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Bundesgesetz
über die Zusammenarbeit
mit dem Internationalen Strafgerichtshof
(ZISG)

vom 22. Juni 2001 (Stand am 1. März 2019)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 123 Absatz 1 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 15. November 20002,

beschliesst:

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand  

1 Die­ses Ge­setz re­gelt die Zu­sam­men­ar­beit mit dem In­ter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hof (Ge­richts­hof), der durch das Rö­mer Sta­tut des In­ter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hofs vom 17. Ju­li 19983 (Sta­tut) ge­schaf­fen wor­den ist.

2 Es re­gelt ins­be­son­de­re:

a.
die Über­stel­lung der vom Ge­richts­hof ver­folg­ten oder ver­ur­teil­ten Per­so­nen (3. Ka­pi­tel);
b.
die an­de­ren For­men der Zu­sam­men­ar­beit (4. Ka­pi­tel);
c.
die Voll­stre­ckung der Sank­tio­nen des Ge­richts­hofs (5. Ka­pi­tel).
Art. 2 Anwendbares Recht  

Die Zu­sam­men­ar­beit mit dem Ge­richts­hof er­folgt aus­sch­liess­lich nach den Be­stim­mun­gen die­ses Ge­set­zes und den Be­stim­mun­gen des Sta­tuts4.

Art. 2a Schutz von Personendaten 5  

So­weit die­ses Ge­setz nichts an­de­res be­stimmt, rich­tet sich die Be­ar­bei­tung von Per­so­nen­da­ten nach den Ar­ti­keln 11b–11d und 11f–11h des Rechts­hil­fe­ge­set­zes vom 20. März 19816.

5 Ein­ge­fügt durch Ziff. II 5 des BG vom 28. Sept. 2018 über die Um­set­zung der Richt­li­nie (EU) 2016/680 zum Schutz na­tür­li­cher Per­so­nen bei der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten zum Zwe­cke der Ver­hü­tung, Er­mitt­lung, Auf­de­ckung oder Ver­fol­gung von Straf­ta­ten oder der Straf­voll­stre­ckung, in Kraft seit 1. März 2019 (AS 2019 625; BBl 2017 6941).

6 SR 351.1

2. Kapitel: Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof

1. Abschnitt: Grundsätze der Zusammenarbeit

Art. 3 Zentralstelle  

1 Das Bun­des­amt für Jus­tiz führt ei­ne Zen­tral­stel­le für die Zu­sam­men­ar­beit mit dem Ge­richts­hof.

2 Die Zen­tral­stel­le hat ins­be­son­de­re fol­gen­de Auf­ga­ben:

a.
Sie nimmt die Er­su­chen des Ge­richts­hofs ent­ge­gen.
b.
Sie ent­schei­det über die Zu­läs­sig­keit der Zu­sam­men­ar­beit, über de­ren Mo­da­li­tä­ten und ge­ge­be­nen­falls über die An­fech­tung der Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs.
c.
Sie ord­net die not­wen­di­gen Mass­nah­men, de­ren Um­fang so­wie die Art der Er­le­di­gung des Er­su­chens an und be­stimmt, wel­che eid­ge­nös­si­sche Be­hör­de oder wel­cher Kan­ton für den Voll­zug zu­stän­dig ist.
d.
Sie er­nennt, so­weit er­for­der­lich, einen amt­li­chen Rechts­bei­stand.
e.
Sie über­stellt dem Ge­richts­hof ver­folg­te Per­so­nen und über­mit­telt ihm die Er­geb­nis­se aus der Er­le­di­gung des Er­su­chens.
f.
Sie lei­tet ein Er­su­chen des Ge­richts­hofs um Über­nah­me der Straf­ver­fol­gung nach Ar­ti­kel 70 Ab­satz 4 Buch­sta­be b des Sta­tuts7 an die zu­stän­di­ge Be­hör­de wei­ter.
g.
Sie ent­schei­det über Er­su­chen des Ge­richts­hofs um Über­nah­me der Straf­voll­stre­ckung.
h.
Sie voll­streckt Geld­stra­fen.
Art. 4 Konsultationen  

Die Zen­tral­stel­le führt Kon­sul­ta­tio­nen im Sin­ne von Ar­ti­kel 97 des Sta­tuts8 ins­be­son­de­re dann durch, wenn die Er­le­di­gung des Er­su­chens:

a.
ei­nem be­ste­hen­den, all­ge­mein gül­ti­gen we­sent­li­chen Rechts­grund­satz ent­ge­gen­stün­de (Art. 93 Abs. 3 des Sta­tuts);
b.
die na­tio­na­le Si­cher­heit tan­gie­ren wür­de (Art. 72 und 93 Abs. 4 des Sta­tuts);
c.
lau­fen­de Er­mitt­lun­gen oder ei­ne lau­fen­de Straf­ver­fol­gung in ei­ner an­de­ren Sa­che ge­fähr­den wür­de (Art. 94 Abs. 1 des Sta­tuts);
d.
die Staa­te­nim­mu­ni­tät oder die di­plo­ma­ti­sche Im­mu­ni­tät ver­let­zen könn­te (Art. 98 in Ver­bin­dung mit Art. 27 des Sta­tuts).
Art. 5 Ausführende Behörden  

1 Die für den Voll­zug be­stimm­ten kan­to­na­len und eid­ge­nös­si­schen Be­hör­den voll­zie­hen die von der Zen­tral­stel­le an­ge­ord­ne­ten Mass­nah­men be­för­der­lich und oh­ne ei­ge­ne ma­te­ri­el­le Ver­fah­rens­schrit­te.

2 Ge­gen Voll­zugs­hand­lun­gen der aus­füh­ren­den Be­hör­den kann kein Rechts­mit­tel er­grif­fen wer­den.

Art. 6 Immunitätsfragen  

1 Der Bun­des­rat ent­schei­det auf An­trag des Eid­ge­nös­si­schen Jus­tiz- und Po­li­zei­de­par­te­ments (De­par­te­ment) über Im­mu­ni­täts­fra­gen im Sin­ne von Ar­ti­kel 98 in Ver­bin­dung mit Ar­ti­kel 27 des Sta­tuts9, die sich bei der Er­le­di­gung ei­nes Er­su­chens er­ge­ben.

2 Das De­par­te­ment kann in Fäl­len nach Ab­satz 1 die Fest­nah­me oder an­de­re vor­sorg­li­che Mass­nah­men an­ord­nen.

2. Abschnitt: Zuständigkeit des Gerichtshofs

Art. 7 Zuständigkeitsabgrenzung  

1 Be­an­sprucht der Ge­richts­hof die Zu­stän­dig­keit für ein Ver­fah­ren, so kann die Zent­­ral­stel­le, im Ein­ver­neh­men mit der im schwei­ze­ri­schen Ver­fah­ren zu­stän­di­gen Be­hör­de, die schwei­ze­ri­sche Zu­stän­dig­keit im Sin­ne von Ar­ti­kel 18 des Sta­tuts10 gel­tend ma­chen oder, so­fern not­wen­dig, die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs nach Ar­ti­kel 19 des Sta­tuts an­fech­ten.

2 Ficht die Zen­tral­stel­le die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs nicht an oder ge­langt die­ser im Rah­men sei­ner Prü­fung zum Er­geb­nis, dass sei­ne Zu­stän­dig­keit vor­geht, so wer­den sämt­li­che Ver­fah­rens­un­ter­la­gen dem Ge­richts­hof über­ge­ben. Die zu­stän­di­ge schwei­ze­ri­sche Be­hör­de sis­tiert ihr Ver­fah­ren.

3 Ge­gen den Ent­scheid über ei­ne An­fech­tung kann kein Rechts­mit­tel er­grif­fen wer­den.

Art. 8 Anzeige und spontane Übermittlung von Beweismitteln und Informationen  

1 Die Zen­tral­stel­le kann dem Ge­richts­hof Be­weis­mit­tel und In­for­ma­tio­nen, die ei­ne schwei­ze­ri­sche Straf­ver­fol­gungs­be­hör­de für die ei­ge­ne Stra­fun­ter­su­chung er­ho­ben hat, un­auf­ge­for­dert über­mit­teln, wenn dank der Über­mitt­lung ein Straf­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet oder ei­ne hän­gi­ge Stra­fun­ter­su­chung er­leich­tert wer­den kann.

