.

Art. 365 Sekretariat

1 Das Schieds­ge­richt kann ein Se­kre­ta­ri­at be­stel­len.

2 Die Ar­ti­kel 363 Ab­satz 1 und 367–369 gel­ten sinn­ge­mä­ss.

Art. 366 Amtsdauer

1 In der Schieds­ver­ein­ba­rung oder in ei­ner spä­te­ren Ver­ein­ba­rung kön­nen die Par­tei­en die Amts­dau­er des Schieds­ge­richts be­fris­ten.

2 Die Amts­dau­er, in­nert der das Schieds­ge­richt den Schiedss­pruch zu fäl­len hat, kann ver­län­gert wer­den:

a.
durch Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en;
b.
auf An­trag ei­ner Par­tei oder des Schieds­ge­richts durch Ent­scheid des nach Ar­ti­kel 356 Ab­satz 2 zu­stän­di­gen staat­li­chen Ge­richts.

4. Titel: Ablehnung, Abberufung und Ersetzung der Mitglieder des Schiedsgerichts

Art. 367 Ablehnung eines Mitgliedes

1 Ein Mit­glied des Schieds­ge­richts kann ab­ge­lehnt wer­den, wenn:

a.
es nicht den von den Par­tei­en ver­ein­bar­ten An­for­de­run­gen ent­spricht;
b.
ein Ab­leh­nungs­grund vor­liegt, der in der von den Par­tei­en ver­ein­bar­ten Ver­fah­rens­ord­nung vor­ge­se­hen ist; oder
c.
be­rech­tig­te Zwei­fel an sei­ner Un­ab­hän­gig­keit oder Un­par­tei­lich­keit be­ste­hen.

2 Ei­ne Par­tei kann ein Mit­glied, das sie er­nannt hat oder an des­sen Er­nen­nung sie mit­ge­wirkt hat, nur aus Grün­den ab­leh­nen, von de­nen sie trotz ge­hö­ri­ger Auf­merk­sam­keit erst nach der Er­nen­nung Kennt­nis er­hal­ten hat.186 Der Ab­leh­nungs­grund ist dem Schieds­ge­richt und der an­de­ren Par­tei un­ver­züg­lich mit­zu­tei­len.

186 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

Art. 368 Ablehnung des Schiedsgerichts

1 Ei­ne Par­tei kann das Schieds­ge­richt ab­leh­nen, wenn die an­de­re Par­tei einen über­wie­gen­den Ein­fluss auf die Er­nen­nung der Mit­glie­der aus­ge­übt hat. Die Ab­leh­nung ist dem Schieds­ge­richt und der an­de­ren Par­tei un­ver­züg­lich mit­zu­tei­len.

2 Das neue Schieds­ge­richt wird im Ver­fah­ren nach den Ar­ti­keln 361 und 362 be­stellt.

3 Die Par­tei­en sind be­rech­tigt, Mit­glie­der des ab­ge­lehn­ten Schieds­ge­richts wie­der­um als Schieds­rich­te­rin­nen und Schieds­rich­ter zu er­nen­nen.

Art. 369 Ablehnungsverfahren

1 Die Par­tei­en kön­nen das Ab­leh­nungs­ver­fah­ren frei ver­ein­ba­ren.

2 Haben sie nichts vereinbart und ist das Schiedsverfahren noch nicht abgeschlossen, so ist das Ablehnungsgesuch schriftlich und begründet innert 30 Tagen, seit die gesuchstellende Partei Kenntnis vom Ablehnungsgrund hat oder bei gehöriger Aufmerksamkeit haben konnte, an das abgelehnte Mitglied zu richten und den übrigen Mitgliedern mitzuteilen.187

3 Die ge­such­stel­len­de Par­tei kann in­nert 30 Ta­gen seit Ein­rei­chung des Ab­leh­nungs­ge­suchs einen Ent­scheid von der von den Par­tei­en be­zeich­ne­ten Stel­le oder, wenn kei­ne sol­che be­zeich­net wur­de, von dem nach Ar­ti­kel 356 Ab­satz 2 zu­stän­di­gen staat­li­chen Ge­richt ver­lan­gen.188

4 Ha­ben die Par­tei­en nichts an­de­res ver­ein­bart, so kann das Schieds­ge­richt wäh­rend des Ab­leh­nungs­ver­fah­rens das Ver­fah­ren oh­ne Aus­schluss der ab­ge­lehn­ten Per­so­nen bis und mit Schiedss­pruch wei­ter­füh­ren.

5 Der Ent­scheid über die Ab­leh­nung kann nur zu­sam­men mit dem ers­ten Schiedss­pruch an­ge­foch­ten wer­den.

187 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

188 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

Art. 370 Abberufung

1 Je­des Mit­glied des Schieds­ge­richts kann durch schrift­li­che Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en ab­be­ru­fen wer­den.

