Bei grossen Gesetzen wie OR und ZGB kann dies bis zu 30 Sekunden dauern

Dritte Abteilung: Der Erwachsenenschutz464

464 Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 20067001).

Zehnter Titel: Die eigene Vorsorge und Massnahmen von Gesetzes wegen

Erster Abschnitt: Die eigene Vorsorge

Erster Unterabschnitt: Der Vorsorgeauftrag

Art. 360  

A. Grund­satz

 

1 Ei­ne hand­lungs­fä­hi­ge Per­son kann ei­ne na­tür­li­che oder ju­ris­ti­sche Per­son be­auf­tra­gen, im Fall ih­rer Ur­teil­s­un­fä­hig­keit die Per­so­nen­sor­ge oder die Ver­mö­gens­sor­ge zu über­neh­men oder sie im Rechts­ver­kehr zu ver­tre­ten.

2 Sie muss die Auf­ga­ben, die sie der be­auf­trag­ten Per­son über­tra­gen will, um­schrei­ben und kann Wei­sun­gen für die Er­fül­lung der Auf­ga­ben er­tei­len.

3 Sie kann für den Fall, dass die be­auf­trag­te Per­son für die Auf­ga­ben nicht ge­eig­net ist, den Auf­trag nicht an­nimmt oder ihn kün­digt, Er­satz­ver­fü­gun­gen tref­fen.

Art. 361  

B. Er­rich­tung und Wi­der­ruf

I. Er­rich­tung

 

1 Der Vor­sor­ge­auf­trag ist ei­gen­hän­dig zu er­rich­ten oder öf­fent­lich zu be­ur­kun­den.

2 Der ei­gen­hän­di­ge Vor­sor­ge­auf­trag ist von der auf­trag­ge­ben­den Per­son von An­fang bis En­de von Hand nie­der­zu­schrei­ben, zu da­tie­ren und zu un­ter­zeich­nen.

3 Das Zi­vil­stands­amt trägt auf An­trag die Tat­sa­che, dass ei­ne Per­son einen Vor­sor­ge­auf­trag er­rich­tet hat, und den Hin­ter­le­gungs­ort in die zen­tra­le Da­ten­bank ein. Der Bun­des­rat er­lässt die nö­ti­gen Be­stim­mun­gen, na­ment­lich über den Zu­gang zu den Da­ten.

Art. 362  

II. Wi­der­ruf

 

1 Die auf­trag­ge­ben­de Per­son kann ih­ren Vor­sor­ge­auf­trag je­der­zeit in ei­ner der For­men wi­der­ru­fen, die für die Er­rich­tung vor­ge­schrie­ben sind.

2 Sie kann den Vor­sor­ge­auf­trag auch da­durch wi­der­ru­fen, dass sie die Ur­kun­de ver­nich­tet.

3 Er­rich­tet sie einen neu­en Vor­sor­ge­auf­trag, oh­ne einen frü­he­ren aus­drück­lich auf­zu­he­ben, so tritt der neue Vor­sor­ge­auf­trag an die Stel­le des frü­he­ren, so­fern er nicht zwei­fel­los ei­ne blos­se Er­gän­zung dar­stellt.

Art. 363  

C. Fest­stel­lung der Wirk­sam­keit und An­nah­me

 

1 Er­fährt die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de, dass ei­ne Per­son ur­teil­s­un­fä­hig ge­wor­den ist, und ist ihr nicht be­kannt, ob ein Vor­sor­ge­auf­trag vor­liegt, so er­kun­digt sie sich beim Zi­vil­stands­amt.

2 Liegt ein Vor­sor­ge­auf­trag vor, so prüft die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de, ob:

1.
die­ser gül­tig er­rich­tet wor­den ist;
2.
die Vor­aus­set­zun­gen für sei­ne Wirk­sam­keit ein­ge­tre­ten sind;
3.
die be­auf­trag­te Per­son für ih­re Auf­ga­ben ge­eig­net ist; und
4.
wei­te­re Mass­nah­men des Er­wach­se­nen­schut­zes er­for­der­lich sind.

3 Nimmt die be­auf­trag­te Per­son den Vor­sor­ge­auf­trag an, so weist die Be­hör­de sie auf ih­re Pflich­ten nach den Be­stim­mun­gen des Ob­li­ga­tio­nen­rechts465 über den Auf­trag hin und hän­digt ihr ei­ne Ur­kun­de aus, die ih­re Be­fug­nis­se wie­der­gibt.

Art. 364  

D. Aus­le­gung und Er­gän­zung

 

Die be­auf­trag­te Per­son kann die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de um Aus­le­gung des Vor­sor­ge­auf­trags und des­sen Er­gän­zung in Ne­ben­punk­ten er­su­chen.

Art. 365  

E. Er­fül­lung

 

1 Die be­auf­trag­te Per­son ver­tritt im Rah­men des Vor­sor­ge­auf­trags die auf­trag­ge­ben­de Per­son und nimmt ih­re Auf­ga­ben nach den Be­stim­mun­gen des Ob­li­ga­tio­nen­rechts466 über den Auf­trag sorg­fäl­tig wahr.

2 Müs­sen Ge­schäf­te be­sorgt wer­den, die vom Vor­sor­ge­auf­trag nicht er­fasst sind, oder hat die be­auf­trag­te Per­son in ei­ner An­ge­le­gen­heit In­ter­es­sen, die de­nen der be­trof­fe­nen Per­son wi­der­spre­chen, so be­nach­rich­tigt die be­auf­trag­te Per­son un­ver­züg­lich die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de.

3 Bei In­ter­es­sen­kol­li­si­on ent­fal­len von Ge­set­zes we­gen die Be­fug­nis­se der be­auf­trag­ten Per­son.

Art. 366  

F. Ent­schä­di­gung und Spe­sen

 

1 Ent­hält der Vor­sor­ge­auf­trag kei­ne An­ord­nung über die Ent­schä­di­gung der be­auf­trag­ten Per­son, so legt die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ei­ne an­ge­mes­se­ne Ent­schä­di­gung fest, wenn dies mit Rück­sicht auf den Um­fang der Auf­ga­ben als ge­recht­fer­tigt er­scheint oder wenn die Leis­tun­gen der be­auf­trag­ten Per­son üb­li­cher­wei­se ent­gelt­lich sind.

2 Die Ent­schä­di­gung und die not­wen­di­gen Spe­sen wer­den der auf­trag­ge­ben­den Per­son be­las­tet.

Art. 367  

G. Kün­di­gung

 

1 Die be­auf­trag­te Per­son kann den Vor­sor­ge­auf­trag je­der­zeit mit ei­ner zwei­mo­na­ti­gen Kün­di­gungs­frist durch schrift­li­che Mit­tei­lung an die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de kün­di­gen.

2 Aus wich­ti­gen Grün­den kann sie den Auf­trag frist­los kün­di­gen.

Art. 368  

H. Ein­schrei­ten der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de

 

1 Sind die In­ter­es­sen der auf­trag­ge­ben­den Per­son ge­fähr­det oder nicht mehr ge­wahrt, so trifft die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de von Am­tes we­gen oder auf An­trag ei­ner na­he­ste­hen­den Per­son die er­for­der­li­chen Mass­nah­men.

2 Sie kann ins­be­son­de­re der be­auf­trag­ten Per­son Wei­sun­gen er­tei­len, die­se zur Ein­rei­chung ei­nes In­ven­tars, zur pe­ri­odi­schen Rech­nungs­ab­la­ge und zur Be­richt­er­stat­tung ver­pflich­ten oder ihr die Be­fug­nis­se teil­wei­se oder ganz ent­zie­hen.

Art. 369  

I. Wie­der­er­lan­gen der Ur­teils­fä­hig­keit

 

1 Wird die auf­trag­ge­ben­de Per­son wie­der ur­teils­fä­hig, so ver­liert der Vor­sor­ge­auf­trag sei­ne Wirk­sam­keit von Ge­set­zes we­gen.

2 Wer­den da­durch die In­ter­es­sen der auf­trag­ge­ben­den Per­son ge­fähr­det, so ist die be­auf­trag­te Per­son ver­pflich­tet, so lan­ge für die Fort­füh­rung der ihr über­tra­ge­nen Auf­ga­ben zu sor­gen, bis die auf­trag­ge­ben­de Per­son ih­re In­ter­es­sen sel­ber wah­ren kann.

3 Aus Ge­schäf­ten, wel­che die be­auf­trag­te Per­son vor­nimmt, be­vor sie vom Er­lö­schen ih­res Auf­trags er­fährt, wird die auf­trag­ge­ben­de Per­son ver­pflich­tet, wie wenn der Auf­trag noch be­ste­hen wür­de.

Zweiter Unterabschnitt: Die Patientenverfügung

Art. 370  

A. Grund­satz

 

1 Ei­ne ur­teils­fä­hi­ge Per­son kann in ei­ner Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung fest­le­gen, wel­chen me­di­zi­ni­schen Mass­nah­men sie im Fall ih­rer Ur­teil­s­un­fä­hig­keit zu­stimmt oder nicht zu­stimmt.

2 Sie kann auch ei­ne na­tür­li­che Per­son be­zeich­nen, die im Fall ih­rer Ur­teil­s­un­fä­hig­keit mit der be­han­deln­den Ärz­tin oder dem be­han­deln­den Arzt die me­di­zi­ni­schen Mass­nah­men be­spre­chen und in ih­rem Na­men ent­schei­den soll. Sie kann die­ser Per­son Wei­sun­gen er­tei­len.

3 Sie kann für den Fall, dass die be­zeich­ne­te Per­son für die Auf­ga­ben nicht ge­eig­net ist, den Auf­trag nicht an­nimmt oder ihn kün­digt, Er­satz­ver­fü­gun­gen tref­fen.

Art. 371  

B. Er­rich­tung und Wi­der­ruf

 

1 Die Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung ist schrift­lich zu er­rich­ten, zu da­tie­ren und zu un­ter­zeich­nen.

2 Wer ei­ne Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung er­rich­tet hat, kann die­se Tat­sa­che und den Hin­ter­le­gungs­ort auf der Ver­si­cher­ten­kar­te ein­tra­gen las­sen. Der Bun­des­rat er­lässt die nö­ti­gen Be­stim­mun­gen, na­ment­lich über den Zu­gang zu den Da­ten.

3 Die Be­stim­mung über den Wi­der­ruf des Vor­sor­ge­auf­trags ist sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

Art. 372  

C. Ein­tritt der Ur­teil­s­un­fä­hig­keit

 

1 Ist die Pa­ti­en­tin oder der Pa­ti­ent ur­teil­s­un­fä­hig und ist nicht be­kannt, ob ei­ne Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung vor­liegt, so klärt die be­han­deln­de Ärz­tin oder der be­han­deln­de Arzt dies an­hand der Ver­si­cher­ten­kar­te ab. Vor­be­hal­ten blei­ben dring­li­che Fäl­le.

2 Die Ärz­tin oder der Arzt ent­spricht der Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung, aus­ser wenn die­se ge­gen ge­setz­li­che Vor­schrif­ten ver­stösst oder wenn be­grün­de­te Zwei­fel be­ste­hen, dass sie auf frei­em Wil­len be­ruht oder noch dem mut­mass­li­chen Wil­len der Pa­ti­en­tin oder des Pa­ti­en­ten ent­spricht.

3 Die Ärz­tin oder der Arzt hält im Pa­ti­en­ten­dos­sier fest, aus wel­chen Grün­den der Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung nicht ent­spro­chen wird.

Art. 373  

D. Ein­schrei­ten der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de

 

1 Je­de der Pa­ti­en­tin oder dem Pa­ti­en­ten na­he­ste­hen­de Per­son kann schrift­lich die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de an­ru­fen und gel­tend ma­chen, dass:

1.
der Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung nicht ent­spro­chen wird;
2.
die In­ter­es­sen der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son ge­fähr­det oder nicht mehr ge­wahrt sind;
3.
die Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung nicht auf frei­em Wil­len be­ruht.

