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Verordnung
über die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung
in schweren Mangellagen
(VTM)

vom 19. August 2020 (Stand am 1. Oktober 2020)

Der Schweizerische Bundesrat,

gestützt auf die Artikel 29 und 57 Absatz 1 des Landesversorgungsgesetzes vom 17. Juni 20161 (LVG),

verordnet:

1 SR 531

1. Abschnitt: Allgemeines

Art. 1 Gegenstand, Begriff und Geltungsbereich  

1 Die­se Ver­ord­nung re­gelt die vor­sorg­li­chen Mass­nah­men zur Si­cher­stel­lung der Trink­was­ser­ver­sor­gung in schwe­ren Man­gel­la­gen (Art. 2 Bst. b LVG). Die Mass­nah­men sol­len ge­währ­leis­ten, dass:

a.
die Ver­sor­gung mit Trink­was­ser so lan­ge wie mög­lich auf­recht­er­hal­ten bleibt;
b.
Trink­was­ser je­der­zeit in aus­rei­chen­der Men­ge vor­han­den ist;
c.
schwe­re Man­gel­la­gen ver­mie­den oder rasch be­ho­ben wer­den kön­nen.

2 Als Trink­was­ser gilt Was­ser im Na­tur­zu­stand oder nach der Auf­be­rei­tung, das zum Trin­ken, zum Ko­chen, zur Zu­be­rei­tung von Le­bens­mit­teln oder zur Rei­ni­gung von Be­darfs­ge­gen­stän­den nach Ar­ti­kel 5 Buch­sta­be a des Le­bens­mit­tel­ge­set­zes vom 20. Ju­ni 20142 vor­ge­se­hen, be­reit­ge­stellt oder ver­wen­det wird.

3 Die­se Ver­ord­nung gilt für al­le der Öf­fent­lich­keit die­nen­den Trink­was­ser­ver­sor­gun­gen so­wie für die Ab­was­se­rent­sor­gung, so­fern die­se die Trink­was­ser­ver­sor­gung ge­fähr­den kann.

Art. 2 Mindestmengen  

1 In ei­ner schwe­ren Man­gel­la­ge muss je­der­zeit fol­gen­de Trink­was­ser­men­ge ver­füg­bar sein:

a.
bis zum drit­ten Tag: so viel wie mög­lich;
b.
ab dem vier­ten Tag:
1.
für pri­va­te Haus­hal­te: min­des­tens vier Li­ter pro Per­son und Tag,
2.
für Ein­rich­tun­gen wie Spi­tä­ler, Hei­me, Ge­fäng­nis­se, Schu­len, Land­wirt­schafts­be­trie­be so­wie Be­trie­be, die le­bens­wich­ti­ge Gü­ter her­stel­len: min­des­tens die vom Kan­ton be­stimm­te Men­ge.

2 Die Kan­to­ne kön­nen die Be­reit­stel­lung zu­sätz­li­cher Trink­was­ser­men­gen vor­schrei­ben.

3 Als Grund­la­ge für die Be­rech­nung der Trink­was­ser­men­ge, die ins­ge­samt ver­füg­bar sein muss, die­nen für das je­wei­li­ge Ver­sor­gungs­ge­biet die ak­tu­ell ver­füg­ba­ren Da­ten über die Be­völ­ke­rungs­zahl, die An­zahl Land­wirt­schafts­be­trie­be und die An­zahl Be­trie­be, die le­bens­wich­ti­ge Gü­ter her­stel­len.

2. Abschnitt: Aufgaben der Kantone

Art. 3 Grundsatz  

1 Die Kan­to­ne sor­gen für die Si­cher­stel­lung der Trink­was­ser­ver­sor­gung in schwe­ren Man­gel­la­gen.

2 Zur Er­fül­lung ih­rer Auf­ga­ben kön­nen sie mit an­de­ren Kan­to­nen zu­sam­men­ar­bei­ten.

Art. 4 Vorbereitungsmassnahmen  

1 Die Kan­to­ne er­stel­len ein elek­tro­ni­sches In­ven­tar der Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen, Grund­was­ser­vor­kom­men und Quel­len, die sich für die Si­cher­stel­lung der Trink­was­ser­ver­sor­gung eig­nen. Es muss ins­be­son­de­re An­ga­ben ent­hal­ten über:

a.
Er­gie­big­keit und Qua­li­tät der Grund­was­ser­vor­kom­men;
b.
See- und Fluss­was­ser­fas­sun­gen;
c.
Grund­was­ser­brun­nen und Quell­fas­sun­gen;
d.
Re­ser­voi­re und Pump­wer­ke;
e.
Lei­tungs­net­ze und Brun­nen mit flies­sen­dem Trink­was­ser;
f.
Grund­was­ser­not­brun­nen und -auf­schluss­boh­run­gen.

