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Art. 71 Beratungsgegenstände
Beratungsgegenstände der Bundesversammlung sind namentlich: - a.
- Entwürfe ihrer Kommissionen oder des Bundesrates zu Erlassen der Bundesversammlung;
- b.
- parlamentarische Initiativen und Vorstösse ihrer Mitglieder, Fraktionen und Kommissionen sowie Standesinitiativen;
- c.
- Berichte ihrer Kommissionen oder des Bundesrates;
- d.
- Vorschläge für Wahlen und für die Bestätigung von Wahlen;
- e.
- Anträge ihrer Mitglieder, Fraktionen, Kommissionen oder des Bundesrates zum Verfahren;
- f.
- Erklärungen der Räte oder des Bundesrates;
- g.
- Petitionen und Eingaben;
- h.
- Beschwerden, Gesuche und Einsprachen.
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Art. 72 Einbringen von Beratungsgegenständen
1Von Mitgliedern oder Organen der Räte eingebrachte Beratungsgegenstände werden mit ihrer Einreichung beim Ratssekretariat im Rat anhängig gemacht. 2Volksinitiativen sowie Begehren der Kantone um Gewährleistung ihrer Verfassung werden mit ihrer Einreichung bei der Bundeskanzlei in den Räten anhängig gemacht. 3Die übrigen Beratungsgegenstände werden mit Einreichung bei der Bundesversammlung in beiden Räten anhängig gemacht.
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Art. 73 Rückzug von Beratungsgegenständen
1Beratungsgegenstände können von ihren Urheberinnen und Urhebern zurückgezogen werden, bis ein Rat erstmals darüber Beschluss gefasst hat. 2Eine parlamentarische Initiative oder eine Standesinitiative kann nicht mehr zurückgezogen werden, sobald eine vorberatende Kommission ihr Folge gegeben hat. 3Beratungsgegenstände, die vom Bundesrat eingebracht wurden, können von ihm nicht zurückgezogen werden.
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Art. 74 Verfahren bei Erlassentwürfen
1Jeder Rat berät und beschliesst zunächst, ob er auf einen Erlassentwurf eintreten will (Eintretensdebatte). 2Hat er Eintreten beschlossen, so berät er anschliessend den Erlassentwurf artikelweise (Detailberatung). 3Eintreten ist obligatorisch bei Volksinitiativen, Voranschlägen, Geschäftsberichten, Rechnungen, Einsprachen gegen Verträge der Kantone unter sich oder mit dem Ausland, bei der Gewährleistung kantonaler Verfassungen, bei der Legislaturplanung sowie beim Finanzplan.1 4Nach Schluss der ersten Detailberatung findet im Rat eine Gesamtabstimmung statt. Ist Eintreten obligatorisch, so wird ausser bei Voranschlägen und Rechnungen keine Gesamtabstimmung durchgeführt. 5Verwirft der Rat einen Erlassentwurf in der Gesamtabstimmung, so kommt dies einem Nichteintreten gleich. Verwirft der Rat Voranschläge oder Rechnungen in der Gesamtabstimmung, so beschliesst er Rückweisung an den Bundesrat. 6Ist Eintreten auf einen Erlassentwurf beschlossen, so kann dieser auf Antrag der vorberatenden Kommission oder des Bundesrates abgeschrieben werden, wenn er gegenstandslos geworden ist.2
1 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 26. Sept. 2014 (Neues Führungsmodell für die Bundesverwaltung), in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 1583; BBl 2014 767). 2 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Verbesserungen der Organisation und der Verfahren des Parlamentes), in Kraft seit 25. Nov. 2013 (AS 2013 3687; BBl 2011 6793 6829).
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Art. 75 Rückweisung
1Ein Rat kann einen Erlassentwurf, auf den er eingetreten ist, oder einen anderen Beratungsgegenstand an den Bundesrat oder an die vorberatende Kommission zur Überprüfung oder Änderung zurückweisen. 2Einzelne Abschnitte oder Bestimmungen kann er auch bei der späteren Beratung zurückweisen. 3Anträge auf Rückweisung geben an, was überprüft, geändert oder ergänzt werden soll.
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Art. 76 Anträge
1Jedes Ratsmitglied kann zu einem hängigen Beratungsgegenstand Anträge im Rat und in der vorberatenden Kommission einreichen. Es kann bei der zuständigen Kommission die Einreichung einer parlamentarischen Initiative oder eines Vorstosses der Kommission beantragen. 1bisEin Erlassentwurf kann mit einem Antrag nur dann eingereicht werden, wenn damit: - a.
- ein hängiger Erlassentwurf aufgeteilt werden soll;
- b.
- einer Volksinitiative ein Gegenentwurf zur gleichen Verfassungsmaterie gegenübergestellt werden soll (Art. 101).1
2Anträge, die das Verfahren betreffen (Ordnungsanträge), müssen in der Regel sofort behandelt werden. 3Mit einem Ordnungsantrag kann Rückkommen auf einen Beschluss verlangt werden, bis ein Rat seine Beratung eines Beratungsgegenstandes abgeschlossen hat.2 3bisEin Ordnungsantrag, mit dem Rückkommen auf den Eintretensbeschluss verlangt wird, ist nicht zulässig.3 3terEin Ordnungsantrag auf Wiederholung einer Abstimmung, mit welcher der Rat seine Beratung eines Beratungsgegenstandes abschliesst, kann nur im unmittelbaren Anschluss an die Abstimmung gestellt werden.4 4Anträge, die von der Kommissionsmehrheit abgelehnt worden sind, können als Minderheitsanträge eingereicht werden.
