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Bundesgesetz über internationale Kindesentführung und die Haager Übereinkommen zum Schutz von Kindern und Erwachsenen

vom 21. Dezember 2007 (Stand am 1. Juli 2009)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 122 der Bundesverfassung1; in Ausführung des Haager Übereinkommens vom 25. Oktober 19802 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (Haager Kindesentführungsübereinkommen, HKÜ) und des Europäischen Übereinkommens vom 20. Mai 19803 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts (Europäisches Sorgerechtsübereinkommen, ESÜ); in Ausführung des Haager Übereinkommens vom 19. Oktober 19964 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kindesschutzübereinkommen, HKsÜ) und des Haager Übereinkommens vom 13. Januar 20005 über den internationalen Schutz von Erwachsenen (Haager Erwachsenenschutzübereinkommen, HEsÜ); nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 20076,

beschliesst:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Zentrale Behörde des Bundes  

1Das Bun­des­amt für Jus­tiz ist die Zen­tra­le Be­hör­de des Bun­des für die im In­gress auf­ge­führ­ten Über­ein­kom­men.

2Sie nimmt die im HKÜ und im ESÜ vor­ge­se­he­nen Auf­ga­ben wahr.

3Für das HKsÜ und das HE­sÜ hat sie die Auf­ga­be:

a.
Mit­tei­lun­gen aus dem Aus­land an die zu­stän­di­ge Zen­tra­le Be­hör­de des Kan­tons wei­ter­zu­lei­ten;
b.
aus­län­di­schen Be­hör­den Aus­künf­te über schwei­ze­ri­sches Recht und die in der Schweiz für den Schutz von Kin­dern ver­füg­ba­ren Diens­te zu er­tei­len;
c.
die Schweiz ge­gen­über aus­län­di­schen Zen­tra­len Be­hör­den zu ver­tre­ten;
d.
die Zen­tra­len Be­hör­den der Kan­to­ne be­tref­fend die­se Über­ein­kom­men zu be­ra­ten und für de­ren An­wen­dung zu sor­gen;
e.
die Zu­sam­men­ar­beit der Zen­tra­len Be­hör­den der Kan­to­ne un­ter­ein­an­der, mit den Fach­per­so­nen und In­sti­tu­tio­nen nach Ar­ti­kel 3 so­wie mit den Zen­tra­len Be­hör­den der Ver­trags­staa­ten zu för­dern.
Art. 2 Zentrale Behörden der Kantone  

1Je­der Kan­ton be­zeich­net ei­ne Zen­tra­le Be­hör­de für das HKsÜ und das HE­sÜ.

2So­weit Ar­ti­kel 1 Ab­satz 3 nichts an­de­res be­stimmt, sind die Zen­tra­len Be­hör­den der Kan­to­ne für die Auf­ga­ben zu­stän­dig, die die­se Über­ein­kom­men den Zen­tra­len Be­hör­den zu­wei­sen.

3Die Zen­tra­len Be­hör­den der Kan­to­ne oder die von den Kan­to­nen be­zeich­ne­ten Be­hör­den stel­len auf An­trag die Be­schei­ni­gun­gen nach Ar­ti­kel 40 Ab­satz 3 des HKsÜ und Ar­ti­kel 38 Ab­satz 3 des HE­sÜ aus.

2. Abschnitt: Internationale Kindesentführung

Art. 3 Fachpersonen und Institutionen  

1Die Zen­tra­le Be­hör­de des Bun­des sorgt in Zu­sam­men­ar­beit mit den Kan­to­nen für ein Netz­werk von Fach­per­so­nen und In­sti­tu­tio­nen, die für Be­ra­tung, Ver­mitt­lung und Me­dia­ti­on so­wie für die Kin­des­ver­tre­tung zur Ver­fü­gung ste­hen und in der La­ge sind, mit der ge­bo­te­nen Ei­le zu han­deln.

