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1. Kapitel: Strafbefehlsverfahren, Übertretungsstrafverfahren

1. Abschnitt: Strafbefehlsverfahren

Art. 352 Voraussetzungen  

1 Hat die be­schul­dig­te Per­son im Vor­ver­fah­ren den Sach­ver­halt ein­ge­stan­den oder ist die­ser an­der­wei­tig aus­rei­chend ge­klärt, so er­lässt die Staats­an­walt­schaft einen Straf­be­fehl, wenn sie, un­ter Ein­rech­nung ei­ner all­fäl­lig zu wi­der­ru­fen­den be­ding­ten Stra­fe oder be­ding­ten Ent­las­sung, ei­ne der fol­gen­den Stra­fen für aus­rei­chend hält:

a.
ei­ne Bus­se;
b.
ei­ne Geld­stra­fe von höchs­tens 180 Ta­ges­sät­zen;
c.175
d.
ei­ne Frei­heits­s­tra­fe von höchs­tens 6 Mo­na­ten.

2 Je­de die­ser Stra­fen kann mit ei­ner Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 66 und 67e–73 StGB176 ver­bun­den wer­den.177

3 Stra­fen nach Ab­satz 1 Buch­sta­ben b–d kön­nen mit­ein­an­der ver­bun­den wer­den, so­fern die ins­ge­samt aus­ge­spro­che­ne Stra­fe ei­ner Frei­heits­s­tra­fe von höchs­tens 6 Mo­na­ten ent­spricht. Ei­ne Ver­bin­dung mit Bus­se ist im­mer mög­lich.

175 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 3 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Än­de­run­gen des Sank­tio­nen­rechts), mit Wir­kung seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 1249; BBl 2012 4721).

176 SR 311.0

177 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 5 des BG vom 20. März 2015 (Um­set­zung von Art. 121 Abs. 3–6 BV über die Aus­schaf­fung kri­mi­nel­ler Aus­län­de­rin­nen und Aus­län­der), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).

Art. 353 Inhalt und Eröffnung des Strafbefehls  

1 Der Straf­be­fehl ent­hält:

a.
die Be­zeich­nung der ver­fü­gen­den Be­hör­de;
b.
die Be­zeich­nung der be­schul­dig­ten Per­son;
c.
den Sach­ver­halt, wel­cher der be­schul­dig­ten Per­son zur Last ge­legt wird;
d.
die da­durch er­füll­ten Straf­tat­be­stän­de;
e.
die Sank­ti­on;
f.
den kurz be­grün­de­ten Wi­der­ruf ei­ner be­dingt aus­ge­spro­che­nen Sank­ti­on oder ei­ner be­ding­ten Ent­las­sung;
fbis.178
die Lösch­frist für ein all­fäl­lig be­ste­hen­des DNA-Pro­fil;
g.
die Kos­ten- und Ent­schä­di­gungs­fol­gen;
h.
die Be­zeich­nung be­schlag­nahm­ter Ge­gen­stän­de und Ver­mö­gens­wer­te, die frei­ge­ge­ben oder ein­ge­zo­gen wer­den;
i.
den Hin­weis auf die Mög­lich­keit der Ein­spra­che und die Fol­gen ei­ner un­ter­blie­be­nen Ein­spra­che;
j.
Ort und Da­tum der Aus­stel­lung;
k.
die Un­ter­schrift der aus­stel­len­den Per­son.

2 So­weit die be­schul­dig­te Per­son Zi­vil­for­de­run­gen der Pri­vat­klä­ger­schaft an­er­kannt hat, wird dies im Straf­be­fehl vor­ge­merkt. Nicht an­er­kann­te For­de­run­gen wer­den auf den Zi­vil­weg ver­wie­sen.

3 Der Straf­be­fehl wird den Per­so­nen und Be­hör­den, die zur Ein­spra­che be­fugt sind, un­ver­züg­lich schrift­lich er­öff­net.

178 Ein­ge­fügt durch An­hang 1 Ziff. 2 des BG vom 17. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Aug. 2023 (AS 2023 309; BBl 2021 44).

Art. 354 Einsprache  

1 Ge­gen den Straf­be­fehl kön­nen bei der Staats­an­walt­schaft in­nert 10 Ta­gen schrift­lich Ein­spra­che er­he­ben:

a.
die be­schul­dig­te Per­son;
b.
wei­te­re Be­trof­fe­ne;
c.
so­weit vor­ge­se­hen die Ober- oder Ge­ne­ral­staats­an­walt­schaft des Bun­des oder des be­tref­fen­den Kan­tons im je­wei­li­gen eid­ge­nös­si­schen oder kan­to­na­len Ver­fah­ren.

2 Die Ein­spra­chen sind zu be­grün­den; aus­ge­nom­men ist die Ein­spra­che der be­schul­dig­ten Per­son.

3 Oh­ne gül­ti­ge Ein­spra­che wird der Straf­be­fehl zum rechts­kräf­ti­gen Ur­teil.

Art. 355 Verfahren bei Einsprache  

1 Wird Ein­spra­che er­ho­ben, so nimmt die Staats­an­walt­schaft die wei­te­ren Be­wei­se ab, die zur Be­ur­tei­lung der Ein­spra­che er­for­der­lich sind.

2 Bleibt ei­ne Ein­spra­che er­he­ben­de Per­son trotz Vor­la­dung ei­ner Ein­ver­nah­me un­ent­schul­digt fern, so gilt ih­re Ein­spra­che als zu­rück­ge­zo­gen.

3 Nach Ab­nah­me der Be­wei­se ent­schei­det die Staats­an­walt­schaft, ob sie:

a.
am Straf­be­fehl fest­hält;
b.
das Ver­fah­ren ein­stellt;
c.
einen neu­en Straf­be­fehl er­lässt;
d.
An­kla­ge beim ers­tin­stanz­li­chen Ge­richt er­hebt.
Art. 356 Verfahren vor dem erstinstanzlichen Gericht  

1 Ent­sch­liesst sich die Staats­an­walt­schaft, am Straf­be­fehl fest­zu­hal­ten, so über­weist sie die Ak­ten un­ver­züg­lich dem ers­tin­stanz­li­chen Ge­richt zur Durch­füh­rung des Haupt­ver­fah­rens. Der Straf­be­fehl gilt als An­kla­ge­schrift.

2 Das ers­tin­stanz­li­che Ge­richt ent­schei­det über die Gül­tig­keit des Straf­be­fehls und der Ein­spra­che.

3 Die Ein­spra­che kann bis zum Ab­schluss der Par­tei­vor­trä­ge zu­rück­ge­zo­gen wer­den.

4 Bleibt die Ein­spra­che er­he­ben­de Per­son der Haupt­ver­hand­lung un­ent­schul­digt fern und lässt sie sich auch nicht ver­tre­ten, so gilt ih­re Ein­spra­che als zu­rück­ge­zo­gen.

5 Ist der Straf­be­fehl un­gül­tig, so hebt das Ge­richt ihn auf und weist den Fall zur Durch­füh­rung ei­nes neu­en Vor­ver­fah­rens an die Staats­an­walt­schaft zu­rück.

6 Be­zieht sich die Ein­spra­che nur auf die Kos­ten und Ent­schä­di­gun­gen oder wei­te­re Ne­ben­fol­gen, so ent­schei­det das Ge­richt in ei­nem schrift­li­chen Ver­fah­ren, es sei denn, die Ein­spra­che er­he­ben­de Per­son ver­lan­ge aus­drück­lich ei­ne Ver­hand­lung.

7 Sind ge­gen meh­re­re Per­so­nen Straf­be­feh­le er­las­sen wor­den, die sich auf den glei­chen Sach­ver­halt be­zie­hen, so ist Ar­ti­kel 392 sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

2. Abschnitt: Übertretungsstrafverfahren

Art. 357  

1 Die zur Ver­fol­gung und Be­ur­tei­lung von Über­tre­tun­gen ein­ge­setz­ten Ver­wal­tungs­be­hör­den ha­ben die Be­fug­nis­se der Staats­an­walt­schaft.

2 Das Ver­fah­ren rich­tet sich sinn­ge­mä­ss nach den Vor­schrif­ten über das Straf­be­fehls­ver­fah­ren.

3 Ist der Über­tre­tungs­tat­be­stand nicht er­füllt, so stellt die Über­tre­tungs­straf­be­hör­de das Ver­fah­ren mit ei­ner kurz be­grün­de­ten Ver­fü­gung ein.

4 Ist der zu be­ur­tei­len­de Sach­ver­halt nach Auf­fas­sung der Über­tre­tungs­straf­be­hör­de als Ver­bre­chen oder Ver­ge­hen straf­bar, so über­weist sie den Fall der Staats­an­walt­schaft.

2. Kapitel: Abgekürztes Verfahren

Art. 358 Grundsätze  

1 Die be­schul­dig­te Per­son kann der Staats­an­walt­schaft bis zur An­kla­ge­er­he­bung die Durch­füh­rung des ab­ge­kürz­ten Ver­fah­rens be­an­tra­gen, wenn sie den Sach­ver­halt, der für die recht­li­che Wür­di­gung we­sent­lich ist, ein­ge­steht und die Zi­vil­an­sprü­che zu­min­dest im Grund­satz an­er­kennt.

2 Das ab­ge­kürz­te Ver­fah­ren ist aus­ge­schlos­sen, wenn die Staats­an­walt­schaft ei­ne Frei­heits­s­tra­fe von mehr als fünf Jah­ren ver­langt.

Art. 359 Einleitung  

1 Die Staats­an­walt­schaft ent­schei­det über die Durch­füh­rung des ab­ge­kürz­ten Ver­fah­rens end­gül­tig. Die Ver­fü­gung muss nicht be­grün­det wer­den.

2 Die Staats­an­walt­schaft teilt den Par­tei­en die Durch­füh­rung des ab­ge­kürz­ten Ver­fah­rens mit und setzt der Pri­vat­klä­ger­schaft ei­ne Frist von 10 Ta­gen, um Zi­vil­an­sprü­che und die For­de­rung auf Ent­schä­di­gung für not­wen­di­ge Auf­wen­dun­gen im Ver­fah­ren an­zu­mel­den.

