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Bundesgesetz
über die Sicherheitsorgane der Transportunternehmen
im öffentlichen Verkehr
(BGST)

vom 18. Juni 2010 (Stand am 1. Januar 2018)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf die Artikel 57 Absatz 2, 87 und 92 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in den Bericht der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates vom 3. November 20092
und in die Stellungnahme des Bundesrates vom 27. Januar 20103,

beschliesst:

1

Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich

1 Die­ses Ge­setz re­gelt die Auf­ga­ben und Be­fug­nis­se der Si­cher­heits­or­ga­ne der Trans­port­un­ter­neh­men im öf­fent­li­chen Ver­kehr.

2 Als Trans­port­un­ter­neh­men im Sin­ne die­ses Ge­set­zes gel­ten:

a.
Ei­sen­bahn­un­ter­neh­men mit ei­ner Kon­zes­si­on nach Ar­ti­kel 5 oder ei­ner Be­wil­li­gung nach Ar­ti­kel 9 des Ei­sen­bahn­ge­set­zes vom 20. De­zem­ber 19574;
b.
Ei­sen­bahn-, Seil­bahn-, Trol­ley­bus-, Au­to­bus- und Schiff­fahrts­un­ter­neh­men mit ei­ner Kon­zes­si­on nach Ar­ti­kel 6 des Per­so­nen­be­för­de­rungs­ge­set­zes vom 20. März 20095.

Art. 2 Sicherheitsorgane

1 So­weit es zum Schutz der Rei­sen­den, der An­ge­stell­ten, der trans­por­tier­ten Gü­ter, der In­fra­struk­tur und der Fahr­zeu­ge so­wie zur Ge­währ­leis­tung ei­nes ord­nungs­ge­mäs­sen Be­triebs er­for­der­lich ist, un­ter­hal­ten die Trans­port­un­ter­neh­men Si­cher­heits­or­ga­ne.

2 Es gibt zwei Ar­ten von Si­cher­heits­or­ga­nen: den Si­cher­heits­dienst und die Trans­port­po­li­zei.

3 Die Trans­port­po­li­zei un­ter­schei­det sich vom Si­cher­heits­dienst:

a.
durch zu­sätz­li­che Auf­ga­ben (Art. 3 Abs. 2);
b.
durch zu­sätz­li­che Be­fug­nis­se (Art. 4 Abs. 2);
c.
durch die amt­li­che In­pflicht­nah­me (Abs. 5); und
d.
die Uni­form­trag­pflicht (Abs. 6).

4 Die Trans­port­un­ter­neh­men set­zen die Si­cher­heits­or­ga­ne je nach Ge­fah­ren­la­ge ein.

5 Das Per­so­nal der Trans­port­po­li­zei ist amt­lich in Pflicht zu neh­men.

6 Dienste­in­sät­ze der Trans­port­po­li­zei er­fol­gen grund­sätz­lich in Uni­form.

7 Der Bun­des­rat re­gelt die Aus- und Wei­ter­bil­dung, Aus­rüs­tung und Be­waff­nung der Si­cher­heits­or­ga­ne.

Art. 3 Aufgaben der Sicherheitsorgane

1 Die Si­cher­heits­or­ga­ne:

a.
sor­gen für die Be­ach­tung der Trans­port- und Be­nüt­zungs­vor­schrif­ten; und
b.
un­ter­stüt­zen die zu­stän­di­gen Stel­len bei der Ver­fol­gung von Ver­stös­sen ge­gen Straf­be­stim­mun­gen des Bun­des, so­weit sich die­se Ver­stös­se auf die Si­cher­heit der Rei­sen­den, der An­ge­stell­ten, der trans­por­tier­ten Gü­ter, der In­fra­struk­tur oder der Fahr­zeu­ge oder auf den ord­nungs­ge­mäs­sen Be­trieb aus­wir­ken kön­nen.

2 Die Trans­port­po­li­zei un­ter­stützt über­dies in zwei­ter Prio­ri­tät die zu­stän­di­gen Stel­len auf de­ren Er­su­chen bei der Ver­fol­gung von wei­te­ren Ver­stös­sen ge­gen Straf­be­stim­mun­gen des Bun­des, so­weit ih­re Ein­satz­pla­nung dies zu­lässt.

3 Die Trans­port­un­ter­neh­men mit ei­ner Trans­port­po­li­zei kön­nen im Auf­trag des Bun­des­am­tes für Po­li­zei luft­po­li­zei­li­che Auf­ga­ben über­neh­men. In die­sem Fall rich­tet sich der Ein­satz des Per­so­nals nach den luft­fahrt­recht­li­chen Vor­schrif­ten. Die Haf­tung rich­tet sich nach den Ar­ti­keln 1–18 des Ver­ant­wort­lich­keits­ge­set­zes vom 14. März 19586.7

6 SR 170.32

7 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 3 des BG vom 16. Ju­ni 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 5607; BBl 2016 7133).

Art. 4 Befugnisse der Sicherheitsorgane

1 Der Si­cher­heits­dienst und die Trans­port­po­li­zei kön­nen:

a.
Per­so­nen be­fra­gen und Aus­weis­kon­trol­len vor­neh­men;
b.
Per­so­nen, die sich vor­schrifts­wid­rig ver­hal­ten, an­hal­ten, kon­trol­lie­ren und weg­wei­sen;
c.
von Per­so­nen, die sich vor­schrifts­wid­rig ver­hal­ten, ei­ne Si­cher­heits­leis­tung ver­lan­gen.

2 Die Trans­port­po­li­zei kann über­dies:

a.
an­ge­hal­te­ne Per­so­nen vor­läu­fig fest­neh­men;
b.
Ge­gen­stän­de be­schlag­nah­men.

3 Be­schlag­nahm­te Ge­gen­stän­de und vor­läu­fig fest­ge­nom­me­ne Per­so­nen sind mög­lichst rasch der Po­li­zei zu über­ge­ben.

4 Be­an­sprucht ei­ne Per­son die Trans­port­leis­tung un­recht­mäs­sig, so ist die vor­läu­fi­ge Fest­nah­me nur zu­läs­sig, wenn die Per­son sich nicht aus­wei­sen kann und die ver­lang­te Si­cher­heit nicht leis­tet.

5 Po­li­zei­li­cher Zwang darf nur aus­ge­übt wer­den, so­weit dies für das An­hal­ten, die Kon­trol­le, die Weg­wei­sung oder die vor­läu­fi­ge Fest­nah­me er­for­der­lich ist. Wird ei­ne Per­son we­gen Be­ge­hung ei­nes Ver­bre­chens oder Ver­ge­hens vor­läu­fig fest­ge­nom­men und der Po­li­zei über­ge­ben, so sind Hand­schel­len oder Fes­se­lungs­bän­der zu­läs­sig.

6 So­weit die­ses Ge­setz die An­wen­dung po­li­zei­li­chen Zwangs oder po­li­zei­li­cher Mass­nah­men vor­sieht, ist das Zwangs­an­wen­dungs­ge­setz von 20. März 20088 an­wend­bar.

Art. 5 Organisation

1 Die Trans­port­un­ter­neh­men kön­nen im Rah­men von Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ge­mein­sa­me Si­cher­heits­or­ga­ne ein­rich­ten.

2 Ein Trans­port­un­ter­neh­men mit ei­ner Trans­port­po­li­zei muss de­ren Leis­tun­gen ei­nem an­de­ren Trans­port­un­ter­neh­men zu ver­gleich­ba­ren Be­din­gun­gen an­bie­ten. Bei Strei­tig­kei­ten über die Hö­he der Ent­schä­di­gung ent­schei­det das Bun­des­amt für Ver­kehr.

3 Sie kön­nen mit Be­wil­li­gung des Bun­des­amts für Ver­kehr Auf­ga­ben des Si­cher­heits­diens­tes ei­ner pri­va­ten Or­ga­ni­sa­ti­on über­tra­gen, die ih­ren Sitz in der Schweiz hat und mehr­heit­lich in schwei­ze­ri­schem Be­sitz ist. Die Be­wil­li­gung wird er­teilt, wenn die pri­va­te Or­ga­ni­sa­ti­on für die Ein­hal­tung der mass­ge­ben­den Vor­schrif­ten Ge­währ bie­tet. Die Trans­port­un­ter­neh­men blei­ben für die ord­nungs­ge­mäs­se Er­fül­lung der über­tra­ge­nen Auf­ga­ben ver­ant­wort­lich.

Art. 6 Datenbearbeitung

1 Die Si­cher­heits­or­ga­ne kön­nen zur Er­fül­lung ih­rer Auf­ga­ben fol­gen­de Da­ten be­ar­bei­ten:

a.
An­ga­ben zur Fest­stel­lung der Iden­ti­tät ei­ner Per­son;
b.
An­ga­ben zu Ver­stös­sen ei­ner Per­son ge­gen Vor­schrif­ten zum Schutz der Rei­sen­den, der An­ge­stell­ten, der trans­por­tier­ten Gü­ter, der In­fra­struk­tur und der Fahr­zeu­ge so­wie zur Ge­währ­leis­tung ei­nes ord­nungs­ge­mäs­sen Be­triebs der Trans­port­un­ter­neh­men.

2 Wer­den Auf­ga­ben des Si­cher­heits­diens­tes ei­ner pri­va­ten Or­ga­ni­sa­ti­on nach Ar­ti­kel 5 Ab­satz 3 über­tra­gen, so sind die Da­ten­be­ar­bei­tungs­sys­te­me phy­sisch und lo­gisch von den üb­ri­gen Da­ten­be­ar­bei­tungs­sys­te­men der Or­ga­ni­sa­ti­on zu tren­nen.

3 Im Üb­ri­gen gel­ten die Be­stim­mun­gen des Bun­des­ge­set­zes vom 19. Ju­ni 19929 über den Da­ten­schutz, ins­be­son­de­re die Ar­ti­kel 16–25bis und 27.

Art. 7 Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden

1 Die Po­li­zei­be­hör­den kön­nen der Trans­port­po­li­zei Per­so­nen­da­ten be­kannt­ge­ben, wenn die Be­kannt­ga­be im In­ter­es­se der be­trof­fe­nen Per­son ist und die­se der Be­kannt­ga­be zu­ge­stimmt hat oder aus den Um­stän­den auf ein Ein­ver­ständ­nis ge­schlos­sen wer­den kann.

2 Sie kön­nen der Trans­port­po­li­zei auch oh­ne Ein­ver­ständ­nis der be­trof­fe­nen Per­son Per­so­nen­da­ten be­kannt­ge­ben, um ei­ne schwe­re un­mit­tel­ba­re Ge­fahr ab­zu­wen­den.

2bis Die Po­li­zei­be­hör­den ge­ben der Trans­port­po­li­zei Per­so­nen­da­ten be­kannt, wenn die Per­son zur An­ga­be ih­rer Iden­ti­tät ver­pflich­tet war.10

3 Sie tei­len der Trans­port­po­li­zei auf An­fra­ge mit, ob ei­ne be­stimm­te Per­son der Po­li­zei zu­zu­füh­ren ist.

4 Er­su­chen sie die Si­cher­heits­or­ga­ne um Mit­wir­kung, so tei­len sie ih­nen al­le da­für er­for­der­li­chen In­for­ma­tio­nen mit.

5 Die Si­cher­heits­or­ga­ne lei­ten den zu­stän­di­gen Po­li­zei­be­hör­den von Bund und Kan­to­nen al­le An­ga­ben wei­ter, die im Zu­sam­men­hang mit straf­ba­ren Hand­lun­gen ste­hen.

6 Der Bun­des­rat re­gelt die Ein­zel­hei­ten der Zu­sam­men­ar­beit.

10 Ein­ge­fügt durch An­hang Ziff. 5 des BG vom 26. Sept. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 3205; BBl 2013 7185).

Art. 8 Aufsicht

Auf­sichts­be­hör­de über die Si­cher­heits­or­ga­ne ist das Bun­des­amt für Ver­kehr.

Art. 9 Ungehorsam

1 Wer An­ord­nun­gen ei­ner er­kenn­bar mit Si­cher­heits­auf­ga­ben be­trau­ten Per­son zu­wi­der­han­delt, wird mit Bus­se bis 10 000 Fran­ken be­straft.

2 Die Ver­fol­gung und Be­ur­tei­lung sol­cher Ver­stös­se ist Sa­che der Kan­to­ne.

Art. 10 Verfolgung von Amtes wegen

Nach dem Straf­ge­setz­buch11 straf­ba­re Hand­lun­gen wer­den von Am­tes we­gen ver­folgt, wenn sie ge­gen Per­so­nen, die mit Si­cher­heits­auf­ga­ben be­traut sind, wäh­rend de­ren Dienstaus­übung be­gan­gen wer­den.

Art. 11 Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts

1 Das Bun­des­ge­setz vom 18. Fe­bru­ar 187812 be­tref­fend Hand­ha­bung der Bahn­po­li­zei wird auf­ge­ho­ben.

213

12 [BS 7 27; AS 1958 335Art. 96 Abs. 1 Ziff. 8 und Abs. 3, 1986 1974Art. 53 Ziff. 5, 2010 1881An­hang 1 Ziff. II 23]

13 Die Än­de­run­gen kön­nen un­ter AS 2011 3961kon­sul­tiert wer­den.

Art. 12 Referendum und Inkrafttreten

1 Die­ses Ge­setz un­ter­steht dem fa­kul­ta­ti­ven Re­fe­ren­dum.

2 Der Bun­des­rat be­stimmt das In­kraft­tre­ten.

In­kraft­tre­ten: 1. Ok­to­ber 201114

14 BRB vom 17. Aug. 2011