2 Ge­gen die Über­mitt­lung kann kein Rechts­mit­tel er­grif­fen wer­den.

Art. 9 Unterbreitung einer Situation  

1 Der Bun­des­rat ent­schei­det, ob im Sin­ne von Ar­ti­kel 14 des Sta­tuts11 ei­ne Si­tua­ti­on dem Ge­richts­hof un­ter­brei­tet wer­den soll.

2 Die Zen­tral­stel­le über­mit­telt das ent­spre­chen­de Er­su­chen dem Ge­richts­hof.

3. Abschnitt: Verkehr mit dem Gerichtshof

Art. 10 Form und Übermittlung von Ersuchen des Gerichtshofs  

1 Er­su­chen des Ge­richts­hofs be­dür­fen der Schrift­form. Die Zen­tral­stel­le kann Er­su­chen un­mit­tel­bar von den Or­ga­nen des Ge­richts­hofs ent­ge­gen­neh­men.

2 Er­su­chen und da­zu­ge­hö­ri­ge Un­ter­la­gen sind in deut­scher, fran­zö­si­scher oder ita­lie­ni­scher Spra­che oder mit Über­set­zung in ei­ne die­ser Spra­chen ein­zu­rei­chen; Über­set­zun­gen müs­sen amt­lich als rich­tig be­schei­nigt sein.

3 Für vor­sorg­li­che Mass­nah­men, Fahn­dun­gen, Fest­nah­men oder in an­de­ren drin­gen­den Fäl­len kann für ein Er­su­chen, so­fern die­ses spä­ter auf dem or­dent­li­chen Weg be­stä­tigt wird:

a.
die Ver­mitt­lung der In­ter­na­tio­na­len Kri­mi­nal-Po­li­zei­li­chen Or­ga­ni­sa­ti­on (IK­PO-In­ter­pol) in An­spruch ge­nom­men wer­den; oder
b.
ein Me­di­um ver­wen­det wer­den, das in der La­ge ist, ei­ne schrift­li­che Auf­zeich­nung zu hin­ter­las­sen.

4 Die Zen­tral­stel­le teilt dem Ge­richts­hof die Un­zu­läs­sig­keit oder Ab­leh­nung ei­nes Er­su­chens um­ge­hend mit und be­grün­det sie. Vor ei­ner de­fi­ni­ti­ven Ab­leh­nung kon­sul­tiert sie den Ge­richts­hof.

Art. 11 Schweizerische Ersuchen  

1 Kan­to­na­le oder eid­ge­nös­si­sche Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den kön­nen den Ge­richts­hof um Zu­sam­men­ar­beit in Fäl­len von schwe­ren Ver­bre­chen er­su­chen. Die Zen­tral­stel­le lei­tet sol­che Er­su­chen an den Ge­richts­hof wei­ter.

2 Die Un­ter­la­gen sind in fran­zö­si­scher oder eng­li­scher Spra­che oder mit ei­ner Über­set­zung in ei­ne die­ser Spra­chen ein­zu­rei­chen. Im Üb­ri­gen gel­ten für die schwei­ze­ri­schen Er­su­chen die An­for­de­run­gen an die Er­su­chen des Ge­richts­hofs sinn­ge­mä­ss.

3 Be­din­gun­gen, die der Ge­richts­hof an die Er­le­di­gung des Er­su­chens knüpft, sind von den schwei­ze­ri­schen Be­hör­den zu be­ach­ten.

Art. 12 Kosten  

1 Die Er­su­chen des Ge­richts­hofs wer­den in der Re­gel un­ent­gelt­lich er­le­digt. Aus­ge­nom­men sind:

a.
Kos­ten im Zu­sam­men­hang mit den Rei­sen und der Si­cher­heit von Zeu­gen und Sach­ver­stän­di­gen oder der zeit­wei­li­gen Über­ga­be in­haf­tier­ter Per­so­nen nach Ar­ti­kel 93 des Sta­tuts12;
b.
Über­set­zungs-, Dol­metsch- und Tran­skrip­ti­ons­kos­ten;
c.
Rei­se­kos­ten und Tag­gel­der für die Rich­ter, den An­klä­ger, die Stell­ver­tre­ten­den An­klä­ger, den Kanz­ler, den Stell­ver­tre­ten­den Kanz­ler und das Per­so­nal der Or­ga­ne des Ge­richts­hofs;
d.
Kos­ten von Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten oder -be­rich­ten, die der Ge­richts­hof an­ge­for­dert hat;
e.
Kos­ten im Zu­sam­men­hang mit der Be­för­de­rung ei­ner Per­son, die dem Ge­richts­hof über­stellt wird;
f.
nach Kon­sul­ta­tio­nen al­le aus­ser­ge­wöhn­li­chen Kos­ten, die sich aus der Er­le­di­gung ei­nes Er­su­chens er­ge­ben kön­nen.

2 Die Be­hör­den des Bun­des und der Kan­to­ne be­rech­nen ein­an­der we­der Ge­büh­ren noch Ent­schä­di­gun­gen für den Ar­beits­auf­wand zur Er­le­di­gung der Er­su­chen des Ge­richts­hofs.

3 Kos­ten, die mit ei­ner von der Zen­tral­stel­le an­ge­ord­ne­ten Haft ver­bun­den sind, so­wie ge­ge­be­nen­falls Kos­ten des amt­li­chen Rechts­bei­stands ge­hen zu Las­ten des Bun­des. Da­bei gel­ten die An­sät­ze des Ge­richts­hofs für die Ent­schä­di­gung an den Gast­staat (Art. 3 Abs. 1 des Sta­tuts) als Be­mes­sungs­grund­la­ge.

4. Abschnitt: Weitere Bestimmungen

Art. 13 Durchbeförderung  

1 Auf Er­su­chen des Ge­richts­hofs kann die Zen­tral­stel­le, oh­ne die in­haf­tier­te Per­son an­zu­hö­ren, de­ren Durch­be­för­de­rung und die da­für er­for­der­li­chen Mass­nah­men be­wil­li­gen.

2 Kei­ne Be­wil­li­gung ist er­for­der­lich, wenn die in­haf­tier­te Per­son mit ei­nem Luft­fahr­zeug oh­ne Zwi­schen­lan­dung über schwei­ze­ri­sches Ge­biet be­för­dert wer­den soll.

3 Im Fal­le ei­ner un­vor­her­ge­se­he­nen Lan­dung ist die durch­zu­be­för­dern­de Per­son fest­zu­neh­men. Die Zen­tral­stel­le for­dert den Ge­richts­hof um­ge­hend auf, ein Er­su­chen um Durch­be­för­de­rung zu stel­len. Trifft das Er­su­chen nicht in­nert 96 Stun­den seit der Fest­nah­me ein, so ist die Per­son frei­zu­las­sen. Trifft das Er­su­chen spä­ter doch noch ein, so kann die Per­son er­neut fest­ge­nom­men und ih­re Durch­be­för­de­rung be­wil­ligt wer­den.

4 Ge­gen die Be­wil­li­gung der Durch­be­för­de­rung kann kein Rechts­mit­tel er­grif­fen wer­den.

Art. 14 Konkurrierende Ersuchen  

1 Er­hält die Schweiz vom Ge­richts­hof ein Über­stel­lungs­er­su­chen und von ei­nem an­de­ren Staat ein Aus­lie­fe­rungs­er­su­chen be­tref­fend die­sel­be Per­son, so ent­schei­det die Zen­tral­stel­le nach Ar­ti­kel 90 des Sta­tuts13.

2 Er­hält die Schweiz vom Ge­richts­hof und von ei­nem an­de­ren Staat kon­kur­rie­ren­de Er­su­chen zu ei­nem an­de­ren Zweck als zur Über­stel­lung oder Aus­lie­fe­rung, so ent­schei­det die Zen­tral­stel­le nach Ar­ti­kel 93 Ab­satz 9 des Sta­tuts.

3 Hat die Zen­tral­stel­le dem Er­su­chen des Staa­tes den Vor­zug ge­währt, wird die­ses in der Fol­ge aber ab­ge­lehnt, so teilt sie dies dem Ge­richts­hof un­ver­züg­lich mit.

Art. 15 Entschädigung  

1 Die Ar­ti­kel 429 und 431 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Ok­to­ber 200714 (StPO) gel­ten sinn­ge­mä­ss für Ver­fah­ren, die auf Er­su­chen des Ge­richts­hofs ge­gen die ver­folg­te Per­son nach die­sem Ge­setz in der Schweiz durch­ge­führt wor­den sind.15

2 Die Ent­schä­di­gung kann her­ab­ge­setzt oder ver­wei­gert wer­den, wenn die ver­folg­te Per­son die Un­ter­su­chung oder die Haft schuld­haft ver­ur­sacht oder das Ver­fah­ren mut­wil­lig er­schwert oder ver­län­gert hat.

