Bundesverfassung
der Schweizerischen Eidgenossenschaft


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Art. 165 Gesetzgebung bei Dringlichkeit

1 Ein Bun­des­ge­setz, des­sen In­kraft­tre­ten kei­nen Auf­schub dul­det, kann von der Mehr­heit der Mit­glie­der je­des Ra­tes dring­lich er­klärt und so­fort in Kraft ge­setzt wer­den. Es ist zu be­fris­ten.

2 Wird zu ei­nem dring­lich er­klär­ten Bun­des­ge­setz die Volks­ab­stim­mung ver­langt, so tritt die­ses ein Jahr nach An­nah­me durch die Bun­des­ver­samm­lung aus­ser Kraft, wenn es nicht in­ner­halb die­ser Frist vom Volk an­ge­nom­men wird.

3 Ein dring­lich er­klär­tes Bun­des­ge­setz, das kei­ne Ver­fas­sungs­grund­la­ge hat, tritt ein Jahr nach An­nah­me durch die Bun­des­ver­samm­lung aus­ser Kraft, wenn es nicht in­ner­halb die­ser Frist von Volk und Stän­den an­ge­nom­men wird. Es ist zu be­fris­ten.

4 Ein dring­lich er­klär­tes Bun­des­ge­setz, das in der Ab­stim­mung nicht an­ge­nom­men wird, kann nicht er­neu­ert wer­den.

BGE

130 I 226 () from 1. Juli 2004
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Art. 57 ATSG; dringliches Gesetz, welches dem kantonalen Sozialversicherungsgericht erlaubt, mit drei Richtern zu urteilen, bis Beisitzer gewählt sind; Dringlichkeitsklausel. Obwohl die Kantonsverfassung dazu schweigt, findet das kantonale Sozialversicherungsgericht seine gesetzliche Grundlage unmittelbar im Bundesrecht, nämlich in Art. 57 ATSG (E. 2). Die Voraussetzung der Dringlichkeit ist erfüllt, da es um das Funktionieren der Rechtspflege und damit um das Verhindern von Rechtsverweigerungen geht (E. 3).

147 I 420 (1C_659/2020) from 11. März 2021
Regeste: Art. 37 Abs. 1 KV/ZH; Art. 34 Abs. 1 BV; Voraussetzungen für die Dringlicherklärung eines kantonalen Gesetzes (Urnenabstimmungsgesetz/ZH). Mit der Dringlicherklärung werden die Referendumsrechte der Stimmberechtigten eingeschränkt; die Dringlichkeitsklausel ist restriktiv auszulegen (E. 2.3). Darstellung der Gesundheitssituation in Bezug auf die Covid-19-Pandemie im Zeitpunkt der Verabschiedung des Urnenabstimmungsgesetzes (E. 2.4). Angesichts der volatilen rechtlichen und gesundheitlichen Lage im Herbst 2020 bestand ein erhebliches Interesse an der sofortigen Inkraftsetzung des Gesetzes, namentlich um die Beschluss- und Funktionsfähigkeit der zürcherischen Gemeinden sicherzustellen; die zeitliche Dringlichkeit ist gegeben (E. 2.5). Das Urnenabstimmungsgesetz betrifft angesichts der erheblich gefährdeten Gesundheit der Stimmberechtigten bei der Durchführung von Gemeindeversammlungen eine wichtige Angelegenheit; es liegen zwingende ausserordentliche Gründe vor, die eine Dringlicherklärung rechtfertigen (E. 2.6.2). Die Gemeinden haben bei der Wahl des geeigneten Instruments der Beschlussfassung (Gemeindeversammlung oder Urne) das Verhältnismässigkeitsprinzip zu beachten (E. 2.7).

148 IV 298 (6B_120/2021) from 11. April 2022
Regeste: Anwendungsbereich von aArt. 260ter Ziff. 1 bzw. Art. 260ter Abs. 1 StGB, von Art. 2 Abs. 1 des "Al-Qaïda/IS-Gesetzes" vom 12. Dezember 2014 und von Art. 74 Abs. 4 NDG; Vereinbarkeit von Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/ IS-Gesetzes mit dem Legalitätsprinzip und dem Bestimmtheitsgebot; objektiver und subjektiver Tatbestand. Anwendbarkeit des Al-Qaïda/IS-Gesetzes bejaht, da das der Beschwerdeführerin vorgeworfene Verhalten in den zeitlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes fällt. Beim auf dem Dringlichkeitsweg erlassenen Al-Qaïda/IS-Gesetz handelt es sich um ein Gesetz im formellen Sinne, das dem in Art. 1 StGB verankerten Legalitätsprinzip gerecht wird. Offengelassen, ob das Verhalten der Beschwerdeführerin auch unter aArt. 260ter StGB fällt (E. 6.4.1). Art. 74 Abs. 4 NDG geht Art. 2 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes nicht vor, solange noch kein bundesrätliches Verbot von Al-Qaïda und des Islamischen Staats (IS) im Sinne von Art. 74 Abs. 1 NDG erlassen wurde und das Al-Qaïda/IS-Gesetz noch in Kraft ist (E. 6.4.2). Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes ist mit dem in Art. 1 StGB verankerten Bestimmtheitsgebot vereinbar. Der Gesetzgeber wollte mit der Bestimmung alle Handlungen, die darauf abzielen, Al-Qaïda, den IS und verwandte Organisationen materiell oder personell zu unterstützen, unter Strafe stellen. Verlangt wird jedoch eine gewisse Tatnähe des Handelns zu den verbrecherischen Aktivitäten (E. 7.2). Die Beschwerdeführerin reiste mit ihrem Bruder aus ihrem radikalen Glauben heraus handelnd und im Wissen um die Gräueltaten des IS in das Gebiet des IS, wo sie während mehrerer Monate mit der finanziellen Unterstützung des IS lebte und als Mitglied der Gesellschaft am Leben des IS teilnahm, wobei sie die ihr nach den Regeln des IS als Frau zufallenden Aufgaben im Haus erfüllte. Darin liegt objektiv und subjektiv eine Unterstützung des IS im Sinne von Art. 2 Abs. 1 des Al-Qaïda/IS-Gesetzes (E. 7.4 und 7.5).

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