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Bundesgesetz
über die Verlagerung des alpenquerenden
Güterschwerverkehrs von der Strasse auf die Schiene
(Güterverkehrsverlagerungsgesetz, GVVG)

vom 19. Dezember 2008 (Stand am 26. September 2020)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 84 der Bundesverfassung1,
in Ausführung des Abkommens vom 21. Juni 19992 zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über
den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 8. Juni 20073,

beschliesst:

1

Art. 1 Zweck

1 Zum Schutz des Al­pen­ge­bie­tes soll der al­pen­que­ren­de Gü­ter­schwer­ver­kehr auf nach­hal­ti­ge Wei­se von der Stras­se auf die Schie­ne ver­la­gert wer­den.

2 Zwi­schen den Ver­kehrs­trä­gern des al­pen­que­ren­den Gü­ter­schwer­ver­kehrs soll ein öko­lo­gisch aus­ge­wo­ge­nes und den wirt­schaft­li­chen Be­dürf­nis­sen ent­spre­chen­des Ver­hält­nis be­ste­hen.

Art. 2 Geltungsbereich

Die­ses Ge­setz gilt für sämt­li­che Ver­kehrs­trä­ger, so­weit sie einen Ein­fluss auf den al­pen­que­ren­den Gü­ter­schwer­ver­kehr ha­ben.

Art. 3 Verlagerungsziel

1 Für den al­pen­que­ren­den Gü­ter­schwer­ver­kehr auf den Tran­sit­stras­sen im Al­pen­ge­biet (Art. 2 des BG vom 17. Ju­ni 19944 über den Stras­sen­tran­sit­ver­kehr im Al­pen­ge­biet) gilt das Ziel von höchs­tens 650 000 Fahr­ten pro Jahr.

2 Die­ses Ziel soll spä­tes­tens zwei Jah­re nach In­be­trieb­nah­me des Gott­hard-Ba­sis­tun­nels er­reicht wer­den.

3 Das Ziel ist auf Dau­er ein­zu­hal­ten und darf nur in ein­zel­nen Jah­ren mit be­son­ders star­ker Wirt­schafts- und Ver­kehrs­ent­wick­lung über­schrit­ten wer­den.

4 Ab dem Jahr 2011 soll das Zwi­schen­ziel von höchs­tens 1 Mil­li­on Fahr­ten pro Jahr nicht über­schrit­ten wer­den.

Art. 4 Evaluation und Steuerung des Verlagerungsprozesses

1 Der Bun­des­rat über­prüft re­gel­mäs­sig die Wirk­sam­keit des Ge­set­zes und trifft recht­zei­tig al­le Mass­nah­men in sei­ner Zu­stän­dig­keit, die für die Er­fül­lung des Zwecks und die Er­rei­chung des Ver­la­ge­rungs­ziels er­for­der­lich sind.

2 Er er­stat­tet der Bun­des­ver­samm­lung al­le zwei Jah­re einen Be­richt. Er macht dar­in Vor­schlä­ge und stellt An­trä­ge zu Zwi­schen­zie­len und Mass­nah­men.

3 Die Mass­nah­men müs­sen ver­hält­nis­mäs­sig, län­ger­fris­tig markt­kon­form und nicht­dis­kri­mi­nie­rend sein.

Art. 5 Befristete Erhöhung der Gesamttransitabgabe für alpenquerende Fahrten

1 Der Bun­des­rat kann den Höchst­satz der Ge­samt­tran­si­t­ab­ga­be für ei­ne al­pen­que­ren­de Fahrt ei­nes schwe­ren Gü­ter­ver­kehrs­fahr­zeugs für 6 Mo­na­te um höchs­tens 12,5 Pro­zent er­hö­hen, wenn die Ka­pa­zi­täts­aus­las­tung des al­pen­que­ren­den Schie­nen­gü­ter­ver­kehrs wäh­rend 10 Wo­chen trotz wett­be­werbs­fä­hi­ger Prei­se der Ei­sen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men un­ter 66 Pro­zent liegt.

2 Er kann die Gül­tig­keits­dau­er des er­höh­ten Höchst­sat­zes ein­mal um 6 Mo­na­te ver­län­gern.

3 Er darf den Höchst­satz in­ner­halb von 5 Jah­ren nach ei­ner Er­hö­hung nur ein­mal er­hö­hen, und zwar frü­he­s­tens:

a.
12 Mo­na­te nach Ab­lauf ei­ner Gül­tig­keits­dau­er von 6 Mo­na­ten;
b.
18 Mo­na­te nach Ab­lauf ei­ner Gül­tig­keits­dau­er von 12 Mo­na­ten.

Art. 6 Alpentransitbörse

1 Der Bun­des­rat kann völ­ker­recht­li­che Ver­trä­ge über ei­ne mit dem Aus­land ab­ge­stimm­te Al­pen­tran­sit­bör­se ab­sch­lies­sen. Für die Um­set­zung un­ter­brei­tet er der Bun­des­ver­samm­lung ei­ne Bot­schaft mit ei­nem Ge­set­ze­s­ent­wurf.

2 Die­se Ver­trä­ge und all­fäl­li­ge wei­te­re Über­ein­kom­men müs­sen ge­eig­net sein, den Zweck und das Ver­la­ge­rungs­ziel zu er­rei­chen. Aus­ge­schlos­sen sind ins­be­son­de­re Lo­cke­run­gen des Sonn­tags- und Nacht­fahr­ver­bo­tes so­wie Er­hö­hun­gen des höchst­zu­läs­si­gen Ge­wichts der Mo­tor­fahr­zeu­ge.

3 An der Al­pen­tran­sit­bör­se wer­den Rech­te für al­pen­que­ren­de Fahr­ten schwe­rer Gü­ter­ver­kehrs­fahr­zeu­ge (Durch­fahrts­rech­te) auf nicht­dis­kri­mi­nie­ren­de Wei­se und nach markt­wirt­schaft­li­chen Grund­sät­zen ver­stei­gert.

4 Nach Ein­füh­rung der Al­pen­tran­sit­bör­se dür­fen nur im In- oder Aus­land im­ma­tri­ku­lier­te schwe­re Gü­ter­ver­kehrs­fahr­zeu­ge, für die ein Durch­fahrts­recht vor­liegt, die Al­pen auf den Tran­sit­stras­sen que­ren.

5 Der Bun­des­rat legt die Zahl der Durch­fahrts­rech­te pro Jahr fest. Er rich­tet sich da­bei nach dem Ver­la­ge­rungs­ziel.

6 Der Bun­des­rat legt ins­be­son­de­re im In­ter­es­se des re­gio­na­len al­pen­que­ren­den Gü­ter­schwer­ver­kehrs Aus­nah­men fest.

Art. 7 Verwendung des Reinertrags der Alpentransitbörse

Der Rein­er­trag der Al­pen­tran­sit­bör­se wird ins­be­son­de­re für Mass­nah­men zur Er­rei­chung des Ver­la­ge­rungs­ziels ver­wen­det.

Art. 8 Förderung des Schienengüterverkehrs

1 Da­mit das Ver­la­ge­rungs­ziel er­reicht wird, kann der Bund För­de­rungs­mass­nah­men be­schlies­sen. Da­bei wird in ers­ter Li­nie der un­be­glei­te­te kom­bi­nier­te Ver­kehr über gros­se Di­stan­zen ge­för­dert. Die­se Mass­nah­men dür­fen kei­ne dis­kri­mi­nie­ren­den Aus­wir­kun­gen auf die schwei­ze­ri­schen und aus­län­di­schen Trans­port­un­ter­neh­men im Gü­ter­ver­kehr ha­ben.

2 Die Hö­he der durch­schnitt­li­chen Ab­gel­tung pro trans­por­tier­ter Sen­dung hat von Jahr zu Jahr ab­zu­neh­men. Die­se Be­stim­mung ist für die Jah­re 2020 und 2021 nicht an­wend­bar.5

3 Der be­glei­te­te kom­bi­nier­te Ver­kehr (Rol­len­de Land­stras­se) darf nur er­gän­zend zum un­be­glei­te­ten kom­bi­nier­ten Ver­kehr ge­för­dert wer­den.

5 Zwei­ter Satz ein­ge­fügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Sept. 2020 über die Un­ter­stüt­zung des öf­fent­li­chen Ver­kehrs in der Co­vid-19-Kri­se, in Kraft vom 26. Sept. 2020 bis zum 31. Dez. 2021 (AS 2020 3825; BBl 2020 6713).

Art. 9 Vollzug

Der Bun­des­rat re­gelt den Voll­zug. Er kann den Be­trieb der Al­pen­tran­sit­bör­se ganz oder teil­wei­se den Kan­to­nen oder pri­va­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen über­tra­gen.

Art. 10 Aufhebung bisherigen Rechts

Das Ver­kehrs­ver­la­ge­rungs­ge­setz vom 8. Ok­to­ber 19996 wird auf­ge­ho­ben.

Art. 11 Referendum und Inkrafttreten

1 Die­ses Ge­setz un­ter­steht dem fa­kul­ta­ti­ven Re­fe­ren­dum.

2 Der Bun­des­rat be­stimmt das In­kraft­tre­ten.

Da­tum des In­kraft­tre­tens: 1. Ja­nu­ar 20107

7 BRB vom 4. Nov. 2009 (AS 2009 5952)