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Verordnung
über die Beseitigung von Benachteiligungen
von Menschen mit Behinderungen
(Behindertengleichstellungsverordnung, BehiV)

vom 19. November 2003 (Stand am 1. Januar 2021)

Der Schweizerische Bundesrat,

in Ausführung des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 20021 (BehiG),

verordnet:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand  

1 Die­se Ver­ord­nung ent­hält Be­stim­mun­gen zu:

a.
der Or­ga­ni­sa­ti­on des Eid­ge­nös­si­schen Bü­ros für die Gleich­stel­lung von Men­schen mit Be­hin­de­run­gen (EBGB);
b.
der Gel­tend­ma­chung von Rechts­an­sprü­chen und dem Ver­hält­nis­mäs­sig­keits­prin­zip;
c.
den An­for­de­run­gen an ei­ne be­hin­der­ten­ge­rech­te Er­stel­lung oder Er­neue­rung von Bau­ten und An­la­gen, die im Ei­gen­tum des Bun­des ste­hen oder von ihm mit­fi­nan­ziert wer­den;
d.
den An­for­de­run­gen an ei­ne be­hin­der­ten­ge­rech­te Aus­ge­stal­tung von Dienst­leis­tun­gen des Bun­des;
e.
den Mass­nah­men des Bun­des als Ar­beit­ge­ber zu Guns­ten sei­ner An­ge­stell­ten mit Be­hin­de­run­gen;
f.
der Aus­rich­tung von Fi­nanz­hil­fen.

2 Die Mass­nah­men im öf­fent­li­chen Ver­kehr sind in der Ver­ord­nung vom 12. No­vem­ber 20032 über die be­hin­der­ten­ge­rech­te Ge­stal­tung des öf­fent­li­chen Ver­kehrs ge­re­gelt.

Art. 2 Begriffe  

Die fol­gen­den Aus­drücke be­deu­ten:

a.
Bau und Er­neue­rung (Art. 3 Bst. a, c und d Be­hiG): Die Er­stel­lung und die Än­de­rung von Bau­ten und An­la­gen, so­weit sie ei­nem or­dent­li­chen oder ein­fa­chen kan­to­na­len Be­wil­li­gungs­ver­fah­ren un­ter­stellt sind;
b.
Bau­ten und An­la­gen (Art. 3 Bst. a Be­hiG): be­fris­tet er­rich­te­te oder auf Dau­er an­ge­leg­te Räum­lich­kei­ten und Ein­rich­tun­gen;
c.
öf­fent­lich zu­gäng­li­che Bau­ten und An­la­gen (Art. 3 Bst. a Be­hiG): Bau­ten und An­la­gen:
1.
die ei­nem be­lie­bi­gen Per­so­nen­kreis of­fen ste­hen,
2.
die nur ei­nem be­stimm­ten Per­so­nen­kreis of­fen ste­hen, der in ei­nem be­son­de­ren Rechts­ver­hält­nis zu Ge­mein­we­sen oder zu Dienst­leis­tungs­an­bie­te­rin­nen und –an­bie­tern steht, wel­che in der Bau­te oder An­la­ge tä­tig sind. Aus­ge­nom­men sind Bau­ten und An­la­gen, die zur Kampf- und Füh­rungs­in­fra­struk­tur der Ar­mee ge­hö­ren, oder
3.
in de­nen Dienst­leis­tungs­an­bie­te­rin­nen und –an­bie­ter per­sön­li­che Dienst­leis­tun­gen er­brin­gen;
d.
Dis­kri­mi­nie­ren (Art. 6 und 8 Abs. 3 Be­hiG): Be­hin­der­te be­son­ders krass un­ter­schied­lich und be­nach­tei­li­gend be­han­deln mit dem Ziel oder der Fol­ge, sie her­ab­zu­wür­di­gen oder aus­zu­gren­zen;
e.
Ar­beit­ge­ber (Art. 13 Be­hiG): der Bun­des­rat, die Bun­des­ver­samm­lung, die Schwei­ze­ri­sche Post, die Schwei­ze­ri­schen Bun­des­bah­nen, das Bun­des­ge­richt und der ETH-Rat;
f.
In­ter­net (Art. 14 Abs. 2 Be­hiG):Durch un­ter­schied­li­che An­wen­dun­gen ge­nutz­tes Com­pu­ter­netz­werk, wel­ches mit ei­nem Web­brow­ser oder ei­ner an­de­ren be­nut­zer­sei­ti­gen Zu­gangs­tech­no­lo­gie ge­nutzt wird.

