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Stauanlagenverordnung
(StAV)

vom 17. Oktober 2012 (Stand am 1. April 2018)

Der Schweizerische Bundesrat,

gestützt auf die Artikel 4, 5 Absatz 3, 12 Absatz 2, 22 Absatz 3, 31 Absatz 3 und 33 des Stauanlagengesetzes vom 1. Oktober 20101 (StAG),

verordnet:

1 SR 721.101

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Begriffe

(Art. 3 StAG)

1 Ei­ne Stau­an­la­ge be­steht aus:

a.
dem Ab­sperr­bau­werk;
b.
dem zu­ge­hö­ri­gen Stau­raum;
c.
den Ne­ben­an­la­gen.

2 Als Ab­sperr­bau­wer­ke gel­ten:

a.
Be­ton- oder Na­tur­stein­mau­ern;
b.
Schütt­däm­me;
c.
Weh­re ei­ner Fluss­stau­hal­tung mit zu­ge­hö­ri­gen Sei­ten­däm­men.

3 Als Stau­raum gel­ten künst­lich an­ge­leg­te Spei­cher, die durch Ab­sperr­bau­wer­ke ge­bil­det wer­den.

4 Als Ne­ben­an­la­gen gel­ten die für den si­che­ren Be­trieb ei­ner Stau­an­la­ge not­wen­di­gen Bau­ten und Ein­rich­tun­gen beim Stau­raum und beim Ab­sperr­bau­werk, ins­be­son­de­re die Ent­las­tungs- und Ab­lass­vor­rich­tun­gen.

5 Als Be­trei­be­rin gilt die In­ha­be­rin der In­be­trieb­nah­me­be­wil­li­gung.

Art. 2 Stauanlagen mit besonderem Gefährdungspotenzial

(Art. 2 Abs. 2 Bst. a StAG)

1 Ein be­son­de­res Ge­fähr­dungs­po­ten­zi­al be­steht, wenn im Fal­le ei­nes Bru­ches des Ab­sperr­bau­werks Men­schen­le­ben ge­fähr­det oder grös­se­re Sach­schä­den ver­ur­sacht wer­den kön­nen.

2 Die be­trof­fe­nen Kan­to­ne mel­den der Auf­sichts­be­hör­de des Bun­des (Bun­des­amt für Ener­gie, BFE) Stau­an­la­gen, die auf­grund ih­rer Grös­se nicht dem StAG un­ter­ste­hen, aber vor­aus­sicht­lich ein be­son­de­res Ge­fähr­dungs­po­ten­zi­al auf­wei­sen.

3 Die Be­trei­be­rin­nen die­ser Stau­an­la­gen müs­sen dem BFE sämt­li­che zur Prü­fung not­wen­di­gen Un­ter­la­gen zur Ver­fü­gung stel­len.

4 Das BFE holt vor sei­nem Ent­scheid die Stel­lung­nah­me der wei­te­ren be­trof­fe­nen Kan­to­ne ein.

Art. 3 Stauanlagen ohne besonderes Gefährdungspotenzial

(Art. 2 Abs. 2 Bst. b StAG)

1 Die Be­trei­be­rin muss dem An­trag, ih­re Stau­an­la­ge vom Gel­tungs­be­reich des StAG aus­zu­neh­men, sämt­li­che zur Prü­fung des Ge­fähr­dungs­po­ten­zi­als not­wen­di­gen Un­ter­la­gen bei­le­gen.

2 Das BFE holt vor sei­nem Ent­scheid die Stel­lung­nah­me der be­trof­fe­nen Kan­to­ne ein.

Art. 4 Stauanlagen an Grenzgewässern

(Art. 4 StAG)

1 Das BFE legt die si­cher­heits­tech­ni­schen An­for­de­run­gen an den Bau und den Be­trieb von Stau­an­la­gen an Grenz­ge­wäs­sern im Ein­zel­fall in Zu­sam­men­ar­beit mit den zu­stän­di­gen aus­län­di­schen Auf­sichts­be­hör­den fest.

2 Es hält sich so­weit mög­lich an die schwei­ze­ri­sche Stau­an­la­gen­ge­setz­ge­bung und sorgt in je­dem Fall für ein mit die­ser gleich­wer­ti­ges Si­cher­heits­ni­veau.

2. Kapitel: Sicherheit der Stauanlagen

1. Abschnitt: Bau

Art. 5 Verzicht auf Ablassvorrichtungen

(Art. 5 Abs. 3 StAG)

Bei Rück­hal­te­be­cken und Bau­wer­ken zur Soh­len­sta­bi­li­sie­rung kann auf den Ein­bau von Grun­dabläs­sen und Tief­schüt­zen ver­zich­tet wer­den.