3 Die Ent­schä­di­gung für die in der Schweiz er­lit­te­ne Über­stel­lungs­haft kann auch he­rab­ge­setzt wer­den, wenn der Ge­richts­hof:

a.
das Fest­nah­me­er­su­chen zum Zweck der Über­stel­lung zu­rück­zieht; oder
b.
das Über­stel­lungs­er­su­chen mit den da­zu­ge­hö­ri­gen Un­ter­la­gen nicht frist­ge­recht ein­reicht.

4 Die Ent­schä­di­gung wird ver­wei­gert, so­weit der Ge­richts­hof ei­ne sol­che nach Ar­ti­kel 85 des Sta­tuts16 zu­ge­spro­chen oder ab­ge­lehnt hat.

14 SR 312.0

15 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 14 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

16 SR 0.312.1

3. Kapitel: Überstellung der vom Gerichtshof verfolgten oder verurteilten Personen

1. Abschnitt: Voraussetzungen

Art. 16 Grundsatz  

1 Ei­ne Per­son wird dem Ge­richts­hof über­stellt, wenn aus dem Er­su­chen und den da­zu­ge­hö­ri­gen Un­ter­la­gen her­vor­geht, dass die Tat in die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs fällt.

2 Prüft der Ge­richts­hof ei­ne An­fech­tung der Zu­stän­dig­keit nach den Ar­ti­keln 17–19 des Sta­tuts17, so kann die Zen­tral­stel­le die Er­le­di­gung des Er­su­chens so lan­ge auf­schie­ben, bis der Ge­richts­hof ent­schie­den hat.

3 Wird ei­ne Schwei­zer Bür­ge­rin oder ein Schwei­zer Bür­ger dem Ge­richts­hof über­stellt, so er­sucht die Zen­tral­stel­le die­sen um Rück­füh­rung nach Ab­schluss des Ver­fah­rens.

Art. 17 Inhalt und Unterlagen des Ersuchens  

1 Ein Er­su­chen um Fest­nah­me und Über­stel­lung ei­ner Per­son, ge­gen die der Ge­richts­hof einen Haft­be­fehl er­las­sen hat, ent­hält:

a.
ei­ne Be­schrei­bung der Per­son, die zu de­ren Iden­ti­fi­zie­rung aus­reicht, so­wie An­ga­ben über den Ort, an dem sie sich ver­mut­lich be­fin­det;
b.
ei­ne Ab­schrift des Haft­be­fehls;
c.
den Haft­grund.

2 Ein Er­su­chen um Fest­nah­me und Über­stel­lung ei­ner be­reits ver­ur­teil­ten Per­son ent­hält:

a.
ei­ne Ab­schrift des Haft­be­fehls;
b.
ei­ne Ab­schrift des Schuld­spruchs;
c.
wenn ein Straf­spruch er­gan­gen ist, ei­ne Ab­schrift des Straf­spruchs so­wie im Fal­le ei­ner Frei­heits­s­tra­fe ei­ne Er­klä­rung über die be­reits ver­büss­te und die noch zu ver­büs­sen­de Frei­heits­s­tra­fe.

3 Dem Er­su­chen sind bei­zu­fü­gen:

a.
ei­ne kur­ze Dar­stel­lung des we­sent­li­chen Sach­ver­halts, die ei­ne recht­li­che Be­ur­tei­lung der Tat er­laubt;
b.
die an­wend­ba­ren Be­stim­mun­gen des Sta­tuts18 so­wie der Ver­fah­rens- und Be­weis­ord­nung des Ge­richts­hofs.

2. Abschnitt: Überstellungshaft und Sicherstellung

Art. 18 Fahndung, Festnahme und Sicherstellung  

1 Er­su­chen um Fahn­dung und Fest­nah­me ent­hal­ten:

a.
mög­lichst ge­naue und voll­stän­di­ge An­ga­ben über die Per­son, ge­gen die sich das Er­su­chen rich­tet, so­wie An­ga­ben über den Ort, an dem sie sich ver­mut­lich auf­hält;
b.
ei­ne kur­ze Dar­stel­lung des Sach­ver­halts so­wie wenn mög­lich Da­tum und Ort der Tat;
c.
ei­ne Er­klä­rung, wo­nach ein gül­ti­ger Haft­be­fehl oder ein Schuld­spruch ge­gen die Per­son vor­liegt;
d.
ei­ne Er­klä­rung, dass ein Über­stel­lungs­er­su­chen nach­ge­reicht wird.

2 Ent­spricht die Zen­tral­stel­le dem Er­su­chen, so lei­tet sie die Fahn­dung ein und ord­net die Fest­nah­me so­wie nö­ti­gen­falls die Durch­su­chung der Per­son an.

3 Bei der Fest­nah­me wer­den Ge­gen­stän­de und Ver­mö­gens­wer­te, die als Be­weis­mit­tel im Ver­fah­ren vor dem Ge­richts­hof die­nen kön­nen oder die aus der straf­ba­ren Hand­lung her­rüh­ren, si­cher­ge­stellt.

4 Fest­nah­me und Si­cher­stel­lung wer­den der Zen­tral­stel­le mit­ge­teilt. Die­se in­for­miert um­ge­hend den Ge­richts­hof und for­dert ihn auf, ein Über­stel­lungs­er­su­chen zu stel­len.

Art. 19 Überstellungshaftbefehl  

1 Die Zen­tral­stel­le er­lässt im Hin­blick auf die Fest­nah­me oder um­ge­hend nach die­ser einen Über­stel­lungs­haft­be­fehl. Die­ser ent­hält:

a.
die An­ga­ben über die ver­folg­te Per­son und die ihr zur Last ge­leg­te Tat;
b.
die Mit­tei­lung, dass der Ge­richts­hof die Über­stel­lung ver­langt;
c.
den Hin­weis auf das Recht zur Be­schwer­de nach Ab­satz 4 und zum Bei­zug ei­nes Rechts­bei­stands.

2 Ist die ver­folg­te Per­son nicht haf­ter­ste­hungs­fä­hig oder recht­fer­ti­gen es an­de­re Grün­de, so kann die Zen­tral­stel­le, nach­dem sie dies­be­züg­lich den Ge­richts­hof in­for­miert und des­sen Emp­feh­lun­gen voll­um­fäng­lich be­rück­sich­tigt hat, an Stel­le der Haft an­de­re Si­che­rungs­mass­nah­men an­ord­nen.

3 Bei der Er­öff­nung des Über­stel­lungs­haft­be­fehls stellt die aus­füh­ren­de Be­hör­de fest, ob die ver­folg­te Per­son mit der im Er­su­chen be­zeich­ne­ten iden­tisch ist. Sie er­klärt ihr die Vor­aus­set­zun­gen der Über­stel­lung und der ver­ein­fach­ten Über­stel­lung (Art. 23). Die ver­folg­te Per­son wird kurz über ih­re per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se ein­ver­nom­men und be­fragt, ob und aus wel­chen Grün­den sie Ein­wen­dun­gen ge­gen den Über­stel­lungs­haft­be­fehl oder die Über­stel­lung er­hebt; ihr Rechts­bei­stand kann da­bei mit­wir­ken.