Art. 360 Anklageschrift  

1 Die An­kla­ge­schrift ent­hält:

a.
die An­ga­ben nach den Ar­ti­keln 325 und 326;
b.
das Straf­mass;
c.
Mass­nah­men;
d.
Wei­sun­gen bei Ge­wäh­rung des be­ding­ten Straf­voll­zugs;
e.
den Wi­der­ruf von be­dingt aus­ge­spro­che­nen Sank­tio­nen oder Ent­las­sun­gen aus dem Sank­ti­ons­voll­zug;
f.
die Re­ge­lung der zi­vil­recht­li­chen An­sprü­che der Pri­vat­klä­ger­schaft;
g.
die Kos­ten- und Ent­schä­di­gungs­fol­gen;
h.
den Hin­weis an die Par­tei­en, dass die­se mit der Zu­stim­mung zur An­kla­ge­schrift auf ein or­dent­li­ches Ver­fah­ren so­wie auf Rechts­mit­tel ver­zich­ten.

2 Die Staats­an­walt­schaft er­öff­net die An­kla­ge­schrift den Par­tei­en. Die­se ha­ben in­nert zehn Ta­gen zu er­klä­ren, ob sie der An­kla­ge­schrift zu­stim­men oder sie ab­leh­nen. Die Zu­stim­mung ist un­wi­der­ruf­lich.

3 Lehnt die Pri­vat­klä­ger­schaft die An­kla­ge­schrift in­nert Frist nicht schrift­lich ab, so gilt dies als Zu­stim­mung.

4 Stim­men die Par­tei­en zu, so über­mit­telt die Staats­an­walt­schaft die An­kla­ge­schrift mit den Ak­ten dem ers­tin­stanz­li­chen Ge­richt.

5 Stimmt ei­ne Par­tei nicht zu, so führt die Staats­an­walt­schaft ein or­dent­li­ches Vor­ver­fah­ren durch.

Art. 361 Hauptverhandlung  

1 Das ers­tin­stanz­li­che Ge­richt führt ei­ne Haupt­ver­hand­lung durch.

2 An der Haupt­ver­hand­lung be­fragt das Ge­richt die be­schul­dig­te Per­son und stellt fest, ob:

a.
sie den Sach­ver­halt an­er­kennt, wel­cher der An­kla­ge zu Grun­de liegt; und
b.
die­se Er­klä­rung mit der Ak­ten­la­ge über­ein­stimmt.

3 Das Ge­richt be­fragt wenn nö­tig auch die üb­ri­gen an­we­sen­den Par­tei­en.

4 Ein Be­weis­ver­fah­ren fin­det nicht statt.

Art. 362 Urteil oder ablehnender Entscheid  

1 Das Ge­richt be­fin­det frei dar­über, ob:

a.
die Durch­füh­rung des ab­ge­kürz­ten Ver­fah­rens recht­mäs­sig und an­ge­bracht ist;
b.
die An­kla­ge mit dem Er­geb­nis der Haupt­ver­hand­lung und mit den Ak­ten über­ein­stimmt; und
c.
die be­an­trag­ten Sank­tio­nen an­ge­mes­sen sind.

2 Sind die Vor­aus­set­zun­gen für ein Ur­teil im ab­ge­kürz­ten Ver­fah­ren er­füllt, so er­hebt das Ge­richt die Straf­tat­be­stän­de, Sank­tio­nen und Zi­vil­an­sprü­che der An­kla­ge­schrift zum Ur­teil. Die Er­fül­lung der Vor­aus­set­zun­gen für das ab­ge­kürz­te Ver­fah­ren wird sum­ma­risch be­grün­det.

3 Sind die Vor­aus­set­zun­gen für ein Ur­teil im ab­ge­kürz­ten Ver­fah­ren nicht er­füllt, so weist das Ge­richt die Ak­ten an die Staats­an­walt­schaft zur Durch­füh­rung ei­nes or­dent­li­chen Vor­ver­fah­rens zu­rück. Das Ge­richt er­öff­net den Par­tei­en sei­nen ab­leh­nen­den Ent­scheid münd­lich so­wie schrift­lich im Dis­po­si­tiv. Die­ser Ent­scheid ist nicht an­fecht­bar.

4 Er­klä­run­gen, die von den Par­tei­en im Hin­blick auf das ab­ge­kürz­te Ver­fah­ren ab­ge­ge­ben wor­den sind, sind nach der Ab­leh­nung ei­nes Ur­teils im ab­ge­kürz­ten Ver­fah­ren in ei­nem fol­gen­den or­dent­li­chen Ver­fah­ren nicht ver­wert­bar.

5 Mit der Be­ru­fung ge­gen ein Ur­teil im ab­ge­kürz­ten Ver­fah­ren kann ei­ne Par­tei nur gel­tend ma­chen, sie ha­be der An­kla­ge­schrift nicht zu­ge­stimmt oder das Ur­teil ent­spre­che der An­kla­ge­schrift nicht.

3. Kapitel: Verfahren bei selbstständigen nachträglichen Entscheiden des Gerichts

Art. 363 Zuständigkeit  

1 Das Ge­richt, wel­ches das ers­tin­stanz­li­che Ur­teil ge­fällt hat, trifft auch die ei­ner ge­richt­li­chen Be­hör­de über­tra­ge­nen selbst­stän­di­gen nach­träg­li­chen Ent­schei­de, so­fern Bund oder Kan­to­ne nichts an­de­res be­stim­men.

2 Hat die Staats­an­walt­schaft im Straf­be­fehls­ver­fah­ren oder die Über­tre­tungs­straf­be­hör­de im Über­tre­tungs­straf­ver­fah­ren ent­schie­den, so tref­fen die­se Be­hör­den auch die nach­träg­li­chen Ent­schei­de.

3 Für nach­träg­li­che Ent­schei­de, die nicht dem Ge­richt zu­ste­hen, be­stim­men Bund und Kan­to­ne die zu­stän­di­gen Be­hör­den.

Art. 364 Verfahren  

1 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de lei­tet das Ver­fah­ren auf Er­lass ei­nes nach­träg­li­chen rich­ter­li­chen Ent­scheids von Am­tes we­gen ein, so­fern das Bun­des­recht nichts an­de­res be­stimmt. Sie reicht dem Ge­richt die ent­spre­chen­den Ak­ten so­wie ih­ren An­trag ein.

2 In den üb­ri­gen Fäl­len kön­nen die ver­ur­teil­te Per­son oder an­de­re da­zu be­rech­tig­te Per­so­nen mit ei­nem schrift­li­chen und be­grün­de­ten Ge­such die Ein­lei­tung des Ver­fah­rens be­an­tra­gen.

3 Das Ge­richt prüft, ob die Vor­aus­set­zun­gen für den nach­träg­li­chen rich­ter­li­chen Ent­scheid er­füllt sind, und er­gänzt wenn nö­tig die Ak­ten oder lässt wei­te­re Er­he­bun­gen durch die Po­li­zei durch­füh­ren.

4 Es gibt den be­trof­fe­nen Per­so­nen und Be­hör­den Ge­le­gen­heit, sich zum vor­ge­se­he­nen Ent­scheid zu äus­sern und An­trä­ge zu stel­len.

Art. 364a Sicherheitshaft im Hinblick auf einen selbstständigen nachträglichen Entscheid des Gerichts 179  

1 Die Be­hör­de, die für die Ein­lei­tung des Ver­fah­rens auf Er­lass ei­nes selbst­stän­di­gen nach­träg­li­chen Ent­scheids des Ge­richts zu­stän­dig ist, kann die ver­ur­teil­te Per­son fest­neh­men las­sen, wenn ernst­haft zu er­war­ten ist, dass:

a.
ge­gen die Per­son der Voll­zug ei­ner frei­heits­ent­zie­hen­den Sank­ti­on an­ge­ord­net wird; und
b.
die Per­son:
1.
sich de­ren Voll­zug ent­zieht, oder
2.
er­neut ein Ver­bre­chen oder ein schwe­res Ver­ge­hen be­geht.

2 Das Ver­fah­ren rich­tet sich sinn­ge­mä­ss nach den Ar­ti­keln 222–228.

3 Die zu­stän­di­ge Be­hör­de reicht dem für den selbst­stän­di­gen nach­träg­li­chen Ent­scheid zu­stän­di­gen Ge­richt so rasch als mög­lich die ent­spre­chen­den Ak­ten und ih­ren An­trag ein.

179 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2020 (Si­cher­heits­haft im selbst­stän­di­gen nach­träg­li­chen Ver­fah­ren), in Kraft seit 1. März 2021 (AS 2021 75; BBl 2019 6697)

Art. 364b Sicherheitshaft während des Gerichtsverfahrens 180  

1 Die Ver­fah­rens­lei­tung kann die ver­ur­teil­te Per­son un­ter den Vor­aus­set­zun­gen von Ar­ti­kel 364aAb­satz 1 fest­neh­men las­sen.

2 Sie führt in sinn­ge­mäs­ser An­wen­dung von Ar­ti­kel 224 ein Haft­ver­fah­ren durch und be­an­tragt dem Zwangs­mass­nah­men­ge­richt be­zie­hungs­wei­se der Ver­fah­rens­lei­tung des Be­ru­fungs­ge­richts die An­ord­nung der Si­cher­heits­haft. Das Ver­fah­ren rich­tet sich sinn­ge­mä­ss nach den Ar­ti­keln 225 und 226.

3 Bei vor­be­ste­hen­der Si­cher­heits­haft rich­tet sich das Ver­fah­ren sinn­ge­mä­ss nach Ar­ti­kel 227.

4 Im Üb­ri­gen gel­ten die Ar­ti­kel 222 und 230–233 sinn­ge­mä­ss.

180 Ein­ge­fügt durch Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2020 (Si­cher­heits­haft im selbst­stän­di­gen nach­träg­li­chen Ver­fah­ren), in Kraft seit 1. März 2021 (AS 2021 75; BBl 2019 6697)

Art. 365 Entscheid  

1 Das Ge­richt ent­schei­det ge­stützt auf die Ak­ten. Es kann auch ei­ne Ver­hand­lung an­ord­nen.

2 Es er­lässt sei­nen Ent­scheid schrift­lich und be­grün­det ihn kurz. Hat ei­ne Ver­hand­lung statt­ge­fun­den, so er­öff­net es sei­nen Ent­scheid so­fort münd­lich.