Art. 6 Plangenehmigung

(Art. 6 Abs. 5 StAG)

1 In der Plan­ge­neh­mi­gung wird fest­ge­legt, wel­che Un­ter­la­gen die In­ha­be­rin der Plan­ge­neh­mi­gung der Auf­sichts­be­hör­de vor und wäh­rend der Bau­aus­füh­rung so­wie nach Ab­schluss der Bau­ar­bei­ten zu­stel­len muss.

2 Wäh­rend der Bau­aus­füh­rung kön­nen ins­be­son­de­re die fol­gen­den Un­ter­la­gen ein­ver­langt wer­den:

a.
die Er­geb­nis­se der geo­lo­gi­schen Auf­nah­men und der geo­tech­ni­schen Kon­troll­un­ter­su­chun­gen;
b.
die Er­geb­nis­se der In­jek­tio­nen oder sons­ti­ger geo­tech­ni­schen Mass­nah­men, die zur Ver­fes­ti­gung und Ab­dich­tung des Un­ter­grun­des vor­ge­nom­men wor­den sind;
c.
die Bau­be­rich­te;
d.
die Er­geb­nis­se der Ma­te­ri­al­pro­ben;
e.
die Er­geb­nis­se der Über­wa­chung;
f.
die Be­rich­te zu be­son­de­ren Er­eig­nis­sen.

3 Nach Ab­schluss der Bau­ar­bei­ten kön­nen ins­be­son­de­re die fol­gen­den Un­ter­la­gen ein­ver­langt wer­den:

a.
ei­ne Zu­sam­men­fas­sung und Be­wer­tung der geo­lo­gi­schen Auf­nah­men und der geo­tech­ni­schen Un­ter­su­chun­gen;
b.
ei­ne Zu­sam­men­fas­sung und Be­wer­tung der In­jek­tio­nen oder sons­ti­ger geo­tech­ni­schen Mass­nah­men, die zur Ver­fes­ti­gung und Ab­dich­tung des Un­ter­grun­des vor­ge­nom­men wor­den sind;
c.
ei­ne Zu­sam­men­stel­lung der beim Bau ver­wen­de­ten Ma­te­ria­li­en und ei­ne Be­wer­tung der Ma­te­ri­al­pro­ben;
d.
die Än­de­run­gen ge­gen­über dem Bau­pro­jekt;
e.
die Plä­ne des aus­ge­führ­ten Bau­werks;
f.
die Ty­pen und die Stand­orte der Über­wa­chungs­in­stru­men­te.

Art. 7 Bauausführung

(Art. 6 Abs. 8 und 25 Bst. a StAG)

1 Die Auf­sichts­be­hör­de be­glei­tet die Bau­aus­füh­rung. Sie kon­trol­liert ins­be­son­de­re, ob die­se den ge­neh­mig­ten Plä­nen ent­spricht.

2 Die In­ha­be­rin der Plan­ge­neh­mi­gung muss der Auf­sichts­be­hör­de wäh­rend der Bau­aus­füh­rung die in der Plan­ge­neh­mi­gung fest­ge­leg­ten Un­ter­la­gen zu­stel­len (Art. 6 Abs.1 und 2).

Art. 8 Projektänderungen

Pro­jek­tän­de­run­gen müs­sen der Auf­sichts­be­hör­de ge­mel­det und von die­ser im Sin­ne von Ar­ti­kel6 StAG ge­neh­migt wer­den.

Art. 9 Abschluss der Bauarbeiten

(Art. 6 Abs. 8 und 25 Bst. a StAG)

1 Nach Ab­schluss der Bau­ar­bei­ten muss die In­ha­be­rin der Plan­ge­neh­mi­gung der Auf­sichts­be­hör­de einen Bau­ab­schluss­be­richt zu­stel­len.

2 Der Bau­ab­schluss­be­richt muss die in der Plan­ge­neh­mi­gung fest­ge­leg­ten Un­ter­la­gen ent­hal­ten (Art.6 Abs.1 und 3).

3 Die Auf­sichts­be­hör­de prüft, ob die Bau­ar­bei­ten nach den ge­neh­mig­ten Plä­nen und den an­ge­ord­ne­ten Auf­la­gen aus­ge­führt wor­den sind. Sie hält das Re­sul­tat ih­rer Prü­fung in ei­nem Ab­nah­me­pro­to­koll fest.

