Bundesgesetz
über das Bundesgericht
(Bundesgerichtsgesetz, BGG)

vom 17. Juni 2005 (Stand am 1. Juli 2022)


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Art. 116 Beschwerdegründe

Mit der Ver­fas­sungs­be­schwer­de kann die Ver­let­zung von ver­fas­sungs­mäs­si­gen Rech­ten ge­rügt wer­den.

BGE

133 I 185 (2D_2/2007) from 30. April 2007
Regeste: Art. 9 BV; Art. 113 in Verbindung mit Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG, Art. 115 lit. b BGG. Ausländerrechtliches Bewilligungsverfahren; keine Legitimation des Ausländers zur subsidiären Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Willkürverbots, wenn kein Rechtsanspruch auf Bewilligung besteht. Verhältnis subsidiäre Verfassungsbeschwerde und Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (E. 2.1 und 2.2); im konkreten Fall kann die Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG nicht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden, weil kein Rechtsanspruch auf die Bewilligung besteht (E. 2.2 und 2.3). Legitimationsvoraussetzungen bei Willkürbeschwerden nach der Rechtsprechung zu Art. 88 OG (E. 4). Entstehungsgeschichte von Art. 115 lit. b BGG; Zusammenhang mit der Rechtsprechung zu Art. 88 OG (E. 5). In Berücksichtigung der Materialien, der Zielsetzungen der Revision der Bundesrechtspflege und des Verhältnisses zu den verschiedenen in Art. 83 BGG enthaltenen Ausschlussgründen setzt die Berechtigung zur Erhebung der Willkürrüge bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde nach Art. 115 lit. b BGG voraus, dass sich der Beschwerdeführer auf eine durch das Gesetz oder ein spezielles Grundrecht geschützte Rechtsstellung berufen kann (E. 6).

133 II 396 (2C_224/2007) from 10. September 2007
Regeste: Art. 42 Abs. 2, Art. 83 lit. f, Art. 106 Abs. 2, Art. 113 ff. BGG; Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten/subsidiäre Verfassungsbeschwerde auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen. Die Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen setzt voraus, dass die in Art. 83 lit. f Ziff. 1 BGG erwähnten Schwellenwerte erreicht sind und sich zugleich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 83 lit. f Ziff. 2 BGG). Die Erfüllung dieser letztgenannten Voraussetzung ist gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG vom Beschwerdeführer darzutun, ansonsten auf die Beschwerde nicht eingetreten wird (E. 2.1 und 2.2). Weil die Eingabe den qualifizierten Begründungsanforderungen für die Geltendmachung von Grundrechtsverletzungen nicht genügt, kann sie auch nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden (E. 3.1-3.3).

133 III 393 (5A_52/2007) from 22. Mai 2007
Regeste: Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft (Art. 172 ff. ZGB); Art. 72 Abs. 1, Art. 90, 98, 99 Abs. 1, Art. 106 Abs. 2 BGG. Die Anordnung von Eheschutzmassnahmen ist eine Zivilsache im Sinne von Art. 72 Abs. 1 BGG (E. 2). Noven (E. 3). Eheschutzentscheide sind Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG (E. 4). Eheschutzentscheide sind Entscheide über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG; gegen sie kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (E. 5). Aus Art. 106 Abs. 2 BGG ergibt sich, dass klar und detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (E. 6). Im Falle einer Art. 98 BGG unterstehenden Beschwerde kommt eine Berichtigung oder Ergänzung von Sachverhaltsfeststellungen nur dann in Frage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat (E. 7.1).

133 III 439 (4A_68/2007) from 4. Juni 2007
Regeste: a Art. 74 Abs. 2 lit. a und b und Art. 42 Abs. 2 BGG; Art. 85 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG); Beschwerde in Zivilsachen in einer Streitigkeit aus einer Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung. Grundsätzliche Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen (E. 2.1). Begründungsanforderungen, wenn das Rechtsmittel der Einheitsbeschwerde beansprucht wird, weil sich angeblich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG stelle (E. 2.2.2.1). Anforderungen an das Verfahren zum Entscheid über privatrechtliche Streitigkeiten aus einer Zusatzversicherung nach Art. 85 VAG und nach Art. 75 Abs. 2 Satz 2 BGG. Art. 85 VAG schreibt nicht im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG eine einzige kantonale Instanz vor (E. 2.2.2.2).