4. Kapitel: Verfahren bei Abwesenheit der beschuldigten Person

1. Abschnitt: Voraussetzungen und Durchführung

Art. 366 Voraussetzungen  

1 Bleibt ei­ne ord­nungs­ge­mä­ss vor­ge­la­de­ne be­schul­dig­te Per­son der ers­tin­stanz­li­chen Haupt­ver­hand­lung fern, so setzt das Ge­richt ei­ne neue Ver­hand­lung an und lädt die Per­son da­zu wie­der­um vor oder lässt sie vor­füh­ren. Es er­hebt die Be­wei­se, die kei­nen Auf­schub er­tra­gen.

2 Er­scheint die be­schul­dig­te Per­son zur neu an­ge­setz­ten Haupt­ver­hand­lung nicht oder kann sie nicht vor­ge­führt wer­den, so kann die Haupt­ver­hand­lung in ih­rer Ab­we­sen­heit durch­ge­führt wer­den. Das Ge­richt kann das Ver­fah­ren auch sis­tie­ren.

3 Hat sich die be­schul­dig­te Per­son sel­ber in den Zu­stand der Ver­hand­lungs­un­fä­hig­keit ver­setzt oder wei­gert sie sich, aus der Haft zur Haupt­ver­hand­lung vor­ge­führt zu wer­den, so kann das Ge­richt so­fort ein Ab­we­sen­heits­ver­fah­ren durch­füh­ren.

4 Ein Ab­we­sen­heits­ver­fah­ren kann nur statt­fin­den, wenn:

a.
die be­schul­dig­te Per­son im bis­he­ri­gen Ver­fah­ren aus­rei­chend Ge­le­gen­heit hat­te, sich zu den ihr vor­ge­wor­fe­nen Straf­ta­ten zu äus­sern; und
b.
die Be­weis­la­ge ein Ur­teil oh­ne ih­re An­we­sen­heit zu­lässt.
Art. 367 Durchführung und Entscheid  

1 Die Par­tei­en und die Ver­tei­di­gung wer­den zum Par­tei­vor­trag zu­ge­las­sen.

2 Das Ge­richt ur­teilt auf­grund der im Vor­ver­fah­ren und im Haupt­ver­fah­ren er­ho­be­nen Be­wei­se.

3 Nach Ab­schluss der Par­tei­vor­trä­ge kann das Ge­richt ein Ur­teil fäl­len oder das Ver­fah­ren sis­tie­ren, bis die be­schul­dig­te Per­son per­sön­lich vor Ge­richt er­scheint.

4 Im Üb­ri­gen rich­tet sich das Ab­we­sen­heits­ver­fah­ren nach den Be­stim­mun­gen über das ers­tin­stanz­li­che Haupt­ver­fah­ren.

2. Abschnitt: Neue Beurteilung

Art. 368 Gesuch um neue Beurteilung  

1 Kann das Ab­we­sen­heits­ur­teil per­sön­lich zu­ge­stellt wer­den, so wird die ver­ur­teil­te Per­son dar­auf auf­merk­sam ge­macht, dass sie in­nert 10 Ta­gen beim Ge­richt, wel­ches das Ur­teil ge­fällt hat, schrift­lich oder münd­lich ei­ne neue Be­ur­tei­lung ver­lan­gen kann.

2 Im Ge­such hat die ver­ur­teil­te Per­son kurz zu be­grün­den, wes­halb sie an der Haupt­ver­hand­lung nicht teil­neh­men konn­te.

3 Das Ge­richt lehnt das Ge­such ab, wenn die ver­ur­teil­te Per­son ord­nungs­ge­mä­ss vor­ge­la­den wor­den, aber der Haupt­ver­hand­lung un­ent­schul­digt fern­ge­blie­ben ist.

Art. 369 Verfahren  

1 Sind die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne neue Be­ur­tei­lung vor­aus­sicht­lich er­füllt, so setzt die Ver­fah­rens­lei­tung ei­ne neue Haupt­ver­hand­lung an. An die­ser ent­schei­det das Ge­richt über das Ge­such um neue Be­ur­tei­lung und fällt ge­ge­be­nen­falls ein neu­es Ur­teil.

2 Die Rechts­mit­tel­in­stan­zen sis­tie­ren die von an­de­ren Par­tei­en ein­ge­lei­te­ten Rechts­mit­tel­ver­fah­ren.

3 Die Ver­fah­rens­lei­tung ent­schei­det bis zur Haupt­ver­hand­lung über die Ge­wäh­rung der auf­schie­ben­den Wir­kung so­wie über die Si­cher­heits­haft.

4 Bleibt die ver­ur­teil­te Per­son der Haupt­ver­hand­lung er­neut un­ent­schul­digt fern, so bleibt das Ab­we­sen­heits­ur­teil be­ste­hen.

5 Das Ge­such um neue Be­ur­tei­lung kann bis zum Schluss der Par­teiver­hand­lun­gen un­ter Kos­ten- und Ent­schä­di­gungs­fol­ge zu­rück­ge­zo­gen wer­den.

Art. 370 Neues Urteil  

1 Das Ge­richt fällt ein neu­es Ur­teil. Da­ge­gen kön­nen die üb­li­chen Rechts­mit­tel er­grif­fen wer­den.

2 Mit der Rechts­kraft des neu­en Ur­teils fal­len das Ab­we­sen­heits­ur­teil, die da­ge­gen er­grif­fe­nen Rechts­mit­tel und die im Rechts­mit­tel­ver­fah­ren be­reits er­gan­ge­nen Ent­schei­de da­hin.

Art. 371 Verhältnis zur Berufung  

1 So­lan­ge die Be­ru­fungs­frist noch läuft, kann die ver­ur­teil­te Per­son ne­ben oder statt dem Ge­such um neue Be­ur­tei­lung auch die Be­ru­fung ge­gen das Ab­we­sen­heits­ur­teil er­klä­ren. Sie ist über die­se Mög­lich­keit im Sin­ne von Ar­ti­kel 368 Ab­satz 1 zu in­for­mie­ren.

2 Auf ei­ne Be­ru­fung wird nur ein­ge­tre­ten, wenn das Ge­such um neue Be­ur­tei­lung ab­ge­lehnt wur­de.

5. Kapitel: Selbstständige Massnahmeverfahren

1. Abschnitt: Anordnung der Friedensbürgschaft

Art. 372 Voraussetzungen und Zuständigkeit  

1 Kann ei­ne Frie­dens­bürg­schaft nach Ar­ti­kel 66 StGB181 nicht im Rah­men des Straf­ver­fah­rens ge­gen die be­schul­dig­te Per­son an­ge­ord­net wer­den, so fin­det ein selbst­stän­di­ges Ver­fah­ren statt.

2 Be­fin­det sich die be­schul­dig­te Per­son we­gen Wie­der­ho­lungs- oder Aus­füh­rungs­ge­fahr in Haft, so wird kei­ne Frie­dens­bürg­schaft an­ge­ord­net.

3 Das Ge­such um Ein­lei­tung des selbst­stän­di­gen Ver­fah­rens ist bei der Staats­an­walt­schaft des Or­tes ein­zu­rei­chen, an dem die Dro­hung aus­ge­spro­chen oder die Wie­der­ho­lungs­ab­sicht ge­äus­sert wor­den ist.

Art. 373 Verfahren  

1 Die Staats­an­walt­schaft be­fragt die be­tei­lig­ten Per­so­nen und über­mit­telt an­sch­lies­send die Ak­ten dem Zwangs­mass­nah­men­ge­richt. Die­ses ord­net die in Ar­ti­kel 66 StGB182 ge­nann­ten Mass­nah­men an. Ge­gen die An­ord­nung von Haft kann die be­trof­fe­ne Per­son bei der Be­schwer­de­in­stanz Be­schwer­de füh­ren.

2 Die be­droh­te Per­son hat die glei­chen Rech­te wie die Pri­vat­klä­ger­schaft. Sie kann in be­grün­de­ten Fäl­len ver­pflich­tet wer­den, für die Kos­ten des Ver­fah­rens und für Ent­schä­di­gun­gen Si­cher­heit zu leis­ten.

3 Die dro­hen­de Per­son hat die Rech­te ei­ner be­schul­dig­ten Per­son.

4 Ver­fällt die Si­cher­heits­leis­tung ge­mä­ss Ar­ti­kel 66 Ab­satz 3 StGB dem Staat, so wird dar­über in An­wen­dung von Ar­ti­kel 240 ver­fügt.

5 Droht von ei­ner Per­son un­mit­tel­bar Ge­fahr, so kann die Staats­an­walt­schaft die­se Per­son vor­läu­fig in Haft set­zen oder an­de­re Schutz­mass­nah­men tref­fen. Die Staats­an­walt­schaft führt die Per­son un­ver­züg­lich dem zu­stän­di­gen Zwangs­mass­nah­men­ge­richt zu; die­ses ent­schei­det über die An­ord­nung der Haft.

2. Abschnitt: Verfahren bei einer schuldunfähigen beschuldigten Person

Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren  

1 Ist ei­ne be­schul­dig­te Per­son schul­d­un­fä­hig und kommt ei­ne An­wen­dung der Ar­ti­kel 19 Ab­satz 4 oder 263 StGB183 nicht in Be­tracht, so be­an­tragt die Staats­an­walt­schaft dem ers­tin­stanz­li­chen Ge­richt schrift­lich ei­ne Mass­nah­me nach den Ar­ti­keln 59–61, 63, 64, 67, 67b oder 67eStGB, oh­ne vor­her das Ver­fah­ren we­gen Schul­d­un­fä­hig­keit ein­zu­stel­len.184

2 Das ers­tin­stanz­li­che Ge­richt kann mit Rück­sicht auf den Ge­sund­heits­zu­stand oder zum Schutz der Per­sön­lich­keit der be­schul­dig­ten Per­son:

a.
in Ab­we­sen­heit der be­schul­dig­ten Per­son ver­han­deln;
b.
die Öf­fent­lich­keit von den Ver­hand­lun­gen aus­sch­lies­sen.

3 Es gibt der Pri­vat­klä­ger­schaft Ge­le­gen­heit, sich zum An­trag der Staats­an­walt­schaft und zu ih­rer Zi­vil­kla­ge zu äus­sern.

