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Art. 108 Wohnbau- und Wohneigentumsförderung
1 Der Bund fördert den Wohnungsbau, den Erwerb von Wohnungs- und Hauseigentum, das dem Eigenbedarf Privater dient, sowie die Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus. 2 Er fördert insbesondere die Beschaffung und Erschliessung von Land für den Wohnungsbau, die Rationalisierung und die Verbilligung des Wohnungsbaus sowie die Verbilligung der Wohnkosten. 3 Er kann Vorschriften erlassen über die Erschliessung von Land für den Wohnungsbau und die Baurationalisierung. 4 Er berücksichtigt dabei namentlich die Interessen von Familien, Betagten, Bedürftigen und Behinderten.
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Art. 109 Mietwesen
1 Der Bund erlässt Vorschriften gegen Missbräuche im Mietwesen, namentlich gegen missbräuchliche Mietzinse, sowie über die Anfechtbarkeit missbräuchlicher Kündigungen und die befristete Erstreckung von Mietverhältnissen. 2 Er kann Vorschriften über die Allgemeinverbindlicherklärung von Rahmenmietverträgen erlassen. Solche dürfen nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie begründeten Minderheitsinteressen sowie regionalen Verschiedenheiten angemessen Rechnung tragen und die Rechtsgleichheit nicht beeinträchtigen.
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Art. 110 Arbeit * 63
1 Der Bund kann Vorschriften erlassen über: - a.
- den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer;
- b.
- das Verhältnis zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, insbesondere über die gemeinsame Regelung betrieblicher und beruflicher Angelegenheiten;
- c.
- die Arbeitsvermittlung;
- d.
- die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen.
2 Gesamtarbeitsverträge dürfen nur allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie begründeten Minderheitsinteressen und regionalen Verschiedenheiten angemessen Rechnung tragen und die Rechtsgleichheit sowie die Koalitionsfreiheit nicht beeinträchtigen. 3 Der 1. August ist Bundesfeiertag. Er ist arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt und bezahlt. 63* Mit Übergangsbestimmung.
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Art. 111 Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge
1 Der Bund trifft Massnahmen für eine ausreichende Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge. Diese beruht auf drei Säulen, nämlich der eidgenössischen Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, der beruflichen Vorsorge und der Selbstvorsorge. 2 Der Bund sorgt dafür, dass die eidgenössische Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die berufliche Vorsorge ihren Zweck dauernd erfüllen können. 3 Er kann die Kantone verpflichten, Einrichtungen der eidgenössischen Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie der beruflichen Vorsorge von der Steuerpflicht zu befreien und den Versicherten und ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern auf Beiträgen und anwartschaftlichen Ansprüchen Steuererleichterungen zu gewähren. 4 Er fördert in Zusammenarbeit mit den Kantonen die Selbstvorsorge namentlich durch Massnahmen der Steuer- und Eigentumspolitik.
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Art. 112 Alters‑, Hinterlassenen‑ und Invalidenversicherung
1 Der Bund erlässt Vorschriften über die Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung. 2 Er beachtet dabei folgende Grundsätze: - a.
- Die Versicherung ist obligatorisch.
- abis.64
- Sie gewährt Geld- und Sachleistungen.
- b.
- Die Renten haben den Existenzbedarf angemessen zu decken.
- c.
- Die Höchstrente beträgt maximal das Doppelte der Mindestrente.
- d.
- Die Renten werden mindestens der Preisentwicklung angepasst.
3 Die Versicherung wird finanziert: - a.
- durch Beiträge der Versicherten, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Hälfte der Beiträge bezahlen;
- b.65
- durch Leistungen des Bundes.
4 Die Leistungen des Bundes betragen höchstens die Hälfte der Ausgaben.66 5 Die Leistungen des Bundes werden in erster Linie aus dem Reinertrag der Tabaksteuer, der Steuer auf gebrannten Wassern und der Abgabe aus dem Betrieb von Spielbanken gedeckt. 6 …67 64 Angenommen in der Volksabstimmung vom 28. Nov. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (BB vom 3. Okt. 2003, BRB vom 26. Jan. 2005, BRB vom 7. Nov. 2007 – AS 20075765; BBl 2002 2291; 2003 6591; 2005951). 65 Angenommen in der Volksabstimmung vom 28. Nov. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (BB vom 3. Okt. 2003, BRB vom 26. Jan. 2005, BRB vom 7. Nov. 2007 – AS 20075765; BBl 2002 2291; 2003 6591; 2005951). 66 Angenommen in der Volksabstimmung vom 28. Nov. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (BB vom 3. Okt. 2003, BRB vom 26. Jan. 2005, BRB vom 7. Nov. 2007 – AS 20075765; BBl 2002 2291; 2003 6591; 2005951). 67 Aufgehoben in der Volksabstimmung vom 28. Nov. 2004, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (BB vom 3. Okt. 2003, BRB vom 26. Jan. 2005, BRB vom 7. Nov. 2007 – AS 20075765; BBl 2002 2291; 2003 6591; 2005951).
