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Art. 2 Vertrautsein mit den schweizerischen Lebensverhältnissen bei einer ordentlichen Einbürgerung
(Art. 11 Bst. b BüG) 1 Die Bewerberin oder der Bewerber ist mit den schweizerischen Lebensverhältnissen vertraut, wenn sie oder er namentlich: - a.
- über Grundkenntnisse der geografischen, historischen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der Schweiz verfügt;
- b.
- am sozialen und kulturellen Leben der Gesellschaft in der Schweiz teilnimmt; und
- c.
- Kontakte zu Schweizerinnen und Schweizern pflegt.
2 Die zuständige kantonale Behörde kann die Bewerberin oder den Bewerber zu einem Test über die Kenntnisse nach Absatz 1 Buchstabe a verpflichten. Sieht sie einen solchen Test vor, so stellt sie sicher, dass: - a.
- die Bewerberin oder der Bewerber sich mit Hilfe von geeigneten Hilfsmitteln oder Kursen auf den Test vorbereiten kann; und
- b.
- sie oder er einen solchen Test bestehen kann mit den für die Einbürgerung erforderlichen mündlichen und schriftlichen Sprachkompetenzen.
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Art. 3 Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz 2
(Art. 11 Bst. c, 20 Abs. 2 und 26 Abs. 1 Bst. e BüG) Eine konkrete Bedrohung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz ist gegeben, wenn ein bedeutendes Rechtsgut wie Leib und Leben oder die Freiheit von Personen oder der Bestand und das Funktionieren des Staates betroffen ist, indem die betroffene Person an Aktivitäten in den Bereichen nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a Ziffern 1–5 des Nachrichtendienstgesetzes vom 25. September 20153 oder an Aktivitäten der organisierten Kriminalität teilnimmt, solche Aktivitäten unterstützt, fördert oder dazu anwirbt. 2 Fassung gemäss Ziff. II der V vom 15. Aug. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3173). 3 SR 121
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Art. 4 Nichtbeachtung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
(Art. 12 Abs. 1 Bst. a, 20 Abs. 1 und 26 Abs. 1 Bst. c BüG) 1 Die Bewerberin oder der Bewerber gilt als nicht erfolgreich integriert, wenn sie oder er die öffentliche Sicherheit und Ordnung dadurch nicht beachtet, dass sie oder er: - a.
- gesetzliche Vorschriften und behördliche Verfügungen erheblich oder wiederholt missachtet;
- b.
- wichtige öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verpflichtungen mutwillig nicht erfüllt; oder
- c.
- nachweislich Verbrechen oder Vergehen gegen den öffentlichen Frieden, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, oder Kriegsverbrechen öffentlich billigt oder dafür wirbt.
2 Die Bewerberin oder der Bewerber gilt zudem als nicht erfolgreich integriert, wenn im Strafregister-Informationssystem VOSTRA ein sie betreffender Eintrag mit folgendem Inhalt für das SEM einsehbar ist: - a.
- eine unbedingte Strafe oder eine teilbedingte Freiheitsstrafe für ein Vergehen oder ein Verbrechen;
- b.
- eine stationäre Massnahme bei Erwachsenen oder eine geschlossene Unterbringung bei Jugendlichen;
- c.
- ein Tätigkeitsverbot, ein Kontakt- und Rayonverbot oder eine Landesverweisung;
- d.
- eine bedingte oder teilbedingte Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen, eine bedingte Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten, ein bedingter oder teilbedingter Freiheitsentzug von mehr als 3 Monaten oder eine bedingte oder teilbedingte gemeinnützige Arbeit von mehr als 360 Stunden als Hauptsanktion;
- e.
- eine bedingte oder teilbedingte Geldstrafe von höchstens 90 Tagessätzen, eine bedingte Freiheitsstrafe von höchstens 3 Monaten, ein bedingter oder teilbedingter Freiheitsentzug von höchstens 3 Monaten oder eine bedingte oder teilbedingte gemeinnützige Arbeit von höchstens 360 Stunden als Hauptsanktion, sofern sich die betroffene Person in der Probezeit nicht bewährt hat.
3 In allen anderen Fällen, in denen im Strafregister-Informationssystem VOSTRA ein Eintrag für das SEM einsehbar ist, entscheidet das SEM unter Berücksichtigung der Höhe der Sanktion, ob die Integration der Bewerberin oder des Bewerbers erfolgreich ist. Eine erfolgreiche Integration darf nicht angenommen werden, solange eine angeordnete Sanktion noch nicht vollzogen oder eine laufende Probezeit noch nicht abgelaufen ist. 4 Für ausländische Strafregistereinträge gelten die Absätze 2 und 3 sinngemäss. 5 Bei hängigen Strafverfahren gegen eine Bewerberin oder einen Bewerber sistiert das SEM das Einbürgerungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens durch die Strafjustiz.
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Art. 5 Respektierung der Werte der Bundesverfassung
(Art. 12 Abs. 1 Bst. b, 20 Abs. 1 und 26 Abs. 1 Bst. d BüG) Als Werte der Bundesverfassung gelten namentlich folgende Grundprinzipien, Grundrechte und Pflichten: - a.
