Bundesgesetz
über die berufliche Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenvorsorge
(BVG)

vom 25. Juni 1982 (Stand am 1. Januar 2022)


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Art. 30c Vorbezug

1 Der Ver­si­cher­te kann bis drei Jah­re vor Ent­ste­hung des An­spruchs auf Al­ters­leis­tun­gen von sei­ner Vor­sor­ge­ein­rich­tung einen Be­trag für Wohn­ei­gen­tum zum ei­ge­nen Be­darf gel­tend ma­chen.

2 Ver­si­cher­te dür­fen bis zum 50. Al­ters­jahr einen Be­trag bis zur Hö­he der Frei­zü­gig­keits­leis­tung be­zie­hen. Ver­si­cher­te, die das 50. Al­ters­jahr über­schrit­ten ha­ben, dür­fen höchs­tens die Frei­zü­gig­keits­leis­tung, auf die sie im 50. Al­ters­jahr An­spruch ge­habt hät­ten, oder die Hälf­te der Frei­zü­gig­keits­leis­tung im Zeit­punkt des Be­zu­ges in An­spruch neh­men.

3 Der Ver­si­cher­te kann die­sen Be­trag auch für den Er­werb von An­teil­schei­nen ei­ner Wohn­bau­ge­nos­sen­schaft oder ähn­li­cher Be­tei­li­gun­gen ver­wen­den, wenn er ei­ne da­durch mit­fi­nan­zier­te Woh­nung selbst be­nutzt.

4 Mit dem Be­zug wird gleich­zei­tig der An­spruch auf Vor­sor­ge­leis­tun­gen ent­spre­chend den je­wei­li­gen Vor­sor­ge­re­gle­men­ten und den tech­ni­schen Grund­la­gen der Vor­sor­ge­ein­rich­tung ge­kürzt. Um ei­ne Ein­bus­se des Vor­sor­ge­schut­zes durch ei­ne Leis­tungs­kür­zung bei Tod oder In­va­li­di­tät zu ver­mei­den, bie­tet die Vor­sor­ge­ein­rich­tung ei­ne Zu­satz­ver­si­che­rung an oder ver­mit­telt ei­ne sol­che.

5 Ist der Ver­si­cher­te ver­hei­ra­tet oder lebt er in ein­ge­tra­ge­ner Part­ner­schaft, so sind der Be­zug und je­de nach­fol­gen­de Be­grün­dung ei­nes Grund­pfand­rechts nur zu­läs­sig, wenn sein Ehe­gat­te oder sein ein­ge­tra­ge­ner Part­ner schrift­lich zu­stimmt. Kann der Ver­si­cher­te die Zu­stim­mung nicht ein­ho­len oder wird sie ihm ver­wei­gert, so kann er das Zi­vil­ge­richt an­ru­fen.95

6 Wird vor Ein­tritt ei­nes Vor­sor­ge­fal­les die Ehe ge­schie­den oder die ein­ge­tra­ge­ne Part­ner­schaft ge­richt­lich auf­ge­löst, so gilt der Vor­be­zug als Frei­zü­gig­keits­leis­tung und wird nach Ar­ti­kel 123 ZGB96, den Ar­ti­keln 280 und 281 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung97 und den Ar­ti­keln 22–22b FZG98 ge­teilt.99

7 Wird durch den Vor­be­zug oder die Ver­pfän­dung die Li­qui­di­tät der Vor­sor­ge­ein­rich­tung in Fra­ge ge­stellt, so kann die­se die Er­le­di­gung der ent­spre­chen­den Ge­su­che auf­schie­ben. Sie legt in ih­rem Re­gle­ment ei­ne Prio­ri­tä­ten­ord­nung für das Auf­schie­ben die­ser Vor­be­zü­ge be­zie­hungs­wei­se Ver­pfän­dun­gen fest. Der Bun­des­rat re­gelt die Ein­zel­hei­ten.

95 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 4 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

96 SR 210

97 SR 272

98 SR 831.42

99 Fas­sung ge­mä­ss An­hang Ziff. 4 des BG vom 19. Ju­ni 2015 (Vor­sor­ge­aus­gleich bei Schei­dung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 2313; BBl 2013 4887).

