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Art. 93 Radio und Fernsehen
1 Die Gesetzgebung über Radio und Fernsehen sowie über andere Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen ist Sache des Bundes. 2 Radio und Fernsehen tragen zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung bei. Sie berücksichtigen die Besonderheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. Sie stellen die Ereignisse sachgerecht dar und bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck. 3 Die Unabhängigkeit von Radio und Fernsehen sowie die Autonomie in der Programmgestaltung sind gewährleistet. 4 Auf die Stellung und die Aufgabe anderer Medien, vor allem der Presse, ist Rücksicht zu nehmen. 5 Programmbeschwerden können einer unabhängigen Beschwerdeinstanz vorgelegt werden. BGE
99 IA 724 () from 25. September 1973
Regeste: Art. 85. lit. a OG. Legitimation; kant. Volksinitiative zur Einreichung einer Standesinitiative (Art. 93 BV). - Die Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde beurteilt sich einzig nach Art. 85 lit. a OG. Der Stimmbürger kann gegen die Anordnung der Volksabstimmung über eine Initiative Beschwerde führen (Erw. 1). - Kognition des Bundesgerichts bei der Überprüfung des Zulassungsentscheids (Erw. 2). - Anforderungen an die Einheit der Materie bei einer kant. Initiativvorlage (Erw. 3). - Rechtsnatur der Standesinitiative (Art. 93 BV). Überprüfung des Inhalts einer Standesinitiative durch das Bundesgericht ? (Frage offen gelassen) (Erw. 4a).
102 IA 131 () from 4. Februar 1976
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Ungültigerklärung einer Volksinitiative. 1. Bundesrechtswidrigkeit des st. gallischen Initiativbegehrens für eine massvolle Energiepolitik? Frage offengelassen (E. 4). 2. Das Initiativbegehren verstösst gegen kantonales Recht, weil der vorgeschlagene Erlass nicht Gegenstand eines Gesetzes oder eines Beschlusses im Sinne der Art. 49 Abs. 1 und 54 Abs. 2 KV sein kann (E. 5).
115 IA 234 () from 15. März 1989
Regeste: Moderne Fortpflanzungsmedizin (künstliche Insemination und In-vitro-Fertilisation); Grossratsbeschluss des Kantons St. Gallen über Eingriffe in die Fortpflanzung beim Menschen (GRB); persönliche Freiheit, Art. 8 und 12 EMRK, Art. 2 ÜbBest. BV, Forschungsfreiheit. 1. Allgemeine Überlegungen zur Fortpflanzungsmedizin (E. 3). 2. Der angefochtene Erlass verstösst nicht gegen Bundeszivilrecht und verletzt Art. 2 ÜbBest. BV nicht (E. 4). 3. Die Beschränkung des Zugangs zu den Methoden der künstlichen Fortpflanzung betrifft die persönliche Freiheit; Frage offengelassen, ob das auch auf Art. 8 in Verbindung mit Art. 12 EMRK zutrifft (E. 5). 4. Künstliche Insemination: a) Das generelle Verbot der heterologen künstlichen Insemination nach Art. 4 lit. a GRB hält vor der persönlichen Freiheit nicht stand (E. 6a). b) Einschränkungen der heterologen künstlichen Insemination (E. 6b). c) Beschränkung der heterologen künstlichen Insemination auf verheiratete Ehepaare? (E. 6c). d) Anonymität des Samenspenders? (E. 6d). 5. Die Beschränkung der Inseminationsbehandlung auf das Kantonsspital St. Gallen im Sinne von Art. 6 GRB erweist sich für die homologe künstliche Insemination bei Ehepaaren als verfassungswidrig, bei der heterologen Form aber als verfassungsmässig (E. 7). 6. Das Verbot nach Art. 7 GRB, unabhängig von einer aktuellen Infertilitätsbehandlung Samenzellen für eine spätere Verwendung zu hinterlegen, verstösst gegen die persönliche Freiheit (E. 8). 7. In-vitro-Fertilisation und Embryotransfer (IVF/ET): a) Das generelle Verbot der IVF/ET im Sinne von Art. 4 lit. f GRB hält vor der persönlichen Freiheit nicht stand (E. 9a-9c). b) Heterologe Formen der IVF/ET? Beschränkung der IVF/ET auf Ehepaare? (E. 9e). 8. Forschungsfreiheit als ungeschriebenes Verfassungsrecht? Das allgemeine Verbot der Verwendung von Keimzellen (Samenzellen und unbefruchteten Eizellen) zu Forschungszwecken nach Art. 9 GRB ist verfassungswidrig (E. 10). 9. Die generelle Bestimmung von Art. 12 GRB, wonach die Anwendung neuer Verfahren die Änderung des Erlasses erfordert, erweist sich als verfassungswidrig (E. 11). 10. Kantonale Strafbestimmungen: a) Kompetenzordnung aufgrund von Art. 64bis BV sowie Art. 400 und Art. 335 StGB (E. 12a und 12b). b) Zuständigkeit des Kantons zum Erlass von strafrechtlichen Bestimmungen im vorliegenden Fall gegeben (E. 12c). c) Teilweise Aufhebung der Strafnormen aufgrund der materiellen Beurteilung (E. 12d).
125 I 227 () from 21. April 1999
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Zulässigkeit der kantonalen Initiative»Genève, République de Paix». Einheit der Materie (E. 3). Vereinbarkeit der Initiative mit dem übergeordneten Recht; grundsätzliche Erwägungen; Tragweite eines allgemeinen Vorbehaltes zugunsten des eidgenössischen Rechts (E. 4). Bei restriktiver Auslegung verstösst die Intitiativbestimmung, welche eine Intervention des Kantons bei «internationalen Institutionen» vorsieht, nicht gegen die aussenpolitischen Kompetenzen des Bundes (E. 5). Dass sich der Kanton für die Senkung des Militärbudgets einsetzen solle (E. 6), für die Rückwidmung von militärischem Gelände zu zivilen Zwecken (E. 7), für die Verlagerung von wirtschaftlichen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem militärischen auf den zivilen Sektor (E. 8) sowie für die Aufnahme von Gewaltopfern (E. 9), erscheint bundesrechtskonform. Zulässig ist auch die Förderung des Zivildienstes im Rahmen einer objektiven Informationspolitik und durch Einrichtung einer angemessenen Infrastruktur (E. 10). Unzulässig wäre hingegen ein Verzicht des Kantons auf jeglichen Einsatz von Truppen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung auf dem kantonalen Territorium (E. 11) oder zur Gewährleistung der Sicherheit von internationalen Konferenzen (Assistenzdienst; E. 12).
128 I 295 () from 28. März 2002
Regeste: Art. 8, 9, 16, 17, 26, 27, 36, 49 Abs. 1, 93, 105, 118 Abs. 2 lit. a BV; Art. 2 und 3 BGBM; Gesetz des Kantons Genf vom 9. Juni 2000 über die Werbung; abstrakte Normenkontrolle. Die Genfer Bestimmung, welche das Anbringen von Werbung für Tabak und für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 15 Volumenprozenten auf öffentlichem Grund sowie auf privatem Grund verbietet, der vom öffentlichen Grund her einsehbar ist, verstösst nicht gegen: - den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts, und zwar sowohl hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes im Bereich des Alkohols, der Lebensmittel sowie von Radio und Fernsehen (E. 3) als auch hinsichtlich derjenigen im Bereich des Binnenmarktes (E. 4); - die Pressefreiheit sowie die Meinungs- und Informationsfreiheit, soweit die geschäftsmässige Werbung in den Schutzbereich dieser Grundrechte fällt (E. 5a); - die Wirtschaftsfreiheit (E. 5b); - die Eigentumsgarantie (E. 6); - das Rechtsgleichheitsgebot und das Willkürverbot (E. 7). Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie und der Wirtschaftsfreiheit von kantonalen Bestimmungen, welche die Werbung auf privatem Grund, soweit von öffentlichem Grund her einsehbar, der Kontrolle durch die öffentliche Gewalt unterstellt (E. 8), sowie des Verbots von Werbung auf fensterlosen Gebäudefassaden (E. 9).
131 II 253 () from 14. Februar 2005
Regeste: Art. 93 Abs. 2 BV, Art. 4 RTVG; Programmrechtskonformität eines Filmberichts mit anschliessendem Studiogespräch zum Thema "Rentenmissbrauch" ("Rundschau" vom 17. Dezember 2003). Beschwerdebefugnis der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft gegen Entscheide der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (E. 1.1); Stellung des Popularbeschwerdeführers im bundesgerichtlichen Verfahren (E. 1.2). Zusammenfassung der Rechtsprechung zu den programmrechtlichen Anforderungen an eine Sendung (E. 2). Der umstrittene Filmbeitrag zum Thema Rentenmissbrauch durch Ausländer war provokativ und in einzelnen Passagen qualitativ fragwürdig; bei einer Gesamtwürdigung verletzte er indessen mit Blick auf das relativierende Studiogespräch keine Programmbestimmungen (E. 3).
132 II 290 () from 27. April 2006
Regeste: Art. 93 Abs. 2 und 3 BV, Art. 4 und 64 Abs. 3 RTVG; Programmrechtskonformität des Beitrags "Patent angemeldet" betreffend das Spinnenfanggerät "SpiderCatcher" ("Kassensturz" vom 24. Mai 2005; "Dipl. Ing. Paul Ochsner"). Zusammenfassung der Rechtsprechung zu den programmrechtlichen Anforderungen an eine Sendung und zur Überprüfungsbefugnis der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (E. 2). Bei einem für das Publikum erkennbar nicht ernst gemeinten Beitrag gilt das Sachgerechtigkeitsgebot von Art. 4 Abs. 1 RTVG nur in abgeschwächter Form; die rundfunkrechtliche Programmaufsicht soll die Meinungsbildung des Publikums vor Manipulationen von einem gewissen Gewicht schützen und nicht in erster Linie wirtschaftliche Akteure gegen einen humoristisch gestalteten Beitrag über ihr Produkt (E. 3).
133 II 136 () from 3. Mai 2007
Regeste: Art. 10 EMRK, Art. 17 und 93 Abs. 3 BV, Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Art. 56 ff. RTVG (Fassung 1991); Ausstrahlung von Werbespots für kostenpflichtige Downloads von pornographischen Videos und Bildern auf das Handy. Zuständigkeit zur Prüfung von Werbeausstrahlungen nach dem alten und neuen Radio- und Fernsehgesetz (E. 2). Begriff der "öffentlichen Sittlichkeit" bzw. des "Pornographischen" nach dem europäischen und schweizerischen Medienrecht (E. 4 und 5). Die umstrittenen Werbespots - und nicht nur die beworbenen Produkte - stellen vulgär und primitiv Menschen in Bild und Ton als auswechselbare, jegliche menschliche Dimension verlierende Sexualobjekte dar, und liegen damit jenseits dessen, was programmrechtlich in erotischer Hinsicht vor dem Hintergrund des Jugendschutzes noch zulässig ist (E. 6 und 7).
134 I 2 (2C_335/2007) from 25. Oktober 2007
Regeste: Art. 17 Abs. 1, Art. 34 und 93 BV; Art. 3-5 RTVG 1991; rundfunkrechtliche Zulässigkeit der Ausstrahlung des Porträts eines amtierenden Staatsrats unmittelbar vor Erneuerungswahlen ("Freiburger Original in der Regierung"). Tragweite des Programmauftrags und der Programmautonomie bzw. des Sachgerechtigkeits- und Vielfaltsgebots bei Ausstrahlungen im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen (E. 3). Ein personenbezogenes, wohlwollendes Porträt eines Politikers mit unkonventionellem Werdegang unmittelbar vor Wahlen ist geeignet, die Meinungsbildung des Publikums sowie die politische Chancengleichheit der Kandidaten zu beeinträchtigen; eine entsprechende Ausstrahlung verletzt deshalb das rundfunkrechtliche Sachgerechtigkeits- und Vielfaltsgebot (E. 2 und 4).
134 II 260 (2C_89/2008) from 26. Juni 2008
Regeste: Art. 93 Abs. 5 BV; Art. 7 Ziff. 1 des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen; Art. 6 Abs. 1, 58 Abs. 2, 62 Abs. 2, 64 Abs. 3 und 65 Abs. 1 aRTVG; Art. 4 Abs. 1 und Art. 96 Abs. 3 RTVG; Aufnahmen mit versteckter Kamera bei einem Schönheitschirurgen; individualrechtlicher Persönlichkeitsschutz. Pflicht der Veranstalter von Radio- und Fernsehsendungen zur Beachtung der Grundrechte und namentlich der Menschenwürde (E. 6.2 und 6.6). Fehlende Kompetenz der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen, Persönlichkeitsverletzungen im Zusammenhang mit einer Radio- oder Fernsehsendung zu beurteilen (E. 6 und 7).
135 II 296 (2C_899/2008) from 18. Juni 2009
Regeste: Art. 16, 17, 26 und 93 Abs. 2 BV; Art. 59, 60, 107 Abs. 6 sowie Art. 110 Abs. 2 und 3 RTVG; rundfunkrechtliche Aufschaltpflicht für ein altrechtlich konzessioniertes privates Fernsehprogramm, welches neurechtlich keiner Konzession mehr bedarf und über keinen Leistungsauftrag verfügt ("Must carry"-Rules). Eine unter altem Recht konzessionierte Fernsehveranstalterin profitiert übergangsrechtlich von einem Zugangsrecht zu einem Netzwerk für die analoge Ausstrahlung ihres Programms nur, falls sie bereits altrechtlich in den Genuss einer Aufschaltverfügung gekommen ist (E. 2 und 3). Für den Erlass einer Aufschaltverfügung nach neuem Recht muss das Programm in besonderem Mass zur Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrags beitragen (E. 4.1-4.3). Ein Programm, welches trotz spezifisch schweizerischen Sportbeiträgen weiterhin in erheblichem Mass aus Produktionen besteht (Call-In, Erotik, Wahrsagerei), die keinen Mehrwert zum bestehenden Programmangebot bieten, genügt dieser Anforderung nicht (E. 4.4).
137 I 340 (2C_710/2010) from 18. November 2011
Regeste: Art. 29 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 12 des Geschäftsreglements UBI; Art. 10 EMRK; Art. 17 Abs. 1 und Art. 93 Abs. 3 BV, Art. 4 Abs. 2 RTVG; radio- und fernsehrechtliche Konformität (Sachgerechtigkeit) des Berichts "FDP und die Pharmalobby". Die Spruchkörperbildung der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) genügt sowohl den Anforderungen an ein faires Verfahren (Art. 29 BV) als auch jenen an den verfassungsmässigen Richter (Art. 30 BV) (E. 2). Begriff der "Sachgerechtigkeit" im Sinne von Art. 4 Abs. 2 RTVG (E. 3). Beurteilung des beanstandeten Beitrags (E. 4).
138 I 107 (2C_880/2010) from 18. November 2011
Regeste: Art. 10 EMRK; Art. 17 und 93 Abs. 3 BV; Art. 4 Abs. 2 und 4 RTVG; rundfunkrechtliche Konformität eines Beitrags von Presse TV im Vorfeld der Abstimmung vom 7. März 2010 zur Änderung des BVG ("Mindestumwandlungssatz"). Die in der Rechtsprechung aus dem Vielfaltsgebot für die konzessionierten Programmveranstalter abgeleiteten Anforderungen an die Gestaltung von Sendungen im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen gelten nicht für bloss meldepflichtige Veranstalter: Diese dürfen im Rahmen des Sachgerechtigkeitsgebots auch einseitig Stellung nehmen, jedoch nicht manipulativ berichten oder politische Propaganda betreiben (E. 2). Beurteilung des konkreten Studiogesprächs (E. 3).
138 I 154 (2C_943/2011, 2C_127/2012) from 12. April 2012
Regeste: Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 1 Abs. 2 lit. d und Art. 57 VwVG; Art. 96 RTVG; Anspruch auf rechtliches Gehör in der Form der Replik in und ausserhalb von Gerichtsverfahren. Weder aus VwVG noch RTVG ergibt sich eine generelle Pflicht zur Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels. Soweit Eingaben von Vorinstanz oder Gegenpartei Noven enthalten, die prozessual zulässig und materiell geeignet sind, den Entscheid zu beeinflussen, fliesst ein "Replikrecht i.e.S." unmittelbar aus Art. 29 Abs. 2 BV. Es findet auf sämtliche Verfahren vor Verwaltungs- und Gerichtsbehörden Anwendung. Das auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK gestützte "Recht auf Kenntnisnahme von und Stellungnahme zu Eingaben der übrigen Verfahrensbeteiligten" hängt demgegenüber nicht von der Entscheidrelevanz ab und findet auf alle Gerichtsverfahren Anwendung, mithin auch auf solche, die nicht in den Schutzbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK fallen (E. 2.3), nicht hingegen auf Verfahren vor anderen als gerichtlichen Behörden (E. 2.5). Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen ist keine gerichtliche Behörde im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 2.7 und 2.8).
138 II 267 (2C_790/2011) from 22. März 2012
Regeste: Art. 93 Abs. 2 BV; Art. 59 und 60 Abs. 1 lit. a und b RTVG; Zugang zu Verbreitungsinfrastruktur von Fernsehprogrammen ("Must-Carry"-Verpflichtungen); Aufschaltpflicht für das Jugendprogramm "joiz". Ausnahmsweise kann auch ein Sparten- oder Zielpublikumsprogramm in den Genuss einer Aufschaltverfügung nach Art. 60 Abs. 1 RTVG kommen, wenn es ein originelles und finanziell realisierbares Gesamtprogramm offeriert, das über die bestehenden Angebote hinaus in qualitativ und quantitativ relevanter Weise zur Erfüllung des verfassungsrechtlichen Leistungsauftrags für Radio und Fernsehen beiträgt und die bestehende audiovisuelle Medienlandschaft thematisch sinnvoll ergänzt (E. 2 und 3). Beurteilung des Jugendprogramms "joiz" (E. 4).
139 I 306 (2C_1032/2012) from 16. November 2013
Regeste: Art. 10 EMRK; Art. 16 Abs. 2, Art. 17, 35 Abs. 2 sowie Art. 93 Abs. 3 BV; Art. 4-6, 94, 95 Abs. 3 lit. b und Art. 97 Abs. 2 lit. b RTVG; Grundrechtsbindung der SRG im Werbebereich; "Was das Schweizer Fernsehen totschweigt". Die Weigerung der SRG bzw. der publisuisse SA, eine Werbebotschaft auszustrahlen, kann mit Zugangsbeschwerde bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) angefochten werden; gegen deren Entscheid steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (E. 1). Bei ihrem privatrechtlichen Handeln im Werbebereich ist die SRG grundrechtsgebunden. Sie hat dabei insbesondere (auch) dem ideellen Gehalt der Freiheitsrechte Rechnung zu tragen. Die blosse Befürchtung, eine umstrittene (ideelle) Werbung könnte ihrem Ruf abträglich sein, stellt kein hinreichendes Interesse dar, die Ausstrahlung eines ihr gegenüber kritischen Werbespots zu verweigern, solange der Auftraggeber nicht widerrechtlich handelt (E. 3-5).
139 II 519 (2C_321/2013) from 11. Oktober 2013
Regeste: Art. 17 Abs. 1, Art. 93 Abs. 2 und 3 BV; Art. 4 Abs. 2 und 4, Art. 6 Abs. 2 und 3 RTVG; das Sachgerechtigkeitsgebot bei Diskussionssendungen im Fernsehen. Bei Sendungen wie der "Arena" muss für das Publikum insgesamt in nicht manipulativer Weise erkennbar sein, welches die verschiedenen zum Thema vertretenen Meinungen sind; das Sachgerechtigkeitsgebot ist aber nicht schon dann verletzt, wenn in der Diskussion gewisse Aspekte nicht erwähnt werden. Andernfalls wären Diskussionssendungen im Stil der "Arena", wo die eingeladenen Gäste ihre Positionen und Meinungen zu einem politischen Thema darlegen, gar nicht mehr möglich. Dies kann nicht der Sinn von Art. 4 Abs. 2 RTVG sein (E. 3 und 4). In der konkret beanstandeten Sendung zur eidgenössischen Volksinitiative "Für ein bedingungsloses Grundeinkommen" wurde das Sachgerechtigkeitsgebot durch den blossen Umstand, dass bestimmte - frauenspezifische, aber auch andere - Aspekte noch stärker hätten betont werden können, nicht verletzt (E. 5).
141 II 182 (2C_882/2014) from 13. April 2015
Regeste: Art. 16 Abs. 3 und Art. 93 BV; Art. 10 EMRK; Art. 3 lit. c und e, Art. 10 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 MWSTG; Art. 14 Ziff. 1 MWSTV; Art. 68 ff. RTVG; Radio- und Fernsehempfangsgebühren; Mehrwertsteuerpflicht. Rechtliche Grundlagen der Radio- und Fernsehempfangsgebühren (E. 2). Auch Leistungen, die sich der Staat zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe beschafft, können der Mehrwertsteuerpflicht unterliegen. Voraussetzung dazu ist, dass ein Leistungsaustauschverhältnis bzw. keine Subventionierung vorliegt (E. 3). Aufgrund der Entwicklung des Radio- und Fernsehrechts (E. 6.3) kann an der Qualifikation der Empfangsgebühr als Regalabgabe nicht festgehalten werden. Wer Radio- und Fernsehsendungen empfängt, nimmt ein verfassungsmässiges Recht wahr, womit keine Überlassung von Rechten im Sinne von Art. 3 lit. e MWSTG vorliegen kann (E. 6.4). Die Empfangsgebühr ist auch nicht die Gegenleistung für irgendeine andere vom Bund erbrachte Leistung (E. 6.5). Sie ist eher als Zwecksteuer oder Abgabe sui generis zu qualifizieren (E. 6.7). Die Empfangsgebühr untersteht nicht der Mehrwertsteuerpflicht (E. 6.9). |