Art. 10 Rückbau

(Art. 6 Abs. 1 StAG)

Der Rück­bau von Stau­an­la­gen ist ei­ner Än­de­rung gleich­ge­setzt.

2. Abschnitt: Inbetriebnahme und Betrieb

Art. 11 Voraussetzung für die Inbetriebnahme

(Art. 7, 8, 10 und 25 Bst. a StAG)

1 Die Be­trei­be­rin muss vor der In­be­trieb­nah­me die fol­gen­den Re­gle­men­te er­stel­len und der Auf­sichts­be­hör­de zur Ge­neh­mi­gung un­ter­brei­ten:

a.
ein Re­gle­ment zur Be­die­nung der Ent­las­tungs- und Ab­lass­vor­rich­tun­gen mit be­weg­li­chen Ver­schlüs­sen, die für die Be­wäl­ti­gung ei­nes Hoch­was­sers nö­tig sind (Wehr­re­gle­ment);
b.
ein Re­gle­ment zur Alar­mie­rung der Be­hör­den und der Be­völ­ke­rung im Not­fall und zu des­sen Be­wäl­ti­gung (Not­fall­re­gle­ment).

2 Sie muss die Re­gle­men­te lau­fend über­prü­fen und all­fäl­li­ge Nach­füh­run­gen der Auf­sichts­be­hör­de zur Ge­neh­mi­gung un­ter­brei­ten. Nach­füh­run­gen von nicht si­cher­heits­re­le­van­ten Ein­zel­hei­ten wie den Adres­sen der Kon­takt­per­so­nen oder Än­de­run­gen be­tref­fend die Be­die­nung der Ent­las­tungs- und Ab­lass­vor­rich­tun­gen mit be­weg­li­chen Ver­schlüs­sen im nor­ma­len Be­trieb müs­sen der Auf­sichts­be­hör­de ge­mel­det wer­den, be­dür­fen aber kei­ner Ge­neh­mi­gung.

Art. 12 Inbetriebnahme

(Art. 7 StAG)

1 Bei An­la­gen, bei de­nen der Er­stein­stau kon­trol­liert er­fol­gen kann, muss die Be­trei­be­rin das Ver­hal­ten und den Zu­stand der Stau­an­la­ge ins­be­son­de­re mit Hil­fe von Mes­sun­gen, vi­su­el­len Kon­trol­len und Prü­fun­gen der Ent­las­tungs- und Ab­lass­vor­rich­tun­gen über­wa­chen. Sie teilt der Auf­sichts­be­hör­de das Re­sul­tat ih­rer Be­ob­ach­tun­gen mit.

2 Die Auf­sichts­be­hör­de be­glei­tet den Ab­lauf der In­be­trieb­nah­me und kon­trol­liert, ob die­se ge­mä­ss Be­wil­li­gung durch­ge­führt wird.

3 Ei­ne Stau­er­hö­hung nach ei­nem Um­bau und der Wie­der­ein­stau nach ei­ner si­cher­heits­re­le­van­ten In­stand­set­zung sind dem Er­stein­stau gleich­ge­setzt.

Art. 13 Abschluss der Inbetriebnahme

(Art. 7, 8 und 25 Bst. a StAG)

1 Nach Ab­schluss des Er­steinstaus oder des Wie­der­einstaus muss die Be­trei­be­rin der Auf­sichts­be­hör­de einen In­be­trieb­nah­me­be­richt zu­stel­len.

2 Die­ser muss ins­be­son­de­re ent­hal­ten:

a.
ei­ne Über­sicht über den Ab­lauf des Er­steinstaus oder Wie­der­einstaus;
b.
ei­ne Ana­ly­se des Ver­hal­tens der Stau­an­la­ge wäh­rend der In­be­trieb­nah­me oder Wie­der­in­be­trieb­nah­me;
c.
die Er­geb­nis­se der Funk­ti­ons­kon­trol­len der Ent­las­tungs- und Ab­lass­vor­rich­tun­gen.

Art. 14 Voraussetzungen für den Betrieb

1 Ei­ne Stau­an­la­ge darf nur be­trie­ben wer­den, wenn das Re­sul­tat des Er­steinstaus oder des Wie­der­einstaus auf einen si­che­ren Be­trieb schlies­sen lässt.