4 Im Üb­ri­gen gel­ten die Be­stim­mun­gen über das ers­tin­stanz­li­che Haupt­ver­fah­ren.

183 SR 311.0

184 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 1 des BG vom 13. Dez. 2013 über das Tä­tig­keits­ver­bot und das Kon­takt- und Ray­on­ver­bot, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 2055; BBl 20128819).

Art. 375 Entscheid  

1 Das Ge­richt ord­net die be­an­trag­te oder an­de­re Mass­nah­men an, wenn es die Tä­ter­schaft und die Schul­d­un­fä­hig­keit für er­wie­sen und die Mass­nah­me für er­for­der­lich hält. Gleich­zei­tig ent­schei­det es über die gel­tend ge­mach­ten Zi­vil­an­sprü­che.

2 Die An­ord­nung der Mass­nah­me und der Ent­scheid über die Zi­vil­an­sprü­che er­ge­hen in ei­nem Ur­teil.

3 Er­ach­tet das Ge­richt die be­schul­dig­te Per­son als schuld­fä­hig oder als für die im Zu­stand der Schul­d­un­fä­hig­keit be­gan­ge­nen Straf­ta­ten ver­ant­wort­lich, so weist es den An­trag der Staats­an­walt­schaft ab. Mit der Rechts­kraft die­ses Ent­scheids wird das Vor­ver­fah­ren ge­gen die be­schul­dig­te Per­son wei­ter­ge­führt.

3. Abschnitt: Selbstständiges Einziehungsverfahren

Art. 376 Voraussetzungen  

Ein selbst­stän­di­ges Ein­zie­hungs­ver­fah­ren wird durch­ge­führt, wenn aus­ser­halb ei­nes Straf­ver­fah­rens über die Ein­zie­hung von Ge­gen­stän­den oder Ver­mö­gens­wer­ten zu ent­schei­den ist.

Art. 377 Verfahren  

1 Ge­gen­stän­de oder Ver­mö­gens­wer­te, die vor­aus­sicht­lich in ei­nem selbst­stän­di­gen Ver­fah­ren ein­zu­zie­hen sind, wer­den be­schlag­nahmt.

2 Sind die Vor­aus­set­zun­gen für die Ein­zie­hung er­füllt, so ord­net die Staats­an­walt­schaft die Ein­zie­hung in ei­nem Ein­zie­hungs­be­fehl an; sie gibt der be­trof­fe­nen Per­son Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me.

3 Sind die Vor­aus­set­zun­gen nicht er­füllt, so ver­fügt sie die Ein­stel­lung des Ver­fah­rens und gibt die Ge­gen­stän­de oder Ver­mö­gens­wer­te der be­rech­tig­ten Per­son zu­rück.

4 Das Ein­spra­che­ver­fah­ren rich­tet sich nach den Be­stim­mun­gen über den Straf­be­fehl. Ein all­fäl­li­ger Ent­scheid des Ge­richts er­geht in Form ei­nes Be­schlus­ses oder ei­ner Ver­fü­gung.

Art. 378 Verwendung zugunsten der geschädigten Person  

Die Staats­an­walt­schaft oder das Ge­richt ent­schei­det auch über die An­trä­ge der ge­schä­dig­ten Per­son auf Ver­wen­dung der ein­ge­zo­ge­nen Ge­gen­stän­de und Ver­mö­gens­wer­te zu ih­ren Guns­ten. Ar­ti­kel 267 Ab­sät­ze 3–6 ist sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

9. Titel: Rechtsmittel

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 379 Anwendbare Vorschriften  

Das Rechts­mit­tel­ver­fah­ren rich­tet sich sinn­ge­mä­ss nach den all­ge­mei­nen Be­stim­mun­gen die­ses Ge­set­zes, so­weit die­ser Ti­tel kei­ne be­son­de­ren Be­stim­mun­gen ent­hält.

Art. 380 Endgültige oder nicht anfechtbare Entscheide  

Be­zeich­net die­ses Ge­setz einen Ent­scheid als end­gül­tig oder nicht an­fecht­bar, so ist da­ge­gen kein Rechts­mit­tel nach die­sem Ge­setz zu­läs­sig.

Art. 381 Legitimation der Staatsanwaltschaft  

1 Die Staats­an­walt­schaft kann ein Rechts­mit­tel zu­guns­ten oder zu­un­guns­ten der be­schul­dig­ten oder ver­ur­teil­ten Per­son er­grei­fen.

2 Se­hen Bund oder Kan­to­ne ei­ne Ober- oder Ge­ne­ral­staats­an­walt­schaft vor, so be­stim­men sie, wel­che Staats­an­walt­schaft be­rech­tigt ist, Rechts­mit­tel zu er­grei­fen.

3 Sie re­geln, wel­che Be­hör­den im Über­tre­tungs­straf­ver­fah­ren Rechts­mit­tel er­grei­fen kön­nen.

4 Die Staats­an­walt­schaft des Bun­des kann ge­gen kan­to­na­le Ent­schei­de Rechts­mit­tel er­grei­fen, wenn:

a.
das Bun­des­recht vor­sieht, dass ihr oder ei­ner an­de­ren Bun­des­be­hör­de der Ent­scheid mit­zu­tei­len ist;
b.
sie die Strafsa­che den kan­to­na­len Be­hör­den zur Un­ter­su­chung und Be­ur­tei­lung über­wie­sen hat.
Art. 382 Legitimation der übrigen Parteien  

1 Je­de Par­tei, die ein recht­lich ge­schütz­tes In­ter­es­se an der Auf­he­bung oder Än­de­rung ei­nes Ent­schei­des hat, kann ein Rechts­mit­tel er­grei­fen.

2 Die Pri­vat­klä­ger­schaft kann einen Ent­scheid hin­sicht­lich der aus­ge­spro­che­nen Sank­ti­on nicht an­fech­ten.

3 Nach dem To­de der be­schul­dig­ten oder ver­ur­teil­ten Per­son oder der Pri­vat­klä­ger­schaft kön­nen die An­ge­hö­ri­gen im Sin­ne von Ar­ti­kel 110 Ab­satz 1 StGB185 in der Rei­hen­fol­ge der Erb­be­rech­ti­gung ein Rechts­mit­tel er­grei­fen oder das Rechts­mit­tel­ver­fah­ren wei­ter­füh­ren, so­weit sie in ih­ren recht­lich ge­schütz­ten In­ter­es­sen be­trof­fen sind.

Art. 383 Sicherheitsleistung  

1 Die Ver­fah­rens­lei­tung der Rechts­mit­tel­in­stanz kann die Pri­vat­klä­ger­schaft ver­pflich­ten, in­nert ei­ner Frist für all­fäl­li­ge Kos­ten und Ent­schä­di­gun­gen Si­cher­heit zu leis­ten. Ar­ti­kel 136 bleibt vor­be­hal­ten.

2 Wird die Si­cher­heit nicht frist­ge­recht ge­leis­tet, so tritt die Rechts­mit­tel­in­stanz auf das Rechts­mit­tel nicht ein.

Art. 384 Fristbeginn  

Die Rechts­mit­tel­frist be­ginnt:

a.
im Fal­le ei­nes Ur­teils: mit der Aus­hän­di­gung oder Zu­stel­lung des schrift­li­chen Dis­po­si­tivs;
b.
bei an­dern Ent­schei­den: mit der Zu­stel­lung des Ent­schei­des;
c.
bei ei­ner nicht schrift­lich er­öff­ne­ten Ver­fah­rens­hand­lung: mit der Kennt­nis­nah­me.
Art. 385 Begründung und Form  

1 Ver­langt die­ses Ge­setz, dass das Rechts­mit­tel be­grün­det wird, so hat die Per­son oder die Be­hör­de, die das Rechts­mit­tel er­greift, ge­nau an­zu­ge­ben:

a.
wel­che Punk­te des Ent­schei­des sie an­ficht;
b.
wel­che Grün­de einen an­de­ren Ent­scheid na­he le­gen;
c.
wel­che Be­weis­mit­tel sie an­ruft.

2 Er­füllt die Ein­ga­be die­se An­for­de­run­gen nicht, so weist die Rechts­mit­tel­in­stanz sie zur Ver­bes­se­rung in­ner­halb ei­ner kur­z­en Nach­frist zu­rück. Ge­nügt die Ein­ga­be auch nach Ab­lauf der Nach­frist den An­for­de­run­gen nicht, so tritt die Rechts­mit­tel­in­stanz auf das Rechts­mit­tel nicht ein.

3 Die un­rich­ti­ge Be­zeich­nung ei­nes Rechts­mit­tels be­ein­träch­tigt sei­ne Gül­tig­keit nicht.

Art. 386 Verzicht und Rückzug  

1 Wer be­rech­tigt ist, ein Rechts­mit­tel zu er­grei­fen, kann nach Er­öff­nung des an­fecht­ba­ren Ent­scheids durch schrift­li­che oder münd­li­che Er­klä­rung ge­gen­über der ent­schei­den­den Be­hör­de auf die Aus­übung die­ses Rechts ver­zich­ten.

2 Wer ein Rechts­mit­tel er­grif­fen hat, kann die­ses zu­rück­zie­hen:

a.
bei münd­li­chen Ver­fah­ren: bis zum Ab­schluss der Par­teiver­hand­lun­gen;
b.
bei schrift­li­chen Ver­fah­ren: bis zum Ab­schluss des Schrif­ten­wech­sels und all­fäl­li­ger Be­weis- oder Ak­ten­er­gän­zun­gen.

3 Ver­zicht und Rück­zug sind end­gül­tig, es sei denn, die Par­tei sei durch Täu­schung, ei­ne Straf­tat oder ei­ne un­rich­ti­ge be­hörd­li­che Aus­kunft zu ih­rer Er­klä­rung ver­an­lasst wor­den.

Art. 387 Aufschiebende Wirkung  

Rechts­mit­tel ha­ben kei­ne auf­schie­ben­de Wir­kung; vor­be­hal­ten blei­ben ab­wei­chen­de Be­stim­mun­gen die­ses Ge­set­zes oder An­ord­nun­gen der Ver­fah­rens­lei­tung der Rechts­mit­tel­in­stanz.

