Bundesgesetz
über Massnahmen zur Wahrung
der inneren Sicherheit
(BWIS)

vom 21. März 1997 (Stand am 1. Juni 2022)


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Art. 24a Informationen über Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen

1 Fed­pol be­treibt ein elek­tro­ni­sches In­for­ma­ti­ons­sys­tem, in das Da­ten über Per­so­nen auf­ge­nom­men wer­den, die sich an­läss­lich von Sport­ver­an­stal­tun­gen im In‑ und Aus­land ge­walt­tä­tig ver­hal­ten ha­ben.

2 In das In­for­ma­ti­ons­sys­tem dür­fen In­for­ma­tio­nen über Per­so­nen, ge­gen die Aus­rei­se­sper­ren, Mass­nah­men nach kan­to­na­lem Recht im Zu­sam­men­hang mit Ge­walt­tä­tig­kei­ten an­läss­lich von Sport­ver­an­stal­tun­gen oder an­de­re Mass­nah­men wie Sta­dion­ver­bo­te ver­hängt wor­den sind, auf­ge­nom­men wer­den, wenn:64

a.
die Mass­nah­me von ei­ner rich­ter­li­chen Be­hör­de aus­ge­spro­chen oder be­stä­tigt wor­den ist;
b.
die Mass­nah­me auf­grund ei­ner straf­ba­ren Hand­lung aus­ge­spro­chen wor­den ist, die zur An­zei­ge an die zu­stän­di­gen Be­hör­den ge­bracht wur­de; oder
c.
die Mass­nah­me zur Wah­rung der Si­cher­heit von Per­so­nen oder der Sport­ver­an­stal­tung not­wen­dig ist und glaub­haft ge­macht wer­den kann, dass die Mass­nah­me be­grün­det ist.

3 Das elek­tro­ni­sche In­for­ma­ti­ons­sys­tem kann fol­gen­de Da­ten ent­hal­ten: Fo­to; Na­me; Vor­na­me; Ge­burts­da­tum; Ge­burts­ort; Hei­mat­ort; Wohn­adres­se; Art der Mass­nah­me und Grund der Mass­nah­me wie Ver­ur­tei­lung, Stra­fun­ter­su­chung, Mel­dun­gen der Po­li­zei, Vi­deo­auf­nah­men; ver­fü­gen­de Be­hör­de; Ver­stös­se ge­gen Mass­nah­men; Or­ga­ni­sa­tio­nen; Er­eig­nis­se.

4 Die Be­hör­den und Amts­stel­len nach Ar­ti­kel 13, die über In­for­ma­tio­nen nach Ab­satz 1 ver­fü­gen, sind zu de­ren Wei­ter­ga­be an fed­pol ver­pflich­tet.

5 Die Voll­zugs­be­hör­den kön­nen be­son­ders schüt­zens­wer­te Per­so­nen­da­ten be­ar­bei­ten, so­weit es die Durch­füh­rung ih­rer Auf­ga­ben er­for­dert.

6 Fed­pol prüft, ob die In­for­ma­tio­nen, die ihm über­mit­telt wer­den, rich­tig und er­heb­lich im Sin­ne von Ab­satz 2 sind. Es ver­nich­tet un­rich­ti­ge oder un­er­heb­li­che In­for­ma­tio­nen und be­nach­rich­tigt dar­über den Ab­sen­der.

7 Das In­for­ma­ti­ons­sys­tem steht den für den Voll­zug die­ses Ge­set­zes zu­stän­di­gen Stel­len von fed­pol so­wie den Po­li­zei­be­hör­den der Kan­to­ne und dem BA­ZG über ein Ab­ruf­ver­fah­ren zur Ver­fü­gung.65 Der Bun­des­rat legt die Vor­aus­set­zun­gen für die Auf­be­wah­rung und Lö­schung der Da­ten fest. Er be­stimmt den An­schluss der kan­to­na­len Si­cher­heits­or­ga­ne im Ein­zel­nen und re­gelt die Zu­griffs­rech­te.

