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Verordnung
über die Anwendung polizeilichen Zwangs
und polizeilicher Massnahmen im Zuständigkeitsbereich des Bundes
(Zwangsanwendungsverordnung, ZAV)

vom 12. November 2008 (Stand am 1. Januar 2023)

Der Schweizerische Bundesrat,

gestützt auf die Artikel 14, 16, 17 Absatz 1, 26 und 29 des Zwangsanwendungsgesetzes vom 20. März 20081
und auf Artikel 92 Absatz 4 Buchstabe b des Militärgesetzes vom 3. Februar 19952,3

verordnet:

1 SR 364

2 SR 510.10

3 Fassung gemäss Ziff. II 1 der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 791).

1. Kapitel: Gegenstand und Geltungsbereich

Art. 1  

1 Die­se Ver­ord­nung re­gelt die An­wen­dung po­li­zei­li­chen Zwangs und po­li­zei­li­cher Mass­nah­men nach dem Zwangs­an­wen­dungs­ge­setz vom 20. März 2008.

2 Wer­den Per­so­nen an ei­ne aus­län­di­sche Straf­ver­fol­gungs­be­hör­de oder von die­ser an die Schweiz aus­ge­lie­fert, so rich­tet sich der Trans­port auf dem Land­weg im Zu­stän­dig­keits­be­reich der Bun­des­be­hör­den nach die­ser Ver­ord­nung. Wer­den aus­ge­lie­fer­te oder aus­zu­lie­fern­de Per­so­nen auf dem Luft­weg von schwei­ze­ri­schen Po­li­zei­or­ga­nen be­glei­tet, so sind die Ar­ti­kel 25–29 und 30 Ab­satz 1 sinn­ge­mä­ss an­wend­bar.

2. Kapitel: Zwangsmittel

1. Abschnitt: Aufgabenbezogener Einsatz von Zwangsmitteln

Art. 2 Grundsatz  

1 Be­hör­den und Per­so­nen, die po­li­zei­li­che Auf­ga­ben im Zu­stän­dig­keits­be­reich des Bun­des er­fül­len (Po­li­zei­or­ga­ne), dür­fen bei der An­wen­dung po­li­zei­li­chen Zwangs nur Zwangs­mit­tel ein­set­zen, die von ei­ner Fach­in­sti­tu­ti­on (Art. 13) auf ih­re Ein­satz­taug­lich­keit ge­prüft und für den Po­li­zei­ein­satz emp­foh­len wor­den sind.

2 Zwangs­mit­tel im Sin­ne von Ab­satz 1 sind Hilfs­mit­tel, Waf­fen und Mu­ni­ti­on.

Art. 3 Allgemeine polizeiliche Aufgaben  

Bei der Er­fül­lung all­ge­mei­ner po­li­zei­li­cher Auf­ga­ben, ins­be­son­de­re bei Schutz­auf­ga­ben und Fest­nah­men, dür­fen al­le Zwangs­mit­tel nach den Ar­ti­keln 6–10 ein­ge­setzt wer­den.

Art. 4 Schutz von Luftfahrzeugen  

Bei Schutze­in­sät­zen an Bord von Luft­fahr­zeu­gen dür­fen fol­gen­de Zwangs­mit­tel ein­ge­setzt wer­den:

a.
Fes­se­lungs­mit­tel;
b.
Schlag- und Ab­wehr­stö­cke;
c.
Hand- und Faust­feu­er­waf­fen mit Mu­ni­ti­on, die ei­ne kon­trol­lier­te Ex­pan­si­ons­wir­kung hat;
d.
nicht töd­lich wir­ken­de De­sta­bi­li­sie­rungs­ge­rä­te (De­sta­bi­li­sie­rungs­ge­rä­te).
Art. 5 Transporte auf dem Luftweg  

Wer­den Per­so­nen, die Frei­heits­be­schrän­kun­gen un­ter­ste­hen, auf dem Luft­weg trans­por­tiert, so dür­fen fol­gen­de Zwangs­mit­tel ein­ge­setzt wer­den:

a.
Fes­se­lungs­mit­tel, mit Aus­nah­me me­tal­li­scher Fes­se­lungs­mit­tel;
b.
Schlag- und Ab­wehr­stö­cke.
Art. 5a Bewaffnung von Angestellten der Militärverwaltung des Bundes 4  

1 Zum Tra­gen ei­ner Dienst­waf­fe be­rech­tigt sind zi­vi­le An­ge­stell­te der Grup­pe Ver­tei­di­gung, so­weit und so­lan­ge sie im Rah­men ih­rer dienst­li­chen Auf­ga­ben be­son­de­ren Ge­fähr­dun­gen aus­ge­setzt sind und so­fern bei ih­nen kei­ne Hin­de­rungs­grün­de zum Tra­gen ei­ner Dienst­waf­fe vor­lie­gen.