2. Abschnitt: Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen

Art. 3 Aufgaben  

(Art. 19 Be­hiG)

1 Das EBGB ist für Bun­des­auf­ga­ben im Zu­sam­men­hang mit der Gleich­stel­lung der Men­schen mit Be­hin­de­run­gen zu­stän­dig, so­weit sie nicht von an­de­ren be­son­de­ren Fach­stel­len der Bun­des­ver­wal­tung wahr­ge­nom­men wer­den müs­sen.

2 Es för­dert die Gleich­stel­lung von be­hin­der­ten mit nicht be­hin­der­ten Men­schen im öf­fent­li­chen Raum und setzt sich für die Be­sei­ti­gung der recht­li­chen oder tat­säch­li­chen Be­nach­tei­li­gun­gen ein.

3 Es nimmt ins­be­son­de­re fol­gen­de Auf­ga­ben wahr:

a.
Es in­for­miert die Öf­fent­lich­keit und er­stellt Do­ku­men­ta­tio­nen.
b.
Es berät Pri­vat­per­so­nen und Be­hör­den.
c.
Es prüft die Ge­su­che um Fi­nanz­hil­fen.
d.
Es führt Pro­gram­me, In­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen und Pi­lot­ver­su­che durch.
e.
Es be­ar­bei­tet gleich­stel­lungs­po­li­ti­sche Fra­gen auf na­tio­na­ler und in­ter­na­tio­na­ler Ebe­ne.
f.
Es be­rei­tet die Ge­setz­ge­bung so­wie Be­rich­te und an­de­re Re­gie­rungs­tä­tig­kei­ten im Be­reich der Gleich­stel­lung der Be­hin­der­ten vor.
g.
Es äus­sert sich zu an­dern Ge­setz­ge­bungs­vor­ha­ben und Mass­nah­men des Bun­des, wel­che die Fra­ge der Gleich­stel­lung der Be­hin­der­ten be­son­ders be­tref­fen.
h.
Es prüft die Be­schwer­de- und Kla­ge­be­rech­ti­gung von Be­hin­der­ten­or­ga­ni­sa­tio­nen.
i.
Es sorgt für die Ko­or­di­na­ti­on der Tä­tig­kei­ten der be­son­de­ren Fach­stel­len der Bun­des­ver­wal­tung.
j.
Es ar­bei­tet mit den Be­hin­der­ten­or­ga­ni­sa­tio­nen zu­sam­men.
k.
Es be­rich­tet dem Eid­ge­nös­si­schen De­par­te­ment des In­nern (EDI) re­gel­mäs­sig über sei­ne Tä­tig­kei­ten so­wie über die Er­geb­nis­se sei­ner Wirk­sam­keits­über­prü­fung nach Ar­ti­kel 18 Ab­satz 3 Be­hiG.
Art. 4 Organisation  

(Art. 19 Be­hiG)

Das EBGB ist dem Ge­ne­ral­se­kre­ta­ri­at des EDI un­ter­stellt.