8 Die Voll­zugs­be­hör­den kön­nen Per­so­nen­da­ten nach Ab­satz 1 an Or­ga­ni­sa­to­ren von Sport­ver­an­stal­tun­gen in der Schweiz wei­ter­ge­ben, wenn die Da­ten für die Anord­nung von Mass­nah­men zur Ver­hin­de­rung von Ge­walt­tä­tig­kei­ten an­läss­lich be­stimm­ter Ver­an­stal­tun­gen nö­tig sind. Die Emp­fän­ger der Da­ten dür­fen die­se nur im Rah­men des Voll­zu­ges der Mass­nah­men an Drit­te wei­ter­ge­ben. Der Bun­des­rat re­gelt, wie die Da­ten durch die Emp­fän­ger und durch Drit­te be­ar­bei­tet wer­den.

9 Fed­pol kann Per­so­nen­da­ten an aus­län­di­sche Po­li­zei­be­hör­den und Si­cher­heits­or­ga­ne wei­ter­ge­ben. Ar­ti­kel 61 Ab­sät­ze 1, 2, 5 und 6 NDG66 ist sinn­ge­mä­ss an­wend­bar. Die Da­ten dür­fen nur wei­ter­ge­ge­ben wer­den, wenn die Be­hör­de oder das Or­gan ga­ran­tiert, dass die Da­ten aus­sch­liess­lich der An­ord­nung von Mass­nah­men zur Ver­hin­de­rung von Ge­walt­tä­tig­kei­ten an­läss­lich von Sport­ver­an­stal­tun­gen die­nen. Der Quel­len­schutz ist zu wah­ren.67

10 Das Recht, Aus­künf­te über die Da­ten im In­for­ma­ti­ons­sys­tem zu be­kom­men, und das Recht, die Da­ten be­rich­ti­gen zu las­sen, rich­ten sich nach den Ar­ti­keln 5 und 8 des Bun­des­ge­set­zes vom 19. Ju­ni 199268 über den Da­ten­schutz. Fed­pol teilt der be­trof­fe­nen Per­son die Er­fas­sung und Lö­schung ih­rer Da­ten im In­for­ma­ti­ons­sys­tem mit.

64 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I des BG vom 3. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2010 (AS 2009 5091; BBl 2007 6465).

65 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 25. Sept. 2020 über po­li­zei­li­che Mass­nah­men zur Be­kämp­fung von Ter­ro­ris­mus, in Kraft seit 1. Ju­ni 2022 (AS 2021 565; 2022 300; BBl 2019 4751).

66 SR 121

67 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. I 1 des BG vom 25. Sept. 2020 über po­li­zei­li­che Mass­nah­men zur Be­kämp­fung von Ter­ro­ris­mus, in Kraft seit 1. Ju­ni 2022 (AS 2021 565; 2022 300; BBl 2019 4751).

68 SR 235.1

BGE

134 I 125 (1C_158/2007) from 31. März 2008
Regeste: a Kantonale Zuständigkeitsordnung zum Vollzug des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS), Art. 49 Abs. 1 BV. Die kantonale Zuständigkeitsordnung, wonach die Kantonspolizei und die Stadtpolizeien von Zürich und Winterthur zur Anordnung von Massnahmen gemäss BWIS befugt sind, hält vor dem Bundesrecht stand (E. 2).

135 I 130 (2C_605/2008) from 24. Februar 2009
Regeste: Art. 8 Abs. 1, Art. 27 und 127 Abs. 1 BV; Verordnung des Kantons Neuenburg über die Erhebung eines Kostenbeitrags für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit bei sportlichen Veranstaltungen mit Gewaltpotenzial. Unterscheidung von Steuern und Kausalabgaben (E. 2). Gesetzliche Grundlage und Umsetzung der Verordnung, die den Organisatoren einen Anteil zwischen 60 und 80 % an den Kosten überwälzt, welche der Einsatz der Kantonspolizei für die Gewährleistung der Sicherheit bei sportlichen Veranstaltungen mit Gewaltpotenzial verursacht (E. 3). Vereinbarkeit der Verordnung mit der Wirtschaftsfreiheit (E. 4) und dem Rechtsgleichheitsprinzip (E. 6). Mit der Verordnung hat der Staatsrat den Rahmen der gesetzlichen Delegation nicht überschritten; auch der der Kantonspolizei übertragene Ermessensspielraum verstösst nicht gegen den Grundsatz der Gesetzmässigkeit öffentlicher Abgaben (E. 7).

137 I 31 (1C_428/2009) from 13. Oktober 2010
Regeste: Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen; Art. 10 Abs. 2, Art. 22, Art. 32 Abs. 1, Art. 36 und 49 Abs. 1 BV, Art. 5 Ziff. 1 und Art. 6 Ziff. 2 EMRK, Art. 82 lit. b BGG. Die Bestimmungen des Konkordates über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen (Konkordat) können mit Beschwerde nach Art. 82 lit. b BGG angefochten werden (E. 1.3). Die im Konkordat vorgesehenen Massnahmen (Rayonverbot, Meldeauflage und Polizeigewahrsam) sind polizeilicher Natur (E. 3 und 4). Sie sind mit dem Bundesrecht vereinbar (E. 4) und halten vor der Unschuldsvermutung stand (E. 5). Die Massnahmen beeinträchtigen die persönliche Freiheit und die Versammlungsfreiheit. Das Konkordat stellt eine verfassungsgemässe Grundlage für die Grundrechtseingriffe dar (gesetzliche Grundlage, öffentliches Interesse, Verhältnismässigkeit; E. 6). Der Polizeigewahrsam als Massnahme zur Durchsetzung von Rayonverboten lässt sich unter die von der EMRK zugelassenen Freiheitsbeschränkungen subsumieren (E. 7). Die Empfehlung von Stadionverboten hält vor der Verfassung stand (E. 8).

140 I 2 (1C_176/2013, 1C_684/2013) from 7. Januar 2014
Regeste: Art. 82 lit. b BGG; Änderung des Konkordats über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen, abstrakte Normenkontrolle, Art. 10 Abs. 2, Art. 13 Abs. 2, Art. 35 Abs. 2, Art. 36, 57 und 123 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Polizeirechtliche Natur des Konkordats und Hinweise auf weitere Bestimmungen zur Verhinderung von Gewalt bei Sportveranstaltungen (E. 5). Das Konkordat regelt das polizeiliche Verwaltungshandeln im Hinblick auf Gewalttaten bei Sportanlässen. Die vorgesehenen Massnahmen sind auf das zukünftige Verhalten ausgerichtet und gelangen unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung bereits verübter Gewalttaten zur Anwendung (E. 6). Örtlicher und zeitlicher Geltungsbereich des Konkordats: Die Massnahmen nach dem Konkordat (Rayonverbot, Meldeauflage, polizeilicher Gewahrsam) sind beschränkt auf gewalttätiges Verhalten, das in einem konkreten Zusammenhang mit der Sportveranstaltung und der Anhängerschaft bei einer der Mannschaften steht (E. 7.2). Die Anordnung von konkreten Massnahmen hängt von der Art und Schwere des gewalttätigen Verhaltens ab und muss insbesondere verhältnismässig sein (E. 8). Die Bewilligungspflicht ermöglicht die Anordnung von Auflagen zur Durchführung bestimmter Spiele (E. 9). Verhältnismässigkeit von sog. Kombitickets für die An- und Abreise sowie den Besuch eines Spiels im Gästesektor (E. 9.2). Zulässigkeit einer Pflicht zur Ausweiskontrolle und zum Abgleich mit dem Informationssystem HOOGAN (E. 9.3). Durchsuchung der Besucher von Sportveranstaltungen am Eingang der Stadien und beim Besteigen von Fantransporten (E. 10.1). Übertragung von Durchsuchungsbefugnissen an private Sicherheitsdienste im halböffentlichen Raum vor dem Hintergrund des staatlichen Gewaltmonopols und der Grundrechtsbindung (E. 10.2). Bestimmtheitsgebot in Bezug auf verbotene Gegenstände und Pflicht zur Bekanntmachung bestehender Verbote (E. 10.3). Eignung, Notwendigkeit, Zumutbarkeit und Modalitäten der körperlichen Durchsuchung zur Verhinderung von Gewalttaten (E. 10.4-10.6). Die vorgeschriebene Dauer eines Rayonverbots von mindestens einem Jahr ist mit dem Verhältnismässigkeitsprinzip nicht vereinbar (E. 11.2.2). Anforderungen an den Inhalt und die Eröffnung der Verfügung eines Rayonverbots (E. 11.3). Gesetzliche Grundlage für die Anordnung einer Meldeauflage (E. 12.2). Die Bestimmung, die zwingend eine Verdoppelung der Dauer einer Meldeauflage vorsieht, wenn die Massnahme ohne entschuldbare Gründe verletzt wird, hält vor dem Verhältnismässigkeitsprinzip nicht stand (E. 12.3).

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