2 Ist ein Mit­glied des Schieds­ge­richts aus­ser Stan­de, sei­ne Auf­ga­ben in­nert nütz­li­cher Frist oder mit ge­hö­ri­ger Sorg­falt zu er­fül­len und ha­ben die Par­tei­en nichts an­de­res ver­ein­bart, so kann auf Antrag einer Partei die von den Parteien bezeichnete Stelle oder, wenn keine solche bezeichnet wurde, das nach Artikel 356 Absatz 2 zuständige staatliche Gericht dieses Mitglied absetzen.189

3 Für die An­fech­tung ei­nes sol­chen Ent­schei­des gilt Ar­ti­kel 369 Ab­satz 5.

189 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

Art. 371 Ersetzung eines Mitglieds des Schiedsgerichts

1 Ist ein Mit­glied des Schieds­ge­richts zu er­set­zen, so gilt das glei­che Ver­fah­ren wie für sei­ne Er­nen­nung, so­fern die Par­tei­en nichts an­de­res ver­ein­bart ha­ben oder ver­ein­ba­ren.

2 Kann es nicht auf die­se Wei­se er­setzt wer­den, so wird das neue Mit­glied durch das nach Ar­ti­kel 356 Ab­satz 2 zu­stän­di­ge staat­li­che Ge­richt er­nannt, es sei denn, die Schieds­ver­ein­ba­rung schlies­se die­se Mög­lich­keit aus oder fal­le nach Aus­schei­den ei­nes Mit­glieds des Schieds­ge­richts da­hin.

3 Kön­nen sich die Par­tei­en nicht dar­über ei­ni­gen, wel­che Pro­zess­hand­lun­gen, an de­nen das er­setz­te Mit­glied mit­ge­wirkt hat, zu wie­der­ho­len sind, so ent­schei­det das neu kon­sti­tu­ier­te Schieds­ge­richt.

4 Wäh­rend der Dau­er des Er­set­zungs­ver­fah­rens steht die Frist, in­nert der das Schieds­ge­richt sei­nen Schiedss­pruch zu fäl­len hat, nicht still.

5. Titel: Das Schiedsverfahren

Art. 372 Rechtshängigkeit

1 Das Schieds­ver­fah­ren ist rechts­hän­gig:

a.
so­bald ei­ne Par­tei das in der Schieds­ver­ein­ba­rung be­zeich­ne­te Schieds­ge­richt an­ruft; oder
b.
wenn die Ver­ein­ba­rung kein Schieds­ge­richt be­zeich­net: so­bald ei­ne Par­tei das Ver­fah­ren zur Be­stel­lung des Schieds­ge­richts oder das von den Par­tei­en ver­ein­bar­te vor­aus­ge­hen­de Schlich­tungs­ver­fah­ren ein­lei­tet.

2 Wer­den bei ei­nem staat­li­chen Ge­richt und ei­nem Schieds­ge­richt Kla­gen über den­sel­ben Streit­ge­gen­stand zwi­schen den­sel­ben Par­tei­en rechts­hän­gig ge­macht, setzt das zu­letzt an­ge­ru­fe­ne Ge­richt das Ver­fah­ren aus, bis das zu­erst an­ge­ru­fe­ne Ge­richt über sei­ne Zu­stän­dig­keit ent­schie­den hat.

Art. 373 Allgemeine Verfahrensregeln

1 Die Par­tei­en kön­nen das Schieds­ver­fah­ren:

a.
sel­ber re­geln;
b.
durch Ver­weis auf ei­ne schieds­ge­richt­li­che Ver­fah­rens­ord­nung re­geln;
c.
ei­nem Ver­fah­rens­recht ih­rer Wahl un­ter­stel­len.

2 Ha­ben die Par­tei­en das Ver­fah­ren nicht ge­re­gelt, so wird die­ses vom Schieds­ge­richt fest­ge­legt.

3 Die Prä­si­den­tin oder der Prä­si­dent des Schieds­ge­richts kann über ein­zel­ne Ver­fah­rens­fra­gen al­lein ent­schei­den, wenn ei­ne ent­spre­chen­de Er­mäch­ti­gung der Par­tei­en oder der an­dern Mit­glie­der des Schieds­ge­richts vor­liegt.

4 Das Schieds­ge­richt muss die Gleich­be­hand­lung der Par­tei­en und ih­ren An­spruch auf recht­li­ches Ge­hör ge­währ­leis­ten und ein kon­tra­dik­to­ri­sches Ver­fah­ren durch­füh­ren.