3. Abschnitt: Geltendmachung von Rechtsansprüchen und Verhältnismässigkeitsprinzip

Art. 5 Beschwerde- und klageberechtigte Organisationen  

(Art. 9 Be­hiG)

1 Be­schwer­de- und kla­ge­be­rech­tigt nach Ar­ti­kel 9 Ab­satz 2 Be­hiG sind Be­hin­der­ten­or­ga­ni­sa­tio­nen:

a.
mit ei­ge­ner Rechts­per­sön­lich­keit;
b.
die sich seit min­des­tens 10 Jah­ren nach ih­rem sta­tu­ta­ri­schen Zweck haupt­säch­lich für die be­son­de­ren Be­lan­ge der Be­hin­der­ten ein­set­zen;
c.
de­ren Tä­tig­keit von na­tio­na­ler Be­deu­tung ist; und
d.
die in An­hang 1 die­ser Ver­ord­nung auf­ge­führt sind.

2 Ge­su­che um An­er­ken­nung als be­schwer­de- und kla­ge­be­rech­tig­te Or­ga­ni­sa­ti­on sind dem EBGB ein­zu­rei­chen. Den Ge­su­chen sind al­le Do­ku­men­te, die zur Über­prü­fung der Vor­aus­set­zun­gen ge­mä­ss Ab­satz 1 Buch­sta­ben a–c not­wen­dig sind, bei­zu­le­gen.

3 Än­dern be­schwer­de- und kla­ge­be­rech­tig­te Or­ga­ni­sa­tio­nen ih­ren sta­tu­ta­ri­schen Zweck, ih­re Rechts­form oder ih­re Be­zeich­nung, so tei­len sie dies dem EBGB un­ver­züg­lich mit.

4 Das EBGB kon­trol­liert pe­ri­odisch, ob die be­schwer­de- und kla­ge­be­rech­tig­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen die Vor­aus­set­zun­gen für das Be­schwer­de- und Kla­ge­recht er­fül­len. Stellt es fest, dass ei­ne Or­ga­ni­sa­ti­on die­sen nicht mehr ge­nügt, so be­an­tragt das EDI dem Bun­des­rat, den An­hang 1 ent­spre­chend zu än­dern.

Art. 6 Abwägung der Interessen  

(Art. 11 Abs. 1 Be­hiG)

1 Zur Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob ein Miss­ver­hält­nis im Sin­ne von Ar­ti­kel 11 Ab­satz 1 Be­hiG vor­liegt, muss in der In­ter­es­sen­ab­wä­gung na­ment­lich be­rück­sich­tigt wer­den:

a.
die Zahl der Per­so­nen, wel­che die Bau­te oder die An­la­ge be­nut­zen oder die Dienst­leis­tung in An­spruch neh­men;
b.
die Be­deu­tung der Bau­te, der An­la­ge oder der Dienst­leis­tung für die Men­schen mit Be­hin­de­run­gen;
c.
der pro­vi­so­ri­sche oder dau­er­haf­te Cha­rak­ter der Bau­te, der An­la­ge oder der Dienst­leis­tung.

2 Sind die In­ter­es­sen der Be­hin­der­ten ge­gen die In­ter­es­sen des Um­welt­schut­zes, des Na­tur­schut­zes oder des Hei­mat­schut­zes und der Denk­mal­pfle­ge ab­zu­wä­gen (Art. 11 Abs. 1 Bst. b Be­hiG), so sind zu­sätz­lich zu be­rück­sich­ti­gen:

a.
die Be­deu­tung der Bau­te oder der An­la­ge aus der Sicht des Um­welt­schut­zes, des Na­tur­schut­zes oder des Hei­mat­schut­zes und der Denk­mal­pfle­ge; und
b.
das Aus­mass, in dem die ver­lang­ten An­pas­sun­gen:
1.
die Um­welt be­ein­träch­ti­gen;
2.
die Bau­sub­stanz, die Struk­tur und das Er­schei­nungs­bild der Bau­te oder der An­la­ge aus der Sicht des Na­tur­schut­zes oder des Hei­mat­schut­zes und der Denk­mal­pfle­ge be­ein­träch­ti­gen.
Art. 7 Massgebliche Kosten  

(Art. 12 Abs. 1 Be­hiG)

1 Der ma­xi­ma­le Wert von 5 Pro­zent des Ge­bäu­de­ver­si­che­rungs­wer­tes im Sin­ne von Ar­ti­kel 12 Ab­satz 1 Be­hiG muss auf der Grund­la­ge des Ver­si­che­rungs­wer­tes des Ge­bäu­des vor der Er­neue­rung be­rech­net wer­den.

