Bundesverfassung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft

vom 18. April 1999 (Stand am 13. Februar 2022)


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Art. 55 Mitwirkung der Kantone an aussenpolitischen Entscheiden

1 Die Kan­to­ne wir­ken an der Vor­be­rei­tung aus­sen­po­li­ti­scher Ent­schei­de mit, die ih­re Zu­stän­dig­kei­ten oder ih­re we­sent­li­chen In­ter­es­sen be­tref­fen.

2 Der Bund in­for­miert die Kan­to­ne recht­zei­tig und um­fas­send und holt ih­re Stel­lung­nah­men ein.

3 Den Stel­lung­nah­men der Kan­to­ne kommt be­son­de­res Ge­wicht zu, wenn sie in ih­ren Zu­stän­dig­kei­ten be­trof­fen sind. In die­sen Fäl­len wir­ken die Kan­to­ne in ge­eig­ne­ter Wei­se an in­ter­na­tio­na­len Ver­hand­lun­gen mit.

BGE

83 IV 59 () from 7. Mai 1957
Regeste: Art. 55 BV, Art. 74, 77, 79 und 88 Abs. 1 BStP, Art. 27 Ziff. 3 Abs. 2 und Ziff. 6 StGB. 1. Hat der Journalist ein Recht, als Zeuge in einem Bundesstrafverfahren die Bekanntgabe seiner Informationsquelle zu verweigern? (Pressefreiheit, Berufsgeheimnis, Benachteiligung der Ehre) (Erw. 1, 2 und 3). 2. Rechtliche Natur der vom eidg. Untersuchungsrichter gegen einen Zeugen wegen ungerechtfertigter Verweigerung der Aussage verhängten Zwangshaft; Überprüfungsbefugnis der Anklagekammmmer (Erw. 4).

87 I 275 () from 12. Juli 1961
Regeste: Filmzensur; Vereins- und Pressfreiheit, Willkür, rechtsungleiche Behandlung. 1. Das Bundesgericht kann die kantonalen Behörden anweisen, eine zu Unrecht verweigerte Polizeierlaubnis zu erteilen (Erw. 1). 2. Zulässigkeit und Tragweite einer Vereinbarung zwischen den Behörden und einem Filmklub über die Handhabung der Filmzensur? (Erw. 2). 3. Anwendung der für öffentliche Filmvorführungen vorgeschriebenen Vorzensur auf die von einem Filmklub ausschliesslich für seine Mitglieder veranstalteten Vorführungen. Verletzung des kantonalen Rechts und des allgemeinen Grundsatzes, dass die Privatsphäre der polizeilichen Kontrolle entzogen ist? (Erw. 3 a.) Verletzung der Vereinsfreiheit oder der Pressfreiheit? (Erw. 3 b und 4.) 4. Unterstehen die Vorführungen des Filmklubs der Zensur, so gebietet die Rechtsgleichheit, dass ihm auch die den Kinobesitzern eingeräumten kantonalen Rechtsmittel gegen Zensurmassnahmen zur Verfügung stehen müssen (Erw. 5).

91 II 401 () from 14. Dezember 1965
Regeste: Klage auf Feststellung einer widerrechtlichen Verletzung in den persönlichen Verhältnissen. 1. Zulässigkeit der Berufung (Art. 44 OG). (Erw. 1). 2. Verletzung in den persönlichen Verhältnissen durch ein ehrverletzendes Zeitungsinserat (Erw. 2). 3. Die Verletzung durch eine unwahre ehrenrührige Nachricht ist im Sinne von Art. 28 ZGB widerrechtlich, auch wenn die Nachricht in guten Treuen verbreitet wurde. Das gilt auch, wenn sich der Täter der Presse bediente. Art. 55 BV ändert daran nichts (Erw. 3). 4. Klage auf Feststellung der Widerrechtlichkeit. Verhältnis zur Klage auf Beseitigung der Störung (Art. 28 Abs. 1 ZGB). Feststellungsinteresse. (Erw. 4).

95 II 481 () from 21. März 1969
Regeste: Verletzung des Persönlichkeitsrechtes durch die Presse. 1. Rechtsnatur des Streites. Passivlegitimation. (Erw. 1 und 2). 2. Begriff der Namensanmassung, Art. 29 Abs. 2 ZGB. (Erw. 3). 3. Der allgemeine Schutz der Persönlichkeit (Art. 27 und 28 ZGB) kommt grundsätzlich auch den juristischen Personen zu (Erw. 4). 4. Ehrverletzung; unbefugter Eingriff; Aufgabe der Presse als Rechtfertigungsgrund; Überschreitung des erlaubten Masses. (Erw. 5-8). 5. Beseitigung der Störung: a) durch gerichtliche Feststellung der Widerrechtlichkeit; b) durch angemessene Veröffentlichung des Urteils. (Erw. 9 und 10.) 6. Grenzen des Anspruchs auf Unterlassung (Erw.11). 7. Voraussetzungen der Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung (Erw. 12). 8. Inwiefern sind Ansprüche aus der Verletzung in den persönlichen Verhältnissen abtretbar? (Erw. 13).

96 I 219 () from 24. Juni 1970
Regeste: Bestrafung wegen Teilnahme an einer nicht bewilligten Demonstration. 1. Die Versammlungsfreiheit und die Meinungsäusserungsfreiheit sind durch ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete Freiheitsrechte. Stellt auch die "Demonstrationsfreiheit" ein solches Recht dar? (Erw. 4). 2. Auslegung und gesetzliche Grundlage der vom Stadtrat von Zürich erlassenen Vorschrift, wonach die Veranstaltung von Versammlungen und Umzügen auf dem öffentlichen Grunde der vorgängigen Bewilligung der Polizeibehörde bedarf (Erw. 6). 3. Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem ungeschriebenen Verfassungsrecht des Bundes und mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Erw. 7).

98 IA 73 () from 2. Februar 1972
Regeste: Art. 4 BV, Art. 85 lit. a OG; rechtliches Gehör; politische Stimmberechtigung, Pressefreiheit, Beeinflussung einer kantonalen Volksabstimmung durch Presse und Fernsehen. 1. Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Verfahren über eine Einsprache gegen eine kantonale Volksabstimmung (Erw. 2). 2. Grundsätzliches zum Entscheid darüber, ob im Vorfeld einer Volksabstimmung die Presse oder Radio und Fernsehen in unzulässiger Weise auf die freie Willensbildung der Stimmbürger eingewirkt haben (Erw. 3). 3. Unter welchen Voraussetzungen besteht von Bundesrechts wegen ein Anspruch auf Nachzählung eines Abstimmungsergebnisses? (Erw. 4).

98 IA 362 () from 12. Juli 1972
Regeste: Verordnung über die Benützung der Räume der Universität. 1. Der Anspruch auf Benützung der Universitätsräume ergibt sich aus dem Zweck der öffentlichen Anstalt und nicht aus den Freiheitsrechten (Presse-, Vereins-, Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit). 2. Die Gestaltung der Beziehungen zwischen der öffentlichen Anstalt und ihren Benützern unterliegt den für alle Verwaltungstätigkeit geltenden Grundsätzen der Gesetzmässigkeit, Rechtsgleichheit und Verhältnismässigkeit. 3. Bewilligungspflicht für Veranstaltungen ausserhalb des eigentlichen Lehrbetriebs. - Verbot von Versammlungen agitatorisch-provokativen Charakters (Erw. 5). - Haftung des Bewilligungsinhabers für Schäden an Universitätsgut. Verstoss gegen Bundesrecht? (Erw. 8). - Kautionspflicht des Bewilligungsinhabers (Erw. 9). Verbot von Geldsammeln und Beschränkung des Drucksachenverkaufs (Erw. 6 u. 7).

98 IA 418 () from 28. Juni 1972
Regeste: 1. Art. 55 BV; Meinungsäusserungsfreiheit; Art. 27 und 32 StGB; Art. 3 und 5 zürch KV; zürch. Strafprozess. Recht des (Fernseh-) Journalisten, als Zeuge im Strafverfahren die Bekanntgabe semer Informationsquellen zu verweigern? (Erw. 1-3). 2. Persönliche Freiheit; Art. 7 zürch. KV; §134 zürch. StPO. Bei Verweigerung des Zeugnisses ohne Zeugnisverweigerungsrecht ist verfassungswidrig - wann die Androhung bzw. Anordnung der Beugehaft wegen Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit? (Erw. 4 a, b); - nicht die Androhung der Ungehorsamsstrafe nach Art. 292 StGB (Erw.4 c).

107 IA 45 () from 1. Juli 1981
Regeste: Art. 4, 55 und 58 BV; Beschlagnahme von Pressephotos als Beweismittel in einem Strafverfahren; Entsiegelung. Zum Entscheid über die Entsiegelung ist im Zürcher Strafverfahren in allen Fällen der Richter zuständig (E. 2). Da die Zürcher StPO dem Journalisten kein Zeugnisverweigerungsrecht einräumt, kann er die Herausgabe von Film- oder Photomaterial als Beweismittel in einem Strafverfahren nicht unter Berufung auf die Pressefreiheit verweigern (E. 3). Die hier in Frage stehende Beschlagnahme von Pressephotos war nicht verfassungswidrig (E. 4).

107 IA 304 () from 8. Dezember 1981
Regeste: Art. 4 und 55 BV, Meinungsäusserungsfreiheit, Informationsfreiheit, Grundsatz der Gewaltentrennung; Information der Öffentlichkeit durch Regierung und Verwaltung. Bestätigung und Präzisierung der in der Literatur kritisierten Rechtsprechung (BGE 104 Ia 88 ff.), wonach kein allgemeiner und umfassender Anspruch des Bürgers und der Presse auf Information über die gesamte Tätigkeit der Verwaltung besteht (E. 3 und 4). Überprüfung der Verfassungsmässigkeit der §§ 3 und 8 des Nidwaldner Reglementes über die Information der Öffentlichkeit durch den Regierungsrat und die Verwaltung vom 10. März 1980 (E. 5 und 6).

108 IB 142 () from 12. März 1982
Regeste: Taxe für Zeitungen und Zeitschriften. Postverkehrsgesetz. 1. "Gedruckt" im Sinne von Art. 58 Abs. 2 lit. a V(1) zum Postverkehrsgesetz sind nicht nur die in einem Verfahren gemäss Ziffer 136c der Ausführungsbestimmungen zur Verordnung (1) zum Postverkehrsgesetz (Hoch-, Tief-, Flach- oder Offsetdruck) hergestellten Zeitungen und Zeitschriften (E. 2). 2. Begriff der "Zeitung" oder "Zeitschrift" im Sinne von Art. 58 der Verordnung (1) zum Postverkehrsgesetz (E. 3).

110 IA 47 () from 11. April 1984
Regeste: Art. 55 BV und Meinungsäusserungsfreiheit; Verteilen von Propagandamaterial. Es verstösst nicht gegen die Verfassung, das Verteilen von Propagandamaterial an die Ratsmitglieder unmittelbar vor dem Eingang des Sitzungsgebäudes der Bewilligungspflicht zu unterstellen.

111 II 209 () from 2. Mai 1985
Regeste: Pressefreiheit (Art. 55 BV); Verletzung in den persönlichen Verhältnissen (Art. 28 ZGB). Durch das Mittel der Druckerpresse verbreitete Äusserungen über die frühere politische Haltung von Personen der Zeitgeschichte sind nicht widerrechtlich, sofern sie der Wahrheit entsprechen. Insoweit gibt es kein "Recht auf Vergessen". Der nicht der Wahrheit entsprechende Vorwurf des Landesverrats stellt eine unbefugte Verletzung in den persönlichen Verhältnissen dar. Sie lässt sich weder mit der Erklärung, dass historische Forschung betrieben werde, noch mit dem Argument, es handle sich um eine pointiert politisch ausgerichtete Publikation, rechtfertigen.

113 IA 309 () from 2. März 1987
Regeste: Art. 2 ÜbBest. BV; Meinungsäusserungsfreiheit, Pressefreiheit (Art. 55 BV), Informationsfreiheit, Art. 10 EMRK; Gerichtsorganisationsgesetz des Kantons Aargau. 1. Die in § 15 des aargauischen Gerichtsorganisationsgesetzes enthaltenen Bestimmungen über die Gerichtsberichterstattung greifen nicht in die Kompetenz des Bundes zur Regelung des privaten Persönlichkeitsschutzes ein und verletzen daher Art. 2 ÜbBest. BV nicht (E. 3). 2. Meinungsäusserungsfreiheit, Pressefreiheit, Informationsfreiheit und Art. 10 EMRK (E. 4). Diese Garantien werden nicht verletzt - durch die Verpflichtung zu sachlicher Gerichtsberichterstattung und das Verbot unnötiger Blossstellung (E. 5a), - durch die Verpflichtung, eine durch das Gericht formulierte Berichtigung zu veröffentlichen (E. 5b), - durch die Möglichkeit, einen Gerichtsberichterstatter von den Gerichtsverhandlungen auszuschliessen (E. 5c).

115 IV 75 () from 20. April 1989
Regeste: Art. 65 BStP; Art. 55 BV; Entsiegelung. Ausserhalb der eigentlichen Pressedelikte ergibt sich - auch aus Art. 55 BV - kein umfassendes Recht des Journalisten auf Geheimhaltung der Quelle einer durch eine strafbare Handlung erlangten Information, welches einer strafprozessualen Zwangsmassnahme im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Amtsgeheimnisverletzung entgegengehalten werden könnte.

117 IA 41 () from 13. März 1991
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Abstimmungsbeschwerden gegen die Laufental-Abstimmung vom 12. November 1989. Einfluss auf die Willensbildung der Stimmbürger durch eine unvollständige behördliche Information in den Abstimmungserläuterungen sowie durch die Presse und Private. Stellt das Bundesgericht im Rahmen seiner Prüfung des Abstimmungsverfahrens Mängel fest und lassen sich deren Folgen nicht ziffernmässig ermitteln, so bedeutet dies nicht, dass die Mängel schon deswegen als erheblich zu erachten wären und der angefochtene Entscheid aufgehoben bzw. die Abstimmung neu durchgeführt werden müsste. Vielmehr ist nach den gesamten Umständen - und dabei sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht - zu beurteilen, ob eine Beeinflussung des Abstimmungsergebnisses möglich gewesen ist. Mit Blick auf die gesamten Umstände, unter denen sich der Urnengang abspielte, lässt sich im vorliegenden Fall nicht sagen, die festgestellten Mängel des Abstimmungsverfahrens seien geeignet gewesen, das Abstimmungsergebnis derart zu beeinflussen und zu verfälschen, dass es durch die Mängel anders ausgefallen wäre als ohne sie. Von der Aufhebung des Urnenganges ist daher abzusehen.

118 IA 64 () from 12. Februar 1992
Regeste: Grundrechtliche Ansprüche an die Haftbedingungen in Strafvollzug und Untersuchungshaft (insbesondere persönliche Freiheit, Art. 6 Ziff. 1, Art. 8, Art. 10 und Art. 14 EMRK). 1. Eintretensvoraussetzungen: Antrags- und Substantiierungserfordernis, Art. 90 Abs. 1 lit. a und b OG (E. 1b); zulässige Rügen, Art. 84 Abs. 1 lit. a-d OG (E. 1d); kassatorische Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1e). 2. Grundsätzliche und allgemeine Erwägungen: Bedeutung der einschlägigen Resolutionen und Empfehlungen der Organe des Europarates betreffend die Behandlung von Gefangenen (E. 2a); bundesstaatliche Kompetenzordnung für die Regelung des straf- und strafprozessrechtlichen Freiheitsentzuges (E. 2b); Natur des abstrakten Normenkontrollverfahrens, Ermessensausübung im Falle der Anfechtung kantonaler Gefängnisverordnungen (E. 2c); Grundsätzliches über Zweck und Grenzen freiheitsbeschränkender Eingriffe während Untersuchungshaft und Strafvollzug (E. 2d). 3. Prüfung der grundrechtlichen Zulässigkeit einzelner Vorschriften der angefochtenen Gefängnisverordnung (E. 3): - Inventarisierung der persönlichen Habe (E. 3a); - persönliche Effekten in der Zelle (E. 3b); - Beschränkung und Entzug des Spazierganges als besondere Sicherungsmassnahme (E. 3c); - Mahlzeitenregelung (E. 3g); - Sonderkost (E. 3h); - Zulassung von Alkohol, Medikamenten, Drogen und Tabakwaren (E. 3i); - allgemeine Spaziergangsregelung (E. 3k); - Bezug von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften (E. 3l); - Fernsehkonsum (E. 3m); - Besuchsregelung (E. 3n-o); - Briefverkehr (E. 3p-q); - Einschränkungen des Bücher- und Zeitungsbezuges bzw. des Radio- und Fernsehempfanges als Disziplinarsanktion (E. 3r); - Disziplinarverfahren, richterliche Prüfung (E. 3s); - Entzug des Spazierganges während den ersten drei Tagen bei Arrest (E. 3t). 4. Zusammenfassendes Ergebnis (E. 4).

118 IV 41 () from 24. Januar 1992
Regeste: Art. 179quater StGB. Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte. Wer einen Hausbewohner gegen dessen Willen fotografiert, wie er vor seiner Haustüre steht, nimmt eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern im Sinne von Art. 179quater StGB auf. Zum Bereich, der durch diese Bestimmung geschützt wird, gehört nicht nur, was sich im Haus selbst, sondern auch, was sich in dessen unmittelbarer Umgebung abspielt, die von den Hausbewohnern bzw. von Drittpersonen ohne weiteres als faktisch noch zum Haus gehörende Fläche in Anspruch genommen bzw. anerkannt wird. Dazu gehört insbesondere auch der Bereich unmittelbar vor der Haustüre.

118 IV 153 () from 27. April 1992
Regeste: Art. 173 Ziff. 1 und Ziff. 2, Art. 175 StGB; üble Nachrede gegen einen Verstorbenen. Weiterverbreitung durch Berichterstattung in der Presse. 1. Der Vorwurf der landesverräterischen Putschplanung, erhoben gegenüber einem schweizerischen Offizier für das Jahr 1940, ist ehrverletzend (E. 3). 2. Das Weiterverbreiten fremder rufschädigender Äusserungen ist grundsätzlich auch strafbar, wenn dies als blosses Zitat erfolgt (E. 4a). 3. a) Entlastungsbeweis (Wahrheits- oder Gutglaubensbeweis) und Rechtfertigung; der Journalist geniesst diesbezüglich grundsätzlich kein Privileg (E. 4b). b) Besondere Behandlung von Publikationen wissenschaftlichen Inhalts; die Ehrverletzungstatbestände sind verfassungskonform auszulegen (E. 4c). 4. Grenzen der Pflicht zur Überprüfung einer Primärquelle (E. 5).

118 IV 371 () from 15. Dezember 1992
Regeste: Art. 67 BV, Art. 352 ff. StGB, Art. 252 BStP. Interkantonale Rechtshilfe, politisches Delikt. - Verfahren: Parteien, rechtliches Gehör des Verurteilten, förmlicher Entscheid des ersuchten Kantons (E. 1a-E. 1d). - Art. 252 Abs. 1 BStP wurde faktisch durch die Art. 352 ff. StGB ersetzt (E. 2). - Art. 352 StGB verpflichtet die Kantone zu grundsätzlich umfassender Rechtshilfe (E. 3). - Ob ein politisches Delikt im Sinne von Art. 352 Abs. 2 StGB vorliegt, entscheidet die Anklagekammer frei (E. 4b). - Im Bereich der interkantonalen Rechtshilfe ist der Begriff des politischen Delikts weit zu fassen (E. 4c-E. 4h). - Der sich aus der Bundesverfassung und der EMRK ergebende Grundsatz "ne bis in idem" bzw. die materielle Rechtskraft stehen einer neuen Beurteilung durch den ersuchten Kanton entgegen; der ersuchte Kanton hat daher entweder das rechtskräftige Urteil zu vollziehen oder den Verurteilten dem ersuchenden Kanton zuzuführen (E. 6).

120 IA 190 () from 18. Juli 1994
Regeste: Meinungsäusserungsfreiheit und Informationsfreiheit bei Filmzensur (ungeschriebenes verfassungsmässiges Recht und Art. 10 EMRK); Art. 4 BV: Beschwerdelegitimation im Kanton. Ist die öffentliche Aufführung eines Films von einer kantonalen Behörde untersagt worden, so können sich die als Zuschauer des Films in Betracht fallenden Personen auf die (in der Meinungsäusserungsfreiheit enthaltene) Informationsfreiheit berufen, welche insbesondere das Recht garantiert, ohne behördliche Kontrolle Nachrichten oder Ideen zu empfangen und sich eine Meinung zu bilden. Insofern sind sie auf kantonaler Ebene zur Beschwerdeführung gegen den Entscheid der Zensurbehörde berechtigt (E. 2).

120 IB 142 () from 11. März 1994
Regeste: Art. 55 und Art. 31 BV, Art. 14 in Verbindung mit Art. 10 EMRK, Art. 39 Abs. 2 lit. a PVV; Anwendbarkeit der Zeitungstaxe auf eine Gratispublikation (Obersee Nachrichten). Profitiert eine Gratispublikation nicht von der indirekten Presseförderung über vergünstigte PTT-Taxen, weil sie dem Empfänger nicht "aufgrund eines entgeltlichen Abonnementsvertrages" laufend mit der Post zugestellt wird (Art. 39 Abs. 2 lit. a PVV), verletzt dies weder Art. 55 beziehungsweise Art. 31 BV (E. 3) noch Art. 14 in Verbindung mit Art. 10 EMRK (E. 4).

123 IV 236 () from 4. November 1997
Regeste: Art. 66 BStP, 105bis Abs. 2 BStP und 214 BStP; Art. 10 EMRK. Überwachung des Fernmeldeverkehrs von Journalisten. Die durch die Bundesanwaltschaft bzw. den Eidg. Untersuchungsrichter angeordnete und nachträglich dem Betroffenen mitgeteilte Überwachung des Fernmeldeverkehrs unterliegt der Beschwerde an die Anklagekammer (E. 2). Ausstand des Präsidenten der Anklagekammer, der die Überwachung genehmigte (E. 1). Zur Beschwerde legitimiert sind auch abgehörte tatsächliche Mitbenützer des überwachten Anschlusses und der Abonnent (E. 3). Bejahung eines aktuellen Rechtsschutzinteresses (E. 4). Abgrenzung Beschuldigter/Dritter: Beschuldigter im Sinne von Art. 66 Abs. 1 BStP ist allein die Person, deren strafbare Handlung als Anlasstat für die Zwangsmassnahme angerufen wird und in Betracht fällt (E. 6). Der Fernmeldeverkehr von Journalisten als Dritten darf aufgrund des sich unmittelbar aus Art. 10 EMRK für diese ergebenden Rechts, über ihre Informationsquellen die Auskunft zu verweigern, grundsätzlich nicht überwacht werden, wenn dieser Quellenschutz dadurch illusorisch würde (E. 8a). Die in Frage stehende Amtsgeheimnisverletzung weist nicht die ausserordentliche Bedeutung auf, die erlaubte, ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Überwachung zu bejahen (E. 8b und c). Die über das Ergebnis der unzulässigen Überwachung vorhandenen Unterlagen sind aus den Untersuchungsakten zu entfernen und gesondert aufzubewahren (E. 10).

125 I 417 () from 2. November 1999
Regeste: Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 10 EMRK und Art. 14 EMRK; Art. 4 BV, Art. 31 BV und Art. 55 BV sowie Meinungsäusserungsfreiheit; Werbebeschränkung für Rechtsanwälte. Die Disziplinierung eines Rechtsanwalts mit einer Busse wegen standeswidriger Werbung ist weder straf- noch zivilrechtlicher Natur im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 2). Auf einem Interview basierendes Zeitungsporträt eines Rechtsanwalts als verbotene indirekte Werbung: Verfassungsrechtliche Würdigung im Lichte der Handels- und Gewerbefreiheit sowie der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit (E. 3 - 5) und hinsichtlich des Gleichbehandlungsgebots (E. 6) sowie des rechtlichen Gehörs (E. 7).

125 II 417 () from 26. Juli 1999
Regeste: Art. 98 lit. a OG und Art. 100 Abs. 1 lit. a OG; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Einziehung von Propagandamaterial der Kurdischen Arbeiterpartei. Mit dem Ergehen des Einziehungsentscheids entfällt das Interesse an der Anfechtung der diesem vorangehenden Beschlagnahme (E. 2). Die Einziehung von Propagandamaterial aus Gründen der äusseren und inneren Sicherheit berührt zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 4b). Im Konfliktfall geht das Völkerrecht prinzipiell dem Landesrecht vor, insbesondere wenn die völkerrechtliche Norm dem Schutz der Menschenrechte dient. Gegen den Einziehungsentscheid des Bundesrats ist daher gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK und entgegen Art. 98 lit. a und Art. 100 Abs. 1 lit. a OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig (E. 4c-e). Art. 55 BV und Art. 10 EMRK; Art. 102 Ziff. 8-10 BV; Art. 1 Abs. 2 des Bundesratsbeschlusses betreffend staatsgefährliches Propagandamaterial; Einziehung von Propagandamaterial aus Gründen der inneren und äusseren Sicherheit. Der Propagandabeschluss stellt zusammen mit Art. 102 Ziff. 8-10 BV eine genügende gesetzliche Grundlage für einen schweren Eingriff in die Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit dar (E. 6). Die Einziehung von Schriften der Kurdischen Arbeiterpartei, die zur Durchsetzung ihrer Anliegen generell die Gewalt propagieren und auf in der Schweiz lebende Emigranten Druck erzeugen sollen, ist unter den gegebenen Umständen verhältnismässig (E. 7).

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