2 Ei­ne be­son­de­re Ge­fähr­dung liegt ins­be­son­de­re vor:

a.
bei der Trans­port­be­glei­tung oder der Um­la­ge­rung von Ar­mee­ma­te­ri­al mit be­son­de­rem Schutz­be­darf;
b.
wenn mi­li­tä­ri­sche An­la­gen der Schutz­zo­ne 2 oder 3 be­tre­ten wer­den;
c.
wenn In­ter­ven­ti­ons­kräf­te bei aus­ge­lös­ten Alar­men be­glei­tet wer­den müs­sen.

3 Als Hin­de­rungs­grün­de gel­ten ins­be­son­de­re An­halts­punk­te, die auf ei­ne mög­li­che Selbst- oder Dritt­ge­fähr­dung schlies­sen las­sen.

4 Als Dienst­waf­fen gel­ten:

a.
Reiz­stof­fe;
b.
Feu­er­waf­fen.

5 Über die Zu­ge­hö­rig­keit zur Per­so­nen­grup­pe nach Ab­satz 1 ent­schei­det im Ein­zel­fall die zu­stän­di­ge Di­rek­to­rin oder der zu­stän­di­ge Di­rek­tor in­ner­halb der Grup­pe Ver­tei­di­gung.

6 Wer zum Tra­gen ei­ner Dienst­waf­fe be­rech­tigt ist, muss:

a.
die Grund­aus­bil­dung ge­mä­ss Vor­ga­ben der Grup­pe Ver­tei­di­gung ab­sol­vie­ren; und
b.
jähr­lich an meh­re­ren Aus­bil­dungs­kur­sen teil­neh­men.

7 Das zu­stän­di­ge Bun­des­amt sorgt für die si­che­re Auf­be­wah­rung der Dienst­waf­fen und der Mu­ni­ti­on.

8 Wer­den bei ei­ner Per­son Hin­de­rungs­grün­de zum Tra­gen ei­ner Dienst­waf­fe fest­ge­stellt, so wird die­se durch die vor­ge­setz­te Stel­le un­ver­züg­lich ein­ge­zo­gen. Die zu­stän­di­ge Di­rek­to­rin oder der zu­stän­di­ge Di­rek­tor ent­schei­det, nach Rück­spra­che mit der Chefin oder dem Chef Si­cher­heit Ver­tei­di­gung, ab­sch­lies­send, ob die be­tref­fen­de Per­son wei­ter­hin zum Tra­gen ei­ner Dienst­waf­fe be­rech­tigt ist.

4 Ein­ge­fügt durch Ziff. II 1 der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 791).

2. Abschnitt: Hilfsmittel

Art. 6  

Bei der An­wen­dung po­li­zei­li­chen Zwangs dür­fen fol­gen­de Hilfs­mit­tel un­mit­tel­bar ge­gen Per­so­nen ein­ge­setzt wer­den:

a.
Fes­se­lungs­mit­tel;
b.
Was­ser­wer­fer;
c.
na­tür­li­che und syn­the­ti­sche Pfef­fer­prä­pa­ra­te;
d.
Dienst­hun­de.

3. Abschnitt: Waffen und Munition

Art. 7 Schlag- und Abwehrstöcke  

Bei der An­wen­dung po­li­zei­li­chen Zwangs dür­fen nur Schlag- und Ab­wehr­stö­cke ein­ge­setzt wer­den, die bruch­si­cher sind und kei­ne Kan­ten oder Spit­zen auf­wei­sen.

Art. 8 Reizstoffe  

Ge­gen An­samm­lun­gen von Per­so­nen und bei Spe­zi­al­e­in­sät­zen dür­fen Reiz­stof­fe nach An­hang 2 der Waf­fen­ver­ord­nung vom 2. Ju­li 20085 ein­ge­setzt wer­den.

Art. 9 Destabilisierungsgeräte  

Bei der An­wen­dung po­li­zei­li­chen Zwangs dür­fen De­sta­bi­li­sie­rungs­ge­rä­te un­ter den Vor­aus­set­zun­gen von Ar­ti­kel 11 ein­ge­setzt wer­den.

