Bundesverfassung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft

vom 18. April 1999 (Stand am 7. März 2021)


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Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts

1 Die Kan­to­ne set­zen das Bun­des­recht nach Mass­ga­be von Ver­fas­sung und Ge­setz um.

2 Bund und Kan­to­ne kön­nen mit­ein­an­der ver­ein­ba­ren, dass die Kan­to­ne bei der Um­set­zung von Bun­des­recht be­stimm­te Zie­le er­rei­chen und zu die­sem Zweck Pro­gram­me aus­füh­ren, die der Bund fi­nan­zi­ell un­ter­stützt.9

3 Der Bund be­lässt den Kan­to­nen mög­lichst gros­se Ge­stal­tungs­frei­heit und trägt den kan­to­na­len Be­son­der­hei­ten Rech­nung.10

9 An­ge­nom­men in der Volks­ab­stim­mung vom 28. Nov. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (BB vom 3. Okt. 2003, BRB vom 26. Jan. 2005, BRB vom 7. Nov. 2007 – AS 20075765; BBl 2002 2291, 2003 6591, 2005951).

10 An­ge­nom­men in der Volks­ab­stim­mung vom 28. Nov. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (BB vom 3. Okt. 2003, BRB vom 26. Jan. 2005, BRB vom 7. Nov. 2007 – AS 20075765; BBl 2002 2291, 2003 6591, 2005951).

BGE

81 I 177 () from 8. Juni 1955
Regeste: Parkingmeter. Kantonale Vorschriften, wonach das Aufstellen von Fahrzeugen auf öffentlichem Boden an gewissen Stellen nur während einer bestimmten Zeit und nur gegen Einwurf eines Geldstücks in den der Kontrolle der zeitlichen Beschränkung dienenden Parkingmeter gestattet ist. Anfechtung wegen Verletzung der Art. 4, 30 Abs. 2, 46 Abs. 2 BV und 71 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 MFG. 1. Verhältnis des Art. 71 Abs. 6 MFG zu Art. 46 Abs. 2 BV und des Art. 71 Abs. 1 Satz 2 MFG zu Art. 30 Abs. 2 BV. Zuständigkeit des Bundesgerichts oder des Bundesrates zur Beurteilung von Beschwerden wegen Verletzung dieser Vorschriften? (Erw. 5 a und 6 a). 2. Die Schaffung von Parkflächen mit Parkingmeter - ist mit Art. 4 BV vereinbar (Erw. 3 und 4); - stellt keine nach Art. 71 Abs. 6 MFG oder 46 Abs. 2 BV unzulässige Doppelbesteuerung dar (Erw. 5 b); - verstösst jedenfalls dann nicht gegen Art. 30 Abs. 2 oder 71 Abs. 1 Satz 2 (Verbot kantonaler Weggelder bzw. Durchgangsgebühren), wenn in angemessenem Abstand davonParkplätze vorhanden sind, auf denen unentgeltlich parkiert werden kann (Erw. 6 b).

83 I 92 () from 13. Februar 1957
Regeste: Doppelbesteuerung. Welchem Kanton steht die Besteuerung der Gratifikation zu, die einem Steuerpflichtigen, der seinen Wohnsitz während des Steuerjahres in einen andern Kanton verlegt, vor dem Wegzug vom Arbeitgeber ausgerichtet worden ist?

83 I 100 () from 13. März 1957
Regeste: Doppelbesteuerung. 1. Verhältnis der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Doppelbesteuerung zu einer damit verbundenen Beschwerde wegen Willkür und zu einem gleichzeitig gegen die Besteuerung im einen Kanton ergriffenen kantonalen Rechtsmittel (Erw. 1). 2. In welchem Kanton hat ein Steuerpflichtiger, dessen Vermögen und Vermögensertrag infolge Wohnsitzwechsels oder Erbgangs im Laufe des Steuerjahres der Steuerhoheit zweier Kantone untersteht, die auf seinen Aktien bezogenen Jahresdividenden zu versteuern? (Erw. 3-5).

83 I 257 () from 29. Mai 1957
Regeste: Doppelbesteuerung. 1. Umfang des Rechtsstreites bei staatsrechtlichen Beschwerden wegen Doppelbesteuerung (Erw. 1). 2. Erwerbsunternehmen mit Betriebsstätte ausserhalb des Sitzkantons. Steuerort für den Wertzuwachs auf einer Liegenschaft, die sich am Orte der Betriebsstätte befindet und für ihre Zwecke benützt wird (Änderung der Rechtsprechung) (Erw. 2 und 3).

83 I 329 () from 23. Oktober 1957
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV. Der bei der Veräusserung eines Kaufsrechts an einem Grundstück erzielte Gewinn untersteht grundsätzlich der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons.

85 I 91 () from 18. Februar 1959
Regeste: Doppelbesteuerung. 1. Die Einrede, ein Kanton habe sein Besteuerungsrecht durch verspätete Geltendmachung verwirkt, kann nur von den am Doppelbesteuerungsstreit beteiligten Kantonen, nicht vom Steuerpflichtigen selbst erhoben werden (Erw. 1). 2. Behandlung der Einmann-Immobiliengesellschaft, des Verkaufs ihrer sämtlichen Aktien und des dabei erzielten Gewinns imkantonalen und interkantonalen Steuerrecht. Anwendungsbereich der sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise (Erw. 2). 3. Der beim Verkauf sämtlicher Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft erzielte Gewinn untersteht der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons (Erw. 3).

86 I 10 () from 20. Januar 1960
Regeste: Kantonales Steuerrecht. Willkür. Wohnsitz und allgemeines Steuerdomizil des (von seiner Ehefrau seit Jahren völlig getrennt lebenden) Schweizers, der Angestellter einer schweizerischen Maschinenfabrik ist, für diese seit zehn Jahren im Ausland an verschiedenen Orten Montagearbeiten leistet und gelegentlich für Ferienaufenthalte und zu Instruktionszwecken in die Schweiz zurückkehrt.

88 I 240 () from 28. November 1962
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV. Aufteilung des Gewinns eines interkantonalen Fabrikationsunternehmens. Voraussetzungen der Zuweisung eines Vorausanteils an den Kanton, in dem sich Sitz und Betriebsleitung befinden.

88 I 260 () from 14. November 1962
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. 1. Die Beschwerde gegen Vollzugs- und Bestätigungsakte ist grundsätzlich nur insoweit, als diese selbständig ein verfassungsmässiges Recht verletzen, nicht auch wegen Verfassungswidrigkeit der ihnen zugrunde liegenden Verfügungen zulässig. Eine Ausnahme gilt nur für Beschwerden wegen Verletzung unverzichtbarer und unverjährbarer Rechte, zu denen nicht nur die Niederlassungsfreiheit, sondern noch weitere fundamentale Rechte gehören (Erw. 1). 2. Selbständige Verfügung oder blosser Vollzugsakt? (Erw. 2). Persönliche Freiheit. Bedeutung ihrer Gewährleistung in den Kantonsverfassungen (Erw. 3).

88 I 337 () from 31. Oktober 1962
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV. Die Zinsen auf Darlehen, die ein Liegenschaftshändler zur Finanzierung seiner Geschäfte aufgenommen hat, sind ganz im Liegenschaftskanton zum Abzug zu bringen (Ausnahme vom Grundsatz des proportionalen Schuldenabzuges).

90 I 77 () from 29. April 1964
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Mit einer erst im Anschluss an eine Anwendungsverfügung erhobenen staatsrechtlichen Beschwerde kann die Verfassungswidrigkeit eines allgemein verbindlichen Erlasses nur insoweit geltend gemacht werden, als seine Bestimmungen auf den Beschwerdeführer angewendet worden sind (Erw. 1). Doppelbesteuerung. Bündnerische "Staatstaxe", die der Finanzierung des Kantonsstrassennetzes dient und von gewissen, im Kanton weilenden Personen nach Massgabe der Zahl der Übernachtungen erhoben wird. Rechtliche Natur der Abgabe (Erw. 3). Anwendbarkeit von Art. 46 Abs. 2 BV auf sie (Erw. 4). Unzulässigkeit der Erhebung von den Eigentümern von Ferienhäusern, ihren Angehörigen und nichtzahlenden Gästen, sofern diese Personen ihr ordentliches Steuerdomizil in einem andern Kanton als Graubünden haben (Erw. 5).

90 I 86 () from 29. April 1964
Regeste: Kurtaxen. Doppelbesteuerung. Rechtsungleiche Behandlung. Willkür. Rechtsnatur der Kurtaxe; Steuer, Gebühr oder Vorzugslast? (Erw. 3). Voraussetzungen der Anwendbarkeit des Doppelbesteuerungsverbotes auf Kurtaxen (Erw. 4). Verletzung der Rechtsgleichheit durch Erhebung der Kurtaxen - auch von den Eigentümern von Ferienhäusern? - nur von Personen ohne Wohnsitz am Kurort? - von den Dienstboten der Feriengäste? (Erw. 5). Willkürliche Bemessung der einem Ferienhauseigentümer auferlegten Pauschaltaxe? (Erw. 6).

91 I 393 () from 22. Dezember 1965
Regeste: Doppelbesteuerung. Ein Kanton, in dem eine Unternehmung weder den Sitz noch eine Betriebsstätte, sondern nur Grundbesitz hat, kann sie im System der Reineinkommenssteuer für den Reinertrag des Grundeigentums (Mietzinseinnahmen unter Abzug der Liegenschaftskosten und des verhältnismässigen Schuldzinsenanteils) besteuern und braucht Verluste aus dem Geschäftsbetrieb oder aus der Liegenschaftsverwaltung in andern Kantonen nicht zu berücksichtigen.

91 I 467 () from 7. Juli 1965
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV, Doppelbesteuerung. 1. Der Verkauf sämtlicher Aktien einer Gesellschaft, deren Hauptaktivum eine Liegenschaft ist, und der dabei erzielte Gewinn unterstehen der Steuerhoheit des Belegenheitskantons, wenn der Kaufpreis ganz oder doch zur Hauptsache den Gegenwert für das Grundstück der Gesellschaft darstellt (Erw. 2). 2. Art. 46 Abs. 2 BV verbietet neben der aktuellen auch die virtuelle Doppelbesteuerung (Erw. 3). 3. Die Einrede, ein Kanton habe sein Besteuerungsrecht durch verspätete Geltendmachung verwirkt, steht nur den am Doppelbesteuerungsstreit beteiligten Kantonen und nicht auch dem Steuerpflichtigen selber zu. Voraussetzungen der Einrede (Erw. 4).

92 I 361 () from 23. November 1966
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung; Beginn der Beschwerdefrist (Erw. 2). Doppelbesteuerung. Rechtsnatur der "Abgabe" von 2% der Besoldung, welche die Stadt Zürich von den ausserhalb des Kantons Zürich wohnenden städtischen Beamten erhebt. Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 2 BV auf diese "Abgabe (Erw. 3).

92 I 439 () from 12. Dezember 1966
Regeste: Kantonales Steuerrecht. Grundsatz der Rechtsgleichheit. Kantonale Minimalsteuer, die von juristischen Personen auf dem vollen Verkehrswert ihrer Grundstücke (ohne Schuldenabzug) erhoben wird und insbesondere solche Immobiliengesellschaften und Genossenschaften trifft, welche (fast) keinen Gewinn erzielen und ein im Verhältnis zu ihrem Grundbesitz sehr geringes Eigenkapital aufweisen. Inwieweit ist diese Steuer mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit vereinbar und im Rahmen eines auf dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beruhenden Steuergesetzes zulässig?

92 I 461 () from 23. November 1966
Regeste: Besteuerung der Grundstückgewinne der Liegenschaftshändler und Bauunternehmer. Überblick über die mit BGE 79 I 145 ff. eingeleitete Rechtsprechung, wonach auch die Grundstückgewinne der Liegenschaftshändler und Bauunternehmer grundsätzlich der Steuerhoheit des Kantons der gelegenen Sache unterstehen. Behandlung - der Schuldzinsen der zur Finanzierung der Geschäfte aufgenommenen Darlehen (Erw. 2 a). - derjenigen allgemeinen Unkosten, die auf die Bemühungen beim An- und Verkauf der Liegenschaften, auf deren Verwaltung und auf Architekturarbeiten entfallen (Erw. 2b, 3b, 4 a und b). - der Grundstückgewinnsteuern (Erw. 2 c, 3 c, 4 c). Der bei der Veräusserung eines (im Grundbuch vorgemerkten oder nicht vorgemerkten) Kaufsrechts erzielte Gewinn steht dem beim Verkauf des Grundstücks selber erzielten Gewinne gleich (Erw. 3 a). Staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung. Zulässigkeit neuer Vorbringen (Erw. 1). Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Erw. 6).

93 I 17 () from 8. März 1967
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV; wann ist die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges (Art. 86 Abs. 2 und Art. 87 OG) ausnahmsweise nicht erforderlich? (Erw. 2). Kurtaxe. Niederlassungsfreiheit. Doppelbesteuerung. Eine Ordnung, welche die Eigentümer von Ferienhäusern (und deren Gäste) nicht gleich den am Orte Niedergelassenen von der Kurtaxe befreit, verstösst nicht gegen Art. 45 Abs. 6 BV (Erw. 4). Voraussetzungen der Anwendbarkeit von Art. 46 Abs. 2 BV auf die von den Ferienhauseigentümern erhobene Kurtaxe. Bedeutung der Höhe der Kurtaxe und der Verwendung ihres Ertrages (Erw. 5).

93 I 236 () from 13. Juni 1967
Regeste: Besteuerung einer Lebensversicherungsgesellschaft mit Sitz im einen und Grundeigentum im andern Kanton, wenn beide Kantone das Reinvermögen und das Reineinkommen besteuern. Beim verhältnismässigen Schulden- und Schuldzinsenabzug hat der Liegenschaftskanton das Deckungskapital als Schuld und seine Verzinsung als Schuldzinsen zu behandeln, wobei als Zinsfuss nicht der sog. technische Zinsfuss, sondern der gesamtschweizerische durchschnittliche Hypothekarzinsfuss des für die Steuerbemessung massgebenden Jahres in Rechnung zu stellen ist.

93 I 350 () from 4. Oktober 1967
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde; Kultussteuer. 1. Da Art. 49 Abs. 6 BV kein unverzichtbares Recht gewährleistet, ist seine Verletzung im Anschluss an den Entscheid über die Kultussteuerpflicht zu rügen; die staatsrechtliche Beschwerde kann nicht erst gegen den Rechtsöffnungsentscheid geführt werden. 2. Kriterien für die Zugehörigkeit zu einer Religionsgenossenschaft. Formerfordernisse für den Austritt aus derselben.

93 I 415 () from 18. Oktober 1967
Regeste: Aufteilung des Gewinns bei interkantonalen Unternehmungen. Wenn die einzelnen Betriebsstätten selbständige Gewinn- und Verlustrechnungen führen, verdient die Verteilung des Gesamtgewinns nach den buchmässigen Gewinnsaldi der Betriebsstätten (sog. direkte Methode) grundsätzlich den Vorzug vor den indirekten Methoden. Anwendbarkeit der direkten Methoden auf eine Unternehmung, die in zwei Kantonen je eine Schule betreibt. Voraussetzungen undTragweite von Korrekturen der Steuerbehörden an den Gewinn- und Verlustrechnungen der beiden Schulbetriebe (Erw.3). Ist dem Kanton des Hauptsitzes ein Vorausanteil zuzuweisen? (Erw. 4).

93 I 542 () from 29. November 1967
Regeste: Besteuerung der an Kollektiv- und Kommanditgesellschaften beteiligten Personen. Behandlung von Forderungen, die den unbeschränkt haftenden Gesellschaftern neben ihren als solchen verbuchten Kapitalanteilen und den Kommanditären neben ihrer Kommandite gegen die Gesellschaft zustehen. Voraussetzungen, unter denen solche Guthaben als Anteile am Geschäftsvermögen zu betrachten und die Guthaben sowie ihre Erträgnisse daher nicht am Wohnsitz der Gesellschafter, sondern am Sitz der Gesellschaft zu versteuern sind (Erw. 1). Anwendung der massgebenden Kriterien auf das Kontokorrentguthaben eines Kommanditärs bei der Kommanditgesellschaft (Erw. 2).

94 I 37 () from 24. Januar 1968
Regeste: Kantonale Minimalsteuer auf Liegenschaften juristischer Personen. Eine Minimalsteuer von 2‰ des Verkehrswertes, die von allen juristischen Personen ohne Rücksicht auf ihren Sitz zu bezahlen Ist und nur erhoben wird, wenn und soweit sie die ordentlichenSteuern der betreffenden Steuerpflichtigen übersteigt, verstösst nicht gegen das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung.

94 I 318 () from 3. Juli 1968
Regeste: Doppelbesteuerung. Art. 46 Abs. 2 BV. 1. Verwirkung des kantonalen Besteuerungsrechtes wegen verspäteter Geltendmachung. Voraussetzungen. Legitimation zur Erhebung der Verwirkungseinrede (Erw. 4). 2. Allgemeines Steuerdomizil der natürlichen Person. - Verhältnis zum zivilrechtlichen Wohnsitz. Bestimmung des Steuerdomizils einer Person, die trotz Aufenthalt in der Schweiz keinen Wohnsitz (mehr) in diesem Land hat (Erw. 5a). - Allgemeines Steuerdomizil eines Rentners, der seinen bisherigen Wohnsitz aufgegeben und bis zu seinem 9 Monate später eingetretenen Tod keinen neuen Wohnsitz begründet hat (Erw. 5c, d). Bestimmung des Ortes, zu dem er in dieser Zeit die stärksten Beziehungen unterhalten und der daher als sein allgemeines Steuerdomizil zu gelten hat (Erw. 5e).

94 I 435 () from 2. Oktober 1968
Regeste: Steuerliche Behandlung des versicherungstechnischen Deckungskapitals beim verhältnismässigen Schulden- und Schuldzinsenabzugs. Wie bei der Lebensversicherung mit bestimmter Leistungspflicht im Einzelfall, ist auch bei der Rentenversicherung das versicherungstechnische Deckungskapital unter dem Gesichtspunkt von Art. 46 Abs. 2 BV als Schuld zu betrachten. Das gilt auch im Falle einer genossenschaftlich organisierten Pensionskasse, sofern diese das Deckungskapital für die auszuzahlenden Renten nach den Regeln der Versicherungsmathematik ermitteln kann. Der verhältnismässige Schuldzinsenabzug ist bei solchen Pensionskassen ebenfalls nach dem mittleren Hypothekarzinsfuss zu berechnen.

95 I 26 () from 2. April 1969
Regeste: Beteiligung an einer Mieter-Aktiengesellschaft. Auch bei Mieter-Aktiengesellschaften mit Sitz am Ort der Liegenschaft kommt dem Sitzkanton nur die Steuerhoheit über die Gesellschaft zu. Die Aktien und ihre Erträgnisse sind im Kanton des Wohnsitzes der Aktionäre zu besteuern. War der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes an einer Liegenschaft über eine Mieter-AG berechtigt, dann darf der entsprechende Teil des Nachlasses nur am Ort des letzten Wohnsitzes des Erblassers besteuert werden. Dies gilt (Steuerumgehung vorbehalten) selbst dann, wenn die Gesellschaft in jenem Zeitpunkt schon beschlossen hat, ihr Grundeigentum in das Miteigentum der Aktionäre übergehen zu lassen.

95 I 431 () from 9. Dezember 1969
Regeste: Zuständigkeit zur Besteuerung der Grundstückgewinne der Liegenschaftshändler und Generalbauunternehmer. Bedeutung des Umstandes, dass der Steuerpflichtige im Liegenschaftskanton eine Zweigniederlassung oder eine Betriebsstätte unterhält (Erw. 2). Begriff der ein besonderes Steuerdomizil begründenden Betriebsstätte. Erfordernis der Ständigkeit derselben. Anwendung auf das Baubüro einer Generalbauunternehmung (Erw. 3). Aufteilung des ausschliesslich aus Grundstückgewinnen stammenden Gesamtreingewinns einer Generalbauunternehmung zwischen dem Sitzkanton und dem Kanton, in dem sich ein als Betriebsstätte zu betrachtendes Baubüro befindet und die verkauften Grundstücke liegen (Erw. 4).

96 I 64 () from 11. März 1970
Regeste: Art. 4 und 46 Abs. 2 BV; kantonale Minimalsteuer auf Liegenschaften juristischer Personen. Die thurgauische Minimalsteuer auf dem Grundeigentum juristischer Personen verstösst weder gegen Art. 4 noch gegen Art. 46 Abs. 2 BV.

96 I 560 () from 16. September 1970
Regeste: Kantonale Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen der juristischen Personen. Rechtsgleichheit, Handels- und Gewerbefreiheit, Doppelbesteuerung, Verhältnis zur eidg. Warenumsatzsteuer. 1. Eine Minimalsteuer, die auf den Bruttoeinnahmen oder dem Umsatz berechnet und von den sog. "nichtgewinnstrebigen" Unternehmungen erhoben wird, ist im Rahmen eines auf dem Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beruhenden Steuergesetzes zulässig und verstösst an sich weder gegen Art. 4 noch 31 BV (Erw. 3). 2. Mit Art. 4 (und 31) BV vereinbar ist es, - dass die Minimalsteuer nur von den juristischen Personen zu entrichten ist (Erw. 4 a), - dass die Steuer nur auf den einen gewissen Betrag übersteigenden Bruttoeinnahmen berechnet wird (Erw. 4 c), - dass der Steuersatz für alle Branchen des Detailhandels gleich und überdies höher als derjenige für Engroshandels- und Fabrikationsunternehmungen ist (Erw. 4 f), - dass der Steuersatz 0,75 Promille beträgt (Erw. 4 e), - nicht dagegen, dass der Steuersatz progressiv. d.h. auf den einen bestimmten Betrag übersteigenden Bruttoeinnahmen höher ist (Erw. 4 d). 3. Die Minimalsteuer verletzt die Steuerhoheit des Bundes (Art. 41ter Abs. 2 lit. a BV) nicht (Erw. 5) und verstösst dann nicht gegen Art. 46 Abs. 2 BV, wenn sie bei einer Betriebsstätte nicht auf dem ganzen im Kanton erzielten, sondern nur auf dem um den Vorausanteil des Sitzkantons gekürzten Umsatz berechnet wird (Erw. 6).

97 I 36 () from 3. Februar 1971
Regeste: Proportionaler Schuldzinsenabzug. - Überblick über die bisherige Rechtsprechung (Erw. 2). - Betreibt der Steuerpflichtige ein Geschäft, so gehört zum Kapitaleinkommen, von dem die Schuldzinsen bei der interkantonalen Verlegung in erster Linie abzuziehen sind, neben dem Wertschriften- und Liegenschaftsertrag auch der Ertrag des im Geschäft investierten Eigenkapitals (Erw. 3). Zeitlicher Geltungsbereich des Doppelbesteuerungsverbotes. Ist Einkommen (oder Gewinn) zwischen Kantonen mit einjähriger und solchen mit zweijähriger Veranlagungs- und Bemessungsperiode aufzuteilen, so sind die Quoten jährlich zu berechnen (Erw. 4).

98 IA 86 () from 2. Februar 1972
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV. Der beim Verkauf sämtlicher oder der überwiegenden Mehrheit der Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft erzielte Gewinn untersteht der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons (Bestätigung der Rechtsprechung). Dies schliesst eine vorgängige Besteuerung des auf den Aktien entstandenen, noch nicht realisierten Wertzuwachses durch den Wohnsitzkanton des Aktionärs aus.

98 IA 163 () from 29. März 1972
Regeste: Art. 4 BV; Art. 2 Üb. Best. BV; Handänderungsabgabe. Art. 7 Abs. 1 des bernischen Gesetzes über die Handänderungs- und Pfandrechtsabgaben vom 15. November 1970 (Besteuerung der anlässlich eines Grundstückerwerbs mitveräusserten Zugehör) verstösst weder gegen Art. 4 BV noch gegen die derogatorische Kraft des Bundesrechts.

98 IA 212 () from 3. Mai 1972
Regeste: Doppelbesteuerung. 1. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde auch bei Einigung der beteiligten Kantone über die Steuerausscheidung (Erw. 1). 2. Nichtkaufmännische Kollektivgesellschaft, die aus Angehörigen einer Familie besteht und sich ausschliesslich mit der Verwaltung des gemeinsamen Vermögens der Gesellschafter befasst. Handelt es sich um eine gewöhnliche Vermögensverwaltung und besitzt die Gesellschaft keine ständigen körperlichen Anlagen und Einrichtungen für einen Geschäftsbetrieb, so sind die einzelnen Gesellschafter für ihren Anteil am Gesellschaftsvermögen und andessen Ertrag nicht an dem im Handelsregister eingetragenen Sitz der Gesellschaft, sondern an ihrem Wohnsitz zu besteuern (Erw. 3).

98 IA 574 () from 20. Dezember 1972
Regeste: Art. 4 BV (Willkür); interkommunale Doppelbesteuerung (Wallis). Art. 46 Abs. 2 BV ist auf die Doppelbesteuerung durch mehrere Gemeinden desselben Kantons nicht anwendbar. Verweist aber das kantonale Recht für die interkommunale Steuerausscheidung ausdrücklich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur interkantonalen Doppelbesteuerung, so werden die von dieser Rechtsprechung aufgestellten Regeln zum Inhalt kantonalen Rechts,dessen Anwendung das Bundesgericht auf eine Verletzung von Art. 4 BV hin überprüfen kann. Fall der Steuerausscheidung zwischen zwei Walliser Gemeinden.

99 IA 223 () from 23. Mai 1973
Regeste: Doppelbesteuerung 1. Steuerhoheit über Renten im allgemeinen (E. 2). 2. Steuerhoheit über eine Leibrente, die dem nicht im Liegenschaftskanton wohnhaften Grundeigentümer für die Einräumung eines Kaufsrechtes am Grundstück entrichtet wird (E. 3).

99 IA 232 () from 11. Juli 1973
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV, Doppelbesteuerung; Versicherungsleistungen. Das Kapital, das von einem Arbeitgeber oder einer Personalfürsorgestiftung beim Tod des versicherten Arbeitnehmers an dessen Hinterbliebene ausgerichtet wird, unterliegt im interkantonalen Verhältnis der Einkommens- und nicht der Erbschaftssteuer.

99 IA 535 () from 20. Juni 1973
Regeste: Art. 85 lit. a OG, Art. 4 BV; Landratsbeschluss über die Erhöhung der kantonalen Motorfahrzeugabgaben; Gewaltentrennung, Willkür. 1. Im Kanton Basel-Landschaft ist eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Verkehrssteuern vorhanden (Erw. 3). 2. Für die Zulässigkeit einer Gesetzesdelegation an das kantonale Parlament sind nicht die gleichen Kriterien massgebend wie für die Delegation an die Exekutive. § 1 des kantonalen Gesetzes aus dem Jahre 1910, der den Landrat ermächtigt, die Verkehrsabgaben festzusetzen, verstösst nicht gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung (Erw. 4). 3. Die Erhöhung der basellandschaftlichen Verkehrsabgaben um 40% ist angesichts der vom Kanton zu tragenden Kosten für das Strassenwesen vertretbar (Erw. 5).

100 IA 244 () from 22. Mai 1974
Regeste: Art. 4 und 46 Abs. 2 BV. Kantonale Minimalsteuer auf dem Grundeigentum juristischer Personen (hier: einer Lebensversicherungsgesellschaft). Begrenzung dieser Minimalsteuer aufgrund von Art. 46 Abs. 2 BV.

101 IA 182 () from 17. Juni 1975
Regeste: Art. 4 BV; Freiburger Gesetz vom 25. September 1974 über die Besteuerung der Schiffe. Rechtliche Natur der Schiffssteuer (E. 1). Art. 2 Abs. 3 des Gesetzes, der die Steuer für ausserhalb des Kantons ansässige Schiffshalter auf das Doppelte erhöht, verstösst gegen den Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung (E. 2). Eingeschränkte Befugnis des Verfassungsrichters zur Überprüfung des Steuertarifs an sich (E. 3).

101 IA 384 () from 24. September 1975
Regeste: Art. 46 BV; Zwischentaxation bei Änderung der für die interkantonale Steuerausscheidung massgebenden Verhältnisse. Erwirbt ein Steuerpflichtiger ausserhalb seines Wohnsitzkantons eine Liegenschaft, so kann der Kanton der gelegenen Sache sein Besteuerungsrecht über die Liegenschaft und den daraus fliessenden Ertrag ihm gegenüber vom Zeitpunkt des Erwerbes an geltend machen. Der Wohnsitzkanton, der das in die Liegenschaft investierte Vermögen und seinen Ertrag für eine längere Veranlagungsperiode steuerlich bereits erfasst hat, hat zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung von Bundesrechts wegen eine entsprechende Zwischenveranlagung vorzunehmen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige während der im Wohnsitzkanton laufenden Steuerperiode im betreffenden Drittkanton nacheinander mehrere Liegenschaften erwirbt und die zwischen den beiden Kantonen zu treffende Steuerausscheidung infolgedessen in kurzen Zeitabständen wiederholt korrigiert werden muss.

102 IA 143 () from 19. Mai 1976
Regeste: Kurtaxe, Art. 4 und 46 Abs. 2 BV. Die Kurtaxe ist eine Steuer. Sie ist mit Art. 4 und 46 Abs. 2 BV vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, ausschliesslich dem Zwecke des Kurbetriebes dient und es sich um eine Steuer von geringer Höhe handelt (E. 2a). Art. 4 BV wird nicht dadurch verletzt, dass Passanten die Kureinrichtungen mitbenützen, wenn dem Verhältnis zwischen ihnen und den Kurgästen bei der Bemessung der Kurtaxe Rechnung getragen wird (E. 2c).

103 IA 159 () from 23. März 1977
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Besteuerung des beim Verkauf von Aktien einer Holdinggesellschaft erzielten Gewinns. Dem Verkauf der Aktien einer reinen Immobilien-Aktiengesellschaft steuerlich gleichgestellter Verkauf der Aktien einer Holdinggesellschaft, deren Aktiven aus Grundstücken und Beteiligungen an Immobilien-Aktiengesellschaften bestehen. Die Steuerhoheit des Liegenschaftskantons gilt unter bestimmten Voraussetzungen auch für den von einem Minderheitsaktionär erzielten Gewinn.

103 IA 233 () from 22. Juni 1977
Regeste: Art. 4 BV; Steuerausscheidung gegen über dem Ausland aufgrund des kantonalen Rechts. 1. Kassatorische Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1). 2. Ist für die Steuerausscheidung gegenüber dem Ausland ausschliesslich das kantonale Recht massgebend, so erfolgt die Überprüfung durch das Bundesgericht auch dann nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür, wenn das kantonale Recht die bundesrechtlichen Grundsätze zur Vermeidung der interkantonalen Doppelbesteuerung als anwendbar erklärt (E. 2). 3. Es ist nicht willkürlich, wenn die Steuerausscheidung hinsichtlich des Ertrags einer international tätigen Versicherungsgesellschaft nach Quoten geschieht und die Quoten aufgrund der Prämieneinnahmen ermittelt werden, sofern auf diese Weise die Bedeutung der Betriebsstätten für die Erzielung des Gesamtertrags richtig zum Ausdruck gebracht wird (E. 3, E. 4a); diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle nicht erfüllt (E. 4b).

104 IA 251 () from 22. Februar 1978
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Doppelbesteuerung. Gewinn aus dem Verkauf von Aktien einer Gesellschaft, welche keine Immobiliengesellschaft im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, sondern eine Betriebsgesellschaft darstellt (E. 3a). Keine Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (E. 3b).

104 IA 256 () from 5. Juli 1978
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV. Grundsätze über die Behandlung der Abzüge vom Reineinkommen der natürlichen Personen im interkantonalen Doppelbesteuerungsrecht (Erw. 4, Zusammenfassung der Praxis), insbesondere des Abzuges für gemeinnützige Zuwendungen (Erw. 5).

107 IA 41 () from 18. Februar 1981
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV (Doppelbesteuerungsverbot). Wohnt ein Kollektivgesellschafter nicht im Sitzkanton der Gesellschaft und kennen die Kantone, denen er wirtschaftlich zugehört, das System der Reineinkommensbesteuerung, so bedeutet es eine unzulässige Doppelbesteuerung, wenn er seinen Anteil am Passivsaldo der Kollektivgesellschaft nicht am Hauptsteuerdomizil vom rohen Einkommen abziehen kann.

108 IA 252 () from 19. November 1982
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV (Erbschaftssteuer). Virtuelle Doppelbesteuerung (E. 2). Wohnsitz im Steuerrecht (E. 3-5). Die Erhebung von Erbschaftssteuern vom beweglichen Vermögen steht dem Wohnsitzkanton des Erblassers zu; dies gilt für Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft, deren Liegenschaften nicht im Wohnsitzkanton des Erblassers liegen, auch wenn sämtliche Aktien oder deren überwiegende Mehrheit dem Erblasser gehörten (E. 6).

109 IA 312 () from 14. Oktober 1983
Regeste: Art. 4 und 46 Abs. 2 BV; Minimalsteuer. Die st. gallische Minimalsteuer auf dem Grundeigentum steht, auch wenn sie bloss die juristischen Personen trifft, mit der Rechtsgleichheit nicht in Widerspruch (E. 3). Dass die Steuer auch auf dem Anlagevermögen der Gesellschaften erhoben wird, die im Kanton eine Zweigniederlassung führen, verstösst nicht gegen das Doppelbesteuerungsverbot (E. 4a und b); dabei ist unerheblich, ob die Gesellschaft der Minimalsteuer unterworfen wäre, wenn ihr Hauptsitz im Kanton läge (E. 4c). Ebenso ist nicht verfassungswidrig, dass kein Vorausanteil für den Sitzkanton abgezogen wird (E. 4d), und dass auch die Liegenschaft, in der nebenbei auch noch die Zweigniederlassung betrieben wird, dem Anlagevermögen zugerechnet wird (E. 4e).

110 IA 190 () from 2. November 1984
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Betriebsstätte einer Bauunternehmung. Die Unternehmung, die sich an einem Konsortium beteiligt, welches ein umfangreiches Werk (Staudamm) während mehrerer Jahre erstellt und zu diesem Zweck über feste Betriebseinrichtungen, eine eigene Geschäftsleitung und eine separate Buchhaltung verfügt, hat am Orte der Werkausführung eine Betriebsstätte, die im betreffenden Kanton die Steuerpflicht der Unternehmung entstehen lässt. Dazu ist nicht erforderlich, dass die festen Einrichtungen des Konsortiums der Erstellung mehrerer Werke unbestimmter Anzahl dienen.

111 IA 44 () from 19. April 1985
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; doppelbesteuerungsrechtliche Abgrenzung zwischen Kapitalgewinn- und Mehrwertbesteuerung auf beweglichem Privatvermögen. 1. Keine Prüfung von Amtes wegen, ob die vom Beschwerdeführer nicht angefochtene konkurrierende Steuerveranlagung eines andern Kantons das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung verletzt (E. 1b). 2. Der Wohnsitzkanton ist zur Besteuerung der Veräusserungsgewinne auf beweglichem Privatvermögen zuständig (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 3a). Er ist doppelbesteuerungsrechtlich nicht gehalten, der Gewinnermittlung einen Einstandswert zugrunde zu legen, der in einem anderen Kanton anlässlich der Besteuerung eines nicht geldwert realisierten Mehrwertes für die Mehrwertermittlung herangezogen wurde (E. 3b und c).

111 IA 120 () from 1. März 1985
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Buchgewinne auf Kapitalanlageliegenschaften. Fall einer Unternehmung, die in einem Kanton, in dem sie keine Betriebsstätte unterhält, Liegenschaften besitzt. Wertet die Unternehmung die Liegenschaften auf ihren ursprünglichen Anlagewert auf, indem sie früher getätigte Abschreibungen reaktiviert, so unterliegt der ganze Buchgewinn der Besteuerung im Liegenschaftskanton; und zwar auch dann, wenn die Abschreibungen mangels genügenden Liegenschaftsertrags seinerzeit (zum Teil) zu Lasten des Unternehmenserfolgs vorgenommen wurden.

111 IA 220 () from 31. Oktober 1985
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Unkostenabzug bei der Ermittlung des steuerbaren Grundstückgewinnes einer interkantonalen Immobiliengesellschaft. 1. Der von einer kantonalen Steuerverwaltung unterbreitete Vorschlag für die interkantonale Repartition der Erträge und Unkosten ist kein mit Doppelbesteuerungsbeschwerde anfechtbarer Hoheitsakt (E. 1b). 2. Die für gewerbsmässige Liegenschaftenhändler und Generalbauunternehmer entwickelte bundesgerichtliche Kollisionsregel, wonach der Liegenschaftskanton bei der Ermittlung des steuerbaren Grundstückgewinnes einen Anteil an den mit dem Verkauf zusammenhängenden Unkosten des Liegenschaftenhändlers am Hauptsitz zu übernehmen hat, kann bei Immobiliengesellschaften nicht angewandt werden (E. 2 und 3).

111 IA 318 () from 5. Dezember 1985
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Liegenschaftenhändler, Aufwandüberschuss in einem Liegenschaftskanton. Der Wohnsitzkanton ist auch dann nicht verpflichtet, bei der Bemessung des im Kanton steuerbaren Einkommens eines Liegenschaftenhändlers den Aufwandüberschuss eines Liegenschaftskantons zu berücksichtigen, wenn dieser Überschuss auf geschäftsmässig begründete hohe ausserordentliche Abschreibungen zurückzuführen ist. Solche Aufwandüberschüsse sind dem Liegenschaftskanton zur Verrechnung mit Erträgen und Veräusserungsgewinnen späterer Steuerperioden zuzuweisen.

113 IA 465 () from 20. November 1987
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Doppelbesteuerungsverbot. Der ledige Steuerpflichtige, der in der Nähe des Familienortes eine eigene Wohnung nimmt, obwohl sich dies aus Gründen des Arbeitsverhältnisses nicht aufdrängt, begründet einen eigenen - vom Familienort unabhängigen - Wohnsitz, wie eng die familiären Beziehungen auch sein mögen.

115 IA 73 () from 27. Januar 1989
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Vorentscheid über die subjektive Steuerpflicht; Beginn der Frist für die Anfechtung mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Doppelbesteuerung.

115 IA 212 () from 14. Juli 1989
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Art. 6 lit. c des Konkordats über die Gewährung gegenseitiger Rechtshilfe. 1. Rechtsöffnung für eine ausserkantonale Steuerforderung; Zulässigkeit der Einrede der Doppelbesteuerung (E. 1 u. 2). 2. Steuerdomizil eines in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Steuerpflichtigen (E. 3).

116 IA 127 () from 30. März 1990
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV (Verbot der Doppelbesteuerung); Steuerausscheidung bei Kapitalanlageliegenschaften ausserhalb des Sitzkantons. Wo die zeitliche Bemessung der Steuern in den verschiedenen beteiligten Kantonen voneinander abweicht, ist zur Vermeidung der Schlechterstellung auch in den Kantonen mit zweijähriger Pränumerandobesteuerung eine jährliche Steuerausscheidung vorzunehmen (E. 2d). Der Liegenschaftskanton, der die Möglichkeit der Verrechnung von Verlusten aus früheren Perioden kennt, verletzt das Schlechterstellungsverbot, wenn er den aus den Liegenschaften in seinem Kanton erzielten Gewinn nicht mit einem Liegenschaftsverlust aus der Vorperiode verrechnen lässt. Eine solche Verrechnung von Aufwandüberschüssen in der Zeit hat Vorrang vor der Verrechnung in anderen Kantonen (E. 3 und 4). Der Sitzkanton verletzt das Schlechterstellungsverbot, wenn er den im Liegenschaftskanton nicht verrechenbaren Verlust auf der ausserkantonalen Liegenschaft nicht zum Abzug vom Reinertrag zulässt (E. 5).

117 IB 248 () from 27. September 1991
Regeste: Art. 49 Abs. 1 lit. b und 52 Abs. 2 BdBSt, Art. 7 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Frankreich vom 9. September 1966 sowie Art. 41ter Abs. 5 lit. a BV; Ausscheidung des auf die schweizerische Betriebsstätte einer französischen Bank entfallenden Kapitals und Ertrags. Grundsätze und Methoden der Veranlagung für die direkte Bundessteuer bei der schweizerischen Betriebsstätte einer ausländischen Unternehmung (E. 1 und 3). Abgrenzung von Sachverhaltsfeststellung und Rechtsfrage (E. 2). Es verstösst nicht gegen Bundesrecht, den Kapital- und Ertragsanteil der schweizerischen Betriebsstätte, bei gleichzeitiger direkter Ermittlung der massgeblichen Beträge gestützt auf die Buchhaltung, als Quote der entsprechenden Gesamtfaktoren der ausländischen Unternehmung auszuscheiden (E. 4). Für die Kapitalstruktur einer ausländischen Bank in der Schweiz ist das entsprechende ausländische Recht und nicht das schweizerische Bankenrecht massgeblich. Es verletzt daher Bundesrecht nicht, das unverzinsliche Eigenkapital und die darauf vergüteten Zinsen nicht gemäss den strengeren Minimalvorschriften, die für schweizerische Banken gelten, aufzurechnen (E. 5). Der Reingewinn wurde auch nicht durch kalkulatorische Zinsen zum Nachteil des Fiskus zu niedrig ausgewiesen (E. 6).

118 IA 41 () from 28. Februar 1992
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Doppelbesteuerung; unverteilte Erbschaft. 1. Besteuerung des beweglichen und des unbeweglichen Vermögens (E. 3). 2. Besteuerung der Erbansprüche bei streitiger Erbfolge oder umstrittenen Erbquoten (E. 4-5). 3. Bedeutung von Teilungsvorschriften des Erblassers für die Besteuerung (E. 6).

118 IA 277 () from 4. Dezember 1992
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Kinderalimente. Kinderalimente sind im interkantonalen Verhältnis beim Empfänger zu besteuern und beim Verpflichteten zum Abzug zuzulassen (Änderung der Rechtsprechung).

118 IB 60 () from 12. Februar 1992
Regeste: Gesuch um Aufnahme im Schiffsregister und um Eintragung eines gesetzlichen Pfandrechtes; Abweisung des Gesuchs durch den Grundbuchverwalter mangels Einregistrierung der Urkunden, welche die Anmeldung zur Eintragung im Grundbuch zum Gegenstand haben, bei der kantonalen Steuerverwaltung. 1. Gemäss Art. 3 lit. b des genferischen Gesetzes über die sog. Einregistrierungsgebühren unterliegen alle Urkunden ("actes, écrits et pièces"), welche eine Anmeldung zur Eintragung im Grundbuch des Kantons Genf zum Gegenstand haben, der Einregistrierung. Die Auslegung der kantonalen Aufsichtsbehörde über das Grundbuch, wonach sich diese Bestimmung auch auf das Schiffsregister beziehe, ist nicht unhaltbar (E. 2). 2. Neben den eigentlichen Gebühren sind auch die Handänderungsgebühren zu jenen öffentlichrechtlichen Geldleistungen zu zählen, von deren Erfüllung die Kantone die Eintragung im Grundbuch abhängig machen können (E. 3a). Im Kanton Genf sind die Einregistrierungsgebühren für Urkunden und Rechtsgeschäfte, welche dem Erfordernis der Einregistrierung unterworfen sind, wegen ihrer Rechtsgrundlage als Handänderungsgebühren zu betrachten (E. 3b).

119 IA 46 () from 12. März 1993
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Änderung der für die interkantonale Steuerausscheidung massgebenden Verhältnisse. 1. Beim Erwerb einer ausserkantonalen Liegenschaft darf der Kanton der gelegenen Sache die Liegenschaft und deren Ertrag vom ersten Tag an besteuern; der Wohnsitzkanton, der das in die neue Liegenschaft investierte Vermögen und seinen Ertrag steuerlich für eine längere Veranlagungsperiode bereits erfasst hat, ist zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung von Bundesrechts wegen verpflichtet, eine Zwischenveranlagung vorzunehmen (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 3). 2. Sofern durch den Erwerb der Liegenschaft der proportionale Anteil der gesamten Schulden an den gesamten Aktiven gestiegen ist, hat der Wohnsitzkanton einen verhältnismässigen Anteil an den gesamten bisherigen und neuen Schulden und Schuldzinsen zu übernehmen (E. 4 und 5). 3. Zur Bestimmung des Steuersatzes darf der Wohnsitzkanton auf die Werte gemäss bisheriger Veranlagung abstellen (E. 6).

120 IA 95 () from 25. Februar 1994
Regeste: Art. 88 OG, Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV; Parteifähigkeit (Legitimation) eines Kantons bei Lohnstreitigkeit im öffentlichen Dienstrecht (Basler Kindergärtnerinnen). Ein Kanton kann ein gestützt auf Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV ergangenes Urteil seines Verwaltungsgerichts weder in der Sache selber (E. 1) noch in bezug auf angebliche Verfahrensfehler (E. 2) mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechten. Frage offengelassen, wie es sich bei einem privatrechtlichen Dienstverhältnis verhalten würde (E. 1c/cc).

120 IA 349 () from 2. Dezember 1994
Regeste: Doppelbesteuerungsverbot: Art. 46 Abs. 2 BV. Interkantonale Doppelbesteuerung: Grundsätze der Schulden- und Schuldzinsenverlegung (E. 2 u. 3). Anwendung der Grundsätze (E. 4), insbesondere Abgrenzung von Privat- und Geschäftsvermögen bei einer Beteiligung an einer einfachen Gesellschaft, die eine Geschäftsliegenschaft innehat (E. 4c). Proportionale Verteilung der Schuldzinsen: Verlegung nach Lage der Aktiven, primär auf die Vermögenserträge: Beim Eigenmietwert der Liegenschaften ist auf die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung festgesetzten Eigenmietwerte abzustellen. Bei Geschäftsvermögen wird der Vermögensertrag nicht genau berechnet, sondern pauschal, aufgrund einer angemessenen Verzinsung des Eigenkapitals (5%) (E. 5 u. 6).

120 IA 361 () from 2. Dezember 1994
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV (Verbot der Doppelbesteuerung); Abzug des AHV-Sonderbeitrages bei der Veräusserung einer ausserkantonalen geschäftlichen Liegenschaft. Der zufolge Veräusserung einer ausserhalb des Wohnsitzkantons des Steuerpflichtigen gelegenen geschäftlichen Liegenschaft geschuldete AHV-Sonderbeitrag (Art. 23bis AHVV; SR 831.101) ist vollumfänglich dem Liegenschaftskanton zuzuweisen.

121 I 14 () from 3. Februar 1995
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Interkantonale Doppelbesteuerung; Teilung der Steuerhoheit. Steuerdomizil, wenn Familienort und Arbeitsort nicht zusammenfallen. Teilung der Steuerhoheit (E. 4). Bestimmung des Steuerdomizils bei getrenntem Wohnsitz der Ehegatten. Auswirkungen des neuen Eherechts (E. 5). Grundsätze für die Steuerausscheidung bei geteilter Steuerhoheit (E. 6).

121 I 75 () from 21. April 1995
Regeste: Art. 4 BV; Art. 46 Abs. 2 BV; Kinderalimente. Kinderalimente stehen im interkantonalen Verhältnis dem Wohnsitzkanton des Empfängers zur ausschliesslichen Besteuerung zu; selbst wenn dieser Kanton sie nicht besteuert, muss sie der Wohnsitzkanton des Verpflichteten zum Abzug von dessen steuerbarem Einkommen zulassen (E. 2). Im innerkantonalen Verhältnis steht es den Kantonen bis zur vollen Wirksamkeit des Steuerharmonisierungsgesetzes frei, die Kinderalimente beim Verpflichteten nicht zum Abzug zuzulassen (E. 3).

121 I 150 () from 20. Juni 1995
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Ehegattenalimente. Getrennte oder geschiedene Ehegatten sind mit Bezug auf die Unterhaltszahlungen in besonderer Weise rechtlich und wirtschaftlich verbunden. Im interkantonalen Verhältnis ist daher das Doppelbesteuerungsverbot zu beachten (Änderung der Rechtsprechung). Die Unterhaltszahlungen stehen im interkantonalen Verhältnis dem Wohnsitzkanton des Empfängers zur ausschliesslichen Besteuerung zu; der Wohnsitzkanton des Verpflichteten muss sie zum Abzug von dessen steuerbarem Einkommen zulassen.

123 I 264 () from 26. September 1997
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV (Verbot der Doppelbesteuerung; Besteuerung der Nacherbschaft). Der Nacherbe erwirbt die Erbschaft des Erblassers, weshalb die Besteuerung der Nacherbschaft dem Kanton des letzten Wohnsitzes des Erblassers zur Besteuerung zusteht (E. 2).

123 I 289 () from 17. Oktober 1997
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV (Verbot der Doppelbesteuerung; Steuerdomizil), Art. 89 OG (Beginn der Beschwerdefrist). Die Frist für die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV beginnt mit der Zustellung des kantonalen Steuerdomizilentscheids. Erwächst dieser unangefochten in Rechtskraft, kann auf die Frage des Steuerdomizils im nachfolgenden Veranlagungsverfahren nicht zurückgekommen werden (Bestätigung der Rechtsprechung). Der Steuerdomizilentscheid betrifft die Zeit bis zum Ende der im Zeitpunkt des Entscheids laufenden Veranlagungsperiode (E. 1). Steuerdomizil von verheirateten Personen mit Beziehungen zu mehreren Orten (E. 2).

123 I 325 () from 17. Oktober 1997
Regeste: Art. 87 OG; Vorentscheid über die Steuerpflicht. Überblick über die Rechtsmittel im Zusammenhang mit Fragen der Steuerpflicht. Im vorliegenden Fall ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV gemäss Art. 87 OG unzulässig, weil der angefochtene Zwischenentscheid, bei dem es ausschliesslich um die Frage der Steuerpflicht des Beschwerdeführers geht, für diesen keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat (E. 3).

125 I 54 () from 17. November 1998
Regeste: Art. 46 Abs. 2 BV; Steuerdomizil lediger Arbeitnehmer. Das Steuerdomizil von ledigen Arbeitnehmern befindet sich grundsätzlich am Arbeitsort; mögliche Ausnahmen. Zusammenfassung der Rechtsprechung (E. 2). Beweislast für einen vom Arbeitsort abweichenden Lebensmittelpunkt (E. 3a). Arbeitsort als Steuerdomizil mangels familiärer Beziehungen zum Wochenendaufenthaltsort (E. 3b).

125 I 458 () from 27. Oktober 1999
Regeste: Art. 83 lit. b OG, 46 Abs. 2 BV; Abgrenzung der kantonalen Befugnis zur Besteuerung von pendelnden Arbeitnehmern. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Klage; aktuelles Interesse; Parteianträge (E. 1). Zusammenfassung der Rechtsprechung zum Steuerdomizil der Arbeitnehmer. Grundsatz der Besteuerung am Wohnsitz (E. 2). Die Hinweise auf das Binnenmarktgesetz, auf die Regelungen für Grenzgänger und auf das Recht der Europäischen Gemeinschaft rechtfertigen keine generelle Praxisänderung (E. 3 und 4). Unter Vorbehalt von besonderen Fällen verletzt die Beanspruchung der Besteuerung der Einkommen von waadtländischen Pendlern durch die Genfer Steuerbehörden die Steuersouveränität des Kantons Waadt (E. 5).

128 I 254 () from 14. August 2002
Regeste: Art. 49 Abs. 1 BV; zuständige kantonale Behörde gemäss Art. 25 Abs. 2 RPG. Art. 25 Abs. 2 RPG verlangt im Interesse einer gesamtkantonal einheitlichen und rechtsgleichen Rechtsanwendung, dass sämtliche Gesuche für Bauvorhaben ausserhalb der Bauzone von einer kantonalen Behörde behandelt werden (E. 3). Art. 84 Abs. 1 des Berner Baugesetzes, der diese Kompetenz auf die (derzeit insgesamt 26) Regierungsstatthalter überträgt, erfüllt diese Anforderung nicht (E. 4).

130 II 65 () from 19. Dezember 2003
Regeste: Art. 145 Abs. 1 DBG; Art. 50 Abs. 3 und Art. 73 Abs. 1 StHG; Art. 129 BV; Verpflichtung der Kantone, für Beschwerden betreffend die direkte Bundessteuer und die harmonisierten kantonalen Steuern einen einheitlichen Instanzenzug zu schaffen; direkte Bundessteuer 2001. Die Kantone können sowohl für die direkte Bundessteuer (Art. 145 Abs. 1 DBG) als auch für die harmonisierten kantonalen Steuern (Art. 50 Abs. 3 StHG) eine oder zwei verwaltungsunabhängige Beschwerdeinstanzen vorsehen. Letztinstanzliche kantonale Entscheide im Sinne von Art. 73 Abs. 1 StHG (E. 2 und 3). Grundsätze der Gesetzesauslegung (E. 4). Tragweite der verfassungsmässigen Organisations- und Verfahrensautonomie der Kantone (E. 5.1) und von Art. 129 BV, welcher die Steuerharmonisierung auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht vorschreibt (E. 5.2). Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens in den Kantonen (E. 5.3). Erlaubt ein Kanton für die harmonisierten kantonalen Steuern den Weiterzug des Beschwerdeentscheides an eine weitere verwaltungsunabhängige Instanz, muss er gemäss Art. 145 Abs. 1 DBG in Verbindung mit Art. 50 Abs. 3 StHG denselben Rechtsmittelweg auch für die direkte Bundessteuer vorsehen (E. 6). Nichteintreten und Rückweisen der Sache an die obere kantonale Beschwerdeinstanz (E. 7).

133 I 206 () from 1. Juni 2007
Regeste: Art. 8 Abs. 1, 49 Abs. 1, 127 Abs. 2 BV; Art. 88 OG; Verfassungsmässigkeit der degressiven Obwaldner Steuertarife; Eintretensfragen; Folgen festgestellter Verfassungswidrigkeit. Legitimation zur Anfechtung von Steuertarifen mit staatsrechtlicher Beschwerde (E. 2). Unzulässigkeit der Beschränkung der Anfechtung auf einzelne Tarifpositionen oder Teile des Tarifs (E. 3). Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV; E. 4). Tarifautonomie der Kantone (E. 5). Besteuerungsgrundsätze gemäss Art. 127 Abs. 2 BV und deren Bedeutung für die Kantone (E. 6). Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als allgemeines Konzept, welches der Konkretisierung bedarf (E. 7.1 und 7.2); das Leistungsfähigkeitsprinzip aus finanzwissenschaftlicher Sicht (E. 7.3); Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips anhand der rechtlichen Grundordnung (E. 7.4). Progressive, proportionale und degressive Steuertarife (E. 8.1). Anforderungen, die das Leistungsfähigkeitsprinzip an die Tarifgestaltung stellt, und Kognition des Bundesgerichts bei der Überprüfung von Steuertarifen (E. 8.2). Degressive Tarife im Besonderen (E. 8.3). Der neue Obwaldner Einkommenssteuertarif widerspricht dem allgemeinen Rechtsgleichheitsgebot und dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (E. 9). Weder Gründe des Steuerwettbewerbs (E. 10) noch andere fiskalische oder ausserfiskalische Zielsetzungen (E. 11) vermögen den verfassungsrechtlichen Mangel zu beheben. Gleiche Beurteilung bezüglich des neuen Obwaldner Vermögenssteuertarifs (E. 12). Folgen der festgestellten Verfassungsverletzung (E. 13).

135 I 28 (9C_914/2007) from 12. Dezember 2008
Regeste: Art. 11 Abs. 1 und 2, Art. 48 Abs. 2 und Art. 50 Abs. 2 sowie Art. 51 Abs. 5 BVG; Art. 34quater Abs. 3 aBV und Art. 113 BV, Art. 49 Abs. 1 BV; § 1 Abs. 1 lit. b des kantonalen Gesetzes vom 30. August 2006 über die Zuger Pensionskasse; Versicherung des gemeindlichen Lehrpersonals bei der Vorsorgeeinrichtung des Kantons. Die Gemeinden sind befugt, zur Durchführung der beruflichen Vorsorge ihres Personals eine eigene Vorsorgeeinrichtung zu errichten oder sich zu diesem Zweck einer registrierten Vorsorgeeinrichtung, beispielsweise jener des betreffenden Kantons, anzuschliessen. Eine kantonalrechtliche Regelung, welche den Anschluss einer Gemeinde mit dem gesamten oder allenfalls einem Teil ihres Personals - i.c. Lehrerinnen und Lehrer an den kommunalen Schulen - an eine bestimmte Vorsorgeeinrichtung vorschreibt, ist bundesrechtswidrig (E. 5).

135 II 94 (2C_25/2009) from 5. Februar 2009
Regeste: Art. 86 Abs. 2 und 3 BGG; Eintretensvoraussetzung des Erfordernisses eines oberen Gerichts als unmittelbare kantonale Vorinstanz des Bundesgerichts (hier im Zusammenhang mit einer ausländerrechtlichen Administrativhaft). Das Haftgericht der Untersuchungsregion Bern-Mittelland genügt den gesetzlichen Anforderungen an ein oberes Gericht nicht. Ebenfalls nicht erfüllt sind die Voraussetzungen für eine Ausnahme von diesem Erfordernis (E. 3-5). Rechtsfolgen des Fehlens eines oberen Gerichts als unmittelbare kantonale Vorinstanz des Bundesgerichts (E. 6).

136 I 220 (8C_212/2009) from 15. April 2010
Regeste: Art. 49 BV; Art. 64a und 65 KVG; Art. 31 Abs. 1 und 2 des Einführungsgesetzes des Kantons Glarus vom 7. Mai 2006 zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung); Prämienverbilligung. Eine kantonale Regelung, gemäss welcher Prämienverbilligungsbeiträge mit Steuerschulden verrechnet werden können, ist mit der Zielsetzung des KVG nicht vereinbar und daher bundesrechtswidrig (E. 6.4.3).

138 I 305 (1D_6/2011) from 12. Juni 2012
Regeste: Zulässigkeit der Rügen der Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) und des Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 Abs. 1 BV) in Einbürgerungsangelegenheiten. Art. 14 des Bürgerrechtsgesetzes (BüG) dient individuellen Interessen und regelt materielle Einbürgerungsvoraussetzungen konkret, indem (Mindest-)Kriterien der Eignung festgelegt werden. Art. 14 BüG verschafft einer einbürgerungswilligen Person im Ergebnis eine hinreichend klar umschriebene Rechtsposition, die es ihr ermöglicht, sich im Verfahren der subsidiären Verfassungsbeschwerde auf das Willkürverbot (Art. 9 BV) und den Grundsatz der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV) zu berufen (E. 1.4.5 und 1.4.6). Materiell verstösst der angefochtene Entscheid nicht gegen das Willkürverbot (E. 4).

138 I 435 (2C_698/2011) from 5. Oktober 2012
Regeste: Art. 3, 44, 48, 49 Abs. 1, Art. 104 und 118 Abs. 2 lit. a BV; Art. 82 lit. b, Art. 87, 89 und 101 BGG; Art. 1 ff. BetmG; Art. 169 ff. LwG; Westschweizer Konkordat vom 29. Oktober 2010 über Anbau und Handel von Hanf; abstrakte Normenkontrolle; Zulässigkeit; Vorrang des Bundesrechts. Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Westschweizer Konkordat vom 29. Oktober 2010 über Anbau und Handel von Hanf (E. 1). Nur das Bundesgericht ist zuständig für eine abstrakte Normenkontrolle eines Konkordats; das kantonale Verfassungsgericht kann lediglich gegen den kantonalen Beitritt zum Konkordat angerufen werden (E. 1.3 und 1.4). Beschwerdefrist und Beschwerderecht (E. 1.5 und 1.6). Sofern das Konkordat Verletzungen des Bundesrechts im Bereich der Betäubungsmittel und des Landwirtschaftsrechts vorbeugen soll und es zudem die gleichen Ziele wie der Bundesgesetzgeber verfolgt, verletzt es - obwohl nicht Hanf als Betäubungsmittel geregelt worden ist - den Vorrang des Bundesrechts und ist demnach aufzuheben (E. 3).

138 IV 40 (1C_365/2011, 1C_371/2011) from 6. Januar 2012
Regeste: Art. 9 Satz 2 und Art. 12 Abs. 1 IRSG, Art. 50 Abs. 3 VStrR, Art. 248 Abs. 3 StPO, Art. 33 lit. b und Art. 65 StBOG, Art. 30 Abs. 1 und Art. 164 Abs. 1 lit. f BV; Entsiegelungsgesuch der Oberzolldirektion im Rechtshilfeverfahren, Zuständigkeit zum Entscheid. Zum Entscheid über das Entsiegelungsgesuch der Oberzolldirektion ist die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts zuständig (E. 2.2). Auswirkungen auf dessen Gerichtsorganisation (E. 2.3).

140 I 218 (2C_123/2013) from 16. Dezember 2013
Regeste: Art. 3, 27, 49 Abs. 1, Art. 94 und 117 BV; Art. 32, 35, 39, 49a und 56 KVG; Übereinstimmung mit dem übergeordneten Recht (KVG und Wirtschaftsfreiheit) einer kantonalen Bedürfnisklausel, wonach der Erwerb von medizinischen Grossgeräten im stationären oder ambulanten, öffentlichen oder privaten Bereich bewilligungspflichtig ist. Die kantonale Regelung, die - unter Berücksichtigung des im Kanton bestehenden medizinischen Bedürfnisses - den Erwerb von medizinischen Grossgeräten, vorliegend ein CT-Scan oder ein MRT, der Bewilligungspflicht unterwirft, um einerseits die Gesundheit der Patienten zu schützen (grundsätzlich in der Zuständigkeit der Kantone verbleibende Aufgabe) und andererseits die Gesundheitskosten besser zu kontrollieren (vom Bund nicht erschöpfend geregelt), verletzt den Grundsatz des Vorranges des Bundesrechts nicht; Durchlässigkeit zwischen den privaten Finanzierungssystemen (ausserhalb Spitalplanung) und dem KVG betreffend medizinische Grossgeräte (E. 5). Vorliegend verletzt die Verweigerung des Kantons, die Inbetriebnahme eines MRT und eines CT-Scan durch eine nicht in die kantonale Spitalplanung einbezogene Klinik zu bewilligen, weder die Wirtschaftsfreiheit noch den Grundsatz der Wirtschaftsordnung noch die Gleichbehandlung direkter Konkurrenten (E. 6).

141 I 9 (2C_590/2014) from 4. Dezember 2014
Regeste: Art. 8 Abs. 2, Art. 19 und 62 BV sowie Art. 20 BehiG. Der ausreichende Grundschulunterricht ist zwingend unentgeltlich, auch wenn die Schule eine gesetzlich nicht vorgesehene Leistung erbringt. Kantonalrechtliche Regelungen, welche über die Zuteilung eines Kindes in die separative Sonderschulung aufgrund schematischer Grundlagen bestimmen, berücksichtigen im Einzelfall das Kindswohl nicht ausreichend. Nur ein angemessenes, erfahrungsgemäss ausreichendes Bildungsangebot an öffentlichen Schulen ist durch die Verfassung unentgeltlich gewährleistet. Eine bestmögliche Schulung von behinderten Kindern kann mit Rücksicht auf das staatliche Leistungsvermögen hingegen nicht eingefordert werden (E. 3). Wenn ein integrativer Unterricht mit zusätzlichen Assistenzlektionen in den konkreten Umständen dem gebotenen Unterricht entspricht und finanziell tragbar sowie praktisch möglich ist, sind die Assistenzlektionen für die Eltern unentgeltlich, auch wenn sie gesetzlich nicht vorgesehen sind (E. 4). Kantonalrechtliche Regelungen, welche über die Zuteilung eines behinderten Kindes in die separative Sonderschulung aufgrund schematischer Grundlagen bestimmen, berücksichtigen im Einzelfall das Kindswohl nicht ausreichend. Sie können nicht als rechtliche Grundlagen dienen, um den Besuch der Regelklasse nur bei Kostenübernahme der zusätzlichen Integrationsmassnahmen durch die Eltern zuzulassen (E. 5).

141 II 169 (2C_146/2014) from 30. März 2015
Regeste: Aufsichtsfunktion des Staatssekretariats; Zustimmungsverfahren; Anforderungen an die Gesetzesdelegation; Beschwerderecht; Art. 99 AuG in Verbindung mit Art. 85 VZAE; Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Art. 89 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 111 Abs. 2 BGG. Die Übertragung der Zustimmungsbefugnis für die Erteilung oder Verlängerung einer ausländerrechtlichen Bewilligung an das Staatssekretariat durch den Bundesrat verletzt in den Fällen von Art. 85 Abs. 1 lit. a und b VZAE die Delegationsgrundsätze von Art. 99 AuG. Nach Erteilung einer ausländerrechtlichen Bewilligung in einem kantonalen Rechtsmittelverfahren kann das Staatssekretariat die Zustimmung gestützt auf die genannten Verordnungsbestimmungen nicht verweigern (E. 4.4); demgegenüber ist dies im Verfahren vor einer erstinstanzlichen Ausländerbehörde wie nach bisheriger Praxis möglich (E. 4.3). Konsequenzen für die Aufsichtstätigkeit des Staatssekretariats; Verhältnis zwischen Zustimmungsverfahren und Behördenbeschwerde (E. 4.4.3 und 4.4.4).

141 II 182 (2C_882/2014) from 13. April 2015
Regeste: Art. 16 Abs. 3 und Art. 93 BV; Art. 10 EMRK; Art. 3 lit. c und e, Art. 10 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 MWSTG; Art. 14 Ziff. 1 MWSTV; Art. 68 ff. RTVG; Radio- und Fernsehempfangsgebühren; Mehrwertsteuerpflicht. Rechtliche Grundlagen der Radio- und Fernsehempfangsgebühren (E. 2). Auch Leistungen, die sich der Staat zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe beschafft, können der Mehrwertsteuerpflicht unterliegen. Voraussetzung dazu ist, dass ein Leistungsaustauschverhältnis bzw. keine Subventionierung vorliegt (E. 3). Aufgrund der Entwicklung des Radio- und Fernsehrechts (E. 6.3) kann an der Qualifikation der Empfangsgebühr als Regalabgabe nicht festgehalten werden. Wer Radio- und Fernsehsendungen empfängt, nimmt ein verfassungsmässiges Recht wahr, womit keine Überlassung von Rechten im Sinne von Art. 3 lit. e MWSTG vorliegen kann (E. 6.4). Die Empfangsgebühr ist auch nicht die Gegenleistung für irgendeine andere vom Bund erbrachte Leistung (E. 6.5). Sie ist eher als Zwecksteuer oder Abgabe sui generis zu qualifizieren (E. 6.7). Die Empfangsgebühr untersteht nicht der Mehrwertsteuerpflicht (E. 6.9).

142 II 182 (2C_76/2015, 2C_77/2015) from 24. Mai 2016
Regeste: a Art. 3, 5 Abs. 1, Art. 42 Abs. 1, Art. 127 Abs. 1, Art. 128 Abs. 4, Art. 164 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 182 Abs. 1 und 2, Art. 190, Art. 196 Ziff. 13 BV; Art. 38, 160 und 216 Abs. 1 DBG 1990; Art. 68 Abs. 1 StHG 2000. Örtliche Zuständigkeit zur bundessteuerlichen Erfassung einer Kapitalleistung aus Vorsorge, wenn die steuerpflichtige Person nach der Fälligkeit der Leistung den Kanton gewechselt hat. Abgaberechtliches Legalitätsprinzip, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Gesetzes- und Tatbestandsvorbehalts. Vollzugsföderalismus im Bereich der direkten Bundessteuer (E. 2.2). Abgrenzung von Rechts- und Verwaltungsverordnung (E. 2.3). Den örtlich zuständigen Kanton trifft das "Pflichtrecht" zu Bezug und Veranlagung der direkten Bundessteuer. Im Fall von Kapitalleistungen aus Vorsorge ist gemäss Art. 216 Abs. 1 DBG 1990 die Sonderveranlagung vom Fälligkeitskanton vorzunehmen. Die Verwaltungsverordnung der ESTV, wonach in Wegzugsfällen der Wohnsitzkanton zuständig sein soll, verstösst gegen das Bundesrecht und bleibt daher unbeachtlich (E. 2.4).

143 I 109 (2C_62/2015) from 2. September 2016
Regeste: Art. 49 Abs. 1, 81a, 87 und 92 BV; Art. 15 und 28 PBG; Art. 36 LTPG/GE; Vorrang des Bundesrechts; Zuständigkeit des kantonalen Gesetzgebers zur Festsetzung der Tarife der Genfer Verkehrsbetriebe. Vorrang des Bundesrechts (E. 4.2). Frage offengelassen, ob Art. 87 und 92 BV dem Bund eine ausschliessliche oder konkurrierende Kompetenz im Bereich des Transportwesens einräumen (E. 5). Die Änderung von Art. 36 LTPG/GE, der dem Grossen Rat die Kompetenz einräumt, den Tarif der Genfer Verkehrsbetriebe festzusetzen, verletzt das PBG nicht (E. 6).

143 II 1 (2C_438/2016) from 11. Januar 2017
Regeste: Art. 62, 63 und 40 in Verbindung mit Art. 99 AuG; Widerruf der erteilten Zustimmung durch das Staatssekretariat für Migration zu einer ausländerrechtlichen Bewilligung. Fehlen von besonderen Bestimmungen, die es dem Staatssekretariat für Migration erlauben, die Zustimmung zu widerrufen, die es zu einer ausländerrechtlichen Bewilligung erteilt hatte (E. 4); Unmöglichkeit des Widerrufs einer solchen Zustimmung gestützt auf die allgemeinen Grundsätze zum Widerruf von Verwaltungsakten (E. 5).

143 V 269 (8C_113/2017) from 29. Juni 2017
Regeste: Art. 72bis Abs. 1 IVV; Art. 43 Abs. 1, Art. 45 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG; Höhe der von der IV-Stelle zu tragenden Kosten eines polydisziplinären Gerichtsgutachtens. Im Sinne der bisherigen Rechtsprechung besteht mit Art. 45 Abs. 1 ATSG eine genügende gesetzliche Grundlage, dem Versicherungsträger die Kosten eines Gerichtsgutachtens aufzuerlegen (E. 6.2.1). Was die Bemessung der Kosten dieser Abklärungen angeht, fehlt eine bundesgesetzliche Grundlage dafür, dass das BSV mit den MEDAS Tarifvereinbarungen mit Geltung auch für die erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren treffen könnte (E. 6.2.2). Eine solche Gesetzesgrundlage, die zu erlassen der Bund ohne Weiteres befugt wäre, ist unabdingbar (E. 6.2.2). Mit Blick auf die fehlende gesetzliche Grundlage wird die bisherige Rechtsprechung insoweit aufgegeben, als die kantonalen Versicherungsgerichte und das Bundesverwaltungsgericht nicht mehr an den Tarif gemäss Anhang 2 der Vereinbarung zwischen dem BSV und den MEDAS gebunden sind. Das bedeutet, dass die IV-Stellen im Rahmen der mit BGE 139 V 496 umschriebenen Grundsätze für die gesamten Kosten des Gerichtsgutachtens aufzukommen haben (E. 7.2). Der vom BSV mit den MEDAS vereinbarte Tarif kann immerhin als Richtschnur dienen, an der sich die Beteiligten zu orientieren haben. Darüber hinaus ergeht die Empfehlung, entweder die erforderliche Gesetzesgrundlage zu schaffen oder aber den bestehenden Tarif unter repräsentativem Einbezug der erstinstanzlichen Beschwerdeinstanzen an die Besonderheiten des Gerichtsverfahrens anzupassen (E. 7.3).

144 IV 240 (6B_982/2017) from 14. Juni 2018
Regeste: Art. 104 Abs. 2 StPO; weitere Behörde, der Parteirechte eingeräumt werden können. Der Begriff der Behörde nach Art. 104 Abs. 2 StPO ist grundsätzlich in einem eingeschränkten Sinn zu verstehen. Nicht massgebend ist, ob die Organisation öffentlichrechtlich oder privatrechtlich organisiert ist. Entscheidend ist vielmehr, dass ihr die Erfüllung einer dem Gemeinwesen zustehenden öffentlichrechtlichen Aufgabe übertragen wurde, dass ihr hierbei hoheitliche Befugnisse zukommen, dass die Geschäfts- und Rechnungsführung für ihre öffentlichen Aufgaben unter staatlicher Aufsicht steht, mithin dass die Organisation genügend in das Gemeinwesen eingebunden ist und dass ihre öffentlichrechtliche Tätigkeit durch den Staat abgegolten wird (E. 2).

146 II 367 (1C_544/2019) from 3. Juni 2020
Regeste: Art. 18a Abs. 4 und Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG. Beurteilungsspielraum des Kantonsgerichts bei der Auslegung eines Gemeindereglements; Interesse an der Produktion von Solarenergie. Das Kantonsgericht prüfte einzig, ob die von der Gemeinde vorgenommene Auslegung ihres Reglements "nicht unhaltbar" war. Damit beschränkte es sich auf eine Willkürprüfung, obwohl die gemäss dem Bundesrecht geschützten Interessen eine weitergehende Rechtskontrolle verlangen. In prozessualer Hinsicht ergibt sich daraus eine Verletzung von Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG (E. 3.2.1). Auslegung des Gemeindereglements, wonach "die hauptsächliche Ausrichtung der Dachfirste" zu respektieren ist, unter dem Blickwinkel von Art. 18a Abs. 4 RPG. Die Reglementsbestimmung ist bei einem Weiler, in dem sich die bestehenden Firstausrichtungen mit beinahe gleicher Häufigkeit auf Nord-Süd und Ost-West aufteilen, in dem Sinne zu verstehen, dass beide Ausrichtungen und nicht nur die leicht mehrheitliche Nord-Süd-Ausrichtung zulässig sind. Diese Auslegung verdient mit Blick auf Art. 18a Abs. 4 RPG, worin vorgesehen ist, dass die Interessen an der Nutzung der Solarenergie den ästhetischen Anliegen grundsätzlich vorgehen, den Vorrang, da eine Firstausrichtung von Osten nach Westen eine grössere Produktion von Sonnenenergie erlaubt als eine solche von Norden nach Süden (E. 3.2.2).

147 I 103 (1C_181/2019) from 29. April 2020
Regeste: a Art. 10 und 22 BV; Art. 11 EMRK; Art. 84 Abs. 1 PolG/BE; Unverhältnismässigkeit der Verbindung der Wegweisungs- und Fernhaltungsmassnahmen mit einer Strafdrohung nach Art. 292 StGB. Die automatische Verbindung zwischen den Wegweisungs- und Fernhaltungsmassnahmen mit der Strafdrohung nach Art. 292 StGB ist weder erforderlich noch verhältnismässig im engeren Sinne (E. 10.4).

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