2 Die Be­trei­be­rin muss ein Re­gle­ment für die Über­wa­chung der Stau­an­la­ge im nor­ma­len Be­trieb so­wie bei aus­ser­or­dent­li­chen Er­eig­nis­sen er­stel­len und der Auf­sichts­be­hör­de zur Ge­neh­mi­gung un­ter­brei­ten (Über­wa­chungs­re­gle­ment).

3 Sie muss das Re­gle­ment lau­fend über­prü­fen und all­fäl­li­ge Nach­füh­run­gen der Auf­sichts­be­hör­de zur Ge­neh­mi­gung un­ter­brei­ten. Nach­füh­run­gen von nicht si­cher­heits­re­le­van­ten Ein­zel­hei­ten wie den Adres­sen der für die Über­wa­chung ver­ant­wort­li­chen Per­so­nen müs­sen der Auf­sichts­be­hör­de ge­mel­det wer­den, be­dür­fen aber kei­ner Ge­neh­mi­gung.

Art. 15 Prüfung der Entlastungs- und Ablassvorrichtungen

(Art. 8 Abs. 2 StAG)

1 Die Be­trei­be­rin muss je­des Jahr die Be­triebs­tüch­tig­keit der Ent­las­tungs- und Ab­lass­vor­rich­tun­gen mit be­weg­li­chen Ver­schlüs­sen prü­fen. Der Ab­lauf und die Re­sul­ta­te der Prü­fung sind in ei­nem Pro­to­koll fest­zu­hal­ten.

2 Die Prü­fung muss bei ho­hem Stau­spie­gel und mit Was­serab­lass er­fol­gen (Nass­pro­be).

3 Die Ent­las­tungs­vor­rich­tun­gen kön­nen auch tro­cken oder auf an­de­re Wei­se ge­prüft wer­den, wenn der nor­ma­le Stau­spie­gel un­ter dem für ei­ne Öff­nung not­wen­di­gen Was­ser­spie­gel liegt.

4 Die Ab­lass­vor­rich­tun­gen von Rück­hal­te­be­cken und von Bau­wer­ken zur Soh­len­sta­bi­li­sie­rung kön­nen tro­cken ge­prüft wer­den.

Art. 16 Laufende Kontrolle

(Art. 8 Abs. 2 StAG)

1 Die Be­trei­be­rin muss Mes­sun­gen und vi­su­el­le Kon­trol­len ge­mä­ss dem Über­wa­chungs­re­gle­ment (Art. 14 Abs. 2) durch­füh­ren.

2 Sie muss in der Pe­ri­ode, in der ei­ne gros­se An­la­ge ein­ge­staut ist, fern­über­tra­ge­ne Mess­da­ten min­des­tens ein­mal mo­nat­lich mit Hand­mes­sun­gen vor Ort nach­prü­fen.

3 Bei den üb­ri­gen An­la­gen muss sie die fern­über­tra­ge­nen Mess­da­ten min­des­tens ein­mal jähr­lich mit Hand­mes­sun­gen vor Ort nach­prü­fen.

Art. 17 Jahreskontrolle

(Art. 8 Abs. 2 und 25 Bst. a StAG)

1 Die Be­trei­be­rin muss da­für sor­gen, dass ei­ne er­fah­re­ne Fach­per­son die Mess­re­sul­ta­te fort­lau­fend be­ur­teilt, ein­mal pro Jahr ei­ne vi­su­el­le Kon­trol­le der Stau­an­la­ge durch­führt und die Er­geb­nis­se in ei­nem jähr­li­chen Mess- und Kon­troll­be­richt fest­hält (Jah­res­be­richt).

2 Sie muss der Auf­sichts­be­hör­de spä­tes­tens sechs Mo­na­te nach Ab­schluss der Be­richts­pe­ri­ode den Jah­res­be­richt ein­sch­liess­lich der Re­sul­ta­te der Prü­fun­gen der be­weg­li­chen Ver­schlüs­se, der vi­su­el­len Kon­trol­len und der Mes­sun­gen zu­stel­len.

3 Die Auf­sichts­be­hör­de kann Aus­nah­men vom Jah­res­rhyth­mus (Abs.1) und der Frist zur Ein­rei­chung des Jah­res­be­richts (Abs.2) ge­wäh­ren, so­fern der glei­che Grad an Si­cher­heit ge­währ­leis­tet ist.