Art. 10 Feuerwaffen  

Bei der An­wen­dung po­li­zei­li­chen Zwangs dür­fen fol­gen­de Feu­er­waf­fen ein­ge­setzt wer­den:

a.
Hand- und Faust­feu­er­waf­fen;
b.
Se­rie­feu­er­waf­fen;
c.
Mehr­zweck­wer­fer und Mehr­zweck­ge­weh­re.
Art. 11 Einsatz von Destabilisierungsgeräten und Feuerwaffen  

1 De­sta­bi­li­sie­rungs­ge­rä­te und Feu­er­waf­fen dür­fen ge­gen Per­so­nen ein­ge­setzt wer­den, die ei­ne schwe­re Straf­tat be­gan­gen ha­ben oder ernst­haft im Ver­dacht ste­hen, ei­ne schwe­re Straf­tat be­gan­gen zu ha­ben.

2 De­sta­bi­li­sie­rungs­ge­rä­te kön­nen auch ein­ge­setzt wer­den, um ei­ne schwe­re Straf­tat zu ver­hin­dern.

3 Als schwe­re Straf­tat gilt ei­ne ernst­haf­te Be­ein­träch­ti­gung ge­gen Leib und Le­ben, der Frei­heit, der se­xu­el­len In­te­gri­tät oder der öf­fent­li­chen Si­cher­heit.

4 De­sta­bi­li­sie­rungs­ge­rä­te und Feu­er­waf­fen dür­fen bei Rück­füh­run­gen auf dem Luft­weg nicht ein­ge­setzt wer­den.

Art. 12 Munition  

1 Bei der An­wen­dung po­li­zei­li­chen Zwangs darf fol­gen­de Mu­ni­ti­on ein­ge­setzt wer­den:

a.
Voll­man­tel­mu­ni­ti­on;
b.
Mu­ni­ti­on mit kon­trol­lier­ter Ex­pan­si­ons­wir­kung;
c.
Hilfs­mu­ni­ti­on.

2 Es darf nur Mu­ni­ti­on ein­ge­setzt wer­den, die sich beim Auf­prall de­for­miert aber nicht zer­legt.

4. Abschnitt: Prüfung der Einsatztauglichkeit und Beschaffung von Zwangsmitteln

Art. 13 Fachinstitutionen für die Prüfung der Einsatztauglichkeit  

1 Die fol­gen­den Fach­in­sti­tu­tio­nen prü­fen die Ein­satz­taug­lich­keit von Zwangs­mit­teln für den po­li­zei­li­chen Ein­satz und ge­ben Emp­feh­lun­gen ab:

a.
ei­ne in­ter­de­par­te­men­ta­le Ar­beits­grup­pe, die vom Eid­ge­nös­si­schen Jus­tiz- und Po­li­zei­de­par­te­ment (EJPD), vom Eid­ge­nös­si­schen De­par­te­ment für Ver­tei­di­gung, Be­völ­ke­rungs­schutz und Sport (VBS) und vom Eid­ge­nös­si­schen Fi­nanz­de­par­te­ment (EFD) ein­ge­setzt wird und aus je ei­nem Ver­tre­ter oder ei­ner Ver­tre­te­rin der be­trof­fe­nen De­par­te­men­te, zwei Ver­tre­tern oder Ver­tre­te­rin­nen der Kan­to­ne so­wie höchs­tens drei wei­te­ren Fach­per­so­nen be­steht;
b.
für die Be­ur­tei­lung der Ein­satz­taug­lich­keit von Dienst­hun­den: die vom Schwei­ze­ri­schen Po­li­zei­hun­de­füh­rer-Ver­band an­er­kann­ten Ex­per­ten und Ex­per­tin­nen so­wie die­je­ni­gen des Grenzwacht­korps und der Ar­mee.

2 Die in­ter­de­par­te­men­ta­le Ar­beits­grup­pe nach Ab­satz 1 Buch­sta­be a be­rück­sich­tigt die Emp­feh­lun­gen der Schwei­ze­ri­schen Po­li­zei­tech­ni­schen Kom­mis­si­on (SPTK) der kan­to­na­len Po­li­zei­kom­man­dan­ten der Schweiz. Sie kann ih­re Auf­ga­be auch der SPTK über­tra­gen oder auf de­ren Emp­feh­lun­gen ver­wei­sen.

Art. 14 Beschaffung  

1 Die De­par­te­men­te sind für die Be­schaf­fung der Zwangs­mit­tel der ih­nen un­ter­stell­ten Po­li­zei­or­ga­ne zu­stän­dig; die Be­schaf­fungs­vor­schrif­ten des Bun­des sind an­wend­bar.