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Art. 112a Ergänzungsleistungen 68
1 Bund und Kantone richten Ergänzungsleistungen aus an Personen, deren Existenzbedarf durch die Leistungen der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung nicht gedeckt ist. 2 Das Gesetz legt den Umfang der Ergänzungsleistungen sowie die Aufgaben und Zuständigkeiten von Bund und Kantonen fest.
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Art. 112b Förderung der Eingliederung Invalider * 6970
1 Der Bund fördert die Eingliederung Invalider durch die Ausrichtung von Geld- und Sachleistungen. Zu diesem Zweck kann er Mittel der Invalidenversicherung verwenden. 2 Die Kantone fördern die Eingliederung Invalider, insbesondere durch Beiträge an den Bau und den Betrieb von Institutionen, die dem Wohnen und dem Arbeiten dienen. 3 Das Gesetz legt die Ziele der Eingliederung und die Grundsätze und Kriterien fest.
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Art. 112c Betagten- und Behindertenhilfe * 7172
1 Die Kantone sorgen für die Hilfe und Pflege von Betagten und Behinderten zu Hause. 2 Der Bund unterstützt gesamtschweizerische Bestrebungen zu Gunsten Betagter und Behinderter. Zu diesem Zweck kann er Mittel aus der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung verwenden.
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Art. 113 Berufliche Vorsorge * 73
1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. 2 Er beachtet dabei folgende Grundsätze: - a.
- Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.
- b.
- Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
- c.
- Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.
- d.
- Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern.
- e.
- Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.
3 Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. 4 Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen. 73* Mit Übergangsbestimmung.
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Art. 114 Arbeitslosenversicherung
1 Der Bund erlässt Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung. 2 Er beachtet dabei folgende Grundsätze: - a.
- Die Versicherung gewährt angemessenen Erwerbsersatz und unterstützt
Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. - b.
- Der Beitritt ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
- c.
- Selbstständigerwerbende können sich freiwillig versichern.
3 Die Versicherung wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Hälfte der Beiträge bezahlen. 4 Bund und Kantone erbringen bei ausserordentlichen Verhältnissen finanzielle Leistungen. 5 Der Bund kann Vorschriften über die Arbeitslosenfürsorge erlassen.
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Art. 115 Unterstützung Bedürftiger
Bedürftige werden von ihrem Wohnkanton unterstützt. Der Bund regelt die Ausnahmen und Zuständigkeiten.
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Art. 116 Familienzulagen und Mutterschaftsversicherung
1 Der Bund berücksichtigt bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Bedürfnisse der Familie. Er kann Massnahmen zum Schutz der Familie unterstützen. 2 Er kann Vorschriften über die Familienzulagen erlassen und eine eidgenössische Familienausgleichskasse führen. 3 Er richtet eine Mutterschaftsversicherung ein. Er kann auch Personen zu Beiträgen verpflichten, die nicht in den Genuss der Versicherungsleistungen gelangen können. 4 Der Bund kann den Beitritt zu einer Familienausgleichskasse und die Mutterschaftsversicherung allgemein oder für einzelne Bevölkerungsgruppen obligatorisch erklären und seine Leistungen von angemessenen Leistungen der Kantone abhängig machen.
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Art. 117 Kranken- und Unfallversicherung
1 Der Bund erlässt Vorschriften über die Kranken- und die Unfallversicherung. 2 Er kann die Kranken- und die Unfallversicherung allgemein oder für einzelne Bevölkerungsgruppen obligatorisch erklären.
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Art. 117a Medizinische Grundversorgung 74
1 Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine ausreichende, allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität. Sie anerkennen und fördern die Hausarztmedizin als einen wesentlichen Bestandteil dieser Grundversorgung. 2 Der Bund erlässt Vorschriften über: - a.
- die Aus- und Weiterbildung für Berufe der medizinischen Grundversorgung und über die Anforderungen zur Ausübung dieser Berufe;
- b.
- die angemessene Abgeltung der Leistungen der Hausarztmedizin.
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Art. 117b Pflege * 7576
1 Bund und Kantone anerkennen und fördern die Pflege als wichtigen Bestandteil der Gesundheitsversorgung und sorgen für eine ausreichende, allen zugängliche Pflege von hoher Qualität. 2 Sie stellen sicher, dass eine genügende Anzahl diplomierter Pflegefachpersonen für den zunehmenden Bedarf zur Verfügung steht und dass die in der Pflege tätigen Personen entsprechend ihrer Ausbildung und ihren Kompetenzen eingesetzt werden.