Art. 18 Fünfjahreskontrolle

(Art. 8 Abs. 2 und 25 Bst. a StAG)

1 Die Be­trei­be­rin muss da­für sor­gen, dass aus­ge­wie­se­ne Ex­per­tin­nen oder Ex­per­ten für Bau und Geo­lo­gie al­le fünf Jah­re ei­ne um­fas­sen­de Si­cher­heits­über­prü­fung durch­füh­ren, wenn die be­tref­fen­de Stau­an­la­ge:

a.
ei­ne Stau­hö­he von min­des­tens 40 m auf­weist; oder
b.
ei­ne Stau­hö­he von min­des­tens 10 m und einen Stau­raum von mehr als 1 Mil­li­on m3 auf­weist.

2 Sie muss der Auf­sichts­be­hör­de spä­tes­tens neun Mo­na­te nach Ab­schluss der Be­richts­pe­ri­ode die Be­rich­te der Si­cher­heits­über­prü­fun­gen zu­stel­len (Fünf­jah­res­be­rich­te).

3 Die Auf­sichts­be­hör­de kann auf ei­ne re­gel­mäs­si­ge um­fas­sen­de Si­cher­heits­über­prü­fung (Abs.1) ver­zich­ten und Aus­nah­men von der Frist zur Ein­rei­chung der Fünf­jah­res­be­rich­te (Abs.2) ge­wäh­ren, so­fern der glei­che Grad an Si­cher­heit ge­währ­leis­tet ist.

4 Sie kann aus­ser­or­dent­li­che Über­prü­fun­gen so­wie die Fünf­jah­res­kon­trol­le von Stau­an­la­gen mit ge­rin­ge­ren Aus­mas­sen an­ord­nen.

Art. 19 Fachperson sowie Expertinnen und Experten

(Art. 8 Abs. 2 und 25 Bst. a StAG)

1 Die Be­trei­be­rin muss der Auf­sichts­be­hör­de die Wahl ih­rer Fach­per­son (Art.17) mel­den. Die Auf­sichts­be­hör­de kann sie ab­leh­nen, falls be­grün­de­te Zwei­fel an der Eig­nung der Fach­per­son be­ste­hen.

2 Die Be­trei­be­rin un­ter­brei­tet der Auf­sichts­be­hör­de die Wahl ih­rer Ex­per­tin­nen und Ex­per­ten (Art.18) zur Ge­neh­mi­gung.

3 Die Ex­per­tin­nen und Ex­per­ten müs­sen von der Fach­per­son, der Be­trei­be­rin und der Ei­gen­tü­me­rin der An­la­ge un­ab­hän­gig sein.

Art. 20 Revision

(Art. 8 Abs. 3 Bst. a StAG)

1 Die Be­trei­be­rin muss der Auf­sichts­be­hör­de Re­vi­si­ons­ar­bei­ten recht­zei­tig mel­den, die­se be­dür­fen aber kei­ner Ge­neh­mi­gung.

2 Sie muss wäh­rend Ar­bei­ten an Ent­las­tungs- und Ab­lass­vor­rich­tun­gen:

a.
ei­ne aus­rei­chen­de Hoch­was­ser­si­cher­heit ge­währ­leis­ten; und
b.
die Ab­sen­kung des Stau­sees bei dro­hen­der Ge­fahr in­ner­halb kur­z­er Frist wie­der er­mög­li­chen.

Art. 21 Meldepflicht

(Art. 8 und 25 Bst. a StAG)

Die Be­trei­be­rin muss der Auf­sichts­be­hör­de recht­zei­tig die Ter­mi­ne mel­den für:

a.
die Prü­fung der Ent­las­tungs- und Ab­lass­vor­rich­tun­gen;
b.
die Be­ge­hung der Stau­an­la­ge im Rah­men der Jah­res- und der Fünf­jah­res­kon­trol­len;
c.
die Ent­lee­rung der An­la­ge.

Art. 22 Aktensammlung über die Stauanlage

(Art. 25 Bst. a StAG)

1 Die Be­trei­be­rin muss über die Stau­an­la­ge ei­ne Ak­ten­samm­lung an­le­gen und die­se lau­fend nach­füh­ren. Sie muss der Auf­sichts­be­hör­de je­der­zeit Ein­sicht in die Ak­ten­samm­lung ge­wäh­ren.