5 Je­de Par­tei kann sich ver­tre­ten las­sen.

6 Verstösse gegen die Verfahrensregeln sind sofort zu rügen, nachdem sie erkannt wurden oder bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar waren; andernfalls können sie später nicht mehr geltend gemacht werden.190

190 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

Art. 374 Vorsorgliche Massnahmen, Sicherheit und Schadenersatz

1 Das staat­li­che Ge­richt oder, so­fern die Par­tei­en nichts an­de­res ver­ein­bart ha­ben, das Schieds­ge­richt kann auf An­trag ei­ner Par­tei vor­sorg­li­che Mass­nah­men ein­sch­liess­lich sol­cher für die Si­che­rung von Be­weis­mit­teln an­ord­nen.

2 Un­ter­zieht sich die be­trof­fe­ne Per­son ei­ner vom Schieds­ge­richt an­ge­ord­ne­ten Mass­nah­me nicht frei­wil­lig, so trifft das staat­li­che Ge­richt auf An­trag des Schieds­ge­richts oder ei­ner Par­tei die er­for­der­li­chen An­ord­nun­gen; stellt ei­ne Par­tei den An­trag, so muss die Zu­stim­mung des Schieds­ge­richts ein­ge­holt wer­den.

3 Ist ein Scha­den für die an­de­re Par­tei zu be­fürch­ten, so kann das Schieds­ge­richt oder das staat­li­che Ge­richt die An­ord­nung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men von der Leis­tung ei­ner Si­cher­heit ab­hän­gig ma­chen.

4 Die ge­such­stel­len­de Par­tei haf­tet für den aus ei­ner un­ge­recht­fer­tig­ten vor­sorg­li­chen Mass­nah­me er­wach­se­nen Scha­den. Be­weist sie je­doch, dass sie ihr Ge­such in gu­ten Treu­en ge­stellt hat, so kann das Ge­richt die Er­satz­pflicht her­ab­set­zen oder gänz­lich von ihr ent­bin­den. Die ge­schä­dig­te Par­tei kann den An­spruch im hän­gi­gen Schieds­ver­fah­ren gel­tend ma­chen.

5 Ei­ne ge­leis­te­te Si­cher­heit ist frei­zu­ge­ben, wenn fest­steht, dass kei­ne Scha­den­er­satz­kla­ge er­ho­ben wird; bei Un­ge­wiss­heit setzt das Schieds­ge­richt ei­ne Frist zur Kla­ge.

Art. 375 Beweisabnahme und Mitwirkung des staatlichen Gerichts

1 Das Schieds­ge­richt nimmt die Be­wei­se sel­ber ab.

2 Ist für die Be­weis­ab­nah­me oder für die Vor­nah­me sons­ti­ger Hand­lun­gen des Schieds­ge­richts staat­li­che Rechts­hil­fe er­for­der­lich, so kann das Schieds­ge­richt das nach Ar­ti­kel 356 Ab­satz 2 zu­stän­di­ge staat­li­che Ge­richt um Mit­wir­kung er­su­chen. Mit Zu­stim­mung des Schieds­ge­richts kann dies auch ei­ne Par­tei tun.

3 Die Mit­glie­der des Schieds­ge­richts kön­nen an den Ver­fah­rens­hand­lun­gen des staat­li­chen Ge­richts teil­neh­men und Fra­gen stel­len.

Art. 376 Streitgenossenschaft, Klagenhäufung und Beteiligung Dritter

1 Ein Schieds­ver­fah­ren kann von oder ge­gen Streit­ge­nos­sen ge­führt wer­den, wenn:

a.
al­le Par­tei­en un­ter sich durch ei­ne oder meh­re­re über­ein­stim­men­de Schieds­ver­ein­ba­run­gen ver­bun­den sind; und
b.
die gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che iden­tisch sind oder in ei­nem sach­li­chen Zu­sam­men­hang ste­hen.

2 Sach­lich zu­sam­men­hän­gen­de An­sprü­che zwi­schen den glei­chen Par­tei­en kön­nen im glei­chen Schieds­ver­fah­ren be­ur­teilt wer­den, wenn sie Ge­gen­stand über­ein­stim­men­der Schieds­ver­ein­ba­run­gen der Par­tei­en sind.

3 Die In­ter­ven­ti­on ei­ner drit­ten Per­son und der Bei­tritt ei­ner durch Kla­ge streit­be­ru­fe­nen Per­son set­zen ei­ne Schieds­ver­ein­ba­rung zwi­schen der drit­ten Per­son und den Streit­par­tei­en vor­aus und be­dür­fen der Zu­stim­mung des Schieds­ge­richts.

Art. 377 Verrechnung und Widerklage

1 Er­hebt ei­ne Par­tei die Ver­rech­nungs­ein­re­de, so kann das Schieds­ge­richt die Ein­re­de be­ur­tei­len, un­ab­hän­gig da­von, ob die zur Ver­rech­nung ge­stell­te For­de­rung un­ter die Schieds­ver­ein­ba­rung fällt oder ob für sie ei­ne an­de­re Schieds­ver­ein­ba­rung oder ei­ne Ge­richts­stands­ver­ein­ba­rung be­steht.