2 Die Be­stim­mung über das Ein­schrei­ten der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de beim Vor­sor­ge­auf­trag ist sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

Zweiter Abschnitt: Massnahmen von Gesetzes wegen für urteilsunfähige Personen

Erster Unterabschnitt: Vertretung durch den Ehegatten, die eingetragene Partnerin oder den eingetragenen Partner

Art. 374  

A. Vor­aus­set­zun­gen und Um­fang des Ver­tre­tungs­rechts

 

1 Wer als Ehe­gat­te, ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin oder ein­ge­tra­ge­ner Part­ner mit ei­ner Per­son, die ur­teil­s­un­fä­hig wird, einen ge­mein­sa­men Haus­halt führt oder ihr re­gel­mäs­sig und per­sön­lich Bei­stand leis­tet, hat von Ge­set­zes we­gen ein Ver­tre­tungs­recht, wenn we­der ein Vor­sor­ge­auf­trag noch ei­ne ent­spre­chen­de Bei­stand­schaft be­steht.

2 Das Ver­tre­tungs­recht um­fasst:

1.
al­le Rechts­hand­lun­gen, die zur De­ckung des Un­ter­halts­be­darfs üb­li­cher­wei­se er­for­der­lich sind;
2.
die or­dent­li­che Ver­wal­tung des Ein­kom­mens und der üb­ri­gen Ver­mö­gens­wer­te; und
3.
nö­ti­gen­falls die Be­fug­nis, die Post zu öff­nen und zu er­le­di­gen.

3 Für Rechts­hand­lun­gen im Rah­men der aus­ser­or­dent­li­chen Ver­mö­gens­ver­wal­tung muss der Ehe­gat­te, die ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin oder der ein­ge­tra­ge­ne Part­ner die Zu­stim­mung der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ein­ho­len.

Art. 375  

B. Aus­übung des Ver­tre­tungs­rechts

 

Auf die Aus­übung des Ver­tre­tungs­rechts sind die Be­stim­mun­gen des Ob­li­ga­tio­nen­rechts467 über den Auf­trag sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

Art. 376  

C. Ein­schrei­ten der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de

 

1 Be­ste­hen Zwei­fel, ob die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Ver­tre­tung er­füllt sind, so ent­schei­det die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de über das Ver­tre­tungs­recht und hän­digt ge­ge­be­nen­falls dem Ehe­gat­ten, der ein­ge­tra­ge­nen Part­ne­rin oder dem ein­ge­tra­ge­nen Part­ner ei­ne Ur­kun­de aus, wel­che die Be­fug­nis­se wie­der­gibt.

2 Sind die In­ter­es­sen der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son ge­fähr­det oder nicht mehr ge­wahrt, so ent­zieht die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de dem Ehe­gat­ten, der ein­ge­tra­ge­nen Part­ne­rin oder dem ein­ge­tra­ge­nen Part­ner auf An­trag ei­ner na­he­ste­hen­den Per­son oder von Am­tes we­gen die Ver­tre­tungs­be­fug­nis­se teil­wei­se oder ganz oder er­rich­tet ei­ne Bei­stand­schaft.

Zweiter Unterabschnitt: Vertretung bei medizinischen Massnahmen

Art. 377  

A. Be­hand­lungs­plan

 

1 Hat sich ei­ne ur­teil­s­un­fä­hi­ge Per­son zur Be­hand­lung nicht in ei­ner Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung ge­äus­sert, so plant die be­han­deln­de Ärz­tin oder der be­han­deln­de Arzt un­ter Bei­zug der zur Ver­tre­tung bei me­di­zi­ni­schen Mass­nah­men be­rech­tig­ten Per­son die er­for­der­li­che Be­hand­lung.

2 Die Ärz­tin oder der Arzt in­for­miert die ver­tre­tungs­be­rech­tig­te Per­son über al­le Um­stän­de, die im Hin­blick auf die vor­ge­se­he­nen me­di­zi­ni­schen Mass­nah­men we­sent­lich sind, ins­be­son­de­re über de­ren Grün­de, Zweck, Art, Mo­da­li­tä­ten, Ri­si­ken, Ne­ben­wir­kun­gen und Kos­ten, über Fol­gen ei­nes Un­ter­las­sens der Be­hand­lung so­wie über all­fäl­li­ge al­ter­na­ti­ve Be­hand­lungs­mög­lich­kei­ten.

3 So­weit mög­lich wird auch die ur­teil­s­un­fä­hi­ge Per­son in die Ent­scheid­fin­dung ein­be­zo­gen.

4 Der Be­hand­lungs­plan wird der lau­fen­den Ent­wick­lung an­ge­passt.

Art. 378  

B. Ver­tre­tungs­be­rech­tig­te Per­son

 

1 Die fol­gen­den Per­so­nen sind der Rei­he nach be­rech­tigt, die ur­teil­s­un­fä­hi­ge Per­son zu ver­tre­ten und den vor­ge­se­he­nen am­bu­lan­ten oder sta­tio­nären Mass­nah­men die Zu­stim­mung zu er­tei­len oder zu ver­wei­gern:

1.
die in ei­ner Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung oder in ei­nem Vor­sor­ge­auf­trag be­zeich­ne­te Per­son;
2.
der Bei­stand oder die Bei­stän­din mit ei­nem Ver­tre­tungs­recht bei me­di­zi­ni­schen Mass­nah­men;
3.
wer als Ehe­gat­te, ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin oder ein­ge­tra­ge­ner Part­ner einen ge­mein­sa­men Haus­halt mit der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son führt oder ihr re­gel­mäs­sig und per­sön­lich Bei­stand leis­tet;
4.
die Per­son, die mit der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son einen ge­mein­sa­men Haus­halt führt und ihr re­gel­mäs­sig und per­sön­lich Bei­stand leis­tet;
5.
die Nach­kom­men, wenn sie der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son re­gel­mäs­sig und per­sön­lich Bei­stand leis­ten;
6.
die El­tern, wenn sie der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son re­gel­mäs­sig und per­sön­lich Bei­stand leis­ten;
7.
die Ge­schwis­ter, wenn sie der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son re­gel­mäs­sig und per­sön­lich Bei­stand leis­ten.

2 Sind meh­re­re Per­so­nen ver­tre­tungs­be­rech­tigt, so dür­fen die gut­gläu­bi­ge Ärz­tin oder der gut­gläu­bi­ge Arzt vor­aus­set­zen, dass je­de im Ein­ver­ständ­nis mit den an­de­ren han­delt.

3 Feh­len in ei­ner Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung Wei­sun­gen, so ent­schei­det die ver­tre­tungs­be­rech­tig­te Per­son nach dem mut­mass­li­chen Wil­len und den In­ter­es­sen der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son.

Art. 379  

C. Dring­li­che Fäl­le

 

In dring­li­chen Fäl­len er­greift die Ärz­tin oder der Arzt me­di­zi­ni­sche Mass­nah­men nach dem mut­mass­li­chen Wil­len und den In­ter­es­sen der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son.

Art. 380  

D. Be­hand­lung ei­ner psy­chi­schen Stö­rung

 

Die Be­hand­lung ei­ner psy­chi­schen Stö­rung ei­ner ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son in ei­ner psych­ia­tri­schen Kli­nik rich­tet sich nach den Be­stim­mun­gen über die für­sor­ge­ri­sche Un­ter­brin­gung.

Art. 381  

E. Ein­schrei­ten der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de er­rich­tet ei­ne Ver­tre­tungs­bei­stand­schaft, wenn kei­ne ver­tre­tungs­be­rech­tig­te Per­son vor­han­den ist oder das Ver­tre­tungs­recht aus­üben will.

2 Sie be­stimmt die ver­tre­tungs­be­rech­tig­te Per­son oder er­rich­tet ei­ne Ver­tre­tungs­bei­stand­schaft, wenn:

1.
un­klar ist, wer ver­tre­tungs­be­rech­tigt ist;
2.
die ver­tre­tungs­be­rech­tig­ten Per­so­nen un­ter­schied­li­che Auf­fas­sun­gen ha­ben; oder
3.
die In­ter­es­sen der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son ge­fähr­det oder nicht mehr ge­wahrt sind.

3 Sie han­delt auf An­trag der Ärz­tin oder des Arz­tes oder ei­ner an­de­ren na­he­ste­hen­den Per­son oder von Am­tes we­gen.

Dritter Unterabschnitt: Aufenthalt in Wohn- oder Pflegeeinrichtungen

Art. 382  

A. Be­treu­ungs­ver­trag

 

1 Wird ei­ne ur­teil­s­un­fä­hi­ge Per­son für län­ge­re Dau­er in ei­ner Wohn- oder Pfle­ge­ein­rich­tung be­treut, so muss schrift­lich in ei­nem Be­treu­ungs­ver­trag fest­ge­legt wer­den, wel­che Leis­tun­gen die Ein­rich­tung er­bringt und wel­ches Ent­gelt da­für ge­schul­det ist.

2 Bei der Fest­le­gung der von der Ein­rich­tung zu er­brin­gen­den Leis­tun­gen wer­den die Wün­sche der be­trof­fe­nen Per­son so weit wie mög­lich be­rück­sich­tigt.

3 Die Zu­stän­dig­keit für die Ver­tre­tung der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son beim Ab­schluss, bei der Än­de­rung oder bei der Auf­he­bung des Be­treu­ungs­ver­trags rich­tet sich sinn­ge­mä­ss nach den Be­stim­mun­gen über die Ver­tre­tung bei me­di­zi­ni­schen Mass­nah­men.

Art. 383  

B. Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit

I. Vor­aus­set­zun­gen

 

1 Die Wohn- oder Pfle­ge­ein­rich­tung darf die Be­we­gungs­frei­heit der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son nur ein­schrän­ken, wenn we­ni­ger ein­schnei­den­de Mass­nah­men nicht aus­rei­chen oder von vorn­her­ein als un­ge­nü­gend er­schei­nen und die Mass­nah­me da­zu dient:

1.
ei­ne ernst­haf­te Ge­fahr für das Le­ben oder die kör­per­li­che In­te­gri­tät der be­trof­fe­nen Per­son oder Drit­ter ab­zu­wen­den; oder
2.
ei­ne schwer­wie­gen­de Stö­rung des Ge­mein­schafts­le­bens zu be­sei­ti­gen.

2 Vor der Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit wird der be­trof­fe­nen Per­son er­klärt, was ge­schieht, warum die Mass­nah­me an­ge­ord­net wur­de, wie lan­ge die­se vor­aus­sicht­lich dau­ert und wer sich wäh­rend die­ser Zeit um sie küm­mert. Vor­be­hal­ten blei­ben Not­fall­si­tua­tio­nen.

3 Die Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit wird so bald wie mög­lich wie­der auf­ge­ho­ben und auf je­den Fall re­gel­mäs­sig auf ih­re Be­rech­ti­gung hin über­prüft.

Art. 384  

II. Pro­to­kol­lie­rung und In­for­ma­ti­on

 

1 Über je­de Mass­nah­me zur Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit wird Pro­to­koll ge­führt. Die­ses ent­hält ins­be­son­de­re den Na­men der an­ord­nen­den Per­son, den Zweck, die Art und die Dau­er der Mass­nah­me.

2 Die zur Ver­tre­tung bei me­di­zi­ni­schen Mass­nah­men be­rech­tig­te Per­son wird über die Mass­nah­me zur Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit in­for­miert und kann das Pro­to­koll je­der­zeit ein­se­hen.