133 III 585 (5A_36/2007, 5A_391/2007) from 20. August 2007
Regeste: Eheschutz; Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht; Kanton Zürich; letztinstanzlicher kantonaler Entscheid. Mit der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 281 ff. ZPO/ZH) gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich über Eheschutzmassnahmen an das Kassationsgericht des Kantons Zürich können alle vor Bundesgericht zulässigen Rügen erhoben werden. Einzig der Beschluss des Kassationsgerichts gilt demnach als letztinstanzlicher Entscheid im Sinn von Art. 75 Abs. 1 BGG (E. 3). Anforderungen an die Begründung der Beschwerde in Zivilsachen gegen den Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG (E. 4.1).

134 I 153 (2C_704/2007) from 1. April 2008
Regeste: Art. 5 Abs. 2 und Art. 9 BV; Art. 95 lit. a BGG; Kognition des Bundesgerichts bei der Verhältnismässigkeitsprüfung von kantonalrechtlichen Anordnungen. Ausserhalb von Grundrechtseingriffen (Art. 36 Abs. 3 BV) schreitet das Bundesgericht wegen Verletzung des Verhältnismässigkeitsgebots nur dann ein, wenn die kantonalrechtliche Anordnung offensichtlich unverhältnismässig ist und damit gleichzeitig gegen das Willkürverbot verstösst (E. 4).

134 III 379 (4D_81/2007) from 17. März 2008
Regeste: Bundesgerichtsgesetz; beschwerdefähiger Entscheid; Umwandlung des Rechtsmittels; Anforderungen an die in der Rechtsschrift enthaltenen Anträge. Der Entscheid über die Verweigerung der Streitverkündung stellt einen Teilentscheid nach Art. 91 lit. b BGG dar (E. 1.1). Die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels schadet dem Beschwerdeführer nicht, sofern die Prozessvoraussetzungen desjenigen Rechtsmittels, das hätte eingereicht werden müssen, erfüllt sind und es möglich ist, das Rechtsmittel als Ganzes umzuwandeln (E. 1.2). Der Beschwerdeführer darf sich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu beantragen, sondern muss grundsätzlich auch Anträge in der Sache stellen, es sei denn, das Bundesgericht wäre im Fall der Gutheissung der Beschwerde nicht in der Lage, in der Sache selbst zu entscheiden (E. 1.3).

134 III 520 (5D_139/2007) from 10. April 2008
Regeste: Definitive Rechtsöffnung; subsidiäre Verfassungsbeschwerde; Anwaltsmonopol; Art. 40 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 und 2 lit. a BGG. Das Anwaltsmonopol gilt im Anwendungsbereich der subsidiären Verfassungsbeschwerde in Zivil- und Strafsachen, dagegen nicht in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (E. 1.2). Da nach neuem Recht die SchKG-Angelegenheiten nach Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG der Beschwerde in Zivilsachen zugewiesen werden, gilt für sie auch das Anwaltsmonopol gemäss Art. 40 Abs. 1 BGG (E. 1.5).

134 V 138 (9C_408/2007) from 4. März 2008
Regeste: Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG; Art. 78 ATSG; Zulässigkeit der Beschwerde in Sachen Verantwortlichkeit der IV-Stelle für Dritten zugefügte Schäden. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen einen kantonalen Entscheid betreffend die Höhe des Schadens, für welche die IV-Stelle gestützt auf Art. 78 ATSG haftet, steht nur offen, wenn der Streitwert die Grenze von Fr. 30'000.- gemäss Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG erreicht (E. 1.2.2). Ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonalen Entscheid in der Sache unzulässig, gilt dasselbe auch hinsichtlich des Kostenentscheids des kantonalen Gerichts (E. 3).

135 I 265 (1D_8/2008) from 7. Juli 2009
Regeste: Art. 7-9, 29 und 35 BV, Art. 92 und 115 BGG; Zuständigkeit zur Beurteilung von Einbürgerungsgesuchen, die von der kommunalen Bürgerversammlung zweimal ohne hinreichende Begründung abgewiesen wurden. Anfechtung eines Vor- oder Zwischenentscheids über die Zuständigkeit zur Einbürgerung (E. 1.2). Beschwerdeberechtigung der nicht eingebürgerten Gesuchsteller (E. 1.3). Anwendbares Recht (E. 2). Regelung des Einbürgerungsverfahrens im kan tonalen Recht (E. 3.1 und 3.2). Der im Beschwerdeverfahren zulässige Antrag auf Beurteilung der Einbürgerungsgesuche durch die Beschwerdeinstanz ist keine Angelegenheit der Staatsaufsicht (E. 3.4). Bindung staatlicher Organe an die Grundrechte (E. 4.2). Tragweite der Ansprüche auf Begründung und auf Beurteilung innert angemessener Frist im Einbürgerungsverfahren (E. 4.3-4.5).

135 IV 43 (6B_434/2008) from 29. Oktober 2008
Regeste: Art. 78 ff., 82 ff. und 113 ff. BGG; Entschädigung des freigesprochenen Beschuldigten für die Kosten der Verteidigung und für den immateriellen Schaden. Der Entscheid des Strafrichters über die Höhe der Entschädigung für die private oder amtliche Verteidigung kann mit Beschwerde in Strafsachen angefochten werden (E. 1.1.1). Bei Forderungen auf dem Gebiet der Staatshaftung ist grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben (E. 1.1.2). Beträgt der Streitwert einer Forderung auf dem Gebiet der Staatshaftung weniger als 30'000 Franken, ist einzig die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zulässig (E. 1.1.3), welche entsprechend den Anforderungen gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG zu begründen ist (E. 4).

136 I 241 (1C_491/2009) from 2. Juni 2010
Regeste: Art. 178B KV/GE; Genfer Gesetz betreffend Verbot, in öffentlichen Räumen zu rauchen; Art. 95 lit. c BGG. Art. 178B KV/GE betreffend den Schutz vor Passivrauchen räumt keine direkt anrufbaren verfassungsmässigen Rechte ein (E. 2.2 und 2.3). Das Bundesgericht prüft lediglich unter dem Gesichtswinkel der Willkür, ob das kantonale Ausführungsgesetz der Verfassungsbestimmung entspricht (E. 2.4 und 2.5). Das Gesetz erlaubt in den öffentlichen Restaurationsbetrieben Fumoirs, allerdings unter Bedingungen, sodass das von der Verfassungsnorm verfolgte Ziel der öffentlichen Gesundheit nicht beeinträchtigt wird (E. 3).

136 I 332 (8C_1065/2009) from 31. August 2010
Regeste: Art. 16 Abs. 2 BV; Art. 10 EMRK; Art. 19 UNO-Pakt II; Art. 116 BGG; § 49 des kantonalzürcherischen Gesetzes über das Arbeitsverhältnis des Staatspersonals; Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit eines öffentlich-rechtlichen Angestellten. Die gegenüber dem Dozenten einer staatlichen Hochschule wegen Verteilung eines Flugblattes an die Mitglieder des Kantonsrates verfügten Massnahmen - Verweis und Entzug einer Leitungsfunktion - stellen eine unzulässige Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit dar (E. 3).

136 II 489 (2C_689/2009) from 26. August 2010
Regeste: Art. 72 ff., 82 ff. und 113 ff. BGG, Art. 16 und 50 TG; Rechtsmittelweg bei der Anfechtung eines Kontrollzuschlages für die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsbetriebes ohne gültigen Fahrschein. Der Zuschlag dient der Entgeltung des Kontrollaufwands auf Seiten der Transportunternehmung und ist zivilrechtlicher Natur. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht ist ausgeschlossen. Wegen Fehlens des erforderlichen Streitwerts bzw. des Nachweises der grundsätzlichen Bedeutung der zu beurteilenden Rechtsfrage ist auch die Beschwerde in Zivilsachen unzulässig. Hingegen steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen (E. 1 und 2). Zwar wurde im Kanton der falsche, nämlich der öffentlich-rechtliche Rechtsmittelweg durchlaufen; es handelt sich dabei hier aber nicht um einen besonders schweren und offensichtlichen Mangel, der zur Nichtigkeit des kantonal letztinstanzlichen Urteils führt, die von Amtes wegen zu berücksichtigen wäre (E. 3).

137 I 77 (1C_415/2010) from 2. Februar 2011
Regeste: Art. 40 Abs. 1 KV/ZH, § 36 Abs. 3 GOG/ZH, Art. 82 lit. b und Art. 95 lit. c BGG; Wählbarkeitsvoraussetzungen für Mitglieder des Handelsgerichts, abstrakte Normenkontrolle. Die kantonale Gesetzesbestimmung, welche die Voraussetzungen für die Wählbarkeit als Handelsrichter durch das Parlament bezeichnet, unterliegt der Beschwerde gegen Erlasse (E. 1.1). Art. 40 Abs. 1 KV/ZH, wonach in die obersten kantonalen Gerichte wählbar ist, wer in kantonalen Angelegenheiten stimmberechtigt ist, kann als verfassungsmässiges Recht angerufen werden (E. 1.3). Die zusätzlichen Voraussetzungen gemäss § 36 Abs. 3 GOG/ZH schränken die Wählbarkeit als Handelsrichter stark ein und schliessen zahlreiche gut qualifizierte Personen von diesem Amt aus. Die Bestimmung ist mit Art. 40 Abs. 1 KV/ZH nicht vereinbar (E. 3).

138 I 232 (8C_200/2011) from 13. Januar 2012
Regeste: Art. 9 BV; Art. 85 Abs. 2 und Art. 113 ff. BGG; Art. 329d OR; Art. 160C KV/GE; Personalreglement der Öffentlichen Verkehrsbetriebe Genf (TPG) vom 1. Januar 1999; Vollzugsvorschrift zum Personalreglement der TPG vom 1. Januar 1999. Forderung eines Mitarbeiters der TPG auf Ausrichtung eines Ferienzuschlags auf den für Nacht-, Wochenend- sowie Feiertagsarbeit ausgerichteten Entschädigungen in Anwendung der gemäss BGE 132 III 172 betreffend Art. 329d OR entwickelten Grundsätze. Unzulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten: Der Streitwert erreicht den massgebenden Betrag nicht und es stellt sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da Art. 329d OR hier nur unter dem Titel ergänzenden kantonalen Rechts Anwendung findet (E. 2). Abweisung der subsidiären Verfassungsbeschwerde: Die vom kantonalen Gericht vorgenommene Auslegung der Vollzugsvorschrift zum Personalreglement der TPG, wonach diese die Frage der Ferienentschädigungen abschliessend regelt, ist nicht willkürlich (E. 6). Es ist auch nicht willkürlich zu erwägen, das kantonale öffentliche Personalrecht könne von den Minimalgarantien des OR auf dem Gebiet des Arbeitsvertrags abweichen (E. 7).

140 I 277 (8D_3/2013) from 22. Juli 2014
Regeste: Art. 49 Abs. 1 BV; Art. 13 und 14 SchKG; derogatorische Kraft des Bundesrechts; Disziplinarmassnahmen gegen der Aufsicht nach SchKG unterstellte Personen. Über Personen, die der Aufsicht nach SchKG unterstellt sind, weist Art. 14 SchKG die Disziplinargewalt betreffend Mängel im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Funktion klar den kantonalen Aufsichtsbehörden zu. Die Gesetzesbestimmung enthält eine präzise und abschliessende Liste der Verwaltungssanktionen. Das Prinzip der derogatorischen Kraft des Bundesrechts steht daher der Ausfällung anderer als der in Art. 14 Abs. 2 SchKG vorgesehenen Sanktionen entgegen (E. 4).

140 I 285 (2D_58/2013) from 24. September 2014
Regeste: Art. 9 und 50 Abs. 1 BV; Art. 83 lit. f und Art. 115 BGG; Art. 8 ZGB; Art. 21 BöB; IVöB; Reglement des Kantons Genf vom 17. Dezember 2007 über die Vergabe öffentlicher Aufträge; Beschwerdelegitimation einer Gemeinde; Gemeindeautonomie; Zulässigkeit eines Vergabekriteriums, welches die Lohnhöhe betrifft. Unzulässigkeit der Beschwerde im Rahmen von Art. 83 lit. f BGG (E. 1.1); Befugnis des Gemeinwesens, in seiner Eigenschaft als Vergabebehörde subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu führen (E. 1.2). Standpunkt der Vorinstanz (E. 3). Autonomie der Gemeinde im betreffenden Bereich (E. 4). Es ist möglich, bei der Prüfung der Eignung des Angebots die gleichen Kriterien zu verwenden wie beim Zuschlag, wenn diese graduierbar sind (E. 5). Existenz einer allgemeinen Erfahrungsregel verneint, wonach ein direkter Bezug zwischen der Lohnhöhe und der Qualität der Leistungen bestünde (E. 6). Sozial oder ökologisch motivierte Vergabekriterien ohne direkten Zusammenhang mit den Leistungen des öffentlichen Auftrags dürfen herangezogen werden, wenn ein Gesetz dies vorsieht (E. 7).

140 III 571 (5A_527/2014) from 21. Oktober 2014
Regeste: Art. 51 Abs. 2 BGG; Anfechtung von Beschlüssen der Stockwerkeigentümerversammlung. Grundsätze, anhand derer das Bundesgericht den Streitwert feststellt. Es ermittelt den objektiven Wert, wie er sich den Akten entnehmen lässt, und ist weder an die Angaben der Parteien noch an eine offensichtlich unrichtige Schätzung des Obergerichts gebunden (E. 1).

140 III 644 (5A_385/2014) from 24. Oktober 2014
Regeste: Art. 14 Abs. 1 SchKG, Art. 76 Abs. 1 lit. b, Art. 89 Abs. 1 und 2 lit. c BGG; administrative Aufsicht über die Betreibungsämter. Beschwerde einer Gemeinde gegen die kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibung und Konkurssachen, welche die Einführung eines EDV-Programms für die Betreibungsämter im Kanton angeordnet hat (E. 2 und 3).

141 III 596 (4A_643/2014) from 25. November 2015
Regeste: Vorausverzicht auf die Anhebung einer Beschwerde an das Bundesgericht. Wirkungslos ist die Vertragsklausel, mit der die Parteien im Voraus darauf verzichten, einen allfälligen staatlichen Entscheid einer letzten kantonalen Instanz betreffend Ansprüche, die ihrer freien Verfügung unterliegen, an das Bundesgericht weiterzuziehen (E. 1).

142 II 259 (8D_3/2015) from 7. Juni 2016
Regeste: Art. 115 BGG; Berechtigung eines öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers zur Erhebung einer subsidiären Verfassungsbeschwerde gegen den einen Verweis aufhebenden kantonalen Entscheid. Frage offengelassen, ob eine Körperschaft des öffentlichen Rechts als Arbeitgeber eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde erheben kann, analog zu einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (vgl. BGE 134 I 204). Betrifft der Streitgegenstand einen Verweis, tritt der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber als Träger hoheitlicher Gewalt auf und ist nicht in analoger Weise betroffen wie ein privater Arbeitgeber. Allein der Umstand, dass der Verweis zur Stützung einer darüber hinausgehenden Auflösung des Dienstverhältnisses angerufen werden könnte, genügt dazu nicht. Eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist daher ausgeschlossen (E. 4.4).

143 I 403 (2C_774/2014) from 21. Juli 2017
Regeste: Art. 27, 28 Abs. 1, 36, 49 Abs. 1, 94, 110 und 122 BV; Art. 71 ArG; ELG; Art. 4 AVEG; Art. 342 und 356 ff. OR; Art. 34a KV/NE; abstrakte Normenkontrolle des Gesetzes des Kantons Neuenburg vom 28. Mai 2014 zur Änderung des Gesetzes über die Beschäftigung und die Arbeitslosenversicherung (LEmpl/NE); Verfassungs- und Rechtmässigkeit eines kantonalen Minimallohns. Eine Gesetzesänderung, die für den Kanton Neuenburg einen Mindestlohn bestimmt mit dem Ziel, allen Arbeitnehmenden einen angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen, ohne dass sie Sozialhilfe beanspruchen müssen, und die Armut zu bekämpfen, ist keine wirtschafts-, sondern eine sozialpolitische Massnahme. Sie verstösst nicht gegen den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (E. 5.1-5.5). Vereinbarkeit des kantonalen Gesetzes mit dem individualrechtlichen Gehalt der Wirtschaftsfreiheit (E. 5.6 und 5.7) und der Koalitionsfreiheit vor dem Hintergrund der Gesetzgebung über die Gesamtarbeitsverträge (E. 6). Die Einführung eines minimalen Stundenlohns auf kantonaler Ebene verletzt den Vorrang des Bundesrechts weder im Hinblick auf das private noch das öffentliche Arbeitsrecht (E. 7).

144 II 184 (2C_229/2017) from 9. März 2018
Regeste: Art. 83 lit. f BGG; Art. 29 Abs. 1 BV; öffentliches Beschaffungswesen; Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; Abgrenzung zwischen öffentlicher Beschaffung und Sondernutzungskonzession; öffentliches Veloverleihsystem. Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, wenn ein oberes kantonales Gericht letztinstanzlich entschieden hat, die Streitsache betreffe eine Sondernutzungskonzession und die Beschwerdeführerin geltend macht, es handle sich um eine öffentliche Beschaffung (E. 1.3). Begriff der öffentlichen Beschaffung (E. 2.1 und 2.2) und Darlegung der angebotenen Dienstleistung im vorliegenden Fall (E. 2.3). Wenn eine private Unternehmung durch den Staat beauftragt wird, eine Aufgabe von öffentlichem Interesse zu erfüllen, so ist diese grundsätzlich als öffentliche Beschaffung zu qualifizieren, selbst wenn der Nutzer den öffentlichen Grund für seine Aktivitäten benutzen darf (E. 2.4). Die Zurverfügungstellung des öffentlichen Grundes durch den Staat bildet dabei die vom Staat eingeräumte Gegenleistung (E. 2.5; vgl. auch BGE 144 II 177). Indem das obere kantonale Gericht letztinstanzlich nicht auf einen von der interessierten Gesellschaft fristgerecht erhobenen Rekurs gegen eine Auschreibung eingetreten ist, hat sie gegen das Verbot der formellen Rechtsverweigerung verstossen (E. 3.2).

144 III 120 (4A_260/2017) from 20. Februar 2018
Regeste: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit; Unabhängigkeit des Schiedsgerichts für Sport (TAS) gegenüber der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) (Art. 190 Abs. 2 lit. a IPRG); materieller Ordre public (Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG). Inwiefern ist eine Partei berechtigt, einen Entscheid beim Bundesgericht anzufechten, dem sie den Charakter eines Schiedsentscheids abspricht (E. 1.2)? Das TAS ist ausreichend unabhängig von der FIFA, damit Entscheide, die es diesen Verein betreffend fällt, als eigentliche, mit Urteilen staatlicher Gerichte vergleichbare Entscheide angesehen werden können (E. 3.4). Zusammenfassung des Begriffs des materiellen Ordre public im Sinne von Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG in allgemeiner Hinsicht (E. 5.1) und bezogen auf die Bestimmungen des Wettbewerbsrechts (E. 5.2); Anwendung dieses Begriffs auf eine Disziplinarmassnahme, die gegenüber einem Fussballclub ausgesprochen wurde, der gegen das Verbot der Abtretung der wirtschaftlichen Rechte an einem Spieler an einen dritten Kapitalgeber verstossen hat (E. 5.3-5.5).

144 V 153 (8C_440/2017) from 25. Juni 2018
Regeste: Art. 61 lit. d ATSG; reformatio in peius im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren. Seiner Zielsetzung und systematischen Stellung entsprechend setzt Art. 61 lit. d ATSG nicht voraus, dass ein kantonales Versicherungsgericht einen angefochtenen Entscheid nur dann in peius reformieren darf, wenn dieser zweifellos unrichtig und die Korrektur von erheblicher Bedeutung ist (Bereinigung der Rechtsprechung; E. 4).

145 I 121 (2C_955/2016, 2C_190/2018) from 17. Dezember 2018
Regeste: Die Glaubensfreiheit der Römisch-katholischen Landeskirche oder das Landeskirchenrecht sind durch den an Bedingungen gebundenen Beitrag der Katholischen Landeskirche Graubünden in der Höhe von Fr. 15'000.- an eine Beratungsstelle für Familienplanung, Sexualität, Schwangerschaft und Partnerschaft nicht verletzt. Zur Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bzw. der Verfassungsbeschwerde gegen einen Budgetentscheid des Parlaments einer Landeskirche, der zugleich eine Subvention zuspricht (E. 1.1 und 1.2). Erfordernis der Letztinstanzlichkeit (E. 1.3). Prüfung der Legitimation von Dritten, die sich gegen die Subvention wenden (E. 1.5). Die offizielle Lehre der römisch-katholischen Kirche lehnt die Abtreibung ab (E. 4). Offengelassen, ob die katholische Landeskirche nach kantonalem Recht verpflichtet ist, die Lehre der römisch-katholischen Kirche zu vertreten. Die Beitragsgewährung war nämlich an die Bedingung geknüpft, dass der Betrag namentlich nicht für die Beratung über Abtreibungsmethoden u.Ä. verwendet werden darf. Damit ist das Anliegen der Beschwerdeführerin erfüllt. Keine Verletzung ihrer Glaubensfreiheit (E. 5). Kosten (E. 6).

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