2 Die Ak­ten­samm­lung ent­hält ins­be­son­de­re:

a.
die wich­tigs­ten Plä­ne des aus­ge­führ­ten Bau­werks und An­ga­ben über die Bau­aus­füh­rung;
b.
die Ver­ein­ba­rung zwi­schen der Bau­herr­schaft und den Pro­jekt­ver­fas­sen­den über die ge­plan­te Nut­zung (Nut­zungs­ver­ein­ba­rung);
c.
die Dar­stel­lung der tech­ni­schen Um­set­zung der Nut­zungs­ver­ein­ba­rung (Pro­jekt­ba­sis);
d.
die sta­ti­schen, hy­dro­lo­gi­schen und hy­drau­li­schen Be­rech­nun­gen und Be­rich­te;
e.
die geo­lo­gi­schen Gut­ach­ten;
f.
den In­be­trieb­nah­me­be­richt;
g.
die Jah­res­be­rich­te und die Be­rich­te über die geo­dä­ti­schen De­for­ma­ti­ons­mes­sun­gen;
h.
die Fünf­jah­res­be­rich­te;
i.
die Be­rich­te über Stör­fäl­le und Be­trieb­s­an­oma­li­en;
j.
das Über­wa­chungs-, das Wehr- und das Not­fall­re­gle­ment.

Art. 23 Kontrollen durch die Aufsichtsbehörde

(Art. 8 Abs. 4 StAG)

1 Die Auf­sichts­be­hör­de nimmt an den Fünf­jah­res­kon­trol­len (Art. 18) teil und in­spi­ziert die be­tref­fen­den An­la­gen zu­sätz­lich min­des­tens ein­mal in fünf Jah­ren.

2 Sie in­spi­ziert die gros­sen, nicht den Fünf­jah­res­kon­trol­len un­ter­lie­gen­den Stau­an­la­gen min­des­tens ein­mal al­le drei Jah­re.

3 Sie in­spi­ziert die wei­te­ren Stau­an­la­gen min­des­tens ein­mal al­le fünf Jah­re.

Art. 24 Massnahmen der Aufsichtsbehörde

(Art. 8 Abs. 3 und 5 StAG)

Ist die Be­trei­be­rin mit ei­ner Un­ter­halts- oder Sa­nie­rungs­mass­nah­me im Ver­zug, so ord­net die Auf­sichts­be­hör­de die not­wen­di­gen Mass­nah­men und, nach er­folg­lo­ser Mah­nung, die Ent­lee­rung der Stau­an­la­ge an.

3. Abschnitt: Notfallkonzept

Art. 25 Vorkehrungen für den Notfall

(Art. 10 StAG)

1 Das Not­fall­re­gle­ment ge­mä­ss Ar­ti­kel11 Ab­satz 1 Buch­sta­be b muss ins­be­son­de­re die fol­gen­den Un­ter­la­gen ent­hal­ten:

a.
ei­ne Kar­te mit den­je­ni­gen Ge­bie­ten, die beim plötz­li­chen to­ta­len Bruch ei­nes Ab­sperr­bau­werks vor­aus­sicht­lich über­flu­tet wer­den (Über­flu­tungs­kar­te);
b.
ei­ne Ana­ly­se der­je­ni­gen Fak­to­ren, wel­che die Not­fall­be­wäl­ti­gung stark be­ein­träch­ti­gen oder ver­hin­dern kön­nen (Ge­fah­ren­ana­ly­se);
c.
ei­ne Not­fall­stra­te­gie mit Fest­le­gung der Mass­nah­men, die bei ei­ner Ge­fah­rensi­tua­ti­on zu tref­fen sind;
d.
ein Do­ku­ment, in dem die Funk­tio­nen der ver­ant­wort­li­chen Per­so­nen so­wie der Alar­mie­rungs­ab­lauf fest­ge­legt sind (Not­fall­or­ga­ni­sa­ti­on);
e.
ein Dos­sier für den Ein­satz im Not­fall (Ein­satz­dos­sier).

2 Die Auf­sichts­be­hör­de kann Aus­nah­men ge­wäh­ren, so­fern der glei­che Grad an Si­cher­heit ge­währ­leis­tet ist.

3 Sie über­mit­telt ei­ne Ko­pie der Über­flu­tungs­kar­ten und der Ein­satz­dos­siers an die be­trof­fe­nen Kan­to­ne und an das Bun­des­amt für Be­völ­ke­rungs­schutz (Na­tio­na­le Alarm­zen­tra­le).

Art. 26 Wasseralarmsystem

(Art. 11 StAG)

1 Das BFE be­stimmt nach An­hö­rung der Be­trei­be­rin, der be­trof­fe­nen Kan­to­ne und des Bun­des­am­tes für Be­völ­ke­rungs­schutz (BABS), wel­che Stau­an­la­gen mit we­ni­ger als 2Mil­lio­nen m3 Stau­raum mit ei­nem Was­ser­alarm­sys­tem aus­ge­rüs­tet sein müs­sen.

