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Art. 34 Grundsätze für die Einvernahme
1 Wird eine Person in einer Sprache einvernommen, die sie nicht vollständig versteht und spricht, so werden eine sachkundige Dolmetscherin oder ein sachkundiger Dolmetscher beigezogen und die erforderlichen Übersetzungen zur Verfügung gestellt, um dem Gebot der Fairness Genüge zu tun. 2 Die Person kann die Aussage verweigern, wenn sie: - a.
- mit der Aussage sich oder eine der in der Verfahrens- und Beweisordnung des Gerichtshofs diesbezüglich genannten Personen belasten oder sich selbst schuldig bekennen würde; oder
- b.
- mit der Aussageverweigerung die Offenlegung vertraulicher Informationen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit nach Artikel 72 des Statuts29 verhindern will.
3 Die Person muss über ihre Rechte nach Absatz 2 vor der Einvernahme belehrt werden. 4 Macht die Person einen der in Absatz 2 genannten Gründe geltend, so entscheidet die Zentralstelle über die Zulässigkeit der Einvernahme.
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Art. 35 Einvernahme einer verdächtigen Person
1 Bestehen Verdachtsgründe, dass eine Person ein Verbrechen begangen hat, das in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt, so hat die Person zusätzlich zu den Rechten nach Artikel 34: - a.
- das Recht, vor der Einvernahme darüber belehrt zu werden, dass sie eines Verbrechens verdächtigt wird, das in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt;
- b.
- das Recht zu schweigen, ohne dass ihr dieses Schweigen bei der Feststellung von Schuld oder Unschuld zur Last gelegt wird;
- c.
- das Recht, sich von einem Rechtsbeistand ihrer Wahl verteidigen zu lassen, oder, falls sie keinen Rechtsbeistand hat, das Recht, sich von der Zentralstelle einen Rechtsbeistand oder gegebenenfalls einen amtlichen Rechtsbeistand bestellen zu lassen;
- d.
- das Recht, in Anwesenheit ihres Rechtsbeistands einvernommen zu werden, sofern sie nicht freiwillig auf ihr Recht auf Rechtsbeistand verzichtet hat.
2 Die Person muss über ihre Rechte nach Absatz 1 vor der Einvernahme belehrt werden.
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Art. 36 Zustellung von Prozessakten
Der Gerichtshof kann seine Entscheide und andere Prozessakten oder Schriftstücke der Empfängerin oder dem Empfänger in der Schweiz direkt per Post zustellen.
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Art. 37 Vorladung
1 Der Vorladung zum Erscheinen vor dem Gerichtshof als Zeuge oder Sachverständiger muss die Verfahrens- und Beweisregel des Gerichtshofs über die Selbstinkriminierung beigelegt werden. Diese muss der betroffenen Person in einer Sprache abgegeben werden, die sie versteht. 2 Die vorgeladene Person ist nicht verpflichtet, der Vorladung Folge zu leisten. Die Zentralstelle holt beim Gerichtshof eine schriftliche Zusicherung ein, die den Zeugen oder Sachverständigen freies Geleit garantiert, wenn ein entsprechendes Gesuch gestellt wird.
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Art. 38 Untersuchungshandlungen auf schweizerischem Hoheitsgebiet
1 Die Zentralstelle kann den Ankläger auf dessen Ersuchen ermächtigen, Untersuchungshandlungen im Sinne von Artikel 99 Absatz 4 des Statuts30 auf schweizerischem Hoheitsgebiet vorzunehmen. 2 Die Zentralstelle informiert die Behörden, die nach schweizerischem Recht für die Untersuchungshandlungen zuständig wären.
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Art. 39 Zeitweilige Übergabe inhaftierter Personen
1 Nicht angeschuldigte Personen, die sich in der Schweiz in Haft befinden, können dem Gerichtshof zum Zweck der Identifizierung, der Einvernahme, der Konfrontation oder einer sonstigen Untersuchungshandlung zeitweilig übergeben werden, wenn die inhaftierte Person in Kenntnis sämtlicher Umstände einwilligt. 2 Der Gerichtshof muss der zugeführten Person freies Geleit zusichern, sie in Haft belassen und die Zusicherung abgeben, dass die Person zurückgeführt wird, sobald der Zweck der Übergabe erfüllt ist.
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Art. 40 Herausgabe von Beweismitteln
1 Gegenstände, Schriftstücke oder Vermögenswerte, die zu Beweiszwecken beschlagnahmt wurden, sowie Akten und Entscheide werden dem Gerichtshof auf dessen Ersuchen zur Verfügung gestellt. 2 Machen Dritte, die gutgläubig Rechte erworben haben, Behörden oder Geschädigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz haben, Rechte an Gegenständen, Schriftstücken oder Vermögenswerten nach Absatz 1 geltend, so werden diese nur herausgegeben, wenn der Gerichtshof die kostenlose Rückgabe nach Abschluss seines Verfahrens zusichert. 3 Die Herausgabe kann aufgeschoben werden, solange die Gegenstände, Schriftstücke oder Vermögenswerte für ein in der Schweiz hängiges Strafverfahren benötigt werden und sofern der Gerichtshof nach Konsultation einwilligt.
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Art. 41 Herausgabe zur Einziehung, zur Zuweisung an den Treuhandfonds oder zur Rückerstattung
1 Gegenstände oder Vermögenswerte, die zu Sicherungszwecken beschlagnahmt wurden, können dem Gerichtshof auf Ersuchen jederzeit zur Einziehung, zur Zuweisung an den Treuhandfonds (Art. 79 des Statuts31) oder zur Rückerstattung herausgegeben werden. 2 Gegenstände und Vermögenswerte nach Absatz 1 umfassen: - a.
- Gegenstände, mit denen eine strafbare Handlung begangen wurde;
- b.
- das Erzeugnis oder den Erlös aus einer strafbaren Handlung, deren Ersatzwert und einen unrechtmässigen Vorteil;
- c.
- Geschenke und andere Zuwendungen, die dazu gedient haben oder bestimmt waren, die strafbare Handlung zu veranlassen oder zu belohnen, sowie deren Ersatzwert.
3 Gegenstände und Vermögenswerte bleiben beschlagnahmt, bis die Herausgabe an den Gerichtshof erfolgt ist oder dieser der Zentralstelle mitteilt, dass er auf die Herausgabe verzichtet. 4 Gegenstände oder Vermögenswerte können in der Schweiz zurückbehalten werden, wenn: - a.
- die geschädigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat und sie ihr zurückzugeben sind;
- b.
- eine Behörde Rechte an diesen geltend macht;
- c.
- eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person glaubhaft macht, sie habe an diesen in der Schweiz oder, sofern sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat, im Ausland gutgläubig Rechte erworben; oder
- d.
- sie für ein in der Schweiz hängiges Strafverfahren benötigt werden oder in der Schweiz eingezogen werden könnten.
5 Macht eine Person Ansprüche nach Absatz 4 geltend, so wird die Freigabe der Gegenstände oder Vermögenswerte an den Gerichtshof aufgeschoben, bis die Rechtslage geklärt ist. Die strittigen Gegenstände oder Vermögenswerte dürfen der Person nur herausgegeben werden, wenn: - a.
- der Gerichtshof zustimmt;
- b.
- im Falle von Absatz 4 Buchstabe b die Behörde zustimmt; oder
- c.
- die Berechtigung des Anspruchs von einer schweizerischen Behörde anerkannt wurde.
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