- die rechtsstaatlichen Prinzipien sowie die freiheitlich demokratische Grundordnung der Schweiz;
- b.
- die Grundrechte wie die Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Recht auf Leben und persönliche Freiheit, die Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie die Meinungsfreiheit;
- c.
- die Pflicht zum Militär- oder zivilen Ersatzdienst und zum Schulbesuch.
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Art. 6 Sprachnachweis
(Art. 12 Abs. 1 Bst. c, 20 Abs. 1 und 26 Abs. 1 Bst. a BüG) 1 Die Bewerberin oder der Bewerber muss in einer Landessprache mündliche Sprachkompetenzen mindestens auf dem Referenzniveau B1 und schriftliche Sprachkompetenzen mindestens auf dem Referenzniveau A2 des in Europa allgemein anerkannten Referenzrahmens für Sprachen nachweisen. 2 Der Nachweis für die Sprachkompetenzen nach Absatz 1 gilt als erbracht, wenn die Bewerberin oder der Bewerber: - a.
- eine Landessprache als Muttersprache spricht und schreibt;
- b.
- während mindestens fünf Jahren die obligatorische Schule in einer Landessprache besucht hat;
- c.
- eine Ausbildung auf Sekundarstufe II oder Tertiärstufe in einer Landessprache abgeschlossen hat; oder
- d.4
- über einen Sprachnachweis verfügt, der die Sprachkompetenzen nach Absatz 1 bescheinigt und der sich auf ein Sprachnachweisverfahren abstützt, das den allgemein anerkannten Qualitätsstandards für Sprachtests entspricht.
3 Das SEM unterstützt die Kantone bei der Prüfung der Sprachnachweise nach Absatz 2 Buchstabe d und bei der Ausgestaltung von kantonalen Sprachtests. Es kann Dritte mit diesen Aufgaben betrauen. 4 Fassung gemäss Ziff. II der V vom 15. Aug. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 3173).
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Art. 7 Teilnahme am Wirtschaftsleben oder am Erwerb von Bildung
(Art. 12 Abs. 1 Bst. d, 20 Abs. 1 und 26 Abs. 1 Bst. a BüG) 1 Die Bewerberin oder der Bewerber nimmt am Wirtschaftsleben teil, wenn sie oder er die Lebenshaltungskosten und Unterhaltsverpflichtungen im Zeitpunkt der Gesuchstellung und der Einbürgerung deckt durch Einkommen, Vermögen oder Leistungen Dritter, auf die ein Rechtsanspruch besteht. 2 Die Bewerberin oder der Bewerber nimmt am Erwerb von Bildung teil, wenn sie oder er im Zeitpunkt der Gesuchstellung oder der Einbürgerung in Aus- oder Weiterbildung ist. 3 Wer in den drei Jahren unmittelbar vor der Gesuchstellung oder während des Einbürgerungsverfahrens Sozialhilfe bezieht, erfüllt nicht das Erfordernis der Teilnahme am Wirtschaftsleben oder des Erwerbs von Bildung, ausser die bezogene Sozialhilfe wird vollständig zurückerstattet.
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Art. 8 Förderung der Integration der Familienmitglieder
(Art. 12 Abs. 1 Bst. e und 26 Abs. 1 Bst. a BüG) Die Bewerberin oder der Bewerber fördert die Integration der Familienmitglieder nach Artikel 12 Buchstabe e BüG, wenn sie oder er diese unterstützt: - a.
- beim Erwerb von Sprachkompetenzen in einer Landessprache;
- b.
- bei der Teilnahme am Wirtschaftsleben oder am Erwerb von Bildung;
- c.
- bei der Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben der Gesellschaft in der Schweiz; oder
- d.
- bei anderen Aktivitäten, die zu ihrer Integration in der Schweiz beitragen.
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Art. 9 Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse
(Art. 12 Abs. 2 BüG) Die zuständige Behörde berücksichtigt die persönlichen Verhältnisse der Bewerberin oder des Bewerbers angemessen bei der Beurteilung der Kriterien nach den Artikeln 6, 7 und 11 Absatz 1 Buchstabe b. Eine Abweichung von den Kriterien ist möglich, wenn die Bewerberin oder der Bewerber diese nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen erfüllen können aufgrund: - a.
- einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung;
- b.
- einer schweren oder lang andauernden Krankheit;
- c.
- anderer gewichtiger persönlicher Umstände, namentlich wegen:
- 1.
- einer ausgeprägten Lern-, Lese- oder Schreibschwäche,
- 2.
- Erwerbsarmut,
- 3.
- der Wahrnehmung von Betreuungsaufgaben,
- 4.
- Sozialhilfeabhängigkeit, zu der es wegen einer erstmaligen formalen Bildung in der Schweiz kam, sofern die Sozialhilfeabhängigkeit nicht durch persönliches Verhalten herbeigeführt wurde.
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