BGE

128 V 230 () from 13. Mai 2002
Regeste: Art. 122 ZGB; Art. 22 Abs. 1 und 2 FZG; Art. 30c Abs. 6 BVG: Berücksichtigung eines Vorbezugs bei der Teilung der Austrittsleistung nach Scheidung. Art. 30c Abs. 6 BVG betrifft den Vorbezug bei einer Scheidung der Ehegatten vor Eintritt eines Vorsorgefalles. Bei einer Auslegung nach Wortlaut, Sinn und Zweck des Gesetzes gelangt diese Gesetzesbestimmung auch zur Anwendung, wenn die Mittel der beruflichen Vorsorge schon vor der Heirat für einen Vorbezug verwendet wurden. Der Vorbezug zwecks Erwerb von Wohneigentum, dessen Nominalwert bis zur Scheidung erhalten bleibt, führt nicht zu Zinsen im Sinne von Art. 22 Abs. 2 Satz 2 FZG.

130 V 103 () from 10. Oktober 2003
Regeste: Art. 5 Abs. 2 FZG; Art. 97 ff. OR: Zustimmung des Ehegatten zur Barauszahlung. Die Rechtsfolgen fehlender Zustimmung des Ehegatten zur Barauszahlung beurteilen sich bei einem vertraglichen Vorsorgeverhältnis nach den Art. 97 ff. OR (Erw. 3.2 und 3.3).

130 V 191 () from 11. Februar 2004
Regeste: Art. 30c BVG: Vorbezug zwecks Erwerb von Wohneigentum. Nach Eintritt eines Vorsorgefalles zufolge vollständiger Invalidität ist die Gewährung eines Vorbezugs für den Erwerb von Wohneigentum ausgeschlossen, auch wenn die betroffene versicherte Person von ihrer Vorsorgeeinrichtung wegen Überentschädigung (Zusammentreffen mit Leistungen der Invaliden- und der Militärversicherung) keine Leistungen erhält (Erw. 3).

130 V 414 () from 14. Juni 2004
Regeste: Art. 62 ff. OR; Art. 47 AHVG (gültig gewesen bis 31. Dezember 2002): Berufliche Vorsorge: Berichtigung des individuellen Kontos und Rückerstattung einer zufolge eines Irrtums seitens der Vorsorgeeinrichtung zu Unrecht erfolgten Zahlung. Die irrtümliche Eintragung eines Betrages im individuellen Konto des Versicherten kommt nicht einer zu Unrecht ausgerichteten Leistung gleich. Die von der Vorsorgeeinrichtung vorgenommene Berichtigung zwecks Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes unterliegt daher nicht den Regeln über die Rückerstattung unrechtmässig bezogener Leistungen oder die Verrechnung von Schulden. Dies trifft insbesondere auch zu, wenn eine solche Korrektur nach einer vorzeitigen Ausrichtung für den Erwerb von Wohneigentum erfolgt, durch welche das Altersguthaben des Versicherten aufgebraucht wurde (Erw. 6). Die Differenz zwischen dem für den Erwerb von Wohneigentum ausgerichteten Betrag und demjenigen, welchen der Versicherte angesichts seines Altersguthabens tatsächlich hätte beanspruchen können, kann hingegen Gegenstand einer Klage auf Rückerstattung einer Nichtschuld bilden, welche der Verjährung nach Art. 67 OR unterliegt (Erw. 2 und 3). In diesem Rahmen deckt sich die Rüge einer Verletzung des verfassungsmässigen Anspruchs auf den Gutglaubensschutz mit dem Einwand einer Verminderung der Bereicherung im Sinne von Art. 64 OR (Erw. 4).

132 V 332 () from 16. August 2006
Regeste: Art. 30d BVG; Art. 22 FZG; Art. 122 ZGB: Behandlung eines Vorbezugs für Wohneigentum bei Ehescheidung nach Veräusserung oder Verwertung der Liegenschaft. Ein Vorbezug für Wohneigentum, das während der Ehe veräussert oder verwertet wurde, ist im Rahmen einer Ehescheidung nur insoweit nach den Regeln von Art. 22 FZG zu teilen, als bei der Veräusserung oder Verwertung ein Erlös erzielt worden ist. (Erw. 4)

132 V 347 () from 16. August 2006
Regeste: Art. 30c Abs. 5 und 6 BVG; Art. 5 und 25a FZG; Art. 122 und 142 ZGB: Feststellungsinteresse bezüglich Vorbezugs für Wohneigentum. Schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Gültigkeit des Vorbezugs für Wohneigentum im Hinblick auf den Scheidungsprozess bejaht. (Erw. 3.3)

133 V 25 () from 30. August 2006
Regeste: Art. 122 Abs. 1 ZGB; Art. 22 Abs. 2 FZG: Teilung der Austrittsleistungen bei Ehescheidung. Freie Mittel, die einem Versicherten während der Dauer der Ehe infolge Liquidation der Vorsorgeeinrichtung der früheren Arbeitgeberfirma zugeflossen sind, gehören nicht zur Austrittsleistung zuzüglich allfälliger Freizügigkeitsguthaben im Zeitpunkt der Eheschliessung, auch wenn Berechnungsgrundlage für die Verteilung der ungebundenen Mittel bei der Liquidation die Höhe der Freizügigkeitsleistung bildete, von welcher ein Teil vor der Ehe erworben wurde. Vielmehr unterliegen die dem Versicherten während der Ehe ausbezahlten freien Mittel in einem solchen Fall in vollem Umfang der Teilung (E. 3.3.2-3.3.4).

134 V 182 (9C_212/2007) from 8. Mai 2008
Regeste: Art. 37 Abs. 5, Art. 49 Abs. 2 BVG; Art. 89bis Abs. 6 ZGB; Art. 5 Abs. 2 FZG; Art. 16 Abs. 1 FZV; Auszahlung der Altersleistung bei verheirateten Personen. Für die Auszahlung der Altersleistungen nach Art. 16 Abs. 1 FZV infolge Erreichens der Altersgrenze ist die schriftliche Zustimmung des Ehegatten nicht vorausgesetzt (E. 4).

135 V 13 (9C_476/2008) from 21. November 2008
Regeste: Art. 23 lit. a und Art. 26 Abs. 1, Art. 30c Abs. 1 und 2 BVG bzw. Art. 331e Abs. 1 und 2 OR; Art. 30d Abs. 3 lit. b BVG; Art. 2 Abs. 1 sowie Art. 3 Abs. 2 und 3 FZG; Eintritt des Vorsorgefalles Invalidität, Zulässigkeit der Ausrichtung und der Rückerstattung eines Vorbezuges zur Förderung des Wohneigentums und einer Austrittsleistung. Bis zum Eintritt des Vorsorgefalles Invalidität (welcher zeitlich übereinstimmt mit der Entstehung des Anspruchs auf Invalidenleistungen [E. 2.6]) ist ein Vorbezug zur Förderung des Wohneigentums zulässig (E. 2.1-2.8). Eine Rückzahlung des Vorbezuges nach Eintritt des Vorsorgefalles Invalidität ist ausgeschlossen (E. 2.9). Rechtmässig erfolgt ist eine Austrittsleistung auch dann, wenn sich im Nachhinein ergibt, dass diese nicht hätte überwiesen werden dürfen, weil der Vorsorgefall Invalidität bereits vorher eingetreten war (E. 3.1-3.5). Eine Rückerstattung der Austrittsleistung ist auch nach Eintritt des Vorsorgefalles Invalidität zulässig (E. 3.6).

135 V 324 (9C_1051/2008, 9C_10/2009) from 3. September 2009
Regeste: Art. 30c Abs. 6 BVG; Art. 22 und 25a FZG; Art. 122 ZGB; Berücksichtigung des Vorbezugs im Rahmen der Teilung der Austrittsleistungen bei Scheidung. Hat der geschiedene Ehegatte als Schuldner der Ausgleichsforderung im Sinne von Art. 122 ZGB einen Vorbezug getätigt und reicht sein Guthaben bei der Vorsorge- oder Freizügigkeitseinrichtung nicht mehr aus, um die Ausgleichsforderung zu bedienen, so kann die Vorsorgeeinrichtung nur zur Übertragung der bei ihr noch vorhandenen Mittel verpflichtet werden. Die Differenz ist durch den geschiedenen Ehegatten als Schuldner zu begleichen (E. 5.2).

135 V 418 (9C_301/2009) from 8. Oktober 2009
Regeste: Art. 4 Abs. 4 BVG; Art. 5 Abs. 1 FZG; Vorbezug und Barauszahlung des in der freiwilligen beruflichen Vorsorge angesparten Alterskapitals. Ein Vorbezug des Alterskapitals für betriebliche Investitionen ist nur zulässig, wenn der Selbständigerwerbende den Vorsorgevertrag kündigt und die vertraglichen Beziehungen mit seiner Vorsorgeeinrichtung beendet (E. 3).

135 V 425 (9C_593/2009) from 24. November 2009
Regeste: a Art. 122 und 142 ZGB; Art. 65 IPRG; Art. 26 LugÜ; Art. 73 Abs. 3 BVG; Art. 25a FZG. Die örtliche Zuständigkeit des inländischen Berufsvorsorgegerichts richtet sich bei einer im Ausland ausgesprochenen Ehescheidung mit Teilung der Vorsorgeguthaben nach Art. 73 Abs. 3 BVG (E. 1.2).

135 V 436 (9C_691/2009) from 24. November 2009
Regeste: a Art. 30c Abs. 6 und Art. 30d Abs. 5 BVG; Art. 331e Abs. 6 und 8 OR; Art. 22 FZG; Art. 122 ZGB. Ein während der Ehe realisierter Verlust auf dem Vorbezug ist bei der Ermittlung der Austrittsleistung nicht zu berücksichtigen (E. 3).

136 V 57 (9C_751/2009) from 24. November 2009
Regeste: a Art. 30c Abs. 6 BVG; Art. 331e Abs. 6 OR; Art. 22 FZG; Art. 122 ZGB. Verbleibt die mit Vorbezügen finanzierte Liegenschaft auch nach der Ehescheidung im Gesamteigentum beider Ex-Ehegatten, so sind die Vorbezüge bei der Vorsorgeausgleichsteilung zu berücksichtigen. Der Vorbezug des ausgleichsberechtigten Ehegatten kann jedoch nicht als Austrittsleistung mitgegeben werden, da er nach wie vor im Wohneigentum investiert ist und sich nicht mehr im Vermögen der Vorsorgeeinrichtung befindet (E. 3 und 4).

137 III 49 (5A_270/2010) from 25. November 2010
Regeste: Art. 122 ff. ZGB; Verpfändung von Mitteln der beruflichen Vorsorge für Wohneigentum zum eigenen Bedarf. Grundsätze und Möglichkeiten des Ausgleichs der Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte seinen Anspruch auf Vorsorgeleistungen oder einen Betrag bis zur Höhe seiner Freizügigkeitsleistung für Wohneigentum zum eigenen Bedarf verpfändet hat. Anwendungsfall, in dem eine angemessene Entschädigung gemäss Art. 124 ZGB in Raten geschuldet ist (E. 2-4).

137 V 440 (9C_488/2011) from 16. November 2011
Regeste: Art. 30c Abs. 6 und Art. 30d BVG; Art. 331e Abs. 6 OR; Art. 22 FZG; Art. 122 und 123 ZGB. Ohne anderslautende Regelung durch das Scheidungsgericht ist der in das Wohneigentum investierte Vorbezug zur Austrittsleistung hinzuzurechnen und zu teilen (E. 3.5).

138 V 495 (9C_782/2011) from 16. Oktober 2012
Regeste: Art. 30e Abs. 2 BVG; Art. 6 und 10 WEFV; Vorbezug von Vorsorgeguthaben zum Erwerb von Wohneigentum. Die Vorsorgeeinrichtung verletzt ihre Sorgfaltspflicht nicht, wenn sie den Vorbezug gestützt auf einen ihr vorliegenden notariell beurkundeten Kaufvertrag auszahlt, bevor der vorbeziehende Versicherte im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist (E. 2).

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