2 Als Er­neue­rungs­kos­ten im Sin­ne von Ar­ti­kel 12 Ab­satz 1 Be­hiG gel­ten die vor­aus­sicht­li­chen Bau­kos­ten oh­ne be­son­de­re Mass­nah­men für Be­hin­der­te.

4. Abschnitt: Bauvorschriften des Bundes

(Art. 15 Abs. 2 BehiG)

Art. 8  

1 Die Norm SIA 500 «Hin­der­nis­freie Bau­ten» ist mass­ge­blich für:3

a.4
die Ver­wal­tungs­ein­hei­ten, die nach Ar­ti­kel 8 der Ver­ord­nung vom 5. De­zem­ber 20085 über das Im­mo­bi­li­en­ma­na­ge­ment und die Lo­gis­tik des Bun­des für das Im­mo­bi­li­en­ma­na­ge­ment zu­stän­dig sind;
b.
die Ver­wal­tungs­ein­hei­ten, die Wohn­bau­ten er­stel­len oder mit­fi­nan­zie­ren;
c.
die Ver­wal­tungs­ein­hei­ten, die Fi­nanz­hil­fen oder Ab­gel­tun­gen nach dem Sub­ven­ti­ons­ge­setz vom 5. Ok­to­ber 19906 aus­rich­ten.

2 Die­se Ver­wal­tungs­ein­hei­ten er­ar­bei­ten für ih­ren je­wei­li­gen Zu­stän­dig­keits­be­reich ein Kon­zept zur Um­set­zung der An­lie­gen der Be­hin­der­ten be­züg­lich der Bau­ten und An­la­gen im Rah­men der ver­füg­ba­ren Mit­tel.

3 Die Be­stim­mun­gen der Ver­ord­nung vom 12. No­vem­ber 20037 über die be­hin­der­ten­ge­rech­te Ge­stal­tung des öf­fent­li­chen Ver­kehrs blei­ben vor­be­hal­ten.

3 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 28. April 2010, in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2010 1737).

4 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 28. April 2010, in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2010 1737).

5 SR 172.010.21

6 SR 616.1

7 SR 151.34

5. Abschnitt: Dienstleistungen des Bundes

Art. 9 Dienstleistungen mit Publikumsverkehr  

1 Die Ver­wal­tungs­ein­hei­ten der zen­tra­len und de­zen­tra­len Bun­des­ver­wal­tung, die Or­ga­ni­sa­tio­nen und die Un­ter­neh­men nach Ar­ti­kel 2 des Re­gie­rungs- und Ver­wal­tungs­or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­set­zes vom 21. März 19978 (RVOG) so­wie die Or­ga­ni­sa­tio­nen und Un­ter­neh­men, die ge­stützt auf ei­ne Kon­zes­si­on des Bun­des tä­tig sind, er­grei­fen die not­wen­di­gen bau­li­chen und tech­ni­schen Mass­nah­men, um ih­re Dienst­leis­tun­gen für Men­schen mit Be­hin­de­run­gen zu­gäng­lich zu ma­chen.

2 Sie rüs­ten ins­be­son­de­re ih­re Au­to­ma­ten so aus, dass Be­hin­der­te sie be­nut­zen kön­nen.

3 Sie stel­len si­cher, dass be­hin­der­te Per­so­nen, die auf Grund ih­rer Be­hin­de­rung tech­ni­sche Hilfs­mit­tel nicht selbst­stän­dig be­die­nen kön­nen, die not­wen­di­ge Hil­fe­stel­lung er­hal­ten.