2 Die Kan­to­ne be­zeich­nen auf­grund ei­ner Ri­si­ko­ab­schät­zung die für die Ver­sor­gung un­ver­zicht­ba­ren An­la­gen.

3 Sie be­zeich­nen die Ge­mein­den, die ein­zeln oder zu­sam­men mit an­de­ren Ge­mein­den in ei­nem be­stimm­ten Ver­sor­gungs­ge­biet die Trink­was­ser­ver­sor­gung in schwe­ren Man­gel­la­gen si­cher­zu­stel­len ha­ben.

4 Sie er­stel­len mit Hil­fe des In­ven­tars di­gi­ta­le Kar­ten und ak­tua­li­sie­ren die­se pe­ri­odisch. Das Bun­des­amt für Um­welt (BA­FU) legt die da­für er­for­der­li­chen Vor­ga­ben fest.

5 Das In­ven­tar und die di­gi­ta­len Kar­ten wer­den nach Ar­ti­kel 6 Ab­satz 1 Buch­sta­be d der In­for­ma­ti­ons­schutz­ver­ord­nung vom 4. Ju­li 20073 (ISchV) als VER­TRAU­LICH klas­si­fi­ziert.

6 Die Kan­to­ne le­gen die Auf­ga­ben­tei­lung zwi­schen Kan­ton, Kri­sen­or­ga­ni­sa­ti­on, Ge­mein­den und Was­ser­ver­sor­gern zur Be­wäl­ti­gung ei­ner schwe­ren Man­gel­la­ge fest. Sie stel­len die In­for­ma­ti­on der Be­völ­ke­rung und die Ko­or­di­na­ti­on der Ak­teu­re bei der Be­wäl­ti­gung der Man­gel­la­ge si­cher.

Art. 5 Werkhöfe und Materialbeschaffung  

Kön­nen die Min­dest­men­gen nach Ar­ti­kel 2 nicht an­ders si­cher­ge­stellt wer­den, so sor­gen die Kan­to­ne für die Ein­rich­tung von re­gio­na­len Werk­hö­fen und be­schaf­fen schwe­res Ma­te­ri­al wie Schnell­kupp­lungs­roh­re, Not­strom­grup­pen und Auf­be­rei­tungs­ein­hei­ten.

3. Abschnitt: Aufgaben der Betreiber von Wasserversorgungsanlagen

Art. 6 Grundsätze  

1 Die Be­trei­ber von Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen tref­fen die zur Ver­mei­dung von schwe­ren Man­gel­la­gen er­for­der­li­chen Mass­nah­men.

2 Die Be­trei­ber von Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen ei­nes Ver­sor­gungs­ge­biets ar­bei­ten zur Er­fül­lung ih­rer Auf­ga­ben auf An­ord­nung der zu­stän­di­gen kan­to­na­len Stel­le in or­ga­ni­sa­to­ri­scher und tech­ni­scher Hin­sicht zu­sam­men.

Art. 7 Konzept zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung  

1 Die Be­trei­ber von Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen er­ar­bei­ten je ein Kon­zept zur Si­cher­stel­lung der Trink­was­ser­ver­sor­gung in schwe­ren Man­gel­la­gen.

2 Das Kon­zept muss ins­be­son­de­re fol­gen­de An­ga­ben ent­hal­ten:

a.
Bi­lan­zie­rung der Was­ser­men­ge;
b.
mög­li­che Ge­fah­ren und Schä­den, von de­nen bei der Pla­nung aus­ge­gan­gen wird;
c.
Art und das Aus­mass der Mass­nah­men;
d.
zeit­li­che Ab­fol­ge der Durch­füh­rung der Mass­nah­men;
e.
Zu­sam­men­ar­beit mit den zu­stän­di­gen Be­hör­den und In­ter­ven­ti­ons­or­ga­nen.

3 Das Kon­zept ist der zu­stän­di­gen kan­to­na­len Stel­le zur Ge­neh­mi­gung vor­zu­le­gen.

4 Es wird nach Ar­ti­kel 6 Ab­satz 1 Buch­sta­be d ISchV4 als VER­TRAU­LICH klas­si­fi­ziert.

Art. 8 Dokumentation  

1 Die Be­trei­ber von Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen er­stel­len je ei­ne Do­ku­men­ta­ti­on zur Si­cher­stel­lung der Trink­was­ser­ver­sor­gung in schwe­ren Man­gel­la­gen.

2 Die Do­ku­men­ta­ti­on muss ins­be­son­de­re fol­gen­de An­ga­ben ent­hal­ten:

a.
So­fort­mass­nah­men zur Be­he­bung von Stö­run­gen;
b.
Grund­la­gen für die Be­rech­nung der er­for­der­li­chen Min­dest­men­gen;
c.
Re­ser­ve- und Re­pa­ra­tur­ma­te­ri­al;
d.
In­ven­tar der Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen und Grund­was­ser­vor­kom­men;
e.
Ein­satz­plä­ne und Pflich­ten­hef­te für das Per­so­nal so­wie Merk­blät­ter für die Be­völ­ke­rung;
f.
Ein­satz­plä­ne für re­gio­na­le und über­re­gio­na­le Hil­fe­leis­tun­gen.