2 Ei­ne ho­he Ge­fahr ge­mä­ss Ar­ti­kel 11 Ab­satz 2 StAG be­steht, wenn im Fal­le ei­nes plötz­li­chen to­ta­len Bru­ches des Ab­sperr­bau­wer­kes min­des­tens 1000 Per­so­nen ge­fähr­det wä­ren, die sich re­gel­mäs­sig wäh­rend län­ge­rer Zeit in der Nah­zo­ne auf­hal­ten.

3 Die Kon­zep­ti­on und die tech­ni­schen Sys­te­me des Was­ser­alarm­sys­tems müs­sen durch das BABS ge­neh­migt wer­den.

Art. 27 Evakuierungspläne für die Bevölkerung

(Art. 12 Abs. 1 StAG)

1 Ba­sie­rend auf den Über­flu­tungs­kar­ten er­stel­len die be­trof­fe­nen Kan­to­ne die für die Eva­ku­ie­rung der Be­völ­ke­rung not­wen­di­gen Plä­ne (Eva­ku­ie­rungs­plä­ne).

2 Sie ge­wäh­ren der Be­völ­ke­rung je­der­zeit Ein­sicht in die Eva­ku­ie­rungs­plä­ne und sor­gen für ei­ne zweck­dien­li­che In­for­ma­ti­on.

3 Sie über­mit­teln ei­ne Ko­pie der Eva­ku­ie­rungs­plä­ne an das BFE und an das BABS (Na­tio­na­le Alarm­zen­tra­le).

4 Sie über­prü­fen die Eva­ku­ie­rungs­plä­ne lau­fend und über­mit­teln all­fäl­li­ge Nach­füh­run­gen dem BFE und dem BABS (Na­tio­na­le Alarm­zen­tra­le).

5 Das BABS be­auf­sich­tigt den Voll­zug die­ser Be­stim­mung.

Art. 28 Anordnungen im Falle einer militärischen Bedrohung 2

(Art. 12 Abs. 2 StAG)

Für be­son­de­re An­ord­nun­gen im Fal­le ei­ner mi­li­tä­ri­schen Be­dro­hung ist der Bun­des­stab Be­völ­ke­rungs­schutz nach Ar­ti­kel 2 Ab­satz 1 der Ver­ord­nung vom 2. März 20183 über den Bun­des­stab Be­völ­ke­rungs­schutz zu­stän­dig.

2 Fas­sung ge­mä­ss An­hang 3 Ziff. II 3 der V vom 2. März 2018 über den Bun­des­stab Be­völ­ke­rungs­schutz, in Kraft seit 1. April 2018 (AS 2018 1093).

3 SR 520.17

3. Kapitel: Aufsicht

Art. 29 Aufsichtsbehörde des Bundes

(Art. 22 StAG)

1 Auf­sichts­be­hör­de des Bun­des ist das BFE.

2 Das BFE hat ins­be­son­de­re die fol­gen­den Auf­ga­ben:

a.
Auf­sicht über die gros­sen Stau­an­la­gen;
b.
Ober­auf­sicht über die der Auf­sicht der Kan­to­ne un­ter­ste­hen­den Stau­an­la­gen;
c.
Er­lass von Richt­li­ni­en und Er­ar­bei­tung von wei­te­ren tech­ni­schen Grund­la­gen in Zu­sam­men­ar­beit mit den Kan­to­nen, den Hoch­schu­len, den Fa­ch­or­ga­ni­sa­tio­nen und der Wirt­schaft;
d.
För­de­rung der For­schung;
e.
Si­che­rung des Fach­wis­sens in Zu­sam­men­ar­beit mit Hoch­schu­len, Kan­to­nen und Fa­ch­or­ga­ni­sa­tio­nen;
f.
Si­cher­stel­lung des In­for­ma­ti­ons­aus­tau­sches mit dem Aus­land.