3 Ein Ein­sichts­recht steht auch den Per­so­nen zu, wel­che die Wohn- oder Pfle­ge­ein­rich­tung be­auf­sich­ti­gen.

Art. 385  

III. Ein­schrei­ten der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de

 

1 Die be­trof­fe­ne oder ei­ne ihr na­he­ste­hen­de Per­son kann ge­gen ei­ne Mass­nah­me zur Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit je­der­zeit schrift­lich die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de am Sitz der Ein­rich­tung an­ru­fen.

2 Stellt die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de fest, dass die Mass­nah­me nicht den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben ent­spricht, so än­dert sie die Mass­nah­me, hebt sie auf oder ord­net ei­ne be­hörd­li­che Mass­nah­me des Er­wach­se­nen­schut­zes an. Nö­ti­gen­falls be­nach­rich­tigt sie die Auf­sichts­be­hör­de der Ein­rich­tung.

3 Je­des Be­geh­ren um Be­ur­tei­lung durch die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de wird die­ser un­ver­züg­lich wei­ter­ge­lei­tet.

Art. 386  

C. Schutz der Per­sön­lich­keit

 

1 Die Wohn- oder Pfle­ge­ein­rich­tung schützt die Per­sön­lich­keit der ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son und för­dert so weit wie mög­lich Kon­tak­te zu Per­so­nen aus­ser­halb der Ein­rich­tung.

2 Küm­mert sich nie­mand von aus­ser­halb der Ein­rich­tung um die be­trof­fe­ne Per­son, so be­nach­rich­tigt die Wohn- oder Pfle­ge­ein­rich­tung die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de.

3 Die freie Arzt­wahl ist ge­währ­leis­tet, so­weit nicht wich­ti­ge Grün­de da­ge­gen spre­chen.

Art. 387  

D. Auf­sicht über Wohn- und Pfle­ge­ein­rich­tun­gen

 

Die Kan­to­ne un­ter­stel­len Wohn- und Pfle­ge­ein­rich­tun­gen, in de­nen ur­teil­s­un­fä­hi­ge Per­so­nen be­treut wer­den, ei­ner Auf­sicht, so­weit nicht durch bun­des­recht­li­che Vor­schrif­ten be­reits ei­ne Auf­sicht ge­währ­leis­tet ist.

Elfter Titel: Die behördlichen Massnahmen

Erster Abschnitt: Allgemeine Grundsätze

Art. 388  

A. Zweck

 

1 Die be­hörd­li­chen Mass­nah­men des Er­wach­se­nen­schut­zes stel­len das Wohl und den Schutz hilfs­be­dürf­ti­ger Per­so­nen si­cher.

2 Sie sol­len die Selbst­be­stim­mung der be­trof­fe­nen Per­son so weit wie mög­lich er­hal­ten und för­dern.

Art. 389  

B. Sub­si­dia­ri­tät und Ver­hält­nis­mäs­sig­keit

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ord­net ei­ne Mass­nah­me an, wenn:

1.
die Un­ter­stüt­zung der hilfs­be­dürf­ti­gen Per­son durch die Fa­mi­lie, an­de­re na­he­ste­hen­de Per­so­nen oder pri­va­te oder öf­fent­li­che Diens­te nicht aus­reicht oder von vorn­her­ein als un­ge­nü­gend er­scheint;
2.
bei Ur­teil­s­un­fä­hig­keit der hilfs­be­dürf­ti­gen Per­son kei­ne oder kei­ne aus­rei­chen­de ei­ge­ne Vor­sor­ge ge­trof­fen wor­den ist und die Mass­nah­men von Ge­set­zes we­gen nicht ge­nü­gen.

2 Je­de be­hörd­li­che Mass­nah­me muss er­for­der­lich und ge­eig­net sein.

Zweiter Abschnitt: Die Beistandschaften

Erster Unterabschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 390  

A. Vor­aus­set­zun­gen

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de er­rich­tet ei­ne Bei­stand­schaft, wenn ei­ne voll­jäh­ri­ge Per­son:

1.
we­gen ei­ner geis­ti­gen Be­hin­de­rung, ei­ner psy­chi­schen Stö­rung oder ei­nes ähn­li­chen in der Per­son lie­gen­den Schwä­che­zu­stands ih­re An­ge­le­gen­hei­ten nur teil­wei­se oder gar nicht be­sor­gen kann;
2.
we­gen vor­über­ge­hen­der Ur­teil­s­un­fä­hig­keit oder Ab­we­sen­heit in An­ge­le­gen­hei­ten, die er­le­digt wer­den müs­sen, we­der sel­ber han­deln kann noch ei­ne zur Stell­ver­tre­tung be­rech­tig­te Per­son be­zeich­net hat.

2 Die Be­las­tung und der Schutz von An­ge­hö­ri­gen und Drit­ten sind zu be­rück­sich­ti­gen.

3 Die Bei­stand­schaft wird auf An­trag der be­trof­fe­nen oder ei­ner na­he­ste­hen­den Per­son oder von Am­tes we­gen er­rich­tet.

Art. 391  

B. Auf­ga­ben­be­rei­che

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de um­schreibt die Auf­ga­ben­be­rei­che der Bei­stand­schaft ent­spre­chend den Be­dürf­nis­sen der be­trof­fe­nen Per­son.

2 Die Auf­ga­ben­be­rei­che be­tref­fen die Per­so­nen­sor­ge, die Ver­mö­gens­sor­ge oder den Rechts­ver­kehr.

3 Oh­ne Zu­stim­mung der be­trof­fe­nen Per­son darf der Bei­stand oder die Bei­stän­din nur dann de­ren Post öff­nen oder de­ren Wohn­räu­me be­tre­ten, wenn die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de die Be­fug­nis da­zu aus­drück­lich er­teilt hat.

Art. 392  

C. Ver­zicht auf ei­ne Bei­stand­schaft

 

Er­scheint die Er­rich­tung ei­ner Bei­stand­schaft we­gen des Um­fangs der Auf­ga­ben als of­fen­sicht­lich un­ver­hält­nis­mäs­sig, so kann die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de:

1.
von sich aus das Er­for­der­li­che vor­keh­ren, na­ment­lich die Zu­stim­mung zu ei­nem Rechts­ge­schäft er­tei­len;
2.
ei­ner Dritt­per­son für ein­zel­ne Auf­ga­ben einen Auf­trag er­tei­len; oder
3.
ei­ne ge­eig­ne­te Per­son oder Stel­le be­zeich­nen, der für be­stimm­te Be­rei­che Ein­blick und Aus­kunft zu ge­ben sind.

Zweiter Unterabschnitt: Die Arten von Beistandschaften

Art. 393  

A. Be­gleit­bei­stand­schaft

 

1 Ei­ne Be­gleit­bei­stand­schaft wird mit Zu­stim­mung der hilfs­be­dürf­ti­gen Per­son er­rich­tet, wenn die­se für die Er­le­di­gung be­stimm­ter An­ge­le­gen­hei­ten be­glei­ten­de Un­ter­stüt­zung braucht.

2 Die Be­gleit­bei­stand­schaft schränkt die Hand­lungs­fä­hig­keit der be­trof­fe­nen Per­son nicht ein.

Art. 394  

B. Ver­tre­tungs­bei­stand­schaft

I. Im All­ge­mei­nen

 

1 Ei­ne Ver­tre­tungs­bei­stand­schaft wird er­rich­tet, wenn die hilfs­be­dürf­ti­ge Per­son be­stimm­te An­ge­le­gen­hei­ten nicht er­le­di­gen kann und des­halb ver­tre­ten wer­den muss.

2 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de kann die Hand­lungs­fä­hig­keit der be­trof­fe­nen Per­son ent­spre­chend ein­schrän­ken.

3 Auch wenn die Hand­lungs­fä­hig­keit nicht ein­ge­schränkt ist, muss die be­trof­fe­ne Per­son sich die Hand­lun­gen des Bei­stands oder der Bei­stän­din an­rech­nen oder ge­fal­len las­sen.

Art. 395  

II. Ver­mö­gens­ver­wal­tung

 

1 Er­rich­tet die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ei­ne Ver­tre­tungs­bei­stand­schaft für die Ver­mö­gens­ver­wal­tung, so be­stimmt sie die Ver­mö­gens­wer­te, die vom Bei­stand oder von der Bei­stän­din ver­wal­tet wer­den sol­len. Sie kann Tei­le des Ein­kom­mens oder das ge­sam­te Ein­kom­men, Tei­le des Ver­mö­gens oder das ge­sam­te Ver­mö­gen oder das ge­sam­te Ein­kom­men und Ver­mö­gen un­ter die Ver­wal­tung stel­len.

2 Die Ver­wal­tungs­be­fug­nis­se um­fas­sen auch die Er­spar­nis­se aus dem ver­wal­te­ten Ein­kom­men oder die Er­trä­ge des ver­wal­te­ten Ver­mö­gens, wenn die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de nichts an­de­res ver­fügt.

3 Oh­ne die Hand­lungs­fä­hig­keit der be­trof­fe­nen Per­son ein­zu­schrän­ken, kann ihr die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de den Zu­griff auf ein­zel­ne Ver­mö­gens­wer­te ent­zie­hen.

4 Un­ter­sagt die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de der be­trof­fe­nen Per­son, über ein Grund­stück zu ver­fü­gen, so lässt sie dies im Grund­buch an­mer­ken.

Art. 396  

C. Mit­wir­kungs­bei­stand­schaft

 

1 Ei­ne Mit­wir­kungs­bei­stand­schaft wird er­rich­tet, wenn be­stimm­te Hand­lun­gen der hilfs­be­dürf­ti­gen Per­son zu de­ren Schutz der Zu­stim­mung des Bei­stands oder der Bei­stän­din be­dür­fen.

2 Die Hand­lungs­fä­hig­keit der be­trof­fe­nen Per­son wird von Ge­set­zes we­gen ent­spre­chend ein­ge­schränkt.

Art. 397  

D. Kom­bi­na­ti­on von Bei­stand­schaf­ten

 

Die Be­gleit-, die Ver­tre­tungs- und die Mit­wir­kungs­bei­stand­schaft kön­nen mit­ein­an­der kom­bi­niert wer­den.

Art. 398  

E. Um­fas­sen­de Bei­stand­schaft

 

1 Ei­ne um­fas­sen­de Bei­stand­schaft wird er­rich­tet, wenn ei­ne Per­son, na­ment­lich we­gen dau­ern­der Ur­teil­s­un­fä­hig­keit, be­son­ders hilfs­be­dürf­tig ist.

2 Sie be­zieht sich auf al­le An­ge­le­gen­hei­ten der Per­so­nen­sor­ge, der Ver­mö­gens­sor­ge und des Rechts­ver­kehrs.

3 Die Hand­lungs­fä­hig­keit der be­trof­fe­nen Per­son ent­fällt von Ge­set­zes we­gen.

Dritter Unterabschnitt: Ende der Beistandschaft

Art. 399  
 

1 Die Bei­stand­schaft en­det von Ge­set­zes we­gen mit dem Tod der be­trof­fe­nen Per­son.

2 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de hebt ei­ne Bei­stand­schaft auf An­trag der be­trof­fe­nen oder ei­ner na­he­ste­hen­den Per­son oder von Am­tes we­gen auf, so­bald für die Fort­dau­er kein Grund mehr be­steht.

Vierter Unterabschnitt: Der Beistand oder die Beiständin

Art. 400  

A. Er­nen­nung

I. All­ge­mei­ne Vor­aus­set­zun­gen

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de er­nennt als Bei­stand oder Bei­stän­din ei­ne na­tür­li­che Per­son, die für die vor­ge­se­he­nen Auf­ga­ben per­sön­lich und fach­lich ge­eig­net ist, die da­für er­for­der­li­che Zeit ein­set­zen kann und die Auf­ga­ben sel­ber wahr­nimmt. Bei be­son­de­ren Um­stän­den kön­nen meh­re­re Per­so­nen er­nannt wer­den.