2 Ei­ne Wi­der­kla­ge ist zu­läs­sig, wenn sie ei­ne Streit­sa­che be­trifft, die un­ter ei­ne über­ein­stim­men­de Schieds­ver­ein­ba­rung der Par­tei­en fällt.

Art. 378 Kostenvorschuss

1 Das Schieds­ge­richt kann einen Vor­schuss für die mut­mass­li­chen Ver­fah­rens­kos­ten ver­lan­gen und die Durch­füh­rung des Ver­fah­rens von des­sen Leis­tung ab­hän­gig ma­chen. So­weit die Par­tei­en nichts an­de­res ver­ein­bart ha­ben, be­stimmt es die Hö­he des Vor­schus­ses je­der Par­tei.

2 Leis­tet ei­ne Par­tei den von ihr ver­lang­ten Vor­schuss nicht, so kann die an­de­re Par­tei die ge­sam­ten Kos­ten vor­schies­sen oder auf das Schieds­ver­fah­ren ver­zich­ten. Ver­zich­tet sie auf das Schieds­ver­fah­ren, so kann sie für die­se Streit­sa­che ein neu­es Schieds­ver­fah­ren ein­lei­ten oder Kla­ge vor dem staat­li­chen Ge­richt er­he­ben.

Art. 379 Sicherstellung der Parteientschädigung

Er­scheint die kla­gen­de Par­tei zah­lungs­un­fä­hig, so kann das Schieds­ge­richt auf An­trag der be­klag­ten Par­tei ver­fü­gen, dass de­ren mut­mass­li­che Par­tei­ent­schä­di­gung in­nert be­stimm­ter Frist si­cher­zu­stel­len ist. Für die be­klag­te Par­tei gilt Ar­ti­kel 378 Ab­satz 2 sinn­ge­mä­ss.

Art. 380 Unentgeltliche Rechtspflege

Die un­ent­gelt­li­che Rechts­pfle­ge ist aus­ge­schlos­sen.

6. Titel: Schiedsspruch

Art. 381 Anwendbares Recht

1 Das Schieds­ge­richt ent­schei­det:

a.
nach den Rechts­re­geln, wel­che die Par­tei­en ge­wählt ha­ben; oder
b.
nach Bil­lig­keit, wenn es von den Par­tei­en da­zu er­mäch­tigt wor­den ist.

2 Fehlt ei­ne sol­che Wahl oder ei­ne sol­che Er­mäch­ti­gung, so ent­schei­det es nach dem Recht, das ein staat­li­ches Ge­richt an­wen­den wür­de.

Art. 382 Beratung und Abstimmung

1 Bei den Be­ra­tun­gen und Ab­stim­mun­gen ha­ben al­le Mit­glie­der des Schieds­ge­richts mit­zu­wir­ken.

2 Ver­wei­gert ein Mit­glied die Teil­nah­me an ei­ner Be­ra­tung oder an ei­ner Ab­stim­mung, so kön­nen die üb­ri­gen Mit­glie­der oh­ne es be­ra­ten und ent­schei­den, so­fern die Par­tei­en nichts an­de­res ver­ein­bart ha­ben.

3 Das Schieds­ge­richt fällt den Schiedss­pruch mit der Mehr­heit der Stim­men sei­ner Mit­glie­der, es sei denn, die Par­tei­en hät­ten et­was an­de­res ver­ein­bart.

4 Er­gibt sich kei­ne Stim­men­mehr­heit, so fällt die Prä­si­den­tin oder der Prä­si­dent den Schiedss­pruch.

Art. 383 Zwischen- und Teilschiedssprüche

Ha­ben die Par­tei­en nichts an­de­res ver­ein­bart, so kann das Schieds­ge­richt das Ver­fah­ren auf ein­zel­ne Fra­gen und Rechts­be­geh­ren be­schrän­ken.

Art. 384 Inhalt des Schiedsspruches

1 Der Schiedss­pruch ent­hält:

a.
die Zu­sam­men­set­zung des Schieds­ge­richts;
b.
die An­ga­be des Sit­zes des Schieds­ge­richts;
c.
die Be­zeich­nung der Par­tei­en und ih­rer Ver­tre­tung;
d.
die Rechts­be­geh­ren der Par­tei­en oder, bei Feh­len von An­trä­gen, ei­ne Um­schrei­bung der Streit­fra­ge;
e.
so­fern die Par­tei­en nicht dar­auf ver­zich­tet ha­ben: die Dar­stel­lung des Sach­ver­hal­tes, die recht­li­chen Ent­schei­dungs­grün­de und ge­ge­be­nen­falls die Bil­lig­keits­er­wä­gun­gen;
f.
das Dis­po­si­tiv in der Sa­che so­wie die Hö­he und die Ver­tei­lung der Ver­fah­rens­kos­ten und der Par­tei­ent­schä­di­gung;
g.
das Da­tum des Schiedss­pru­ches.