2 Sie ko­or­di­nie­ren die Be­schaf­fung un­ter­ein­an­der und, so­weit er­for­der­lich, mit den Kan­to­nen.

3. Kapitel: Transport von Personen, die Freiheitsbeschränkungen unterstehen

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 15 Transportauftrag  

1 Die Be­hör­de, die den Trans­port an­ord­net, er­teilt dem Voll­zugs­or­gan, das den Trans­port ei­ner Per­son durch­führt, einen Auf­trag.

2 Der Auf­trag ist schrift­lich mit ei­nem Trans­port­for­mu­lar zu er­tei­len.

Art. 16 Transportformular  

Das EJPD er­stellt ein Mus­ter für das Trans­port­for­mu­lar. Die­ses ent­hält fol­gen­de Ru­bri­ken:

a.
Trans­port­auf­trag;
b.
Hin­wei­se und Trans­portauf­la­gen;
c.
Trans­port­pro­to­koll;
d.
Ef­fek­ten­ver­zeich­nis der zu trans­por­tie­ren­den Per­son.
Art. 17 Transportprotokoll  

Dau­ert ein Trans­port län­ger als vier Stun­den oder sind be­son­de­re Vor­komm­nis­se zu ver­zeich­nen, so hat das Voll­zugs­or­gan dies ent­we­der im Trans­port­for­mu­lar zu ver­mer­ken oder ein se­pa­ra­tes Pro­to­koll zu er­stel­len.

Art. 18 Transportfähigkeit  

1 Die an­ord­nen­de Be­hör­de und das Voll­zugs­or­gan über­prü­fen, ob die zu trans­por­tie­ren­de Per­son trans­port­fä­hig ist. Im Zwei­fels­fall las­sen sie die Trans­port­fä­hig­keit me­di­zi­nisch ab­klä­ren.

2 Die un­ter­su­chen­de Me­di­zi­nal­per­son kann die Trans­port­fä­hig­keit von der Ein­hal­tung be­stimm­ter Auf­la­gen für den Trans­port ab­hän­gig ma­chen. Die Auf­la­gen sind im Trans­port­for­mu­lar zu ver­mer­ken.

Art. 19 Information  

1 Bei Trans­port­be­ginn ist die zu trans­por­tie­ren­de Per­son über die Des­ti­na­ti­on, den Zweck und die vor­aus­sicht­li­che Dau­er des Trans­ports zu in­for­mie­ren.

2 Die In­for­ma­ti­on hat in ei­ner für die be­trof­fe­ne Per­son ver­ständ­li­chen Spra­che zu er­fol­gen.

Art. 20 Vorbereitung auf den Transport  

1 Die an­ord­nen­de Be­hör­de und das Voll­zugs­or­gan ha­ben da­für zu sor­gen, dass die zu trans­por­tie­ren­de Per­son Ge­le­gen­heit hat, sich ent­spre­chend der Trans­port­dau­er, den Trans­por­tum­stän­den und dem Trans­port­ziel zu klei­den.

2 So­weit er­for­der­lich, sind per­sön­li­che Aus­wei­se und Ef­fek­ten der zu trans­por­tie­ren­den Per­son auf dem Trans­port mit­zu­füh­ren. Die per­sön­li­chen Aus­wei­se und die Ef­fek­ten wer­den auf dem Trans­port­for­mu­lar oder in des­sen An­hang auf­ge­führt.

Art. 21 Sicherheitsmassnahmen  

1 Die an­ord­nen­de Be­hör­de und das Voll­zugs­or­gan wei­sen im Trans­port­for­mu­lar auf all­fäl­li­ge be­son­de­re Ri­si­ken hin.

2 Sie sor­gen da­für, dass die zu trans­por­tie­ren­de Per­son we­der Waf­fen noch an­de­re für sie selbst oder Drit­te ge­fähr­li­che Ge­gen­stän­de mit sich führt.

Art. 22 Persönliche Bedürfnisse  

1 Er­for­dern es die Ta­ges­zeit oder die Dau­er des Trans­por­tes oder an­de­re Um­stän­de, so stellt das Voll­zugs­or­gan der zu trans­por­tie­ren­den Per­son Ge­trän­ke und Ess­wa­ren zur Ver­fü­gung.

2 Der zu trans­por­tie­ren­den Per­son ist vor Be­ginn des Trans­por­tes so­wie in an­ge­mes­se­nen Ab­stän­den wäh­rend des Trans­ports Ge­le­gen­heit zu ge­ben, ei­ne Toi­let­te auf­zu­su­chen.

Art. 23 Fesselung  

1 Fes­se­lungs­mit­tel dür­fen wäh­rend des Trans­por­tes nur ein­ge­setzt wer­den, um:

a.
die Flucht zu ver­hin­dern;
b.
An­grif­fe zu ver­hin­dern;
c.
Selbst­ver­let­zun­gen zu ver­hin­dern.

2 Der Ein­satz der Fes­se­lungs­mit­tel und die Dau­er der Fes­se­lung rich­ten sich nach den Um­stän­den des Ein­zel­fal­les, ins­be­son­de­re nach der kon­kre­ten Ge­fahr, die von der be­trof­fe­nen Per­son aus­geht. So­fern er­for­der­lich, darf die zu trans­por­tie­ren­de Per­son auf einen Roll­stuhl oder ei­ne Trag­bah­re ge­fes­selt wer­den.

3 Das Voll­zugs­or­gan kon­trol­liert re­gel­mäs­sig, dass die ge­fes­sel­te Per­son kei­ne Ver­let­zun­gen, Durch­blu­tungs­stö­run­gen oder Be­ein­träch­ti­gung der At­mung er­lei­det.

4 Muss ei­ne Per­son ge­fes­selt trans­por­tiert wer­den, so ist sie in der Re­gel vor dem Blick Drit­ter zu schüt­zen.

Art. 24 Besondere Bestimmungen für den Transport von Kindern und Frauen  

1 Kin­der dür­fen nur in ei­ner Wei­se trans­por­tiert wer­den, die ih­rem Al­ter, ih­ren Be­dürf­nis­sen und den ge­sam­ten Um­stän­den an­ge­mes­sen ist.

2 Frau­en sind nach Mög­lich­keit von ei­ner Frau zu be­glei­ten. Wer­den Fahr­zeu­ge mit Trans­port­zel­len ver­wen­det, so dür­fen Frau­en nicht zu­sam­men mit Män­nern in der glei­chen Zel­le trans­por­tiert wer­den. Vor­be­hal­ten bleibt der ge­mein­sa­me Trans­port von Fa­mi­li­en­mit­glie­dern.

2. Abschnitt: Besondere Bestimmungen für Transporte im Inland

Art. 25 Transporte ohne formellen Auftrag  

Ei­ne Per­son darf oh­ne for­mel­len Auf­trag, oh­ne Trans­port­for­mu­lar und falls nö­tig in Ab­wei­chung von den Ar­ti­keln 18 und 22 trans­por­tiert wer­den:

a.
bei kurz­fris­ti­gem Fest­hal­ten durch Po­li­zei­or­ga­ne und un­mit­tel­bar an­sch­lies­sen­dem Trans­port zum nächs­ten Stand­ort der zu­stän­di­gen Be­hör­de;
b.
bei kurz­fris­ti­gen Trans­por­ten ins­be­son­de­re für ge­richts­po­li­zei­li­che Zwe­cke.
Art. 26 Transportfahrzeuge  

1 Die für den Trans­port von Per­so­nen ver­wen­de­ten Fahr­zeu­ge müs­sen über ei­ne hin­rei­chen­de Lüf­tung und hin­rei­chen­den Schutz ge­gen die Wit­te­rung ver­fü­gen.

2 Wer­den Fahr­zeu­ge mit Trans­port­zel­len ver­wen­det, so muss die trans­por­tier­te Per­son die Mög­lich­keit ha­ben, mit dem Voll­zugs­or­gan Kon­takt auf­zu­neh­men.

3. Abschnitt: Besondere Bestimmungen für Rückführungen auf dem Luftweg

Art. 27 Vorbereitung des Transportes  

1 Ei­ne be­glei­te­te Rück­füh­rung auf dem Luft­weg wird grund­sätz­lich von den Po­li­zei­or­ga­nen des Kan­tons durch­ge­führt, der mit der Rück­füh­rung be­auf­tragt wur­de oder die­se ver­fügt hat.

2 Die Rück­füh­rung selbst wird un­ter der Lei­tung des Equi­pen­lei­ters oder der Equi­pen­lei­te­rin und in Zu­sam­men­ar­beit mit den Or­ga­nen der Flug­ha­fen­po­li­zei durch­ge­führt.

3 Die Flug­ha­fen­po­li­zei sorgt für die Vor­be­rei­tung des Trans­ports auf dem Are­al des Flug­ha­fens.

4 Der Kan­ton in­for­miert das Staats­se­kre­ta­ri­at für Mi­gra­ti­on (SEM)6 über die An­zahl der rück­zu­füh­ren­den Per­so­nen und über die An­zahl der Be­gleit­per­so­nen, die er zur Ver­fü­gung stel­len kann.

5 Die vom SEM zu leis­ten­de Voll­zugs­un­ter­stüt­zung, ins­be­son­de­re die Or­ga­ni­sa­ti­on der Rück­füh­rung auf dem Luft­weg, rich­tet sich nach der Ver­ord­nung vom 11. Au­gust 19997 über den Voll­zug der Weg- und Aus­wei­sung so­wie der Lan­des­ver­wei­sung von aus­län­di­schen Per­so­nen.8

6 Die Be­zeich­nung der Ver­wal­tungs­ein­heit wur­de in An­wen­dung von Art. 16 Abs. 3 der Pu­bli­ka­ti­ons­ver­ord­nung vom 17. Nov. 2004 (AS 20044937) auf den 1. Jan. 2015 an­ge­passt. Die­se An­pas­sung wur­de im gan­zen Text vor­ge­nom­men.

7 SR 142.281

8 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 14 der V vom 1. Fe­br. 2017 über die Ein­füh­rung der Lan­des­ver­wei­sung, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 563).

Art. 28 Vollzugsstufen für die Rückführungen  

1 Die Be­hör­de ord­net je nach den kon­kre­ten Um­stän­den und dem Ver­hal­ten, das von der rück­zu­füh­ren­den Per­son zu er­war­ten ist, ei­ne der fol­gen­den Voll­zugs­stu­fen an:

a.
Voll­zugs­stu­fe 1: Die rück­zu­füh­ren­de Per­son hat ei­ner selbst­stän­di­gen Rück­rei­se zu­ge­stimmt. Sie wird von der Po­li­zei bis zum Flug­zeug be­glei­tet; die Rück­rei­se er­folgt oh­ne Be­glei­tung;
b.
Voll­zugs­stu­fe 2: Die rück­zu­füh­ren­de Per­son hat ei­ner selbst­stän­di­gen Rück­rei­se nicht zu­ge­stimmt. Sie wird in der Re­gel durch zwei Po­li­zis­tin­nen oder Po­li­zis­ten in Zi­vil be­glei­tet. So­fern nö­tig, kön­nen Hand­fes­seln ein­ge­setzt wer­den;
c.
Voll­zugs­stu­fe 3: Es ist zu er­war­ten, dass die rück­zu­füh­ren­de Per­son kör­per­li­chen Wi­der­stand leis­tet, der Trans­port mit ei­nem Li­ni­en­flug ist je­doch mög­lich. Die rück­zu­füh­ren­de Per­son wird in der Re­gel von zwei Po­li­zis­tin­nen oder Po­li­zis­ten in Zi­vil be­glei­tet. Bei der Rück­füh­rung kön­nen Hand­fes­seln und an­de­re Fes­se­lungs­mit­tel so­wie kör­per­li­che Ge­walt ein­ge­setzt wer­den;
d.
Voll­zugs­stu­fe 4: Es ist zu er­war­ten, dass die rück­zu­füh­ren­de Per­son star­ken kör­per­li­chen Wi­der­stand leis­tet; für den Trans­port ist ein Son­der­flug nö­tig. Je­de rück­zu­füh­ren­de Per­son wird von min­des­tens zwei Po­li­zis­tin­nen oder Po­li­zis­ten be­glei­tet. Es dür­fen die glei­chen Zwangs­mit­tel ein­ge­setzt wer­den wie bei der Voll­zugs­stu­fe 3.

2 Für je­de Rück­füh­rung der Voll­zugs­stu­fe 4 be­zeich­net das SEM auf Vor­schlag der Kan­to­ne einen aus­ge­bil­de­ten Equi­pen­lei­ter oder ei­ne aus­ge­bil­de­te Equi­pen­lei­te­rin.

Art. 29 Vorbereitungsgespräch  

1 Das Voll­zugs­or­gan führt mit der rück­zu­füh­ren­den Per­son ei­ni­ge Ta­ge vor der Rück­füh­rung ein Vor­be­rei­tungs­ge­spräch. Han­delt es sich um ei­ne Rück­füh­rung der Voll­zugs­stu­fe 4, so nimmt die Equi­pen­lei­te­rin oder der Equi­pen­lei­ter oder ein an­de­res Mit­glied der Equi­pe am Ge­spräch teil.