4 Die Be­stim­mun­gen der Ver­ord­nung vom 12. No­vem­ber 20039 über die be­hin­der­ten­ge­rech­te Ge­stal­tung des öf­fent­li­chen Ver­kehrs blei­ben vor­be­hal­ten.

Art. 10 Dienstleistungen im Internet  

1 Die In­for­ma­ti­on so­wie die Kom­mu­ni­ka­ti­ons-und Trans­ak­ti­ons­dienst­leis­tun­gen über das In­ter­net müs­sen für Sprach‑, Hör- und Seh­be­hin­der­te so­wie mo­to­risch Be­hin­der­te zu­gäng­lich sein. Zu die­sem Zweck müs­sen die In­ter­ne­t­an­ge­bo­te ent­spre­chend den in­ter­na­tio­na­len In­for­ma­tik­stan­dards, ins­be­son­de­re den Richt­li­ni­en des World Wi­de Web Kon­sor­ti­ums (W3C) über den Zu­gang von In­ter­netsei­ten, und, sub­si­di­är, ent­spre­chend den na­tio­na­len In­for­ma­tik­stan­dards ein­ge­rich­tet sein.

2 Die fol­gen­den Ver­wal­tungs­ein­hei­ten und Or­ga­ne er­las­sen die da­zu not­wen­di­gen Richt­li­ni­en:

a.10
der Be­reich di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on und IKT-Len­kung der Bun­des­kanz­lei: für die Ver­wal­tungs­ein­hei­ten nach Ar­ti­kel 2 Ab­satz 1 RVOG11;
b.
die ver­ant­wort­li­chen Or­ga­ne der Ver­wal­tungs­ein­hei­ten, Or­ga­ni­sa­tio­nen und Un­ter­neh­mun­gen nach Ar­ti­kel 2 Ab­sät­ze 3 und 4 RVOG so­wie der Or­ga­ni­sa­tio­nen und Un­ter­neh­men, die ge­stützt auf ei­ne Kon­zes­si­on des Bun­des tä­tig sind: für ih­re je­wei­li­gen Tä­tig­keits­ge­bie­te.

3 Die Richt­li­ni­en wer­den in Zu­sam­men­ar­beit mit Be­hin­der­ten­or­ga­ni­sa­tio­nen und pro­fes­sio­nel­len Or­ga­ni­sa­tio­nen, die auf die Be­rei­che In­for­ma­tik und Kom­mu­ni­ka­ti­on spe­zia­li­siert sind, er­ar­bei­tet. Sie wer­den re­gel­mäs­sig dem neus­ten tech­ni­schen Stand an­ge­passt.

10 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 4 der V vom 25. Nov. 2020 über die di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on und die In­for­ma­tik, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5871).

11 SR 172.010

Art. 11 Besondere Massnahmen für Sprach‑, Hör- oder Sehbehinderte  

(Art. 14 Abs. 1 Be­hiG)

Die Ver­wal­tungs­ein­hei­ten, Or­ga­ni­sa­tio­nen und Un­ter­neh­mun­gen nach Ar­ti­kel 2 RVOG12 tref­fen auf Ver­lan­gen ei­ner sprach‑, hör- oder seh­be­hin­der­ten Per­son die nö­ti­gen Vor­keh­ren, da­mit die­se die zu­stän­di­gen Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter der Be­hör­den auf­su­chen und mit ih­nen kom­mu­ni­zie­ren kann. Die­se Vor­keh­ren sind in­nert ei­ner Frist zu tref­fen, die der Dring­lich­keit und den Um­stän­den Rech­nung trägt.

