Übereinkommen über den internationalen Zugang zur Rechtspflege
Übersetzung
Die Unterzeichnerstaaten dieses Übereinkommens,
in dem Wunsch, den internationalen Zugang zur Rechtspflege zu erleichtern,
haben beschlossen, zu diesem Zweck ein Übereinkommen zu schliessen, und haben die folgenden Bestimmungen vereinbart:
Kapitel I: Unentgeltliche Rechtspflege
Art. 1
Angehörige eines Vertragsstaats und Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat haben, werden zur unentgeltlichen Rechtspflege in Zivil- und Handelssachen in jedem Vertragsstaat unter denselben Voraussetzungen zugelassen wie Angehörige dieses Staates, die dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Personen, auf die Absatz 1 keine Anwendung findet, die jedoch früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat hatten, in dem ein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder anhängig gemacht werden soll, werden gleichwohl unter den in Absatz 1 vorgesehenen Voraussetzungen zur unentgeltlichen Rechtspflege zugelassen, wenn der geltend gemachte Anspruch mit dem früheren gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Staat in Zusammenhang steht.
In Staaten, in denen die unentgeltliche Rechtspflege in verwaltungs-, sozial- oder steuerrechtlichen Verfahren gewährt wird, findet dieser Artikel auf Angelegenheiten Anwendung, die vor die hierfür zuständigen Gerichte gebracht werden.
Art. 2
Artikel 1 findet auf die unentgeltliche Rechtsberatung Anwendung, wenn sich der Antragsteller in dem Staat aufhält, in dem sie beantragt wird.
Art. 3
Jeder Vertragsstaat bestimmt eine zentrale Behörde, welche die ihr nach diesem Übereinkommen übermittelten Anträge auf Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege entgegennimmt und das Weitere veranlasst.
Bundesstaaten und Staaten mit mehreren Rechtssystemen steht es frei, mehrere zentrale Behörden zu bestimmen. Ist die zentrale Behörde, der ein Antrag unterbreitet wird, nicht zuständig, so leitet sie ihn an die zuständige zentrale Behörde in demselben Vertragsstaat weiter.
Art. 4
Jeder Vertragsstaat bestimmt eine oder mehrere Übermittlungsbehörden, welche die Anträge auf Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege an die im ersuchten Staat zuständige zentrale Behörde weiterleiten.
Die Anträge auf Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege werden ohne Beteiligung einer weiteren Behörde unter Verwendung des diesem Übereinkommen beigefügten Musters übermittelt.
Jedem Vertragsstaat steht es frei, einen Antrag auf diplomatischem Weg zu übermitteln.
Art. 5
Befindet sich die Person, die unentgeltliche Rechtspflege begehrt, nicht im ersuchten Staat, so kann sie ihren Antrag einer Übermittlungsbehörde des Vertragsstaats vorlegen, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; alle sonstigen Übermittlungswege, die ihr zur Einreichung des Antrags bei der zuständigen Behörde des ersuchten Staates offen stehen, bleiben unberührt.
Der Antrag ist nach dem Muster zu stellen, das diesem Übereinkommen beigefügt ist. Ihm sind alle notwendigen Schriftstücke beizufügen; dem ersuchten Staat bleibt vorbehalten, erforderlichenfalls ergänzende Angaben oder Schriftstücke zu verlangen.
Jeder Vertragsstaat kann erklären, dass seine zentrale Empfangsbehörde auch Anträge entgegennimmt, die ihr auf anderem Weg oder in anderer Weise übermittelt werden.
Art. 6
Die Übermittlungsbehörde ist dem Antragsteller behilflich, um sicherzustellen, dass der Antrag alle Schriftstücke und Angaben umfasst, die nach Kenntnis dieser Behörde für seine Beurteilung notwendig sind. Sie prüft, ob die Formerfordernisse erfüllt sind.
Die Übermittlungsbehörde kann die Weiterleitung des Antrags ablehnen, falls sie ihn für offensichtlich unbegründet hält.
Sie ist dem Antragsteller gegebenenfalls beim Beschaffen einer kostenlosen Übersetzung der Schriftstücke behilflich.
Sie beantwortet Anfragen, mit denen die zentrale Empfangsbehörde des ersuchten Staates ergänzende Angaben verlangt.