4 Ge­gen den Über­stel­lungs­haft­be­fehl kann die ver­folg­te Per­son in­nert zehn Ta­gen ab der schrift­li­chen Er­öff­nung Be­schwer­de bei der Be­schwer­de­kam­mer des Bun­des­straf­ge­richts füh­ren. Für das Be­schwer­de­ver­fah­ren gel­ten die Ar­ti­kel 379–392 StPO19 sinn­ge­mä­ss.20

19 SR 312.0

20 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 14 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

Art. 20 Überstellungshaft  

1 Die Über­stel­lungs­haft bleibt grund­sätz­lich wäh­rend des gan­zen Ver­fah­rens auf­recht­er­hal­ten.

2 Sie kann in je­dem Sta­di­um des Ver­fah­rens aus­nahms­wei­se auf­ge­ho­ben wer­den, wenn dies nach den Um­stän­den an­ge­zeigt er­scheint. Die ver­folg­te Per­son kann je­der­zeit ein Haft­ent­las­sungs­ge­such ein­rei­chen. Vor ih­rem Ent­scheid in­for­miert die Zent­ral­stel­le den Ge­richts­hof und be­rück­sich­tigt des­sen Emp­feh­lun­gen voll­um­fäng­lich. Ge­gen den Ent­scheid der Zen­tral­stel­le kann die ver­folg­te Per­son in­nert zehn Ta­gen ab der schrift­li­chen Er­öff­nung Be­schwer­de bei der Be­schwer­de­kam­mer des Bun­dess­straf­ge­richts füh­ren. Für das Be­schwer­de­ver­fah­ren gel­ten die Ar­ti­kel 379–392 StPO21 sinn­ge­mä­ss.22

3 Be­fin­det sich die ver­folg­te Per­son be­reits in Un­ter­su­chungs- oder Straf­haft, so hat der Über­stel­lungs­haft­be­fehl, an­de­re An­wei­sun­gen des Ge­richts­hofs vor­be­hal­ten, ins­be­son­de­re fol­gen­de Wir­kun­gen:

a.
Die ver­folg­te Per­son darf oh­ne Zu­stim­mung der Zen­tral­stel­le we­der frei­ge­las­sen noch aus der Schweiz aus­ge­schafft wer­den.
b.
Für Er­leich­te­run­gen der Haft­be­din­gun­gen ist die Zu­stim­mung der Zen­tral­stel­le er­for­der­lich.
c.
Die Ge­wäh­rung der Be­suchs­rech­te und die Kon­trol­le der Kor­re­spon­denz er­fol­gen im Ein­ver­neh­men mit der Zen­tral­stel­le.

21 SR 312.0

22 Fas­sung vier­ter und fünf­ter Satz ge­mä­ss An­hang 1 Ziff. II 14 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

Art. 21 Aufhebung der Überstellungshaft  

1 Tref­fen das Über­stel­lungs­er­su­chen und die da­zu­ge­hö­ri­gen Un­ter­la­gen nicht bei der Zen­tral­stel­le ein, so hebt die­se die Über­stel­lungs­haft spä­tes­tens 60 Ta­ge nach der Fest­nah­me auf.

2 Be­fin­det sich die ver­folg­te Per­son be­reits in Haft, so be­ginnt die Frist nach Ab­satz 1 mit der Ver­set­zung in die Über­stel­lungs­haft.

3 Ist die Per­son nach Ab­satz 1 aus der Haft ent­las­sen wor­den, so schliesst dies ih­re spä­te­re Fest­nah­me und Über­stel­lung nicht aus, wenn das Über­stel­lungs­er­su­chen und die da­zu­ge­hö­ri­gen Un­ter­la­gen zu ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt über­mit­telt wer­den.

4 Im Üb­ri­gen gel­ten für die Haft­ent­las­sung sinn­ge­mä­ss die Ar­ti­kel 238–240 StPO23 über die Si­cher­heits­leis­tung.

3. Abschnitt: Überstellungsentscheid

Art. 22 Rechtliches Gehör  

1 Das Über­stel­lungs­er­su­chen und die da­zu­ge­hö­ri­gen Un­ter­la­gen wer­den der ver­folg­ten Per­son und ge­ge­be­nen­falls ih­rem Rechts­bei­stand vor­ge­legt.

2 Die aus­füh­ren­de Be­hör­de er­klärt der ver­folg­ten Per­son die Vor­aus­set­zun­gen der Über­stel­lung so­wie der ver­ein­fach­ten Über­stel­lung und weist sie auf ihr Recht hin:

a.
die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs an­zu­fech­ten;
b.
sich von ei­nem Rechts­bei­stand ih­rer Wahl ver­tei­di­gen zu las­sen oder, falls sie kei­nen Rechts­bei­stand hat, sich von der Zen­tral­stel­le einen Rechts­bei­stand oder ge­ge­be­nen­falls einen amt­li­chen Rechts­bei­stand be­stel­len zu las­sen.

3 Die ver­folg­te Per­son wird kurz über ih­re per­sön­li­chen Ver­hält­nis­se ein­ver­nom­men und be­fragt, ob und aus wel­chen Grün­den sie Ein­wen­dun­gen ge­gen die Über­stel­lung er­hebt. Ihr Rechts­bei­stand kann da­bei mit­wir­ken.

4 Im Üb­ri­gen gel­ten für die Haft­ent­las­sung sinn­ge­mä­ss die Ar­ti­kel 238–240 StPO24 über die Si­cher­heits­leis­tung.25

24 SR 312.0

25 Ein­ge­fügt durch An­hang 1 Ziff. II 14 der Straf­pro­zess­ord­nung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

Art. 23 Vereinfachte Überstellung  

1 Gibt die ver­folg­te Per­son ei­ner Jus­tiz­be­hör­de zu Pro­to­koll, dass sie auf die Durch­füh­rung des Über­stel­lungs­ver­fah­rens ver­zich­tet, so be­wil­ligt die Zen­tral­stel­le die Über­ga­be, wenn kei­ne be­son­de­ren Be­den­ken be­ste­hen.

2 Die Zen­tral­stel­le kann die in Ar­ti­kel 17 ge­nann­ten Un­ter­la­gen beim Ge­richts­hof an­for­dern, wenn sie dies für die Be­wil­li­gung als not­wen­dig er­ach­tet.

3 Die ver­folg­te Per­son kann den Ver­zicht nach Ab­satz 1 wi­der­ru­fen, so­lan­ge die Zen­tral­stel­le die Über­ga­be nicht be­wil­ligt hat.

Art. 24 Bewilligung der Überstellung  

1 Die Zen­tral­stel­le be­wil­ligt die Über­stel­lung der ver­folg­ten Per­son so­wie die Aus­hän­di­gung der si­cher­ge­stell­ten Ge­gen­stän­de und Ver­mö­gens­wer­te.

2 Ficht die ver­folg­te Per­son oder die Zen­tral­stel­le die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs an, so wird die Be­wil­li­gung bis zum Ent­scheid des Ge­richts­hofs auf­ge­scho­ben.

3 Ma­chen Drit­te, die gut­gläu­big Rech­te er­wor­ben ha­ben, Be­hör­den oder Ge­schä­dig­te, die ih­ren ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt in der Schweiz ha­ben, Rech­te an den be­schlag­nahm­ten Ge­gen­stän­den und Ver­mö­gens­wer­ten gel­tend, die als Be­weis­mit­tel die­nen kön­nen, so wer­den sie nur aus­ge­hän­digt, wenn der Ge­richts­hof die kos­ten­lo­se Rück­ga­be nach Ab­schluss sei­nes Ver­fah­rens zu­si­chert.

Art. 25 Vollzug  

1 Die Über­stel­lung wird um­ge­hend voll­zo­gen. Die Zen­tral­stel­le trifft die er­for­der­li­chen An­ord­nun­gen im Ein­ver­neh­men mit dem Ge­richts­hof.

2 Die Zen­tral­stel­le kann den Voll­zug der Über­stel­lung um ei­ne mit dem Ge­richts­hof ver­ein­bar­te Zeit­span­ne auf­schie­ben, wenn die zu über­stel­len­de Per­son in der Schweiz we­gen an­de­rer straf­ba­rer Hand­lun­gen ver­folgt wird oder sich in Haft be­fin­det.

3 Wird die Über­stel­lung ab­ge­lehnt, so hebt die Zen­tral­stel­le die Über­stel­lungs­haft auf.

Art. 26 Vorübergehende Zuführung  

1 In den Fäl­len der Ar­ti­kel 24 Ab­satz 2 und 25 Ab­satz 2 kann die Zen­tral­stel­le die vor­über­ge­hen­de Zu­füh­rung der ver­folg­ten Per­son be­wil­li­gen, wenn Kon­sul­ta­tio­nen mit dem Ge­richts­hof er­ge­ben ha­ben:

a.
wie lan­ge sie vom Ge­richts­hof be­an­sprucht wird;
b.
dass sie wäh­rend des ge­sam­ten Zeit­raums in Haft bleibt;
c.
wel­chem Ver­fah­ren der Frei­heits­ent­zug an­ge­rech­net wird;
d.
dass sie nach Ab­schluss des Ver­fah­rens auf Er­su­chen der Zen­tral­stel­le zu­rück­ge­führt wird.