6. Abschnitt: Massnahmen im Bereich des Bundespersonals

(Art. 13 BehiG)

Art. 12 Anpassung des beruflichen Umfelds  

1 Der Ar­beit­ge­ber er­greift die not­wen­di­gen Mass­nah­men, um das be­ruf­li­che Um­feld ent­spre­chend den Be­dürf­nis­sen sei­ner be­hin­der­ten An­ge­stell­ten zu ge­stal­ten, ins­be­son­de­re durch An­pas­sung der fol­gen­den Be­rei­che:

a.
Ar­beits­räu­me;
b.
Ar­beitsplät­ze;
c.
Ar­beits­zei­ten;
d.
Mög­lich­kei­ten der be­ruf­li­chen Wei­ter­bil­dung;
e.
Kar­rie­ren­pla­nung.

2 Er er­greift die not­wen­di­gen Mass­nah­men zur An­pas­sung des in­ter­nen In­for­ma­ti­k­netz­wer­kes (In­tra­net) ge­mä­ss den in Ar­ti­kel 10 Ab­satz 1 auf­ge­stell­ten Grund­sät­zen.

Art. 13 Integrationsbeauftragte  

Der Ar­beit­ge­ber be­zeich­net ei­ne Per­son aus dem Per­so­nal, die ihn und die an­ge­stell­ten be­hin­der­ten Per­so­nen in Fra­gen der In­te­gra­ti­on der Men­schen mit Be­hin­de­run­gen im be­ruf­li­chen Um­feld berät.

Art. 14 Begründung einer Nichtanstellung  

Hat ei­ne be­hin­der­te Per­son be­grün­de­ten Ver­dacht, dass sie we­gen ih­rer Be­hin­de­rung nicht an­ge­stellt wur­de, so kann sie vom Ar­beit­ge­ber ver­lan­gen, dass er die Grün­de der Nicht­an­stel­lung schrift­lich dar­legt.

Art. 15 Koordination  

Das eid­ge­nös­si­sche Per­so­nal­amt ko­or­di­niert die Um­set­zung der be­trieb­li­chen Gleich­stel­lung der Be­hin­der­ten in der zen­tra­len Bun­des­ver­wal­tung.

7. Abschnitt: Finanzhilfen

Art. 16 Besondere Programme für Sprach-, Hör- oder Sehbehinderte  

(Art. 14 Abs. 3 Be­hiG)

1 Der Bund kann Fi­nanz­hil­fen an Kan­to­ne aus­rich­ten, wel­che im Rah­men der Grund­schul­aus­bil­dung:

a.
die not­wen­di­gen per­so­nel­len und or­ga­ni­sa­to­ri­schen Mass­nah­men er­grei­fen, um den sprach‑, hör- oder seh­be­hin­der­ten Kin­dern und Ju­gend­li­chen die Aus­bil­dung in Re­gel­klas­sen zu er­mög­li­chen;
b.
den nicht sprach‑, hör- oder seh­be­hin­der­ten Kin­dern und Ju­gend­li­chen das Er­ler­nen der Ge­bär­den­spra­che oder der Braille­schrift an­bie­ten.

2 Er kann Fi­nanz­hil­fen an nicht ge­win­n­ori­en­tier­te Or­ga­ni­sa­tio­nen und Ein­rich­tun­gen von na­tio­na­ler Be­deu­tung aus­rich­ten, die:

a.
sprach-, hör- oder seh­be­hin­der­ten Per­so­nen Hil­fe­stel­lun­gen an­bie­ten, wel­che die Kom­mu­ni­ka­ti­on un­ter­ein­an­der und mit an­de­ren Per­so­nen er­mög­li­chen;
b.
sich an der Aus­bil­dung von spe­zia­li­sier­ten Per­so­nen für die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit sprach-, hör- oder seh­be­hin­der­ten Per­so­nen be­tei­li­gen.