2 Die Per­son darf nur mit ih­rem Ein­ver­ständ­nis er­nannt wer­den.468

3 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de sorgt da­für, dass der Bei­stand oder die Bei­stän­din die er­for­der­li­che In­struk­ti­on, Be­ra­tung und Un­ter­stüt­zung er­hält.

468 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 29. Sept. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 2801; BBl 2017 18113205).

Art. 401  

II. Wün­sche der be­trof­fe­nen Per­son oder ihr na­he­ste­hen­der Per­so­nen

 

1 Schlägt die be­trof­fe­ne Per­son ei­ne Ver­trau­ens­per­son als Bei­stand oder Bei­stän­din vor, so ent­spricht die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ih­rem Wunsch, wenn die vor­ge­schla­ge­ne Per­son für die Bei­stand­schaft ge­eig­net und zu de­ren Über­nah­me be­reit ist.

2 Sie be­rück­sich­tigt, so­weit tun­lich, Wün­sche der An­ge­hö­ri­gen oder an­de­rer na­he­ste­hen­der Per­so­nen.

3 Lehnt die be­trof­fe­ne Per­son ei­ne be­stimm­te Per­son als Bei­stand oder Bei­stän­din ab, so ent­spricht die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de, so­weit tun­lich, die­sem Wunsch.

Art. 402  

III. Über­tra­gung des Am­tes auf meh­re­re Per­so­nen

 

1 Über­trägt die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ei­ne Bei­stand­schaft meh­re­ren Per­so­nen, so legt sie fest, ob das Amt ge­mein­sam aus­ge­übt wird oder wer für wel­che Auf­ga­ben zu­stän­dig ist.

2 Die ge­mein­sa­me Füh­rung ei­ner Bei­stand­schaft wird meh­re­ren Per­so­nen nur mit ih­rem Ein­ver­ständ­nis über­tra­gen.

Art. 403  

B. Ver­hin­de­rung und In­ter­es­sen­kol­li­si­on

 

1 Ist der Bei­stand oder die Bei­stän­din am Han­deln ver­hin­dert oder wi­der­spre­chen die In­ter­es­sen des Bei­stands oder der Bei­stän­din in ei­ner An­ge­le­gen­heit den­je­ni­gen der be­trof­fe­nen Per­son, so er­nennt die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de einen Er­satz­bei­stand oder ei­ne Er­satz­bei­stän­din oder re­gelt die­se An­ge­le­gen­heit sel­ber.

2 Bei In­ter­es­sen­kol­li­si­on ent­fal­len von Ge­set­zes we­gen die Be­fug­nis­se des Bei­stands oder der Bei­stän­din in der ent­spre­chen­den An­ge­le­gen­heit.

Art. 404  

C. Ent­schä­di­gung und Spe­sen

 

1 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din hat An­spruch auf ei­ne an­ge­mes­se­ne Ent­schä­di­gung und auf Er­satz der not­wen­di­gen Spe­sen aus dem Ver­mö­gen der be­trof­fe­nen Per­son. Bei ei­nem Be­rufs­bei­stand oder ei­ner Be­rufs­bei­stän­din fal­len die Ent­schä­di­gung und der Spe­se­n­er­satz an den Ar­beit­ge­ber.

2 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de legt die Hö­he der Ent­schä­di­gung fest. Sie be­rück­sich­tigt da­bei ins­be­son­de­re den Um­fang und die Kom­ple­xi­tät der dem Bei­stand oder der Bei­stän­din über­tra­ge­nen Auf­ga­ben.

3 Die Kan­to­ne er­las­sen Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen und re­geln die Ent­schä­di­gung und den Spe­se­n­er­satz, wenn die­se nicht aus dem Ver­mö­gen der be­trof­fe­nen Per­son be­zahlt wer­den kön­nen.

Fünfter Unterabschnitt: Die Führung der Beistandschaft

Art. 405  

A. Über­nah­me des Am­tes

 

1 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din ver­schafft sich die zur Er­fül­lung der Auf­ga­ben nö­ti­gen Kennt­nis­se und nimmt per­sön­lich mit der be­trof­fe­nen Per­son Kon­takt auf.

2 Um­fasst die Bei­stand­schaft die Ver­mö­gens­ver­wal­tung, so nimmt der Bei­stand oder die Bei­stän­din in Zu­sam­men­ar­beit mit der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de un­ver­züg­lich ein In­ven­tar der zu ver­wal­ten­den Ver­mö­gens­wer­te auf.

3 Wenn die Um­stän­de es recht­fer­ti­gen, kann die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de die Auf­nah­me ei­nes öf­fent­li­chen In­ven­tars an­ord­nen. Die­ses hat für die Gläu­bi­ger die glei­che Wir­kung wie das öf­fent­li­che In­ven­tar des Erbrechts.

4 Drit­te sind ver­pflich­tet, al­le für die Auf­nah­me des In­ven­tars er­for­der­li­chen Aus­künf­te zu er­tei­len.

Art. 406  

B. Ver­hält­nis zur be­trof­fe­nen Per­son

 

1 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din er­füllt die Auf­ga­ben im In­ter­es­se der be­trof­fe­nen Per­son, nimmt, so­weit tun­lich, auf de­ren Mei­nung Rück­sicht und ach­tet de­ren Wil­len, das Le­ben ent­spre­chend ih­ren Fä­hig­kei­ten nach ei­ge­nen Wün­schen und Vor­stel­lun­gen zu ge­stal­ten.

2 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din strebt da­nach, ein Ver­trau­ens­ver­hält­nis mit der be­trof­fe­nen Per­son auf­zu­bau­en und den Schwä­che­zu­stand zu lin­dern oder ei­ne Ver­schlim­me­rung zu ver­hü­ten.

Art. 407  

C. Ei­ge­nes Han­deln der be­trof­fe­nen Per­son

 

Die ur­teils­fä­hi­ge be­trof­fe­ne Per­son kann, auch wenn ihr die Hand­lungs­fä­hig­keit ent­zo­gen wor­den ist, im Rah­men des Per­so­nen­rechts durch ei­ge­nes Han­deln Rech­te und Pflich­ten be­grün­den und höchst­per­sön­li­che Rech­te aus­üben.

Art. 408  

D. Ver­mö­gens­ver­wal­tung

I. Auf­ga­ben

 

1 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din ver­wal­tet die Ver­mö­gens­wer­te sorg­fäl­tig und nimmt al­le Rechts­ge­schäf­te vor, die mit der Ver­wal­tung zu­sam­men­hän­gen.

2 Ins­be­son­de­re kann der Bei­stand oder die Bei­stän­din:

1.
mit be­frei­en­der Wir­kung die von Drit­ten ge­schul­de­te Leis­tung für die be­trof­fe­ne Per­son ent­ge­gen­neh­men;
2.
so­weit an­ge­zeigt Schul­den be­zah­len;
3.
die be­trof­fe­ne Per­son nö­ti­gen­falls für die lau­fen­den Be­dürf­nis­se ver­tre­ten.

3 Der Bun­des­rat er­lässt Be­stim­mun­gen über die An­la­ge und die Auf­be­wah­rung des Ver­mö­gens.

Art. 409  

II. Be­trä­ge zur frei­en Ver­fü­gung

 

Der Bei­stand oder die Bei­stän­din stellt der be­trof­fe­nen Per­son aus de­ren Ver­mö­gen an­ge­mes­se­ne Be­trä­ge zur frei­en Ver­fü­gung.

Art. 410  

III. Rech­nung

 

1 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din führt Rech­nung und legt sie der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de in den von ihr an­ge­setz­ten Zeitab­stän­den, min­des­tens aber al­le zwei Jah­re, zur Ge­neh­mi­gung vor.

2 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din er­läu­tert der be­trof­fe­nen Per­son die Rech­nung und gibt ihr auf Ver­lan­gen ei­ne Ko­pie.

Art. 411  

E. Be­richt­er­stat­tung

 

1 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din er­stat­tet der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de so oft wie nö­tig, min­des­tens aber al­le zwei Jah­re, einen Be­richt über die La­ge der be­trof­fe­nen Per­son und die Aus­übung der Bei­stand­schaft.

2 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din zieht bei der Er­stel­lung des Be­richts die be­trof­fe­ne Per­son, so­weit tun­lich, bei und gibt ihr auf Ver­lan­gen ei­ne Ko­pie.

Art. 412  

F. Be­son­de­re Ge­schäf­te

 

1 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din darf in Ver­tre­tung der be­trof­fe­nen Per­son kei­ne Bürg­schaf­ten ein­ge­hen, kei­ne Stif­tun­gen er­rich­ten und kei­ne Schen­kun­gen vor­neh­men, mit Aus­nah­me der üb­li­chen Ge­le­gen­heits­ge­schen­ke.

2 Ver­mö­gens­wer­te, die für die be­trof­fe­ne Per­son oder für ih­re Fa­mi­lie einen be­son­de­ren Wert ha­ben, wer­den wenn im­mer mög­lich nicht ver­äus­sert.

Art. 413  

G. Sorg­falts- und Ver­schwie­gen­heits­pflicht

 

1 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din hat bei der Er­fül­lung der Auf­ga­ben die glei­che Sorg­falts­pflicht wie ei­ne be­auf­trag­te Per­son nach den Be­stim­mun­gen des Ob­li­ga­tio­nen­rechts469.

2 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din ist zur Ver­schwie­gen­heit ver­pflich­tet, so­weit nicht über­wie­gen­de In­ter­es­sen ent­ge­gen­ste­hen.

3 Drit­te sind über die Bei­stand­schaft zu ori­en­tie­ren, so­weit dies zur ge­hö­ri­gen Er­fül­lung der Auf­ga­ben des Bei­stands oder der Bei­stän­din er­for­der­lich ist.

Art. 414  

H. Än­de­rung der Ver­hält­nis­se

 

Der Bei­stand oder die Bei­stän­din in­for­miert die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de un­ver­züg­lich über Um­stän­de, die ei­ne Än­de­rung der Mass­nah­me er­for­dern oder ei­ne Auf­he­bung der Bei­stand­schaft er­mög­li­chen.

Sechster Unterabschnitt: Die Mitwirkung der Erwachsenenschutzbehörde

Art. 415  

A. Prü­fung der Rech­nung und des Be­richts

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de prüft die Rech­nung und er­teilt oder ver­wei­gert die Ge­neh­mi­gung; wenn nö­tig, ver­langt sie ei­ne Be­rich­ti­gung.

2 Sie prüft den Be­richt und ver­langt, wenn nö­tig, des­sen Er­gän­zung.

3 Sie trifft nö­ti­gen­falls Mass­nah­men, die zur Wah­rung der In­ter­es­sen der be­trof­fe­nen Per­son an­ge­zeigt sind.