2 Hat die Zen­tral­stel­le noch kei­nen Über­stel­lungs­ent­scheid ge­trof­fen, so kann die vor­über­ge­hen­de Zu­füh­rung nur mit dem Ein­ver­ständ­nis der ver­folg­ten Per­son er­fol­gen.

Art. 27 Grundsatz der Spezialität  

Ei­ne dem Ge­richts­hof über­stell­te Per­son kann von die­sem für sämt­li­che Ta­ten straf­recht­lich ver­folgt, be­straft oder in Haft ge­nom­men wer­den, die in die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs fal­len.

Art. 28 Kosten  

Per­sön­li­ches Ei­gen­tum der ver­folg­ten Per­son kann zur De­ckung der schwei­ze­ri­schen Kos­ten ver­wen­det wer­den, so­weit es nicht dem Ge­richts­hof her­aus­zu­ge­ben ist.

4. Kapitel: Andere Formen der Zusammenarbeit

1. Abschnitt: Voraussetzungen

Art. 29 Grundsatz  

1 Dem Ge­richts­hof wird Zu­sam­men­ar­beit nach Ar­ti­kel 30 ge­währt, wenn aus dem Er­su­chen und den da­zu­ge­hö­ri­gen Un­ter­la­gen her­vor­geht, dass die Tat in die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs fällt.

2 Prüft der Ge­richts­hof ei­ne An­fech­tung sei­ner Zu­stän­dig­keit nach den Ar­ti­keln 17–19 des Sta­tuts26, so kann die Zen­tral­stel­le die Er­le­di­gung des Er­su­chens so lan­ge auf­schie­ben, bis der Ge­richts­hof ent­schie­den hat; die An­ord­nung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men wird da­von nicht be­rührt.

Art. 30 Formen der Zusammenarbeit  

Zu­sam­men­ar­beit nach die­sem Ka­pi­tel kann al­le nach schwei­ze­ri­schem Recht nicht un­zu­läs­si­gen Pro­zess­hand­lun­gen um­fas­sen, wel­che die Er­mitt­lun­gen und die straf­recht­li­che Ver­fol­gung be­tref­fend Ta­ten, die in die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs fal­len, er­leich­tern oder der Bei­brin­gung der Beu­te die­nen, ins­be­son­de­re:

a.
die Iden­ti­fi­zie­rung nicht an­ge­schul­dig­ter Per­so­nen, die Er­mitt­lung ih­res Auf­ent­halts und die Lo­ka­li­sie­rung von Ge­gen­stän­den;
b.
die Be­weis­auf­nah­me, ein­sch­liess­lich Zeu­gen­aus­sa­gen, und die Bei­brin­gung von Be­weis­mit­teln, ein­sch­liess­lich Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten und Be­rich­ten, die der Ge­richts­hof be­nö­tigt;
c.
die Ein­ver­nah­me von Per­so­nen, ge­gen die er­mit­telt wird oder die straf­recht­lich ver­folgt wer­den;
d.
die Zu­stel­lung von Un­ter­la­gen, ein­sch­liess­lich ge­richt­li­cher Schrift­stücke;
e.
die zeit­wei­li­ge Über­ga­be in­haf­tier­ter Per­so­nen nach Ar­ti­kel 39;
f.
die Un­ter­su­chung von Or­ten oder Stät­ten, ein­sch­liess­lich der Un­ter­su­chung von Grab­stät­ten und der Ex­hu­mie­rung;
g.
Durch­su­chun­gen und Be­schlag­nah­mun­gen;
h.
die Bei­brin­gung von Ak­ten und Un­ter­la­gen, ein­sch­liess­lich amt­li­cher Ak­ten und Un­ter­la­gen;
i.
der Schutz von Op­fern und Zeu­gen so­wie die Si­cher­stel­lung von Be­weis­mit­teln;
j.
die Iden­ti­fi­zie­rung, das Auf­spü­ren und Ein­frie­ren oder die Be­schlag­nah­mung von Er­lö­sen und Ver­mö­gens­ge­gen­stän­den so­wie Tat­werk­zeu­gen zum Zweck der spä­te­ren Ein­zie­hung.
Art. 31 Vorsorgliche Massnahmen  

1 Auf aus­drück­li­ches Er­su­chen des Ge­richts­hofs kann die Zen­tral­stel­le vor­sorg­li­che Mass­nah­men zur Er­hal­tung des be­ste­hen­den Zu­stan­des, zur Wah­rung be­droh­ter recht­li­cher In­ter­es­sen oder zur Si­che­rung ge­fähr­de­ter Be­weis­mit­tel an­ord­nen.

2 Ist Ge­fahr im Ver­zug, so kann die Zen­tral­stel­le, so­bald ein Er­su­chen an­ge­kün­digt ist und aus­rei­chen­de An­ga­ben zur Be­ur­tei­lung der Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen, vor­sorg­li­che Mass­nah­men an­ord­nen. Die­se wer­den auf­ge­ho­ben, wenn der Ge­richts­hof nicht in­nert der von der Zen­tral­stel­le ge­setz­ten Frist das Er­su­chen ein­reicht.

Art. 32 Anwendung der Verfahrensformen des Gerichtshofs  

Auf aus­drück­li­ches Er­su­chen des Ge­richts­hofs wer­den die Er­su­chen in der von ihm an­ge­ge­be­nen Wei­se er­le­digt; da­bei gilt ins­be­son­de­re:

a.
Die Aus­sa­gen von Zeu­gen und Sach­ver­stän­di­gen wer­den in der vom Sta­tut27 oder von der Ver­fah­rens- und Be­weis­ord­nung des Ge­richts­hofs vor­ge­schrie­be­nen Form be­kräf­tigt.
b.
Die für die ge­richt­li­che Zu­las­sung an­de­rer Be­weis­mit­tel er­for­der­li­chen For­men kön­nen be­rück­sich­tigt wer­den.
c.
Es kön­nen Mass­nah­men ge­trof­fen wer­den, um die Si­cher­heit oder das kör­per­li­che und see­li­sche Wohl der Op­fer, mög­li­cher Zeu­gen und von de­ren An­ge­hö­ri­gen zu ge­währ­leis­ten.
d.
Den am Ver­fah­ren vor dem Ge­richts­hof be­tei­lig­ten Per­so­nen kann ge­stat­tet wer­den, an der Er­le­di­gung des Er­su­chens teil­zu­neh­men und Ein­sicht in die Ak­ten zu neh­men.
Art. 33 Weiterleitung von Beweismitteln an einen anderen Staat  

Er­sucht der Ge­richts­hof die Zen­tral­stel­le um Zu­stim­mung zur Wei­ter­lei­tung von Be­weis­mit­teln, die ihm von der Schweiz über­ge­ben wur­den, an einen an­de­ren Staat, so:

a.
gibt die Zen­tral­stel­le dem Er­su­chen nach den Be­stim­mun­gen die­ses Ka­pi­tels statt, wenn es sich um ei­ne Tat han­delt, die in die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs fällt;
b.
ist ein Ver­fah­ren nach dem Rechts­hil­fe­ge­setz vom 20. März 198128 durch­zu­füh­ren, wenn es sich um ein schwe­res Ver­bre­chen nach dem in­ner­staat­li­chen Recht des er­su­chen­den Staa­tes han­delt.

28 SR351.1

2. Abschnitt: Einzelne Formen der Zusammenarbeit

Art. 34 Grundsätze für die Einvernahme  

1 Wird ei­ne Per­son in ei­ner Spra­che ein­ver­nom­men, die sie nicht voll­stän­dig ver­steht und spricht, so wer­den ei­ne sach­kun­di­ge Dol­met­sche­rin oder ein sach­kun­di­ger Dol­met­scher bei­ge­zo­gen und die er­for­der­li­chen Über­set­zun­gen zur Ver­fü­gung ge­stellt, um dem Ge­bot der Fair­ness Ge­nü­ge zu tun.

2 Die Per­son kann die Aus­sa­ge ver­wei­gern, wenn sie:

a.
mit der Aus­sa­ge sich oder ei­ne der in der Ver­fah­rens- und Be­weis­ord­nung des Ge­richts­hofs dies­be­züg­lich ge­nann­ten Per­so­nen be­las­ten oder sich selbst schul­dig be­ken­nen wür­de; oder
b.
mit der Aus­sa­ge­ver­wei­ge­rung die Of­fen­le­gung ver­trau­li­cher In­for­ma­tio­nen im Zu­sam­men­hang mit der na­tio­na­len Si­cher­heit nach Ar­ti­kel 72 des Sta­tuts29 ver­hin­dern will.