Art. 388 Verfahrensleitende und vorsorgliche Massnahmen  

Die Ver­fah­rens­lei­tung der Rechts­mit­tel­in­stanz trifft die not­wen­di­gen und un­auf­schieb­ba­ren ver­fah­rens­lei­ten­den und vor­sorg­li­chen Mass­nah­men. Sie kann na­ment­lich:

a.
die Staats­an­walt­schaft mit un­auf­schieb­ba­ren Be­weis­er­he­bun­gen be­auf­tra­gen;
b.
die Haft an­ord­nen;
c.
ei­ne amt­li­che Ver­tei­di­gung be­stel­len.
Art. 389 Beweisergänzungen  

1 Das Rechts­mit­tel­ver­fah­ren be­ruht auf den Be­wei­sen, die im Vor­ver­fah­ren und im ers­tin­stanz­li­chen Haupt­ver­fah­ren er­ho­ben wor­den sind.

2 Be­weis­ab­nah­men des ers­tin­stanz­li­chen Ge­richts wer­den nur wie­der­holt, wenn:

a.
Be­weis­vor­schrif­ten ver­letzt wor­den sind;
b.
die Be­weis­er­he­bun­gen un­voll­stän­dig wa­ren;
c.
die Ak­ten über die Be­weis­er­he­bun­gen un­zu­ver­läs­sig er­schei­nen.

3 Die Rechts­mit­tel­in­stanz er­hebt von Am­tes we­gen oder auf An­trag ei­ner Par­tei die er­for­der­li­chen zu­sätz­li­chen Be­wei­se.

Art. 390 Schriftliches Verfahren  

1 Wer ein Rechts­mit­tel er­grei­fen will, für wel­ches die­ses Ge­setz das schrift­li­che Ver­fah­ren vor­schreibt, hat ei­ne Rechts­mit­tel­schrift ein­zu­rei­chen.

2 Ist das Rechts­mit­tel nicht of­fen­sicht­lich un­zu­läs­sig oder un­be­grün­det, so stellt die Ver­fah­rens­lei­tung den an­de­ren Par­tei­en und der Vor­in­stanz die Rechts­mit­tel­schrift zur Stel­lung­nah­me zu. Kann die Rechts­mit­tel­schrift nicht zu­ge­stellt wer­den oder bleibt ei­ne Stel­lung­nah­me aus, so wird das Ver­fah­ren gleich­wohl wei­ter­ge­führt.

3 Die Rechts­mit­tel­in­stanz ord­net wenn nö­tig einen zwei­ten Schrif­ten­wech­sel an.

4 Sie fällt ih­ren Ent­scheid auf dem Zir­ku­lar­weg oder in ei­ner nicht öf­fent­li­chen Be­ra­tung auf­grund der Ak­ten und der zu­sätz­li­chen Be­weis­ab­nah­men.

5 Sie kann von Am­tes we­gen oder auf An­trag ei­ner Par­tei ei­ne Ver­hand­lung an­ord­nen.

Art. 391 Entscheid  

1 Die Rechts­mit­tel­in­stanz ist bei ih­rem Ent­scheid nicht ge­bun­den an:

a.
die Be­grün­dun­gen der Par­tei­en;
b.
die An­trä­ge der Par­tei­en, aus­ser wenn sie Zi­vil­kla­gen be­ur­teilt.

2 Sie darf Ent­schei­de nicht zum Nach­teil der be­schul­dig­ten oder ver­ur­teil­ten Per­son ab­än­dern, wenn das Rechts­mit­tel nur zu de­ren Guns­ten er­grif­fen wor­den ist. Vor­be­hal­ten bleibt ei­ne stren­ge­re Be­stra­fung auf­grund von Tat­sa­chen, die dem ers­tin­stanz­li­chen Ge­richt nicht be­kannt sein konn­ten.

3 Sie darf Ent­schei­de im Zi­vil­punkt nicht zum Nach­teil der Pri­vat­klä­ger­schaft ab­än­dern, wenn nur von die­ser ein Rechts­mit­tel er­grif­fen wor­den ist.

Art. 392 Ausdehnung gutheissender Rechtsmittelentscheide  

1 Ha­ben nur ein­zel­ne der im glei­chen Ver­fah­ren be­schul­dig­ten oder ver­ur­teil­ten Per­so­nen ein Rechts­mit­tel er­grif­fen und wird die­ses gut­ge­heis­sen, so wird der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid auch zu­guns­ten je­ner auf­ge­ho­ben oder ab­ge­än­dert, die das Rechts­mit­tel nicht er­grif­fen ha­ben, wenn:

a.
die Rechts­mit­tel­in­stanz den Sach­ver­halt an­ders be­ur­teilt; und
b.
ih­re Er­wä­gun­gen auch für die an­de­ren Be­tei­lig­ten zu­tref­fen.

2 Die Rechts­mit­tel­in­stanz hört vor ih­rem Ent­scheid wenn nö­tig die be­schul­dig­ten oder ver­ur­teil­ten Per­so­nen, die kein Rechts­mit­tel er­grif­fen ha­ben, die Staats­an­walt­schaft und die Pri­vat­klä­ger­schaft an.

2. Kapitel: Beschwerde

Art. 393 Zulässigkeit und Beschwerdegründe  

1 Die Be­schwer­de ist zu­läs­sig ge­gen:

a.
die Ver­fü­gun­gen und die Ver­fah­rens­hand­lun­gen von Po­li­zei, Staats­an­walt­schaft und Über­tre­tungs­straf­be­hör­den;
b.
die Ver­fü­gun­gen und Be­schlüs­se so­wie die Ver­fah­rens­hand­lun­gen der ers­tin­stanz­li­chen Ge­rich­te; aus­ge­nom­men sind ver­fah­rens­lei­ten­de Ent­schei­de;
c.
die Ent­schei­de des Zwangs­mass­nah­men­ge­richts in den in die­sem Ge­setz vor­ge­se­he­nen Fäl­len.

2 Mit der Be­schwer­de kön­nen ge­rügt wer­den:

a.
Rechts­ver­let­zun­gen, ein­sch­liess­lich Über­schrei­tung und Miss­brauch des Er­mes­sens, Rechts­ver­wei­ge­rung und Rechts­ver­zö­ge­rung;
b.
die un­voll­stän­di­ge oder un­rich­ti­ge Fest­stel­lung des Sach­ver­halts;
c.
Un­an­ge­mes­sen­heit.
Art. 394 Ausschluss der Beschwerde  

Die Be­schwer­de ist nicht zu­läs­sig:

a.
wenn die Be­ru­fung mög­lich ist;
b.
ge­gen die Ab­leh­nung von Be­weis­an­trä­gen durch die Staats­an­walt­schaft oder die Über­tre­tungs­straf­be­hör­de, wenn der An­trag oh­ne Rechts­nach­teil vor dem ers­tin­stanz­li­chen Ge­richt wie­der­holt wer­den kann.
Art. 395 Kollegialgericht als Beschwerdeinstanz  

Ist die Be­schwer­de­in­stanz ein Kol­le­gi­al­ge­richt, so be­ur­teilt de­ren Ver­fah­rens­lei­tung die Be­schwer­de al­lein, wenn die­se zum Ge­gen­stand hat:

a.
aus­sch­liess­lich Über­tre­tun­gen;
b.
die wirt­schaft­li­chen Ne­ben­fol­gen ei­nes Ent­schei­des bei ei­nem strit­ti­gen Be­trag von nicht mehr als 5000 Fran­ken.
Art. 396 Form und Frist  

1 Die Be­schwer­de ge­gen schrift­lich oder münd­lich er­öff­ne­te Ent­schei­de ist in­nert 10 Ta­gen schrift­lich und be­grün­det bei der Be­schwer­de­in­stanz ein­zu­rei­chen.

2 Be­schwer­den we­gen Rechts­ver­wei­ge­rung oder Rechts­ver­zö­ge­rung sind an kei­ne Frist ge­bun­den.

Art. 397 Verfahren und Entscheid  

1 Die Be­schwer­de wird in ei­nem schrift­li­chen Ver­fah­ren be­han­delt.

2 Heisst die Be­hör­de die Be­schwer­de gut, so fällt sie einen neu­en Ent­scheid oder hebt den an­ge­foch­te­nen Ent­scheid auf und weist ihn zur neu­en Ent­schei­dung an die Vor­in­stanz zu­rück.

3 Heisst sie die Be­schwer­de ge­gen ei­ne Ein­stel­lungs­ver­fü­gung gut, so kann sie der Staats­an­walt­schaft oder der Über­tre­tungs­straf­be­hör­de für den wei­te­ren Gang des Ver­fah­rens Wei­sun­gen er­tei­len.

4 Stellt sie ei­ne Rechts­ver­wei­ge­rung oder Rechts­ver­zö­ge­rung fest, so kann sie der be­tref­fen­den Be­hör­de Wei­sun­gen er­tei­len und für de­ren Ein­hal­tung Fris­ten set­zen.

3. Kapitel: Berufung

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 398 Zulässigkeit und Berufungsgründe  

1 Die Be­ru­fung ist zu­läs­sig ge­gen Ur­tei­le ers­tin­stanz­li­cher Ge­rich­te, mit de­nen das Ver­fah­ren ganz oder teil­wei­se ab­ge­schlos­sen wor­den ist.

2 Das Be­ru­fungs­ge­richt kann das Ur­teil in al­len an­ge­foch­te­nen Punk­ten um­fas­send über­prü­fen.

3 Mit der Be­ru­fung kön­nen ge­rügt wer­den:

a.
Rechts­ver­let­zun­gen, ein­sch­liess­lich Über­schrei­tung und Miss­brauch des Er­mes­sens, Rechts­ver­wei­ge­rung und Rechts­ver­zö­ge­rung;
b.
die un­voll­stän­di­ge oder un­rich­ti­ge Fest­stel­lung des Sach­ver­halts;
c.
Un­an­ge­mes­sen­heit.

4 Bil­de­ten aus­sch­liess­lich Über­tre­tun­gen Ge­gen­stand des ers­tin­stanz­li­chen Haupt­ver­fah­rens, so kann mit der Be­ru­fung nur gel­tend ge­macht wer­den, das Ur­teil sei rechts­feh­ler­haft oder die Fest­stel­lung des Sach­ver­halts sei of­fen­sicht­lich un­rich­tig oder be­ru­he auf ei­ner Rechts­ver­let­zung. Neue Be­haup­tun­gen und Be­wei­se kön­nen nicht vor­ge­bracht wer­den.