3 Die Fi­nanz­hil­fen wer­den nurfür be­fris­te­te Pro­gram­me aus­ge­rich­tet.

Art. 17 Beiträge für Programme zur Integration Behinderter  

(Art. 16 Abs. 3 Be­hiG)

1 Bei­trä­ge kön­nen ins­be­son­de­re ge­leis­tet wer­den für be­fris­te­tePro­gram­me, die:

a.
einen star­ken Pra­xis­be­zug auf­wei­sen;
b.
über die Dau­er der Bei­trags­zah­lung hin­aus wir­ken;
c.
die Zu­sam­men­ar­beit mit an­de­ren Or­ga­ni­sa­tio­nen för­dern;
d.
ei­ne Ver­bin­dung mit an­de­ren Pro­gram­men er­mög­li­chen; oder
e.
ex­pe­ri­men­tel­len Cha­rak­ter auf­wei­sen.

2 Eben­falls mit Bei­trä­gen un­ter­stützt wer­den kön­nen:

a.
die Ent­wick­lung von Grund­la­gen für Pro­gram­me;
b.
die Eva­lua­ti­on von be­reits be­ste­hen­den Pro­gram­men;
c.
die Sen­si­bi­li­sie­rungs­ar­beit.
Art. 18 Beiträge für Pilotversuche zur Integration im Erwerbsleben (Art. 17 BehiG)  

1 Bei­trä­ge kön­nen ins­be­son­de­re ge­leis­tet wer­den für be­fris­te­te Ver­su­che, die:

a.
die In­te­gra­ti­on Be­hin­der­ter in be­ste­hen­de Ar­beitspro­zes­se er­mög­li­chen;
b.
Ar­beit­neh­me­rin­nen und Ar­beit­neh­mern, die von ei­ner Be­hin­de­rung be­droht sind, den Er­halt des bis­he­ri­gen Ar­beits­platz er­mög­li­chen;
c.
die Ent­wick­lung be­hin­der­ten­ge­rech­ter Ar­beitsplät­ze in Be­trie­ben för­dern;
d.
Zu­sam­men­ar­beits­for­men von Be­hin­der­ten mit Nicht­be­hin­der­ten er­pro­ben.

2 Bei­trä­ge wer­den nur ge­leis­tet, wenn die Ver­su­che:

a.
über die Dau­er der Bei­trags­zah­lung hin­aus wir­ken;
b.
in den Or­ga­ni­sa­tio­nen und Be­trie­ben gut ver­an­kert sind; oder
c.
ex­pe­ri­men­tel­len Cha­rak­ter auf­wei­sen.
Art. 19 Eigenleistung  

Fi­nanz­hil­fen nach die­ser Ver­ord­nung wer­den nur aus­ge­rich­tet, wenn die ver­ant­wort­li­chen Kan­to­ne, Ge­mein­we­sen oder Or­ga­ni­sa­tio­nen ei­ne zu­mut­ba­re Ei­gen­leis­tung für das Pro­jekt er­brin­gen.

Art. 20 Einreichung der Gesuche  

1 Ge­su­che um Fi­nanz­hil­fen nach die­ser Ver­ord­nung sind beim EBGB ein­zu­rei­chen.

2 Das EBGB legt die jähr­li­chen Ein­ga­be­ter­mi­ne fest.13

3 Dem Ge­such müs­sen bei­ge­legt wer­den:

a.
ei­ne ge­naue Be­schrei­bung des Pro­jekts, für das um Un­ter­stüt­zung nach­ge­sucht wird;
b.
ei­ne Ziel­for­mu­lie­rung;
c.
ein Kon­zept zur Um­set­zung und Ver­brei­tung der Pro­jek­t­er­geb­nis­se (Trans­fer­kon­zept);
d.
ein Eva­lua­ti­ons­kon­zept;
e.
ein de­tail­lier­ter Vor­an­schlag und ein Fi­nan­zie­rungs­plan;
f.
al­le not­wen­di­gen An­ga­ben über die am Pro­jekt be­tei­lig­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen;
g.
ein Zeit­plan über die Durch­füh­rung.