2Sie kann Auf­ga­ben nach Ab­satz 1 ei­ner pri­va­ten Stel­le über­tra­gen und die­se für die ent­stan­de­nen Kos­ten oder pau­schal ent­schä­di­gen.

Art. 4 Vermittlungsverfahren oder Mediation  

1Die Zen­tra­le Be­hör­de kann ein Ver­mitt­lungs­ver­fah­ren oder ei­ne Me­dia­ti­on ein­lei­ten mit dem Ziel, die frei­wil­li­ge Rück­füh­rung des Kin­des zu er­rei­chen oder ei­ne güt­li­che Re­ge­lung der An­ge­le­gen­heit her­bei­zu­füh­ren.

2Sie ver­an­lasst die be­trof­fe­nen Per­so­nen in ge­eig­ne­ter Wei­se, am Ver­mitt­lungs­ver­fah­ren oder an der Me­dia­ti­on teil­zu­neh­men.

Art. 5 Rückführung und Kindeswohl  

Die Rück­füh­rung bringt das Kind ins­be­son­de­re dann in ei­ne un­zu­mut­ba­re La­ge nach Ar­ti­kel 13 Ab­satz 1 Buch­sta­be b HKÜ, wenn:

a.
die Un­ter­brin­gung bei dem das Ge­such stel­len­den El­tern­teil of­fen­sicht­lich nicht dem Wohl des Kin­des ent­spricht;
b.
der ent­füh­ren­de El­tern­teil un­ter Wür­di­gung der ge­sam­ten Um­stän­de nicht in der La­ge ist oder es ihm of­fen­sicht­lich nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann, das Kind im Staat zu be­treu­en, in dem es un­mit­tel­bar vor der Ent­füh­rung sei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat­te; und
c.
die Un­ter­brin­gung bei Dritt­per­so­nen of­fen­sicht­lich nicht dem Wohl des Kin­des ent­spricht.
Art. 6 Schutzmassnahmen  

1Das mit dem Rück­füh­rungs­ge­such be­fass­te Ge­richt re­gelt so­weit er­for­der­lich den per­sön­li­chen Ver­kehr des Kin­des mit den El­tern und ord­net Mass­nah­men zum Schutz des Kin­des an.

2Ist das Rück­füh­rungs­ge­such bei der Zen­tra­len Be­hör­de ein­ge­gan­gen, so kann das zu­stän­di­ge Ge­richt auf An­trag der Zen­tra­len Be­hör­de oder ei­ner der Par­tei­en die Ver­tre­tung des Kin­des, ei­ne Bei­stand­schaft oder an­de­re Schutz­mass­nah­men an­ord­nen, wenn das Ge­such bei die­sem Ge­richt noch nicht ein­ge­reicht wor­den ist.

Art. 7 Zuständiges Gericht  

1Zu­stän­dig für die Be­ur­tei­lung von Rück­füh­rungs­ge­su­chen, ein­sch­liess­lich der Mass­nah­men zum Schutz von Kin­dern, ist als ein­zi­ge In­stanz das obe­re Ge­richt des Kan­tons, in dem sich das Kind im Zeit­punkt der Ein­rei­chung des Ge­suchs auf­hält.

2Das Ge­richt kann das Ver­fah­ren an das obe­re Ge­richt ei­nes an­de­ren Kan­tons ab­tre­ten, wenn die Par­tei­en und das er­such­te Ge­richt dem zu­stim­men.

Art. 8 Gerichtsverfahren  

1Das Ge­richt lei­tet ein Ver­mitt­lungs­ver­fah­ren oder ei­ne Me­dia­ti­on ein mit dem Ziel, die frei­wil­li­ge Rück­füh­rung des Kin­des zu er­rei­chen oder ei­ne güt­li­che Re­ge­lung der An­ge­le­gen­heit her­bei­zu­füh­ren, so­weit die Zen­tra­le Be­hör­de dies noch nicht ver­an­lasst hat.

2Lässt sich im Ver­mitt­lungs­ver­fah­ren oder in der Me­dia­ti­on kei­ne Ei­ni­gung her­bei­füh­ren, die den Rück­zug des Rück­füh­rungs­ge­suchs zur Fol­ge hat, so ent­schei­det das Ge­richt in ei­nem sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren.

3Es in­for­miert die Zen­tra­le Be­hör­de über die we­sent­li­chen Ver­fah­rens­schrit­te.

Art. 9 Anhörung und Vertretung des Kindes  

1Das Ge­richt hört so weit als mög­lich die Par­tei­en per­sön­lich an.

2So­weit nicht das Al­ter des Kin­des oder an­de­re wich­ti­ge Grün­de da­ge­gen spre­chen, hört das Ge­richt das Kind in ge­eig­ne­ter Wei­se per­sön­lich an oder be­auf­tragt da­mit ei­ne Fach­per­son.

3Es ord­net die Ver­tre­tung des Kin­des an und be­zeich­net als Bei­stand oder als Bei­stän­din ei­ne in für­sor­ge­ri­schen und recht­li­chen Fra­gen er­fah­re­ne Per­son. Die­se kann An­trä­ge stel­len und Rechts­mit­tel ein­le­gen.

Art. 10 Internationale Zusammenarbeit  

1Das Ge­richt ar­bei­tet so­weit er­for­der­lich mit den zu­stän­di­gen Be­hör­den des Staa­tes zu­sam­men, in dem das Kind zu­vor sei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat­te.

2Es ver­ge­wis­sert sich, al­len­falls in Zu­sam­men­ar­beit mit der Zen­tra­len Be­hör­de, ob und auf wel­che Wei­se die Rück­füh­rung des Kin­des in den Staat, in dem die­ses zu­vor sei­nen ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat­te, voll­zo­gen wer­den kann.

Art. 11 Rückführungsentscheid  

1Der Ent­scheid über die Rück­füh­rung des Kin­des ist mit Voll­stre­ckungs­mass­nah­men zu ver­bin­den und der Voll­stre­ckungs­be­hör­de so­wie der Zen­tra­len Be­hör­de mit­zu­tei­len.

2Der Rück­füh­rungs­ent­scheid und die Voll­stre­ckungs­mass­nah­men gel­ten für die gan­ze Schweiz.

Art. 12 Vollstreckung  

1Für die Voll­stre­ckung be­zeich­nen die Kan­to­ne ei­ne ein­zi­ge Be­hör­de.

2Die Be­hör­de be­rück­sich­tigt das Kin­des­wohl und wirkt auf einen frei­wil­li­gen Voll­zug hin.

Art. 13 Änderung des Rückführungsentscheids  

1Ha­ben sich seit dem Rück­füh­rungs­ent­scheid die ei­ner Rück­füh­rung ent­ge­gen­ste­hen­den Um­stän­de we­sent­lich ge­än­dert, so kann das Ge­richt auf An­trag den Ent­scheid än­dern.

2Es ent­schei­det auch über die Ein­stel­lung der Voll­stre­ckung.

Art. 14 Kosten  

Ar­ti­kel 26 HKÜ und Ar­ti­kel 5 Ab­satz 3 ESÜ sind auf die Kos­ten des Ver­mitt­lungs­ver­fah­rens und der Me­dia­ti­on so­wie der Ge­richts- und Voll­stre­ckungs­ver­fah­ren in den Kan­to­nen und auf Bun­des­ebe­ne an­wend­bar.

3. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 15 Änderung bisherigen Rechts  

1


1 Die­se Änd. kann un­ter AS 2009 3078 kon­sul­tiert wer­den.

Art. 16 Übergangsbestimmung  

Die Be­stim­mun­gen die­ses Ge­set­zes, die in­ter­na­tio­na­le Kin­desent­füh­run­gen be­tref­fen, sind auch auf Rück­füh­rungs­ge­su­che an­wend­bar, die beim In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes bei kan­to­na­len In­stan­zen be­reits ein­ge­reicht wor­den sind.

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