3 Die Per­son muss über ih­re Rech­te nach Ab­satz 2 vor der Ein­ver­nah­me be­lehrt wer­den.

4 Macht die Per­son einen der in Ab­satz 2 ge­nann­ten Grün­de gel­tend, so ent­schei­det die Zen­tral­stel­le über die Zu­läs­sig­keit der Ein­ver­nah­me.

Art. 35 Einvernahme einer verdächtigen Person  

1 Be­ste­hen Ver­dachts­grün­de, dass ei­ne Per­son ein Ver­bre­chen be­gan­gen hat, das in die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs fällt, so hat die Per­son zu­sätz­lich zu den Rech­ten nach Ar­ti­kel 34:

a.
das Recht, vor der Ein­ver­nah­me dar­über be­lehrt zu wer­den, dass sie ei­nes Ver­bre­chens ver­däch­tigt wird, das in die Zu­stän­dig­keit des Ge­richts­hofs fällt;
b.
das Recht zu schwei­gen, oh­ne dass ihr die­ses Schwei­gen bei der Fest­stel­lung von Schuld oder Un­schuld zur Last ge­legt wird;
c.
das Recht, sich von ei­nem Rechts­bei­stand ih­rer Wahl ver­tei­di­gen zu las­sen, oder, falls sie kei­nen Rechts­bei­stand hat, das Recht, sich von der Zen­tral­stel­le einen Rechts­bei­stand oder ge­ge­be­nen­falls einen amt­li­chen Rechts­bei­stand be­stel­len zu las­sen;
d.
das Recht, in An­we­sen­heit ih­res Rechts­bei­stands ein­ver­nom­men zu wer­den, so­fern sie nicht frei­wil­lig auf ihr Recht auf Rechts­bei­stand ver­zich­tet hat.

2 Die Per­son muss über ih­re Rech­te nach Ab­satz 1 vor der Ein­ver­nah­me be­lehrt wer­den.

Art. 36 Zustellung von Prozessakten  

Der Ge­richts­hof kann sei­ne Ent­schei­de und an­de­re Pro­zess­ak­ten oder Schrift­stücke der Emp­fän­ge­rin oder dem Emp­fän­ger in der Schweiz di­rekt per Post zu­stel­len.

Art. 37 Vorladung  

1 Der Vor­la­dung zum Er­schei­nen vor dem Ge­richts­hof als Zeu­ge oder Sach­ver­stän­di­ger muss die Ver­fah­rens- und Be­weis­re­gel des Ge­richts­hofs über die Selbstin­kri­mi­nie­rung bei­ge­legt wer­den. Die­se muss der be­trof­fe­nen Per­son in ei­ner Spra­che ab­ge­ge­ben wer­den, die sie ver­steht.

2 Die vor­ge­la­de­ne Per­son ist nicht ver­pflich­tet, der Vor­la­dung Fol­ge zu leis­ten. Die Zen­tral­stel­le holt beim Ge­richts­hof ei­ne schrift­li­che Zu­si­che­rung ein, die den Zeu­gen oder Sach­ver­stän­di­gen frei­es Ge­leit ga­ran­tiert, wenn ein ent­spre­chen­des Ge­such ge­stellt wird.

Art. 38 Untersuchungshandlungen auf schweizerischem Hoheitsgebiet  

1 Die Zen­tral­stel­le kann den An­klä­ger auf des­sen Er­su­chen er­mäch­ti­gen, Un­ter­su­chungs­hand­lun­gen im Sin­ne von Ar­ti­kel 99 Ab­satz 4 des Sta­tuts30 auf schwei­ze­ri­schem Ho­heits­ge­biet vor­zu­neh­men.

2 Die Zen­tral­stel­le in­for­miert die Be­hör­den, die nach schwei­ze­ri­schem Recht für die Un­ter­su­chungs­hand­lun­gen zu­stän­dig wä­ren.

Art. 39 Zeitweilige Übergabe inhaftierter Personen  

1 Nicht an­ge­schul­dig­te Per­so­nen, die sich in der Schweiz in Haft be­fin­den, kön­nen dem Ge­richts­hof zum Zweck der Iden­ti­fi­zie­rung, der Ein­ver­nah­me, der Kon­fron­ta­ti­on oder ei­ner sons­ti­gen Un­ter­su­chungs­hand­lung zeit­wei­lig über­ge­ben wer­den, wenn die in­haf­tier­te Per­son in Kennt­nis sämt­li­cher Um­stän­de ein­wil­ligt.

2 Der Ge­richts­hof muss der zu­ge­führ­ten Per­son frei­es Ge­leit zu­si­chern, sie in Haft be­las­sen und die Zu­si­che­rung ab­ge­ben, dass die Per­son zu­rück­ge­führt wird, so­bald der Zweck der Über­ga­be er­füllt ist.

Art. 40 Herausgabe von Beweismitteln  

1 Ge­gen­stän­de, Schrift­stücke oder Ver­mö­gens­wer­te, die zu Be­weis­zwe­cken be­schlag­nahmt wur­den, so­wie Ak­ten und Ent­schei­de wer­den dem Ge­richts­hof auf des­sen Er­su­chen zur Ver­fü­gung ge­stellt.

2 Ma­chen Drit­te, die gut­gläu­big Rech­te er­wor­ben ha­ben, Be­hör­den oder Ge­schä­dig­te, die ih­ren ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt in der Schweiz ha­ben, Rech­te an Ge­gens­tän­den, Schrift­stücken oder Ver­mö­gens­wer­ten nach Ab­satz 1 gel­tend, so wer­den die­se nur her­aus­ge­ge­ben, wenn der Ge­richts­hof die kos­ten­lo­se Rück­ga­be nach Ab­schluss sei­nes Ver­fah­rens zu­si­chert.

3 Die Her­aus­ga­be kann auf­ge­scho­ben wer­den, so­lan­ge die Ge­gen­stän­de, Schrift­stü­cke oder Ver­mö­gens­wer­te für ein in der Schweiz hän­gi­ges Straf­ver­fah­ren be­nö­tigt wer­den und so­fern der Ge­richts­hof nach Kon­sul­ta­ti­on ein­wil­ligt.

Art. 41 Herausgabe zur Einziehung, zur Zuweisung an den Treuhandfonds oder zur Rückerstattung  

1 Ge­gen­stän­de oder Ver­mö­gens­wer­te, die zu Si­che­rungs­zwe­cken be­schlag­nahmt wur­den, kön­nen dem Ge­richts­hof auf Er­su­chen je­der­zeit zur Ein­zie­hung, zur Zu­wei­sung an den Treu­hand­fonds (Art. 79 des Sta­tuts31) oder zur Rück­er­stat­tung her­aus­ge­ge­ben wer­den.

2 Ge­gen­stän­de und Ver­mö­gens­wer­te nach Ab­satz 1 um­fas­sen:

a.
Ge­gen­stän­de, mit de­nen ei­ne straf­ba­re Hand­lung be­gan­gen wur­de;
b.
das Er­zeug­nis oder den Er­lös aus ei­ner straf­ba­ren Hand­lung, de­ren Er­satz­wert und einen un­recht­mäs­si­gen Vor­teil;
c.
Ge­schen­ke und an­de­re Zu­wen­dun­gen, die da­zu ge­dient ha­ben oder be­stimmt wa­ren, die straf­ba­re Hand­lung zu ver­an­las­sen oder zu be­loh­nen, so­wie de­ren Er­satz­wert.

3 Ge­gen­stän­de und Ver­mö­gens­wer­te blei­ben be­schlag­nahmt, bis die Her­aus­ga­be an den Ge­richts­hof er­folgt ist oder die­ser der Zen­tral­stel­le mit­teilt, dass er auf die Her­aus­ga­be ver­zich­tet.

4 Ge­gen­stän­de oder Ver­mö­gens­wer­te kön­nen in der Schweiz zu­rück­be­hal­ten wer­den, wenn:

a.
die ge­schä­dig­te Per­son ih­ren ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt in der Schweiz hat und sie ihr zu­rück­zu­ge­ben sind;
b.
ei­ne Be­hör­de Rech­te an die­sen gel­tend macht;
c.
ei­ne an der straf­ba­ren Hand­lung nicht be­tei­lig­te Per­son glaub­haft macht, sie ha­be an die­sen in der Schweiz oder, so­fern sie ih­ren ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt in der Schweiz hat, im Aus­land gut­gläu­big Rech­te er­wor­ben; oder
d.
sie für ein in der Schweiz hän­gi­ges Straf­ver­fah­ren be­nö­tigt wer­den oder in der Schweiz ein­ge­zo­gen wer­den könn­ten.