Art. 416  

B. Zu­stim­mungs­be­dürf­ti­ge Ge­schäf­te

I. Von Ge­set­zes we­gen

 

1 Für fol­gen­de Ge­schäf­te, die der Bei­stand oder die Bei­stän­din in Ver­tre­tung der be­trof­fe­nen Per­son vor­nimmt, ist die Zu­stim­mung der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de er­for­der­lich:

1.
Li­qui­da­ti­on des Haus­halts, Kün­di­gung des Ver­trags über Räum­lich­kei­ten, in de­nen die be­trof­fe­ne Per­son wohnt;
2.
Dau­er­ver­trä­ge über die Un­ter­brin­gung der be­trof­fe­nen Per­son;
3.
An­nah­me oder Aus­schla­gung ei­ner Erb­schaft, wenn da­für ei­ne aus­drück­li­che Er­klä­rung er­for­der­lich ist, so­wie Erb­ver­trä­ge und Erb­tei­lungs­ver­trä­ge;
4.
Er­werb, Ver­äus­se­rung, Ver­pfän­dung und an­de­re ding­li­che Be­las­tung von Grund­stücken so­wie Er­stel­len von Bau­ten, das über or­dent­li­che Ver­wal­tungs­hand­lun­gen hin­aus­geht;
5.
Er­werb, Ver­äus­se­rung und Ver­pfän­dung an­de­rer Ver­mö­gens­wer­te so­wie Er­rich­tung ei­ner Nutz­nies­sung dar­an, wenn die­se Ge­schäf­te nicht un­ter die Füh­rung der or­dent­li­chen Ver­wal­tung und Be­wirt­schaf­tung fal­len;
6.
Auf­nah­me und Ge­wäh­rung von er­heb­li­chen Dar­le­hen, Ein­ge­hung von wech­sel­recht­li­chen Ver­bind­lich­kei­ten;
7.
Leib­ren­ten- und Ver­pfrün­dungs­ver­trä­ge so­wie Le­bens­ver­si­che­run­gen, so­weit die­se nicht im Rah­men der be­ruf­li­chen Vor­sor­ge mit ei­nem Ar­beits­ver­trag zu­sam­men­hän­gen;
8.
Über­nah­me oder Li­qui­da­ti­on ei­nes Ge­schäfts, Ein­tritt in ei­ne Ge­sell­schaft mit per­sön­li­cher Haf­tung oder er­heb­li­cher Ka­pi­tal­be­tei­li­gung;
9.
Er­klä­rung der Zah­lungs­un­fä­hig­keit, Pro­zess­füh­rung, Ab­schluss ei­nes Ver­gleichs, ei­nes Schieds­ver­trags oder ei­nes Nach­lass­ver­trags, un­ter Vor­be­halt vor­läu­fi­ger Mass­nah­men des Bei­stands oder der Bei­stän­din in drin­gen­den Fäl­len.

2 Die Zu­stim­mung der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ist nicht er­for­der­lich, wenn die ur­teils­fä­hi­ge be­trof­fe­ne Per­son ihr Ein­ver­ständ­nis er­teilt und ih­re Hand­lungs­fä­hig­keit durch die Bei­stand­schaft nicht ein­ge­schränkt ist.

3 Im­mer der Zu­stim­mung der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de be­dür­fen Ver­trä­ge zwi­schen dem Bei­stand oder der Bei­stän­din und der be­trof­fe­nen Per­son, aus­ser die­se er­teilt einen un­ent­gelt­li­chen Auf­trag.

Art. 417  

II. Auf An­ord­nung

 

Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de kann aus wich­ti­gen Grün­den an­ord­nen, dass ihr wei­te­re Ge­schäf­te zur Zu­stim­mung un­ter­brei­tet wer­den.

Art. 418  

III. Feh­len der Zu­stim­mung

 

Ist ein Ge­schäft oh­ne die er­for­der­li­che Zu­stim­mung der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ab­ge­schlos­sen wor­den, so hat es für die be­trof­fe­ne Per­son nur die Wir­kung, die nach der Be­stim­mung des Per­so­nen­rechts über das Feh­len der Zu­stim­mung des ge­setz­li­chen Ver­tre­ters vor­ge­se­hen ist.

Siebter Unterabschnitt: Einschreiten der Erwachsenenschutzbehörde

Art. 419  
 

Ge­gen Hand­lun­gen oder Un­ter­las­sun­gen des Bei­stands oder der Bei­stän­din so­wie ei­ner Dritt­per­son oder Stel­le, der die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de einen Auf­trag er­teilt hat, kann die be­trof­fe­ne oder ei­ne ihr na­he­ste­hen­de Per­son und je­de Per­son, die ein recht­lich ge­schütz­tes In­ter­es­se hat, die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de an­ru­fen.

Achter Unterabschnitt: Besondere Bestimmungen für Angehörige

Art. 420  
 

Wer­den der Ehe­gat­te, die ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin oder der ein­ge­tra­ge­ne Part­ner, die El­tern, ein Nach­kom­me, ein Ge­schwis­ter, die fak­ti­sche Le­ben­s­part­ne­rin oder der fak­ti­sche Le­ben­s­part­ner der be­trof­fe­nen Per­son als Bei­stand oder Bei­stän­din ein­ge­setzt, so kann die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de sie von der In­ven­tar­pflicht, der Pflicht zur pe­ri­odi­schen Be­richt­er­stat­tung und Rech­nungs­ab­la­ge und der Pflicht, für be­stimm­te Ge­schäf­te die Zu­stim­mung ein­zu­ho­len, ganz oder teil­wei­se ent­bin­den, wenn die Um­stän­de es recht­fer­ti­gen.

Neunter Unterabschnitt: Das Ende des Amtes des Beistands oder der Beiständin

Art. 421  

A. Von Ge­set­zes we­gen

 

Das Amt des Bei­stands oder der Bei­stän­din en­det von Ge­set­zes we­gen:

1.
mit Ab­lauf ei­ner von der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de fest­ge­leg­ten Amts­dau­er, so­fern kei­ne Be­stä­ti­gung im Amt er­folgt;
2.
mit dem En­de der Bei­stand­schaft;
3.
mit dem En­de des Ar­beits­ver­hält­nis­ses als Be­rufs­bei­stand oder Be­rufs­bei­stän­din;
4.
im Zeit­punkt, in dem der Bei­stand oder die Bei­stän­din ver­bei­stän­det oder ur­teil­s­un­fä­hig wird oder stirbt.
Art. 422  

B. Ent­las­sung

I. Auf Be­geh­ren des Bei­stands oder der Bei­stän­din

 

1 Der Bei­stand oder die Bei­stän­din hat frü­he­s­tens nach vier Jah­ren Amts­dau­er An­spruch auf Ent­las­sung.

2 Vor­her kann der Bei­stand oder die Bei­stän­din die Ent­las­sung aus wich­ti­gen Grün­den ver­lan­gen.

Art. 423  

II. Üb­ri­ge Fäl­le

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ent­lässt den Bei­stand oder die Bei­stän­din, wenn:

1.
die Eig­nung für die Auf­ga­ben nicht mehr be­steht;
2.
ein an­de­rer wich­ti­ger Grund für die Ent­las­sung vor­liegt.

2 Die Ent­las­sung kann von der be­trof­fe­nen oder ei­ner ihr na­he­ste­hen­den Per­son be­an­tragt wer­den.

Art. 424  

C. Wei­ter­füh­rung der Ge­schäf­te

 

Der Bei­stand oder die Bei­stän­din ist ver­pflich­tet, nicht auf­schieb­ba­re Ge­schäf­te wei­ter­zu­füh­ren, bis der Nach­fol­ger oder die Nach­fol­ge­rin das Amt über­nimmt, so­fern die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de nichts an­de­res an­ord­net. Die­se Be­stim­mung gilt nicht für den Be­rufs­bei­stand oder die Be­rufs­bei­stän­din.

Art. 425  

D. Schluss­be­richt und Schluss­rech­nung

 

1 En­det das Amt, so er­stat­tet der Bei­stand oder die Bei­stän­din der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de den Schluss­be­richt und reicht ge­ge­be­nen­falls die Schluss­rech­nung ein. Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de kann den Be­rufs­bei­stand oder die Be­rufs­bei­stän­din von die­ser Pflicht ent­bin­den, wenn das Ar­beits­ver­hält­nis en­det.

2 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de prüft und ge­neh­migt den Schluss­be­richt und die Schluss­rech­nung auf die glei­che Wei­se wie die pe­ri­odi­schen Be­rich­te und Rech­nun­gen.

3 Sie stellt den Schluss­be­richt und die Schluss­rech­nung der be­trof­fe­nen Per­son oder de­ren Er­ben und ge­ge­be­nen­falls der neu­en Bei­stän­din oder dem neu­en Bei­stand zu und weist die­se Per­so­nen gleich­zei­tig auf die Be­stim­mun­gen über die Ver­ant­wort­lich­keit hin.

4 Sie teilt ih­nen zu­dem mit, ob sie den Bei­stand oder die Bei­stän­din ent­las­tet oder die Ge­neh­mi­gung des Schluss­be­richts oder der Schluss­rech­nung ver­wei­gert hat.

Dritter Abschnitt: Die fürsorgerische Unterbringung

Art. 426  

A. Die Mass­nah­men

I. Un­ter­brin­gung zur Be­hand­lung oder Be­treu­ung

 

1 Ei­ne Per­son, die an ei­ner psy­chi­schen Stö­rung oder an geis­ti­ger Be­hin­de­rung lei­det oder schwer ver­wahr­lost ist, darf in ei­ner ge­eig­ne­ten Ein­rich­tung un­ter­ge­bracht wer­den, wenn die nö­ti­ge Be­hand­lung oder Be­treu­ung nicht an­ders er­fol­gen kann.

2 Die Be­las­tung und der Schutz von An­ge­hö­ri­gen und Drit­ten sind zu be­rück­sich­ti­gen.

3 Die be­trof­fe­ne Per­son wird ent­las­sen, so­bald die Vor­aus­set­zun­gen für die Un­ter­brin­gung nicht mehr er­füllt sind.

4 Die be­trof­fe­ne oder ei­ne ihr na­he­ste­hen­de Per­son kann je­der­zeit um Ent­las­sung er­su­chen. Über die­ses Ge­such ist oh­ne Ver­zug zu ent­schei­den.

Art. 427  

II. Zu­rück­be­hal­tung frei­wil­lig Ein­ge­tre­te­ner

 

1 Will ei­ne Per­son, die an ei­ner psy­chi­schen Stö­rung lei­det und frei­wil­lig in ei­ne Ein­rich­tung ein­ge­tre­ten ist, die­se wie­der ver­las­sen, so kann sie von der ärzt­li­chen Lei­tung der Ein­rich­tung für höchs­tens drei Ta­ge zu­rück­be­hal­ten wer­den, wenn sie:

1.
sich selbst an Leib und Le­ben ge­fähr­det; oder
2.
das Le­ben oder die kör­per­li­che In­te­gri­tät Drit­ter ernst­haft ge­fähr­det.

2 Nach Ab­lauf der Frist kann die be­trof­fe­ne Per­son die Ein­rich­tung ver­las­sen, wenn nicht ein voll­streck­ba­rer Un­ter­brin­gungs­ent­scheid vor­liegt.

3 Die be­trof­fe­ne Per­son wird schrift­lich dar­auf auf­merk­sam ge­macht, dass sie das Ge­richt an­ru­fen kann.

Art. 428  

B. Zu­stän­dig­keit für die Un­ter­brin­gung und die Ent­las­sung

I. Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de

 

1 Für die An­ord­nung der Un­ter­brin­gung und die Ent­las­sung ist die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de zu­stän­dig.

2 Sie kann im Ein­zel­fall die Zu­stän­dig­keit für die Ent­las­sung der Ein­rich­tung über­tra­gen.

Art. 429  

II. Ärz­tin­nen und Ärz­te

1. Zu­stän­dig­keit

 

1 Die Kan­to­ne kön­nen Ärz­te und Ärz­tin­nen be­zeich­nen, die ne­ben der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ei­ne Un­ter­brin­gung wäh­rend ei­ner vom kan­to­na­len Recht fest­ge­leg­ten Dau­er an­ord­nen dür­fen. Die Dau­er darf höchs­tens sechs Wo­chen be­tra­gen.

2 Die ärzt­li­che Un­ter­brin­gung fällt spä­tes­tens nach Ab­lauf der fest­ge­leg­ten Dau­er da­hin, so­fern nicht ein voll­streck­ba­rer Un­ter­brin­gungs­ent­scheid der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de vor­liegt.

3 Über die Ent­las­sung ent­schei­det die Ein­rich­tung.

Art. 430  

2. Ver­fah­ren

 

1 Die Ärz­tin oder der Arzt un­ter­sucht per­sön­lich die be­trof­fe­ne Per­son und hört sie an.

2 Der Un­ter­brin­gungs­ent­scheid ent­hält min­des­tens fol­gen­de An­ga­ben:

1.
Ort und Da­tum der Un­ter­su­chung;
2.
Na­me der Ärz­tin oder des Arz­tes;
3.
Be­fund, Grün­de und Zweck der Un­ter­brin­gung;
4.
die Rechts­mit­tel­be­leh­rung.

3 Das Rechts­mit­tel hat kei­ne auf­schie­ben­de Wir­kung, so­fern die Ärz­tin oder der Arzt oder das zu­stän­di­ge Ge­richt nichts an­de­res ver­fügt.

4 Ein Ex­em­plar des Un­ter­brin­gungs­ent­scheids wird der be­trof­fe­nen Per­son aus­ge­hän­digt; ein wei­te­res Ex­em­plar wird der Ein­rich­tung bei der Auf­nah­me der be­trof­fe­nen Per­son vor­ge­legt.

5 Die Ärz­tin oder der Arzt in­for­miert, so­fern mög­lich, ei­ne der be­trof­fe­nen Per­son na­he­ste­hen­de Per­son schrift­lich über die Un­ter­brin­gung und die Be­fug­nis, das Ge­richt an­zu­ru­fen.

Art. 431  

C. Pe­ri­odi­sche Über­prü­fung

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de über­prüft spä­tes­tens sechs Mo­na­te nach Be­ginn der Un­ter­brin­gung, ob die Vor­aus­set­zun­gen noch er­füllt sind und ob die Ein­rich­tung wei­ter­hin ge­eig­net ist.

2 Sie führt in­ner­halb von wei­te­ren sechs Mo­na­ten ei­ne zwei­te Über­prü­fung durch. An­sch­lies­send führt sie die Über­prü­fung so oft wie nö­tig, min­des­tens aber jähr­lich durch.

Art. 432  

D. Ver­trau­ens­per­son

 

Je­de Per­son, die in ei­ner Ein­rich­tung un­ter­ge­bracht wird, kann ei­ne Per­son ih­res Ver­trau­ens bei­zie­hen, die sie wäh­rend des Auf­ent­halts und bis zum Ab­schluss al­ler da­mit zu­sam­men­hän­gen­den Ver­fah­ren un­ter­stützt.

Art. 433  

E. Me­di­zi­ni­sche Mass­nah­men bei ei­ner psy­chi­schen Stö­rung

I. Be­hand­lungs­plan

 

1 Wird ei­ne Per­son zur Be­hand­lung ei­ner psy­chi­schen Stö­rung in ei­ner Ein­rich­tung un­ter­ge­bracht, so er­stellt die be­han­deln­de Ärz­tin oder der be­han­deln­de Arzt un­ter Bei­zug der be­trof­fe­nen Per­son und ge­ge­be­nen­falls ih­rer Ver­trau­ens­per­son einen schrift­li­chen Be­hand­lungs­plan.

2 Die Ärz­tin oder der Arzt in­for­miert die be­trof­fe­ne Per­son und de­ren Ver­trau­ens­per­son über al­le Um­stän­de, die im Hin­blick auf die in Aus­sicht ge­nom­me­nen me­di­zi­ni­schen Mass­nah­men we­sent­lich sind, ins­be­son­de­re über de­ren Grün­de, Zweck, Art, Mo­da­li­tä­ten, Ri­si­ken und Ne­ben­wir­kun­gen, über Fol­gen ei­nes Un­ter­las­sens der Be­hand­lung so­wie über all­fäl­li­ge al­ter­na­ti­ve Be­hand­lungs­mög­lich­kei­ten.

3 Der Be­hand­lungs­plan wird der be­trof­fe­nen Per­son zur Zu­stim­mung un­ter­brei­tet. Bei ei­ner ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son ist ei­ne all­fäl­li­ge Pa­ti­en­ten­ver­fü­gung zu be­rück­sich­ti­gen.

4 Der Be­hand­lungs­plan wird der lau­fen­den Ent­wick­lung an­ge­passt.

Art. 434  

II. Be­hand­lung oh­ne Zu­stim­mung

 

1 Fehlt die Zu­stim­mung der be­trof­fe­nen Per­son, so kann die Chef­ärz­tin oder der Chef­arzt der Ab­tei­lung die im Be­hand­lungs­plan vor­ge­se­he­nen me­di­zi­ni­schen Mass­nah­men schrift­lich an­ord­nen, wenn:

1.
oh­ne Be­hand­lung der be­trof­fe­nen Per­son ein ernst­haf­ter ge­sund­heit­li­cher Scha­den droht oder das Le­ben oder die kör­per­li­che In­te­gri­tät Drit­ter ernst­haft ge­fähr­det ist;
2.
die be­trof­fe­ne Per­son be­züg­lich ih­rer Be­hand­lungs­be­dürf­tig­keit ur­teil­s­un­fä­hig ist; und
3.
kei­ne an­ge­mes­se­ne Mass­nah­me zur Ver­fü­gung steht, die we­ni­ger ein­schnei­dend ist.

2 Die An­ord­nung wird der be­trof­fe­nen Per­son und ih­rer Ver­trau­ens­per­son ver­bun­den mit ei­ner Rechts­mit­tel­be­leh­rung schrift­lich mit­ge­teilt.

Art. 435  

III. Not­fäl­le

 

1 In ei­ner Not­fall­si­tua­ti­on kön­nen die zum Schutz der be­trof­fe­nen Per­son oder Drit­ter un­er­läss­li­chen me­di­zi­ni­schen Mass­nah­men so­fort er­grif­fen wer­den.

2 Ist der Ein­rich­tung be­kannt, wie die Per­son be­han­delt wer­den will, so wird de­ren Wil­le be­rück­sich­tigt.

Art. 436  

IV. Aus­tritts­ge­spräch

 

1 Be­steht ei­ne Rück­fall­ge­fahr, so ver­sucht die be­han­deln­de Ärz­tin oder der be­han­deln­de Arzt mit der be­trof­fe­nen Per­son vor de­ren Ent­las­sung Be­hand­lungs­grund­sät­ze für den Fall ei­ner er­neu­ten Un­ter­brin­gung in der Ein­rich­tung zu ver­ein­ba­ren.

2 Das Aus­tritts­ge­spräch ist zu do­ku­men­tie­ren.

Art. 437  

V. Kan­to­na­les Recht

 

1 Die Kan­to­ne re­geln die Nach­be­treu­ung.

2 Sie kön­nen am­bu­lan­te Mass­nah­men vor­se­hen.

Art. 438  

F. Mass­nah­men zur Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit

 

Auf Mass­nah­men, die die Be­we­gungs­frei­heit der be­trof­fe­nen Per­so­nen in der Ein­rich­tung ein­schrän­ken, sind die Be­stim­mun­gen über die Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit in Wohn- oder Pfle­ge­ein­rich­tun­gen sinn­ge­mä­ss an­wend­bar. Vor­be­hal­ten bleibt die An­ru­fung des Ge­richts.

Art. 439  

G. An­ru­fung des Ge­richts

 

1 Die be­trof­fe­ne oder ei­ne ihr na­he­ste­hen­de Per­son kann in fol­gen­den Fäl­len schrift­lich das zu­stän­di­ge Ge­richt an­ru­fen:

1.
bei ärzt­lich an­ge­ord­ne­ter Un­ter­brin­gung;
2.
bei Zu­rück­be­hal­tung durch die Ein­rich­tung;
3.
bei Ab­wei­sung ei­nes Ent­las­sungs­ge­suchs durch die Ein­rich­tung;
4.
bei Be­hand­lung ei­ner psy­chi­schen Stö­rung oh­ne Zu­stim­mung;
5.
bei Mass­nah­men zur Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit.

2 Die Frist zur An­ru­fung des Ge­richts be­trägt zehn Ta­ge seit Mit­tei­lung des Ent­scheids. Bei Mass­nah­men zur Ein­schrän­kung der Be­we­gungs­frei­heit kann das Ge­richt je­der­zeit an­ge­ru­fen wer­den.

3 Das Ver­fah­ren rich­tet sich sinn­ge­mä­ss nach den Be­stim­mun­gen über das Ver­fah­ren vor der ge­richt­li­chen Be­schwer­de­in­stanz.

4 Je­des Be­geh­ren um ge­richt­li­che Be­ur­tei­lung ist un­ver­züg­lich an das zu­stän­di­ge Ge­richt wei­ter­zu­lei­ten.

Zwölfter Titel: Organisation

Erster Abschnitt: Behörden und örtliche Zuständigkeit

Art. 440  

A. Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ist ei­ne Fach­be­hör­de. Sie wird von den Kan­to­nen be­stimmt.

2 Sie fällt ih­re Ent­schei­de mit min­des­tens drei Mit­glie­dern. Die Kan­to­ne kön­nen für be­stimm­te Ge­schäf­te Aus­nah­men vor­se­hen.

3 Sie hat auch die Auf­ga­ben der Kin­des­schutz­be­hör­de.

Art. 441  

B. Auf­sichts­be­hör­de

 

1 Die Kan­to­ne be­stim­men die Auf­sichts­be­hör­den.

2 Der Bun­des­rat kann Be­stim­mun­gen über die Auf­sicht er­las­sen.

Art. 442  

C. Ört­li­che Zu­stän­dig­keit

 

1 Zu­stän­dig ist die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de am Wohn­sitz der be­trof­fe­nen Per­son. Ist ein Ver­fah­ren rechts­hän­gig, so bleibt die Zu­stän­dig­keit bis zu des­sen Ab­schluss auf je­den Fall er­hal­ten.

2 Ist Ge­fahr im Ver­zug, so ist auch die Be­hör­de am Ort zu­stän­dig, wo sich die be­trof­fe­ne Per­son auf­hält. Trifft die­se Be­hör­de ei­ne Mass­nah­me, so be­nach­rich­tigt sie die Wohn­sitz­be­hör­de.

3 Für ei­ne Bei­stand­schaft we­gen Ab­we­sen­heit ist auch die Be­hör­de des Or­tes zu­stän­dig, wo das Ver­mö­gen in sei­nem Haupt­be­stand­teil ver­wal­tet wor­den oder der be­trof­fe­nen Per­son zu­ge­fal­len ist.

4 Die Kan­to­ne sind be­rech­tigt, für ih­re Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, die Wohn­sitz im Kan­ton ha­ben, statt der Wohn­sitz­be­hör­de die Be­hör­de des Hei­mator­tes zu­stän­dig zu er­klä­ren, so­fern auch die Un­ter­stüt­zung be­dürf­ti­ger Per­so­nen ganz oder teil­wei­se der Hei­mat­ge­mein­de ob­liegt.

5 Wech­selt ei­ne Per­son, für die ei­ne Mass­nah­me be­steht, ih­ren Wohn­sitz, so über­nimmt die Be­hör­de am neu­en Ort die Mass­nah­me oh­ne Ver­zug, so­fern kei­ne wich­ti­gen Grün­de da­ge­gen spre­chen.

Zweiter Abschnitt: Verfahren

Erster Unterabschnitt: Vor der Erwachsenenschutzbehörde

Art. 443  

A. Mel­de­rech­te und -pflich­ten

 

1 Je­de Per­son kann der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de Mel­dung er­stat­ten, wenn ei­ne Per­son hilfs­be­dürf­tig er­scheint. Vor­be­hal­ten blei­ben die Be­stim­mun­gen über das Be­rufs­ge­heim­nis.

2 Wer in amt­li­cher Tä­tig­keit von ei­ner sol­chen Per­son er­fährt und der Hilfs­be­dürf­tig­keit im Rah­men sei­ner Tä­tig­keit nicht Ab­hil­fe schaf­fen kann, ist mel­de­pflich­tig. Vor­be­hal­ten blei­ben die Be­stim­mun­gen über das Be­rufs­ge­heim­nis.470

3 Die Kan­to­ne kön­nen wei­te­re Mel­de­pflich­ten vor­se­hen.471

470Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 15. Dez. 2017 (Kin­des­schutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 2947; BBl 2015 3431).

471Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 15. Dez. 2017 (Kin­des­schutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 2947; BBl 2015 3431).

Art. 444  

B. Prü­fung der Zu­stän­dig­keit

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de prüft ih­re Zu­stän­dig­keit von Am­tes we­gen.

2 Hält sie sich nicht für zu­stän­dig, so über­weist sie die Sa­che un­ver­züg­lich der Be­hör­de, die sie als zu­stän­dig er­ach­tet.

3 Zwei­felt sie an ih­rer Zu­stän­dig­keit, so pflegt sie einen Mei­nungs­aus­tausch mit der Be­hör­de, de­ren Zu­stän­dig­keit in Fra­ge kommt.

4 Kann im Mei­nungs­aus­tausch kei­ne Ei­ni­gung er­zielt wer­den, so un­ter­brei­tet die zu­erst be­fass­te Be­hör­de die Fra­ge ih­rer Zu­stän­dig­keit der ge­richt­li­chen Be­schwer­de­in­stanz.

Art. 445  

C. Vor­sorg­li­che Mass­nah­men

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de trifft auf An­trag ei­ner am Ver­fah­ren be­tei­lig­ten Per­son oder von Am­tes we­gen al­le für die Dau­er des Ver­fah­rens not­wen­di­gen vor­sorg­li­chen Mass­nah­men. Sie kann ins­be­son­de­re ei­ne Mass­nah­me des Er­wach­se­nen­schut­zes vor­sorg­lich an­ord­nen.

2 Bei be­son­de­rer Dring­lich­keit kann sie vor­sorg­li­che Mass­nah­men so­fort oh­ne An­hö­rung der am Ver­fah­ren be­tei­lig­ten Per­so­nen tref­fen. Gleich­zei­tig gibt sie die­sen Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me; an­sch­lies­send ent­schei­det sie neu.

3 Ge­gen Ent­schei­de über vor­sorg­li­che Mass­nah­men kann in­nert zehn Ta­gen nach de­ren Mit­tei­lung Be­schwer­de er­ho­ben wer­den.

Art. 446  

D. Ver­fah­rens­grund­sät­ze

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de er­forscht den Sach­ver­halt von Am­tes we­gen.

2 Sie zieht die er­for­der­li­chen Er­kun­di­gun­gen ein und er­hebt die not­wen­di­gen Be­wei­se. Sie kann ei­ne ge­eig­ne­te Per­son oder Stel­le mit Ab­klä­run­gen be­auf­tra­gen. Nö­ti­gen­falls ord­net sie das Gut­ach­ten ei­ner sach­ver­stän­di­gen Per­son an.

3 Sie ist nicht an die An­trä­ge der am Ver­fah­ren be­tei­lig­ten Per­so­nen ge­bun­den.

4 Sie wen­det das Recht von Am­tes we­gen an.

Art. 447  

E. An­hö­rung

 

1 Die be­trof­fe­ne Per­son wird per­sön­lich an­ge­hört, so­weit dies nicht als un­ver­hält­nis­mäs­sig er­scheint.

2 Im Fall ei­ner für­sor­ge­ri­schen Un­ter­brin­gung hört die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de die be­trof­fe­ne Per­son in der Re­gel als Kol­le­gi­um an.

Art. 448  

F. Mit­wir­kungs­pflich­ten und Amts­hil­fe

 

1 Die am Ver­fah­ren be­tei­lig­ten Per­so­nen und Drit­te sind zur Mit­wir­kung bei der Ab­klä­rung des Sach­ver­halts ver­pflich­tet. Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de trifft die zur Wah­rung schutz­wür­di­ger In­ter­es­sen er­for­der­li­chen An­ord­nun­gen. Nö­ti­gen­falls ord­net sie die zwangs­wei­se Durch­set­zung der Mit­wir­kungs­pflicht an.

2 Ärz­tin­nen und Ärz­te, Zahn­ärz­tin­nen und Zahn­ärz­te, Apo­the­ke­rin­nen und Apo­the­ker, Heb­am­men und Ent­bin­dungs­pfle­ger, Chi­ro­prak­to­ren, Psy­cho­lo­gen so­wie ih­re Hilfs­per­so­nen sind nur dann zur Mit­wir­kung ver­pflich­tet, wenn die ge­heim­nis­be­rech­tig­te Per­son sie da­zu er­mäch­tigt hat oder die vor­ge­setz­te Be­hör­de oder die Auf­sichts­be­hör­de sie auf ei­ge­nes Ge­such oder auf Ge­such der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de vom Be­rufs­ge­heim­nis ent­bun­den hat.472

3 Nicht zur Mit­wir­kung ver­pflich­tet sind Geist­li­che, Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wäl­te, Ver­tei­di­ge­rin­nen und Ver­tei­di­ger, Me­dia­to­rin­nen und Me­dia­to­ren so­wie ehe­ma­li­ge Bei­stän­din­nen und Bei­stän­de, die für das Ver­fah­ren er­nannt wur­den.

4 Ver­wal­tungs­be­hör­den und Ge­rich­te ge­ben die not­wen­di­gen Ak­ten her­aus, er­stat­ten Be­richt und er­tei­len Aus­künf­te, so­weit nicht schutz­wür­di­ge In­ter­es­sen ent­ge­gen­ste­hen.

472Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 15. Dez. 2017 (Kin­des­schutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 2947; BBl 2015 3431).

Art. 449  

G. Be­gut­ach­tung in ei­ner Ein­rich­tung

 

1 Ist ei­ne psych­ia­tri­sche Be­gut­ach­tung un­er­läss­lich und kann die­se nicht am­bu­lant durch­ge­führt wer­den, so weist die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de die be­trof­fe­ne Per­son zur Be­gut­ach­tung in ei­ne ge­eig­ne­te Ein­rich­tung ein.

2 Die Be­stim­mun­gen über das Ver­fah­ren bei für­sor­ge­ri­scher Un­ter­brin­gung sind sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

Art. 449a  

H. An­ord­nung ei­ner Ver­tre­tung

 

Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ord­net wenn nö­tig die Ver­tre­tung der be­trof­fe­nen Per­son an und be­zeich­net als Bei­stand oder Bei­stän­din ei­ne in für­sor­ge­ri­schen und recht­li­chen Fra­gen er­fah­re­ne Per­son.

Art. 449b  

I. Ak­ten­ein­sicht

 

1 Die am Ver­fah­ren be­tei­lig­ten Per­so­nen ha­ben An­spruch auf Ak­ten­ein­sicht, so­weit nicht über­wie­gen­de In­ter­es­sen ent­ge­gen­ste­hen.

2 Wird ei­ner am Ver­fah­ren be­tei­lig­ten Per­son die Ein­sicht­nah­me in ein Ak­ten­stück ver­wei­gert, so wird auf die­ses nur ab­ge­stellt, wenn ihr die Be­hör­de von sei­nem für die Sa­che we­sent­li­chen In­halt münd­lich oder schrift­lich Kennt­nis ge­ge­ben hat.

Art. 449c  

J. Mit­tei­lungs­pflicht

 

Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de macht dem Zi­vil­stands­amt Mit­tei­lung, wenn:

1.
sie ei­ne Per­son we­gen dau­ern­der Ur­teil­s­un­fä­hig­keit un­ter um­fas­sen­de Bei­stand­schaft stellt;
2.
für ei­ne dau­ernd ur­teil­s­un­fä­hi­ge Per­son ein Vor­sor­ge­auf­trag wirk­sam wird.

Zweiter Unterabschnitt: Vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz

Art. 450  

A. Be­schwer­de­ob­jekt und Be­schwer­de­be­fug­nis

 

1 Ge­gen Ent­schei­de der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de kann Be­schwer­de beim zu­stän­di­gen Ge­richt er­ho­ben wer­den.

2 Zur Be­schwer­de be­fugt sind:

1.
die am Ver­fah­ren be­tei­lig­ten Per­so­nen;
2.
die der be­trof­fe­nen Per­son na­he­ste­hen­den Per­so­nen;
3.
Per­so­nen, die ein recht­lich ge­schütz­tes In­ter­es­se an der Auf­he­bung oder Än­de­rung des an­ge­foch­te­nen Ent­scheids ha­ben.

3 Die Be­schwer­de ist beim Ge­richt schrift­lich und be­grün­det ein­zu­rei­chen.

Art. 450a  

B. Be­schwer­de­grün­de

 

1 Mit der Be­schwer­de kann ge­rügt wer­den:

1.
Rechts­ver­let­zung;
2.
un­rich­ti­ge oder un­voll­stän­di­ge Fest­stel­lung des recht­s­er­heb­li­chen Sach­ver­halts;
3.
Un­an­ge­mes­sen­heit.

2 Fer­ner kann we­gen Rechts­ver­wei­ge­rung und Rechts­ver­zö­ge­rung Be­schwer­de ge­führt wer­den.

Art. 450b  

C. Be­schwer­de­frist

 

1 Die Be­schwer­de­frist be­trägt dreis­sig Ta­ge seit Mit­tei­lung des Ent­scheids. Die­se Frist gilt auch für be­schwer­de­be­rech­tig­te Per­so­nen, de­nen der Ent­scheid nicht mit­ge­teilt wer­den muss.

2 Bei ei­nem Ent­scheid auf dem Ge­biet der für­sor­ge­ri­schen Un­ter­brin­gung be­trägt die Be­schwer­de­frist zehn Ta­ge seit Mit­tei­lung des Ent­scheids.

3 We­gen Rechts­ver­wei­ge­rung und Rechts­ver­zö­ge­rung kann je­der­zeit Be­schwer­de ge­führt wer­den.

Art. 450c  

D. Auf­schie­ben­de Wir­kung

 

Die Be­schwer­de hat auf­schie­ben­de Wir­kung, so­fern die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de oder die ge­richt­li­che Be­schwer­de­in­stanz nichts an­de­res ver­fügt.

Art. 450d  

E. Ver­nehm­las­sung der Vor­in­stanz und Wie­der­er­wä­gung

 

1 Die ge­richt­li­che Be­schwer­de­in­stanz gibt der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de Ge­le­gen­heit zur Ver­nehm­las­sung.

2 Statt ei­ne Ver­nehm­las­sung ein­zu­rei­chen, kann die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de den Ent­scheid in Wie­der­er­wä­gung zie­hen.

Art. 450e  

F. Be­son­de­re Be­stim­mun­gen bei für­sor­ge­ri­scher Un­ter­brin­gung

 

1 Die Be­schwer­de ge­gen einen Ent­scheid auf dem Ge­biet der für­sor­ge­ri­schen Un­ter­brin­gung muss nicht be­grün­det wer­den.

2 Die Be­schwer­de hat kei­ne auf­schie­ben­de Wir­kung, so­fern die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de oder die ge­richt­li­che Be­schwer­de­in­stanz nichts an­de­res ver­fügt.

3 Bei psy­chi­schen Stö­run­gen muss ge­stützt auf das Gut­ach­ten ei­ner sach­ver­stän­di­gen Per­son ent­schie­den wer­den.

4 Die ge­richt­li­che Be­schwer­de­in­stanz hört die be­trof­fe­ne Per­son in der Re­gel als Kol­le­gi­um an. Sie ord­net wenn nö­tig de­ren Ver­tre­tung an und be­zeich­net als Bei­stand oder Bei­stän­din ei­ne in für­sor­ge­ri­schen und recht­li­chen Fra­gen er­fah­re­ne Per­son.

5 Sie ent­schei­det in der Re­gel in­nert fünf Ar­beits­ta­gen seit Ein­gang der Be­schwer­de.

Dritter Unterabschnitt: Gemeinsame Bestimmung

Art. 450f  
 

Im Üb­ri­gen sind die Be­stim­mun­gen der Zi­vil­pro­zess­ord­nung sinn­ge­mä­ss an­wend­bar, so­weit die Kan­to­ne nichts an­de­res be­stim­men.

Vierter Unterabschnitt: Vollstreckung

Art. 450g  
 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de voll­streckt die Ent­schei­de auf An­trag oder von Am­tes we­gen.

2 Hat die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de oder die ge­richt­li­che Be­schwer­de­in­stanz im Ent­scheid be­reits Voll­stre­ckungs­mass­nah­men an­ge­ord­net, so kann die­ser di­rekt voll­streckt wer­den.

3 Die mit der Voll­stre­ckung be­trau­te Per­son kann nö­ti­gen­falls po­li­zei­li­che Hil­fe be­an­spru­chen. Un­mit­tel­ba­re Zwangs­mass­nah­men sind in der Re­gel vor­gän­gig an­zu­dro­hen.

Dritter Abschnitt: Verhältnis zu Dritten und Zusammenarbeitspflicht

Art. 451  

A. Ver­schwie­gen­heits­pflicht und Aus­kunft

 

1 Die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de ist zur Ver­schwie­gen­heit ver­pflich­tet, so­weit nicht über­wie­gen­de In­ter­es­sen ent­ge­gen­ste­hen.

2 Wer ein In­ter­es­se glaub­haft macht, kann von der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de Aus­kunft über das Vor­lie­gen und die Wir­kun­gen ei­ner Mass­nah­me des Er­wach­se­nen­schut­zes ver­lan­gen.

Art. 452  

B. Wir­kung der Mass­nah­men ge­gen­über Drit­ten

 

1 Ei­ne Mass­nah­me des Er­wach­se­nen­schut­zes kann Drit­ten, auch wenn sie gut­gläu­big sind, ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den.

2 Schränkt die Bei­stand­schaft die Hand­lungs­fä­hig­keit der be­trof­fe­nen Per­son ein, so ist den Schuld­nern mit­zu­tei­len, dass ih­re Leis­tung nur be­frei­en­de Wir­kung hat, wenn sie die­se dem Bei­stand oder der Bei­stän­din er­brin­gen. Vor­her kann die Bei­stand­schaft gut­gläu­bi­gen Schuld­nern nicht ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den.

3 Hat ei­ne Per­son, für die ei­ne Mass­nah­me des Er­wach­se­nen­schut­zes be­steht, an­de­re zur irr­tüm­li­chen An­nah­me ih­rer Hand­lungs­fä­hig­keit ver­lei­tet, so ist sie ih­nen für den da­durch ver­ur­sach­ten Scha­den ver­ant­wort­lich.

Art. 453  

C. Zu­sam­men­ar­beits­pflicht

 

1 Be­steht die ernst­haf­te Ge­fahr, dass ei­ne hilfs­be­dürf­ti­ge Per­son sich selbst ge­fähr­det oder ein Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen be­geht, mit dem sie je­man­den kör­per­lich, see­lisch oder ma­te­ri­ell schwer schä­digt, so ar­bei­ten die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de, die be­trof­fe­nen Stel­len und die Po­li­zei zu­sam­men.

2 Per­so­nen, die dem Amts- oder Be­rufs­ge­heim­nis un­ter­ste­hen, sind in ei­nem sol­chen Fall be­rech­tigt, der Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de Mit­tei­lung zu ma­chen.

Vierter Abschnitt: Verantwortlichkeit

Art. 454  

A. Grund­satz

 

1 Wer im Rah­men der be­hörd­li­chen Mass­nah­men des Er­wach­se­nen­schut­zes durch wi­der­recht­li­ches Han­deln oder Un­ter­las­sen ver­letzt wird, hat An­spruch auf Scha­den­er­satz und, so­fern die Schwe­re der Ver­let­zung es recht­fer­tigt, auf Ge­nug­tu­ung.

2 Der glei­che An­spruch be­steht, wenn sich die Er­wach­se­nen­schutz­be­hör­de oder die Auf­sichts­be­hör­de in den an­de­ren Be­rei­chen des Er­wach­se­nen­schut­zes wi­der­recht­lich ver­hal­ten hat.

3 Haft­bar ist der Kan­ton; ge­gen die Per­son, die den Scha­den ver­ur­sacht hat, steht der ge­schä­dig­ten Per­son kein Er­satz­an­spruch zu.

4 Für den Rück­griff des Kan­tons auf die Per­son, die den Scha­den ver­ur­sacht hat, ist das kan­to­na­le Recht mass­ge­bend.

Art. 455  

B. Ver­jäh­rung

 

1 Der An­spruch auf Scha­den­er­satz oder Ge­nug­tu­ung ver­jährt nach den Be­stim­mun­gen des Ob­li­ga­tio­nen­rechts473 über die un­er­laub­ten Hand­lun­gen.474

2 Hat die Per­son, die den Scha­den ver­ur­sacht hat, durch ihr Ver­hal­ten ei­ne straf­ba­re Hand­lung be­gan­gen, so ver­jährt der An­spruch auf Scha­den­er­satz oder Ge­nug­tu­ung frü­he­s­tens mit Ein­tritt der straf­recht­li­chen Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung. Tritt die­se in­fol­ge ei­nes ers­tin­stanz­li­chen Stra­f­ur­teils nicht mehr ein, so ver­jährt der An­spruch frü­he­s­tens mit Ab­lauf von drei Jah­ren seit Er­öff­nung des Ur­teils.475

3 Be­ruht die Ver­let­zung auf der An­ord­nung oder Durch­füh­rung ei­ner Dau­er­mass­nah­me, so be­ginnt die Ver­jäh­rung des An­spruchs ge­gen­über dem Kan­ton nicht vor dem Weg­fall der Dau­er­mass­nah­me oder ih­rer Wei­ter­füh­rung durch einen an­de­ren Kan­ton.

473 SR 220

474 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 3 des BG vom 15. Ju­ni 2018 (Re­vi­si­on des Ver­jäh­rungs­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2018 5343; BBl 2014 235).

475 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 3 des BG vom 15. Ju­ni 2018 (Re­vi­si­on des Ver­jäh­rungs­rechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2018 5343; BBl 2014 235).

Art. 456  

C. Haf­tung nach Auf­trags­recht

 

Die Haf­tung der vor­sor­ge­be­auf­trag­ten Per­son so­wie die­je­ni­ge des Ehe­gat­ten, der ein­ge­tra­ge­nen Part­ne­rin oder des ein­ge­tra­ge­nen Part­ners ei­ner ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son oder des Ver­tre­ters oder der Ver­tre­te­rin bei me­di­zi­ni­schen Mass­nah­men, so­weit es sich nicht um den Bei­stand oder die Bei­stän­din han­delt, rich­tet sich nach den Be­stim­mun­gen des Ob­li­ga­tio­nen­rechts476 über den Auf­trag.

Dritter Teil: Das Erbrecht

Erste Abteilung: Die Erben

Dreizehnter Titel: Die gesetzlichen Erben

Art. 457  

A. Ver­wand­te

I. Nach­kom­men

 

1 Die nächs­ten Er­ben ei­nes Erb­las­sers sind sei­ne Nach­kom­men.

2 Die Kin­der er­ben zu glei­chen Tei­len.

3 An die Stel­le vor­ver­stor­be­ner Kin­der tre­ten ih­re Nach­kom­men, und zwar in al­len Gra­den nach Stäm­men.

Art. 458  

II. El­ter­li­cher Stamm

 

1 Hin­ter­lässt der Erb­las­ser kei­ne Nach­kom­men, so ge­langt die Erb­schaft an den Stamm der El­tern.

2 Va­ter und Mut­ter er­ben nach Hälf­ten.

3 An die Stel­le von Va­ter oder Mut­ter, die vor­ver­stor­ben sind, tre­ten ih­re Nach­kom­men, und zwar in al­len Gra­den nach Stäm­men.

4 Fehlt es an Nach­kom­men auf ei­ner Sei­te, so fällt die gan­ze Erb­schaft an die Er­ben der an­dern Sei­te.

Art. 459  

III. Gros­sel­ter­li­cher Stamm

 

1 Hin­ter­lässt der Erb­las­ser we­der Nach­kom­men noch Er­ben des el­ter­li­chen Stam­mes, so ge­langt die Erb­schaft an den Stamm der Gros­s­el­tern.

2 Über­le­ben die Gros­s­el­tern der vä­ter­li­chen und die der müt­ter­li­chen Sei­te den Erb­las­ser, so er­ben sie auf je­der Sei­te zu glei­chen Tei­len.

3 An die Stel­le ei­nes vor­ver­stor­be­nen Gross­va­ters oder ei­ner vor­ver­stor­be­nen Gross­mut­ter tre­ten ih­re Nach­kom­men, und zwar in al­len Gra­den nach Stäm­men.

4 Ist der Gross­va­ter oder die Gross­mut­ter auf der vä­ter­li­chen oder der müt­ter­li­chen Sei­te vor­ver­stor­ben, und fehlt es auch an Nach­kom­men des Vor­ver­stor­be­nen, so fällt die gan­ze Hälf­te an die vor­han­de­nen Er­ben der glei­chen Sei­te.

5 Fehlt es an Er­ben der vä­ter­li­chen oder der müt­ter­li­chen Sei­te, so fällt die gan­ze Erb­schaft an die Er­ben der an­dern Sei­te.

Art. 460478  

IV. Um­fang der Erb­be­rech­ti­gung

 

Mit dem Stamm der Gros­s­el­tern hört die Erb­be­rech­ti­gung der Ver­wand­ten auf.

478Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 (AS 1986 122153Art. 1; BBl 1979 II 1191).

Art. 461479  
 

479Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I 2 des BG vom 25. Ju­ni 1976, mit Wir­kung seit 1. Jan. 1978 (AS 1977 237; BBl 1974 II 1).

Art. 462480  

B. Über­le­ben­de Ehe­gat­ten und über­le­ben­de ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin­nen oder Part­ner

 

Über­le­ben­de Ehe­gat­ten und über­le­ben­de ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin­nen oder Part­ner er­hal­ten:

1.
wenn sie mit Nach­kom­men zu tei­len ha­ben, die Hälf­te der Erb­schaft;
2.
wenn sie mit Er­ben des el­ter­li­chen Stam­mes zu tei­len ha­ben, drei Vier­tel der Erb­schaft;
3.
wenn auch kei­ne Er­ben des el­ter­li­chen Stam­mes vor­han­den sind, die gan­ze Erb­schaft.

480 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 8 des Part­ner­schafts­ge­set­zes vom 18. Ju­ni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2005 5685; BBl 2003 1288).

Art. 463–464481  
 

481Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, mit Wir­kung seit 1. Jan. 1988 (AS 1986 122; BBl 1979 II 1191).

Art. 465482  

C. …

 

482Auf­ge­ho­ben durch Ziff. I 3 des BG vom 30. Ju­ni 1972, mit Wir­kung seit 1. April 1973 (AS 1972 2819; BBl 1971 I 1200). Sie­he je­doch Art. 12a SchlT hier­nach.

Art. 466483  

D. Ge­mein­we­sen

 

Hin­ter­lässt der Erb­las­ser kei­ne Er­ben, so fällt die Erb­schaft an den Kan­ton, in dem der Erb­las­ser den letz­ten Wohn­sitz ge­habt hat, oder an die Ge­mein­de, die von der Ge­setz­ge­bung die­ses Kan­tons als be­rech­tigt be­zeich­net wird.

483Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 (AS 1986 122153Art. 1; BBl 1979 II 1191).

Vierzehnter Titel: Die Verfügungen von Todes wegen

Diese Seite ist durch reCAPTCHA geschützt und die Google Datenschutzrichtlinie und Nutzungsbedingungen gelten.

Feedback
Laden