Bundesverfassung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft

vom 18. April 1999 (Stand am 13. Februar 2022)


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Art. 58 Armee

1 Die Schweiz hat ei­ne Ar­mee. Die­se ist grund­sätz­lich nach dem Mi­liz­prin­zip or­ga­ni­siert.

2 Die Ar­mee dient der Kriegs­ver­hin­de­rung und trägt bei zur Er­hal­tung des Frie­dens; sie ver­tei­digt das Land und sei­ne Be­völ­ke­rung. Sie un­ter­stützt die zi­vi­len Be­hör­den bei der Ab­wehr schwer­wie­gen­der Be­dro­hun­gen der in­ne­ren Si­cher­heit und bei der Be­wäl­ti­gung an­de­rer aus­ser­or­dent­li­cher La­gen. Das Ge­setz kann wei­te­re Auf­ga­ben vor­se­hen.

3 Der Ein­satz der Ar­mee ist Sa­che des Bun­des.18

18 An­ge­nom­men in der Volks­ab­stim­mung vom 28. Nov. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (BB vom 3. Okt. 2003, BRB vom 26. Jan. 2005, BRB vom 7. Nov. 2007 – AS 20075765; BBl 2002 2291, 2003 6591, 2005951).

BGE

81 I 321 () from 7. Dezember 1955
Regeste: Art. 4, 58, 61 BV. Rechtsöffnung auf Grund eines Schiedsgerichtsurteils, das in einem andern Kanton als dem des Betreibungsortes gefällt ist. 1. Art. 61 BV kann durch Gewährung der Rechtsöffnung nicht verletzt werden. Kann das Bundesgericht auf Beschwerde wegen Verletzung der Art. 4 und 58 BV hin frei prüfen, ob der Rechtsöffnungsrichter den Schiedsspruch als gerichtliches Urteil habe anerkennen dürfen? (Erw. 1). 2. Das in der Kollektiv-Konvention der schweizerischen Uhrenindustrie vorgesehene Schiedsgericht bietet hinreichende Gewähr für eine unabhängige Rechtsprechung (Erw. 3).

83 I 81 () from 27. Februar 1957
Regeste: 1. Art. 58 Abs. 1 BV: Tragweite der Gewährleistung des verfassungsmässigen Richters (Erw. 3). 2. Gebühren: Für Verrichtungen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit (Ausstellung von Erbbescheinigungen) steht dem bernischen Notar ein Entgelt von Gebührencharakter zu (Erw. 5). Erfordernis der gesetzlichen Grundlage (Erw. 5). Grundsätze für die Bemessung einer Notariatsgebühr (Erw. 6, 7).

86 I 330 () from 7. Dezember 1960
Regeste: Tragweite der Gewährleistung des verfassungsmässigen Richters (Art. 58 Abs. 1 BV). Mit welchem Rechtsmittel ist die Verletzung von Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit geltend zu machen? Die Bezeichnung der Behörde, die im Streitfalle über den Vergütungs- und Auslagenersatzanspruch des Erbschaftsverwalters zu befinden hat, ist Sache der Kantone.

89 I 65 () from 30. Januar 1963
Regeste: Gerichtsstandsklausel. Die Annahme, die Vereinbarung eines Gerichtsstandes schliesse die Klage am ordentlichen Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten nicht aus - verstösst nicht gegen die Art. 58 und 59 BV (Erw. 1). - ist in casu mit dem Wortlaut und Sinn der Klausel vereinbar und nicht willkürlich (Erw. 2).

91 I 399 () from 27. Oktober 1965
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV gewährleistet dem Einzelnen die Freiheit, nur von dem zuständigen Richter Recht nehmen zu müssen, und gibt ihm Anspruch auf richtige Besetzung des Gerichts. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts, insbesondere hinsichtlich der Frage der Unabhängigkeit des urteilenden Gerichts.

92 I 271 () from 26. Oktober 1966
Regeste: Art. 4 und 58 BV 1. Art 58 Abs. 1 BV gibt dem Einzelnen auch einen Anspruch auf richtige Besetzung eines Gerichts (und eines Schiedsgerichts). Ob dieser Anspruch gewahrt sei, prüft das Bundesgericht frei (Erw. 4). 2. Ein Schiedsrichter ist befangen, wenn seine Ehefrau als Anwältin beim Rechtsvertreter derjenigen Partei arbeitet, die ihn zum Schiedsrichter ernannt hat (Erw. 5).

98 IA 356 () from 4. Oktober 1972
Regeste: Art. 4 und 58 BV, Art. 5 Üb. Best. BV; Disziplinarverfahren gegen Rechtsanwalt. 1. Keine Verletzung von Art. 5 Üb. Best. BV, wenn Basler Anwalt in Bern diszipliniert wird (Erw. 1). 2. Zuständigkeit der Berner Anwaltskammer gegenüber Basler Rechtsanwalt, der im Kanton Bern Prozesse führt und sich auf einem dort gelegenen Grundstück Grundpfandtitel ausstellen lässt (Erw. 2). 3. Die Berner Anwaltskammer durfte ohne Willkür die Standesregeln des bernischen Anwaltsverbandes nebst dem Advokatengesetz als Grundlage für den Disziplinarentscheid heranziehen (Erw. 3 a). 4. Wann verletzt der Rechtsanwalt durch finanzielle Bindungen zu seinem Klienten seine Pflicht zur Unabhängigkeit (Erw. 3 b)?

100 IA 28 () from 3. April 1974
Regeste: Art. 4 BV; Kostenvorschuss. 1. Die Motive der staatsrechtlichen Urteile als verbindliche Weisungen an den kantonalen Richter (Erw. 2). 2. Die Prüfung eines Ausstands- oder Ablehnungsbegehrens darf der Richter nicht von einer Sicherstellung der diesbezüglichen Kosten abhängig machen (Erw. 3).

100 IB 137 () from 3. Mai 1974
Regeste: Stiftungsaufsicht. Anpassung der Statuten und Reglemente der Personalfürsorgeeinrichtungen an das neue Arbeitsvertragsrecht. 1. Treffen die Organe einer rechtsbeständigen Stiftung eine widerrechtliche Massnahme oder sind einzelne Bestimmungen der Stiftungsurkunde nicht mehr gesetzeskonform, so hat die Aufsichtsbehörde nicht nach Art. 88 Abs. 2 ZGB vorzugehen, sondern von ihrem Aufsichtsrecht im Sinne von Art. 84 Abs. 2 ZGB Gebrauch zu machen. Dabei ist die Aufsichtsbehörde befugt, unmittelbar einzugreifen und die Stiftungsorgane zur notwendigen Korrektur zu zwingen (Erw. I 2a). 2. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen der Aufsichtsbehörde über Stiftungen (Erw. I 2a). 3. Auslegung von Art. 7 Abs. 2 der Schluss- und Übergangsbestimmungen zum Zehnten Titel des OR, dem neuen Arbeitsvertragsrecht. Die Frist von fünf Jahren für die Anpassung der Statuten und Reglemente der bestehenden Personalfürsorgeeinrichtungen hat sowohl formelle als auch materielle Wirkung (Erw. III).

102 IA 211 () from 23. Juni 1976
Regeste: Art. 4 BV; Öffentlichkeit der Hauptverhandlung im Strafverfahren. Ist die geschlossene Durchführung der Hauptverhandlung zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen geboten, so verletzt der Ausschluss der Öffentlichkeit Art. 4 BV auch dann nicht, wenn ein derartiger Ausschlussgrund im kantonalen Prozessrecht nicht vorgesehen ist. Die öffentliche Durchführung eines Strafverfahrens, in welchem dem Angeklagten zur Last gelegt wird, er habe Geschäftsgeheimnisse verraten, kann mit triftigen Gründen als widersprüchlich und mit dem Bundesrecht nicht vereinbar bezeichnet werden.

102 II 154 () from 8. Juli 1976
Regeste: Art. 68 Abs. 1 lit. a OG; bundesrechtliche Anforderungen an das kantonale Verfahrensrecht. Die Kantone dürfen die Beurteilung von Zivilrechtsstreitigkeiten nur unter der Voraussetzung einer Verwaltungsbehörde übertragen, dass sie hiefür ein Zweiparteienverfahren vorsehen.

103 V 190 () from 19. Dezember 1977
Regeste: Art. 6 Ziff. 1 Satz 1 EMRK. - Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf die Verwaltungsgerichte? Frage offen gelassen (Erw. 2a). - Die darin enthaltene Garantie, dass gerichtliche Verfahren ohne unnötige Verzögerung durchzuführen sind, bringt für die schweizerische Rechtsordnung kein neues Recht (Erw. 2b). Art. 4 BV. Eine unrechtmässige Rechtsverzögerung liegt dann vor, wenn die Umstände, welche zur unangemessenen Verlängerung des Verfahrens führten, objektiv nicht gerechtfertigt sind.

104 IA 271 () from 18. Oktober 1978
Regeste: Art. 4 und 58 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Anspruch auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht. Die Regelung des bernischen Strafverfahrens, wonach dem Gerichtspräsidenten ordentlicherweise auch die Verrichtungen des Untersuchungsrichters obliegen und er zudem den Überweisungsantrag stellt, verstösst weder gegen die BV noch gegen die EMRK.

105 IA 157 () from 10. Juli 1979
Regeste: Art. 4 und 58 BV; Ausstand eines Gerichts in seiner Gesamtheit. 1. Tragweite von Art. 58 Abs. 1 BV im allgemeinen; Verhältnis zum kantonalen Prozessrecht; Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 3-5). 2. Aus Art. 58 Abs. 1 BV ergibt sich, dass der Ausstand eines Gerichts in seiner Gesamtheit nur aus erheblichen Gründen bewilligt werden soll (E. 6a und b). 3. Abwägung im konkreten Fall (E. 6c).

105 IA 172 () from 3. Oktober 1979
Regeste: Art. 4 und 58 BV; Besetzung des urteilenden Gerichts. 1. Tragweite von Art. 58 Abs. 1 BV im allgemeinen: Verhältnis zu Art. 4 BV und zum kantonalen Gerichtsverfassungsrecht; Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 2 und 3). 2. Verletzung von Art. 58 Abs. 1 BV durch willkürliche Auslegung des kantonalen Gerichtsverfassungsrechts? (E. 4). 3. Anderweitige Verletzung von Art. 58 Abs. 1 und Art. 6 EMRK? (E. 5 und 6).

105 IA 247 () from 14. November 1979
Regeste: Art. 58 BV Von allen Mitgliedern eines Schiedsgerichtes, d.h. sowohl von den von den Parteien ernannten als auch vom Obmann, ist in gleichem Masse Unbefangenheit zu verlangen.

107 IA 15 () from 13. Mai 1981
Regeste: Kantonales Strafverfahren; Ausstandspflicht im Revisionsverfahren: Art. 4 und Art. 58 BV; Art. 16 Ziff. 6 der Tessiner Strafprozessordnung in Verbindung mit Art. 62 und Art. 63 des Tessiner Gerichtsorganisationsgesetzes. Die Tatsache allein, dass die Richter in einem Kanton, in dem das Strafkassationsgericht auch als Revisionsinstanz tätig ist, einmal oder mehrmals auf eine Kassationsbeschwerde des Verurteilten hin an einem Entscheid als Kassationsrichter mitgewirkt haben, verpflichtet diese nicht sich in Ausstand zu begeben, wenn der Verurteilte später ein Begehren um Revision des erstinstanzlichen Urteils stellt. Diese Tatsache bildet jedenfalls für sich allein auch keinen Ablehnungsgrund.

107 IA 45 () from 1. Juli 1981
Regeste: Art. 4, 55 und 58 BV; Beschlagnahme von Pressephotos als Beweismittel in einem Strafverfahren; Entsiegelung. Zum Entscheid über die Entsiegelung ist im Zürcher Strafverfahren in allen Fällen der Richter zuständig (E. 2). Da die Zürcher StPO dem Journalisten kein Zeugnisverweigerungsrecht einräumt, kann er die Herausgabe von Film- oder Photomaterial als Beweismittel in einem Strafverfahren nicht unter Berufung auf die Pressefreiheit verweigern (E. 3). Die hier in Frage stehende Beschlagnahme von Pressephotos war nicht verfassungswidrig (E. 4).

107 IA 135 () from 23. Juli 1981
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV; Ausstandspflicht des Beamten und des Mitglieds einer Behörde. - Die Garantie von Art. 58 Abs. 1 BV bezieht sich nur auf das gerichtliche Verfahren. Die Ausstandspflicht von Mitgliedern einer Verwaltungsbehörde bestimmt sich nach dem kantonalen Recht sowie Art. 4 BV (E. 2a) - Eine Ausstandspflicht aufgrund von Art. 4 BV besteht nur, wenn der Betreffende ein persönliches Interesse an dem zu behandelnden Geschäft hat (E. 2b)

107 IA 155 () from 11. November 1981
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV; Art. 19 Abs. 1 Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit. Grundsatz der Parität bei Bestellung eines Schiedsgerichts. 1. Verhältnis von Art. 58 Abs. 1 BV zu Art. 19 Abs. 1 des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit (E. 2). 2. Tragweite des Grundsatzes der Parität bei Bestellung eines zwischen zwei Verbänden vorgesehenen Schiedsgerichts in Streitigkeiten zwischen einem Mitglied des einen Verbands und einer Person, die dem andern Verband nicht angehört (E. 3). Auf den Paritätsanspruch kann nicht verzichtet werden (E. 4).

107 III 60 () from 2. Juli 1981
Regeste: Beseitigung des Rechtsvorschlages (Art. 79 und 80 SchKG). Derjenige, der auf einen Rechtsvorschlag hin seine Ansprüche nach Massgabe des Art. 79 SchKG hat anerkennen lassen, kann direkt die Fortsetzung der Betreibung verlangen, ohne dass er das Rechtsöffnungsverfahren gemäss Art. 80 SchKG zu durchlaufen hätte; das gleiche gilt, wenn ein Entscheid im Sinne von Art. 79 SchKG von einer Behörde oder einem Verwaltungsgericht des Bundes bzw. desjenigen Kantons stammt, in welchem die Betreibung angehoben worden ist (Bestätigung der Rechtsprechung). Das Dispositiv des Zivilurteils oder des Verwaltungsentscheides hat jedoch mit Bestimmtheit auf die hängige Betreibung Bezug zu nehmen und den Rechtsvorschlag ausdrücklich als aufgehoben zu erklären, sei es vollumfänglich oder in einer bestimmten Höhe (Änderung der Rechtsprechung).

108 IA 48 () from 17. Februar 1982
Regeste: Art. 88 OG, Legitimation; Art. 58 Abs. 1 BV, Ablehnung eines Richters. Eine Prozesspartei ist legitimiert, den Entscheid, mit dem das von einem andern Prozessbeteiligten eingereichte Ablehnungsbegehren gegen einen Richter gutgeheissen wurde, mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 58 Abs. 1 BV anzufechten (E. 1). Es bedeutet keine willkürliche Auslegung des § 96 Ziff. 4 des zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes (Ablehnung wegen Befangenheit) und verstösst auch nicht gegen Art. 58 Abs. 1 BV, wenn angeordnet wird, dass eine Zürcher Jugendrichterin, die im Zusammenhang mit den Zürcher Jugendunruhen einen öffentlichen Aufruf zu "Milde und Amnestie" mitunterzeichnet hat, in einem mit diesen Unruhen zusammenhängenden Straffall in den Ausstand zu treten habe (E. 2, 3).

110 IA 106 () from 3. Juli 1984
Regeste: Schiedsabrede beim Erwerb von Stockwerkeigentum; Art. 58 Abs. 1 BV. Überprüfungsbefugnis zu Art. 58 Abs. 1 BV und zum Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit (E. 1) Eine Schiedsklausel in der Verwaltungsordnung einer Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft ist für den Rechtsnachfolger eines Stockwerkeigentümers nur verbindlich, wenn sie die Voraussetzungen erfüllt, von denen das kantonale Prozessrecht ihre Gültigkeit abhängig macht; Verhältnis von Art. 649a ZGB zu Art. 6 Abs. 2 des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit (E. 2-4).

110 IA 197 () from 12. Dezember 1984
Regeste: Gemeindeautonomie; Aufhebung eines kommunalen Einbürgerungsentscheids durch die kantonale Behörde. Autonomie der Walliser Gemeinden beim Entscheid über die Aufnahme eines Bewerbers ins Bürgerrecht und bei der Festsetzung der Einbürgerungsgebühr (E. 2). Keine Verletzung dieser Autonomie, wenn die kantonale Rechtsmittelinstanz den Entscheid einer Gemeinde, die ein Einbürgerungsgesuch ohne triftige, in der Person der Bewerberin liegende Gründe ablehnte, aufhebt und die Einbürgerung verfügt (E. 4a). Verneinung einer Autonomieverletzung auch hinsichtlich der von der Rechtsmittelinstanz festgesetzten Einbürgerungsgebühr (E. 4b).

110 V 351 () from 21. Dezember 1984
Regeste: Art. 45 Abs. 1 und 2 VwVG. Der Rechtsuchende hat einen formellen Anspruch darauf, von dem im Gesetz bezeichneten Richter beurteilt zu werden. Daraus folgt, dass immer dann, wenn ein Richter durch einen Zwischenentscheid über seine Zuständigkeit befindet - sei es, dass er sich als zuständig erklärt und eine Partei seine Zuständigkeit bestreitet, sei es, dass er sich als unzuständig erklärt und die Prozessakten einem andern Richter überweist -, ein Entscheid vorliegt, der für die Partei, die ihn bestreitet, einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil formeller und ideeller Natur bewirken kann (Erw. 1). Art. 32 Abs. 4 des schweizerisch-französischen Abkommens über Soziale Sicherheit vom 3. Juli 1975, Art. 1 und 46 der Verwaltungsvereinbarung vom 3. Dezember 1976 zur Durchführung des Abkommens. Die schweizerisch-französische Erklärung vom 1. Februar 1913 betreffend die Übermittlung von gerichtlichen und aussergerichtlichen Aktenstükken sowie von Requisitorien in Zivil- und Handelssachen ist, wenn in AHV-Sachen erlassene Verfügungen der Ausgleichskassen nach Frankreich zuzustellen sind, nicht anwendbar, auch nicht analog oder als ergänzendes Recht. In solchen Fällen sind allein die vorgenannten staatsvertraglichen Bestimmungen anwendbar (Erw. 3). Art. 64 Abs. 2 AHVG, Art. 81 Abs. 3 und 117 Abs. 2 und 3 AHVV. Massgebendes Kriterium, wenn es im Rahmen des Art. 81 Abs. 3 AHVV zu wählen gilt zwischen der Rekursbehörde des Kantons, in welchem eine Unternehmung ihren Hauptsitz, und derjenigen des Kantons, in welchem sie ihre Zweigniederlassung hat. Zuständig ist die Rekursbehörde desjenigen Kantons, dessen kantonaler Ausgleichskasse die Unternehmung angeschlossen ist. Diese Lösung entspricht Art. 200 Abs. 4 AHVV (Erw. 5).

111 IA 146 () from 30. April 1985
Regeste: Art. 88 OG; Legitimation einer Wassergenossenschaft. Beschwerde einer Wassergenossenschaft gegen ein Zivilurteil, das einen Streit der Genossenschaft mit einem Genossenschafter über Bedingungen des Wasserbezugs betrifft: Legitimation bejaht.

111 IA 259 () from 8. November 1985
Regeste: Art. 18, 20 und 21 Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit 1. Unterlässt es eine Partei, rechtzeitig einen Ablehnungsgrund geltend zu machen oder die richterliche Behörde anzurufen, so kann sie den Mangel später nicht mehr rügen, es sei denn, dieser würde unheilbar sein (E. 2a). 2. Muss das Ausstandsbegehren und im Bestreitungsfall die Anrufung der richterlichen Behörde selbst dann unverzüglich erfolgen, wenn in materieller Hinsicht noch keine vorbereitende Massnahme getroffen worden ist? Frage offengelassen (E. 2b). 3. Einen Ablehnungsgrund geben nur Tatsachen ab, die bei einer normal reagierenden Person objektiv und vernünftigerweise geeignet sind, Misstrauen zu erwecken (E. 3a und b). Verfahrensmassnahmen, seien sie richtig oder falsch, vermögen als solche keinen objektiven Verdacht der Voreingenommenheit des Schiedsrichters zu begründen, der sie verfügt hat (E. 3b/aa). 4. Art. 21 Abs. 2 Konkordat räumt den Parteien kein bedingungsloses Recht auf Abnahme der von ihnen angerufenen Beweismittel ein (E. 3b/bb).

112 IA 85 () from 17. Mai 1986
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV, Art. 86 Abs. 2 und 3 OG; Zeitpunkt der Einreichung einer Beschwerde wegen Verletzung der Garantie des verfassungsmässigen Richters. Die Regelung gemäss Art. 86 Abs. 2 und 3 OG bedeutet nicht, dass in jedem beliebigen Zeitpunkt des Verfahrens Beschwerde wegen Verletzung von Art. 58 BV geführt werden kann.

112 IA 142 () from 16. April 1986
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV; Geltungsbereich. Die Garantie des verfassungsmässigen Richters gilt auch für Strafuntersuchungs- und Anklagebehörden, sofern diese in richterlicher Funktion tätig sind (E. 2a; Änderung der Rechtsprechung). Voraussetzungen, unter denen Art. 58 Abs. 1 BV auf die zürcherischen Bezirks- und Staatsanwälte anwendbar ist (E. 2b und 2c).

112 IA 290 () from 4. Juni 1986
Regeste: Art. 58 BV und 6 Ziff. 1 EMRK; Anspruch auf einen unabhängigen und unparteiischen Richter; Personalunion von Untersuchungsrichter und erkennendem Strafrichter; Ablehnung des Richters. Die Garantie des unbefangenen Richters in der Rechtsprechung des Bundesgerichts (E. 3a) und in der Rechtsprechung der Organe der Europäischen Menschenrechtskonvention (E. 3b) (Zusammenfassung). Das System der Personalunion von Untersuchungsrichter und erkennendem Strafrichter gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts (E. 3c; Zusammenfassung) und gemäss derjenigen der Organe der EMRK (E. 3e). Die Art. 58 BV und 6 Ziff. 1 EMRK sind inskünftig so auszulegen, dass die untersuchungsrichterlichen und die strafrichterlichen Funktionen im gleichen Verfahren nicht vom gleichen Richter ausgeübt werden dürfen. Beurteilung der Unbefangenheit gemäss objektiven Kriterien, die geeignet sind, schon den blossen Anschein von Voreingenommenheit zu vermeiden (E. 5b und c; Änderung der Rechtsprechung). Im System der Personalunion stellt einzig der obligatorische Ausstand eine zweckmässige und genügende Garantie für die Unbefangenheit des Sachrichters dar (E. 5e; Änderung der Rechtsprechung).

112 IA 339 () from 4. Dezember 1986
Regeste: Art. 58 BV; § 36 des thurgauischen Gerichtsorganisationsgesetzes; Verwirkung des Anspruchs auf den verfassungsmässigen Richter. Die Rüge der ungehörigen Besetzung des Gerichts ist zu Beginn der Verhandlung zu erheben. Wer einen Organmangel dieser Art feststellt und sich nicht dagegen zur Wehr setzt, verwirkt den Anspruch auf spätere Anrufung der verletzten Bestimmung.

112 II 512 () from 18. November 1986
Regeste: Art. 48 ff., Art. 68, Art. 84 OG: Kantonaler Rechtsmittelentscheid über einen Schiedsspruch; Weiterziehung an das Bundesgericht. Bedeutung des Vorbehalts gemäss Art. 15 Abs. 1 KG. 1. Gegen kantonale Rechtsmittelentscheide im Schiedsgerichtsverfahren ist ausschliesslich die staatsrechtliche Beschwerde gegeben, auch wenn sie Zwischenentscheide über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts betreffen (E. 1). Umdeutung der unzulässigen Berufung in eine staatsrechtliche Beschwerde; Kognition des Bundesgerichts (E. 2a). 2. Tragweite des Vorbehalts des ordentlichen Rechtswegs nach Art. 15 Abs. 1 KG (E. 2b, 2c).

112 III 9 () from 17. Januar 1986
Regeste: Gerichtsstand für die Rechtsöffnung. Örtlich zuständig für die Rechtsöffnung ist grundsätzlich der Richter des Ortes, wo die Betreibung angehoben wurde. Hat der Betriebene inzwischen den Wohnsitz verlegt, so ist das Rechtsöffnungsgesuch beim Richter des neuen Wohnsitzes zu stellen, sofern der Betriebene dem Gläubiger die Wohnsitzverlegung angezeigt oder dieser sonstwie davon erfahren hat. Auch in diesem Fall bleibt jedoch der Richter des ursprünglichen Betreibungsortes zuständig, wenn sich der Betriebene nicht darauf beruft, er habe seinen Wohnsitz seit Anhebung der Betreibung verlegt (Präzisierung der Rechtsprechung).

113 IA 72 () from 4. Februar 1987
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK. 1. Bestätigung der Rechtsprechung, wonach die Personalunion von Untersuchungsrichter und Gerichtspräsident vor Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht standhält (E. 2). 2. Zulässigkeit der Personalunion von Überweisungsrichter und erkennendem Richter? Zusammenfassung der bisherigen Rechtsprechung. Frage im vorliegenden Fall offengelassen (E. 3).

113 IA 165 () from 4. Februar 1987
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV; Strafverfahren, innerkantonale örtliche Zuständigkeit. Die Gerichtsstandsregeln der Art. 346 ff. StGB gelten für die in die kantonale Gerichtsbarkeit fallenden bundesrechtlichen Delikte nicht nur interkantonal, sondern auch innerkantonal. Wo der Gerichtsstand innerkantonal nach Art. 346 ff. StGB zu bestimmen ist, wird das eidgenössische Recht als subsidiäres kantonales Recht angewendet.

113 IA 407 () from 17. November 1987
Regeste: Ablehnung eines Schiedsrichters. 1. Staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 58 Abs. 1 BV: Neue tatsächliche Vorbringen, letztinstanzlicher Entscheid (E. 1)? 2. Anspruch des Einzelnen auf Beurteilung seiner Streitsache durch ein unparteiisches Gericht: Zum Begriff der Unparteilichkeit; Anforderungen an den Nachweis der Befangenheit, insbesondere nach Aufhebung eines Entscheides wegen Verfahrensfehlern (E. 2a und b). Sinngemässe Anwendung von Konkordatsrecht (E. 2c)?

113 IA 412 () from 18. März 1987
Regeste: Schaffung eines Wirtschaftsstrafgerichts gemäss Abänderungsgesetz des Kantons Bern vom 10. September 1985. Durch die Errichtung dieses auf verfassungsmässiger Grundlage beruhenden Wirtschaftsstrafgerichts wird weder der Grundsatz der Öffentlichkeit (E. 2) noch derjenige der Unmittelbarkeit (E. 3) verletzt; ebensowenig liegt eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK vor (E. 3c). Ferner verstösst seine Schaffung auch nicht gegen Art. 58 Abs. 1 BV oder gegen das Rechtsgleichheitsgebot (E. 5). Schliesslich ist ebenfalls die in den Übergangsbestimmungen gemäss Abänderungsgesetz enthaltene Rückwirkungsregelung nicht verfassungswidrig (E. 6).

114 IA 50 () from 16. März 1988
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Personalunion von Überweisungsrichter und erkennendem Strafrichter. 1. Tragweite des Anspruchs auf den verfassungsmässigen Richter, insbesondere auf einen unparteiischen, unbefangenen und unvoreingenommenen Richter nach Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 3b); Bedeutung dieser Garantien in einem demokratischen Rechtsstaat (E. 3c). 2. Zulässigkeit der sog. Vorbefassung im allgemeinen und Kriterien der Beurteilung (E. 3d). 3. Personelle Identität bzw. personelle Trennung von Überweisungsrichter und erkennendem Strafrichter im allgemeinen; Hinweise auf die Regelung in den Strafprozessordnungen und die Rechtsprechung (E. 4). 4. Die personelle Trennung von Überweisungsrichter und Strafrichter nach der zürcherischen Strafprozessordnung: Der erstinstanzliche Strafrichter am Obergericht, der vorher als Mitglied der Anklagekammer die Anklage zugelassen und den Angeschuldigten überwiesen hat, genügt den Anforderungen von Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht (E. 5).

114 IA 143 () from 22. Juni 1988
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Personalunion von Strafmandatsrichter und Sachrichter. 1. Tragweite des Anspruchs auf den verfassungsmässigen Richter, insbesondere einen unparteiischen, unbefangenen und unvoreingenommenen Richter (E. 3). 2. Der bernische Strafrichter erscheint nicht wegen der vorgängig vorgenommenen Eröffnung der Strafverfolgung und Überweisung an den Einzelrichter als voreingenommen (E. 5). 3. Der bernische Strafrichter, der vorgängig ein Strafmandat erlassen hat, genügt den Anforderungen von Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht (E. 7).

114 IA 153 () from 15. Juli 1988
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV, Ablehnung eines Richters. - Tragweite des Anspruchs auf einen unparteiischen Richter gemäss Art. 58 Abs. 1 BV (E. 3). - Ein Richter, der beim Entscheid über das gegen ihn gerichtete Ablehnungsbegehren mitwirkt, ist kein unparteiischer Richter im Sinne von Art. 58 Abs. 1 BV (E. 3a/aa). - Nichtigkeit eines Gerichtsbeschlusses, an dem ein iudex inhabilis mitgewirkt hat, oder Heilung des Mangels durch das kantonale Beschwerdeverfahren? (E. 3a/bb) - Ein Richter erscheint aufgrund seines subjektiven Verhaltens dann als voreingenommen, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit objektiv zu rechtfertigen vermögen; Anwendung dieses Grundsatzes (E. 3b).

114 IA 275 () from 22. August 1988
Regeste: Art. 4, 58 Abs. 1 BV und 6 Ziff. 1 EMRK; Personalunion von Instruktionsrichter, Überweisungsbeamter und Gerichtspräsident. 1. Zusammenfassung der jüngsten Rechtsprechung zum Begriff der Unparteilichkeit (E. 2a). 2. Das Bündner Ehrverletzungsstrafverfahren, in dem die gleiche Person die Untersuchung leitet, über die Überweisung an den Strafrichter entscheidet und dem Gericht als Präsident vorsitzt, genügt unter objektivem Gesichtspunkt der notwendigen Unbefangenheit nicht (E. 2b).

114 IA 278 () from 7. September 1988
Regeste: Ablehnung von Richtern und Beamten; Art. 23 OG, Art. 4 und 58 Abs. 1 BV. - Ein Richter darf nicht bloss deswegen abgelehnt werden, weil er in einem früheren Verfahren gegen den heutigen Beschwerdeführer entschieden hat (E. 1). - Der von einem Gerichts- oder Verwaltungsentscheid Betroffene hat Anspruch darauf, die Namen der am Entscheid mitwirkenden Personen zu erfahren (E. 3b). - Es verstösst gegen Treu und Glauben, einen Richter oder Beamten erst im Rechtsmittelverfahren abzulehnen, obwohl der Ablehnungsgrund schon vorher bekannt war (E. 3e).

114 IA 461 () from 2. November 1988
Regeste: Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde: anfechtbarer Entscheid i.S. von Art. 84 Abs. 1 OG. Stellt der Verwaltungsakt, mit dem die Behörde das Honorar eines von ihr ernannten Gerichtsexperten kürzt, einen anfechtbaren Entscheid dar? Frage verneint, wenn der Experte die Möglichkeit hat, seinen Anspruch vor einem unabhängigen und unparteiischen (zivilen oder Verwaltungs-) Gericht geltend zu machen, das in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht über volle Kognition verfügt.

114 V 61 () from 15. April 1988
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV: Besetzung des Gerichts. Die Garantie des verfassungsmässigen Richters gemäss Art. 58 Abs. 1 BV umfasst den Anspruch auf Bekanntgabe der personellen Zusammensetzung der entscheidenden Behörde. Bis zu welchem Zeitpunkt sind Befangenheits- oder Ausstandsgründe geltend zu machen?

114 V 292 () from 6. Mai 1988
Regeste: Art. 25 Abs. 1 und 4 KUVG, Art. 58 BV: Besetzung des Schiedsgerichts. - In Art. 25 Abs. 1 KUVG ist der Anspruch auf richtige Besetzung des Gerichts mit eingeschlossen; das Schiedsgericht hat dieselbe Gewähr für Unparteilichkeit zu bieten wie andere staatliche Gerichte. Die Richter des Schiedsgerichts haben deshalb in Ausstand zu treten, wenn sie mit einer Partei in einer Weise verbunden sind, welche die Befürchtung der Befangenheit begründet (Erw. 3b und c). - Begriff des neutralen Vorsitzenden im Sinne von Art. 25 Abs. 4 KUVG; bei der Beurteilung der Neutralität ist ein strenger Massstab anzulegen (Erw. 3d).

115 IA 34 () from 29. März 1989
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Anspruch auf einen unbefangenen Richter. Ablehnung eines Richters, weil dieser in einem früheren Strafverfahren, dem zum Teil derselbe Lebenssachverhalt zugrunde lag, bei der Beurteilung eines anderen Angeschuldigten mitgewirkt hatte. Befangenheit verneint, da es in den beiden Verfahren nicht um die gleichen Straftatbestände ging und somit im späteren Verfahren in bezug auf die entscheidende Frage des Schuldvorwurfs das Urteil nicht irgendwie vorbestimmt war (E. 2a-2c/bb). Frage der Voreingenommenheit des Richters in Fällen, in denen Mitangeschuldigte nicht im gleichen Verfahren beurteilt werden und derselbe Richter im früheren und im späteren Verfahren amtet (E. 2c/cc).

115 IA 172 () from 5. Juni 1989
Regeste: Art. 58 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Ablehnung eines Richters. - Umstände, die objektiv geeignet sind, den Anschein von Befangenheit und die Gefahr der Parteilichkeit zu begründen, reichen zur Ablehnung eines Richters aus (E. 3). - Fall eines Ersatzrichters einer Kassationsinstanz, der einen Zeitungsartikel über die erstinstanzliche Verhandlung schrieb, welcher er als Journalist beigewohnt hatte, und dessen Verhalten an einem öffentlichen Ort Zweifel an der Unparteilichkeit begründen konnte (E. 4).

115 IA 180 () from 5. Juli 1989
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Ablehnung eines Richters. Ein Richter erscheint aufgrund seines Verhaltens dann als voreingenommen, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit objektiv zu rechtfertigen vermögen; Anwendung dieses Grundsatzes.

115 IA 217 () from 15. November 1989
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK: Personalunion von Untersuchungsrichter und erkennendem Strafrichter im Privatklageverfahren. 1. Anwendbarkeit von Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf das Privatstrafklageverfahren wegen Ehrverletzung (E. 4a). 2. Rechtsprechung zur Personalunion von Untersuchungsrichter und erkennendem Strafrichter im allgemeinen (E. 4c). 3. Derjenige Bezirksrichter, der im zürcherischen Verfahren der Ehrverletzung durch die Presse bereits die Untersuchung geführt hat, genügt den Anforderungen von Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht (E. 6).

115 IA 224 () from 29. November 1989
Regeste: Art. 6 Ziff. 1 EMRK, 58 Abs. 1 BV; Anspruch auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht; Ablehnung eines Richters. 1. Zusammenfassung der Rechtsprechung zum Anspruch auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht i.S. von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und 58 Abs. 1 BV (E. 5). 2. Personalunion von Untersuchungsrichter und erkennendem Strafrichter gemäss freiburgischem Recht (E. 6). 3. Eine kantonale Bestimmung, wonach der Gerichtsschreiber zuerst im Rahmen der Strafuntersuchung und anschliessend innerhalb des erkennenden Organs mitwirken kann, verstösst gegen Art. 6 Ziff. 1 EMRK und 58 Abs. 1 BV, insbesondere dann, wenn sie einem juristisch geschulten Gerichtsschreiber, der an wichtigen Untersuchungshandlungen mitgewirkt hat, erlaubt, an dem zur Mehrheit von Laien besetzten Gericht teilzunehmen und das Urteil abzufassen (E. 7a-b).

115 IA 311 () from 20. November 1989
Regeste: Art. 87 OG; Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid. 1. Überweisungsbeschlüsse in Strafsachen sind Zwischenentscheide im Sinne von Art. 87 OG (E. 2a). 2. Die Beschränkung nach Art. 87 OG gilt grundsätzlich nicht bei Entscheiden über gerichtsorganisatorische Fragen, die endgültig zu erledigen sind, bevor das Verfahren weitergeführt werden kann; Fälle, bei denen Art. 87 OG dennoch anwendbar ist (E. 2a). 3. Werden neben Art. 4 BV weitere Verfassungsrügen erhoben, so tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde nur ein, wenn diese Rügen selbständige Bedeutung haben und nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet sind (E. 2b). 4. In der Überweisung einer Strafsache an ein Strafgericht liegt kein nicht wiedergutzumachender Nachteil (E. 2c).

115 IA 400 () from 20. Dezember 1989
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV, Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit; Art. 87 OG, Anfechtbarkeit von Entscheiden über Ablehnungsbegehren. 1. Der Rückweisungsentscheid eines kantonalen Kassationsgerichts, mit dem ein Ablehnungsantrag nicht abschliessend beurteilt wird, kann nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV angefochten werden (E. 1a). 2. Prozessuale Fehler oder ein möglicherweise falscher materieller Entscheid vermögen grundsätzlich für sich allein nicht den Anschein der Befangenheit eines Richters zu begründen. Anders kann es sich verhalten, wenn besonders krasse oder wiederholte Irrtümer vorliegen, die als schwere Verletzung der Richterpflichten beurteilt werden müssen (E. 3b).

115 II 187 () from 2. März 1989
Regeste: Materielle Rechtskraft eines Urteils, mit dem die Einrede ungenügender Substantiierung gutgeheissen wird. Voraussetzungen, unter denen ein Sachurteil mit materieller Rechtskraftwirkung ergeht, wenn ein Gericht die Sachvorbringen der beweisbelasteten Partei als nicht hinreichend substantiiert beurteilt. Bedeutung der Begründung, des Dispositivs und der prozessualen Bezeichnung des Entscheides durch das urteilende Gericht.

115 II 294 () from 11. September 1989
Regeste: Internationales Schiedsgerichtsverfahren. Ernennung eines Schiedsrichters. Gegen die Ernennung eines Schiedsrichters gemäss Art. 179 IPRG ist kein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben.

115 V 257 () from 13. April 1989
Regeste: Art. 25 Abs. 1 und 4 KUVG, Art. 58 Abs. 1 BV: Besetzung des Schiedsgerichts. - Das Gebot der Unparteilichkeit gilt für den Vorsitzenden und die übrigen Schiedsrichter in gleicher Weise; diese haben deshalb in Ausstand zu treten, wenn sie mit einer Partei in einer Weise verbunden sind, welche die Besorgnis der Befangenheit begründet (Erw. 2b). - Kassenfunktionäre dürfen grundsätzlich als Schiedsrichter tätig sein. Soweit sich diese nicht als Parteianwälte im Richterkleid verstehen und einseitig nur die Interessen der im Streite stehenden Kassen wahrnehmen, kann ihre Mitwirkung nicht als parteiische Ausübung des Richteramtes gewertet werden (Erw. 5b). - Ein Kassenfunktionär hat jedoch als Schiedsrichter in den Ausstand zu treten, wenn er mit einer Partei über die blosse Zugehörigkeit zu den Kassenkreisen hinaus in einer Weise verbunden ist, welche objektiv Misstrauen an seiner Unparteilichkeit weckt. Besorgnis der Befangenheit ist begründet, wenn der Schiedsrichter bei einer Kasse, die im betreffenden Prozess als Klägerin oder Beklagte auftritt, die Funktion eines Organs oder eines Mitarbeiters innehat. Dabei kommt es bei Forderungsstreitigkeiten nicht darauf an, ob die fragliche Kasse mit einem grossen oder kleinen Betrag am Rechte steht (Erw. 5c).

116 IA 8 () from 5. Januar 1990
Regeste: Art. 58 BV; Mitwirkung eines nicht ordnungsgemäss vereidigten Richters. Dem Amtsgelübde kommt nach aargauischem Recht keine konstitutive, sondern bloss moralische und symbolische Bedeutung zu. Art. 58 BV ist daher nicht verletzt, wenn an einem Urteil ein Richter mitwirkt, der noch nicht von der zuständigen Behörde in Pflicht genommen wurde (E. 2-4).

116 IA 28 () from 2. Mai 1990
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK. 1. Weist eine kantonale Kassationsinstanz bei Gutheissung einer Nichtigkeitsbeschwerde die Sache an die Vorinstanz zurück, stellt die Mitwirkung der am aufgehobenen Entscheid beteiligten Gerichtspersonen bei der Neubeurteilung der Sache für sich allein keinen Fall unzulässiger Vorbefassung dar (E. 2a). 2. Ob die Erklärung von Gerichtspersonen, wonach sie sich befangen fühlen, einen Umstand darstellt, welcher das Misstrauen des Angeschuldigten in das Gericht als objektiv gerechtfertigt erscheinen lässt und den Vorwurf der Befangenheit zu begründen vermag, kann nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Frage im vorliegenden Fall bejaht (E. 2c).

116 IA 32 () from 2. Mai 1990
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Ablehnung von Richtern. Es ist mit dem Anspruch auf einen unbefangenen und unparteiischen Richter nach Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereinbar, wenn diejenigen Richter, die ein Abwesenheitsurteil gefällt haben, später auch bei der Neubeurteilung der Strafsache im ordentlichen Verfahren mitwirken.

116 IA 186 () from 19. Juni 1990
Regeste: Zulässigkeit einer staatsrechtlichen Parallelbeschwerde bei freiwilliger Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzuges (Art. 58 BV, Art. 86 Abs. 2 und 3 OG). Bei gleichzeitiger Anfechtung eines Entscheides mit einem kantonalen Rechtsmittel und einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 58 BV ist auf die sistierte staatsrechtliche Beschwerde nach Abweisung des kantonalen Rechtsmittels nur einzutreten, wenn auch dieser Rechtsmittelentscheid angefochten wird.

116 IA 252 () from 26. September 1990
Regeste: Anbringen eines Kruzifixes in den Schulzimmern einer Primarschule; Gemeindeautonomie; Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 49 BV); Religionsneutralität des Schulunterrichts (Art. 27 Abs. 3 BV). 1. Zuständigkeit des Bundesgerichts zur Prüfung der Rüge der Verletzung der Religionsneutralität gemäss Art. 27 Abs. 3 BV im konkreten Fall (E. 1). 2. Zusammenfassung der Rechtsprechung über die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde eine Verletzung ihrer Autonomie mittels staatsrechtlicher Beschwerde geltend machen kann, und über die zulässigen Rügen (E. 3). 3. Autonomie der Tessiner Gemeinden hinsichtlich des Anbringens von Kruzifixen in den Schulzimmern einer Primarschule (E. 4). 4. Tragweite der Glaubens- und Gewissensfreiheit und der Religionsneutralität des Staates (E. 5). 5. Tragweite des Prinzips der religiösen Neutralität öffentlicher Schulen (E. 6). 6. Das Anbringen eines Kruzifixes in den Schulzimmern einer Primarschule entspricht der in Art. 27 Abs. 3 BV gewährleisteten Religionsneutralität nicht (E. 7 und 8).

116 IA 305 () from 14. Juni 1990
Regeste: 1. Art. 4 und Art. 58 BV, Art. 168 StPO/BS; Unmittelbarkeitsprinzip. Eine Einschränkung des Unmittelbarkeitsprinzips durch Vorlage von Beweisstücken an die Richter schon vor dem Verhandlungstag verstösst in willkürlicher Weise gegen § 168 StPO/BS (E. 3b). Haben die urteilenden Richter (mit Ausnahme des Präsidenten) ohne vorherige Aktenkenntnis in der Hauptverhandlung die für das Urteil wesentlichen Beweiserhebungen vorgenommen, so ist eine willkürliche Anwendung von § 168 StPO/BS zu verneinen, selbst wenn sie aus einem vorangegangenen konnexen Verfahren, in welchem der Unmittelbarkeitsgrundsatz beachtet worden war, Kenntnis vom Prozessstoff hatten (E. 3d). 2. Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 4; faires Verfahren (Waffengleichheit). Stehen die Taten mehrerer Angeschuldigter in einem nahen sachlichen Zusammenhang, sollten die Strafverfolgungsbehörden nicht leichthin eine Verfahrenstrennung vornehmen. Dies gilt insbesondere in Fällen der Teilnahme, wenn Umfang und Art der Beteiligung wechselseitig bestritten sind und die Gefahr besteht, dass der eine Teilnehmer die Schuld dem andern zuweisen will (E. 4b). Wird ein Angeschuldigter von einem sachlich zusammenhängenden Verfahren mit der Begründung ausgeschlossen, er werde eventuell als Zeuge oder als Auskunftsperson benötigt, und wird er in jenem Verfahren belastet ohne dazu Stellung nehmen zu können, so verletzt dies den Grundsatz des fairen Verfahrens (Waffengleichheit; E. 4c). Zur Problematik des Auflegens von Kassibern zu Verhandlungsbeginn (E. 4d).

116 IA 387 () from 4. Juli 1990
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Anspruch auf einen unbefangenen Richter. Keine Verletzung dieses Anspruchs, wenn derjenige Richter, der in einer Strafsache als Haftrichter tätig war, später auch beim Entscheid über ein Begehren um Haftentschädigung mitwirkt.

116 IA 485 () from 20. Dezember 1990
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV; Ablehnung von nebenamtlichen Richtern. 1. Wenn die Zusammensetzung eines Gerichts nicht im voraus bekannt ist, kann von den Beschwerdeführern nicht verlangt werden, dass sie vorgängig Ablehnungsbegehren gegen bestimmte Mitglieder des Gerichts stellen (E. 2). 2. Ein als Richter amtender Anwalt erscheint befangen, wenn zu einer Partei ein noch offenes Mandat besteht oder er für eine Partei mehrmals anwaltlich tätig wurde (E. 3).

116 IB 452 () from 21. Dezember 1990
Regeste: Gesuch der Republik der Philippinen um internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Art. 1 Abs. 1 lit. b und Art. 63 Abs. 3 IRSG; Voraussetzung des Strafverfahrens im gesuchstellenden Staat. Auch wenn im gesuchstellenden Staat noch kein eigentliches Strafverfahren eröffnet worden ist, können ihm Auskünfte erteilt werden, wenn diese ihm als Beweise dienen in einem Strafverfahren, das in Kürze vor einem ordentlichen Gericht zu eröffnen er sich verpflichtet hat, und mit dem er die Verurteilung der Beschuldigten bzw. die Einziehung von angeblich unerlaubt erworbenen Vermögenswerten verfolgt (E. 3a, b). Dabei ist er auf die Voraussetzung eines dem europäischen Recht entsprechenden Strafverfahrens aufmerksam zu machen und einzuladen, das Spezialitätsprinzip zu beachten (E. 3c). Verwerfung der Einrede der Verjährung der vorgeworfenen Delikte, welche als fortgesetzte Delikte zu qualifizieren sind, soweit diese Einrede überhaupt erhoben werden konnte (E. 4). Art. 63, Art. 74 und Art. 94 IRSG. Anwendbare Grundsätze auf die Aushändigung des Deliktsguts (E. 5a, b). Im konkreten Fall wird die Aushändigung von in der Schweiz blockierten Vermögenswerten gewährt, ihre Übergabe jedoch bis zu dem Zeitpunkt hinausgeschoben, da ein vollstreckbarer Entscheid eines in Strafsachen zur Beurteilung der Rückgabe an die Berechtigten oder die Einziehung zuständigen philippinischen Gerichts vorliegt. Festlegung einer Frist von einem Jahr für die Eröffnung eines den Art. 4, Art. 58 BV und Art. 6 EMRK entsprechenden Verfahrens. Vor dem Vollzug eines solchen ausländischen Entscheids haben die Behörden des nachgesuchten Staates sich zu vergewissern, dass dieser in Übereinstimmung mit den genannten Bestimmungen ergangen ist (E. 5c).

117 IA 133 () from 22. Juli 1991
Regeste: Art. 4 und 58 BV; Besetzung des Gerichts; Anspruch auf rechtliches Gehör. Kann einem an einer zweiten kantonalen Berufungsverhandlung neu mitwirkenden Gerichtsmitglied der Prozessstoff durch Aktenstudium zugänglich gemacht werden, wird der Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör nicht verletzt, wenn ihnen nicht erneut Gelegenheit gegeben wird, sich vernehmen zu lassen. Die Auswechslung eines Richters verstösst unter der genannten Voraussetzung auch nicht gegen Art. 58 BV (E. 1).

117 IA 157 () from 21. März 1991
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. 1. Der ehemalige Generalprokurator genügt als (ausserordentlicher) Ersatzrichter am Wirtschaftsstrafgericht wegen seiner früheren Stellung im Verfahren den Anforderungen von Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht (E. 3). 2. Bei Gutheissung einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Anspruchs auf den verfassungsmässigen Richter hebt das Bundesgericht neben dem direkt angefochtenen Zwischenentscheid auch das in der Zwischenzeit ergangene Sachurteil auf, soweit dieses den Beschwerdeführer betrifft (E. 4).

117 IA 166 () from 30. April 1991
Regeste: Art. 58 BV und Art. 6 EMRK. Schiedsgerichtsbarkeit; Anspruch auf den verfassungs- und konventionsmässigen Richter. Die aus Art. 58 BV und Art. 6 EMRK fliessenden Garantien beziehen sich nicht bloss auf staatliche Gerichte, sondern ebenfalls auf private Schiedsgerichte. Das gilt insbesondere auch für den Anspruch auf richtige Besetzung des Gerichts (E. 5). Führen trotz der Demission eines Schiedsrichters die übrigen Mitglieder des Schiedsgerichts das Verfahren weiter, ohne dass sie aufgrund einer Parteiabrede zu einem solchen Vorgehen ermächtigt wären, so ist der Anspruch der Parteien auf ordnungsgemässe Zusammensetzung der Spruchkammer verletzt, und zwar selbst dann, wenn der Demissionär sein Mandat ohne wichtigen Grund niedergelegt hat (E. 6).

117 IA 182 () from 21. August 1991
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Anspruch auf einen unbefangenen Richter. Es ist grundsätzlich mit Verfassung und Konvention vereinbar, wenn derjenige Richter, der in einer Strafsache als Haftrichter tätig war, später auch beim Sachentscheid mitwirkt.

117 IA 190 () from 25. April 1991
Regeste: Art. 58 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 373 ZGB und Art. 54 SchlT ZGB; Entmündigung durch Verwaltungsbehörden. Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist auf das Entmündigungsverfahren grundsätzlich anwendbar. Abgrenzung gegenüber Art. 58 BV mit Bezug auf das Erfordernis der gerichtlichen Beurteilung. Tragweite der auslegenden Erklärung des Bundesrates.

117 IA 322 () from 31. Oktober 1991
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV: Ablehnung eines Richters. Verwirkung des Anspruchs bei verspäteter Geltendmachung. Offengelassen, ob ein Richter auch dann im voraus abzulehnen ist, wenn ein Ausschlussgrund (judex incapax) vorliegt.

117 IA 324 () from 15. November 1991
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Anspruch auf einen unbefangenen Richter. Ein Richter, der bei der Beurteilung eines vom Angeschuldigten gegen ein anderes Gericht eingereichten Ausstandsbegehrens mitgewirkt hat, muss deswegen bei der materiellen Beurteilung der Strafsache nicht in den Ausstand treten.

117 IA 378 () from 6. März 1991
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK: Rechtsschutzbestimmungen im Bereiche der Landumlegung. 1. Es verstösst nicht gegen Art. 58 Abs. 1 und Art. 6 Ziff. 1 EMRK, eine Rekurskommission einzusetzen, welche in den Bereichen der Landumlegung und der Grenzregulierung als unabhängiges Spezialgericht endgültig entscheidet (E. 4). 2. a) Der Einleitungsbeschluss zu einer Landumlegung und die Abgrenzung des Perimeters betreffen sog. "civil rights" im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und erfordern daher eine gerichtliche Anfechtungsmöglichkeit; das Verfahren vor dem Staatsrat und das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde genügen diesen Anforderungen nicht (E. 5a, 5b und 5c). b) Die auslegende Erklärung der Schweiz zu Art. 6 Ziff. 1 EMRK findet keine Anwendung (E. 5d).

117 IA 491 () from 30. Oktober 1991
Regeste: Strafe für Zeugnisverweigerung. System der Zwangsmassnahmen gegen widerspenstige Zeugen; Prüfung der Verfassungsmässigkeit einer solchen Zwangsmassnahme im allgemeinen und jener nach dem freiburgischen Recht im besonderen (E. 1). Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Garantie des unabhängigen und unparteiischen Richters und der Öffentlichkeit der Verhandlung. Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Rüge der Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK, die vor der kantonalen Instanz nicht erhoben wurde (E. 2a). Man kann nicht verlangen, dass der Richter, der die Zeugnisverweigerung bestraft hat, notwendigerweise ein anderer ist als jener, der den Zeugen vorgeladen und ihn zur Aussage aufgefordert hat (E. 2b). Das Fehlen der Öffentlichkeit der Verhandlung vor der Anklagekammer des Kantonsgerichts Freiburg rechtfertigt die Gutheissung der Beschwerde (E. 2c).

117 IA 508 () from 23. Dezember 1991
Regeste: Art. 17 Abs. 1 OG; Öffentlichkeit der Beratungen und Abstimmungen des Kassationshofes. Die Beratungen und Abstimmungen des Kassationshofes des Bundesgerichts sind nicht öffentlich bei eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerden und bei Verwaltungsgerichtsbeschwerden betreffend den Strafvollzug. Sie sind dagegen öffentlich bei Verwaltungsgerichtsbeschwerden betreffend Administrativmassnahmen im Strassenverkehr und bei mit einer Nichtigkeitsbeschwerde konnexen staatsrechtlichen Beschwerden, soweit mit diesen dem Kassationshof verfassungsrechtliche oder strafprozessuale Grundsatzfragen zur Beurteilung vorgelegt werden, die ohne Bezugnahme auf die Nichtigkeitsbeschwerde behandelt werden können.

117 IB 64 () from 8. März 1991
Regeste: Internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Notwendigkeit von Erhebungen in mehreren Kantonen, Art. 80 IRSG; Prüfungsobliegenheiten nach Art. 78 und 79 IRSG, Heilung von allfälligen Mängeln des kantonalen Verfahrens; Voraussetzungen der Rechtshilfeleistung, Art. 2 IRSG. 1. Der zwischen Paraguay und der Schweiz abgeschlossene Auslieferungsvertrag ist teilweise auch für die Rechtshilfe im Sinne des dritten Teils des IRSG anwendbar. Soweit eine staatsvertragliche Regelung fehlt, gelangen das IRSG und die IRSV zur Anwendung (E. 2a). 2. Der vom BAP gestützt auf Art. 80 IRSG mit der Leitung des Rechtshilfeverfahrens beauftragte Kanton alleine hat den Grundsatzentscheid über die internationale Rechtshilfe für alle Betroffenen in allen durch das ausländische Ersuchen berührten Kantonen zu fällen (E. 3). Somit hat der "Leitkanton" die materielle Zulässigkeit der internationalen Rechtshilfe zu prüfen (Art. 79 Abs. 1 IRSG), während es sich bei der dem BAP nach Art. 78 Abs. 1 IRSG obliegenden Prüfung um eine blosse Vorprüfung handelt, die im wesentlichen auf die Frage beschränkt ist, ob ein Ersuchen den formellen Anforderungen entspricht oder ob seine Ausführung nicht sonstwie offensichtlich unzulässig ist. In casu sind die zuständigen Behörden des "Leitkantons" ihrer Prüfungs- und Begründungspflicht noch hinreichend nachgekommen. Allfällige Mängel des vorinstanzlichen Verfahrens wären vor Bundesgericht geheilt worden (E. 4). 3. Die grundsätzlichen Voraussetzungen der Rechtshilfeleistung sind zu bejahen. - Die Bestätigung nach Art. 76 lit. c IRSG/Art. 31 Abs. 2 IRSV wie auch die Gegenrechtserklärung nach Art. 8 IRSG liegen vor (E. 2a und 5b). - Die Erfordernisse nach Art. 28 IRSG sind erfüllt, wie auch beidseitige Strafbarkeit gegeben ist (Art. 2 des zwischen Paraguay und der Schweiz abgeschlossenen Vertrages, Art. 64 IRSG). Die Gegenstand des Ersuchens bildenden, teilweise durch ehemalige Staatsorgane begangenen Straftaten spielten sich zwar in einem gewissen politischen Umfeld ab, doch handelt es sich dabei um gemeinrechtliche, rechtshilfefähige Delikte (E. 5c). - Die Darstellung im Begehren weist zwar darauf hin, dass der ersuchende Richter nicht nur als Untersuchungsrichter amtet, sondern hernach als erstinstanzlicher Strafrichter in derselben Angelegenheit vorgesehen sein soll, was mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 58 Abs. 1 BV nicht zu vereinbaren ist. Dies hat aber nicht die grundsätzliche Verweigerung der Rechtshilfe zur Folge. Vielmehr ist die Forderung nach einem den betreffenden Bestimmungen entsprechenden Richter in einen Vorbehalt aufzunehmen. Die Rechtshilfeleistung ist von der von den zuständigen Behörden Paraguays abzugebenden Zusicherung abhängig zu machen, dass dieser Vorbehalt eingehalten wird (E. 5f/g).

118 IA 20 () from 27. Februar 1992
Regeste: Internationales Schiedsgerichtsverfahren; Weigerung des staatlichen Richters, einen Schiedsrichter zu ernennen (Art. 179 Abs. 3 IPRG; Art. 4 und 58 Abs. 1 BV; Art. 84 Abs. 1 und 87 OG). 1. Ein Entscheid, mit dem ein staatlicher Richter aufgrund von Art. 179 Abs. 3 IPRG die Ernennung eines Schiedsrichters ablehnt, ist - im Gegensatz zum umgekehrten Fall - ein Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG. Es handelt sich überdies um einen staatlichen Hoheitsakt im Sinne von Art. 84 Abs. 1 OG, dagegen nicht um einen Entscheid über einen Zivilrechtsstreit gemäss Art. 44 ff. OG (E. 2). 2. Wird mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht, die von der kantonalen Instanz vertretene Auslegung von Art. 179 Abs. 3 IPRG verletze die Garantie des verfassungsmässigen Richters gemäss Art. 58 Abs. 1 BV, so ist die Kognition des Bundesgerichts auf Willkür beschränkt (E. 3a). 3. Nicht willkürlich ist die Auffassung, dass der staatliche Richter die Ernennung eines Schiedsrichters gemäss Art. 179 Abs. 3 IPRG zwar stets vorzunehmen hat, wenn er aufgrund einer summarischen Prüfung zum Schluss gelangt, die geltend gemachten Ansprüche könnten unter die Schiedsabrede fallen, nicht aber auch dann, wenn sie nach seiner Überzeugung davon eindeutig nicht erfasst werden (E. 5).

118 IA 95 () from 24. Januar 1992
Regeste: Art. 5 Ziff. 3 EMRK. Trennung von haftanordnendem Richter und Anklagevertreter (Beurteilung der betreffenden Rüge im Stadium des Anklagezulassungsverfahrens). Es verstösst gegen Art. 5 Ziff. 3 EMRK, wenn der gleiche Beamte, der später die strafrechtliche Anklage erhebt, die Untersuchungshaft anordnet (Bestätigung der Rechtsprechung). Art. 5 Ziff. 3 EMRK räumt dem Angeschuldigten indessen keinen Anspruch auf einen mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestatteten Anklagevertreter ein. Die Durchsetzung der Garantien von Art. 5 Ziff. 3 EMRK verlangt aber, dass die Konventionsverletzung auch noch nach Rechtskraft der Haftanordnung gerügt werden kann, sofern der Angeschuldigte vorher vom Mangel keine Kenntnis hatte.

118 IA 209 () from 8. Mai 1992
Regeste: Art. 58 BV, Art. 6 EMRK und persönliche Freiheit; BG vom 25. März 1977 über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz, SR 941.41); Vollstreckung des Entzugs eines Sprengausweises. 1. Bedeutung und Voraussetzungen der Anerkennung einer Grundrechtsgarantie als unverjährbar und unverzichtbar (Präzisierung der Rechtsprechung, E. 2a-E. 2c). 2. Der Anspruch auf richterliche Überprüfung eines Entscheides ist nicht unverjährbar und unverzichtbar, sondern muss im Gegenteil unverzüglich geltend gemacht werden (E. 2d). 3. Anwendung dieser Regel auf einen Fall, in dem das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement in der Rechtsmittelbelehrung zum materiellen Entscheid über den Entzug eines Sprengausweises die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht verneinte (E. 3). 4. Persönliche Freiheit als unverjährbares und unverzichtbares Grundrecht; Subsidiarität der persönlichen Freiheit (E. 4).

118 IA 271 () from 15. Oktober 1992
Regeste: Art. 85 lit. a und Art. 89 OG; Fristwahrung bei der Anfechtung von Vorbereitungshandlungen zu Wahlen oder Abstimmungen. Stimmrechtsbeschwerden wegen Mängeln bei der Vorbereitung von Wahlen und Abstimmungen müssen nur dann sofort im Anschluss an die entsprechende Anordnung erhoben werden, wenn mangels zur Verfügung stehender kantonaler Rechtsmittel direkt das Bundesgericht angerufen wird. Beurteilt die letzte kantonale Instanz auch Mängel von Vorbereitungshandlungen, die nicht sofort im Anschluss an die entsprechenden Anordnungen geltend gemacht wurden, so können diese auch noch mit einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen diesen Entscheid gerügt werden (E. 1; Präzisierung der Rechtsprechung).

118 IA 282 () from 27. August 1992
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 26 KV/SH; Anspruch auf einen unbefangenen Richter. 1. Die Auffassung, der Grundsatz der Gewaltentrennung gemäss Art. 26 KV/SH beziehe sich nur auf die Gewalten derselben Gebietskörperschaft, ist nicht willkürlich und ist mit Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereinbar (E. 3). 2. Den Kantonen ist es nicht verwehrt, die Einhaltung gewisser Vorschriften bei der Ausübung des Anspruchs auf einen unvoreingenommenen, unabhängigen und unparteiischen Richter nach Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu verlangen (E. 5a). Aufgrund der kantonalen Strafprozessbestimmungen war es nicht willkürlich, den Anspruch des Beschwerdeführers auf Ablehnung eines Richters als verwirkt zu betrachten (E. 5b-E. 5e). 3. Verfassung und Konvention stehen einer Verwirkung nicht entgegen (E. 6a). Unverzichtbarer und unverjährbarer Charakter von Art. 58 BV im vorliegenden Fall verneint (E. 6b und E. 6c).

118 IA 331 () from 10. September 1992
Regeste: Art. 6 Ziff. 1 EMRK; kantonale Organisations- und Verfahrenshoheit. Das Recht des Einzelnen auf einen unabhängigen Richter, der Nutzungspläne, soweit sie einen Enteignungstitel schaffen, umfassend auf ihre Rechtmässigkeit überprüfen kann, ist bundesrechtlich verbindlich und rechtfertigt einen Eingriff in die kantonale Organisations- und Verfahrenshoheit durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtes selbst dann, wenn es die Stimmberechtigten des Kantons im Rahmen einer Gesetzesrevision abgelehnt haben, die kantonale Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen solche Pläne zuzulassen (E. 3).

118 II 359 () from 18. August 1992
Regeste: Art. 190 Abs. 2 lit. a IPRG; Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit. Überprüfungsmöglichkeiten von Ablehnungsgründen im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen den Schiedsspruch selbst (E. 3b). Kriterien, die für die Beurteilung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Schiedsrichtern massgeblich sind (E. 3c).

118 IV 371 () from 15. Dezember 1992
Regeste: Art. 67 BV, Art. 352 ff. StGB, Art. 252 BStP. Interkantonale Rechtshilfe, politisches Delikt. - Verfahren: Parteien, rechtliches Gehör des Verurteilten, förmlicher Entscheid des ersuchten Kantons (E. 1a-E. 1d). - Art. 252 Abs. 1 BStP wurde faktisch durch die Art. 352 ff. StGB ersetzt (E. 2). - Art. 352 StGB verpflichtet die Kantone zu grundsätzlich umfassender Rechtshilfe (E. 3). - Ob ein politisches Delikt im Sinne von Art. 352 Abs. 2 StGB vorliegt, entscheidet die Anklagekammer frei (E. 4b). - Im Bereich der interkantonalen Rechtshilfe ist der Begriff des politischen Delikts weit zu fassen (E. 4c-E. 4h). - Der sich aus der Bundesverfassung und der EMRK ergebende Grundsatz "ne bis in idem" bzw. die materielle Rechtskraft stehen einer neuen Beurteilung durch den ersuchten Kanton entgegen; der ersuchte Kanton hat daher entweder das rechtskräftige Urteil zu vollziehen oder den Verurteilten dem ersuchenden Kanton zuzuführen (E. 6).

119 IA 53 () from 3. Februar 1993
Regeste: Art. 57 BV, Petitionsrecht. 1. Verhältnis zwischen kantonaler Petitionsgarantie und Petitionsrecht nach Art. 57 BV (E. 2). 2. Bedeutung und Tragweite des Petitionsrechts (E. 3). 3. Unzulässigkeit von Petitionen gegenüber Gerichten, die ein konkretes Gerichtsverfahren betreffen (E. 4).

119 IA 81 () from 6. Mai 1993
Regeste: Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 29 ff. des Arbeitsgesetzes des Kantons Wallis (ArbG). 1. Die staatsrechtliche Beschwerde ist im vorliegenden Fall zulässig (E. 1a). 2. Der Begriff des "unabhängigen und unparteiischen Gerichts" im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 3). 3. Das Schiedsgericht ist ein Spezialgericht, welches hinsichtlich seiner Zusammensetzung, der Ernennung seiner Mitglieder und seiner Organisation den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK entspricht (E. 4a). 4. Im vorliegenden Fall verletzte die Prozessführung Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht; insbesondere hat die Funktion des Gerichtsschreibers in diesem Verfahren die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsgerichts nicht verletzt (E. 4b).

119 IA 221 () from 26. Mai 1993
Regeste: Haftentschädigungsverfahren: persönliche Freiheit und Art. 5 Ziff. 3 EMRK; Art. 5 Ziff. 5, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 58 Abs. 1 BV. 1. Das Verfahren um Entschädigung wegen unrechtmässiger Haft im Sinne von Art. 5 Ziff. 5 EMRK fällt unter Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 2). 2. Es verletzt den Anspruch auf ein unvoreingenommenes Gericht nach Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht, dass der Richter, der die Strafsache beurteilt hat, später über das Begehren um Haftentschädigung befindet (E. 3). 3. Die Berufung auf den Grundsatz der Öffentlichkeit des Haftentschädigungsverfahrens ist im vorliegenden Fall verwirkt; Grundsätze zur Verwirkung von Verfahrensgarantien (E. 5). 4. Dem Anspruch des Verhafteten auf unverzügliche Vorführung vor einen Richter oder richterlichen Beamten im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 EMRK ist im vorliegenden Fall entsprochen worden; Berufung auf die persönliche Freiheit? (E. 7). 5. Angesichts der konkreten Umstände erweist sich die erstandene Haft teilweise als unverhältnismässig und damit als verfassungswidrig (E. 8).

119 IA 321 () from 30. Juni 1993
Regeste: Kommunale Nutzungspläne und Rechtsschutz; Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 33 RPG. 1. Zulässigkeit einer gegen einen Erlass gerichteten staatsrechtlichen Beschwerde (E. 2 und 3). 2. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle (E. 4). 3. Anforderungen an den Rechtsschutz gemäss Art. 33 RPG (E. 5). 4. Anspruch auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht zur Beurteilung zivilrechtlicher Ansprüche und Verpflichtungen im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK: Hinweise auf die Rechtsprechung (E. 6a). Eine kantonale Norm, welche die gerichtliche Überprüfung sämtlicher Nutzungspläne einschliesslich solcher ausschliesst, mit deren Genehmigung einem Gemeinwesen oder Dritten das Enteignungsrecht verliehen wird, ist mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht vereinbar (E. 6b und c).

119 IA 421 () from 17. Dezember 1993
Regeste: Schiedsgerichtsbarkeit; Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde; Letztinstanzlichkeit (Art. 4 BV, Art. 86 OG, Art. 179 Abs. 2 und 3 IPRG). Das IPRG untersagt dem kantonalen Recht nicht, einen Instanzenzug für Entscheide des staatlichen Richters über die Bestellung eines Schiedsgerichts gemäss Art. 179 Abs. 2 und 3 IPRG vorzusehen.

119 II 271 () from 15. März 1993
Regeste: Rechtliche Natur von Entscheiden des Schiedsgerichts für Sport. 1. Bedingungen, die gemäss Rechtsprechung erfüllt sein müssen, damit ein Schiedsspruch einem Urteil eines staatlichen Gerichts gleichgestellt werden kann. Anwendung dieser Rechtsprechung auf Entscheide des Schiedsgerichts für Sport, welches als Appellationsinstanz über die Gültigkeit von Massnahmen befunden hat, die von Organen internationaler Sportverbände ausgesprochen worden sind (E. 3b). 2. Die Sperre für internationale Pferdesportprüfungen und der Entzug von durch einen professionellen Reiter gewonnenen Barpreisen von gewisser Bedeutung stellen eigentliche statutarische Strafen dar, die einer richterlichen Kontrolle zugänglich sind (E. 3c).

120 IA 19 () from 24. März 1994
Regeste: Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Anspruch auf richterliche Beurteilung einer Werkplanfestsetzung für einen Schulhausbau. Der Anspruch auf eine richterliche Überprüfung nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist grundsätzlich bereits vor der letzten kantonalen Instanz geltend zu machen (E. 2c). Gegenüber der Festsetzung von Werkplänen nach zürcherischem Recht besteht ein Anspruch auf eine richterliche Überprüfung nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK, da diese Pläne dem Werkträger das Enteignungsrecht erteilen (E. 3). Vorliegend gewährleistet weder das kantonale Verfahren noch das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht den nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK erforderlichen gerichtlichen Rechtsschutz (E. 4). Anweisung an den Kanton Zürich, dem Beschwerdeführer eine Gerichtsinstanz im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zur Verfügung zu stellen, welche den Sachverhalt und die Rechtsanwendung frei überprüft (E. 5).

120 IA 82 () from 18. Januar 1994
Regeste: Anspruch auf den verfassungsmässigen Richter; Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Es verletzt den Anspruch auf einen unvoreingenommenen Richter nach Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht, dass der Richter, der vorher ein Rechtsöffnungsbegehren abgewiesen hat, im ordentlichen Forderungsprozess (Anerkennungsprozess) mitwirkt.

120 IA 184 () from 24. August 1994
Regeste: Anspruch auf einen unbefangenen Richter; Disziplinarverfahren (Art. 4 BV, Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK). Tragweite der Garantie des verfassungsmässigen Richters nach Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 2b). Die Regelung des Kantons Obwalden, wonach die Obergerichtskommission als Aufsichtsbehörde über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen die Tätigkeit eines Betreibungsbeamten überprüft, als Ermächtigungsbehörde über die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen ihn entscheidet und anschliessend über die Anordnung eines Disziplinarverfahrens gegen ihn befindet, verletzt den Anspruch auf einen unbefangenen Richter nicht (E. 2c-e). Ist Art. 6 Ziff. 1 EMRK auch auf ein Disziplinarverfahren anwendbar? (E. 2f).

120 II 155 () from 19. April 1994
Regeste: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit: Zuständigkeit des Schiedsgerichts; Ordre public (Art. 190 Abs. 2 lit. b und e IPRG). Jede Partei, selbst eine säumige, verwirkt das Anfechtungsrecht hinsichtlich eines Zwischenentscheides über die Zuständigkeit, der zu ihren Ungunsten erging und ihr ordnungsgemäss mitgeteilt wurde, wenn sie ihn nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist anficht (E. 3). Begriff und Bezugspunkt des negativen Ordre public (E. 6a). Ein Entscheid, welcher den Ordre public verletzt, ist im allgemeinen nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar (E. 6b). Nicht gegen den Ordre public verstösst die Wahl einer rechtlichen Form, welche die Mitgliedstaaten eines internationalen Unternehmens zu Garanten der von diesem eingegangenen Verpflichtungen macht (E. 6c).

120 III 147 () from 23. Juni 1994
Regeste: Art. 250 SchKG und Art. 41 ff. VStG; Rechtsweg. Rechtsweg zur Bestreitung einer Verrechnungssteuer-Forderung im Konkursfall (E. 3). Sieht das Gesetz zur Beurteilung des Bestehens einer öffentlichrechtlichen Forderung eine besondere Instanz vor, ist der Konkursrichter nicht befugt, darüber im Rahmen der Anfechtung des Kollokationsplans zu entscheiden (E. 4).

120 IV 226 () from 11. August 1994
Regeste: Art. 29 Abs. 1 lit. c VStrR; Art. 59 Abs. 2 FMG. Ausstand von untersuchenden Beamten. Das Bundesamt für Kommunikation kann mit der ihm nach Art. 2 der Delegationsverordnung zugewiesenen Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen gemäss Art. 57 und 58 des Fernmeldegesetzes geeignete und besonders ausgebildete Beamte der PTT-Betriebe betrauen, sofern die PTT-Betriebe im betreffenden Bereich des Fernmeldewesens (im konkreten Fall: Handel mit Modems) nicht im Wettbewerb mit dem Beschuldigten stehen, in welchem Fall die Befangenheit der untersuchenden Beamten zu vermuten ist.

120 V 357 () from 24. August 1994
Regeste: Art. 68 Abs. 1 und Art. 96 UVG, Art. 19 VwVG, Art. 57 ff. BZP. Die nach Art. 19 VwVG in Verbindung mit Art. 57 ff. BZP im Verwaltungsverfahren der SUVA für die Einholung von Sachverständigengutachten anwendbaren Regeln gelten sinngemäss auch für die nach Art. 68 Abs. 1 UVG zugelassenen Privatversicherer (Erw. 1c). Art. 19 VwVG, Art. 57 Abs. 2 BZP, Art. 58 Abs. 2 BZP, Art. 60 Abs. 2 BZP. Rechtsfolgen einer Verletzung der für die Einholung von Sachverständigengutachten im Verwaltungsverfahren der obligatorischen Unfallversicherung geltenden Vorschriften. Regeln bezüglich der Heilung von Verfahrensmängeln (Erw. 2a und b). Art. 58 Abs. 1 BZP, Art. 59 Abs. 1 BZP, Art. 23 OG, Art. 58 BV, Art. 4 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK. - Für Sachverständige gelten grundsätzlich die gleichen Ausstands- und Ablehnungsgründe, wie sie für den Richter vorgesehen sind (Erw. 3a). - Im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung, welche den Arztgutachten im Sozialversicherungsrecht zukommt, ist an die Unparteilichkeit des Gutachters ein strenger Massstab anzusetzen (Erw. 3b).

121 I 42 () from 18. Januar 1995
Regeste: Art. 84 ff. OG; Anfechtbarkeit von Aufsichtsentscheiden mit staatsrechtlicher Beschwerde. Entscheide, mit welchen auf eine Aufsichtsbeschwerde nicht eingetreten, diese abgewiesen oder ihr keine Folge gegeben wird, sind nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar (E. 2a; Bestätigung der Rechtsprechung). Aufsichtsrechtlicher Charakter eines Verfahrens vor dem Freiburger Staatsrat, in dem der Gesuchsteller die Beseitigung der religiösen Symbole aus den Gerichtsräumen des Kantons Freiburg verlangte (E. 2b-e). Art. 84 ff. OG; Art. 49 BV; Rechtsschutz gegen die Ausstattung der Gerichtssäle mit Kruzifixen. Soweit nicht ein Rechtssatz angefochten wird, ist als Anfechtungsobjekt der staatsrechtlichen Beschwerde ein individuell-konkreter, den Beschwerdeführer persönlich treffender Akt erforderlich. Grundsätzliche Anfechtbarkeit des Entscheids, die Hauptverhandlung eines Ehescheidungsprozesses nicht in einem Saal ohne Kruzifix durchzuführen (E. 3).

121 I 208 () from 21. Juni 1995
Regeste: Jugendliche in Untersuchungshaft, Anspruch auf einen Haftrichter? Art. 5 Ziff. 1 und Ziff. 3 EMRK. Jugendstrafverfahren des Kantons Basel-Stadt (E. 2); dieses sieht keinen obligatorischen Haftrichter vor (E. 3). Anforderungen aus Art. 5 Ziff. 3 EMRK (E. 4a). Besonderheiten des Jugendstrafverfahrens (E. 4b). Die Untersuchungshaft fällt unter Art. 5 Ziff. 1 lit. d EMRK; Jugendliche haben keinen Anspruch auf ein Verfahren im Sinne von Art. 5 Ziff. 3 EMRK (E. 4c).

121 I 321 () from 22. November 1995
Regeste: Art. 4 BV; kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf unentgeltliche aussergerichtliche Rechtsberatung. Der aus Art. 4 BV abgeleitete Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung beschränkt sich auf die Vertretung im Prozess und beinhaltet keinen Anspruch auf ausserprozessuale Rechtsberatung.

121 III 38 () from 16. Januar 1995
Regeste: Art. II des New Yorker Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (nachfolgend: New Yorker Übereinkommen). 1. Der staatliche Richter, vor dem eine Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit gestützt auf Art. II Abs. 3 des New Yorker Übereinkommens erhoben wird, hat die formelle Gültigkeit der Schiedsvereinbarung mit voller Kognition zu prüfen (E. 2b). Die entsprechenden formellen Voraussetzungen von Art. II Abs. 2 des New Yorker Übereinkommens decken sich mit jenen von Art. 178 IPRG (E. 2c). 2. Unter besonderen Umständen kann eine Verhaltensweise nach Treu und Glauben die Einhaltung einer Formvorschrift ersetzen (E. 3).

121 IV 340 () from 28. August 1995
Regeste: Art. 268 Ziff. 1 BStP; Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde gegen Abwesenheitsurteile. Ein Abwesenheitsurteil, dessen Aufhebung der Verurteilte verlangen kann, kann der Verurteilte nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde anfechten. Ausnahme (Bestätigung der Rechtsprechung).

121 V 109 () from 22. Mai 1995
Regeste: Art. 6 Ziff. 1 EMRK: Zivilrechtlicher Anspruch. Nach jüngster Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist Art. 6 Ziff. 1 EMRK bei Beitragsstreitigkeiten im Sozialversicherungsbereich anwendbar. Art. 58 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 30 KUVG, Art. 79 und 80 SchKG: Entscheid in der Sache bei gleichzeitiger Beseitigung des Rechtsvorschlages durch die Krankenkasse. Dieses Vorgehen widerspricht Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht.

122 I 18 () from 19. März 1996
Regeste: Art. 4 und 58 BV, Art. 2 ÜbBest. BV, Art. 5 Ziff. 4 EMRK; Zürcher Gesetzesänderungen betreffend fürsorgerische Freiheitsentziehung; abstrakte Normenkontrolle. § 5a der Zürcher Zivilprozessordnung (ZPO), wonach der Richter am Ort der Anstalt zur Behandlung eines Gesuchs um gerichtliche Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung zuständig ist, verletzt Art. 2 ÜbBest. BV, Art. 58 BV und Art. 4 BV nicht (E. 2b/aa-cc). Es verstösst nicht gegen Bundesrecht, wenn nach dem kantonalen Recht die Berufung auch gegen einen den Freiheitsentzug aufhebenden Entscheid des Einzelrichters zulässig ist (E. 2c/aa). Die Vorschrift von § 203e Abs. 2 Ziff. 4 ZPO, die den Kreis der Verfahrensbeteiligten gegenüber dem Bundesrecht einschränkt, verletzt Art. 2 ÜbBest. BV (E. 2c/bb). Die zürcherische Regelung des Berufungsverfahrens ist mit Art. 397f Abs. 1 ZGB und Art. 5 Ziff. 4 EMRK vereinbar (E. 2d).

122 II 471 () from 29. November 1996
Regeste: Art. 6 und Art. 10 EMRK, Art. 55bis BV, Art. 3 lit. ebis und Art. 10 VwVG, Art. 4 und Art. 5 sowie Art. 67 Abs. 3 RTVG; Berichterstattung im "Kassensturz" über einen rechtskräftigen Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI). Ausstandsgesuch gegen die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen wegen Vorbefassung: formelle (E. 2) und materielle Aspekte (E. 3). Inhalt der rundfunkrechtlichen Programmaufsicht und ihre Vereinbarkeit mit Art. 10 EMRK (E. 4). Rundfunkrechtliche Prüfung der beanstandeten Berichterstattung (E. 5).

122 IV 344 () from 25. November 1996
Regeste: Art. 103 VStrR. Abwesenheitsverfahren; Wiedereinsetzung. Ein Schreiben, mit welchem die Verwaltung ein Gesuch um Wiedereinsetzung abweist bzw. auf ein solches nicht eintritt, ist eine Verfügung und als solche mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen (E. 3c). Der Entscheid der Verwaltung über ein Wiedereinsetzungsgesuch unterliegt der Beschwerde an die Anklagekammer des Bundesgerichts (E. 4e). Mit der (auflösend bedingten) Rechtskraft des Abwesenheitsurteils hört die Verfolgungsverjährung zu laufen auf; gleichzeitig beginnt die Vollstreckungsverjährung (E. 5b). Der in Abwesenheit Verurteilte kann auch nach Eintritt der Vollstreckungsverjährung die Aufhebung des Abwesenheitsurteils und die Durchführung des ordentlichen Verfahrens verlangen (E. 5c und d). Wann hat sich der Beschuldigte im Sinne von Art. 103 Abs. 2 VStrR gestellt (E. 6b)?

123 I 49 () from 21. April 1997
Regeste: Art. 4 BV und Art. 58 Abs. 1 BV, Art. 5 EMRK; örtliche Zuständigkeit des Haftrichters. Die örtliche Zuständigkeit des Haftrichters richtet sich nach kantonalem Verfahrensrecht (Gerichtsverfassungsgesetz des Kantons Zürich) (E. 2). Der Einsatz von Haftrichtern des einen Bezirks für Angelegenheiten aus einem andern Bezirk ist nach dem Gerichtsverfassungsgesetz nicht ausgeschlossen (E. 3b). Von der örtlichen Zuständigkeit des Haftrichters kann nicht generell durch den Einsatz von Ersatzrichtern aus einem andern Bezirk abgewichen werden (E. 3c und 3d).

124 I 76 () from 11. Februar 1998
Regeste: Art. 4 BV, Art. 58 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Unparteilichkeit des Generalprokurator-Stellvertreters, der im Einspracheverfahren gegen die von ihm erlassene Strafverfügung die Anklage vertritt. Die Ämterkumulation beim Generalprokurator, der zuerst eine Strafverfügung erlässt und hierauf im Rahmen eines Einspracheverfahrens gegen diese Verfügung die Anklage vertritt, ist mit den sich aus Art. 4, 58 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK ergebenden Garantien der Unparteilichkeit und der Unabhängigkeit vereinbar (E. 2).

124 I 121 () from 9. April 1998
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Ablehnung eines nebenamtlichen Richters. Unbefangenheit des Richters. Fall eines nebenamtlichen Richters, der an einem Urteil mitwirkt, in dem sich die gleichen Rechtsfragen stellen wie in einem andern, noch hängigen Verfahren, in welchem er als Anwalt auftritt (E. 1 - 3).

124 I 255 () from 28. Juli 1998
Regeste: Art. 89 Abs. 1 OG (Fristversäumnis wegen fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung). Art. 107 Abs. 3 OG gilt sinngemäss auch im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren (E. 1a). Art. 87 OG (Anfechtbarkeit von letztinstanzlichen Zwischenentscheiden). Der Zwischenentscheid über das Ablehnungsgesuch gegen den Protokollführer einer Justizbehörde betrifft eine Streitsache gerichtsorganisatorischer Art, welche ihrer Natur nach endgültig zu erledigen ist, bevor das Verfahren weitergeführt werden kann (E. 1b). Art. 58 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK (Anspruch auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht). Begriff der zivilrechtlichen Streitigkeit (E. 4b, E. 5a). Die bernische Bodenverbesserungskommission (BVK) wurde nach kantonalem Recht als Justizorgan konstituiert (E. 5b). Der Anspruch auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht betrifft grundsätzlich auch die Person des Gerichtsschreibers bzw. Protokollführers, falls dieser, namentlich als Jurist, an der Willensbildung des vorwiegend aus Laien zusammengesetzten Gerichtes mitwirkt (E. 4a - c, E. 5c/aa). Der Umstand, dass der Sekretär der BVK gleichzeitig Beamter der kantonalen Verwaltung (Volkswirtschaftsdirektion) ist, verletzt Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 5c/bb - e).

124 V 22 () from 27. Januar 1998
Regeste: Art. 89 Abs. 1 und 4 KVG; Art. 58 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 97 ff. OG; Art. 5 und 45 VwVG. Zusammenfassung der Eintretensvoraussetzungen bei Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Zwischenverfügungen über den Ausstand oder die Ablehnung von Mitgliedern eines kantonalen Schiedsgerichts nach KVG. Art. 89 Abs. 1 und 4 KVG. Ob kantonale Schiedsgerichte nach Art. 89 KVG auch mit nicht im Kanton wohnhaften Schiedsrichtern besetzt werden können, bestimmt sich mangels einer bundesrechtlichen Regelung nach kantonalem Recht.

124 V 130 () from 7. April 1998
Regeste: Art. 4 und Art. 58 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 25 Abs. 1 KUVG; Art. 89 KVG: Intertemporalrechtliche Zuständigkeit. Zur Weiterführung der bei Inkrafttreten des KVG und der entsprechenden kantonalen Ausführungsbestimmungen beim Schiedsgericht nach Art. 25 Abs. 1 KUVG hängigen Prozesse ist das Schiedsgericht gemäss Art. 89 KVG zuständig. Der 1996 ergangene Zwischenentscheid des nach neuem Recht zuständigen Schiedsgerichts des Kantons Zug, mit welchem das Verfahren zuständigkeitshalber an das seit 1. Januar 1996 nicht mehr bestehende Schiedsgericht nach Art. 25 Abs. 1 KUVG überwiesen wurde, stellt eine gegen Art. 4 BV verstossende Rechtsverweigerung dar und verletzt überdies Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK.

125 I 127 () from 2. Dezember 1998
Regeste: Anonymität von V-Personen im Strafverfahren, Revision der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Landschaft, Art. 4 BV und Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. d EMRK. Befragung von Belastungszeugen und Verwertbarkeit anonymer Zeugnisse im Lichte der Rechtsprechung zum Gebot eines fairen Verfahrens (E. 6). Allgemeine Hinweise zum Zeugenschutz (E. 7). Schwierigkeiten einer effektiven Verteidigung angesichts von Aussagen anonymer Zeugen (E. 8). Ausgleich durch Verfahrensmassnahmen (E. 9). Abwägung der entgegenstehenden Interessen; verfassungs- und konventionskonforme Anwendung der Bestimmungen über die Aufrechterhaltung der Anonymität von V-Personen (E. 10).

125 I 389 () from 26. Juli 1999
Regeste: Konkordatsschiedsgerichtsbarkeit; Schiedsgericht. Begriff des Schiedsgerichts im Sinne des KSG (E. 4a). Rechtsnatur der Entscheide des «Collegio arbitrale dell'edilizia e del genio civile» im Kanton Tessin (E. 4b). Art. 6 KSG und Art. 8 KSG: Form des Schiedsvertrags und Kompetenz des Schiedsgerichts (E. 4c). Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren zu Lasten des Kantons Tessin (E. 5).

125 II 541 () from 5. Oktober 1999
Regeste: Anspruch auf Unvoreingenommenheit gerichtlicher Experten; Art. 58 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Ablehnung eines gerichtlich bestellten Experten, der in einer vergleichbaren Angelegenheit im gleichen Zeitraum für eine der Parteien ein Gutachten erstattete (E. 4). Besoldung der Zürcher Kindergartenlehrkräfte; Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV, Art. 3 und 6 Gleichstellungsgesetz. Berücksichtigung der gegenüber den Primarlehrkräften tieferen Arbeitszeit der Kindergartenlehrkräfte (E. 2). Arbeitsbewertung des Berufs der Kindergartenlehrkräfte und Festlegung der Besoldung: Gestaltungsspielraum des Gemeinwesens; Verbot der Lohndiskriminierung; Beurteilung von Rechts- und Tatfragen; Diskriminierungsvermutung (E. 5 und 6).

125 V 499 () from 29. Oktober 1999
Regeste: Art. 58 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK: richtig besetztes Gericht. Ein erstinstanzlicher Entscheid, der ohne Mitwirkung des Gerichtssekretärs, welchem gemäss der anwendbaren kantonalen Gesetzgebung beratende Stimme (und zudem ausdrücklich ein Antragsrecht) zusteht, ergeht, ist wegen Verletzung einer wesentlichen bundesrechtlichen Verfahrensvorschrift (Anspruch der Parteien auf ein richtig besetztes Gericht) aufzuheben.

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