2 Der Schiedss­pruch ist zu un­ter­zeich­nen; es ge­nügt die Un­ter­schrift der Prä­si­den­tin oder des Prä­si­den­ten.

Art. 385 Einigung der Parteien

Er­le­di­gen die Par­tei­en wäh­rend des Schieds­ver­fah­rens die Streit­sa­che, so hält das Schieds­ge­richt auf An­trag die Ei­ni­gung in Form ei­nes Schiedss­pru­ches fest.

Art. 386 Zustellung und Hinterlegung

1 Je­der Par­tei ist ein Ex­em­plar des Schiedss­pru­ches zu­zu­stel­len.

2 Je­de Par­tei kann auf ih­re Kos­ten beim nach Ar­ti­kel 356 Ab­satz 1 zu­stän­di­gen staat­li­chen Ge­richt ein Ex­em­plar des Schiedss­pru­ches hin­ter­le­gen.

3 Auf An­trag ei­ner Par­tei stellt die­ses Ge­richt ei­ne Voll­streck­bar­keits­be­schei­ni­gung aus.

Art. 387 Wirkungen des Schiedsspruches

Mit der Er­öff­nung hat der Schiedss­pruch die Wir­kung ei­nes rechts­kräf­ti­gen und voll­streck­ba­ren ge­richt­li­chen Ent­scheids.

Art. 388 Berichtigung, Erläuterung und Ergänzung des Schiedsspruchs

1 Je­de Par­tei kann beim Schieds­ge­richt be­an­tra­gen, dass die­ses:

a.
Re­dak­ti­ons- und Rech­nungs­feh­ler im Schiedss­pruch be­rich­tigt;
b.
be­stimm­te Tei­le des Schiedss­pruchs er­läu­tert;
c.
einen er­gän­zen­den Schiedss­pruch über An­sprü­che fällt, die im Schieds­ver­fah­ren zwar gel­tend ge­macht, im Schiedss­pruch aber nicht be­han­delt wor­den sind.

2 Der An­trag ist in­nert 30 Ta­gen seit Ent­de­cken des Feh­lers oder der er­läu­te­rungs- und er­gän­zungs­be­dürf­ti­gen Tei­le des Schiedss­pru­ches zu stel­len, spä­tes­tens aber in­nert ei­nes Jah­res seit Zu­stel­lung des Schiedss­pru­ches.

3 Der An­trag hemmt die Rechts­mit­tel­fris­ten nicht. Be­züg­lich des be­rich­tig­ten, er­läu­ter­ten oder er­gänz­ten Teils des Schiedss­pruchs läuft die Rechts­mit­tel­frist von Neu­em.191

191 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

7. Titel: Rechtsmittel

1. Kapitel: Beschwerde

Art. 389 Beschwerde an das Bundesgericht

1 Der Schiedss­pruch un­ter­liegt der Be­schwer­de an das Bun­des­ge­richt.

2 Für das Ver­fah­ren gel­ten die Be­stim­mun­gen des Bun­des­ge­richts­ge­set­zes vom 17. Ju­ni 2005192, so­weit die­ses Ka­pi­tel nichts an­de­res be­stimmt.

Art. 390 Beschwerde an das kantonale Gericht

1 Die Par­tei­en kön­nen durch ei­ne aus­drück­li­che Er­klä­rung in der Schieds­ver­ein­ba­rung oder in ei­ner spä­te­ren Über­ein­kunft ver­ein­ba­ren, dass der Schiedss­pruch mit Be­schwer­de beim nach Ar­ti­kel 356 Ab­satz 1 zu­stän­di­gen kan­to­na­len Ge­richt an­ge­foch­ten wer­den kann.

2 Für das Ver­fah­ren gel­ten die Ar­ti­kel 319–327, so­weit die­ses Ka­pi­tel nichts an­de­res be­stimmt. Das kan­to­na­le Ge­richt ent­schei­det end­gül­tig.

Art. 391 Subsidiarität

Die Be­schwer­de ist erst nach Aus­schöp­fung der in der Schieds­ver­ein­ba­rung vor­ge­se­he­nen schieds­ge­richt­li­chen Rechts­mit­tel zu­läs­sig.

Art. 392 Anfechtbare Schiedssprüche

An­fecht­bar ist:

a.
je­der Teil- oder End­schiedss­pruch;
b.
ein Zwi­schen­schiedss­pruch aus den in Ar­ti­kel 393 Buch­sta­ben a und b ge­nann­ten Grün­den.