5 Be­schränkt sich die Be­ru­fung auf den Zi­vil­punkt, so wird das ers­tin­stanz­li­che Ur­teil nur so weit über­prüft, als es das am Ge­richts­stand an­wend­ba­re Zi­vil­pro­zess­recht vor­se­hen wür­de.

Art. 399 Anmeldung der Berufung und Berufungserklärung  

1 Die Be­ru­fung ist dem ers­tin­stanz­li­chen Ge­richt in­nert 10 Ta­gen seit Er­öff­nung des Ur­teils schrift­lich oder münd­lich zu Pro­to­koll an­zu­mel­den.

2 Das ers­tin­stanz­li­che Ge­richt über­mit­telt die An­mel­dung nach Aus­fer­ti­gung des be­grün­de­ten Ur­teils zu­sam­men mit den Ak­ten dem Be­ru­fungs­ge­richt.

3 Die Par­tei, die Be­ru­fung an­ge­mel­det hat, reicht dem Be­ru­fungs­ge­richt in­nert 20 Ta­gen seit der Zu­stel­lung des be­grün­de­ten Ur­teils ei­ne schrift­li­che Be­ru­fungs­er­klä­rung ein. Sie hat dar­in an­zu­ge­ben:

a.
ob sie das Ur­teil voll­um­fäng­lich oder nur in Tei­len an­ficht;
b.
wel­che Ab­än­de­run­gen des ers­tin­stanz­li­chen Ur­teils sie ver­langt; und
c.
wel­che Be­weis­an­trä­ge sie stellt.

4 Wer nur Tei­le des Ur­teils an­ficht, hat in der Be­ru­fungs­er­klä­rung ver­bind­lich an­zu­ge­ben, auf wel­che der fol­gen­den Tei­le sich die Be­ru­fung be­schränkt:

a.
den Schuld­punkt, al­len­falls be­zo­gen auf ein­zel­ne Hand­lun­gen;
b.
die Be­mes­sung der Stra­fe;
c.
die An­ord­nung von Mass­nah­men;
d.
den Zi­vil­an­spruch oder ein­zel­ne Zi­vil­an­sprü­che;
e.
die Ne­ben­fol­gen des Ur­teils;
f.
die Kos­ten-, Ent­schä­di­gungs- und Ge­nug­tu­ungs­fol­gen;
g.
die nach­träg­li­chen rich­ter­li­chen Ent­schei­dun­gen.
Art. 400 Vorprüfung  

1 Geht aus der Be­ru­fungs­er­klä­rung nicht ein­deu­tig her­vor, ob das ers­tin­stanz­li­che Ur­teil ganz oder nur in Tei­len an­ge­foch­ten wird, so for­dert die Ver­fah­rens­lei­tung des Be­ru­fungs­ge­richts die Par­tei auf, ih­re Er­klä­rung zu ver­deut­li­chen, und setzt ihr da­für ei­ne Frist.

2 Die Ver­fah­rens­lei­tung über­mit­telt den an­de­ren Par­tei­en un­ver­züg­lich ei­ne Ko­pie der Be­ru­fungs­er­klä­rung.

3 Die an­de­ren Par­tei­en kön­nen in­nert 20 Ta­gen seit Emp­fang der Be­ru­fungs­er­klä­rung schrift­lich:

a.
Nicht­ein­tre­ten be­an­tra­gen; der An­trag muss be­grün­det sein;
b.
An­schluss­be­ru­fung er­klä­ren.
Art. 401 Anschlussberufung  

1 Die An­schluss­be­ru­fung rich­tet sich sinn­ge­mä­ss nach Ar­ti­kel 399 Ab­sät­ze 3 und 4.

2 Sie ist nicht auf den Um­fang der Haupt­be­ru­fung be­schränkt, es sei denn, die­se be­zie­he sich aus­sch­liess­lich auf den Zi­vil­punkt des Ur­teils.

3 Wird die Be­ru­fung zu­rück­ge­zo­gen oder wird auf sie nicht ein­ge­tre­ten, so fällt auch die An­schluss­be­ru­fung da­hin.

Art. 402 Wirkung der Berufung  

Die Be­ru­fung hat im Um­fang der An­fech­tung auf­schie­ben­de Wir­kung.

2. Abschnitt: Verfahren

Art. 403 Eintreten  

1 Das Be­ru­fungs­ge­richt ent­schei­det in ei­nem schrift­li­chen Ver­fah­ren, ob auf die Be­ru­fung ein­zu­tre­ten sei, wenn die Ver­fah­rens­lei­tung oder ei­ne Par­tei gel­tend macht:

a.
die An­mel­dung oder Er­klä­rung der Be­ru­fung sei ver­spä­tet oder un­zu­läs­sig;
b.
die Be­ru­fung sei im Sin­ne von Ar­ti­kel 398 un­zu­läs­sig;
c.
es fehl­ten Pro­zess­vor­aus­set­zun­gen oder es lä­gen Pro­zess­hin­der­nis­se vor.

2 Es gibt den Par­tei­en Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me.

3 Tritt es auf die Be­ru­fung nicht ein, so er­öff­net es den Par­tei­en den be­grün­de­ten Nicht­ein­tre­tens­ent­scheid.

4 An­dern­falls trifft die Ver­fah­rens­lei­tung oh­ne Wei­te­res die not­wen­di­gen An­ord­nun­gen zur Durch­füh­rung des wei­te­ren Be­ru­fungs­ver­fah­rens.

Art. 404 Umfang der Überprüfung  

1 Das Be­ru­fungs­ge­richt über­prüft das ers­tin­stanz­li­che Ur­teil nur in den an­ge­foch­te­nen Punk­ten.

2 Es kann zu­guns­ten der be­schul­dig­ten Per­son auch nicht an­ge­foch­te­ne Punk­te über­prü­fen, um ge­setz­wid­ri­ge oder un­bil­li­ge Ent­schei­dun­gen zu ver­hin­dern.

Art. 405 Mündliches Verfahren  

1 Die münd­li­che Be­ru­fungs­ver­hand­lung rich­tet sich nach den Be­stim­mun­gen über die ers­tin­stanz­li­che Haupt­ver­hand­lung.

2 Hat die be­schul­dig­te Per­son oder die Pri­vat­klä­ger­schaft die Be­ru­fung oder An­schluss­be­ru­fung er­klärt, so lädt die Ver­fah­rens­lei­tung sie zur Be­ru­fungs­ver­hand­lung vor. In ein­fa­chen Fäl­len kann sie sie auf ihr Ge­such hin von der Teil­nah­me dis­pen­sie­ren und ihr ge­stat­ten, ih­re An­trä­ge schrift­lich ein­zu­rei­chen und zu be­grün­den.

3 Die Ver­fah­rens­lei­tung lädt die Staats­an­walt­schaft zur Ver­hand­lung vor:

a.
in den in Ar­ti­kel 337 Ab­sät­ze 3 und 4 vor­ge­se­he­nen Fäl­len;
b.
wenn die Staats­an­walt­schaft die Be­ru­fung oder die An­schluss­be­ru­fung er­klärt hat.

4 Ist die Staats­an­walt­schaft nicht vor­ge­la­den, so kann sie schrift­li­che An­trä­ge stel­len und ei­ne schrift­li­che Be­grün­dung ein­rei­chen oder per­sön­lich vor Ge­richt auf­tre­ten.

Art. 406 Schriftliches Verfahren  

1 Das Be­ru­fungs­ge­richt kann die Be­ru­fung in ei­nem schrift­li­chen Ver­fah­ren be­han­deln, wenn aus­sch­liess­lich:

a.
Rechts­fra­gen zu ent­schei­den sind;
b.
der Zi­vil­punkt an­ge­foch­ten ist;
c.
Über­tre­tun­gen Ge­gen­stand des ers­tin­stanz­li­chen Ur­teils bil­den und mit der Be­ru­fung nicht ein Schuld­spruch we­gen ei­nes Ver­bre­chens oder Ver­ge­hens be­an­tragt wird;
d.
die Kos­ten-, Ent­schä­di­gungs- und Ge­nug­tu­ungs­fol­gen an­ge­foch­ten sind;
e.
Mass­nah­men im Sin­ne der Ar­ti­kel 66–73 StGB186 an­ge­foch­ten sind.

2 Mit dem Ein­ver­ständ­nis der Par­tei­en kann die Ver­fah­rens­lei­tung das schrift­li­che Ver­fah­ren zu­dem an­ord­nen, wenn:

a.
die An­we­sen­heit der be­schul­dig­ten Per­son nicht er­for­der­lich ist;
b.
Ur­tei­le ei­nes Ein­zel­ge­richts Ge­gen­stand der Be­ru­fung sind.

3 Die Ver­fah­rens­lei­tung setzt der Par­tei, wel­che die Be­ru­fung er­klärt hat, Frist zur schrift­li­chen Be­grün­dung.

4 Das an­sch­lies­sen­de Ver­fah­ren rich­tet sich nach Ar­ti­kel 390 Ab­sät­ze 2–4.

Art. 407 Säumnis der Parteien  

1 Die Be­ru­fung oder An­schluss­be­ru­fung gilt als zu­rück­ge­zo­gen, wenn die Par­tei, die sie er­klärt hat:

a.
der münd­li­chen Be­ru­fungs­ver­hand­lung un­ent­schul­digt fern­bleibt und sich auch nicht ver­tre­ten lässt;
b.
kei­ne schrift­li­che Ein­ga­be ein­reicht; oder
c.
nicht vor­ge­la­den wer­den kann.

2 Hat die Staats­an­walt­schaft oder die Pri­vat­klä­ger­schaft die Be­ru­fung im Schuld- oder Straf­punkt er­klärt und bleibt die be­schul­dig­te Per­son der Ver­hand­lung un­ent­schul­digt fern, so fin­det ein Ab­we­sen­heits­ver­fah­ren statt.

3 Hat die Pri­vat­klä­ger­schaft ih­re Be­ru­fung auf den Zi­vil­punkt be­schränkt und bleibt die be­schul­dig­te Per­son der Ver­hand­lung un­ent­schul­digt fern, so ent­schei­det das Be­ru­fungs­ge­richt auf­grund der Er­geb­nis­se der ers­tin­stanz­li­chen Haupt­ver­hand­lung und der üb­ri­gen Ak­ten.

