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Bundesgesetz
über das Jugendstrafrecht
(Jugendstrafgesetz, JStG)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 123 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 21. September 19982,

beschliesst:

1 SR 101

2 BBl 19991979

1. Kapitel: Grundsätze und Geltungsbereich

Art. 1 Gegenstand und Verhältnis zum Strafgesetzbuch

1 Die­ses Ge­setz:

a.
re­gelt die Sank­tio­nen, wel­che ge­gen­über Per­so­nen zur An­wen­dung kom­men, die vor Vollen­dung des 18. Al­ters­jah­res ei­ne nach dem Straf­ge­setz­buch (StGB)3 oder ei­nem an­dern Bun­des­ge­setz mit Stra­fe be­droh­te Tat be­gan­gen ha­ben;
b.4

2 Er­gän­zend zu die­sem Ge­setz sind die fol­gen­den Be­stim­mun­gen des StGB sinn­ge­mä­ss an­wend­bar:

a.
die Ar­ti­kel 1–33 (Gel­tungs­be­reich und Straf­bar­keit), mit Aus­nah­me von Ar­ti­kel 20 (zwei­fel­haf­te Schuld­fä­hig­keit);
b.
die Ar­ti­kel 47, 48 und 51 (Straf­zu­mes­sung);
c.
Ar­ti­kel 56 Ab­sät­ze 2, 5 und 6 so­wie Ar­ti­kel 56a (Grund­sät­ze bei Mass­nah­men);
d.
die Ar­ti­kel 69–73 (Ein­zie­hung und Ver­wen­dung zu Guns­ten des Ge­schä­dig­ten);
e.
Ar­ti­kel 74 (Voll­zugs­grund­sät­ze);
f.
Ar­ti­kel 83 (Ar­beits­ent­gelt);
g.
Ar­ti­kel 84 (Be­zie­hun­gen zur Aus­sen­welt);
h.
Ar­ti­kel 85 (Kon­trol­len und Un­ter­su­chun­gen);
i.
Ar­ti­kel 92 (Un­ter­bre­chung des Voll­zu­ges);
ibis.5
Ar­ti­kel 92a (In­for­ma­ti­ons­recht);
j.6
die Ar­ti­kel 98, 99 Ab­satz 2, 100 so­wie 101 Ab­sät­ze 1 Buch­sta­ben a–d, 2 und 3 (Ver­jäh­rung);
k.7
die Ar­ti­kel 103, 104 und 105 Ab­satz 2 (Über­tre­tun­gen);
l.
Ar­ti­kel 110 (Be­grif­fe);
m.
die Ar­ti­kel 111–332 (Zwei­tes Buch: Be­son­de­re Be­stim­mun­gen);
n.8
die Ar­ti­kel 333–392 (Drit­tes Buch: Ein­füh­rung und An­wen­dung des Ge­set­zes), mit Aus­nah­me der Ar­ti­kel 380 (Kos­ten­tra­gung), 387 Ab­satz 1 Buch­sta­be d und 2 (Er­gän­zen­de Be­stim­mun­gen des Bun­des­ra­tes) und 388 Ab­satz 3 (Voll­zug frü­he­rer Ur­tei­le);
o.9

3 Bei der An­wen­dung die­ser Be­stim­mun­gen des StGB müs­sen die Grund­sät­ze nach Ar­ti­kel 2 be­ach­tet so­wie Al­ter und Ent­wick­lungs­stand des Ju­gend­li­chen zu sei­nen Guns­ten be­rück­sich­tigt wer­den.

3 SR 311.0

4 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 1 der Ju­gend­straf­pro­zess­ord­nung vom 20. März 2009, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1573; BBl 2006 1085, 20083121).

5 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 2 des BG vom 26. Sept. 2014 über das In­for­ma­ti­ons­recht des Op­fers, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 1623; BBl 2014 889913).

6 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 2 des BG vom 15. Ju­ni 2012 (Un­ver­jähr­bar­keit se­xu­el­ler und por­no­gra­fi­scher Straf­ta­ten an Kin­dern vor der Pu­ber­tät), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 5951; BBl 2011 5977).

7 AS 2009 6103

8 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 der Ju­gend­straf­pro­zess­ord­nung vom 20. März 2009, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1573; BBl 2006 1085, 20083121).

9 Auf­ge­ho­ben durch An­hang 1 Ziff. 4 des Straf­re­gis­ter­ge­set­zes vom 17. Ju­ni 2016, mit Wir­kung seit 23. Jan. 2023 (AS 2022 600; BBl 2014 5713).

Art. 2 Grundsätze

1 Weg­lei­tend für die An­wen­dung die­ses Ge­set­zes sind der Schutz und die Er­zie­hung des Ju­gend­li­chen.

2 Den Le­bens- und Fa­mi­li­en­ver­hält­nis­sen des Ju­gend­li­chen so­wie der Ent­wick­lung sei­ner Per­sön­lich­keit ist be­son­de­re Be­ach­tung zu schen­ken.

Art. 3 Persönlicher Geltungsbereich

1 Die­ses Ge­setz gilt für Per­so­nen, die zwi­schen dem vollen­de­ten 10. und dem vollen­de­ten 18. Al­ters­jahr ei­ne mit Stra­fe be­droh­te Tat be­gan­gen ha­ben.

2 Sind gleich­zei­tig ei­ne vor und ei­ne nach Vollen­dung des 18. Al­ters­jah­res be­gan­ge­ne Tat zu be­ur­tei­len, so ist hin­sicht­lich der Stra­fen nur das StGB10 an­wend­bar. Dies gilt auch für die Zu­satz­stra­fe (Art. 49 Abs. 2 StGB), die für ei­ne Tat aus­zu­spre­chen ist, wel­che vor Vollen­dung des 18. Al­ters­jah­res be­gan­gen wur­de. Be­darf der Tä­ter ei­ner Mass­nah­me, so ist die­je­ni­ge Mass­nah­me nach dem StGB oder nach die­sem Ge­setz an­zu­ord­nen, die nach den Um­stän­den er­for­der­lich ist. Wur­de ein Ver­fah­ren ge­gen Ju­gend­li­che ein­ge­lei­tet, be­vor die nach Vollen­dung des 18. Al­ters­jah­res be­gan­ge­ne Tat be­kannt wur­de, so bleibt die­ses Ver­fah­ren an­wend­bar. An­dern­falls ist das Ver­fah­ren ge­gen Er­wach­se­ne an­wend­bar.

Art. 4 Taten vor dem 10. Altersjahr

Stellt die zu­stän­di­ge Be­hör­de im Lau­fe ei­nes Ver­fah­rens fest, dass ei­ne Tat von ei­nem Kind un­ter zehn Jah­ren be­gan­gen wor­den ist, so be­nach­rich­tigt sie die ge­setz­li­chen Ver­tre­ter des Kin­des. Lie­gen An­zei­chen da­für vor, dass das Kind be­son­de­re Hil­fe be­nö­tigt, so ist auch die Vor­mund­schafts­be­hör­de11 oder die durch das kan­to­na­le Recht be­zeich­ne­te Fach­stel­le für Ju­gend­hil­fe zu be­nach­rich­ti­gen.

11 Seit In­kraft­tre­ten des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht; AS 2011 725) am 1. Jan. 2013: Kin­des­schutz­be­hör­de.

2. Kapitel: Untersuchung

Art. 5 Vorsorgliche Anordnung von Schutzmassnahmen

Wäh­rend der Un­ter­su­chung kann die zu­stän­di­ge Be­hör­de vor­sorg­lich die Schutz­mass­nah­men nach den Ar­ti­keln 12–15 an­ord­nen.

Art. 6812

12 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 1 der Ju­gend­straf­pro­zess­ord­nung vom 20. März 2009, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1573; BBl 2006 1085, 20083121).

Art. 9 Abklärung der persönlichen Verhältnisse, Beobachtung und Begutachtung


1 So­weit dies für den Ent­scheid über die An­ord­nung ei­ner Schutz­mass­nah­me oder Stra­fe er­for­der­lich ist, klärt die zu­stän­di­ge Be­hör­de die per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se des Ju­gend­li­chen ab, na­ment­lich in Be­zug auf Fa­mi­lie, Er­zie­hung, Schu­le und Be­ruf. Zu die­sem Zweck kann sie auch ei­ne am­bu­lan­te oder sta­tio­näre Be­ob­ach­tung an­ord­nen.

2 Mit der Ab­klä­rung kann ei­ne Per­son oder Stel­le be­auf­tragt wer­den, die ei­ne fach­ge­rech­te Durch­füh­rung ge­währ­leis­tet.

3 Be­steht ernst­haf­ter An­lass, an der phy­si­schen oder psy­chi­schen Ge­sund­heit des Ju­gend­li­chen zu zwei­feln, oder er­scheint die Un­ter­brin­gung zur Be­hand­lung ei­ner psy­chi­schen Stö­rung in ei­ner of­fe­nen Ein­rich­tung oder die Un­ter­brin­gung in ei­ner ge­schlos­se­nen Ein­rich­tung an­ge­zeigt, so ord­net die zu­stän­di­ge Be­hör­de ei­ne me­di­zi­ni­sche oder psy­cho­lo­gi­sche Be­gut­ach­tung an.

3. Kapitel: Schutzmassnahmen und Strafen

1. Abschnitt: Allgemeine Voraussetzungen

Art. 10 Anordnung der Schutzmassnahmen

1 Hat der Ju­gend­li­che ei­ne mit Stra­fe be­droh­te Tat be­gan­gen und er­gibt die Ab­klä­rung, dass er ei­ner be­son­de­ren er­zie­he­ri­schen Be­treu­ung oder the­ra­peu­ti­schen Be­hand­lung be­darf, so ord­net die ur­tei­len­de Be­hör­de die nach den Um­stän­den er­for­der­li­chen Schutz­mass­nah­men an, un­ab­hän­gig da­von, ob er schuld­haft ge­han­delt hat.

2 Hat der Ju­gend­li­che kei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt in der Schweiz, so kann die ur­tei­len­de Be­hör­de von der An­ord­nung ei­ner Schutz­mass­nah­me ab­se­hen.

Art. 11 Anordnung der Strafen

1 Hat der Ju­gend­li­che schuld­haft ge­han­delt, so ver­hängt die ur­tei­len­de Be­hör­de zu­sätz­lich zu ei­ner Schutz­mass­nah­me oder als ein­zi­ge Rechts­fol­ge ei­ne Stra­fe. Ar­ti­kel 21 über die Straf­be­frei­ung bleibt vor­be­hal­ten.

2 Schuld­haft han­deln kann nur der Ju­gend­li­che, der fä­hig ist, das Un­recht sei­ner Tat ein­zu­se­hen und nach die­ser Ein­sicht zu han­deln.

2. Abschnitt: Schutzmassnahmen

Art. 12 Aufsicht

1 Be­steht Aus­sicht dar­auf, dass die In­ha­ber der el­ter­li­chen Sor­ge oder die Pfle­ge­el­tern die er­for­der­li­chen Vor­keh­run­gen tref­fen, um ei­ne ge­eig­ne­te er­zie­he­ri­sche Be­treu­ung oder the­ra­peu­ti­sche Be­hand­lung des Ju­gend­li­chen si­cher­zu­stel­len, so be­stimmt die ur­tei­len­de Be­hör­de ei­ne ge­eig­ne­te Per­son oder Stel­le, der Ein­blick und Aus­kunft zu ge­ben ist. Die ur­tei­len­de Be­hör­de kann den El­tern Wei­sun­gen er­tei­len.

2 Ist der Ju­gend­li­che be­vor­mun­det, so darf kei­ne Auf­sicht an­ge­ord­net wer­den.

3 Die Auf­sicht kann nach Er­rei­chen des Mün­dig­keits­al­ters13 nur mit Ein­ver­ständ­nis des Be­trof­fe­nen an­ge­ord­net wer­den.

13 Seit In­kraft­tre­ten des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht; AS 2011 725) am 1. Jan. 2013: des Voll­jäh­rig­keits­al­ters.

Art. 13 Persönliche Betreuung

1 Ge­nügt ei­ne Auf­sicht nach Ar­ti­kel 12 nicht, so be­stimmt die ur­tei­len­de Be­hör­de ei­ne ge­eig­ne­te Per­son, wel­che die El­tern in ih­rer Er­zie­hungs­auf­ga­be un­ter­stützt und den Ju­gend­li­chen per­sön­lich be­treut.

2 Die ur­tei­len­de Be­hör­de kann der mit der Be­treu­ung be­trau­ten Per­son be­stimm­te Be­fug­nis­se be­züg­lich der Er­zie­hung, Be­hand­lung und Aus­bil­dung des Ju­gend­li­chen über­tra­gen und die el­ter­li­che Sor­ge ent­spre­chend be­schrän­ken. Sie kann sie in Ab­wei­chung von Ar­ti­kel 323 Ab­satz 1 des Zi­vil­ge­setz­bu­ches (ZGB)14 auch mit der Ver­wal­tung des Er­w­erb­sein­kom­mens des Ju­gend­li­chen be­auf­tra­gen.

3 Ist der Ju­gend­li­che be­vor­mun­det, so darf kei­ne per­sön­li­che Be­treu­ung an­ge­ord­net wer­den.

4 Die per­sön­li­che Be­treu­ung kann nach Er­rei­chen des Mün­dig­keits­al­ters15 nur mit Ein­ver­ständ­nis des Be­trof­fe­nen an­ge­ord­net wer­den.

14 SR 210

15 Seit In­kraft­tre­ten des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht; AS 2011 725) am 1. Jan. 2013: des Voll­jäh­rig­keits­al­ters.

Art. 14 Ambulante Behandlung

1 Lei­det der Ju­gend­li­che un­ter psy­chi­schen Stö­run­gen, ist er in sei­ner Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung be­ein­träch­tigt oder ist er von Sucht­stof­fen oder in an­de­rer Wei­se ab­hän­gig, so kann die ur­tei­len­de Be­hör­de an­ord­nen, dass er am­bu­lant be­han­delt wird.

2 Die am­bu­lan­te Be­hand­lung kann mit der Auf­sicht (Art. 12) oder der per­sön­li­chen Be­treu­ung (Art. 13) oder der Un­ter­brin­gung in ei­ner Er­zie­hungs­ein­rich­tung (Art. 15 Abs. 1) ver­bun­den wer­den.

Art. 15 Unterbringung
a. Inhalt und Voraussetzungen


1 Kann die not­wen­di­ge Er­zie­hung und Be­hand­lung des Ju­gend­li­chen nicht an­ders si­cher­ge­stellt wer­den, so ord­net die ur­tei­len­de Be­hör­de die Un­ter­brin­gung an. Die­se er­folgt na­ment­lich bei Pri­vat­per­so­nen oder in Er­zie­hungs- oder Be­hand­lungs­ein­rich­tun­gen, die in der La­ge sind, die er­for­der­li­che er­zie­he­ri­sche oder the­ra­peu­ti­sche Hil­fe zu leis­ten.

2 Die ur­tei­len­de Be­hör­de darf die Un­ter­brin­gung in ei­ner ge­schlos­se­nen Ein­rich­tung nur an­ord­nen, wenn sie:

a.
für den per­sön­li­chen Schutz oder für die Be­hand­lung der psy­chi­schen Stö­rung des Ju­gend­li­chen un­um­gäng­lich ist; oder
b.
für den Schutz Drit­ter vor schwer wie­gen­der Ge­fähr­dung durch den Ju­gend­li­chen not­wen­dig ist.

3 Vor der Un­ter­brin­gung zur Be­hand­lung ei­ner psy­chi­schen Stö­rung in ei­ner of­fe­nen Ein­rich­tung oder vor der Un­ter­brin­gung in ei­ner ge­schlos­se­nen Ein­rich­tung ord­net die ur­tei­len­de Be­hör­de ei­ne me­di­zi­ni­sche oder psy­cho­lo­gi­sche Be­gut­ach­tung an, falls die­se nicht be­reits auf Grund von Ar­ti­kel 9 Ab­satz 3 er­stellt wur­de.

4 Ist der Ju­gend­li­che be­vor­mun­det, so teilt die ur­tei­len­de Be­hör­de der Vor­mund­schafts­be­hör­de16 die An­ord­nung der Un­ter­brin­gung mit.

16 Seit In­kraft­tre­ten des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht; AS 2011 725) am 1. Jan. 2013: Kin­des­schutz­be­hör­de.

Art. 16 b. Vollzug

1 Die Voll­zugs­be­hör­de re­gelt für die Dau­er der Un­ter­brin­gung die Aus­übung des Rechts der El­tern oder Drit­ter auf per­sön­li­chen Ver­kehr mit dem Ju­gend­li­chen nach den Ar­ti­keln 273 ff. ZGB17.

2 Im Voll­zug ei­ner dis­zi­pli­na­ri­schen Mass­nah­me darf der Ju­gend­li­che aus­nahms­wei­se und nicht län­ger als sie­ben Ta­ge un­un­ter­bro­chen von den an­dern Ju­gend­li­chen ge­trennt wer­den.

3 Hat der Ju­gend­li­che das 17. Al­ters­jahr vollen­det, so kann die Mass­nah­me in ei­ner Ein­rich­tung für jun­ge Er­wach­se­ne (Art. 61 StGB18) voll­zo­gen oder wei­ter­ge­führt wer­den.

4 Für den Voll­zug von Mass­nah­men kön­nen pri­va­te Ein­rich­tun­gen bei­ge­zo­gen wer­den.19

17 SR 210

18 SR 311.0

19 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 1 der Ju­gend­straf­pro­zess­ord­nung vom 20. März 2009, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1573; BBl 2006 1085, 20083121).

Art. 16a Tätigkeitsverbot, Kontakt- und Rayonverbot 20

1 Die ur­tei­len­de Be­hör­de kann dem Ju­gend­li­chen ver­bie­ten, be­stimm­te be­ruf­li­che Tä­tig­kei­ten oder be­stimm­te or­ga­ni­sier­te aus­ser­be­ruf­li­che Tä­tig­kei­ten aus­zuü­ben, wenn die Ge­fahr be­steht, dass er die­se zur Be­ge­hung von Se­xual­straf­ta­ten an Min­der­jäh­ri­gen oder an­de­ren be­son­ders schutz­be­dürf­ti­gen Per­so­nen miss­braucht.

2 Be­steht die Ge­fahr, dass der Ju­gend­li­che bei ei­nem Kon­takt zu be­stimm­ten Per­so­nen oder zu Per­so­nen ei­ner be­stimm­ten Grup­pe Straf­ta­ten be­ge­hen wird, so kann die ur­tei­len­de Be­hör­de dem Ju­gend­li­chen ver­bie­ten, mit die­sen Per­so­nen Kon­takt auf­zu­neh­men oder sich an be­stimm­ten Or­ten auf­zu­hal­ten.

3 Die Voll­zugs­be­hör­de be­stimmt ei­ne ge­eig­ne­te Per­son, die den Ju­gend­li­chen wäh­rend der Dau­er ei­nes Ver­bots be­glei­tet und ihr Be­richt er­stat­tet.

4 Für den Voll­zug des Ver­bots nach Ab­satz 2 kann die Voll­zugs­be­hör­de tech­ni­sche Ge­rä­te ein­set­zen, die mit dem Ju­gend­li­chen fest ver­bun­den sind. Die­se kön­nen ins­be­son­de­re der Fest­stel­lung des Stand­orts des Ju­gend­li­chen die­nen.

20 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 3 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).

Art. 17 Gemeinsame Bestimmungen zum Vollzug der Massnahmen

1 Die Voll­zugs­be­hör­de be­stimmt, wer mit dem Voll­zug der am­bu­lan­ten Be­hand­lung und der Un­ter­brin­gung be­traut wird.

2 Sie über­wacht die Durch­füh­rung al­ler Mass­nah­men. Sie er­lässt die nö­ti­gen Wei­sun­gen und legt fest, wie häu­fig ihr Be­richt zu er­stat­ten ist.

3 Beim Voll­zug der Mass­nah­men ist da­für zu sor­gen, dass der Ju­gend­li­che an­ge­mes­sen un­ter­rich­tet und aus­ge­bil­det wird.

Art. 18 Änderung der Massnahmen

1 Ha­ben sich die Ver­hält­nis­se ge­än­dert, so kann ei­ne Mass­nah­me durch ei­ne an­de­re er­setzt wer­den. Ist die neue Mass­nah­me här­ter, so ist für die Än­de­rung die ur­tei­len­de Be­hör­de zu­stän­dig.

2 Die Än­de­rung der Mass­nah­men kann vom Ju­gend­li­chen oder sei­nen ge­setz­li­chen Ver­tre­tern be­an­tragt wer­den.

Art. 19 Beendigung der Massnahmen

1 Die Voll­zugs­be­hör­de prüft jähr­lich, ob und wann die Mass­nah­me auf­ge­ho­ben wer­den kann. Sie hebt sie auf, wenn ihr Zweck er­reicht ist oder fest­steht, dass sie kei­ne er­zie­he­ri­schen oder the­ra­peu­ti­schen Wir­kun­gen mehr ent­fal­tet.

2 Al­le Mass­nah­men en­den mit Vollen­dung des 25. Al­ters­jah­res.21

3 Ist der Weg­fall ei­ner Schutz­mass­nah­me für den Be­trof­fe­nen sel­ber oder für die Si­cher­heit Drit­ter mit schwer wie­gen­den Nach­tei­len ver­bun­den und kann die­sen nicht auf an­de­re Wei­se be­geg­net wer­den, so be­an­tragt die Voll­zugs­be­hör­de recht­zei­tig die An­ord­nung ge­eig­ne­ter vor­mund­schaft­li­cher Mass­nah­men22.

4 Ist der Weg­fall ei­nes Ver­bots nach Ar­ti­kel 16a für die Si­cher­heit Drit­ter mit schwer­wie­gen­den Nach­tei­len ver­bun­den, so be­an­tragt die Voll­zugs­be­hör­de recht­zei­tig dem Ge­richt am Wohn­sitz des Ju­gend­li­chen zu prü­fen, ob die Vor­aus­set­zun­gen für ein Ver­bot nach Ar­ti­kel 67 oder 67b StGB23 ge­ge­ben sind. Sind die Vor­aus­set­zun­gen ge­ge­ben, so wird das Ver­bot nach Er­wach­se­nen­straf­recht an­ge­ord­net. Sind die Vor­aus­set­zun­gen für ein Ver­bot nach Ar­ti­kel 67 Ab­satz 3 oder 4 StGB ge­ge­ben, so legt das Ge­richt ei­ne Frist zwi­schen ei­nem Jahr und zehn Jah­ren fest.24

21 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Ju­li 2016 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

22 Seit In­kraft­tre­ten des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht; AS 2011 725) am 1. Jan. 2013: Kin­des­schutz­mass­nah­men.

23 SR 311.0

24 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 3 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 2012 8819).

Art. 20 Zusammenarbeit zwischen Behörden des Zivilrechts und des Jugendstrafrechts


1 Die Ju­gend­straf­be­hör­de kann:

a.
die An­ord­nung, Än­de­rung oder Auf­he­bung von Mass­nah­men, für die sie nicht zu­stän­dig ist, bei der Be­hör­de des Zi­vil­rechts be­an­tra­gen;
b.
Vor­schlä­ge für die Wahl ei­nes Vor­mun­des un­ter­brei­ten oder die Er­set­zung des ge­setz­li­chen Ver­tre­ters be­an­tra­gen.

2 Die Ju­gend­straf­be­hör­de kann die An­ord­nung von Schutz­mass­nah­men der Be­hör­de des Zi­vil­rechts über­tra­gen, wenn da­für wich­ti­ge Grün­de be­ste­hen, na­ment­lich wenn:

a.
auch für Ge­schwis­ter, die kei­ne Straf­tat be­gan­gen ha­ben, Mass­nah­men zu er­grei­fen sind;
b.
es not­wen­dig er­scheint, frü­her an­ge­ord­ne­te zi­vil­recht­li­che Mass­nah­men fort­zu­set­zen;
c.
ein Ver­fah­ren auf Ent­zie­hung der el­ter­li­chen Sor­ge ein­ge­lei­tet ist.

3 Ver­zich­tet die Be­hör­de des Zi­vil­rechts im In­ter­es­se ei­nes ein­heit­li­chen Vor­ge­hens dar­auf, sel­ber Mass­nah­men an­zu­ord­nen, so kann sie bei der Ju­gend­straf­be­hör­de den Er­lass, die Än­de­rung oder die Auf­he­bung von Schutz­mass­nah­men nach den Ar­ti­keln 10 und 12–19 be­an­tra­gen.

4 Die Be­hör­de des Zi­vil­rechts und die Ju­gend­straf­be­hör­de tei­len ein­an­der ih­re Ent­schei­de mit.

3. Abschnitt: Strafen

Art. 21 Strafbefreiung

1 Die ur­tei­len­de Be­hör­de sieht von ei­ner Be­stra­fung ab, wenn:

a.
die Be­stra­fung das Ziel ei­ner frü­her an­ge­ord­ne­ten oder im lau­fen­den Ver­fah­ren an­zu­ord­nen­den Schutz­mass­nah­me ge­fähr­den wür­de;
b.
die Schuld des Ju­gend­li­chen und die Tat­fol­gen ge­ring sind;
c.25
der Ju­gend­li­che den Scha­den so weit als mög­lich durch ei­ge­ne Leis­tung wie­der gut­ge­macht oder ei­ne be­son­de­re An­stren­gung un­ter­nom­men hat, um das von ihm be­gan­ge­ne Un­recht aus­zu­glei­chen, und wenn:
1.
als Stra­fe nur ein Ver­weis nach Ar­ti­kel 22 in Be­tracht kommt,
2.
die Straf­ver­fol­gung für die Öf­fent­lich­keit und den Ge­schä­dig­ten nur von ge­rin­gem In­ter­es­se ist, und
3.
der Ju­gend­li­che den Sach­ver­halt ein­ge­stan­den hat;
d.
der Ju­gend­li­che durch die un­mit­tel­ba­ren Fol­gen sei­ner Tat so schwer be­trof­fen ist, dass ei­ne Stra­fe un­an­ge­mes­sen wä­re;
e.
der Ju­gend­li­che we­gen sei­ner Tat von den El­tern, an­dern er­zie­hungs­be­rech­tig­ten Per­so­nen oder Drit­ten schon ge­nug be­straft wor­den ist; oder
f.
seit der Tat ver­hält­nis­mäs­sig lan­ge Zeit ver­stri­chen ist, der Ju­gend­li­che sich wohl­ver­hal­ten hat und das In­ter­es­se der Öf­fent­lich­keit und des Ge­schä­dig­ten an der Straf­ver­fol­gung ge­ring sind.

2 Von ei­ner Be­stra­fung kann fer­ner ab­ge­se­hen wer­den, wenn der aus­län­di­sche Staat, in dem der Ju­gend­li­che sei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat, we­gen der Tat des Ju­gend­li­chen be­reits ein Ver­fah­ren ein­ge­lei­tet oder sich be­reit er­klärt hat, ein sol­ches ein­zu­lei­ten.

326

25 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Än­de­rung der Wie­der­gut­ma­chungs­re­ge­lung, in Kraft seit 1. Ju­li 2019 (AS 2019 1809; BBl 2018 37574925).

26 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 1 der Ju­gend­straf­pro­zess­ord­nung vom 20. März 2009, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1573; BBl 2006 1085, 20083121).

Art. 22 Verweis

1 Die ur­tei­len­de Be­hör­de spricht den Ju­gend­li­chen schul­dig und er­teilt ihm einen Ver­weis, wenn dies vor­aus­sicht­lich ge­nügt, um den Ju­gend­li­chen von wei­te­ren Straf­ta­ten ab­zu­hal­ten. Der Ver­weis be­steht in ei­ner förm­li­chen Miss­bil­li­gung der Tat.

2 Die ur­tei­len­de Be­hör­de kann dem Ju­gend­li­chen zu­sätz­lich ei­ne Pro­be­zeit von sechs Mo­na­ten bis zu zwei Jah­ren und da­mit ver­bun­de­ne Wei­sun­gen auf­er­le­gen. Be­geht der Ju­gend­li­che wäh­rend der Pro­be­zeit schuld­haft ei­ne mit Stra­fe be­droh­te Tat oder miss­ach­tet er die Wei­sun­gen, so kann die ur­tei­len­de Be­hör­de ei­ne an­de­re Stra­fe als einen Ver­weis ver­hän­gen.

Art. 23 Persönliche Leistung

1 Der Ju­gend­li­che kann zu ei­ner per­sön­li­chen Leis­tung zu Guns­ten von so­zia­len Ein­rich­tun­gen, von Wer­ken im öf­fent­li­chen In­ter­es­se, von hilfs­be­dürf­ti­gen Per­so­nen oder des Ge­schä­dig­ten mit de­ren Zu­stim­mung ver­pflich­tet wer­den. Die Leis­tung hat dem Al­ter und den Fä­hig­kei­ten des Ju­gend­li­chen zu ent­spre­chen. Sie wird nicht ent­schä­digt.

2 Als per­sön­li­che Leis­tung kann auch die Teil­nah­me an Kur­sen oder ähn­li­chen Ver­an­stal­tun­gen an­ge­ord­net wer­den.

3 Die per­sön­li­che Leis­tung dau­ert höchs­tens zehn Ta­ge. Für Ju­gend­li­che, die zur Zeit der Tat das 15. Al­ters­jahr vollen­det und ein Ver­bre­chen oder ein Ver­ge­hen be­gan­gen ha­ben, kann die per­sön­li­che Leis­tung bis zu ei­ner Dau­er von drei Mo­na­ten an­ge­ord­net und mit der Ver­pflich­tung ver­bun­den wer­den, sich an ei­nem be­stimm­ten Ort auf­zu­hal­ten.

4 Wird die Leis­tung nicht frist­ge­mä­ss oder man­gel­haft er­bracht, so er­mahnt die voll­zie­hen­de Be­hör­de den Ju­gend­li­chen un­ter An­set­zung ei­ner letz­ten Frist.

5 Bleibt die Mah­nung oh­ne Er­folg und hat der Ju­gend­li­che zur Zeit der Tat das 15. Al­ters­jahr nicht vollen­det, so kann er ver­pflich­tet wer­den, die Leis­tung un­ter un­mit­tel­ba­rer Auf­sicht der voll­zie­hen­den Be­hör­de oder ei­ner von ihr be­stimm­ten Per­son zu er­brin­gen.

6 Bleibt die Mah­nung oh­ne Er­folg und hat der Ju­gend­li­che zur Zeit der Tat das 15. Al­ters­jahr vollen­det, so er­kennt die ur­tei­len­de Be­hör­de:

a.
an Stel­le ei­ner Leis­tung bis zu zehn Ta­gen auf Bus­se;
b.
an Stel­le ei­ner Leis­tung über zehn Ta­gen auf Bus­se oder Frei­heits­ent­zug; der Frei­heits­ent­zug darf die Dau­er der um­ge­wan­del­ten Leis­tung nicht über­stei­gen.

Art. 24 Busse

1 Der Ju­gend­li­che, der zur Zeit der Tat das 15. Al­ters­jahr vollen­det hat, kann mit Bus­se be­straft wer­den. Die­se be­trägt höchs­tens 2000 Fran­ken. Sie ist un­ter Be­rück­sich­ti­gung der per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se des Ju­gend­li­chen fest­zu­set­zen.

2 Die Voll­zugs­be­hör­de be­stimmt die Zah­lungs­frist; sie kann Er­stre­ckun­gen und Teil­zah­lun­gen ge­wäh­ren.

3 Auf Ge­such des Ju­gend­li­chen kann die Voll­zugs­be­hör­de die Bus­se ganz oder teil­wei­se in ei­ne per­sön­li­che Leis­tung um­wan­deln, aus­ser wenn die Bus­se an Stel­le ei­ner nicht er­brach­ten per­sön­li­chen Leis­tung aus­ge­spro­chen wur­de.

4 Ha­ben sich die für die Be­mes­sung der Bus­se mass­ge­ben­den Ver­hält­nis­se seit dem Ur­teil oh­ne Ver­schul­den des Ju­gend­li­chen ver­schlech­tert, so kann die ur­tei­len­de Be­hör­de die Bus­se her­ab­set­zen.

5 Be­zahlt der Ju­gend­li­che die Bus­se nicht in­nert der ge­setz­ten Frist, so wan­delt sie die ur­tei­len­de Be­hör­de in Frei­heits­ent­zug bis zu 30 Ta­gen um. Die Um­wand­lung ist aus­ge­schlos­sen, wenn der Ju­gend­li­che oh­ne sein Ver­schul­den zah­lungs­un­fä­hig ist.

Art. 25 Freiheitsentzug
a. Inhalt und Voraussetzungen


1 Der Ju­gend­li­che, der nach Vollen­dung des 15. Al­ters­jah­res ein Ver­bre­chen oder ein Ver­ge­hen be­gan­gen hat, kann mit Frei­heits­ent­zug von ei­nem Tag bis zu ei­nem Jahr be­straft wer­den.

2 Der Ju­gend­li­che, der zur Zeit der Tat das 16. Al­ters­jahr vollen­det hat, wird mit Frei­heits­ent­zug bis zu vier Jah­ren be­straft, wenn er:

a.
ein Ver­bre­chen be­gan­gen hat, das nach dem für Er­wach­se­ne an­wend­ba­ren Recht mit Frei­heits­s­tra­fe nicht un­ter drei Jah­ren be­droht ist;
b.
ei­ne Tat nach den Ar­ti­keln 122, 140 Zif­fer 3 oder Ar­ti­kel 184 StGB27 be­gan­gen und da­bei be­son­ders skru­pel­los ge­han­delt hat, na­ment­lich wenn der Be­weg­grund des Ju­gend­li­chen, der Zweck der Tat oder die Art ih­rer Aus­füh­rung ei­ne be­son­ders ver­werf­li­che Ge­sin­nung of­fen­ba­ren.

Art. 26 b. Umwandlung in persönliche Leistung

Auf Ge­such des Ju­gend­li­chen kann die ur­tei­len­de Be­hör­de einen Frei­heits­ent­zug bis zu drei Mo­na­ten in ei­ne per­sön­li­che Leis­tung von glei­cher Dau­er um­wan­deln, aus­ser wenn der Frei­heits­ent­zug an Stel­le nicht er­brach­ter per­sön­li­cher Leis­tun­gen aus­ge­spro­chen wur­de. Die Um­wand­lung kann so­fort für die gan­ze Dau­er oder nach­träg­lich für den Rest des Frei­heits­ent­zu­ges an­ge­ord­net wer­den.

Art. 27 c. Vollzug

1 Der Frei­heits­ent­zug bis zu ei­nem Jahr kann in Form der Halb­ge­fan­gen­schaft (Art. 77b StGB28) voll­zo­gen wer­den. Der Frei­heits­ent­zug bis zu ei­nem Mo­nat kann auch ta­ge­wei­se voll­zo­gen wer­den. Da­bei wird die Stra­fe in meh­re­re Voll­zugs­ab­schnit­te auf­ge­teilt, die auf Ru­he- oder Fe­ri­en­ta­ge des Ju­gend­li­chen fal­len.29

2 Der Frei­heits­ent­zug ist in ei­ner Ein­rich­tung für Ju­gend­li­che zu voll­zie­hen, in der je­der Ju­gend­li­che ent­spre­chend sei­ner Per­sön­lich­keit er­zie­he­risch be­treut und ins­be­son­de­re auf die so­zia­le Ein­glie­de­rung nach der Ent­las­sung vor­be­rei­tet wird.

3 Die Ein­rich­tung muss ge­eig­net sein, die Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung des Ju­gend­li­chen zu för­dern. Ist ein Schul­be­such, ei­ne Leh­re oder ei­ne Er­werbs­tä­tig­keit aus­ser­halb der Ein­rich­tung nicht mög­lich, so ist dem Ju­gend­li­chen in der Ein­rich­tung selbst der Be­ginn, die Fort­set­zung und der Ab­schluss ei­ner Aus­bil­dung oder ei­ne Er­werbs­tä­tig­keit zu er­mög­li­chen.

4 Ei­ne the­ra­peu­ti­sche Be­hand­lung ist si­cher­zu­stel­len, so­fern der Ju­gend­li­che ih­rer be­darf und für sie zu­gäng­lich ist.

5 Dau­ert der Frei­heits­ent­zug län­ger als ein Mo­nat, so be­glei­tet ei­ne ge­eig­ne­te, von der Ein­rich­tung un­ab­hän­gi­ge Per­son den Ju­gend­li­chen und hilft ihm, sei­ne In­ter­es­sen wahr­zu­neh­men.

6 Für den Voll­zug von Stra­fen kön­nen pri­va­te Ein­rich­tun­gen bei­ge­zo­gen wer­den.30

28SR 311.0

29 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 2 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

30 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 1 der Ju­gend­straf­pro­zess­ord­nung vom 20. März 2009, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1573; BBl 2006 1085, 20083121).

Art. 28 Bedingte Entlassung aus dem Freiheitsentzug
a. Gewährung


1 Hat der Ju­gend­li­che die Hälf­te, min­des­tens aber zwei Wo­chen des Frei­heits­ent­zugs ver­büsst, so kann ihn die Voll­zugs­be­hör­de be­dingt ent­las­sen, wenn nicht an­zu­neh­men ist, er wer­de wei­te­re Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­ge­hen.

2 Die Voll­zugs­be­hör­de prüft von Am­tes we­gen, ob der Ju­gend­li­che be­dingt ent­las­sen wer­den kann. Sie holt je einen Be­richt der Lei­tung der Ein­rich­tung so­wie der Per­son ein, wel­che den Ju­gend­li­chen be­glei­tet. Der Ju­gend­li­che ist an­zu­hö­ren, wenn die Voll­zugs­be­hör­de be­ab­sich­tigt, die be­ding­te Ent­las­sung zu ver­wei­gern.

3 Ist der Frei­heits­ent­zug nach Ar­ti­kel 25 Ab­satz 2 ver­hängt wor­den, so ent­schei­det die Voll­zugs­be­hör­de nach An­hö­rung ei­ner Kom­mis­si­on nach Ar­ti­kel 62d Ab­satz 2 StGB31.

4 Wird die be­ding­te Ent­las­sung ver­wei­gert, so hat die zu­stän­di­ge Be­hör­de min­des­tens ein­mal halb­jähr­lich neu zu prü­fen, ob sie ge­währt wer­den kann.

Art. 29 b. Probezeit

1 Die Voll­zugs­be­hör­de auf­er­legt dem be­dingt ent­las­se­nen Ju­gend­li­chen ei­ne Pro­be­zeit, de­ren Dau­er dem Straf­rest ent­spricht, je­doch min­des­tens sechs Mo­na­te und höchs­tens zwei Jah­re be­trägt.

2 Die Voll­zugs­be­hör­de kann dem be­dingt ent­las­se­nen Ju­gend­li­chen Wei­sun­gen er­tei­len. Die­se be­tref­fen ins­be­son­de­re die Teil­nah­me an Frei­zeit­ver­an­stal­tun­gen, die Wie­der­gut­ma­chung des Scha­dens, den Be­such von Lo­ka­len, das Füh­ren ei­nes Mo­tor­fahr­zeu­ges oder die Ab­sti­nenz von Stof­fen, die das Be­wusst­sein be­ein­träch­ti­gen.

3 Die Voll­zugs­be­hör­de be­stimmt ei­ne ge­eig­ne­te Per­son, die den Ju­gend­li­chen wäh­rend der Pro­be­zeit be­glei­tet und ihr Be­richt er­stat­tet.

Art. 30 c. Bewährung

Hat sich der be­dingt ent­las­se­ne Ju­gend­li­che bis zum Ab­lauf der Pro­be­zeit be­währt, so ist er end­gül­tig ent­las­sen.

Art. 31 d. Nichtbewährung

1 Be­geht der be­dingt ent­las­se­ne Ju­gend­li­che wäh­rend der Pro­be­zeit ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen oder han­delt er trotz förm­li­cher Mah­nung den ihm er­teil­ten Wei­sun­gen zu­wi­der und ist des­we­gen zu er­war­ten, dass er wei­te­re Straf­ta­ten ver­üben wird, so ver­fügt die über die neue Tat ur­tei­len­de Be­hör­de oder, bei Ver­sto­ss ge­gen die Wei­sun­gen, die Voll­zugs­be­hör­de den Voll­zug ei­nes Teils oder der gan­zen Rest­stra­fe (Rück­ver­set­zung). Der Teil­voll­zug kann nur ein­mal ge­währt wer­den.

2 Sind auf Grund der neu­en Straf­tat die Vor­aus­set­zun­gen für einen un­be­ding­ten Frei­heits­ent­zug er­füllt und trifft die­ser mit der durch den Wi­der­ruf voll­zieh­bar ge­wor­de­nen Rest­stra­fe zu­sam­men, so bil­det die ur­tei­len­de Be­hör­de aus dem frü­her ver­häng­ten und dem neu­en Frei­heits­ent­zug ei­ne Ge­samt­stra­fe im Sin­ne von Ar­ti­kel 34. Auf die­se sind die Re­geln der be­ding­ten Ent­las­sung er­neut an­wend­bar.

3 Ist trotz der Nicht­be­wäh­rung zu er­war­ten, dass der Ju­gend­li­che kei­ne wei­te­ren Straf­ta­ten ver­üben wird, so ver­zich­tet die ur­tei­len­de Be­hör­de oder, bei Ver­sto­ss ge­gen die Wei­sun­gen, die Voll­zugs­be­hör­de auf ei­ne Rück­ver­set­zung. Sie kann den Ju­gend­li­chen ver­war­nen und die Pro­be­zeit um höchs­tens ein Jahr ver­län­gern. Er­folgt die Ver­län­ge­rung erst nach Ab­lauf der Pro­be­zeit, so be­ginnt sie am Tag der An­ord­nung.

4 Die Rück­ver­set­zung darf nicht mehr an­ge­ord­net wer­den, wenn seit dem Ab­lauf der Pro­be­zeit zwei Jah­re ver­gan­gen sind.

5 Ist für die Be­ur­tei­lung der neu­en Tat das StGB32 an­wend­bar, so wen­det die ur­tei­len­de Be­hör­de be­züg­lich des Wi­der­rufs Ar­ti­kel 89 StGB an.

Art. 32 Zusammentreffen von Schutzmassnahmen und Freiheitsentzug

1 Die Un­ter­brin­gung geht dem Voll­zug ei­nes gleich­zei­tig aus­ge­spro­che­nen oder ei­nes we­gen Wi­der­ruf oder Rück­ver­set­zung voll­zieh­ba­ren Frei­heits­ent­zu­ges vor­aus.

2 Wird die Un­ter­brin­gung auf­ge­ho­ben, weil sie ih­ren Zweck er­reicht hat, so wird der Frei­heits­ent­zug nicht mehr voll­zo­gen.

3 Wird die Un­ter­brin­gung aus ei­nem an­de­ren Grund auf­ge­ho­ben, so ent­schei­det die ur­tei­len­de Be­hör­de, ob und wie­weit der Frei­heits­ent­zug noch zu voll­zie­hen ist. Da­bei ist die mit der Un­ter­brin­gung ver­bun­de­ne Frei­heits­be­schrän­kung an­zu­rech­nen.

4 Die ur­tei­len­de Be­hör­de kann den Voll­zug ei­nes gleich­zei­tig aus­ge­spro­che­nen und ei­nes we­gen Wi­der­rufs oder Rück­ver­set­zung voll­zieh­ba­ren Frei­heits­ent­zugs zu Guns­ten der am­bu­lan­ten Be­hand­lung, der per­sön­li­chen Be­treu­ung oder der Auf­sicht auf­schie­ben. Im Fal­le der Auf­he­bung die­ser Schutz­mass­nah­men gel­ten die Ab­sät­ze 2 und 3 sinn­ge­mä­ss.

Art. 33 Verbindung von Strafen

Per­sön­li­che Leis­tung nach Ar­ti­kel 23 Ab­satz 2 und Frei­heits­ent­zug kön­nen mit Bus­se ver­bun­den wer­den.

Art. 34 Gesamtstrafe

1 Hat die ur­tei­len­de Be­hör­de gleich­zei­tig meh­re­re Straf­ta­ten des Ju­gend­li­chen zu be­ur­tei­len, so kann sie ent­we­der die Stra­fen nach Ar­ti­kel 33 ver­bin­den oder, wenn die Vor­aus­set­zun­gen für meh­re­re gleich­ar­ti­ge Stra­fen er­füllt sind, ei­ne Ge­samt­stra­fe bil­den, in­dem sie die Stra­fe der schwers­ten Tat an­ge­mes­sen er­höht.

2 Die ein­zel­nen Ta­ten dür­fen bei der Bil­dung der Ge­samt­stra­fe nicht stär­ker ins Ge­wicht fal­len, als wenn sie für sich al­lein be­ur­teilt wor­den wä­ren. Die Ge­samt­stra­fe darf das ge­setz­li­che Höchst­mass ei­ner Straf­art nicht über­schrei­ten.

3 Die Ab­sät­ze 1 und 2 gel­ten auch, wenn der Ju­gend­li­che die Straf­ta­ten teils vor und teils nach der Al­ters­gren­ze be­gan­gen hat, die für die Ver­hän­gung ei­ner per­sön­li­chen Leis­tung bis zu drei Mo­na­ten (Art. 23 Abs. 3), ei­ner Bus­se (Art. 24 Abs. 1) oder ei­nes Frei­heits­ent­zugs (Art. 25 Abs. 1 und 2) mass­ge­bend ist.

Art. 35 Bedingter Vollzug von Strafen

1 Die ur­tei­len­de Be­hör­de schiebt den Voll­zug ei­ner Bus­se, ei­ner per­sön­li­chen Leis­tung oder ei­nes Frei­heits­ent­zu­ges von höchs­tens 30 Mo­na­ten ganz oder teil­wei­se auf, so­weit ei­ne un­be­ding­te Stra­fe nicht not­wen­dig er­scheint, um den Ju­gend­li­chen von der Be­ge­hung wei­te­rer Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen ab­zu­hal­ten.

2 Die Ar­ti­kel 29–31 gel­ten für auf­ge­scho­be­ne Stra­fen sinn­ge­mä­ss. Wird ein Frei­heits­ent­zug nur teil­wei­se auf­ge­scho­ben, so sind die Ar­ti­kel 28–31 auf den voll­zieh­ba­ren Teil nicht an­wend­bar.

4. Kapitel: Verjährung

Art. 36 Verfolgungsverjährung

1 Die Straf­ver­fol­gung ver­jährt in:

a.
fünf Jah­ren, wenn die Tat nach dem für Er­wach­se­ne an­wend­ba­ren Recht mit ei­ner Frei­heits­s­tra­fe von über drei Jah­ren be­droht ist;
b.
drei Jah­ren, wenn die Tat nach dem für Er­wach­se­ne an­wend­ba­ren Recht mit ei­ner Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren be­droht ist;
c.
ei­nem Jahr, wenn die Tat nach dem für Er­wach­se­ne an­wend­ba­ren Recht mit ei­ner an­dern Stra­fe be­droht ist.

1bis Ist vor Ab­lauf der Ver­jäh­rungs­frist ein ers­tin­stanz­li­ches Ur­teil er­gan­gen, so tritt die Ver­jäh­rung nicht mehr ein.33

2 Bei Straf­ta­ten nach den Ar­ti­keln 111–113, 122, 124, 182, 189–191, 193, 193a, 195 und 197 Ab­satz 3 StGB34, die sich ge­gen ein Kind un­ter 16 Jah­ren rich­ten, dau­ert die Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung in je­dem Fall min­des­tens bis zum vollen­de­ten 25. Le­bens­jahr des Op­fers.35

3 Die Ver­jäh­rung der Straf­ver­fol­gung von Straf­ta­ten nach den Ar­ti­keln 111–113, 122, 182, 189–191 und 195 StGB, die sich ge­gen ein Kind un­ter 16 Jah­ren rich­ten, be­misst sich nach Ab­satz 2, wenn die Straf­tat vor dem In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes be­gan­gen wor­den ist und die Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung zu die­sem Zeit­punkt noch nicht ein­ge­tre­ten ist.36

33 Ein­ge­fügt durch An­hang 1 Ziff. 5 des BG vom 17. Ju­ni 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (AS 2023 468; BBl 2019 6697).

34 SR 311.0

35 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 des BG vom 16. Ju­ni 2023 über ei­ne Re­vi­si­on des Se­xual­straf­rechts, in Kraft seit 1. Ju­li 2024 (AS 2024 27; BBl 2018 2827; 2022 687, 1011).

36 Ein­ge­fügt durch Ziff. I 2 des BG vom 16. Ju­ni 2023 über ei­ne Re­vi­si­on des Se­xual­straf­rechts, in Kraft seit 1. Ju­li 2024 (AS 2024 27; BBl 2018 2827; 2022 687, 1011).

Art. 37 Vollstreckungsverjährung

1 Die Stra­fen ver­jäh­ren in:

a.
vier Jah­ren, wenn ein Frei­heits­ent­zug von mehr als sechs Mo­na­ten aus­ge­spro­chen wur­de;
b.
zwei Jah­ren, wenn ei­ne an­de­re Stra­fe aus­ge­spro­chen wur­de.

2 Der Voll­zug je­der nach die­sem Ge­setz aus­ge­spro­che­nen Stra­fe en­det spä­tes­tens, wenn der ver­ur­teil­te Ju­gend­li­che das 25. Al­ters­jahr vollen­det.

5. Kapitel: …

Art. 384337

37 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 1 der Ju­gend­straf­pro­zess­ord­nung vom 20. März 2009, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1573; BBl 2006 1085, 20083121).

6. Kapitel: Schlussbestimmungen

1. Abschnitt: Änderung bisherigen Rechts

Art. 44

38

38 Die Än­de­run­gen kön­nen un­ter AS 2006 3545kon­sul­tiert wer­den.

2. Abschnitt: Übergangsbestimmungen

Art. 45 Kinder im Alter zwischen sieben und zehn Jahren

1 Er­zie­hungs­mass­nah­men, be­son­de­re Be­hand­lun­gen und Dis­zi­pli­nar­stra­fen, die nach den bis­he­ri­gen Ar­ti­keln 84, 85 oder 87 StGB39 ge­gen­über Kin­dern, die zur Tat­zeit das 10. Al­ters­jahr noch nicht vollen­det hat­ten, an­ge­ord­net und nicht oder nur teil­wei­se voll­zo­gen wur­den, wer­den nach dem In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes nicht mehr voll­zo­gen.

2 Lie­gen An­zei­chen da­für vor, dass das Kind be­son­de­re Hil­fe be­nö­tigt, so be­nach­rich­tigt die voll­zie­hen­de Be­hör­de die Vor­mund­schafts­be­hör­de40 oder die durch das kan­to­na­le Recht be­zeich­ne­te Fach­stel­le für Ju­gend­hil­fe.

39 AS 1971 777

40 Seit In­kraft­tre­ten des BG vom 19. Dez. 2008 (Er­wach­se­nen­schutz, Per­so­nen­recht und Kin­des­recht; AS 2011 725) am 1. Jan. 2013: Kin­des­schutz­be­hör­de.

Art. 46 Vollzug des Freiheitsentzugs

1 Auf Ju­gend­li­che, die nach dem bis­he­ri­gen Ar­ti­kel 95 Zif­fer 1 Ab­satz 1 StGB41 zu ei­ner Ein­sch­lies­sung ver­ur­teilt wur­den, sind die fol­gen­den Be­stim­mun­gen die­ses Ge­set­zes an­wend­bar:

a.
Ar­ti­kel 26 über den Voll­zug des Frei­heits­ent­zugs in Form der per­sön­li­chen Leis­tung;
b.
Ar­ti­kel 27 Ab­satz 1 über den Voll­zug des Frei­heits­ent­zugs in Form des ta­ge­wei­sen Voll­zugs oder der Halb­ge­fan­gen­schaft;
c.
Ar­ti­kel 27 Ab­satz 5 über die Er­nen­nung ei­ner ge­eig­ne­ten Be­gleit­per­son;
d.
die Ar­ti­kel 28–31 über die be­ding­te Ent­las­sung.

2 Bis die Kan­to­ne die not­wen­di­gen Ein­rich­tun­gen zum Voll­zug des Frei­heits­ent­zu­ges nach Ar­ti­kel 27 die­ses Ge­set­zes er­rich­tet ha­ben (Art. 48), bleibt der bis­he­ri­ge Ar­ti­kel 95 Zif­fer 3 Ab­satz 1 StGB42 an­wend­bar. Der Frei­heits­ent­zug ist so­weit als mög­lich nach Ar­ti­kel 27 Ab­sät­ze 2–4 die­ses Ge­set­zes durch­zu­füh­ren.

Art. 47 Anordnung und Vollzug von Schutzmassnahmen

1 Die Be­stim­mun­gen über die Schutz­mass­nah­men (Art. 10 und 12–20) fin­den auch An­wen­dung, wenn ei­ne Tat vor In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes be­gan­gen oder be­ur­teilt wur­de. Schutz­mass­nah­men en­den spä­tes­tens mit Vollen­dung des 20. Al­ters­jah­res des Ju­gend­li­chen, wenn sie we­gen Ta­ten an­ge­ord­net wur­den, die der Ju­gend­li­che vor Vollen­dung sei­nes 15. Al­ters­jah­res und vor In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes be­gan­gen hat.

2 Be­son­de­re Be­hand­lun­gen im Sin­ne der bis­he­ri­gen Ar­ti­kel 85 und 92 StGB43 wer­den als am­bu­lan­te Be­hand­lung (Art. 14) oder als Un­ter­brin­gung (Art. 15) fort­ge­setzt. Sind die Vor­aus­set­zun­gen für die­se Schutz­mass­nah­men nicht er­füllt, so be­nach­rich­tigt die Voll­zugs­be­hör­de die zu­stän­di­ge zi­vil­recht­li­che Be­hör­de des Kan­tons.

Art. 48 Einrichtungen für den Vollzug der Unterbringung und des Freiheitsentzuges


Die Kan­to­ne er­rich­ten bis spä­tes­tens zehn Jah­re nach In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes die not­wen­di­gen Ein­rich­tun­gen für den Voll­zug der Un­ter­brin­gung (Art. 15) und des Frei­heits­ent­zugs (Art. 27).

2a. Abschnitt: Übergangsbestimmung zur Änderung vom 19. Juni 201544

44 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 19. Juni 2015 (Änderungen des Sanktionenrechts), in Kraft seit 1. Juli 2016 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

Art.48a

Auf Ju­gend­li­che, ge­gen­über de­nen vor In­kraft­tre­ten der Än­de­rung vom 19. Ju­ni 2015 ei­ne Mass­nah­me an­ge­ord­net wur­de, fin­det Ar­ti­kel 19 Ab­satz 2 in der Fas­sung vom 19. Ju­ni 2015 An­wen­dung.

3. Abschnitt: Referendum und Inkrafttreten

Art. 49

1 Die­ses Ge­setz un­ter­steht dem fa­kul­ta­ti­ven Re­fe­ren­dum.

2 Es tritt gleich­zei­tig mit den Än­de­run­gen vom 13. De­zem­ber 200245 des Straf­ge­setz­bu­ches und den­je­ni­gen vom 21. März 200346 des Mi­li­tär­straf­ge­set­zes in Kraft.

3 Der Bun­des­rat be­stimmt das In­kraft­tre­ten.

Da­tum des In­kraft­tre­tens: 1. Ja­nu­ar 200747

45 AS 2006 3459

46 AS 2006 3389

47 BRB vom 5. Ju­li 2006