Art. 7
Die Anträge auf Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege, die hierfür beizubringenden Schriftstücke sowie die Mitteilungen auf Anfragen, mit denen ergänzende Angaben verlangt werden, müssen in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des ersuchten Staates abgefasst oder von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet sein.
Ist jedoch im ersuchenden Staat eine Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates nur schwer erhältlich, so nimmt dieser Staat Schriftstücke entgegen, die in französischer oder englischer Sprache abgefasst sind oder von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet sind.
Mitteilungen, die von der zentralen Empfangsbehörde ausgehen, können in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des ersuchten Staates oder in Englisch oder Französisch abgefasst sein. Ist jedoch der von der Übermittlungsbehörde übersandte Antrag in Französisch oder Englisch abgefasst oder von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet, so werden die Mitteilungen der zentralen Empfangsbehörde ebenfalls in einer dieser Sprachen abgefasst.
Übersetzungskosten, die durch die Anwendung der Absätze 1 bis 3 entstehen, werden vom ersuchenden Staat getragen. Kosten für Übersetzungen, die gegebenenfalls im ersuchten Staat erstellt werden, werden von diesem Staat getragen.
Art. 8
Die zentrale Empfangsbehörde entscheidet über den Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege oder veranlasst das Erforderliche, damit die zuständige Behörde des ersuchten Staates über den Antrag entscheiden kann.
Sie leitet Anfragen, mit denen ergänzende Angaben verlangt werden, an die Übermittlungsbehörde weiter und unterrichtet diese über Schwierigkeiten bei der Prüfung des Antrags sowie über die getroffene Entscheidung.
Art. 9
Hat die Person, die unentgeltliche Rechtspflege begehrt, ihren Aufenthalt nicht in einem Vertragsstaat, so kann sie den Antrag auf dem konsularischen Weg einreichen; alle sonstigen Übermittlungswege, die ihr zur Einreichung des Antrags bei der zuständigen Behörde des ersuchten Staates offen stehen, bleiben unberührt.
Jeder Vertragsstaat kann erklären, dass seine zentrale Empfangsbehörde auch Anträge entgegennimmt, die ihr auf anderem Weg oder in anderer Weise übermittelt werden.
Art. 10
Alle nach diesem Kapitel übermittelten Schriftstücke sind von der Beglaubigung oder jeder ähnlichen Förmlichkeit befreit.
Art. 11
Die Übermittlung und die Entgegennahme von Anträgen auf Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege sowie die Entscheidungen über solche Anträge nach diesem Kapitel sind kostenfrei.
Art. 12
Die Anträge auf Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege sind mit der gebotenen Eile zu bearbeiten.
Art. 13
Ist einer Person unentgeltliche Rechtspflege nach Artikel 1 bewilligt worden, so sind für Zustellungen jeglicher Art, die sich auf das Verfahren dieser Person beziehen und die in einem anderen Vertragsstaat zu bewirken sind, keine Kosten zu erstatten. Das gleiche gilt für Rechtshilfeersuchen und Sozialberichte mit Ausnahme der Entschädigungen, die an Sachverständige und Dolmetscher gezahlt werden.
Ist einer Person nach Artikel 1 in einem Vertragsstaat unentgeltliche Rechtspflege für ein Verfahren bewilligt worden und ist in diesem Verfahren eine Entscheidung ergangen, so erhält diese Person ohne weitere Prüfung der Umstände die unentgeltliche Rechtspflege auch in jedem anderen Vertragsstaat, in dem sie die Anerkennung oder Vollstreckung dieser Entscheidung begehrt.
Kapitel II: Sicherheitsleistung für die Prozesskosten und Vollstreckbarerklärung von Kostenentscheidungen
Art. 14
Treten natürliche oder juristische Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat haben, vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats als Kläger oder Intervenienten auf, so darf ihnen allein wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen des Fehlens eines Wohnsitzes oder Aufenthalts in dem Staat, in dem die Klage erhoben wird, eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, gleich welcher Bezeichnung, nicht auferlegt werden.
Absatz 1 gilt auch für Vorschüsse, die von den Klägern oder Intervenienten zur Deckung der Gerichtskosten einzufordern wären.