1 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Verbesserungen der Organisation und der Verfahren des Parlamentes), in Kraft seit 25. Nov. 2013 (AS 2013 3687; BBl 2011 6793 6829). 2 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018, in Kraft seit 26. Nov. 2018 (AS 2018 3461; BBl 2017 6797 6865). 3 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018, in Kraft seit 26. Nov. 2018 (AS 2018 3461; BBl 2017 6797 6865). 4 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Juni 2018, in Kraft seit 26. Nov. 2018 (AS 2018 3461; BBl 2017 6797 6865).
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Art. 77 Dringlichkeitsklausel
1Bei einem Entwurf zu einem Bundesgesetz, das dringlich erklärt werden soll, wird die Dringlichkeitsklausel von der Gesamtabstimmung ausgenommen. 2Über die Dringlichkeitsklausel wird erst nach erfolgter Differenzbereinigung beschlossen. 3Wird die Dringlichkeitsklausel verworfen, so bereinigt die Redaktionskommission nach Konsultation der Präsidentinnen oder Präsidenten der vorberatenden Kommissionen den Wortlaut der Bestimmungen über das Referendum und das Inkrafttreten.1
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Art. 78 Abstimmungsverfahren
1Über teilbare Abstimmungsfragen ist auf Verlangen getrennt abzustimmen. 2Liegen zu einem Abstimmungsgegenstand zwei Anträge vor, die sich entweder auf denselben Textteil beziehen oder sich gegenseitig ausschliessen, so sind sie gegeneinander auszumehren. 3Ist eine Gegenüberstellung nicht möglich, so sind die Anträge einzeln zur Abstimmung zu bringen. 4Über unbestrittene Anträge wird nicht abgestimmt. 5Die Stimmenzahlen sind immer zu ermitteln bei: - a.
- Gesamtabstimmungen;
- b.
- Abstimmungen über einen Einigungsantrag;
- c.
- Abstimmungen über Bestimmungen, die der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte bedürfen (Art. 159 Abs. 3 BV);
- d.
- Schlussabstimmungen.1
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Art. 79 Eventualabstimmung
1Liegen zum selben Abstimmungsgegenstand mehr als zwei Anträge vor, so sind diese mittels Eventualabstimmung auszumehren, bis zwei Anträge einander gegenübergestellt werden können. 2Die Abstimmungsreihenfolge der Anträge ist dabei so auszugestalten, dass von den Anträgen mit der kleinsten inhaltlichen Differenz schrittweise bis zu denjenigen mit der grössten Differenz aufgestiegen werden kann. 3Kann nach den Kriterien nach Absatz 2 keine klare Reihenfolge bestimmt werden, so werden mittels Eventualabstimmung nacheinander die Anträge der Ratsmitglieder, dann die Anträge der Kommissionsminderheiten und schliesslich der Antrag des Bundesrates gegeneinander ausgemehrt. Das Resultat aus der letzten Abstimmung wird dem Antrag der Kommissionsmehrheit gegenübergestellt. 4Die Abstimmungsreihenfolge kann mit einem Eventualantrag nicht geändert werden.1
1 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Verbesserungen der Organisation und der Verfahren des Parlamentes), in Kraft seit 25. Nov. 2013 (AS 2013 3687; BBl 2011 6793 6829).
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Art. 80 Stimmabgabe der Präsidentin oder des Präsidenten
1Die Ratspräsidentin oder der Ratspräsident stimmt nicht mit. Bei Stimmengleichheit hat sie oder er den Stichentscheid. 2Ist die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes Rates erforderlich, so stimmt die Ratspräsidentin oder der Ratspräsident mit.
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Art. 81 Schlussabstimmung
1Eine Schlussabstimmung wird durchgeführt über: - a.
- ein Bundesgesetz;
- b.
- eine Verordnung der Bundesversammlung;
- c.
- einen Bundesbeschluss, der dem obligatorischen oder dem fakultativen Referendum untersteht.1
1bisDie Schlussabstimmung wird durchgeführt, sobald die Räte über den Erlassentwurf übereinstimmende Beschlüsse gefasst und den von der Redaktionskommission bereinigten Wortlaut gutgeheissen haben. Die beiden Räte führen die Schlussabstimmung am selben Tag durch.2 2Stimmen beide Räte dem Erlassentwurf zu, so ist der Erlass der Bundesversammlung gültig zu Stande gekommen. 3Verwirft ein Rat oder verwerfen beide Räte den Erlassentwurf, so ist der Erlass nicht zu Stande gekommen.
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Art. 82 Veröffentlichung des Stimmverhaltens
Die Ratsreglemente regeln, in welchen Fällen das Abstimmungsergebnis in Form einer Namensliste veröffentlicht wird.
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