3. Abschnitt: Berufungsentscheid

Art. 408 Neues Urteil  

Tritt das Be­ru­fungs­ge­richt auf die Be­ru­fung ein, so fällt es ein neu­es Ur­teil, wel­ches das ers­tin­stanz­li­che Ur­teil er­setzt.

Art. 409 Aufhebung und Rückweisung  

1 Weist das ers­tin­stanz­li­che Ver­fah­ren we­sent­li­che Män­gel auf, die im Be­ru­fungs­ver­fah­ren nicht ge­heilt wer­den kön­nen, so hebt das Be­ru­fungs­ge­richt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil auf und weist die Sa­che zur Durch­füh­rung ei­ner neu­en Haupt­ver­hand­lung und zur Fäl­lung ei­nes neu­en Ur­teils an das ers­tin­stanz­li­che Ge­richt zu­rück.

2 Das Be­ru­fungs­ge­richt be­stimmt, wel­che Ver­fah­rens­hand­lun­gen zu wie­der­ho­len oder nach­zu­ho­len sind.

3 Das ers­tin­stanz­li­che Ge­richt ist an die vom Be­ru­fungs­ge­richt im Rück­wei­sungs­be­schluss ver­tre­te­nen Rechts­auf­fas­sun­gen und an die Wei­sun­gen nach Ab­satz 2 ge­bun­den.

4. Kapitel: Revision

Art. 410 Zulässigkeit und Revisionsgründe  

1 Wer durch ein rechts­kräf­ti­ges Ur­teil, einen Straf­be­fehl, einen nach­träg­li­chen rich­ter­li­chen Ent­scheid oder einen Ent­scheid im selbst­stän­di­gen Mass­nah­men­ver­fah­ren be­schwert ist, kann die Re­vi­si­on ver­lan­gen, wenn:

a.
neue, vor dem Ent­scheid ein­ge­tre­te­ne Tat­sa­chen oder neue Be­weis­mit­tel vor­lie­gen, die ge­eig­net sind, einen Frei­spruch, ei­ne we­sent­lich mil­de­re oder we­sent­lich stren­ge­re Be­stra­fung der ver­ur­teil­ten Per­son oder ei­ne Ver­ur­tei­lung der frei­ge­spro­che­nen Per­son her­bei­zu­füh­ren;
b.
der Ent­scheid mit ei­nem spä­te­ren Stra­fent­scheid, der den glei­chen Sach­ver­halt be­trifft, in un­ver­träg­li­chem Wi­der­spruch steht;
c.
sich in ei­nem an­de­ren Straf­ver­fah­ren er­weist, dass durch ei­ne straf­ba­re Hand­lung auf das Er­geb­nis des Ver­fah­rens ein­ge­wirkt wor­den ist; ei­ne Ver­ur­tei­lung ist nicht er­for­der­lich; ist das Straf­ver­fah­ren nicht durch­führ­bar, so kann der Be­weis auf an­de­re Wei­se er­bracht wer­den.

2 Die Re­vi­si­on we­gen Ver­let­zung der Kon­ven­ti­on vom 4. No­vem­ber 1950187 zum Schut­ze der Men­schen­rech­te und Grund­frei­hei­ten (EMRK) kann ver­langt wer­den, wenn:

a.188
der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof für Men­schen­rech­te in ei­nem end­gül­ti­gen Ur­teil (Art. 44 EMRK) fest­ge­stellt hat, dass die EMRK oder die Pro­to­kol­le da­zu ver­letzt wor­den sind, oder den Fall durch ei­ne güt­li­che Ei­ni­gung (Art. 39 EMRK) ab­ge­schlos­sen hat;
b.
ei­ne Ent­schä­di­gung nicht ge­eig­net ist, die Fol­gen der Ver­let­zung aus­zu­glei­chen; und
c.
die Re­vi­si­on not­wen­dig ist, um die Ver­let­zung zu be­sei­ti­gen.

3 Die Re­vi­si­on zu­guns­ten der ver­ur­teil­ten Per­son kann auch nach Ein­tritt der Ver­jäh­rung ver­langt wer­den.

4 Be­schränkt sich die Re­vi­si­on auf Zi­vil­an­sprü­che, so ist sie nur zu­läs­sig, wenn das am Ge­richts­stand an­wend­ba­re Zi­vil­pro­zess­recht ei­ne Re­vi­si­on ge­stat­ten wür­de.

187 SR 0.101

188 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 3 des BG vom 1. Okt. 2021, in Kraft seit 1. Ju­li 2022 (AS 2022 289; BBl 2021300, 889).

Art. 411 Form und Frist  

1 Re­vi­si­ons­ge­su­che sind schrift­lich und be­grün­det beim Be­ru­fungs­ge­richt ein­zu­rei­chen. Im Ge­such sind die an­ge­ru­fe­nen Re­vi­si­ons­grün­de zu be­zeich­nen und zu be­le­gen.

2 Ge­su­che nach Ar­ti­kel 410 Ab­satz 1 Buch­sta­be b und 2 sind in­nert 90 Ta­gen nach Kennt­nis­nah­me des be­tref­fen­den Ent­scheids zu stel­len. In den üb­ri­gen Fäl­len sind Re­vi­si­ons­ge­su­che an kei­ne Frist ge­bun­den.

Art. 412 Vorprüfung und Eintreten  

1 Das Be­ru­fungs­ge­richt nimmt in ei­nem schrift­li­chen Ver­fah­ren ei­ne vor­läu­fi­ge Prü­fung des Re­vi­si­ons­ge­suchs vor.

2 Ist das Ge­such of­fen­sicht­lich un­zu­läs­sig oder un­be­grün­det oder wur­de es mit den glei­chen Vor­brin­gen schon frü­her ge­stellt und ab­ge­lehnt, so tritt das Ge­richt nicht dar­auf ein.

3 An­dern­falls lädt es die an­de­ren Par­tei­en und die Vor­in­stanz zur schrift­li­chen Stel­lung­nah­me ein.

4 Es be­schliesst die er­for­der­li­chen Be­weis- und Ak­ten­er­gän­zun­gen so­wie vor­sorg­li­chen Mass­nah­men, so­weit sie nicht nach Ar­ti­kel 388 der Ver­fah­rens­lei­tung ob­lie­gen.

Art. 413 Entscheid  

1 Er­ach­tet das Be­ru­fungs­ge­richt die gel­tend ge­mach­ten Re­vi­si­ons­grün­de als nicht ge­ge­ben, so weist es das Re­vi­si­ons­ge­such ab und hebt all­fäl­li­ge vor­sorg­li­che Mass­nah­men auf.

2 Er­ach­tet das Be­ru­fungs­ge­richt die gel­tend ge­mach­ten Re­vi­si­ons­grün­de als ge­ge­ben, so hebt es den an­ge­foch­te­nen Ent­scheid ganz oder teil­wei­se auf und:

a.
weist die Sa­che an die von ihm be­zeich­ne­te Be­hör­de zur neu­en Be­hand­lung und Be­ur­tei­lung zu­rück; oder
b.
fällt sel­ber einen neu­en Ent­scheid, so­fern es die Ak­ten­la­ge er­laubt.

3 Im Fal­le ei­ner Rück­wei­sung be­stimmt es, in wel­chem Um­fang die fest­ge­stell­ten Re­vi­si­ons­grün­de die Rechts­kraft und Voll­streck­bar­keit des an­ge­foch­te­nen Ent­schei­des be­sei­ti­gen und in wel­chem Sta­di­um das Ver­fah­ren wie­der auf­zu­neh­men ist.

4 Es kann die be­schul­dig­te Per­son vor­läu­fig in Si­cher­heits­haft set­zen oder dar­in be­las­sen, wenn die Vor­aus­set­zun­gen er­füllt sind.

Art. 414 Neues Verfahren  

1 Hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Sa­che an die Staats­an­walt­schaft zu­rück­ge­wie­sen, so ent­schei­det die­se, ob ei­ne neue An­kla­ge zu er­he­ben, ein Straf­be­fehl zu er­las­sen oder das Ver­fah­ren ein­zu­stel­len ist.

2 Hat es die Sa­che an ein Ge­richt zu­rück­ge­wie­sen, so nimmt die­ses die not­wen­di­gen Be­wei­s­er­gän­zun­gen vor und fällt nach ei­ner Haupt­ver­hand­lung ein neu­es Ur­teil.

Art. 415 Folgen des neuen Entscheids  

1 Wird die be­schul­dig­te Per­son im neu­en Ent­scheid zu ei­ner hö­he­ren Stra­fe ver­ur­teilt, so wer­den ihr be­reits ver­büss­te Stra­fen an­ge­rech­net.

2 Wird sie frei­ge­spro­chen oder mil­der be­straft oder wird das Ver­fah­ren ein­ge­stellt, so wer­den ihr die zu viel be­zahl­ten Bus­sen oder Geld­stra­fen zu­rück­er­stat­tet. An­sprü­che der be­schul­dig­ten Per­son auf Ent­schä­di­gung oder Ge­nug­tu­ung rich­ten sich nach Ar­ti­kel 436 Ab­satz 4.

3 Er­setzt der Frei­spruch ei­ne Ver­ur­tei­lung, so kön­nen die be­schul­dig­te Per­son oder nach ih­rem Tod ih­re An­ge­hö­ri­gen die Ver­öf­fent­li­chung des neu­en Ent­scheids ver­lan­gen.

10. Titel: Verfahrenskosten, Entschädigung und Genugtuung

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 416 Geltungsbereich  

Die Be­stim­mun­gen die­ses Ti­tels gel­ten für al­le Ver­fah­ren nach die­sem Ge­setz.

Art. 417 Kostenpflicht bei fehlerhaften Verfahrenshandlungen  

Bei Säum­nis und an­de­ren feh­ler­haf­ten Ver­fah­rens­hand­lun­gen kann die Straf­be­hör­de Ver­fah­rens­kos­ten und Ent­schä­di­gun­gen un­ge­ach­tet des Ver­fah­rens­aus­gangs der ver­fah­rens­be­tei­lig­ten Per­son auf­er­le­gen, die sie ver­ur­sacht hat.