2 Be­ste­hen An­zei­chen da­für, dass die be­trof­fe­ne Per­son ge­gen die Rück­füh­rung kör­per­li­chen Wi­der­stand leis­ten wird, so wer­den ihr die Fol­gen ei­nes sol­chen Ver­hal­tens, na­ment­lich der Ein­satz von Zwangs­mit­teln, er­läu­tert.

3 Aus­nahms­wei­se kann auf das Vor­be­rei­tungs­ge­spräch ver­zich­tet wer­den, ins­be­son­de­re wenn be­reits ein sol­ches Ge­spräch statt­ge­fun­den hat, der Rück­füh­rungs­ver­such aber ab­ge­bro­chen wer­den muss­te.

4 Über das Vor­be­rei­tungs­ge­spräch wird ein kur­z­es Pro­to­koll er­stellt.

Art. 30 Persönliche Bedürfnisse  

1 Aus­nahms­wei­se kann der Gang zur Toi­let­te durch an­de­re Mit­tel er­setzt wer­den. Win­deln dür­fen nur mit dem Ein­ver­ständ­nis der be­trof­fe­nen Per­son ver­wen­det wer­den.

2 Das Voll­zugs­or­gan sorgt da­für, dass für die rück­zu­füh­ren­de Per­son wenn nö­tig Er­satz­klei­der zur Ver­fü­gung ste­hen.

Art. 31 Persönliche Effekten  

1 Per­sön­li­che Ef­fek­ten wer­den als Ge­päck trans­por­tiert.

2 Das Voll­zugs­or­gan stellt si­cher, dass die per­sön­li­chen Ef­fek­ten kei­ne Do­ku­men­te zum Asyl­ver­fah­ren oder zu all­fäl­li­gen Straf­ver­fol­gungs­ver­fah­ren ent­hal­ten.

4. Kapitel: Ausbildung

Art. 32 Zuständigkeit und Koordination  

1 Die De­par­te­men­te sor­gen da­für, dass die Po­li­zei­or­ga­ne, die ih­nen un­ter­ste­hen, den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben ent­spre­chend aus­ge­bil­det wer­den. Bei der Er­ar­bei­tung der Aus­bil­dungs­pro­gram­me be­rück­sich­ti­gen sie die vom Eid­ge­nös­si­schen De­par­te­ment des In­nern ge­neh­mig­ten Re­gle­men­te im Be­reich der Po­li­zei­be­ru­fe, die Aus­bil­dungs­gän­ge des Schwei­ze­ri­schen Po­li­zei-In­sti­tuts (SPI) und die Emp­feh­lun­gen kan­to­na­ler Ko­or­di­na­ti­ons­gre­mi­en.

2 Für die Ko­or­di­na­ti­on der Aus­bil­dung von Po­li­zei­or­ga­nen des Bun­des bil­den das EJPD, das VBS und das EFD ei­ne in­ter­de­par­te­men­ta­le Ar­beits­grup­pe; die­se setzt sich aus je zwei Ver­tre­te­rin­nen oder Ver­tre­tern der be­tei­lig­ten De­par­te­men­te, zwei Ver­tre­te­rin­nen oder Ver­tre­tern der Kan­to­ne so­wie ei­ner Ver­tre­te­rin oder ei­nem Ver­tre­ter des SPI zu­sam­men.

3 Die in­ter­de­par­te­men­ta­le Ar­beits­grup­pe im Sin­ne von Ab­satz 2 re­gelt ih­re Or­ga­ni­sa­ti­on sel­ber. Sie gibt den De­par­te­men­ten Emp­feh­lun­gen zum In­halt und zur Or­ga­ni­sa­ti­on der Aus­bil­dung ab.

Art. 33 Besondere Ausbildung für Rückführungen auf dem Luftweg  

1 Das EJPD re­gelt die Aus­bil­dung der Per­so­nen, die mit Rück­füh­run­gen auf dem Luft­weg be­auf­tragt wer­den. Für die Aus­bil­dung kann es das SPI bei­zie­hen.

2 Die Aus­bil­dung um­fasst ins­be­son­de­re fol­gen­de Be­rei­che:

a.
Flug­vor­be­rei­tung und Vor­ge­hen auf dem Flug­ha­fen;
b.
Kom­mu­ni­ka­ti­on und Kon­flikt­be­wäl­ti­gung;
c.
Da­ten­schutz im Asyl­be­reich;
d.
kul­tu­rel­le Un­ter­schie­de;
e.
Be­rufs­ethik;
f.
Ein­satz von Zwangs­mit­teln;
g.
Be­zie­hun­gen zwi­schen der Flug­zeug­be­sat­zung und der Be­glei­te­qui­pe;
h.
Er­ken­nen von le­bens­be­droh­li­chen Si­tua­tio­nen und ers­te Hil­fe.

