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Art. 10 Aufnahmekriterien
1 Zur Aufnahme in eine diacetylmorphingestützte Behandlung muss die Patientin oder der Patient: - a.
- mindestens 18 Jahre alt sein;
- b.
- seit mindestens zwei Jahren schwer heroinabhängig sein;
- c.
- mindestens zwei Behandlungsversuche mit einer anderen anerkannten ambulanten oder stationären Therapie abgebrochen oder erfolglos absolviert haben; und
- d.
- Defizite im psychischen, körperlichen oder sozialen Bereich aufweisen.
2 In begründeten Ausnahmefällen, bei denen eine Behandlung mit anderen Therapien nicht erfolgversprechend oder möglich ist, wie bei schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen, kann eine Aufnahme in eine diacetylmorphingestützte Behandlung bewilligt werden, ohne dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.
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Art. 11 Indikation
Die verantwortliche Ärztin oder der verantwortliche Arzt stellt die Indikation. Sie oder er muss vorher den Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten umfassend untersuchen. Dabei berücksichtigt sie oder er die sozialen Umstände.
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Art. 12 Behandlungsplan
1 Die Personen, die die Patientin oder den Patienten behandeln (Behandlungsteam), erarbeiten interdisziplinär einen Behandlungsplan. Darin legen sie die individuellen Ziele der Patientin oder des Patienten in den verschiedenen Betreuungsbereichen fest. 2 Sie überprüfen während der Therapie regelmässig den Behandlungsplan unter Einbezug der Patientin oder des Patienten. Namentlich prüfen sie, ob die Patientin oder der Patient nicht in eine andere geeignete Therapieform überführt werden kann.
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Art. 13 Verabreichung, Mitgabe und Einnahme von Diacetylmorphin
1 Das Diacetylmorphin muss im Rahmen der Therapie grundsätzlich innerhalb einer Institution nach Artikel 16 unter Sichtkontrolle eines Mitglieds des Behandlungsteams verabreicht und eingenommen werden. 2 Die zuständige Ärztin oder der zuständige Arzt oder eine von ihr oder ihm beauftragte Person kann das Diacetylmorphin auch zu Hause unter Sichtkontrolle verabreichen.5 3 Einer Patientin oder einem Patienten, die oder der aufgrund der Covid-19-Epidemie als besonders gefährdet gilt, können bis zu vier Tagesdosen in der Institution mitgegeben oder von der zuständigen Ärztin oder dem zuständigen Arzt oder einer von ihr oder ihm beauftragten Person bei der Patientin oder dem Patienten zu Hause abgegeben werden, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind: - a.
- Die Patientin oder der Patient war für mindestens 6 Monate ununterbrochen in einer diacetylmorphingestützten Behandlung.
- b.
- Die Patientin oder der Patient ist gesundheitlich und sozial genügend stabilisiert.
- c.
- Die beiden letzten Urinproben wiesen ausser dem Diacetylmorphin keine Betäubungsmittel auf.
- d.
- Die Missbrauchsgefahr wird als sehr gering eingeschätzt.6
4 Bei Patientinnen und Patienten mit erhöhten Risikofaktoren wie Komorbidität kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt die Mitgabe oder Abgabe von Tagesdosen nach Absatz 3 auf bis zu sieben Tagesdosen erhöhen und die Frist nach Absatz 3 Buchstabe a herabsetzen.7 5 Bei einer Mit- oder Abgabe nach den Absätzen 3 und 4 nimmt die zuständige Ärztin oder der zuständige Arzt oder eine von ihr oder ihm beauftragte Person mindestens zweimal pro Woche mit der Patientin oder dem Patienten Kontakt auf, um zu überprüfen, ob diese oder dieser die Tagesdosen verschreibungskonform einnimmt. Im Zweifelsfall verzichtet sie oder er auf die Möglichkeiten nach den Absätzen 2–4.8 6 Die Institutionen für diacetylmorphingestützte Behandlungen erstatten dem BAG vierteljährlich Bericht über die Mit- und Abgabe nach den Absätzen 3 und 4, erstmals per 15. Januar 2021.9 5 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Sept. 2020, in Kraft vom 28. Sept. 2020 bis zum 31. Dez. 2021 (AS 2020 3829). 6 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Sept. 2020, in Kraft vom 28. Sept. 2020 bis zum 31. Dez. 2021 (AS 2020 3829). 7 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Sept. 2020, in Kraft vom 28. Sept. 2020 bis zum 31. Dez. 2021 (AS 2020 3829). 8 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Sept. 2020, in Kraft vom 28. Sept. 2020 bis zum 31. Dez. 2021 (AS 2020 3829). 9 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Sept. 2020, in Kraft vom 28. Sept. 2020 bis zum 31. Dez. 2021 (AS 2020 3829).
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Art. 14 Institution für diacetylmorphingestützte Behandlung
1 Zur diacetylmorphingestützten Behandlung berechtigt sind Institutionen, die: - a.
- eine interdisziplinäre Behandlung und Betreuung gewährleisten;
- b.
- fachliche Kompetenz von Medizinal- und anderen Fachpersonen vereinen;
- c.
- über ausreichendes Behandlungs- und Betreuungspersonal verfügen;
- d.
- Räumlichkeiten mit geeigneter Infrastruktur haben; und
- e.
- die Sicherheit und die Qualität beim Umgang mit Diacetylmorphin gewährleisten können.
2 Träger der Institutionen für diacetylmorphingestützte Behandlungen können Kantone, Gemeinden oder private Organisationen sein.
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Art. 15 Behandlungspersonal
1 Das Behandlungspersonal einer Institution, die diacetylmorphingestützte Behandlungen durchführt, muss mindestens bestehen aus: - a.
- einer Ärztin oder einem Arzt, die oder der verschreibungsberechtigt und für die medizinische Leitung verantwortlich ist;
- b.
- einer für die psychosoziale Betreuung verantwortlichen Fachperson; und
- c.
- Personen, die für die Pflege und die Abgabe der verschiedenen Präparate und Arzneimittel zuständig sind.
2 Das Behandlungspersonal muss fachlich qualifiziert sein und sich regelmässig weiterbilden. 3 Eine Fachperson kann zwei Betreuungsbereiche übernehmen, sofern sie dazu ausgebildet ist und ihre Betreuungskapazität dies zulässt. 4 Wenn die koordinierte interdisziplinäre Betreuung es erlaubt, können in begründeten Ausnahmefällen einzelne Behandlungs- und Betreuungsbereiche an externe qualifizierte Personen oder Institutionen delegiert werden. Nicht delegiert werden kann die Verschreibung von Diacetylmorphin.
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Art. 16 Institutionsbewilligung
1 Jede Institution, die diacetylmorphingestützte Behandlungen durchführen will, bedarf einer Bewilligung des BAG. 2 Die Bewilligung wird vom BAG erteilt, wenn: - a.
- die kantonale Bewilligung nach Artikel 3e Absatz 1 BetmG erteilt wurde;
- b.
- die Voraussetzungen zur diacetylmorphingestützten Behandlung sowie die Anforderungen an das Behandlungspersonal und die Institution im Sinne der Verordnung erfüllt sind.
3 Ausnahmsweise kann einer nicht spezialisierten Institution eine Bewilligung erteilt werden, wenn nur auf diese Weise die diacetylmorphingestützte Behandlung einer Patientin oder eines Patienten weitergeführt werden kann. Die Bewilligung wird auf die Aufenthaltsdauer der Patientin oder des Patienten befristet. 4 Die Bewilligung ist höchstens fünf Jahre gültig. Sie kann auf Gesuch hin erneuert werden.
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Art. 17 Entzug der Institutionsbewilligung
1 Das BAG entzieht der Institution die Bewilligung, wenn die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. 2 Gestützt auf die Artikel 6 und 14a Absatz 2 BetmG kann es sie jederzeit entziehen.
