Bundesverfassung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft


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Art. 116 Familienzulagen und Mutterschaftsversicherung

1 Der Bund be­rück­sich­tigt bei der Er­fül­lung sei­ner Auf­ga­ben die Be­dürf­nis­se der Fa­mi­lie. Er kann Mass­nah­men zum Schutz der Fa­mi­lie un­ter­stüt­zen.

2 Er kann Vor­schrif­ten über die Fa­mi­li­en­zu­la­gen er­las­sen und ei­ne eid­ge­nös­si­sche Fa­mi­li­en­aus­gleichs­kas­se füh­ren.

3 Er rich­tet ei­ne Mut­ter­schafts­ver­si­che­rung ein. Er kann auch Per­so­nen zu Bei­trä­gen ver­pflich­ten, die nicht in den Ge­nuss der Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen ge­lan­gen kön­nen.

4 Der Bund kann den Bei­tritt zu ei­ner Fa­mi­li­en­aus­gleichs­kas­se und die Mut­ter­schafts­ver­si­che­rung all­ge­mein oder für ein­zel­ne Be­völ­ke­rungs­grup­pen ob­li­ga­to­risch er­klä­ren und sei­ne Leis­tun­gen von an­ge­mes­se­nen Leis­tun­gen der Kan­to­ne ab­hän­gig ma­chen.

BGE

91 I 480 () from 31. März 1965
Regeste: Art. 90 OG; Art. 4 und 116 BV, Sprachenfreiheit; Privatschulwesen. 1. Staatsrechtliche Beschwerden gegen die Verweigerung, den Entzug und die Einschränkung einer Polizeierlaubnis haben nicht bloss kassatorische Funktion. Rechtsnatur der Bewilligung zum Betrieb einer Privatschule nach Zürcher Recht (Erw. I). 2. Die Sprachenfreiheit ist ein ungeschriebenes Grundrecht des Bundes (Erw. II/1). Sie steht unter dem Vorbehalt des Art. 116 BV. Die Massnahmen, welche die Kantone gestützt darauf zur Erhaltungder vier überlieferten Sprachgebiete der Schweiz treffen, haben den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu wahren (Erw. II/2); sie bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts mit Bezug auf die Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts (Erw. II/3). 3. Die Kantone können gestützt auf Art. 116 BV die Unterrichtssprache auch für die Privatschulen festlegen (Erw. II/2). Zulässigkeit der Vorschrift, dass die Schüler nach Ablauf einer bestimmten Frist dem Unterricht in der Landessprache folgen können müssen und dass sie hernach in eine Schule überzutreten haben, die den Unterricht in der Landessprache erteilt (Erw. II/3 b). 4. Voraussetzungen für den Entzug und die Einschränkung der Bewilligung zum Betrieb einer Privatschule nach Zürcher Recht (Erw. III).

100 IA 462 () from 30. Oktober 1974
Regeste: Art. 116 Abs. 1 und 2 BV. 1. Sprachenfreiheit als ungeschriebenes Grundrecht der Bundesverfassung; kantonale Kompetenz zur Ordnung der Unterrichtssprache in den öffentlichen Schulen; Territorialitätsprinzip (Erw. 2 a und b). 2. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes (Erw. 3 a); keine willkürliche Auslegung des kantonalen Rechtes durch die Kantonsbehörden (Erw. 3 c). 3. Fehlende Verletzung der Sprachenfreiheit (Erw. 4).

106 IA 299 () from 25. April 1980
Regeste: Sprachenfreiheit; Art. 87 OG. 1. Art. 87 OG: Zwischenentscheid, nichtwiedergutzumachender Nachteil (E. 1). 2. Die Auslegung von Art. 10 der freiburgischen ZPO, wonach im Saanebezirk Französisch als einzige Gerichtssprache gilt, hält vor der Willkürrüge stand. Überprüfung dieser Auslegung im Hinblick auf das ungeschriebene Grundrecht der Sprachenfreiheit (E. 2).

111 IA 231 () from 18. September 1985
Regeste: Abstrakte Normkontrolle. Persönliche Freiheit. Gesetzliche Grundlage. 1. Die persönliche Freiheit schützt auch die besonderen Gefühlsbeziehungen der Angehörigen zu einem Verstorbenen. Diese können sich somit gegen einen ungerechtfertigten Eingriff am Leichnam zur Wehr setzen (E. 3) (Präzisierung der Rechtsprechung). 2. Soweit Art. 8 Abs. 3 des Reglements des Genfer Staatsrats vom 17. September 1984 betreffend die Feststellung des Todes und die Eingriffe an Leichen die Autopsie aus anderen als polizeilichen Gründen vorsieht und zu einer Beschränkung des Rechts der Angehörigen führt, über den Leichnam zu bestimmen, fehlt ihm die nötige gesetzliche Grundlage; insoweit verletzt die Bestimmung die persönliche Freiheit (E. 4 und 5a). 3. Die Beschränkung des Rechts, über den Leichnam einer Person zu bestimmen, setzt auch dann ein Gesetz im formellen Sinn voraus, wenn die Person in einem öffentlichen Spital gestorben ist, d. h. wenn zwischen dem Verstorbenen und dem Staat ein besonderes Rechtsverhältnis bestand (E. 5b).

114 IA 286 () from 14. Oktober 1988
Regeste: Prinzip der Gewaltentrennung. Persönliche Freiheit. 1. Der Genfer Regierungsrat, dem Art. 125 der kantonalen Verfassung eine weite selbständige Verordnungskompetenz im Polizeibereich einräumt, ist zuständig zum Erlass von Ausführungsbestimmungen zum interkantonalen Konkordat über den Handel mit Waffen und Munition (E. 5). 2. Es verstösst nicht gegen die persönliche Freiheit, den Handel von halbautomatischen Gewehren der Bewilligungspflicht zu unterstellen (E. 6).

116 IA 345 () from 31. Oktober 1990
Regeste: Art. 31 und Art. 116 BV; Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit zur Erhaltung des Rätoromanischen 1. Aufgrund von Art. 116 BV besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an Massnahmen zur Erhaltung der heute noch bestehenden rätoromanischen Sprachregionen. Dieses Interesse bildet ein zulässiges Motiv für Beschränkungen der Handels- und Gewerbefreiheit (E. 5). 2. Im konkreten Fall ergibt die Interessenabwägung, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an einem Verbot nicht-rätoromanischsprachiger Reklameschilder besteht (E. 6).

121 I 196 () from 3. Mai 1995
Regeste: Sprachenfreiheit und Territorialitätsprinzip, Verfahrenssprache in einem Strafverfahren, Art. 116 BV und Art. 21 KV/FR. Grundlagen und Tragweite der Sprachenfreiheit und des Territorialitätsprinzips nach dem Verfassungsrecht des Bundes und des Kantons Freiburg (E. 2). Sprachregelung in den kantonalen Verfahrensgesetzen (E. 3). Sprachenrechtliche Besonderheiten im Strafverfahren (E. 5a). Abwägung von Sprachenfreiheit und Territorialitätsprinzip und der sich entgegenstehenden Interessen der beteiligten Parteien unterschiedlicher Sprache gestützt auf die konkreten Umstände (E. 5b-5d).

122 I 236 () from 15. Juli 1996
Regeste: Sprachenfreiheit, Art. 116 BV, Art. 4, 6, 15 KV/BE; Besuch einer französischsprachigen Schule durch Kinder, die in einer deutschsprachigen Gemeinde des Kantons Bern wohnen. Verhältnis zwischen Sprachenfreiheit und Territorialitätsprinzip aufgrund von Art. 116 BV in der Fassung vom 10. März 1996. Die Sprachenfreiheit verpflichtet die Gemeinwesen nicht, für neu zugewanderte sprachliche Minderheiten einen Schulunterricht in deren Sprache anzubieten (E. 2). Auch nach bernischem Verfassungs- und Gesetzesrecht hat ein in einer deutschsprachigen Gemeinde wohnhaftes Kind französischer Muttersprache keinen Anspruch auf (unentgeltlichen) Unterricht in französischer Sprache (E. 3). Sofern aber eine andere Gemeinde freiwillig bereit ist, das Kind in einer französischsprachigen Schule aufzunehmen und die Eltern die daraus entstehenden finanziellen Konsequenzen tragen, ist es eine unverhältnismässige Einschränkung der Sprachenfreiheit, den Besuch einer deutschsprachigen Schule zu verlangen (E. 4).

124 III 205 () from 12. Mai 1998
Regeste: Amtssprache im Beschwerdeverfahren gemäss Art. 17 ff. SchKG. Beschwerdeschrift und Urteil im Verfahren vor der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts (E. 2). Rüge der Verletzung völkerrechtlicher Verträge vor der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts (E. 3). Keine Verletzung des Paktes über die bürgerlichen und politischen Rechte durch die Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn, welche sich geweigert hat, eine in französischer Sprache verfasste Beschwerde entgegenzunehmen (E. 4).

129 I 265 () from 11. Juli 2003
Regeste: Art. 8 Abs. 3 und Art. 116 Abs. 2 BV; Art. 73 und 76 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71; Art. 12 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 5 GlG; Gleichstellung von Mann und Frau; Familien-/Kinderzulage; interkantonale Kollisionsregel; Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren. Verfassungswidrigkeit einer Regelung, die den Anspruch auf Auszahlung von Familien-/Kinderzulagen bei Anspruchskonkurrenz zwischen erwerbstätigen Eheleuten dem "Vater" zuweist (E. 2-4). Befugnis zur Schaffung einer interkantonalen Kollisionsregel (E. 4.2-5.2). Abstellen auf die für das Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU aufgrund des Freizügigkeitsabkommens (FZA) geltenden Kollisionsregeln der Art. 73 und 76 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (E. 5.3). Keine Kostenfreiheit des Verfahrens vor dem Bundesgericht (E. 6.2).

133 V 431 () from 26. Juli 2007
Regeste: Art. 16e Abs. 2 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 EOG; Art. 32 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 EOV: Mutterschaftsentschädigung einer Selbständigerwerbenden. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Ausgleichskasse die Mutterschaftsentschädigung (vorläufig) auf der Grundlage des Einkommens gemäss letzter provisorischer Beitragsverfügung betreffend das Jahr der Niederkunft (hier: 2005) bemessen hat und nicht aufgrund desjenigen gemäss der letzten definitiven Beitragsverfügung betreffend das Jahr 2002. Die Verwaltung wird zu gegebener Zeit die definitive Entschädigung ausschliesslich unter Berücksichtigung des vorgeburtlichen Verdienstes festsetzen (E. 6.1-6.2.4).

140 I 305 (9C_810/2013) from 15. September 2014
Regeste: Art. 16b EOG; Art. 8 BV; Art. 8 und 14 EMRK; Vaterschaftsentschädigung. Nach dem klaren Wortlaut und dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers kann aus Art. 16b EOG kein Anspruch von Vätern auf eine Erwerbsersatzentschädigung abgeleitet werden (E. 6 und 7). Art. 16b EOG beinhaltet keinen Elternurlaub, wie er in anderen (europäischen) Ländern besteht, sondern regelt ausschliesslich den Entschädigungsanspruch der Mutter nach der Geburt. Eine unzulässige Diskriminierung besteht - auch im Lichte der Rechtsprechung des EGMR - nicht (E. 10.2). Eine Aufteilung des Anspruchs auf beide Elternteile bedürfte einer gesetzlichen Grundlage und fällt im Rahmen der bestehenden Regelung (Anspruch während 14 Wochen) bereits deshalb ausser Betracht, weil ein solches Splitting unvereinbar wäre mit Art. 4 des zur Ratifikation vorgesehenen Übereinkommens Nr. 183 der IAO über den Mutterschutz, welcher den Frauen einen Mindestanspruch von 14 Wochen Mutterschaftsurlaub garantiert, der nicht unterschritten werden kann (E. 10.2).

141 II 401 (2C_750/2014) from 27. Oktober 2015
Regeste: Art. 62 lit. e und Art. 96 Abs. 2 AuG; Bezug von Integrationszulagen und Kinderzulagen für Kleinkinder gestützt auf das Tessiner Gesetz vom 18. Dezember 2008 über die Familienzulagen und Sozialhilfeabhängigkeit. Die vom Tessiner Gesetz über die Familienzulagen vorgesehenen Integrationszulagen und Kinderzulagen für Kleinkinder stellen Instrumente der Familienpolitik dar und fallen nicht unter die Sozialhilfe im Sinne von Art. 62 lit. e AuG. Die Verwarnung der Beschwerdeführerin, die auf der gegenteiligen Annahme beruhte, ist mithin unbegründet und aufzuheben (E. 4-6).

142 II 425 (8C_90/2016) from 11. August 2016
Regeste: Art. 8 Abs. 1 und Art. 49 Abs. 1 BV; Art. 16c Abs. 2 EOG; § 20 Abs. 1 und § 22 der Verordnung des Grossen Rates des Kantons Thurgau vom 18. November 1998 über die Besoldung des Staatspersonals (Besoldungsverordnung). Eine Arbeitnehmerin, welche die Mutterschaftsentschädigung nach Art. 16c Abs. 2 EOG aufgeschoben hat und in der Zeit bis zur Entlassung ihres Kindes aus dem Spital aus gesundheitlichen Gründen selbst voll arbeitsunfähig ist, hat Anspruch auf Lohnersatz wie bei Krankheit; § 22 Besoldungsverordnung widerspricht dem Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 8 Abs. 1 BV und dem Vorrang des Bundesrechts nach Art. 49 Abs. 1 BV (E. 4-6).

142 V 48 (8C_53/2015) from 9. Dezember 2015
Regeste: Art. 4 Abs. 3 FamZG; Art. 7 Abs. 1 FamZV; Art. 4, 15 und 16 des Abkommens vom 8. Juni 1962 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über Sozialversicherung, für die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Kosovo in Kraft geblieben bis zum 31. März 2010. Ein nichterwerbstätiger in der Schweiz wohnhafter kosovarischer Staatsangehöriger kann für seine Kinder, welche sich im Kosovo aufhalten, keine Familienzulage beanspruchen, weder gestützt auf das schweizerische Recht noch unter Anwendung des Abkommens vom 8. Juni 1962 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über Sozialversicherung (E. 2-5).

143 I 1 (8C_182/2016) from 6. Dezember 2016
Regeste: a Art. 22, Art. 42 Abs. 2, Art. 87, Art. 95 lit. b und Art. 106 Abs. 2 BGG; Art. 34 BGerR; Beschwerde gegen Erlasse. Zuständigkeit der I. sozialrechtlichen Abteilung (E. 1.1). Mangels kantonalen Verfahrens zur abstrakten Normenkontrolle ist die Beschwerde direkt ans Bundesgericht zulässig (E. 1.2). Internationales Recht muss direkt anwendbar sein, damit es vor Bundesgericht angerufen werden kann (E. 1.3). Begründungserfordernisse (E. 1.4). Überprüfungsbefugnis des Verfassungsrichters im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle (E. 2.3).

146 V 378 (9C_737/2019) from 22. Juni 2020
Regeste: Art. 8 und Art. 14 EMRK; Art. 8 Abs. 3 und Art. 190 BV; Art. 8 Abs. 1 und Art. 16b-h EOG; kein Anspruch auf Betriebszulagen bei Mutterschaft. Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers besteht bei Mutterschaft selbständig erwerbender Frauen, anders als bei selbständig erwerbenden Dienstleistenden, kein Anspruch auf Betriebszulagen zusätzlich zur Mutterschaftsentschädigung (E. 3). Mangels vergleichbarer Sachverhalte innerhalb des Schutzbereichs einer Konventionsgarantie ist Art. 14 i.V.m. Art. 8 EMRK nicht anwendbar und liegt keine verpönte Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor (E. 4).

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