3 Die Be­trei­ber über­prü­fen pe­ri­odisch die Rich­tig­keit und Voll­stän­dig­keit der Do­ku­men­ta­ti­on.

4 Sie stel­len der zu­stän­di­gen kan­to­na­len Stel­le auf Ver­lan­gen un­ent­gelt­lich ei­ne Ko­pie der Do­ku­men­ta­ti­on zu.

5 Die Do­ku­men­ta­ti­on wird nach Ar­ti­kel 6 Ab­satz 1 Buch­sta­be d ISchV5 als VER­TRAU­LICH klas­si­fi­ziert.

Art. 9 Prüfung der Trinkwasserqualität  

1 Die Be­trei­ber von Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen müs­sen die Trink­was­ser­qua­li­tät in schwe­ren Man­gel­la­gen ver­mehrt prü­fen.

2 Die Kan­to­ne sor­gen für die nö­ti­ge Un­ter­stüt­zung.

Art. 10 Aus- und Weiterbildungen sowie Übungen  

Die Be­trei­ber von Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen sor­gen für die re­gel­mäs­si­ge Durch­füh­rung von Aus- und Wei­ter­bil­dun­gen so­wie Übun­gen.

Art. 11 Reserve- und Reparaturmaterial  

1 Die Be­trei­ber von Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen sor­gen da­für, dass das zur Si­cher­stel­lung der Trink­was­ser­ver­sor­gung er­for­der­li­che Re­ser­ve- und Re­pa­ra­tur­ma­te­ri­al, ein­sch­liess­lich Des­in­fek­ti­ons- und De­kon­ta­mi­na­ti­ons­mit­teln, zur Ver­fü­gung steht.

2 Das Ma­te­ri­al ist vor schäd­li­chen äus­se­ren Ein­wir­kun­gen zu schüt­zen.

Art. 12 Bauliche, betriebliche und organisatorische Massnahmen  

1 Die Be­trei­ber von Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen tref­fen zur Si­cher­stel­lung der Trink­was­ser­ver­sor­gung in schwe­ren Man­gel­la­gen die er­for­der­li­chen bau­li­chen, be­trieb­li­chen und or­ga­ni­sa­to­ri­schen Mass­nah­men.

2 Sie sor­gen ins­be­son­de­re da­für, dass:

a.
ge­nü­gend Quel­len und Not­brun­nen be­nützt wer­den kön­nen oder ge­nü­gend Trink­was­ser zu­ge­lie­fert wird, wenn das Rohr­netz ganz oder teil­wei­se aus­fällt;
b.
die An­la­gen so weit wie mög­lich vor Schä­den ge­schützt sind;
c.
das Ver­sor­gungs­ge­biet über min­des­tens ei­ne wei­te­re hy­dro­lo­gisch un­ab­hän­gi­ge Be­zugs­quel­le ver­fügt;
d.
be­nach­bar­te Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen mit Ver­bin­dungs­lei­tun­gen zu­sam­men­ge­schlos­sen wer­den kön­nen;
e.
Un­be­fug­te kei­nen Zu­tritt zu den An­la­gen ha­ben.

3 Sie prü­fen die Mass­nah­men re­gel­mäs­sig auf ih­re Wirk­sam­keit.

4. Abschnitt: Aufgaben der Betreiber von Abwasseranlagen

Art. 13  

Die Be­trei­ber von Ab­was­ser­an­la­gen sor­gen da­für, dass ih­re An­la­gen die Trink­was­ser­ver­sor­gung auch in schwe­ren Man­gel­la­gen nicht be­ein­träch­ti­gen und Er­eig­nis­se in Ab­was­ser­an­la­gen kei­ne Aus­wir­kun­gen auf die Trink­was­ser­ver­sor­gung ha­ben.

5. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 14 Vollzug  

1 Die Kan­to­ne voll­zie­hen die­se Ver­ord­nung.

2 Das BA­FU und der Fach­be­reich Ener­gie der wirt­schaft­li­chen Lan­des­ver­sor­gung er­he­ben re­gel­mäs­sig den Stand der Vor­be­rei­tungs­mass­nah­men.

Art. 15 Aufhebung eines anderen Erlasses  

Die Ver­ord­nung vom 20. No­vem­ber 19916 über die Si­cher­stel­lung der Trink­was­ser­ver­sor­gung in Not­la­gen wird auf­ge­ho­ben.

6 [AS 19912517, 20173179Ziff. I 2]

Art. 16 Inkrafttreten  

Die­se Ver­ord­nung tritt am 1. Ok­to­ber 2020 in Kraft.

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