Art. 393 Beschwerdegründe

Ein Schiedss­pruch kann nur an­ge­foch­ten wer­den, wenn:

a.
die Ein­zel­schieds­rich­te­rin oder der Ein­zel­schieds­rich­ter vor­schrifts­wid­rig er­nannt oder das Schieds­ge­richt vor­schrifts­wid­rig zu­sam­men­ge­setzt wor­den ist;
b.
sich das Schieds­ge­richt zu Un­recht für zu­stän­dig oder für un­zu­stän­dig er­klärt hat;
c.
das Schieds­ge­richt über Streit­punk­te ent­schie­den hat, die ihm nicht un­ter­brei­tet wur­den, oder wenn es Rechts­be­geh­ren un­be­ur­teilt ge­las­sen hat;
d.
der Grund­satz der Gleich­be­hand­lung der Par­tei­en oder der Grund­satz des recht­li­chen Ge­hörs ver­letzt wur­de;
e.
er im Er­geb­nis will­kür­lich ist, weil er auf of­fen­sicht­lich ak­ten­wid­ri­gen tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen oder auf ei­ner of­fen­sicht­li­chen Ver­let­zung des Rechts oder der Bil­lig­keit be­ruht;
f.
die vom Schieds­ge­richt fest­ge­setz­ten Ent­schä­di­gun­gen und Aus­la­gen der Mit­glie­der des Schieds­ge­richts of­fen­sicht­lich zu hoch sind.

Art. 394 Rückweisung zur Berichtigung oder Ergänzung

Die Rechts­mit­tel­in­stanz kann den Schiedss­pruch nach An­hö­rung der Par­tei­en an das Schieds­ge­richt zu­rück­wei­sen und ihm ei­ne Frist zur Be­rich­ti­gung oder Er­gän­zung set­zen.

Art. 395 Entscheid

1 Wird der Schiedss­pruch nicht an das Schieds­ge­richt zu­rück­ge­wie­sen oder von die­sem nicht frist­ge­recht be­rich­tigt oder er­gänzt, so ent­schei­det die Rechts­mit­tel­in­stanz über die Be­schwer­de und hebt bei de­ren Gut­heis­sung den Schiedss­pruch auf.

2 Wird der Schiedss­pruch auf­ge­ho­ben, so ent­schei­det das Schieds­ge­richt nach Mass­ga­be der Er­wä­gun­gen im Rück­wei­sungs­ent­scheid neu. Ist es nicht mehr vollständig, so ist Artikel 371 anwendbar.193

3 Die Auf­he­bung kann auf ein­zel­ne Tei­le des Schiedss­pru­ches be­schränkt wer­den, so­fern die an­dern nicht da­von ab­hän­gen.

4 Wird der Schiedss­pruch we­gen of­fen­sicht­lich zu ho­her Ent­schä­di­gun­gen und Aus­la­gen an­ge­foch­ten, so kann die Rechts­mit­tel­in­stanz über die­se sel­ber ent­schei­den.

193 Zwei­ter Satz ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

2. Kapitel: Revision

Art. 396 Revisionsgründe

1 Ei­ne Par­tei kann beim nach Ar­ti­kel 356 Ab­satz 1 zu­stän­di­gen staat­li­chen Ge­richt die Re­vi­si­on ei­nes Schiedss­pruchs ver­lan­gen, wenn:

a.
sie nach­träg­lich er­heb­li­che Tat­sa­chen er­fährt oder ent­schei­den­de Be­weis­mit­tel fin­det, die sie im frü­he­ren Ver­fah­ren nicht bei­brin­gen konn­te; aus­ge­schlos­sen sind Tat­sa­chen und Be­weis­mit­tel, die erst nach dem Schiedss­pruch ent­stan­den sind;
b.
wenn ein Straf­ver­fah­ren er­ge­ben hat, dass durch ein Ver­bre­chen oder ein Ver­ge­hen zum Nach­teil der be­tref­fen­den Par­tei auf den Schiedss­pruch ein­ge­wirkt wur­de; ei­ne Ver­ur­tei­lung durch das Straf­ge­richt ist nicht er­for­der­lich; ist das Straf­ver­fah­ren nicht durch­führ­bar, so kann der Be­weis auf an­de­re Wei­se er­bracht wer­den;
c.
gel­tend ge­macht wird, dass die Kla­gean­er­ken­nung, der Kla­ge­rück­zug oder der schieds­ge­richt­li­che Ver­gleich un­wirk­sam ist;
d.194
ein Ab­leh­nungs­grund ge­mä­ss Ar­ti­kel 367 Ab­satz 1 Buch­sta­be c trotz ge­hö­ri­ger Auf­merk­sam­keit erst nach Ab­schluss des Schieds­ver­fah­rens ent­deckt wur­de und kein an­de­res Rechts­mit­tel zur Ver­fü­gung steht.