Art. 15
War eine Person nach Artikel 14 oder nach den im Staat der Klageerhebung geltenden Rechtsvorschriften von der Sicherheitsleistung, der Hinterlegung oder der Vorschusspflicht befreit, so wird eine Entscheidung über die Kosten des Verfahrens, die in einem Vertragsstaat gegen sie ergangen ist, auf Antrag des Gläubigers in jedem anderen Vertragsstaat kostenfrei für vollstreckbar erklärt.
Art. 16
Jeder Vertragsstaat bestimmt eine oder mehrere Übermittlungsbehörden, welche die in Artikel 15 bezeichneten Anträge auf Vollstreckbarerklärung an die zuständige zentrale Behörde im ersuchten Staat weiterleiten.
Jeder Vertragsstaat bestimmt eine zentrale Behörde, welche die Anträge entgegennimmt und die geeigneten Massnahmen trifft, um eine endgültige Entscheidung über die Anträge herbeizuführen.
Bundesstaaten und Staaten mit mehreren Rechtssystemen steht es frei, mehrere zentrale Behörden zu bestimmen. Ist die zentrale Behörde, der ein Antrag unterbreitet wird, nicht zuständig, so leitet sie ihn an die zuständige zentrale Behörde im ersuchten Staat weiter.
Die Anträge werden ohne Beteiligung einer weiteren Behörde übermittelt. Jedem Vertragsstaat steht es jedoch frei, hierfür den diplomatischen Weg zu benutzen.
Die vorstehenden Bestimmungen schliessen nicht aus, dass der Antrag auf Vollstreckbarerklärung vom Gläubiger unmittelbar gestellt wird, es sei denn, der ersuchte Staat hat erklärt, solche Anträge nicht entgegenzunehmen.
Art. 17
Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung sind beizufügen
- a)
- eine Ausfertigung desjenigen Teiles der Entscheidung, aus dem die Namen der Parteien und ihre Stellung im Verfahren hervorgehen, sowie der Kostenentscheidung;
- b)
- jede Urkunde, die zum Nachweis dafür geeignet ist, dass gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat kein ordentliches Rechtsmittel mehr eingelegt werden kann und dass sie dort vollstreckbar ist;
- c)
- eine beglaubigte Übersetzung dieser Urkunden in die Sprache des ersuchten Staates, sofern sie nicht in dieser Sprache abgefasst sind.
Die zuständige Behörde im ersuchten Staat entscheidet über die Anträge auf Vollstreckbarerklärung, ohne die Parteien anzuhören. Sie beschränkt sich darauf zu prüfen, ob die erforderlichen Schriftstücke vorgelegt worden sind. Auf Ersuchen des Antragstellers bestimmt sie die Höhe der Kosten von Bescheinigungen, Übersetzungen und Beglaubigungen; sie gelten als Kosten des Rechtsstreits. Eine Beglaubigung oder eine ähnliche Förmlichkeit darf nicht verlangt werden.
Die Parteien können gegen die Entscheidung der zuständigen Behörde nur die nach dem Recht des ersuchten Staates zulässigen Rechtsmittel einlegen.
Kapitel III: Registerauszüge und Abschriften gerichtlicher Entscheidungen
Art. 18
In Zivil- oder Handelssachen können Angehörige eines Vertragsstaats und Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat haben, in jedem anderen Vertragsstaat unter den gleichen Voraussetzungen wie dessen Staatsangehörige Auszüge aus öffentlichen Registern und Abschriften von gerichtlichen Entscheidungen erhalten und sie, falls erforderlich, beglaubigen lassen.
Kapitel IV: Personalhaft und freies Geleit
Art. 19
In Zivil- oder Handelssachen darf die Personalhaft als Mittel der Zwangsvollstreckung oder auch nur als Sicherungsmassnahme gegen Angehörige eines Vertragsstaats oder gegen Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat haben, nur in Fällen angewendet werden, in denen sie auch gegen eigene Staatsangehörige anwendbar wäre. Eine Tatsache, derentwegen ein sich gewöhnlich im Inland aufhaltender eigener Staatsangehöriger die Aufhebung der Personalhaft beantragen könnte, kann von Personen, die Angehörige eines anderen Vertragsstaats sind oder die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat haben, mit derselben Wirkung geltend gemacht werden, selbst wenn die Tatsache im Ausland eingetreten ist.
Art. 20
Wird ein Zeuge oder Sachverständiger, der Angehöriger eines Vertragsstaats ist oder der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat hat, von einem Gericht eines anderen Vertragsstaats oder von einer Partei mit Genehmigung dieses Gerichts wegen eines dort anhängigen Verfahrens namentlich vorgeladen, so darf er wegen Handlungen oder Verurteilungen aus der Zeit vor seiner Einreise in den ersuchenden Staat dort weder verfolgt noch in Haft gehalten noch einer sonstigen Beschränkung seiner persönlichen Freiheit unterworfen werden.
Der in Absatz 1 vorgesehene Schutz beginnt sieben Tage vor dem für die Vernehmung des Zeugen oder Sachverständigen festgesetzten Zeitpunkt; er endet nach Ablauf von sieben Tagen, nachdem der Zeuge oder Sachverständige durch die Justizbehörden davon unterrichtet wurde, dass seine Anwesenheit nicht mehr erforderlich ist, vorausgesetzt, dass er während der genannten Frist die Möglichkeit hatte, das Hoheitsgebiet zu verlassen, er aber dort geblieben oder nach Verlassen dieses Gebiets freiwillig dorthin zurückgekehrt ist.
Kapitel V: Allgemeine Bestimmungen
Art. 21
Unter Vorbehalt des Artikels 22 ist dieses Übereinkommen nicht so auszulegen, als schränke es in Bezug auf Angelegenheiten, die durch das Übereinkommen geregelt sind, die Rechte einer Person ein, die ihr nach den Gesetzen eines Vertragsstaats oder nach einer anderen Übereinkunft zustehen, deren Vertragspartei dieser Staat ist oder wird.
Art. 22
Dieses Übereinkommen ersetzt zwischen den Staaten, die es ratifiziert haben, die Artikel 17–24 der am 17. Juli 19051 in Den Haag unterzeichneten beziehungsweise die Artikel 17–26 der am 1. März 19542in Den Haag unterzeichneten Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht, soweit diese Staaten Vertragsparteien einer dieser Übereinkünfte sind, und zwar auch dann, wenn ein Vorbehalt nach Artikel 28 Absatz 2 Buchstabe c angebracht wird.
1 [BS 12 277. AS 2009 7101]
2 SR 0.274.12
Art. 23
Zusatzvereinbarungen zu den Übereinkünften von 1905 und 1954, die zwischen Vertragsstaaten geschlossen wurden, sind auch auf das vorliegende Übereinkommen anzuwenden, soweit sie mit diesem vereinbar sind, es sei denn, dass die beteiligten Staaten sich auf etwas anderes einigen.
Art. 24
Jeder Vertragsstaat kann durch eine Erklärung eine oder mehrere andere als die in den Artikeln 7 und 17 vorgesehenen Sprachen bezeichnen, die für die Abfassung oder die Übersetzung der an seine zentrale Behörde gerichteten Schriftstücke verwendet werden können.
Art. 25
Ein Vertragsstaat mit mehreren Amtssprachen, der aus Gründen seines innerstaatlichen Rechts die in den Artikeln 7 und 17 genannten Schriftstücke nicht für sein gesamtes Hoheitsgebiet in einer dieser Sprachen entgegennehmen kann, bezeichnet durch eine Erklärung die Sprache, die für die Abfassung oder die Übersetzung der Schriftstücke zur Vorlage in bestimmten Teilen seines Hoheitsgebiets verwendet werden muss.
Art. 26
Ein Vertragsstaat, der aus zwei oder mehr Gebietseinheiten besteht, in denen für die in diesem Übereinkommen behandelten Angelegenheiten unterschiedliche Rechtssysteme gelten, kann bei der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt erklären, dass das Übereinkommen auf alle seine Gebietseinheiten oder nur auf eine oder mehrere davon erstreckt wird; er kann diese Erklärung durch Abgabe einer neuen Erklärung jederzeit ändern.
Jede derartige Erklärung wird dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande unter ausdrücklicher Bezeichnung der Gebietseinheiten notifiziert, auf die das Übereinkommen angewendet wird.
Art. 27
Hat ein Vertragsstaat eine Staatsform, aufgrund derer die vollziehende, die rechtsprechende und die gesetzgebende Gewalt zwischen zentralen und anderen Organen innerhalb des betreffenden Staates aufgeteilt sind, so hat die Unterzeichnung oder Ratifikation, Annahme oder Genehmigung dieses Übereinkommens oder der Beitritt zu dem Übereinkommen oder die Abgabe einer Erklärung nach Artikel 26 keinen Einfluss auf die Aufteilung der Gewalt innerhalb dieses Staates.
Art. 28
Jeder Vertragsstaat kann sich bei der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt das Recht vorbehalten, Artikel 1 nicht auf Personen anzuwenden, die, ohne Angehörige eines Vertragsstaats zu sein, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen als dem den Vorbehalt anbringenden Vertragsstaat haben oder früher dort hatten; dies gilt jedoch nur, wenn zwischen dem den Vorbehalt anbringenden Staat und dem Staat, dessen Angehöriger die unentgeltliche Rechtspflege beantragt, keine Gegenseitigkeit besteht.
Jeder Vertragsstaat kann sich bei der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt das Recht vorbehalten, folgendes auszuschliessen:
- a)
- die Verwendung des Englischen oder Französischen oder beider Sprachen nach Artikel 7 Absatz 2;
- b)
- die Anwendung des Artikels 13 Absatz 2;
- c)
- die Anwendung des Kapitels II;
- d)
- die Anwendung des Artikels 20.
Hat ein Staat
- e)
- durch einen Vorbehalt nach Absatz 2 Buchstabe a die Verwendung sowohl der englischen als auch der französischen Sprache ausgeschlossen, so kann jeder andere von dem Vorbehalt betroffene Staat gegenüber dem den Vorbehalt anbringenden Staat entsprechend verfahren;
- f)
- einen Vorbehalt nach Absatz 2 Buchstabe b angebracht, so kann es jeder andere Staat ablehnen, Artikel 13 Absatz 2 auf Personen anzuwenden, die Angehörige des den Vorbehalt anbringenden Staates sind oder dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben;
- g)
- einen Vorbehalt nach Absatz 2 Buchstabe c angebracht, so kann es jeder andere Staat ablehnen, Kapitel II auf Personen anzuwenden, die Angehörige des den Vorbehalt anbringenden Staates sind oder dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Weitere Vorbehalte sind nicht zulässig.
Jeder Vertragsstaat kann einen von ihm angebrachten Vorbehalt jederzeit zurücknehmen. Die Rücknahme wird dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande notifiziert. Die Wirkung des Vorbehalts endet am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach dieser Notifikation.
Art. 29
Jeder Vertragsstaat teilt dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder zu einem späteren Zeitpunkt die in den Artikeln 3, 4 und 16 vorgesehenen Behörden mit.
Er teilt gegebenenfalls auf gleiche Weise folgendes mit:
- a)
- die Erklärungen nach den Artikeln 5, 9, 16, 24, 25, 26 und 33;
- b)
- jede Rücknahme oder Änderung der vorstehend erwähnten Behördenbezeichnungen und Erklärungen;
- c)
- jede Rücknahme eines Vorbehalts.
Art. 30
Die diesem Übereinkommen beigefügten Muster können durch Beschluss einer Spezialkommission geändert werden, die vom Generalsekretär der Haager Konferenz einberufen wird und zu der alle Vertragsstaaten und alle Mitgliedstaaten dieser Konferenz eingeladen werden. Der Vorschlag, die Muster zu ändern, wird auf die der Einberufung beigefügte Tagesordnung gesetzt.
Änderungen werden von der Spezialkommission mit der Mehrheit der anwesenden und abstimmenden Vertragsstaaten angenommen; sie treten für alle Vertragsstaaten am ersten Tag des siebenten Monats in Kraft, der auf den Tag folgt, an dem der Generalsekretär die Änderungen allen Vertragsstaaten mitgeteilt hat.
Während der in Absatz 2 vorgesehenen Frist kann jeder Vertragsstaat durch eine an das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande gerichtete schriftliche Notifikation einen Vorbehalt zu der betreffenden Änderung anbringen. Ein Staat, der einen solchen Vorbehalt angebracht hat, wird bezüglich dieser Änderung bis zur Rücknahme des Vorbehalts wie ein Staat behandelt, der nicht Vertragspartei des Übereinkommens ist.
Kapitel VI: Schlussbestimmungen
Art. 31
Dieses Übereinkommen liegt für die Staaten zur Unterzeichnung auf, die zum Zeitpunkt der Vierzehnten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht Mitglied der Konferenz waren, sowie für Nichtmitgliedstaaten, die eingeladen waren, an der Ausarbeitung des Übereinkommens mitzuwirken.
Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung; die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande hinterlegt.
Art. 32
Jeder andere Staat kann dem Übereinkommen beitreten.
Die Beitrittsurkunde wird beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande hinterlegt.
Der Beitritt wirkt nur in den Beziehungen zwischen dem beitretenden Staat und den Vertragsstaaten, die innerhalb von zwölf Monaten nach Eingang der in Artikel 36 Ziffer 2 erwähnten Notifikation keinen Einspruch gegen den Beitritt erhoben haben. Ein solcher Einspruch kann von einem Mitgliedstaat auch dann erhoben werden, wenn er das Übereinkommen nach einem Beitritt ratifiziert, annimmt oder genehmigt. Jeder derartige Einspruch wird dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande notifiziert.
Art. 33
Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt erklären, dass sich das Übereinkommen auf alle oder auf einzelne der Hoheitsgebiete erstreckt, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt. Eine solche Erklärung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für den betreffenden Staat in Kraft tritt.
Eine solche Erklärung sowie jede spätere Erstreckung wird dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande notifiziert.
Art. 34
Das Übereinkommen tritt am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach der in den Artikeln 31 und 32 vorgesehenen Hinterlegung der dritten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft.
Danach tritt das Übereinkommen in Kraft
- 1.
- für jeden Staat, der es später ratifiziert, annimmt oder genehmigt oder der ihm später beitritt, am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;
- 2.
- für jedes Hoheitsgebiet oder jede Gebietseinheit, auf die es nach Artikel 26 oder 33 erstreckt worden ist, am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach der in dem betreffenden Artikel vorgesehenen Notifikation.
Art. 35
Das Übereinkommen bleibt für die Dauer von fünf Jahren in Kraft, vom Tag seines Inkrafttretens nach Artikel 34 Absatz 1 an gerechnet, und zwar auch für die Staaten, die es später ratifiziert, angenommen oder genehmigt haben oder die ihm später beigetreten sind.
Die Geltungsdauer des Übereinkommens verlängert sich, ausser im Fall der Kündigung, stillschweigend um jeweils fünf Jahre.
Die Kündigung wird spätestens sechs Monate vor Ablauf der fünf Jahre dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande notifiziert. Sie kann sich auf bestimmte Hoheitsgebiete oder Gebietseinheiten beschränken, auf die das Übereinkommen angewendet wird.
Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft.
Art. 36
Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande notifiziert den Mitgliedstaaten der Konferenz sowie den Staaten, die nach Artikel 32 beigetreten sind,
- 1.
- jede Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme und Genehmigung nach Artikel 31;
- 2.
- jeden Beitritt und jeden Einspruch gegen einen Beitritt nach Artikel 32;
- 3.
- den Tag, an dem das Übereinkommen nach Artikel 34 in Kraft tritt;
- 4.
- jede Erklärung nach Artikel 26 oder 33;
- 5.
- jeden Vorbehalt und jede Rücknahme von Vorbehalten nach den Artikeln 28 und 30;
- 6.
- jede Mitteilung nach Artikel 29;
- 7.
- jede Kündigung nach Artikel 35.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen in Den Haag am 25. Oktober 1980 in französischer und englischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv der Regierung des Königreichs der Niederlande hinterlegt wird und von der jedem Staat, der während der Vierzehnten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht Mitglied der Konferenz war, sowie jedem anderen Staat, der auf dieser Tagung an der Ausarbeitung des Übereinkommens mitgewirkt hat, auf diplomatischem Weg eine beglaubigte Abschrift übermittelt wird.
(Es folgen die Unterschriften)