Art. 418 Beteiligung mehrerer Personen und Haftung Dritter  

1 Sind meh­re­re be­tei­lig­te Per­so­nen kos­ten­pflich­tig, so wer­den die Kos­ten an­teils­mäs­sig auf­er­legt.

2 Die Straf­be­hör­de kann für ge­mein­sam ver­ur­sach­te Kos­ten ei­ne so­li­da­ri­sche Haf­tung der kos­ten­pflich­ti­gen Per­so­nen an­ord­nen.

3 Sie kann Drit­te nach Mass­ga­be der Haf­tungs­grund­sät­ze des Zi­vil­rechts ver­pflich­ten, die Kos­ten so­li­da­risch mit der be­schul­dig­ten Per­son zu tra­gen.

Art. 419 Kostenpflicht von Schuldunfähigen  

Wur­de das Ver­fah­ren we­gen Schul­d­un­fä­hig­keit der be­schul­dig­ten Per­son ein­ge­stellt oder wur­de die­se aus die­sem Grund frei­ge­spro­chen, so kön­nen ihr die Kos­ten auf­er­legt wer­den, wenn dies nach den ge­sam­ten Um­stän­den bil­lig er­scheint.

Art. 420 Rückgriff  

Der Bund oder der Kan­ton kann für die von ihm ge­tra­ge­nen Kos­ten auf Per­so­nen Rück­griff neh­men, die vor­sätz­lich oder grob­fahr­läs­sig:

a.
die Ein­lei­tung des Ver­fah­rens be­wirkt ha­ben;
b.
das Ver­fah­ren er­heb­lich er­schwert ha­ben;
c.
einen im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren auf­ge­ho­be­nen Ent­scheid ver­ur­sacht ha­ben.
Art. 421 Kostenentscheid  

1 Die Straf­be­hör­de legt im En­dent­scheid die Kos­ten­fol­gen fest.

2 Sie kann die­se Fest­le­gung vor­weg­neh­men in:

a.
Zwi­schen­ent­schei­den;
b.
Ent­schei­den über die teil­wei­se Ein­stel­lung des Ver­fah­rens;
c.
Ent­schei­den über Rechts­mit­tel ge­gen Zwi­schen- und Ein­stel­lungs­ent­schei­de.

2. Kapitel: Verfahrenskosten

Art. 422 Begriff  

1 Die Ver­fah­rens­kos­ten set­zen sich zu­sam­men aus den Ge­büh­ren zur De­ckung des Auf­wands und den Aus­la­gen im kon­kre­ten Straf­fall.

2 Aus­la­gen sind na­ment­lich:

a.
Kos­ten für die amt­li­che Ver­tei­di­gung und un­ent­gelt­li­che Ver­bei­stän­dung;
b.
Kos­ten für Über­set­zun­gen;
c.
Kos­ten für Gut­ach­ten;
d.
Kos­ten für die Mit­wir­kung an­de­rer Be­hör­den;
e.
Post-, Te­le­fon- und ähn­li­che Spe­sen.
Art. 423 Grundsätze  

1 Die Ver­fah­rens­kos­ten wer­den vom Bund oder dem Kan­ton ge­tra­gen, der das Ver­fah­ren ge­führt hat; ab­wei­chen­de Be­stim­mun­gen die­ses Ge­set­zes blei­ben vor­be­hal­ten.

2 und 3189

189 Auf­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. II 7 des Straf­be­hör­den­or­ga­ni­sa­ti­ons­ge­set­zes vom 19. März 2010, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).

Art. 424 Berechnung und Gebühren  

1 Bund und Kan­to­ne re­geln die Be­rech­nung der Ver­fah­rens­kos­ten und le­gen die Ge­büh­ren fest.

2 Sie kön­nen für ein­fa­che Fäl­le Pau­schal­ge­büh­ren fest­le­gen, die auch die Aus­la­gen ab­gel­ten.

Art. 425 Stundung und Erlass  

For­de­run­gen aus Ver­fah­rens­kos­ten kön­nen von der Straf­be­hör­de ge­stun­det oder un­ter Be­rück­sich­ti­gung der wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se der kos­ten­pflich­ti­gen Per­son her­ab­ge­setzt oder er­las­sen wer­den.

Art. 426 Kostentragungspflicht der beschuldigten Person und der Partei im selbstständigen Massnahmeverfahren  

1 Die be­schul­dig­te Per­son trägt die Ver­fah­rens­kos­ten, wenn sie ver­ur­teilt wird. Aus­ge­nom­men sind die Kos­ten für die amt­li­che Ver­tei­di­gung; vor­be­hal­ten bleibt Ar­ti­kel 135 Ab­satz 4.

2 Wird das Ver­fah­ren ein­ge­stellt oder die be­schul­dig­te Per­son frei­ge­spro­chen, so kön­nen ihr die Ver­fah­rens­kos­ten ganz oder teil­wei­se auf­er­legt wer­den, wenn sie rechts­wid­rig und schuld­haft die Ein­lei­tung des Ver­fah­rens be­wirkt oder des­sen Durch­füh­rung er­schwert hat.

3 Die be­schul­dig­te Per­son trägt die Ver­fah­rens­kos­ten nicht, die:

a.
der Bund oder der Kan­ton durch un­nö­ti­ge oder feh­ler­haf­te Ver­fah­rens­hand­lun­gen ver­ur­sacht hat;
b.
für Über­set­zun­gen an­fie­len, die durch die Fremd­spra­chig­keit der be­schul­dig­ten Per­son nö­tig wur­den.

4 Die Kos­ten für die un­ent­gelt­li­che Ver­bei­stän­dung der Pri­vat­klä­ger­schaft trägt die be­schul­dig­te Per­son nur, wenn sie sich in güns­ti­gen wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen be­fin­det.

5 Die Be­stim­mun­gen die­ses Ar­ti­kels gel­ten sinn­ge­mä­ss für die Par­tei im selbst­stän­di­gen Mass­nah­me­ver­fah­ren, wenn der Ent­scheid zu ih­rem Nach­teil aus­fällt.

Art. 427 Kostentragungspflicht der Privatklägerschaft und der antragstellenden Person  

1 Der Pri­vat­klä­ger­schaft kön­nen die Ver­fah­rens­kos­ten, die durch ih­re An­trä­ge zum Zi­vil­punkt ver­ur­sacht wor­den sind, auf­er­legt wer­den, wenn:

a.
das Ver­fah­ren ein­ge­stellt oder die be­schul­dig­te Per­son frei­ge­spro­chen wird;
b.
die Pri­vat­klä­ger­schaft die Zi­vil­kla­ge vor Ab­schluss der ers­tin­stanz­li­chen Haupt­ver­hand­lung zu­rück­zieht;
c.
die Zi­vil­kla­ge ab­ge­wie­sen oder auf den Zi­vil­weg ver­wie­sen wird.

2 Bei An­trags­de­lik­ten kön­nen die Ver­fah­rens­kos­ten der an­trag­stel­len­den Per­son, so­fern die­se mut­wil­lig oder grob fahr­läs­sig die Ein­lei­tung des Ver­fah­rens be­wirkt oder des­sen Durch­füh­rung er­schwert hat, oder der Pri­vat­klä­ger­schaft auf­er­legt wer­den:

a.
wenn das Ver­fah­ren ein­ge­stellt oder die be­schul­dig­te Per­son frei­ge­spro­chen wird; und
b.
so­weit die be­schul­dig­te Per­son nicht nach Ar­ti­kel 426 Ab­satz 2 kos­ten­pflich­tig ist.

3 Zieht die an­trag­stel­len­de Per­son im Rah­men ei­nes durch die Staats­an­walt­schaft ver­mit­tel­ten Ver­gleichs den Straf­an­trag zu­rück, so trägt in der Re­gel der Bund oder der Kan­ton die Ver­fah­rens­kos­ten.

4 Ei­ne Ver­ein­ba­rung zwi­schen der an­trag­stel­len­den und der be­schul­dig­ten Per­son über die Kos­ten­tra­gung beim Rück­zug des Straf­an­trags be­darf der Ge­neh­mi­gung der Be­hör­de, wel­che die Ein­stel­lung ver­fügt. Die Ver­ein­ba­rung darf sich nicht zum Nach­teil des Bun­des oder des Kan­tons aus­wir­ken.

Art. 428 Kostentragung im Rechtsmittelverfahren  

1 Die Kos­ten des Rechts­mit­tel­ver­fah­rens tra­gen die Par­tei­en nach Mass­ga­be ih­res Ob­sie­gens oder Un­ter­lie­gens. Als un­ter­lie­gend gilt auch die Par­tei, auf de­ren Rechts­mit­tel nicht ein­ge­tre­ten wird oder die das Rechts­mit­tel zu­rück­zieht.

2 Er­wirkt ei­ne Par­tei, die ein Rechts­mit­tel er­grif­fen hat, einen für sie güns­ti­ge­ren Ent­scheid, so kön­nen ihr die Ver­fah­rens­kos­ten auf­er­legt wer­den, wenn:

a.
die Vor­aus­set­zun­gen für das Ob­sie­gen erst im Rechts­mit­tel­ver­fah­ren ge­schaf­fen wor­den sind; oder
b.
der an­ge­foch­te­ne Ent­scheid nur un­we­sent­lich ab­ge­än­dert wird.

3 Fällt die Rechts­mit­tel­in­stanz sel­ber einen neu­en Ent­scheid, so be­fin­det sie dar­in auch über die von der Vor­in­stanz ge­trof­fe­ne Kos­ten­re­ge­lung.

4 Hebt sie einen Ent­scheid auf und weist sie die Sa­che zur neu­en Ent­schei­dung an die Vor­in­stanz zu­rück, so trägt der Bund oder der Kan­ton die Kos­ten des Rechts­mit­tel­ver­fah­rens und, nach Er­mes­sen der Rechts­mit­tel­in­stanz, je­ne der Vor­in­stanz.

5 Wird ein Re­vi­si­ons­ge­such gut­ge­heis­sen, so ent­schei­det die Straf­be­hör­de, die an­sch­lies­send über die Er­le­di­gung der Strafsa­che zu be­fin­den hat, nach ih­rem Er­mes­sen über die Kos­ten des ers­ten Ver­fah­rens.

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