13 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I der V vom 28. April 2010, in Kraft seit 1. Ju­ni 2010 (AS 2010 1737).

Art. 21 Prüfung der Gesuche  

1 Das EBGB prüft die Ge­su­che um Fi­nanz­hil­fen. Es kann Fach­leu­te bei­zie­hen.

2 Es trägt da­bei den be­son­de­ren Be­dürf­nis­sen von Frau­en mit Be­hin­de­run­gen Rech­nung.

3 Es kann ver­lan­gen, dass Pro­jek­te über­ar­bei­tet oder mit an­de­ren Pro­jek­ten ko­or­di­niert wer­den.

Art. 22 Festsetzung der Beiträge  

1 Die Hö­he der Fi­nanz­hil­fen wird, im Rah­men der be­wil­lig­ten Kre­di­te, pau­schal oder nach Auf­wand fest­ge­setzt. Bei Fi­nanz­hil­fen, die sich nach Auf­wand be­mes­sen, wird im Vor­aus ein Höchst­bei­trag fest­ge­setzt.

2 Die Fi­nanz­hil­fen kön­nen als ein­ma­li­ge oder als pe­ri­odi­sche Bei­trä­ge aus­ge­rich­tet wer­den.

Art. 23 Entscheid  

Das EDI ent­schei­det über die Ge­wäh­rung von Fi­nanz­hil­fen. Es kann die­se Kom­pe­tenz ans EBGB de­le­gie­ren.

Art. 24 Überwachung und Berichterstattung  

1 Das EBGB über­wacht die Durch­füh­rung der Pro­jek­te.

2 Die Ge­such­stel­le­rin oder der Ge­such­stel­ler be­rich­tet dem EBGB re­gel­mäs­sig über den Ver­lauf des Pro­jekts und reicht ihm spä­tes­tens drei Mo­na­te nach des­sen Ab­schluss einen Schluss­be­richt ein.

3 Das EBGB er­lässt Wei­sun­gen über die Be­richt­er­stat­tung.

Art. 25 Evaluation  

1 Das EBGB über­prüft die Eva­lua­ti­on der Pro­jek­te durch die Ge­such­stel­le­rin oder den Ge­such­stel­ler.

2 Es kann Fach­leu­te bei­zie­hen.

8. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 26 Änderung bisherigen Rechts  

Die Än­de­rung bis­he­ri­gen Rechts wird im An­hang 2 ge­re­gelt.

Art. 27 Inkrafttreten  

Die­se Ver­ord­nung tritt am 1. Ja­nu­ar 2004 in Kraft.

Anhang 1 14

14 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Dez. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5561).

(Art. 5)

Verzeichnis der nach BehiG beschwerde- und klageberechtigten Behindertenorganisationen

1. AGILE.CH Die Organisationen von Menschen mit Behinderung

2. Federazione Ticinese Integrazione Andicap (FTIA)

3. pro audito schweiz

4. Pro Infirmis

5. Procap

6. Inclusion Handicap

7. Schweizer Paraplegiker-Vereinigung (SPV)

8. Schweizerischer Blinden- und Sehbehindertenverband (SBV)

9. Schweizerischer Blindenbund Selbsthilfe blinder und sehbehinderter Menschen (SBb)

10. Schweizerischer Zentralverein für das Blindenwesen (SZB)

11. Schweizerischer Verband für Gehörlosen- und Hörgeschädigten-Organi­sationen (Sonos)

12. Stiftung zur Förderung einer behindertengerechten baulichen Umwelt

13. Schweizerischer Gehörlosenbund (SGB-FSS)

14. Insieme Schweizerische Vereinigung der Elternvereine für Menschen mit einer geistigen Behinderung

Anhang 2

(Art. 26)

Änderung bisherigen Rechts

Die nachstehenden Verordnungen werden wie folgt geändert:

...15

15 Die Änderungen können unter AS 2003 4501konsultiert werden.

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