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Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen

vom 8. Oktober 2004 (Stand am 1. Januar 2014)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf die Artikel 98 Absatz 3, 110 Absatz 1, 113 Absatz 1, 117 Absatz 1, 119 Absatz 2 Buchstabe f, 122 Absatz 1 und 123 Absatz 1 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 11. September 20022,

beschliesst:

1. Abschnitt: Geltungsbereich, Zweck und Begriffe

Art. 1 Geltungsbereich  

1Die­ses Ge­setz be­stimmt, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen beim Men­schen durch­ge­führt wer­den dür­fen:

a.
im me­di­zi­ni­schen Be­reich;
b.
im Ar­beits­be­reich;
c.
im Ver­si­che­rungs­be­reich;
d.
im Haft­pflicht­be­reich.

2Es re­gelt fer­ner die Er­stel­lung von DNA-Pro­fi­len zur Klä­rung der Ab­stam­mung oder zur Iden­ti­fi­zie­rung von Per­so­nen. Auf die Ver­wen­dung von DNA-Pro­fi­len im Straf­ver­fah­ren und zur Iden­ti­fi­zie­rung von un­be­kann­ten oder ver­miss­ten Per­so­nen ist das DNA-Pro­fil-Ge­setz vom 20. Ju­ni 20031 an­wend­bar.

3Die­ses Ge­setz ist auf ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen zu For­schungs­zwe­cken nicht an­wend­bar.2


1 SR 363
2 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 3 des Hu­man­for­schungs­ge­set­zes vom 30. Sept. 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 3215; BBl 2009 8045).

Art. 2 Zweck  

Die­ses Ge­setz bezweckt:

a.
die Men­schen­wür­de und die Per­sön­lich­keit zu schüt­zen;
b.
miss­bräuch­li­che ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen und die miss­bräuch­li­che Ver­wen­dung ge­ne­ti­scher Da­ten zu ver­hin­dern;
c.
die Qua­li­tät der ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chun­gen und der In­ter­pre­ta­ti­on ih­rer Er­geb­nis­se si­cher­zu­stel­len.
Art. 3 Begriffe  

In die­sem Ge­setz be­deu­ten:

a.
ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen: zy­to­ge­ne­ti­sche und mo­le­ku­lar­ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen zur Ab­klä­rung er­erb­ter oder wäh­rend der Em­bryo­nal­pha­se er­wor­be­ner Ei­gen­schaf­ten des Erb­guts des Men­schen so­wie al­le wei­te­ren La­bor­un­ter­su­chun­gen, die un­mit­tel­bar dar­auf ab­zie­len, sol­che In­for­ma­tio­nen über das Erb­gut zu er­hal­ten;
b.
zy­to­ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen: Un­ter­su­chun­gen zur Ab­klä­rung der Zahl und der Struk­tur der Chro­mo­so­men;
c.
mo­le­ku­lar­ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen: Un­ter­su­chun­gen zur Ab­klä­rung der mo­le­ku­la­ren Struk­tur der Nu­kle­in­säu­ren (DNA und RNA) so­wie des un­mit­tel­ba­ren Gen­pro­dukts;
d.
prä­sym­pto­ma­ti­sche ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen: ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen mit dem Ziel, Krank­heits­ver­an­la­gun­gen vor dem Auf­tre­ten kli­ni­scher Sym­pto­me zu er­ken­nen, mit Aus­nah­me der Un­ter­su­chun­gen, die aus­sch­liess­lich zur Ab­klä­rung der Wir­kun­gen ei­ner ge­plan­ten The­ra­pie die­nen;
e.
prä­na­ta­le Un­ter­su­chun­gen: prä­na­ta­le ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen und prä­na­ta­le Ri­si­ko­ab­klä­run­gen;
f.
prä­na­ta­le ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen: ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen wäh­rend der Schwan­ger­schaft zur Ab­klä­rung von Ei­gen­schaf­ten des Erb­guts des Em­bryos oder des Fö­tus;
g.
prä­na­ta­le Ri­si­ko­ab­klä­run­gen: La­bor­un­ter­su­chun­gen, die Hin­wei­se auf das Ri­si­ko ei­ner ge­ne­ti­schen An­oma­lie des Em­bryos oder des Fö­tus ge­ben, so­wie Un­ter­su­chun­gen des Em­bryos oder des Fö­tus mit bild­ge­ben­den Ver­fah­ren;
h.
Un­ter­su­chun­gen zur Fa­mi­li­en­pla­nung: ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen zur Ab­klä­rung ei­nes ge­ne­ti­schen Ri­si­kos für künf­ti­ge Nach­kom­men;
i.
Rei­hen­un­ter­su­chun­gen: ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen, die sys­te­ma­tisch der ge­sam­ten Be­völ­ke­rung oder be­stimm­ten Per­so­nen­grup­pen in der ge­sam­ten Be­völ­ke­rung an­ge­bo­ten wer­den, oh­ne dass bei der ein­zel­nen Per­son ein Ver­dacht be­steht, dass die ge­such­ten Ei­gen­schaf­ten vor­han­den sind;
j.
ge­ne­ti­sche In-vi­tro-Dia­gno­s­ti­ka: ver­wen­dungs­fer­ti­ge Er­zeug­nis­se zum Nach­weis von Ei­gen­schaf­ten des Erb­guts;
k.
DNA-Pro­fil: die für ein In­di­vi­du­um spe­zi­fi­sche In­for­ma­ti­on, die mit Hil­fe mo­le­ku­lar­ge­ne­ti­scher Tech­ni­ken aus den nicht-co­die­ren­den Ab­schnit­ten der DNA ge­won­nen wird;
l.
ge­ne­ti­sche Da­ten: In­for­ma­tio­nen über das Erb­gut ei­ner Per­son, die durch ei­ne ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chung ge­won­nen wer­den, ein­sch­liess­lich des DNA-Pro­fils;
m.
Pro­be: für ei­ne ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chung ge­sam­mel­tes bio­lo­gi­sches Ma­te­ri­al;
n.
be­trof­fe­ne Per­son: Per­son, de­ren Erb­gut un­ter­sucht wird oder von der ein DNA-Pro­fil er­stellt wird und dement­spre­chend Pro­ben oder ge­ne­ti­sche Da­ten vor­lie­gen; bei prä­na­ta­len Un­ter­su­chun­gen die schwan­ge­re Frau.

2. Abschnitt: Allgemeine Grundsätze für genetische Untersuchungen

Art. 4 Diskriminierungsverbot  

Nie­mand darf we­gen sei­nes Erb­guts dis­kri­mi­niert wer­den.

Art. 5 Zustimmung  

1Ge­ne­ti­sche und prä­na­ta­le Un­ter­su­chun­gen, ein­sch­liess­lich Rei­hen­un­ter­su­chun­gen, dür­fen nur durch­ge­führt wer­den, so­fern die be­trof­fe­ne Per­son frei und nach hin­rei­chen­der Auf­klä­rung zu­ge­stimmt hat. Vor­be­hal­ten blei­ben die in ei­nem Bun­des­ge­setz vor­ge­se­he­nen Aus­nah­men.

2Ist die be­trof­fe­ne Per­son ur­teil­s­un­fä­hig, so er­teilt an ih­rer Stel­le der ge­setz­li­che Ver­tre­ter die Zu­stim­mung. Im me­di­zi­ni­schen Be­reich sind die Schran­ken von Ar­ti­kel 10 Ab­satz 2 zu be­ach­ten.

3Die Zu­stim­mung kann je­der­zeit wi­der­ru­fen wer­den.

Art. 6 Recht auf Nichtwissen  

Je­de Per­son hat das Recht, die Kennt­nis­nah­me von In­for­ma­tio­nen über ihr Erb­gut zu ver­wei­gern; Ar­ti­kel 18 Ab­satz 2 bleibt vor­be­hal­ten.

Art. 7 Schutz genetischer Daten  

Die Be­ar­bei­tung ge­ne­ti­scher Da­ten un­ter­steht:

a.
dem Be­rufs­ge­heim­nis nach den Ar­ti­keln 321 und 321bis des Straf­ge­setz­buchs1; und
b.
den Da­ten­schutz­be­stim­mun­gen des Bun­des und der Kan­to­ne.

1 SR 311.0

Art. 8 Bewilligung zur Durchführung genetischer Untersuchungen  

1Wer zy­to­ge­ne­ti­sche oder mo­le­ku­lar­ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen durch­füh­ren will, be­nö­tigt ei­ne Be­wil­li­gung der zu­stän­di­gen Bun­des­stel­le.

2Der Bun­des­rat:

a.
be­zeich­net die zu­stän­di­ge Bun­des­stel­le;
b.
re­gelt die Vor­aus­set­zun­gen und das Ver­fah­ren für die Er­tei­lung der Be­wil­li­gung;
c.
um­schreibt die Pflich­ten der In­ha­be­rin oder des In­ha­bers der Be­wil­li­gung;
d.
re­gelt die Auf­sicht und sieht ins­be­son­de­re die Mög­lich­keit un­an­ge­mel­de­ter In­spek­tio­nen vor;
e.
legt die Ge­büh­ren fest.

3Der Bun­des­rat kann nach An­hö­rung der Ex­per­ten­kom­mis­si­on für ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen beim Men­schen (Art. 35):

a.
ei­ne Be­wil­li­gungs­pflicht für wei­te­re ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen oder für prä­na­ta­le Ri­si­ko­ab­klä­run­gen vor­se­hen, wenn die­se glei­chen An­for­de­run­gen an die Qua­li­täts­si­che­rung und die In­ter­pre­ta­ti­on der Er­geb­nis­se wie zy­to- und mo­le­ku­lar­ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen ge­nü­gen müs­sen;
b.
ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen, die kei­ne be­son­de­ren An­for­de­run­gen an die Durch­füh­rung und die In­ter­pre­ta­ti­on der Er­geb­nis­se stel­len, von der Be­wil­li­gungs­pflicht aus­neh­men.

4DNA-Pro­fi­le nach die­sem Ge­setz dür­fen nur von La­bo­ra­to­ri­en er­stellt wer­den, die vom Bund an­er­kannt sind. Der Bun­des­rat re­gelt die Vor­aus­set­zun­gen und das Ver­fah­ren für die An­er­ken­nung so­wie die Auf­sicht.

Art. 9 Genetische In-vitro-Diagnostika  

1Es ist ver­bo­ten, ge­ne­ti­sche In-vi­tro-Dia­gno­s­ti­ka an Per­so­nen für ei­ne Ver­wen­dung ab­zu­ge­ben, die nicht der be­ruf­li­chen oder ge­werb­li­chen Tä­tig­keit die­ser Per­so­nen zu­ge­rech­net wer­den kann.

2Der Bun­des­rat kann, nach An­hö­rung der Ex­per­ten­kom­mis­si­on für ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen beim Men­schen, Aus­nah­men von die­sem Ver­bot vor­se­hen, so­fern die Ver­wen­dung un­ter ärzt­li­cher Auf­sicht er­folgt und kei­ne Fehl­in­ter­pre­ta­ti­on des Un­ter­su­chungs­er­geb­nis­ses mög­lich ist.

3. Abschnitt: Genetische Untersuchungen im medizinischen Bereich

Art. 10 Genetische Untersuchungen bei Personen  

1Ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen dür­fen bei Per­so­nen nur durch­ge­führt wer­den, wenn sie ei­nem me­di­zi­ni­schen Zweck die­nen und das Selbst­be­stim­mungs­recht nach Ar­ti­kel 18 ge­wahrt wird.

2Bei ei­ner ur­teil­s­un­fä­hi­gen Per­son darf ei­ne ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chung nur durch­ge­führt wer­den, wenn sie zum Schutz ih­rer Ge­sund­heit not­wen­dig ist. Aus­nahms­wei­se ist ei­ne sol­che Un­ter­su­chung zu­läs­sig, wenn sich ei­ne schwe­re Erb­krank­heit in der Fa­mi­lie oder ei­ne ent­spre­chen­de An­la­ge­trä­ger­schaft auf an­de­re Wei­se nicht ab­klä­ren lässt und die Be­las­tung der be­trof­fe­nen Per­son ge­ring­fü­gig ist.

Art. 11 Pränatale Untersuchungen  

Es ist ver­bo­ten, prä­na­ta­le Un­ter­su­chun­gen durch­zu­füh­ren, die dar­auf ab­zie­len:

a.
Ei­gen­schaf­ten des Em­bryos oder des Fö­tus, wel­che des­sen Ge­sund­heit nicht di­rekt be­ein­träch­ti­gen, zu er­mit­teln; oder
b.
das Ge­schlecht des Em­bryos oder des Fö­tus zu ei­nem an­de­ren Zweck als der Dia­gno­se ei­ner Krank­heit fest­zu­stel­len.
Art. 12 Reihenuntersuchungen  

1Rei­hen­un­ter­su­chun­gen dür­fen nur durch­ge­führt wer­den, wenn die zu­stän­di­ge Bun­des­stel­le das An­wen­dungs­kon­zept be­wil­ligt hat.

2Die Be­wil­li­gung kann er­teilt wer­den, wenn:

a.
ei­ne Früh­be­hand­lung oder ei­ne Pro­phy­la­xe mög­lich ist;
b.
die Un­ter­su­chungs­me­tho­de nach­weis­lich zu­ver­läs­si­ge Er­geb­nis­se lie­fert; und
c.
die an­ge­mes­se­ne ge­ne­ti­sche Be­ra­tung si­cher­ge­stellt ist.

3Be­vor die zu­stän­di­ge Bun­des­stel­le die Be­wil­li­gung er­teilt, hört sie die Ex­per­ten­kom­mis­si­on für ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen beim Men­schen und, so­weit nö­tig, die na­tio­na­le Ethik­kom­mis­si­on im Be­reich der Hu­man­me­di­zin an.

4Der Bun­des­rat kann wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen vor­se­hen. Er be­zeich­net die zu­stän­di­ge Bun­des­stel­le und re­gelt das Ver­fah­ren für die Er­tei­lung der Be­wil­li­gung, die Auf­sicht und die Ge­büh­ren.

Art. 13 Veranlassen genetischer Untersuchungen  

1Ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen dür­fen nur von Ärz­tin­nen und Ärz­ten ver­an­lasst wer­den, die zur selbst­stän­di­gen Be­rufs­aus­übung oder zur Be­rufs­aus­übung un­ter Auf­sicht be­fugt sind.

2Prä­sym­pto­ma­ti­sche und prä­na­ta­le ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen so­wie Un­ter­su­chun­gen zur Fa­mi­li­en­pla­nung dür­fen nur von Ärz­tin­nen und Ärz­ten ver­an­lasst wer­den, die über ei­ne ent­spre­chen­de Wei­ter­bil­dung ver­fü­gen oder die im Rah­men ih­rer Wei­ter­bil­dung un­ter Auf­sicht von Ärz­tin­nen oder Ärz­ten ar­bei­ten, die ent­spre­chend wei­ter­ge­bil­det sind.

3Ärz­tin­nen und Ärz­te, die ei­ne ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chung nach Ab­satz 2 ver­an­las­sen, sor­gen für die ge­ne­ti­sche Be­ra­tung.

Art. 14 Genetische Beratung im Allgemeinen  

1Prä­sym­pto­ma­ti­sche und prä­na­ta­le ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen so­wie Un­ter­su­chun­gen zur Fa­mi­li­en­pla­nung müs­sen vor und nach ih­rer Durch­füh­rung von ei­ner nicht­di­rek­ti­ven, fach­kun­di­gen ge­ne­ti­schen Be­ra­tung be­glei­tet sein. Das Be­ra­tungs­ge­spräch ist zu do­ku­men­tie­ren.

2Die Be­ra­tung darf nur der in­di­vi­du­el­len und fa­mi­li­ären Si­tua­ti­on der be­trof­fe­nen Per­son und nicht all­ge­mei­nen ge­sell­schaft­li­chen In­ter­es­sen Rech­nung tra­gen. Sie muss die mög­li­chen psy­chi­schen und so­zia­len Aus­wir­kun­gen des Un­ter­su­chungs­er­geb­nis­ses auf die be­trof­fe­ne Per­son und ih­re Fa­mi­lie be­rück­sich­ti­gen.

3Die be­trof­fe­ne Per­son oder, falls sie ur­teil­s­un­fä­hig ist, ihr ge­setz­li­cher Ver­tre­ter muss na­ment­lich in­for­miert wer­den über:

a.
Zweck, Art und Aus­sa­ge­kraft der Un­ter­su­chung und die Mög­lich­keit von Fol­ge­mass­nah­men;
b.
all­fäl­li­ge Ri­si­ken, die mit der Un­ter­su­chung ver­bun­den sind, so­wie Häu­fig­keit und Art der zu dia­gno­s­ti­zie­ren­den Stö­rung;
c.
die Mög­lich­keit ei­nes un­er­war­te­ten Un­ter­su­chungs­er­geb­nis­ses;
d.
mög­li­che phy­si­sche und psy­chi­sche Be­las­tun­gen;
e.
Mög­lich­kei­ten der Über­nah­me der Un­ter­su­chungs­kos­ten und der Kos­ten für Fol­ge­mass­nah­men;
f.
Mög­lich­kei­ten der Un­ter­stüt­zung im Zu­sam­men­hang mit dem Un­ter­su­chungs­er­geb­nis;
g.
die Be­deu­tung der fest­ge­stell­ten Stö­rung so­wie die sich an­bie­ten­den pro­phy­lak­ti­schen oder the­ra­peu­ti­schen Mass­nah­men.

4Zwi­schen der Be­ra­tung und der Durch­füh­rung der Un­ter­su­chung muss ei­ne an­ge­mes­se­ne Be­denk­zeit lie­gen.

5Bei Rei­hen­un­ter­su­chun­gen ist die Be­ra­tung den Um­stän­den an­zu­pas­sen.

Art. 15 Genetische Beratung bei pränatalen genetischen Untersuchungen  

1Die schwan­ge­re Frau ist vor und nach ei­ner prä­na­ta­len ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chung aus­drück­lich über ihr Selbst­be­stim­mungs­recht zu in­for­mie­ren.

2Er­öff­net die vor­ge­schla­ge­ne Un­ter­su­chung mit ho­her Wahr­schein­lich­keit kei­ne the­ra­peu­ti­sche oder pro­phy­lak­ti­sche Mög­lich­keit, so ist die Frau im Vor­aus dar­auf hin­zu­wei­sen; sie muss zu­dem auf die In­for­ma­ti­ons- und Be­ra­tungs­stel­len für prä­na­ta­le Un­ter­su­chun­gen auf­merk­sam ge­macht wer­den.

3Wird ei­ne schwer­wie­gen­de un­heil­ba­re Stö­rung fest­ge­stellt, so ist die Frau auch über Al­ter­na­ti­ven zum Schwan­ger­schafts­ab­bruch zu in­for­mie­ren und auf Ver­ei­ni­gun­gen von El­tern be­hin­der­ter Kin­der so­wie Selbst­hil­fe­grup­pen auf­merk­sam zu ma­chen.

4Der Ehe­gat­te oder der Part­ner der Frau ist nach Mög­lich­keit in die ge­ne­ti­sche Be­ra­tung ein­zu­be­zie­hen.

Art. 16 Information bei pränatalen Risikoabklärungen  

Vor der Durch­füh­rung ei­ner La­bor­un­ter­su­chung, die Hin­wei­se auf das Ri­si­ko ei­ner ge­ne­ti­schen An­oma­lie des Em­bryos oder des Fö­tus gibt, oder ei­ner prä­na­ta­len Un­ter­su­chung mit bild­ge­ben­dem Ver­fah­ren muss die schwan­ge­re Frau in­for­miert wer­den über:

a.
den Zweck und die Aus­sa­ge­kraft der Un­ter­su­chung;
b.
die Mög­lich­keit ei­nes un­er­war­te­ten Un­ter­su­chungs­er­geb­nis­ses;
c.
mög­li­che Fol­ge­un­ter­su­chun­gen und -ein­grif­fe; und
d.
In­for­ma­ti­ons- und Be­ra­tungs­stel­len nach Ar­ti­kel 17.
Art. 17 Informations- und Beratungsstellen für pränatale Untersuchungen  

1Die Kan­to­ne sor­gen da­für, dass un­ab­hän­gi­ge In­for­ma­ti­ons- und Be­ra­tungs­stel­len für prä­na­ta­le Un­ter­su­chun­gen be­ste­hen, die über das er­for­der­li­che fach­kun­di­ge Per­so­nal ver­fü­gen.

2Sie kön­nen sol­che Stel­len ge­mein­sam er­rich­ten oder de­ren Auf­ga­ben den an­er­kann­ten Schwan­ger­schafts­be­ra­tungs­stel­len (BG vom 9. Okt. 19811 über die Schwan­ger­schafts­be­ra­tungs­stel­len) über­tra­gen.

3Die Stel­len in­for­mie­ren und be­ra­ten in all­ge­mei­ner Wei­se über prä­na­ta­le Un­ter­su­chun­gen und ver­mit­teln auf Wunsch Kon­tak­te zu Ver­ei­ni­gun­gen von El­tern be­hin­der­ter Kin­der oder zu Selbst­hil­fe­grup­pen.


1 SR 857.5

Art. 18 Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Person  

1Nach hin­rei­chen­der Auf­klä­rung ent­schei­det die be­trof­fe­ne Per­son frei:

a.
ob ei­ne ge­ne­ti­sche oder ei­ne prä­na­ta­le Un­ter­su­chung und ge­ge­be­nen­falls ei­ne Fol­ge­un­ter­su­chung durch­ge­führt wer­den soll;
b.
ob sie das Un­ter­su­chungs­er­geb­nis zur Kennt­nis neh­men will; und
c.
wel­che Fol­ge­run­gen sie aus dem Un­ter­su­chungs­er­geb­nis zie­hen will.

2Die Ärz­tin oder der Arzt muss die be­trof­fe­ne Per­son un­ver­züg­lich über das Un­ter­su­chungs­er­geb­nis in­for­mie­ren, wenn für sie oder für den Em­bryo oder den Fö­tus ei­ne un­mit­tel­bar dro­hen­de phy­si­sche Ge­fahr be­steht, die ab­ge­wen­det wer­den könn­te.

3Für prä­sym­pto­ma­ti­sche oder prä­na­ta­le ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen so­wie für Un­ter­su­chun­gen zur Fa­mi­li­en­pla­nung muss die Zu­stim­mung schrift­lich er­teilt wer­den, nicht je­doch für Rei­hen­un­ter­su­chun­gen.

4Ist die be­trof­fe­ne Per­son ur­teil­s­un­fä­hig, so ent­schei­det der ge­setz­li­che Ver­tre­ter.

Art. 19 Mitteilung genetischer Daten  

1Die Ärz­tin oder der Arzt darf das Er­geb­nis ei­ner ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chung nur der be­trof­fe­nen Per­son oder, falls die­se ur­teil­s­un­fä­hig ist, ih­rem ge­setz­li­chen Ver­tre­ter mit­tei­len.

2Mit aus­drück­li­cher Zu­stim­mung der be­trof­fe­nen Per­son darf die Ärz­tin oder der Arzt das Un­ter­su­chungs­er­geb­nis den Ver­wand­ten, der Ehe­gat­tin oder dem Ehe­gat­ten, der Part­ne­rin oder dem Part­ner mit­tei­len.

3Wird die Zu­stim­mung ver­wei­gert, so kann die Ärz­tin oder der Arzt bei der zu­stän­di­gen kan­to­na­len Be­hör­de nach Ar­ti­kel 321 Zif­fer 2 des Straf­ge­setz­buchs1 die Ent­bin­dung vom Be­rufs­ge­heim­nis be­an­tra­gen, so­fern dies zur Wah­rung über­wie­gen­der In­ter­es­sen der Ver­wand­ten, der Ehe­gat­tin oder des Ehe­gat­ten, der Part­ne­rin oder des Part­ners not­wen­dig ist. Die Be­hör­de kann die Ex­per­ten­kom­mis­si­on für ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen beim Men­schen um Stel­lung­nah­me er­su­chen.


1 SR 311.0

Art. 20 Weiterverwendung biologischen Materials  

1Ei­ne Pro­be darf nur zu den Zwe­cken wei­ter­ver­wen­det wer­den, de­nen die be­trof­fe­ne Per­son zu­ge­stimmt hat.

2und 31


1 Au­ge­ho­ben durch An­hang Ziff. 3 des Hu­man­for­schungs­ge­set­zes vom 30. Sept. 2011, mit Wir­kung seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 3215; BBl 2009 8045).

4. Abschnitt: Genetische Untersuchungen im Arbeitsbereich

Art. 21 Grundsatz  

Bei der Be­grün­dung oder wäh­rend der Dau­er des Ar­beits­ver­hält­nis­ses dür­fen der Ar­beit­ge­ber und sei­ne Ver­trau­en­särz­tin oder sein Ver­trau­ens­arzt:

a.
kei­ne prä­sym­pto­ma­ti­schen ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chun­gen ver­lan­gen;
b.
we­der die Of­fen­le­gung von Er­geb­nis­sen aus frü­he­ren prä­sym­pto­ma­ti­schen ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chun­gen ver­lan­gen noch sol­che Er­geb­nis­se ver­wer­ten;
c.
kei­ne ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chun­gen ver­lan­gen, mit de­nen per­sön­li­che Ei­gen­schaf­ten ei­ner Ar­beit­neh­me­rin oder ei­nes Ar­beit­neh­mers er­kannt wer­den sol­len, die nicht die Ge­sund­heit be­tref­fen.
Art. 22 Ausnahmen für präsymptomatische genetische Untersuchungen zur Verhütung von Berufskrankheiten und Unfällen  

Bei der Be­grün­dung oder wäh­rend der Dau­er des Ar­beits­ver­hält­nis­ses dür­fen so­wohl die Ar­beits­me­di­zi­ne­rin oder der Ar­beits­me­di­zi­ner als auch die be­auf­trag­te Ärz­tin oder der be­auf­trag­te Arzt ei­ne prä­sym­pto­ma­ti­sche ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chung ver­an­las­sen, wenn die fol­gen­den Vor­aus­set­zun­gen er­füllt sind:

a.
Der Ar­beits­platz ist durch Ver­fü­gung der SU­VA der ar­beits­me­di­zi­ni­schen Vor­sor­ge un­ter­stellt, oder auf Grund an­de­rer bun­des­recht­li­cher Vor­schrif­ten muss für die be­tref­fen­de Tä­tig­keit ei­ne me­di­zi­ni­sche Eig­nungs­un­ter­su­chung durch­ge­führt wer­den, weil die Ge­fahr ei­ner Be­rufs­krank­heit oder ei­ner schwer­wie­gen­den Um­welt­schä­di­gung oder schwer­wie­gen­de Un­fall- oder Ge­sund­heits­ge­fah­ren für Dritt­per­so­nen be­ste­hen.
b.
Mass­nah­men am Ar­beits­platz im Sin­ne von Ar­ti­kel 82 des Bun­des­ge­set­zes vom 20. März 19811 über die Un­fall­ver­si­che­rung oder an­de­ren ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen rei­chen nicht aus, um die­se Ge­fah­ren aus­zu­sch­lies­sen.
c.
Nach dem Stand der Wis­sen­schaft hän­gen die Be­rufs­krank­heit, die Ge­fahr der Um­welt­schä­di­gung oder die Un­fall- oder Ge­sund­heits­ge­fah­ren für Dritt­per­so­nen mit ei­ner be­stimm­ten ge­ne­ti­schen Ver­an­la­gung der Per­son, die den Ar­beits­platz in­ne­hat, zu­sam­men.
d.
Die Ex­per­ten­kom­mis­si­on für ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen beim Men­schen hat die­sen Zu­sam­men­hang be­stä­tigt und die Un­ter­su­chungs­art als zu­ver­läs­sig be­zeich­net, um die ent­spre­chen­de ge­ne­ti­sche Ver­an­la­gung zu er­ken­nen.
e.
Die be­trof­fe­ne Per­son hat der Un­ter­su­chung schrift­lich zu­ge­stimmt.

Art. 23 Durchführung der Untersuchung  

1Die Un­ter­su­chung muss sich auf die be­stimm­te ge­ne­ti­sche Ver­an­la­gung be­schrän­ken, die am Ar­beits­platz re­le­vant ist. Nach wei­te­ren ge­ne­ti­schen Da­ten darf nicht ge­forscht wer­den.

2Vor und nach der Un­ter­su­chung muss die ge­ne­ti­sche Be­ra­tung nach Ar­ti­kel 14 durch­ge­führt wer­den.

3Nach Ab­schluss der Un­ter­su­chung ist die Pro­be zu ver­nich­ten.

Art. 24 Mitteilung des Untersuchungsergebnisses und Übernahme der Kosten  

1Die Ärz­tin oder der Arzt teilt das Er­geb­nis der Un­ter­su­chung der be­trof­fe­nen Per­son mit. Dem Ar­beit­ge­ber wird le­dig­lich mit­ge­teilt, ob die be­trof­fe­ne Per­son für die vor­ge­se­he­ne Tä­tig­keit in Fra­ge kommt.

2Wird die ar­beits­me­di­zi­ni­sche Vor­sor­ge ge­stützt auf ei­ne Ver­fü­gung der SU­VA durch­ge­führt, so trägt die­se die Kos­ten, in den üb­ri­gen Fäl­len der Ar­beit­ge­ber.

Art. 25 Einschreiten von Amtes wegen  

Stel­len die Durch­füh­rungs­or­ga­ne des Ar­beits­ge­set­zes vom 13. März 19641 oder des Bun­des­ge­set­zes vom 20. März 19812 über die Un­fall­ver­si­che­rung Ver­stös­se ge­gen die Ar­ti­kel 21-24 fest, so müs­sen sie von Am­tes we­gen ein­schrei­ten.


5. Abschnitt: Genetische Untersuchungen im Versicherungsbereich

Art. 26 Untersuchungsverbot  

Ver­si­che­rungs­ein­rich­tun­gen dür­fen als Vor­aus­set­zung für die Be­grün­dung ei­nes Ver­si­che­rungs­ver­hält­nis­ses we­der prä­sym­pto­ma­ti­sche noch prä­na­ta­le ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen ver­lan­gen.

Art. 27 Nachforschungsverbot  

1Ver­si­che­rungs­ein­rich­tun­gen dür­fen von der an­trag­stel­len­den Per­son bei fol­gen­den Ver­si­che­run­gen we­der die Of­fen­le­gung von Er­geb­nis­sen aus frü­he­ren prä­sym­pto­ma­ti­schen oder prä­na­ta­len ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chun­gen oder Un­ter­su­chun­gen zur Fa­mi­li­en­pla­nung ver­lan­gen noch sol­che Er­geb­nis­se ver­wer­ten:

a.
Ver­si­che­run­gen, auf die das Bun­des­ge­setz vom 6. Ok­to­ber 20001 über den All­ge­mei­nen Teil des So­zi­al­ver­si­che­rungs­rechts ganz oder teil­wei­se an­wend­bar ist;
b.
be­ruf­li­che Vor­sor­ge im ob­li­ga­to­ri­schen und im über­ob­li­ga­to­ri­schen Be­reich;
c.
Ver­si­che­run­gen be­tref­fend die Lohn­fort­zah­lungs­pflicht im Krank­heits­fall oder bei Mut­ter­schaft;
d.
Le­bens­ver­si­che­run­gen mit ei­ner Ver­si­che­rungs­s­um­me von höchs­tens 400 000 Fran­ken;
e.
frei­wil­li­ge In­va­li­di­täts­ver­si­che­run­gen mit ei­ner Jah­res­ren­te von höchs­tens 40 000 Fran­ken.

2Schliesst ei­ne Per­son meh­re­re Le­bens- oder In­va­li­di­täts­ver­si­che­run­gen ab, so darf der Höchst­be­trag nach Ab­satz 1 Buch­sta­be d oder e nur ein­mal aus­ge­schöpft wer­den. Die an­trag­stel­len­de Per­son muss der Ver­si­che­rungs­ein­rich­tung die ent­spre­chen­den Aus­künf­te er­tei­len.


1 SR 830.1

Art. 28 Zulässige Nachforschung nach Ergebnissen früherer präsymptomatischer genetischer Untersuchungen  

1Vor dem Ab­schluss ei­ner Pri­vat­ver­si­che­rung, die nicht un­ter Ar­ti­kel 27 fällt, dür­fen Ver­si­che­rungs­ein­rich­tun­gen von der an­trag­stel­len­den Per­son die Of­fen­le­gung von Er­geb­nis­sen aus frü­he­ren prä­sym­pto­ma­ti­schen ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chun­gen ge­gen­über der be­auf­trag­ten Ärz­tin oder dem be­auf­trag­ten Arzt nur ver­lan­gen, wenn:

a.
die be­tref­fen­de Un­ter­su­chung tech­nisch und in der me­di­zi­ni­schen Pra­xis zu­ver­läs­si­ge Er­geb­nis­se lie­fert; und
b.
der wis­sen­schaft­li­che Wert der Un­ter­su­chung für die Prä­mi­en­be­rech­nung nach­ge­wie­sen ist.

2Die be­auf­trag­te Ärz­tin oder der be­auf­trag­te Arzt teilt der Ver­si­che­rungs­ein­rich­tung le­dig­lich mit, in wel­che Ri­si­ko­grup­pe die an­trag­stel­len­de Per­son ein­zu­tei­len ist.

3Die be­auf­trag­te Ärz­tin oder der be­auf­trag­te Arzt darf die Un­ter­su­chungs­er­geb­nis­se nur auf­be­wah­ren, wenn die­se für den Ver­trags­ab­schluss re­le­vant sind.

4Die Un­ter­su­chungs­er­geb­nis­se dür­fen aus­sch­liess­lich für den Zweck ver­wen­det wer­den, für den sie bei der an­trag­stel­len­den Per­son er­ho­ben wor­den sind.

6. Abschnitt: Genetische Untersuchungen im Haftpflichtbereich

Art. 29 Verbot präsymptomatischer genetischer Untersuchungen  

1Es ist ver­bo­ten, prä­sym­pto­ma­ti­sche ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen zum Zweck der Scha­dens­be­rech­nung oder der Scha­den­er­satz­be­mes­sung durch­zu­füh­ren, aus­ser es geht um die Ab­klä­rung ei­ner wäh­rend der Em­bryo­nal­pha­se er­wor­be­nen ge­ne­ti­schen Schä­di­gung, für die Scha­den­er­satz oder Ge­nug­tu­ung ver­langt wird.

2Zum Zweck der Scha­dens­be­rech­nung oder der Scha­den­er­satz­be­mes­sung darf we­der die Of­fen­le­gung von Er­geb­nis­sen aus frü­he­ren prä­sym­pto­ma­ti­schen oder prä­na­ta­len ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chun­gen oder Un­ter­su­chun­gen zur Fa­mi­li­en­pla­nung ver­langt noch dür­fen sol­che Er­geb­nis­se ver­wer­tet wer­den.

Art. 30 Feststellung von Krankheiten  

Zum Zweck der Scha­dens­be­rech­nung oder der Scha­den­er­satz­be­mes­sung dür­fen ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen zur Fest­stel­lung, ob ei­ne Krank­heit vor­liegt oder nicht, nur mit schrift­li­cher Zu­stim­mung der be­trof­fe­nen Per­son oder auf An­ord­nung des Ge­richts durch­ge­führt wer­den.

7. Abschnitt: DNA-Profile zur Klärung der Abstammung oder zur Identifizierung

Art. 31 Grundsatz  

1Bei der Er­stel­lung von DNA-Pro­fi­len zur Klä­rung der Ab­stam­mung oder zur Iden­ti­fi­zie­rung darf nach dem Ge­sund­heits­zu­stand oder an­de­ren per­sön­li­chen Ei­gen­schaf­ten der be­trof­fe­nen Per­so­nen mit Aus­nah­me des Ge­schlechts nicht ge­forscht wer­den.

2Das La­bo­ra­to­ri­um, wel­ches das DNA-Pro­fil er­stellt, oder auf sei­ne An­ord­nung ei­ne Ärz­tin oder ein Arzt muss den be­trof­fe­nen Per­so­nen die Pro­ben ent­neh­men. Die­se Per­so­nen müs­sen sich über ih­re Iden­ti­tät aus­wei­sen.

3Die Pro­ben dür­fen nicht für an­de­re Zwe­cke wei­ter­ver­wen­det wer­den.

Art. 32 Zivilverfahren  

1In ei­nem Zi­vil­ver­fah­ren darf bei Par­tei­en und Dritt­per­so­nen ein DNA-Pro­fil nur auf An­ord­nung des Ge­richts oder mit schrift­li­cher Zu­stim­mung der be­trof­fe­nen Per­son er­stellt wer­den.

2Das La­bo­ra­to­ri­um muss die Pro­ben, die im Rah­men des Ver­fah­rens ent­nom­men wor­den sind, auf­be­wah­ren. Das Ge­richt, das die Un­ter­su­chung an­ge­ord­net hat, sorgt da­für, dass die Pro­ben un­mit­tel­bar nach Rechts­kraft des End­ur­teils ver­nich­tet wer­den, so­fern ei­ne be­trof­fe­ne Per­son nicht schrift­lich die wei­te­re Auf­be­wah­rung ih­rer Pro­be ver­langt.

Art. 33 Verwaltungsverfahren  

1Be­ste­hen in ei­nem Ver­wal­tungs­ver­fah­ren be­grün­de­te Zwei­fel über die Ab­stam­mung oder die Iden­ti­tät ei­ner Per­son, die sich auf an­de­re Wei­se nicht aus­räu­men las­sen, so kann die zu­stän­di­ge Be­hör­de die Er­tei­lung von Be­wil­li­gun­gen oder die Ge­wäh­rung von Leis­tun­gen von der Er­stel­lung von DNA-Pro­fi­len ab­hän­gig ma­chen.

2Die DNA-Pro­fi­le dür­fen nur er­stellt wer­den, so­fern die be­trof­fe­nen Per­so­nen schrift­lich zu­stim­men.

3Das La­bo­ra­to­ri­um muss die Pro­ben auf­be­wah­ren. Die Be­hör­de sorgt da­für, dass die Pro­ben, un­mit­tel­bar nach­dem die Ver­fü­gung in Rechts­kraft er­wach­sen ist, ver­nich­tet wer­den.

Art. 34 Klärung der Abstammung ausserhalb eines behördlichen Verfahrens  

1Aus­ser­halb ei­nes be­hörd­li­chen Ver­fah­rens dür­fen DNA-Pro­fi­le zur Klä­rung der Ab­stam­mung er­stellt wer­den, so­fern die be­trof­fe­nen Per­so­nen schrift­lich zu­stim­men; ein ur­teil­s­un­fä­hi­ges Kind, des­sen Ab­stam­mung von ei­ner be­stimm­ten Per­son ge­klärt wer­den soll, kann von die­ser nicht ver­tre­ten wer­den.

2Das La­bo­ra­to­ri­um, das die DNA-Pro­fi­le er­stellt, muss die be­trof­fe­nen Per­so­nen vor der Un­ter­su­chung schrift­lich über die Be­stim­mun­gen des Zi­vil­ge­setz­bu­ches1 be­tref­fend die Ent­ste­hung des Kin­des­ver­hält­nis­ses in­for­mie­ren und auf die mög­li­chen psy­chi­schen und so­zia­len Aus­wir­kun­gen der Un­ter­su­chung auf­merk­sam ma­chen.

3Über Auf­be­wah­rung oder Ver­nich­tung ih­rer Pro­be ent­schei­det die be­trof­fe­ne Per­son oder, falls die­se ur­teil­s­un­fä­hig ist, ihr ge­setz­li­cher Ver­tre­ter.

4Prä­na­ta­le Va­ter­schafts­ab­klä­run­gen dür­fen von ei­ner Ärz­tin oder ei­nem Arzt nur ver­an­lasst wer­den, nach­dem ein ein­ge­hen­des Be­ra­tungs­ge­spräch mit der schwan­ge­ren Frau statt­ge­fun­den hat, in dem ins­be­son­de­re de­ren Grün­de für die Ab­klä­rung, die Ri­si­ken, die mit der Ent­nah­me der Pro­be ver­bun­den sind, die psy­chi­schen, so­zia­len und recht­li­chen Fra­gen im Zu­sam­men­hang mit der Schwan­ger­schaft, all­fäl­li­ge Fol­ge­mass­nah­men nach der Ab­klä­rung und die Mög­lich­kei­ten der Un­ter­stüt­zung be­spro­chen wor­den sind. Das Be­ra­tungs­ge­spräch ist zu do­ku­men­tie­ren.


1 SR 210

8. Abschnitt: Expertenkommission für genetische Untersuchungen beim Menschen

Art. 35  

1Der Bun­des­rat be­stellt ei­ne Ex­per­ten­kom­mis­si­on für ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen beim Men­schen.

2Die Ex­per­ten­kom­mis­si­on hat ins­be­son­de­re die Auf­ga­be:

a.
Mass­stä­be für die Qua­li­täts­kon­trol­le ge­ne­ti­scher Un­ter­su­chun­gen im Hin­blick auf die Be­wil­li­gungs­er­tei­lung zu er­ar­bei­ten (Art. 8 Abs. 2) und zu­han­den des Bun­des­ra­tes Emp­feh­lun­gen ab­zu­ge­ben, ob be­stimm­te ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen von der Be­wil­li­gungs­pflicht aus­zu­neh­men oder die­ser zu un­ter­stel­len sind (Art. 8 Abs. 3);
b.
auf An­fra­ge der zu­stän­di­gen Bun­des­stel­le zu Be­wil­li­gungs­ge­su­chen Stel­lung zu neh­men und bei In­spek­tio­nen mit­zu­wir­ken (Art. 8 Abs. 1 und 2);
c.
Emp­feh­lun­gen ab­zu­ge­ben, ob be­stimm­te ge­ne­ti­sche In-vi­tro-Dia­gno­s­ti­ka vom Ver­bot nach Ar­ti­kel 9 Ab­satz 1 aus­zu­neh­men sind;
d.
An­wen­dungs­kon­zep­te für Rei­hen­un­ter­su­chun­gen zu be­gut­ach­ten (Art. 12);
e.
so­weit er­for­der­lich Emp­feh­lun­gen zur Wei­ter­bil­dung nach Ar­ti­kel 13 Ab­satz 2 ab­zu­ge­ben;
f.
Emp­feh­lun­gen für die ge­ne­ti­sche Be­ra­tung (Art. 14 und 15) und die In­for­ma­ti­on bei prä­na­ta­len Ri­si­ko­ab­klä­run­gen (Art. 16) ab­zu­ge­ben;
g.
die zu­stän­di­ge kan­to­na­le Be­hör­de bei Ge­su­chen um Ent­bin­dung vom Be­rufs­ge­heim­nis (Art. 19 Abs. 3) auf An­fra­ge zu be­ra­ten;
h.
Be­stä­ti­gun­gen nach Ar­ti­kel 22 Buch­sta­be d ab­zu­ge­ben;
i.
Emp­feh­lun­gen für die Er­stel­lung von DNA-Pro­fi­len ab­zu­ge­ben;
j.
die wis­sen­schaft­li­che und prak­ti­sche Ent­wick­lung der ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chun­gen zu ver­fol­gen, Emp­feh­lun­gen da­zu ab­zu­ge­ben und Lücken in der Ge­setz­ge­bung auf­zu­zei­gen.