2 Die Re­vi­si­on we­gen Ver­let­zung der EMRK195 kann ver­langt wer­den, wenn:

a.196
der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te in ei­nem end­gül­ti­gen Ur­teil (Art. 44 EMRK) fest­ge­stellt hat, dass die EMRK oder die Pro­to­kol­le da­zu ver­letzt wor­den sind, oder den Fall durch ei­ne güt­li­che Ei­ni­gung (Art. 39 EMRK) ab­ge­schlos­sen hat;
b.
ei­ne Ent­schä­di­gung nicht ge­eig­net ist, die Fol­gen der Ver­let­zung aus­zu­glei­chen; und
c.
die Re­vi­si­on not­wen­dig ist, um die Ver­let­zung zu be­sei­ti­gen.

194 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 4179; BBl 2018 7163).

195 SR 0.101

196 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 1. Okt. 2021, in Kraft seit 1. Ju­li 2022 (AS 2022 289; BBl 2021300, 889).

Art. 397 Fristen

1 Das Re­vi­si­ons­ge­such ist in­nert 90 Ta­gen seit Ent­de­ckung des Re­vi­si­ons­grun­des ein­zu­rei­chen.

2 Nach Ab­lauf von zehn Jah­ren seit Ein­tritt der Rechts­kraft des Schiedss­pru­ches kann die Re­vi­si­on nicht mehr ver­langt wer­den, aus­ser im Fall von Ar­ti­kel 396 Ab­satz 1 Buch­sta­be b.

Art. 398 Verfahren

Für das Ver­fah­ren gel­ten die Ar­ti­kel 330 und 331.

Art. 399 Rückweisung an das Schiedsgericht

1 Heisst das Ge­richt das Re­vi­si­ons­ge­such gut, so hebt es den Schiedss­pruch auf und weist die Sa­che zur Neu­be­ur­tei­lung an das Schieds­ge­richt zu­rück.

2 Ist das Schieds­ge­richt nicht mehr voll­stän­dig, so ist Ar­ti­kel 371 an­wend­bar.

4. Teil: Schlussbestimmungen

1. Titel: Vollzug

Art. 400 Grundsätze

1 Der Bun­des­rat er­lässt die Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen.

2 Er stellt für Ge­richts­ur­kun­den und Par­tei­ein­ga­ben For­mu­la­re zur Ver­fü­gung. Die For­mu­la­re für die Par­tei­ein­ga­ben sind so zu ge­stal­ten, dass sie auch von ei­ner rechts­un­kun­di­gen Par­tei aus­ge­füllt wer­den kön­nen.

3 Er kann den Er­lass ad­mi­nis­tra­ti­ver und tech­ni­scher Vor­schrif­ten dem Bun­des­amt für Jus­tiz über­tra­gen.

Art. 401 Pilotprojekte

1 Die Kan­to­ne kön­nen mit Ge­neh­mi­gung des Bun­des­ra­tes Pi­lot­pro­jek­te durch­füh­ren.

2 Der Bun­des­rat kann die Zu­stän­dig­keit für die Ge­neh­mi­gung dem Bun­des­amt für Jus­tiz über­tra­gen.

2. Titel: Anpassung von Gesetzen

Art. 402 Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts

Die Auf­he­bung und die Än­de­rung bis­he­ri­gen Rechts wer­den in An­hang 1 ge­re­gelt.

Art. 403 Koordinationsbestimmungen

Die Ko­or­di­na­ti­on von Be­stim­mun­gen an­de­rer Er­las­se mit die­sem Ge­setz wird in An­hang 2 ge­re­gelt.

3. Titel: Übergangsbestimmungen

1. Kapitel: Übergangsbestimmungen vom 19. Dezember 2008 197

197 Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 28. Sept. 2012 (Protokollierungsvorschriften), in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 851; BBl 2012 57075719).

Art. 404 Weitergelten des bisherigen Rechts

1 Für Ver­fah­ren, die bei In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes rechts­hän­gig sind, gilt das bis­he­ri­ge Ver­fah­rens­recht bis zum Ab­schluss vor der be­trof­fe­nen In­stanz.

2 Die ört­li­che Zu­stän­dig­keit be­stimmt sich nach dem neu­en Recht. Ei­ne be­ste­hen­de Zu­stän­dig­keit nach dem al­ten Recht bleibt er­hal­ten.

Art. 405 Rechtsmittel

1 Für die Rechts­mit­tel gilt das Recht, das bei der Er­öff­nung des Ent­schei­des in Kraft ist.

2 Für die Re­vi­si­on von Ent­schei­den, die un­ter dem bis­he­ri­gen Recht er­öff­net wor­den sind, gilt das neue Recht.

Art. 406 Gerichtsstandsvereinbarung

Die Gül­tig­keit ei­ner Ge­richts­stands­ver­ein­ba­rung be­stimmt sich nach dem Recht, das zur Zeit ih­res Ab­schlus­ses ge­gol­ten hat.