3 Das EJPD kon­sul­tiert die in­ter­de­par­te­men­ta­le Ar­beits­grup­pe nach Ar­ti­kel 32 Ab­satz 2 vor der Fest­le­gung des Aus­bil­dungs­pro­gramms.

Art. 34 Förderung der Ausbildung  

Der Bund ver­gü­tet den Kan­to­nen für die Aus­bil­dung von Po­li­zei­be­glei­te­rin­nen und ‑be­glei­tern so­wie von Equi­pen­lei­te­rin­nen und -lei­tern im Be­reich der Rück­füh­run­gen auf dem Luft­weg einen Pau­schal­be­trag von 180 Fran­ken pro Kurs­teil­neh­me­rin oder Kurs­teil­neh­mer und Aus­bil­dungs­tag.

Art. 35 Anforderungen an die Ausbildung des Personals privater Sicherheitsunternehmen 9  

1 Wer­den bei der Aus­füh­rung von Po­li­zei­auf­ga­ben im Rah­men der ent­spre­chen­den Spe­zi­al­ge­setz­ge­bung pri­va­te Si­cher­heits­un­ter­neh­men bei­ge­zo­gen, so muss die Aus­bil­dung der ein­ge­setz­ten Per­so­nen den Vor­schrif­ten der Ver­ord­nung vom 24. Ju­ni 201510 über den Ein­satz von Si­cher­heits­un­ter­neh­men ent­spre­chen.11

2 Die für das Si­cher­heits­per­so­nal der Trans­port­un­ter­neh­mun­gen gel­ten­den Be­stim­mun­gen blei­ben vor­be­hal­ten.

9 Fas­sung ge­mä­ss Art. 14 Abs. 2 der V vom 24. Ju­ni 2015 über den Ein­satz von Si­cher­heits­un­ter­neh­men, in Kraft seit 1. Sept. 2015 (AS 20152333).

10 SR 124

11 Fas­sung ge­mä­ss Art. 14 Abs. 2 der V vom 24. Ju­ni 2015 über den Ein­satz von Si­cher­heits­un­ter­neh­men, in Kraft seit 1. Sept. 2015 (AS 20152333).

5. Kapitel: Schlussbestimmungen

Art. 36 Änderung bisherigen Rechts  

Die Än­de­rung bis­he­ri­gen Rechts wird im An­hang ge­re­gelt.

Art. 37 Übergangsbestimmungen  

1 Die in­ter­de­par­te­men­ta­len Ar­beits­grup­pen nach den Ar­ti­keln 13 Ab­satz 1 Buch­sta­be a und 32 Ab­satz 2 neh­men ih­re Funk­ti­on spä­tes­tens drei Mo­na­te nach In­kraft­tre­ten die­ser Ver­ord­nung auf.

2 Wäh­rend der Dau­er ei­nes Jah­res nach In­kraft­tre­ten die­ser Ver­ord­nung sind für die Be­ur­tei­lung der Ein­satz­taug­lich­keit der Zwangs­mit­tel die Emp­feh­lun­gen der SPTK mass­ge­bend.

3 Die be­trof­fe­nen De­par­te­men­te pas­sen ih­re in­ter­nen Re­ge­lun­gen und Dienst­an­wei­sun­gen über die Aus­bil­dung bis spä­tes­tens ein Jahr nach In­kraft­tre­ten die­ser Ver­ord­nung an das neue Recht an.

Art. 38 Evaluationsbericht über Destabilisierungsgeräte  

1 Das EJPD un­ter­brei­tet dem Bun­des­rat zwei Jah­re nach dem In­kraft­tre­ten die­ser Ver­ord­nung einen Be­richt über den Ein­satz von De­sta­bi­li­sie­rungs­ge­rä­ten.

2 Der Be­richt wird den zu­stän­di­gen Kom­mis­sio­nen der Bun­des­ver­samm­lung zu­ge­stellt.

Art. 39 Inkrafttreten  

Die­se Ver­ord­nung tritt am 1. Ja­nu­ar 2009 in Kraft.

Anhang

(Art. 36)

Änderung bisherigen Rechts

Die nachstehenden Verordnungen werden wie folgt geändert:

12

12 Die Änd. können unter AS 2008 5475konsultiert werden.

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