3Sie ist bei der Er­fül­lung ih­rer Auf­ga­ben un­ab­hän­gig.

9. Abschnitt: Strafbestimmungen

Art. 36 Genetische Untersuchungen ohne Zustimmung  

Wer vor­sätz­lich oh­ne die nach die­sem Ge­setz er­for­der­li­che Zu­stim­mung der be­trof­fe­nen Per­son ei­ne ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chung ver­an­lasst oder durch­führt, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.1


1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 333 des Straf­ge­setz­bu­ches (SR 311.0) in der Fas­sung des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

Art. 37 Genetische Untersuchungen ohne Bewilligung  

Wer vor­sätz­lich ei­ne ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chung bei ei­ner Dritt­per­son durch­führt, oh­ne über die nach Ar­ti­kel 8 er­for­der­li­che Be­wil­li­gung zu ver­fü­gen, wird mit Bus­se be­straft.1


1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 333 des Straf­ge­setz­bu­ches (SR 311.0) in der Fas­sung des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

Art. 38 Abgabe von genetischen In-vitro-Diagnostika  

1Wer vor­sätz­lich ent­ge­gen Ar­ti­kel 9 Ab­satz 1 ge­ne­ti­sche In-vi­tro-Dia­gno­s­ti­ka an Per­so­nen für ei­ne Ver­wen­dung ab­gibt, die nicht der be­ruf­li­chen oder ge­werb­li­chen Tä­tig­keit die­ser Per­so­nen zu­ge­rech­net wer­den kann, wird mit Bus­se be­straft.1

2Wird die Tat ge­werbs­mäs­sig be­gan­gen, so ist die Stra­fe Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe.2


1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 333 des Straf­ge­setz­bu­ches (SR 311.0) in der Fas­sung des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).
2 Fas­sung ge­mä­ss Art. 333 des Straf­ge­setz­bu­ches (SR 311.0) in der Fas­sung des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

Art. 39 Missbräuche im Arbeitsbereich  

Mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe wird be­straft, wer im Ar­beits­be­reich ent­ge­gen Ar­ti­kel 21 vor­sätz­lich:1

a.
ei­ne prä­sym­pto­ma­ti­sche ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chung oder ei­ne ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chung zur Ab­klä­rung per­sön­li­cher Ei­gen­schaf­ten, die nicht die Ge­sund­heit be­tref­fen, ver­langt; oder
b.
die Of­fen­le­gung von Er­geb­nis­sen aus frü­he­ren prä­sym­pto­ma­ti­schen ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chun­gen ver­langt oder im Rah­men ei­ner ver­trau­en­s­ärzt­li­chen Un­ter­su­chung da­nach fragt oder sol­che Er­geb­nis­se ver­wer­tet.

1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 333 des Straf­ge­setz­bu­ches (SR 311.0) in der Fas­sung des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

Art. 40 Missbräuche im Versicherungsbereich  

Mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu drei Jah­ren oder Geld­stra­fe wird be­straft, wer im Ver­si­che­rungs­be­reich vor­sätz­lich:1

a.
ent­ge­gen Ar­ti­kel 26 prä­sym­pto­ma­ti­sche oder prä­na­ta­le ge­ne­ti­sche Un­ter­su­chun­gen ver­langt; oder
b.
ent­ge­gen Ar­ti­kel 27 die Of­fen­le­gung von Er­geb­nis­sen aus frü­he­ren prä­sym­pto­ma­ti­schen oder prä­na­ta­len ge­ne­ti­schen Un­ter­su­chun­gen oder Un­ter­su­chun­gen zur Fa­mi­li­en­pla­nung ver­langt oder im Rah­men ei­ner ärzt­li­chen Ri­si­ko­ab­klä­rung da­nach fragt oder sol­che Er­geb­nis­se ver­wer­tet.

1 Fas­sung ge­mä­ss Art. 333 des Straf­ge­setz­bu­ches (SR 311.0) in der Fas­sung des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979).

Art. 41 Zuständige Behörde und Verwaltungsstrafrecht  

1Die Ver­fol­gung und die Be­ur­tei­lung von Straf­ta­ten nach die­sem Ge­setz ob­lie­gen den Kan­to­nen.

2Die Ar­ti­kel 6 und 7 (Wi­der­hand­lun­gen in Ge­schäfts­be­trie­ben) so­wie 15 (Ur­kun­den­fäl­schung, Er­schlei­chen ei­ner falschen Be­ur­kun­dung) des Bun­des­ge­set­zes vom 22. März 19741 über das Ver­wal­tungs­straf­recht sind an­wend­bar.


1 SR 313.0

10. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 42 Bewilligung zur Durchführung genetischer Untersuchungen  

1Wer ei­ne Be­wil­li­gung nach Ar­ti­kel 8 be­nö­tigt, muss das Ge­such in­ner­halb von drei Mo­na­ten nach In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes bei der zu­stän­di­gen Bun­des­stel­le ein­rei­chen.

2Wer das Ge­such nicht frist­ge­recht stellt, muss die Tä­tig­keit ein­stel­len.

Art. 43 Reihenuntersuchungen  

An­wen­dungs­kon­zep­te für Rei­hen­un­ter­su­chun­gen, die beim In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes be­reits durch­ge­führt wer­den, be­dür­fen kei­ner Be­wil­li­gung.

Art. 44 Referendum und Inkrafttreten  

1Die­ses Ge­setz un­ter­steht dem fa­kul­ta­ti­ven Re­fe­ren­dum.

2Der Bun­des­rat be­stimmt das In­kraft­tre­ten.

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