Art. 407 Schiedsgerichtsbarkeit

1 Die Gül­tig­keit von Schieds­ver­ein­ba­run­gen, die vor In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes ge­schlos­sen wur­den, be­ur­teilt sich nach dem für sie güns­ti­ge­ren Recht.

2 Für Schieds­ver­fah­ren, die bei In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes rechts­hän­gig sind, gilt das bis­he­ri­ge Recht. Die Par­tei­en kön­nen je­doch die An­wen­dung des neu­en Rechts ver­ein­ba­ren.

3 Für die Rechts­mit­tel gilt das Recht, das bei der Er­öff­nung des Schiedss­pru­ches in Kraft ist.

4 Für Ver­fah­ren vor den nach Ar­ti­kel 356 zu­stän­di­gen staat­li­chen Ge­rich­ten, die bei In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes rechts­hän­gig sind, gilt das bis­he­ri­ge Recht.

2. Kapitel: Übergangsbestimmung zur Änderung vom 28. September 2012198

198 Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 28. Sept. 2012 (Protokollierungsvorschriften), in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 851; BBl 2012 57075719).

Art. 407a

In Ver­fah­ren, die bei In­kraft­tre­ten der Än­de­rung vom 28. Sep­tem­ber 2012 die­ses Ge­set­zes rechts­hän­gig sind, gilt für Ver­fah­rens­hand­lun­gen ab dem Zeit­punkt des In­kraft­tre­tens das neue Recht.

3. Kapitel: Übergangsbestimmung zur Änderung vom 20. März 2015199

199 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).

Art. 407b

1 Für Ver­fah­ren, die bei In­kraft­tre­ten der Än­de­rung vom 20. März 2015 rechts­hän­gig sind, gilt das neue Recht.

2 Neue Rechts­be­geh­ren, die durch den Wech­sel des an­wend­ba­ren Rechts ver­an­lasst wer­den, sind zu­läs­sig; nicht an­ge­foch­te­ne Tei­le ei­nes Ent­scheids blei­ben ver­bind­lich, so­fern sie sach­lich nicht der­art eng mit noch zu be­ur­tei­len­den Rechts­be­geh­ren zu­sam­men­hän­gen, dass sinn­vol­ler­wei­se ei­ne Ge­samt­be­ur­tei­lung statt­fin­den muss.

4. Kapitel: Übergangsbestimmung zur Änderung vom 19. Juni 2015200

200 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

Art. 407c

1 In Schei­dungs­ver­fah­ren, die beim In­kraft­tre­ten der Än­de­rung vom 19. Ju­ni 2015 rechts­hän­gig sind, gilt das neue Recht.

2 Neue Rechts­be­geh­ren, die durch den Wan­del des an­wend­ba­ren Rechts ver­an­lasst wer­den, sind zu­läs­sig; nicht an­ge­foch­te­ne Tei­le des Ur­teils blei­ben ver­bind­lich, so­fern sie sach­lich nicht der­art eng mit noch zu be­ur­tei­len­den Rechts­be­geh­ren zu­sam­men­hän­gen, dass sinn­vol­ler­wei­se ei­ne Ge­samt­be­ur­tei­lung statt­fin­den muss.

5. Kapitel: Übergangsbestimmung zur Änderung vom 14. Dezember 2018201

201 Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen, in Kraft seit 1. Juli 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).

Art. 407d

Für Ver­fah­ren, die bei In­kraft­tre­ten der Än­de­rung vom 14. De­zem­ber 2018 rechts­hän­gig sind, gilt das neue Recht.

6. Kapitel: Übergangsbestimmung zur Änderung vom 25. September 2020202

202 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. II 24 des Datenschutzgesetzes vom 25. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Sept. 2023 (AS 2022 491; BBl 2017 6941).

Art. 407e

Für Ver­fah­ren, die bei In­kraft­tre­ten der Än­de­rung vom 25. Sep­tem­ber 2020 hän­gig sind, gilt das neue Recht.

4. Titel: Referendum und Inkrafttreten

Art. 408

1 Die­ses Ge­setz un­ter­steht dem fa­kul­ta­ti­ven Re­fe­ren­dum.

2 Der Bun­des­rat be­stimmt das In­kraft­tre­ten.

Da­tum des In­kraft­tre­ten: 1. Ja­nu­ar 2011203

203 BRB vom 31. März 2010

Anhang 1

Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts

I. Aufhebung bisherigen Rechts

II. Änderung bisherigen Rechts

Anhang 2

Koordinationsbestimmungen

1. Koordination der Zivilprozessordnung mit dem neuen Kernenergiehaftpflichtgesetz

2. Koordination von Ziffer 19 des Anhangs 1 mit dem neuen KHG

3. Koordination mit der Änderung vom 19. Dezember 2008 des ZGB (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht)