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Verordnung des EDI
über gentechnisch veränderte Lebensmittel
(VGVL)

vom 27. Mai 2020 (Stand am 1. September 2021)

Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI),

gestützt auf die Artikel 31 Absätze 6 und 7, 32 Absatz 2, 33 Absatz 4, 34 Absatz 2, und 37 Absätze 2 und 3 der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung vom 16. Dezember 20161 (LGV),

verordnet:

1

Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich

Die­se Ver­ord­nung re­gelt:

a.
das Be­wil­li­gungs­ver­fah­ren für Le­bens­mit­tel, die gen­tech­nisch ver­än­der­te Or­ga­nis­men (GVO) sind, sol­che ent­hal­ten oder dar­aus ge­won­nen wur­den (GVO-Er­zeug­nis­se);
b.
die Vor­aus­set­zun­gen, un­ter de­nen nicht be­wil­lig­te pflanz­li­che GVO-Er­zeug­nis­se to­le­riert wer­den;
c.
wel­che GVO-Er­zeug­nis­se, die von ei­ner aus­län­di­schen Be­hör­de in ei­nem Ver­fah­ren zu­ge­las­sen wur­den, das mit je­nem nach Ar­ti­kel 17 LGV ver­gleich­bar ist, oh­ne Be­wil­li­gung des Bun­des­am­tes für Le­bens­mit­tel­si­cher­heit und Ve­te­ri­när­we­sen (BLV) in Ver­kehr ge­bracht wer­den dür­fen sind;
d.
die be­son­de­re Kenn­zeich­nung und An­prei­sung für GVO-Er­zeug­nis­se;
e.
die Pflicht zur Do­ku­men­ta­ti­on für GVO-Er­zeug­nis­se;
f.
die Tren­nung des Wa­ren­flus­ses für Er­zeug­nis­se, die GVO sind oder ent­hal­ten.

Art. 2 Bewilligungsgesuch

1 Das Ge­such um Be­wil­li­gung ei­nes GVO-Er­zeug­nis­ses ist dem BLV in ei­ner Amtss­pra­che oder in Eng­lisch ein­zu­rei­chen.

2 Es muss die fol­gen­den An­ga­ben ent­hal­ten:

a.
die An­ga­ben ge­mä­ss An­hang 1;
b.
all­fäl­li­ge Be­wil­li­gun­gen und Be­ur­tei­lun­gen aus­län­di­scher Be­hör­den;
c.
die An­ga­ben nach Ar­ti­kel 28 der Frei­set­zungs­ver­ord­nung vom 10. Sep­tem­ber 20082.

3 Das BLV kann wei­te­re Un­ter­la­gen ein­for­dern oder, nach Ab­spra­che mit der Ge­such­stel­le­rin, auf de­ren Kos­ten be­schaf­fen.

Art. 3 Prüfung der Unterlagen

1 Das BLV prüft das Ge­such und er­stellt einen Be­richt. Es be­rück­sich­tigt da­bei die Be­ur­tei­lun­gen aus­län­di­scher Be­hör­den, so­fern die­se ein Ver­fah­ren an­ge­wen­det ha­ben, das mit demje­ni­gen nach der LGV und nach die­ser Ver­ord­nung ver­gleich­bar ist.

2 Das Bun­des­amt für Um­welt (BA­FU) be­ur­teilt das Ge­such, in­so­fern es Aspek­te in sei­nem Zu­stän­dig­keits­be­reich be­trifft. Die­se Be­ur­tei­lung wird in den Be­richt des BLV in­te­griert.

Art. 4 Erteilung und Widerruf der Bewilligung

1 Das BLV er­teilt die Be­wil­li­gung, wenn das GVO-Er­zeug­nis den An­for­de­run­gen nach Ar­ti­kel 31 Ab­satz 2 LGV ge­nügt.

2 Die Be­wil­li­gung ist auf zehn Jah­re zu be­fris­ten. Sie kann auf Ge­such hin er­neu­ert wer­den. Sie er­lischt, wenn vor Ab­lauf der Be­wil­li­gungs­frist kein Ge­such auf Er­neue­rung ein­ge­reicht wird.

3 Die Be­wil­li­gung wird er­neu­ert, wenn nicht neue wis­sen­schaft­li­che Er­kennt­nis­se ei­ne Neu­be­ur­tei­lung er­for­dern.

4 Die Be­wil­li­gung wird wi­der­ru­fen, wenn die Vor­aus­set­zun­gen, un­ter de­nen sie er­teilt wur­de, nicht mehr ge­ge­ben sind, ins­be­son­de­re, wenn:

a.
der In­ha­ber oder die In­ha­be­rin der Be­wil­li­gung in gro­ber Wei­se ge­gen die mit der Be­wil­li­gung ver­bun­de­nen Auf­la­gen ver­stösst;
b.
der be­grün­de­te Ver­dacht be­steht, dass das be­wil­lig­te GVO-Er­zeug­nis die Ge­sund­heit oder die Um­welt ge­fähr­den kann.

Art. 5 Meldepflicht

Der In­ha­ber oder die In­ha­be­rin der Be­wil­li­gung hat dem BLV neue Er­kennt­nis­se über mög­li­che Ge­sund­heits- oder Um­welt­ge­fähr­dun­gen durch das GVO-Er­zeug­nis un­ver­züg­lich zu mel­den.

Art. 6 Tolerierung

1 Oh­ne Be­wil­li­gung to­le­riert wer­den ge­rin­ge An­tei­le von Le­bens­mit­teln, die gen­tech­nisch ver­än­der­te Pflan­zen sind, ent­hal­ten oder dar­aus ge­won­nen wur­den, wenn:

a.
die An­tei­le den Wert von 0,5 Mas­sen­pro­zent, be­zo­gen auf die Zutat, nicht über­schrei­ten;
b.
ge­eig­ne­te Nach­weis­ver­fah­ren und Re­fe­renz­ma­te­ria­li­en öf­fent­lich ver­füg­bar sind; und
c.
ei­ne der fol­gen­den Vor­aus­set­zun­gen er­füllt ist:
1.
Ei­ne Ge­sund­heits­ge­fähr­dung kann auf­grund ei­ner Be­ur­tei­lung durch das BLV nach dem Stand der Wis­sen­schaft aus­ge­schlos­sen wer­den.
2.
Die An­tei­le von Le­bens­mit­teln, die gen­tech­nisch ver­än­der­te Pflan­zen sind, ent­hal­ten oder dar­aus ge­won­nen wur­den, sind von ei­ner aus­län­di­schen Be­hör­de in ei­nem Ver­fah­ren, das mit demje­ni­gen nach der LGV und nach die­ser Ver­ord­nung ver­gleich­bar ist, als ge­eig­net für die Ver­wen­dung in Le­bens­mit­teln be­ur­teilt wor­den.

2 Han­delt es sich um ge­rin­ge An­tei­le von Le­bens­mit­teln, die gen­tech­nisch ver­än­der­te Pflan­zen sind oder ent­hal­ten, so setzt die To­le­rie­rung zu­dem vor­aus, dass ei­ne Um­welt­ge­fähr­dung auf­grund ei­ner Be­ur­tei­lung durch das BA­FU nach dem Stand der Wis­sen­schaft aus­ge­schlos­sen wer­den kann. Das BA­FU nimmt in­ner­halb von 30 Ta­gen zu­han­den des BLV Stel­lung.

3 Das BLV kann das In­ver­kehr­brin­gen von Er­zeug­nis­sen nach den Ab­sät­zen 1 und 2 ein­schrän­ken oder mit Auf­la­gen ver­se­hen.

4 Gen­tech­nisch ver­än­der­te Ma­te­ria­li­en, die nach Ab­satz 1 in Le­bens­mit­teln to­le­riert wer­den, wer­den in An­hang 2 auf­ge­führt.

Art. 7 Ausländische GVO-Erzeugnisse, die ohne Bewilligung des BLV in Verkehr gebracht werden dürfen

GVO-Er­zeug­nis­se, die in der Schweiz oh­ne Be­wil­li­gung des BLV in Ver­kehr ge­bracht wer­den dür­fen, sind in An­hang 3 auf­ge­führt.

Art. 8 Kennzeichnung

1 Le­bens­mit­tel, die GVO-Er­zeug­nis­se sind, sind mit dem Hin­weis «aus gen­tech­nisch ver­än­der­tem X3 her­ge­stellt» oder «aus ge­ne­tisch ver­än­der­tem X her­ge­stellt» zu kenn­zeich­nen.

2 Ver­ar­bei­tungs­hilfss­tof­fe, die GVO-Er­zeug­nis­se sind und als sol­che ab­ge­ge­ben wer­den, sind mit ei­nem Hin­weis nach Ab­satz 1 zu kenn­zeich­nen.

3 Le­bens­mit­tel, die gen­tech­nisch ver­än­der­te Mi­kro­or­ga­nis­men ent­hal­ten, die zu tech­no­lo­gi­schen Zwe­cken ein­ge­setzt wer­den, sind mit dem Hin­weis «mit gen­tech­nisch ver­än­der­ten Y4 her­ge­stellt» oder «mit ge­ne­tisch ver­än­der­ten Y her­ge­stellt» zu kenn­zeich­nen. Wer­den die Mi­kro­or­ga­nis­men als sol­che ab­ge­ge­ben, so sind sie mit dem Hin­weis «gen­tech­nisch ver­än­dert» oder «ge­ne­tisch ver­än­dert» zu kenn­zeich­nen.

4 Der Hin­weis ist im Ver­zeich­nis der Zuta­ten in Klam­mern di­rekt hin­ter der be­tref­fen­den Zutat, dem be­tref­fen­den Stoff oder dem be­tref­fen­den Mi­kro­or­ga­nis­mus an­zu­brin­gen. Falls kein Ver­zeich­nis der Zuta­ten vor­han­den ist, ist der Hin­weis bei der Sach­be­zeich­nung auf­zu­füh­ren.

5 Ist ei­ne Zutat oder ein Stoff im Ver­zeich­nis der Zuta­ten oder in der Sach­be­zeich­nung be­reits als «aus X her­ge­stellt» auf­ge­führt, so kann der Hin­weis zu «gen­tech­nisch ver­än­dert» oder «ge­ne­tisch ver­än­dert» ab­ge­kürzt wer­den.

6 Sind meh­re­re Zuta­ten oder Stof­fe zu kenn­zeich­nen, so kann der Hin­weis «gen­tech­nisch ver­än­dert» oder «ge­ne­tisch ver­än­dert» in ei­ner Fuss­no­te zum Ver­zeich­nis der Zuta­ten an­ge­bracht wer­den. Die An­ga­ben in der Fuss­no­te müs­sen in min­des­tens glei­cher Schrift­grös­se an­ge­bracht wer­den wie das Ver­zeich­nis der Zuta­ten.

7 Auf den Hin­weis kann beim Vor­han­den­sein von Ma­te­ri­al, das aus GVO be­steht, sol­che ent­hält oder dar­aus ge­won­nen ist, ver­zich­tet wer­den, wenn:

a.
kei­ne Zutat sol­ches Ma­te­ri­al im Um­fang von mehr als 0,9 Mas­sen­pro­zent ent­hält (aus­ge­nom­men Mi­kro­or­ga­nis­men nach Abs. 3); und
b.
be­legt wer­den kann, dass die ge­eig­ne­ten Mass­nah­men er­grif­fen wur­den, um das Vor­han­den­sein sol­chen Ma­te­ri­als in der Zutat zu ver­mei­den.

8 Auf den Hin­weis kann bei Le­bens­mit­teln ver­zich­tet wer­den, wenn sie nach dem in Ar­ti­kel 31 Ab­satz 4 LGV be­schrie­be­nen Ver­fah­ren ge­won­nen wur­den.

9 An­de­re Hin­wei­se als die Hin­wei­se nach die­sem Ar­ti­kel sind nicht zu­läs­sig. Da­von aus­ge­nom­men ist der Hin­weis nach Ar­ti­kel 13 Ab­satz 1 Buch­sta­be b der Ver­ord­nung (EG) Nr. 1829/20035 über ge­ne­tisch ver­än­der­te Le­bens­mit­tel und Fut­ter­mit­tel.

3 X = Na­me des gen­tech­nisch ver­än­der­ten Or­ga­nis­mus.

4 Y = Na­men der gen­tech­nisch ver­än­der­ten Mi­kro­or­ga­nis­men.

5 Ver­ord­nung (EG) Nr. 1829/2003 des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 22. Sep­tem­ber 2003 über ge­ne­tisch ver­än­der­te Le­bens­mit­tel und Fut­ter­mit­tel, ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 1; zu­letzt ge­än­dert durch Ver­ord­nung (EG) Nr. 298/2008 ABl. L 97 vom 9.4.2008, S. 64.

Art. 9 Dokumentation

1 Aus der Do­ku­men­ta­ti­on nach Ar­ti­kel 33 LGV muss her­vor­ge­hen:

a.
die Tat­sa­che, dass das Le­bens­mit­tel ein GVO-Er­zeug­nis ist;
b.
die Be­zeich­nung der GVO, die im Le­bens­mit­tel ent­hal­ten sind;
c.
die Be­zeich­nung des Wa­ren­lo­ses, so­fern ei­ne sol­che nach Ar­ti­kel 19 der Ver­ord­nung des EDI vom 16. De­zem­ber 20166 be­tref­fend die In­for­ma­ti­on über Le­bens­mit­tel er­for­der­lich ist; und
d.
die Na­men und die Adres­sen der Per­so­nen, die das GVO-Er­zeug­nis ab­ge­ben, und der Per­so­nen, die es ent­ge­gen­neh­men.

2 Die Be­zeich­nung der GVO hat mit dem Er­ken­nungs­mar­ker nach dem An­hang der Ver­ord­nung (EG) Nr. 65/20047 zu er­fol­gen. Fehlt ein sol­cher, so ist die Iden­ti­tät der Or­ga­nis­men un­ter An­ga­be der we­sent­li­chen Ei­gen­schaf­ten und Merk­ma­le zu be­zeich­nen.

3 Das BLV kann in ei­ner Ver­ord­nung die Le­bens­mit­tel, die der Do­ku­men­ta­ti­ons­pflicht un­ter­lie­gen, ge­nau­er be­zeich­nen und die Art und Wei­se der Do­ku­men­ta­ti­on re­geln.

6 SR 817.022.16

7 Ver­ord­nung (EG) Nr. 65/2004 der Kom­mis­si­on vom 14. Ja­nu­ar 2004 über ein Sys­tem für die Ent­wick­lung und Zu­wei­sung spe­zi­fi­scher Er­ken­nungs­mar­ker für ge­ne­tisch ver­än­der­te Or­ga­nis­men, Fas­sung ge­mä­ss ABl. L 10 vom 16.1.2004, S. 5.

Art. 10 Aufbewahrungsdauer

Wer ei­ne Do­ku­men­ta­ti­on ab­gibt oder ent­ge­gen­nimmt, hat die­se wäh­rend fünf Jah­ren nach der Über­ga­be auf­zu­be­wah­ren.

Art. 11 Trennung des Warenflusses

Wer mit Le­bens­mit­teln um­geht, die GVO sind oder ent­hal­ten, muss zur Ge­währ­leis­tung der Tren­nung des Wa­ren­flus­ses nach Ar­ti­kel 34 LGV über ein ge­eig­ne­tes Sys­tem zur Qua­li­täts­si­che­rung ver­fü­gen, das na­ment­lich Fol­gen­des um­fas­sen muss:

a.
die Iden­ti­fi­ka­ti­on von Punk­ten ent­lang des Wa­ren­flus­ses beim Um­gang mit Le­bens­mit­teln, an de­nen un­er­wünsch­te Ver­mi­schun­gen auf­tre­ten kön­nen;
b.
die Fest­le­gung von Vor­ga­ben und Mass­nah­men an den Punk­ten nach Buch­sta­be a, um un­er­wünsch­te Ver­mi­schun­gen zu ver­mei­den;
c.
die Durch­füh­rung der Mass­nah­men;
d.
die re­gel­mäs­si­ge Über­prü­fung des Sys­tems auf sei­ne Taug­lich­keit;
e.
die ge­eig­ne­te Aus­bil­dung der mit der Durch­füh­rung der Mass­nah­men be­auf­trag­ten Per­so­nen;
f.
die Do­ku­men­ta­ti­on der Vor­ga­ben und Mass­nah­men nach den Buch­sta­ben a–e.

Art. 12 Anpassung von Anhang 2

1 Das BLV ak­tua­li­siert An­hang 2 auf­grund der Be­ur­tei­lun­gen nach Ar­ti­kel 6.

2 Es kann Über­gangs­be­stim­mun­gen fest­le­gen.

Art. 13 Aufhebung eines anderen Erlasses

Die Ver­ord­nung vom 23. No­vem­ber 20058 über gen­tech­nisch ver­än­der­te Le­bens­mit­tel wird auf­ge­ho­ben.

Art. 14 Übergangsbestimmung

Le­bens­mit­tel, die den Be­stim­mun­gen die­ser Ver­ord­nung nicht ent­spre­chen, dür­fen noch bis zum 30. Ju­ni 2021 nach bis­he­ri­gem Recht ein­ge­führt, her­ge­stellt und ge­kenn­zeich­net und bis zum Ab­bau der Be­stän­de an Kon­su­men­tin­nen und Kon­su­men­ten ab­ge­ge­ben wer­den.

Art. 15 Inkrafttreten

Die­se Ver­ord­nung tritt am 1. Ju­li 2020 in Kraft.

Anhang 1

Inhalt des Gesuchs

1. Allgemeine Angaben

2. Angaben über die Eigenschaften der Spender- und Empfängerorganismen

3. Angaben über die Eigenschaften und die Detektion der verwendeten Vektoren

4. Angaben über den gentechnisch veränderten Organismus

5. Angaben über die Gewährleistung der Sicherheit

Anhang 2

Liste der tolerierten Materialien

Anhang 3 9

9 Bereinigt gemäss Ziff. I der V des EDI vom 11. Aug. 2021, in Kraft seit 1. Sept. 2021 (AS 2021 483).

GVO-Erzeugnisse, die ohne Bewilligung des BLV in Verkehr gebracht werden dürfen