5 Macht ei­ne Per­son An­sprü­che nach Ab­satz 4 gel­tend, so wird die Frei­ga­be der Ge­gen­stän­de oder Ver­mö­gens­wer­te an den Ge­richts­hof auf­ge­scho­ben, bis die Rechts­la­ge ge­klärt ist. Die strit­ti­gen Ge­gen­stän­de oder Ver­mö­gens­wer­te dür­fen der Per­son nur her­aus­ge­ge­ben wer­den, wenn:

a.
der Ge­richts­hof zu­stimmt;
b.
im Fal­le von Ab­satz 4 Buch­sta­be b die Be­hör­de zu­stimmt; oder
c.
die Be­rech­ti­gung des An­spruchs von ei­ner schwei­ze­ri­schen Be­hör­de an­er­kannt wur­de.

3. Abschnitt: Verfahren

Art. 42 Inhalt des Ersuchens  

1 Ein Er­su­chen ent­hält:

a.
ei­ne kur­ze Dar­stel­lung des we­sent­li­chen Sach­ver­halts, der dem Er­su­chen zu Grun­de liegt, so­wie die recht­li­che Be­zeich­nung der Tat;
b.
mög­lichst ge­naue und voll­stän­di­ge An­ga­ben über die Per­son, ge­gen die sich das Straf­ver­fah­ren rich­tet;
c.
ei­ne kur­ze Dar­stel­lung des Zwecks des Er­su­chens und der er­be­te­nen Zu­sam­men­ar­beit, ein­sch­liess­lich der Grün­de für das Er­su­chen und der Rechts­grund­la­ge;
d.
ge­ge­be­nen­falls mög­lichst aus­führ­li­che In­for­ma­tio­nen über Auf­ent­halts­ort oder Iden­ti­fi­zie­rung von Per­so­nen oder über Or­te, die ge­fun­den oder iden­ti­fi­ziert wer­den müs­sen, da­mit die er­be­te­ne Zu­sam­men­ar­beit ge­leis­tet wer­den kann;
e.
ge­ge­be­nen­falls de­tail­lier­te und be­grün­de­te An­ga­ben über die ein­zu­hal­ten­den Ver­fah­ren und Be­din­gun­gen.

2 Ent­spricht ein Er­su­chen den An­for­de­run­gen nach Ab­satz 1 nicht, so kann die Zent­ral­stel­le ver­lan­gen, dass es ver­bes­sert oder er­gänzt wird; die An­ord­nung vor­sorg­li­cher Mass­nah­men wird da­von nicht be­rührt.

Art. 43 Eintretensverfügung und Vollzug  

1 Die Zen­tral­stel­le prüft das Er­su­chen und er­lässt ei­ne nicht an­fecht­ba­re sum­ma­risch be­grün­de­te Ein­tre­tens­ver­fü­gung. Sie be­stimmt, wel­che eid­ge­nös­si­sche Be­hör­de oder wel­cher Kan­ton für den Voll­zug zu­stän­dig ist, und ord­net die im Rah­men der Zu­sam­men­ar­beit zu­läs­si­gen Hand­lun­gen an.

2 Wür­de der so­for­ti­ge Voll­zug lau­fen­de Er­mitt­lun­gen oder ei­ne lau­fen­de Straf­ver­fol­gung in der Schweiz in ei­ner an­de­ren Sa­che als der­je­ni­gen, auf die sich das Er­su­chen be­zieht, be­ein­träch­ti­gen, so kann die Zen­tral­stel­le den Voll­zug um ei­ne mit dem Ge­richts­hof ver­ein­bar­te Zeit­span­ne auf­schie­ben.

Art. 44 Nationale Sicherheit  

1 Hat die Zen­tral­stel­le ernst­haf­te Grün­de für die An­nah­me, dass die Er­le­di­gung ei­nes Er­su­chens die na­tio­na­le Si­cher­heit be­ein­träch­ti­gen könn­te, so in­for­miert sie das De­par­te­ment um­ge­hend.

2 In den Fäl­len nach Ab­satz 1 kann das De­par­te­ment Voll­zugs­hand­lun­gen sis­tie­ren.

3 Der Bun­des­rat lehnt auf An­trag des De­par­te­ments das Er­su­chen des Ge­richts­hofs um Zu­sam­men­ar­beit ab, so­weit durch de­ren Ge­wäh­rung die na­tio­na­le Si­cher­heit be­ein­träch­tigt wür­de.

Art. 45 Zustellung von Verfügungen  

1 Die aus­füh­ren­de Be­hör­de und die Zen­tral­stel­le stel­len ih­re Ver­fü­gun­gen den nach Ar­ti­kel 50 zur Be­schwer­de­füh­rung Be­rech­tig­ten zu, die Wohn­sitz oder ein Zu­stel­lungs­do­mi­zil in der Schweiz ha­ben.

2 Das Recht auf Zu­stel­lung er­lischt, so­bald die Ver­fü­gung, mit der das Ver­fah­ren ab­ge­schlos­sen wird, voll­streck­bar ist.

Art. 46 Teilnahme am Verfahren und Akteneinsicht  

1 So­weit dies für die Wah­rung ih­rer In­ter­es­sen er­for­der­lich ist, kön­nen Per­so­nen am Ver­fah­ren teil­neh­men und Ein­sicht in die Ak­ten neh­men.

2 Die Rech­te nach Ab­satz 1 kön­nen, so­weit er­for­der­lich, ein­ge­schränkt wer­den:

a.
im In­ter­es­se des Ver­fah­rens vor dem Ge­richts­hof;
b.
zum Schutz ei­nes we­sent­li­chen recht­li­chen In­ter­es­ses, so­fern der Ge­richts­hof es ver­langt;
c.
we­gen der Na­tur oder der Dring­lich­keit der zu tref­fen­den Mass­nah­me;
d.
zum Schutz we­sent­li­cher pri­va­ter In­ter­es­sen;
e.
im In­ter­es­se ei­nes schwei­ze­ri­schen Ver­fah­rens.

3 Die In­ha­be­rin­nen und In­ha­ber von Schrift­stücken sind be­rech­tigt, ih­re Man­dan­ten über das Vor­lie­gen ei­nes Er­su­chens und al­le da­mit zu­sam­men­hän­gen­den Tat­sa­chen zu in­for­mie­ren, so­fern die Zen­tral­stel­le dies nicht aus­nahms­wei­se oder auf Er­su­chen des Ge­richts­hofs un­ter Hin­weis auf die Straf­dro­hung nach Ar­ti­kel 292 des Straf­ge­setz­bu­ches32 aus­drück­lich un­ter­sagt hat.

Art. 47 Vereinfachtes Verfahren  

1 Die nach Ar­ti­kel 50 zur Be­schwer­de­füh­rung Be­rech­tig­ten, ins­be­son­de­re die In­ha­be­rin­nen und In­ha­ber von Ge­gen­stän­den, Schrift­stücken, Aus­künf­ten oder Ver­mö­gens­wer­ten, kön­nen bis zum Ab­schluss des Ver­fah­rens ei­ner Her­aus­ga­be der­sel­ben an den Ge­richts­hof zu­stim­men. Die Zu­stim­mung ist un­wi­der­ruf­lich.

2 Wil­li­gen al­le nach Ab­satz 1 Be­rech­tig­ten ein, so hält die aus­füh­ren­de Be­hör­de die Zu­stim­mung schrift­lich fest und teilt dies der Zen­tral­stel­le mit. Die­se schliesst das Ver­fah­ren ab, oh­ne ei­ne Schluss­ver­fü­gung zu er­las­sen.

3 Um­fasst die Her­aus­ga­be nur einen Teil der ver­lang­ten Ge­gen­stän­de, Schrift­stücke, Aus­künf­te oder Ver­mö­gens­wer­te, so wird für den rest­li­chen Teil das or­dent­li­che Ver­fah­ren wei­ter­ge­führt.

Art. 48 Schlussverfügung  

Er­ach­tet die Zen­tral­stel­le das Er­su­chen als ganz oder teil­wei­se er­le­digt, so er­lässt sie ei­ne be­grün­de­te Ver­fü­gung über die Ge­wäh­rung und den Um­fang der Zu­sam­men­ar­beit.