3 Es stellt den be­trof­fe­nen Kan­to­nen ins­be­son­de­re die fol­gen­den Un­ter­la­gen zu:

a.
die Ver­fü­gun­gen, mit de­nen es Stau­an­la­gen dem StAG un­ter­stellt (Art. 2) oder von des­sen Gel­tungs­be­reich aus­nimmt (Art. 3);
b.
die Lis­te der sich un­ter sei­ner di­rek­ten Auf­sicht und in Be­trieb be­find­li­chen Stau­an­la­gen (Art.22 Abs. 2 und 24 StAG);
c.
die Plan­ge­neh­mi­gun­gen für den Bau und die Än­de­rung von An­la­gen, so­fern kei­ne Ge­neh­mi­gung nach ei­nem an­de­ren Ge­setz er­folgt (Art. 6 StAG);
d.
die nach Ab­schluss der Bau­ar­bei­ten er­stell­ten Ab­nah­me­pro­to­kol­le (Art. 9 Abs. 3);
e.
die In­be­trieb­nah­me­be­wil­li­gun­gen (Art.7 StAG);
f.
die wei­te­ren Ver­fü­gun­gen, die es zur Ge­währ­leis­tung der Si­cher­heit er­lässt (Art.24; Art. 8 StAG).

Art. 30 Aufsichtsbehörden der Kantone

(Art. 23 StAG)

Die Auf­sichts­be­hör­den der Kan­to­ne ha­ben ins­be­son­de­re die fol­gen­den Auf­ga­ben:

a.
Sie be­auf­sich­ti­gen die Stau­an­la­gen, die nicht der di­rek­ten Auf­sicht des Bun­des un­ter­ste­hen.
b.
Sie mel­den dem BFE ins­be­son­de­re die fol­gen­den An­ga­ben der un­ter ih­rer Auf­sicht ste­hen­den Stau­an­la­gen:
1.
die Be­trei­be­rin;
2.
den Zweck;
3.
Stand­ort­ko­or­di­na­ten, Typ und Bau­jahr des Ab­sperr­bau­werks;
4.
das Jahr der In­be­trieb­nah­me;
5.
die geo­me­tri­schen Da­ten.
c.
Sie er­stel­len zu­han­den des BFE jähr­lich bis zum 31.März des Fol­ge­jah­res einen Be­richt über ih­re Auf­sichtstä­tig­keit.
d.
Sie mel­den dem BFE un­ver­züg­lich al­le aus­ser­or­dent­li­chen Er­eig­nis­se, die einen Ein­fluss auf die Si­cher­heit der un­ter ih­rer Auf­sicht ste­hen­den Stau­an­la­gen ha­ben könn­ten.

4. Kapitel: Schlussbestimmungen

Art. 31 Zuständige Behörde für Verwaltungsstrafverfahren

(Art. 31 StAG)

Ver­fol­gen­de und ur­tei­len­de Ver­wal­tungs­be­hör­de ge­mä­ss Ar­ti­kel31 Ab­satz3 StAG ist das BFE.

Art. 32 Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts

Die Auf­he­bung und die Än­de­rung bis­he­ri­gen Rechts wer­den im An­hang ge­re­gelt.

Art. 33 Übergangsbestimmungen

1 Die bei In­kraft­tre­ten die­ser Ver­ord­nung be­ste­hen­den Ge­neh­mi­gun­gen und Be­wil­li­gun­gen blei­ben rechts­gül­tig.

2 Die Be­trei­be­rin­nen be­ste­hen­der An­la­gen müs­sen in­nert fünf Jah­ren nach In­kraft­tre­ten die­ser Ver­ord­nung das Not­fall­re­gle­ment den Auf­sichts­be­hör­den zur Ge­neh­mi­gung ein­rei­chen (Art.11 Abs.1 Bst.b).

3 Die Auf­sichts­be­hör­de prüft in­nert ei­nem Jahr nach In­kraft­tre­ten die­ser Ver­ord­nung, ob die Ex­per­tin­nen und Ex­per­ten die An­for­de­run­gen nach Ar­ti­kel19 Ab­satz3 er­fül­len.

4 Das BFE über­gibt die Un­ter­la­gen der Stau­an­la­gen, die es nach bis­he­ri­gem Recht di­rekt be­auf­sich­tigt hat und die neu durch die Kan­to­ne zu be­auf­sich­ti­gen sind, in­nert zwei Jah­ren nach In­kraft­tre­ten die­ser Ver­ord­nung an die Auf­sichts­be­hör­den der Kan­to­ne. Ab dem Zeit­punkt der Über­ga­be sind die Kan­to­ne für die Auf­sicht zu­stän­dig.

5 Die be­trof­fe­nen Kan­to­ne er­stel­len in­nert drei Jah­ren nach In­kraft­tre­ten die­ser Ver­ord­nung die Eva­ku­ie­rungs­plä­ne (Art.27).

Art. 34 Inkrafttreten

Die­se Ver­ord­nung tritt am 1. Ja­nu­ar 2013 in Kraft.

Anhang

Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts