|
Art. 130 Mehrwertsteuer * 105106
1 Der Bund kann auf Lieferungen von Gegenständen und auf Dienstleistungen einschliesslich Eigenverbrauch sowie auf Einfuhren eine Mehrwertsteuer mit einem Normalsatz von höchstens 6,5 Prozent und einem reduzierten Satz von mindestens 2,0 Prozent erheben. 2 Das Gesetz kann für die Besteuerung der Beherbergungsleistungen einen Satz zwischen dem reduzierten Satz und dem Normalsatz festlegen.107 3 Ist wegen der Entwicklung des Altersaufbaus die Finanzierung der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung nicht mehr gewährleistet, so kann in der Form eines Bundesgesetzes der Normalsatz um höchstens 1 Prozentpunkt und der reduzierte Satz um höchstens 0,3 Prozentpunkte erhöht werden.108 3bis Zur Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur werden die Sätze um 0,1 Prozentpunkte erhöht.109 3ter Zur Sicherung der Finanzierung der Alters- und Hinterlassenenversicherung erhöht der Bundesrat den Normalsatz um 0,4 Prozentpunkte, den reduzierten Satz und den Sondersatz für Beherbergungsleistungen um je 0,1 Prozentpunkte, sofern der Grundsatz der Vereinheitlichung des Referenzalters von Frauen und Männern in der Alters- und Hinterlassenenversicherung gesetzlich verankert wird.110 3quater Der Ertrag aus der Erhöhung nach Absatz 3ter wird vollumfänglich dem Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung zugewiesen.111 4 5 Prozent des nicht zweckgebundenen Ertrags werden für die Prämienverbilligung in der Krankenversicherung zu Gunsten unterer Einkommensschichten verwendet, sofern nicht durch Gesetz eine andere Verwendung zur Entlastung unterer Einkommensschichten festgelegt wird. 105 Angenommen in der Volksabstimmung vom 28. Nov. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (BB vom 19. März 2004, BRB vom 26. Jan. 2005, BRB vom 2. Febr. 2006 – AS 2006 1057; BBl 2003 1531; 20041363; 2005 951). 106* Mit Übergangsbestimmung. 107 Seit dem 1. Jan. 2024 beträgt der Sondersatz für Beherbergungsleistungen 3,8% (Art. 25 Abs. 4 des Mehrwertsteuergesetzes vom 12. Juni 2009 – SR 641.20). 108 Seit dem 1. Jan. 2024 betragen die Mehrwertsteuersätze 8,1% (Normalsatz) und 2,6% (ermässigter Satz) (Art. 25 Abs. 1 und 2des Mehrwertsteuergesetzes vom 12. Juni 2009 – SR 641.20). 109 Angenommen in der Volksabstimmung vom 9. Febr. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (BB vom 20. Juni 2013, BRB vom 13. Mai 2014, BRB vom 2. Juni 2014, BRB vom 6. Juni 2014 – AS 2015645; BBl 20106637; 2012 1577; 2013 4725, 6518; 2014 4113, 4117). 110 Angenommen in der Volksabstimmung vom 25. Sept. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (BB vom 17. Dez. 2021, BRB vom 9. Dez. 2022, BRB vom 20. Febr. 2023 – AS 202391; BBl 2019 6305; 2021 2991; 2023 486). 111 Angenommen in der Volksabstimmung vom 25. Sept. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (BB vom 17. Dez. 2021, BRB vom 9. Dez. 2022, BRB vom 20. Febr. 2023 – AS 202391; BBl 2019 6305; 2021 2991; 2023 486). BGE
149 II 147 (2C_876/2020) from 13. September 2022
Regeste: Art. 1 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1, Art. 29, 69 und 82 Abs. 1 lit. f MWSTG 2009; zur mehrwertsteuerlichen Abzugsberechtigung künftiger vorsteuerbelasteter Rückbaukosten, die zum Gegenstand einer Feststellungsverfügung gemacht werden. Dem Ersuchen um Erlass einer Feststellungsverfügung hat die steuerpflichtige Person im individuell-konkreten Fall einen präzis umschriebenen Sachverhalt zu unterlegen. Nur dieser ist von der ESTV zu beurteilen (E. 3.3). Begriff des Rückbaus (E. 3.2.3). Vorsteuerbelastete Rückbaukosten sind mehrwertsteuerrechtlich dann nach Massgabe der künftigen Nutzung des Grundstücks zu beurteilen, wenn der Unternehmensträger das bebaute Grundstück erwirbt, um sogleich den Rückbau der bisherigen Gebäude an die Hand zu nehmen und eine neue Überbauung zu realisieren. Eine nur sehr kurzfristige Nutzung zwischen Erwerb und Rückbau vermag nicht dazu zu führen, dass die Vorsteuerabzugsberechtigung aufgrund der bisherigen (Zwischen-)Nutzung zu würdigen wäre (E. 3.2, 4.2-4.4).
149 II 255 (9C_609/2022) from 13. Juni 2023
Regeste: Art. 18 Abs. 2 lit. a-c bzw. lit. d-i, Art. 33 Abs. 1 und 2 MWSTG 2009; Charakter und Rechtsfolgen eines Investitionsbeitrags, der durch die öffentliche Hand ausgerichtet wird und der Förderung der privatwirtschaftlich erbrachten medizinischen Spitzenforschung dient. Nichtentgelte liegen ausserhalb des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer. Daher wirken sie sich grundsätzlich vorsteuerneutral aus (Art. 18 Abs. 2 lit. d-i MWSTG 2009; "Nichtentgelte ohne Steuerfolgen"). Nur im Fall von Art. 18 Abs. 2 lit. a-c MWSTG 2009 handelt es sich um "Nichtentgelte mit Steuerfolgen", indem der Vorsteuerabzug insofern verhältnismässig zu kürzen ist (E. 2.2). Die "gegenleistungslose" Geldleistung durch einen kantonalen Lotteriefonds erweist sich vorliegend als vorsteuerwirksame Subvention: Die privatrechtliche Institution, die die ermessensweise erbrachten Mittel empfängt, kann über den Investitionsbeitrag nicht nach eigenem Gutdünken verfügen (was für eine vorsteuerneutrale Spende spräche). Vielmehr hat sie die Mittel entsprechend der vordefinierten, im öffentlichen Interesse liegenden Zwecksetzung einzusetzen. Der Umstand, dass die Mittel über mehrere Stationen flossen, lässt im vorliegenden Fall den Charakter als Subvention unberührt, da für alle Beteiligten klar war, dass die Mittel letztlich der privatrechtlichen Institution zukommen sollten (E. 3.2).
149 II 290 (9C_698/2022) from 21. Juni 2023
Regeste: Art. 957 ff., Art. 958c Abs. 1 Ziff. 7 OR; Art. 10 ff., Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 und 6 lit. b, Art. 70 Abs. 1 MWSTG 2009; Wesen und Grenzen einer Entgeltsminderung. Ob eine oder zwei (Haupt-)Leistungen vorliegen (E. 2), ist anhand objektiver wirtschaftlicher Überlegungen zu klären. Von Bedeutung ist dabei auch das Handelsrecht (E. 3.3). Produktionskosten, die ein Forstunternehmen an die Urproduzenten weiterbelastet und von diesen im Gegenzug Holz "ab Stock" bezieht, stellen keine Entgeltsminderung dar; sie sind als eigenständige Leistung zu versteuern (E. 3.4 und 3.5). |