4. Abschnitt: Rechtsmittel

Art. 49 Beschwerde an das Bundesstrafgericht 33  

Die Schluss­ver­fü­gung der Zen­tral­stel­le un­ter­liegt der Be­schwer­de an die Be­schwer­de­kam­mer des Bun­dess­traf­ge­richts.

33 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 32 des Ver­wal­tungs­ge­richts­ge­set­zes vom 17. Ju­ni 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 2197; BBl 2001 4202).

Art. 50 Beschwerdelegitimation  

Zur Be­schwer­de­füh­rung ist be­rech­tigt, wer:

a.
nicht im Ver­fah­ren vor dem Ge­richts­hof an­ge­schul­digt ist;
b.
per­sön­lich und di­rekt von ei­ner Mass­nah­me be­trof­fen ist;
c.
ein schutz­wür­di­ges In­ter­es­se an der Än­de­rung oder Auf­he­bung der Ver­fü­gung hat; und
d.
sei­ne Rech­te vor dem Ge­richts­hof nicht gel­tend ma­chen kann oder wem dies nicht zu­zu­mu­ten ist.
Art. 51 Beschwerdegründe und ‑frist  

1 Mit Be­schwer­de kann die Ver­let­zung von Bun­des­recht, ein­sch­liess­lich der Über­schrei­tung oder des Miss­brauchs des Er­mes­sens, ge­rügt wer­den.

2 Macht die be­schwer­de­füh­ren­de Per­son Grün­de gel­tend, die nach den Be­stim­mun­gen des Sta­tuts34 nur vom Ge­richts­hof be­ur­teilt wer­den kön­nen, so lei­tet die Zen­tral­stel­le die Be­schwer­de­schrift an die­sen wei­ter, so­fern er noch nicht ent­schie­den hat.

3 Be­schwer­den ge­gen ei­ne Schluss­ver­fü­gung müs­sen in­nert zehn Ta­gen ab de­ren Zu­­stel­lung ein­ge­reicht wer­den.

4 Tritt die be­rech­tig­te Per­son in ein hän­gi­ges Ver­fah­ren ein, so kann sie ei­ne rechts­kräf­ti­ge Schluss­ver­fü­gung nicht mehr an­fech­ten.

Art. 52 Aufschiebende Wirkung  

1 Be­schwer­den ha­ben auf­schie­ben­de Wir­kung.

2 In drin­gen­den Fäl­len im Sin­ne von Ar­ti­kel 99 Ab­satz 2 des Sta­tuts35 kann die Zen­tral­stel­le beim Bun­dess­traf­ge­richt und beim Bun­des­ge­richt den Ent­zug der auf­schie­ben­den Wir­kung be­an­tra­gen.36

3 Ent­zieht das Bun­dess­traf­ge­richt oder das Bun­des­ge­richt der Be­schwer­de die auf­schie­ben­de Wir­kung, so kann die­ser Ent­scheid mit der in Ar­ti­kel 93 Ab­satz 8 Buch­sta­be b des Sta­tuts ge­nann­ten Be­din­gung ver­knüpft wer­den.37

35 SR 0.312.1

36 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 32 des Ver­wal­tungs­ge­richts­ge­set­zes vom 17. Ju­ni 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 2197; BBl 2001 4202).

37 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 32 des Ver­wal­tungs­ge­richts­ge­set­zes vom 17. Ju­ni 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 2197; BBl 2001 4202).

5. Kapitel: Vollstreckung der Sanktionen des Gerichtshofs

1. Abschnitt: Strafentscheide

Art. 53 Voraussetzungen  

1 Die Schweiz kann die Voll­stre­ckung ei­nes rechts­kräf­ti­gen und voll­streck­ba­ren Straf­ent­scheids des Ge­richts­hofs auf des­sen Er­su­chen über­neh­men, wenn die ver­ur­teil­te Per­son:

a.
Schwei­zer Bür­ge­rin oder Schwei­zer Bür­ger ist; oder
b.
in der Schweiz ih­ren ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt hat.

2 Geld­stra­fen kön­nen auch voll­streckt wer­den, wenn die ver­ur­teil­te Per­son ih­ren ge­wöhn­li­chen Auf­ent­halt im Aus­land hat, in der Schweiz aber über Ver­mö­gens­wer­te ver­fügt.

Art. 54 Entscheid über das Ersuchen des Gerichtshofs um Übernahme der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe  

1 Die Zen­tral­stel­le ent­schei­det nach Rück­spra­che mit der für den Voll­zug der Frei­heits­stra­fe zu be­trau­en­den Be­hör­de über das Er­su­chen des Ge­richts­hofs um Über­nah­me der Voll­stre­ckung.

2 Nimmt sie das Er­su­chen an, so ver­stän­digt sie den Ge­richts­hof und lässt ihm al­le mass­ge­bli­chen In­for­ma­tio­nen über den Straf­voll­zug zu­kom­men.

Art. 55 Vollzug der Freiheitsstrafe  

1 Mit der An­nah­me des Er­su­chens durch die Zen­tral­stel­le wird die vom Ge­richts­hof ver­häng­te Frei­heits­s­tra­fe in der Schweiz voll­zieh­bar. Die­se ist bin­dend; nur der Ge­richts­hof hat das Recht, über je­de Art der Her­ab­set­zung der Haft­dau­er zu ent­schei­den.

2 Die Stra­fe wird nach schwei­ze­ri­schem Recht voll­zo­gen; Ab­satz 1 bleibt vor­behal­ten.

3 Auf Er­su­chen des Ge­richts­hofs lässt die Zen­tral­stel­le die­sem al­le mass­ge­bli­chen In­for­ma­tio­nen über den Straf­voll­zug zu­kom­men. Der Ge­richts­hof kann je­der­zeit ei­nes sei­ner Mit­glie­der ent­sen­den, das die Haft­be­din­gun­gen über­prü­fen und die ver­ur­teil­te Per­son oh­ne Be­glei­tung tref­fen kann.

4 Der Ver­kehr zwi­schen dem Ge­richts­hof und der ver­ur­teil­ten Per­son ist ver­trau­lich.

Art. 56 Gesuche der verurteilten Person  

Stellt die ver­ur­teil­te Per­son ein Ge­such um be­ding­te Ent­las­sung oder ein Be­gna­di­gungs-, Be­ru­fungs- oder Wie­der­auf­nah­me­ge­such, so wird die­ses der Zen­tral­stel­le zu­ge­stellt. Die­se lei­tet das Ge­such mit al­len sach­dien­li­chen Un­ter­la­gen um­ge­hend an den Ge­richts­hof wei­ter.

Art. 57 Kosten  

1Die Trans­port­kos­ten so­wie die Kos­ten nach Ar­ti­kel 100 Ab­satz 1 Buch­sta­ben c–e des Sta­tuts38 wer­den vom Ge­richts­hof ge­tra­gen.

2 Der Bund trägt die üb­ri­gen Kos­ten des Straf­voll­zugs. Für die Be­rech­nung der Haft­­kos­ten sind die An­sät­ze mass­ge­bend, die zwi­schen dem Ge­richts­hof und dem Gast­staat nach Ar­ti­kel 103 Ab­satz 4 des Sta­tuts für den Straf­voll­zug ver­ein­bart wur­den.

2. Abschnitt: Einziehungsanordnungen

Art. 58  

Auf die Voll­stre­ckung von Ein­zie­hungs­an­ord­nun­gen ist Ar­ti­kel 41 sinn­ge­mä­ss an­wend­bar, wenn der Ge­richts­hof nach Ar­ti­kel 75 oder 79 des Sta­tuts39 über die Ver­wen­dung der Ge­gen­stän­de oder Ver­mö­gens­wer­te be­reits ent­schie­den hat und von der Schweiz die Voll­stre­ckung ver­langt.

6. Kapitel: Schlussbestimmungen

Art. 59 Änderung bisherigen Rechts  

40

40 Die Än­de­run­gen kön­nen un­ter AS 2002 1493kon­sul­tiert wer­den.

Art. 60 Referendum und Inkrafttreten  

1 Die­ses Ge­setz un­ter­steht dem fa­kul­ta­ti­ven Re­fe­ren­dum.

2 Der Bun­des­rat be­stimmt das In­kraft­tre­ten.

Da­tum des In­kraft­tre­tens: 1. Ju­li 200241

41 BRB vom 4. Fe­br. 2002

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