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Art. 118 Schutz der Gesundheit
1 Der Bund trifft im Rahmen seiner Zuständigkeiten Massnahmen zum Schutz der Gesundheit. 2 Er erlässt Vorschriften über: - a.
- den Umgang mit Lebensmitteln sowie mit Heilmitteln, Betäubungsmitteln, Organismen, Chemikalien und Gegenständen, welche die Gesundheit gefährden können;
- b.77
- die Bekämpfung übertragbarer, stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen und Tieren; er verbietet namentlich jede Art von Werbung für Tabakprodukte, die Kinder und Jugendliche erreicht;78*
- c.
- den Schutz vor ionisierenden Strahlen.
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Art. 118a Komplementärmedizin 79
Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Berücksichtigung der Komplementärmedizin.
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Art. 118b Forschung am Menschen 80
1 Der Bund erlässt Vorschriften über die Forschung am Menschen, soweit der Schutz seiner Würde und seiner Persönlichkeit es erfordert. Er wahrt dabei die Forschungsfreiheit und trägt der Bedeutung der Forschung für Gesundheit und Gesellschaft Rechnung. 2 Für die Forschung in Biologie und Medizin mit Personen beachtet er folgende Grundsätze: - a.
- Jedes Forschungsvorhaben setzt voraus, dass die teilnehmenden oder gemäss Gesetz berechtigten Personen nach hinreichender Aufklärung ihre Einwilligung erteilt haben. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. Eine Ablehnung ist in jedem Fall verbindlich.
- b.
- Die Risiken und Belastungen für die teilnehmenden Personen dürfen nicht in einem Missverhältnis zum Nutzen des Forschungsvorhabens stehen.
- c.
- Mit urteilsunfähigen Personen darf ein Forschungsvorhaben nur durchgeführt werden, wenn gleichwertige Erkenntnisse nicht mit urteilsfähigen Personen gewonnen werden können. Lässt das Forschungsvorhaben keinen unmittelbaren Nutzen für die urteilsunfähigen Personen erwarten, so dürfen die Risiken und Belastungen nur minimal sein.
- d.
- Eine unabhängige Überprüfung des Forschungsvorhabens muss ergeben haben, dass der Schutz der teilnehmenden Personen gewährleistet ist.
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Art. 119 Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich
1 Der Mensch ist vor Missbräuchen der Fortpflanzungsmedizin und der Gentechnologie geschützt. 2 Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit menschlichem Keim- und Erbgut. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und der Familie und beachtet insbesondere folgende Grundsätze: - a.
- Alle Arten des Klonens und Eingriffe in das Erbgut menschlicher Keimzellen und Embryonen sind unzulässig.
- b.
- Nichtmenschliches Keim- und Erbgut darf nicht in menschliches Keimgut eingebracht oder mit ihm verschmolzen werden.
- c.81
- Die Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung dürfen nur angewendet werden, wenn die Unfruchtbarkeit oder die Gefahr der Übertragung einer schweren Krankheit nicht anders behoben werden kann, nicht aber um beim Kind bestimmte Eigenschaften herbeizuführen oder um Forschung zu betreiben; die Befruchtung menschlicher Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau ist nur unter den vom Gesetz festgelegten Bedingungen erlaubt; es dürfen nur so viele menschliche Eizellen ausserhalb des Körpers der Frau zu Embryonen entwickelt werden, als für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung notwendig sind.
- d.
- Die Embryonenspende und alle Arten von Leihmutterschaft sind unzulässig.
- e.
- Mit menschlichem Keimgut und mit Erzeugnissen aus Embryonen darf kein Handel getrieben werden.
- f.
- Das Erbgut einer Person darf nur untersucht, registriert oder offenbart werden, wenn die betroffene Person zustimmt oder das Gesetz es vorschreibt.
- g.
- Jede Person hat Zugang zu den Daten über ihre Abstammung.
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Art. 119a Transplantationsmedizin 82
1 Der Bund erlässt Vorschriften auf dem Gebiet der Transplantation von Organen, Geweben und Zellen. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und der Gesundheit. 2 Er legt insbesondere Kriterien für eine gerechte Zuteilung von Organen fest. 3 Die Spende von menschlichen Organen, Geweben und Zellen ist unentgeltlich. Der Handel mit menschlichen Organen ist verboten.
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Art. 120 Gentechnologie im Ausserhumanbereich * 83
1 Der Mensch und seine Umwelt sind vor Missbräuchen der Gentechnologie geschützt. 2 Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit Keim- und Erbgut von Tieren, Pflanzen und anderen Organismen. Er trägt dabei der Würde der Kreatur sowie der Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt Rechnung und schützt die genetische Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten. 83* Mit Übergangsbestimmung.
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