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Art. 18 Arztbewilligung
1 Das BAG erteilt Ärztinnen und Ärzten, die zur Verschreibung von Betäubungsmitteln berechtigt sind, eine Bewilligung zum Bezug, zur Verwendung und zur Abgabe von Diacetylmorphin im Rahmen einer diacetylmorphingestützten Behandlung (Arztbewilligung), wenn sie über Erfahrung in der Behandlung von schwer heroinabhängigen Personen verfügen. 2 Die Bewilligung ist höchstens fünf Jahre gültig. Sie kann auf Gesuch hin erneuert werden.
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Art. 19 Erlöschen der Arztbewilligung
Die Arztbewilligung erlischt, sobald die Bewilligungsinhaberin ihre oder der Bewilligungsinhaber seine Tätigkeit im Rahmen der diacetylmorphingestützten Behandlung aufgibt.
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Art. 20 Entzug der Arztbewilligung
Das BAG entzieht die Arztbewilligung, wenn die Ärztin oder der Arzt: - a.
- die Voraussetzungen für deren Erteilung nicht mehr erfüllt;
- b.
- vorsätzlich oder wiederholt fahrlässig gegen das BetmG oder die dazu gehörenden Verordnungen verstossen hat;
- c.
- es verlangt.
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Art. 21 Patientenbewilligung
1 Das BAG erteilt einer Patientin oder einem Patienten eine Bewilligung zur diacetylmorphingestützten Behandlung (Patientenbewilligung), wenn: - a.
- die Aufnahmekriterien gemäss Artikel 10 erfüllt sind;
- b.
- die medizinische Leitung das Gesuch zur Aufnahme in die diacetylmorphingestützte Behandlung und zur Erteilung einer Patientenbewilligung nach Absatz 2 beantragt;
- c.
- die nach Artikel 3e Absatz 1 BetmG zuständige kantonale Behörde keine Einwände vorbringt; und
- d.
- die diacetylmorphingestützte Behandlung in einer Institution mit einer Bewilligung nach Artikel 16 durchgeführt wird.
2 Gesuche um Erteilung einer Patientenbewilligung für die diacetylmorphingestützte Behandlung müssen die Angaben nach Artikel 9 enthalten. 3 Die Bewilligung gilt höchstens zwei Jahre. Sie kann auf Gesuch hin erneuert werden, sofern die Bewilligungsvoraussetzungen weiterhin erfüllt sind.
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Art. 22 Erlöschen der Patientenbewilligung
Die Patientenbewilligung erlischt: - a.
- auf Verlangen der Patientin oder des Patienten;
- b.
- bei Abmeldung der Patientin oder des Patienten gemäss Indikation durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt.
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Art. 23 Entzug der Patientenbewilligung
Das BAG kann der Patientin oder dem Patienten die Bewilligung für die diacetylmorphingestützte Behandlung entziehen, wenn sie oder er: - a.
- nicht ärztlich verschriebene Betäubungsmittel in der Institution konsumiert;
- b.
- die im Rahmen der Therapie abgegebenen Präparate weitergibt oder verkauft;
- c.
- Mitglieder des Behandlungspersonals oder andere Personen innerhalb der Institution bedroht oder gegen diese Gewalt ausübt;
- d.
- sich grundsätzlich und fortgesetzt weigert, die Begleitbehandlungen durchführen zu lassen oder durchzuführen, sowie sich allgemein der Betreuung verweigert;
- e.
- den übrigen gesetzlichen oder institutionsinternen Bestimmungen zuwiderhandelt.
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Art. 24 Information
Das BAG veröffentlich jährlich einen Bericht über die Durchführung und den Verlauf sowie die Entwicklung der diacetylmorphingestützten Behandlung.
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Art. 25 Kontrolle
1 Das BAG übt die Aufsicht über die Institutionen aus. Es führt in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen kantonalen Behörden regelmässig Kontrollen durch. 2 Im Rahmen der Kontrollen der diacetylmorphingestützten Behandlung kann das BAG Einsicht in die Krankengeschichte und in die Behandlungspläne der betroffenen Patientinnen und Patienten nehmen.
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