Code civil suisse

du 10 décembre 1907 (État le 23 janvier 2023)


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Art. 1

A. Ap­plic­a­tion de la loi

 

1 La loi ré­git toutes les matières auxquelles se rap­portent la lettre ou l’es­prit de l’une de ses dis­pos­i­tions.

2 À dé­faut d’une dis­pos­i­tion lé­gale ap­plic­able, le juge pro­nonce selon le droit cou­tu­mi­er et, à dé­faut d’une cou­tume, selon les règles qu’il ét­ab­lirait s’il avait à faire acte de lé­gis­lateur.

3 Il s’in­spire des solu­tions con­sac­rées par la doc­trine et la jur­is­pru­dence.

BGE

84 I 89 () from 14. Mai 1958
Regeste: Kantonale Abgaben. 1. Nach einem feststehenden allgemeinen Rechtsgrundsatz dürfen öffentliche Abgaben nur erhoben werden, wenn eine gesetzliche Grundlage dafür besteht (Erw. 2). 2. Vorschriften über die Erhebung einer Gebühr für die Bewilligung zum Hausieren gestatten nicht, eine solche Abgabe auch für den Betrieb von Warenverkaufsautomaten zu erheben (Erw. 3). 3. Gewohnheitsrecht als Grundlage für die Erhebung einer öffentlichen Abgabe? (Erw. 4).

87 I 10 () from 1. März 1961
Regeste: Art. 4 BV und Art. 81 Lit. A Ziff. 1 solothurn. KV. Die rechtsanwendende Behörde darf nur dann vom klaren Wortlaut eines Rechtssatzes abweichen, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass er nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Anwendung dieses Grundsatzes auf die Auslegung einer zunächst in einem Gesetz aufgestellten und dann in die Kantonsverfassung aufgenommenen Bestimmung betreffend die Befreiung von der Erbschaftssteuer.

87 II 320 () from 19. Dezember 1961
Regeste: Aufführungsrecht an Schallplatten, Art. 12 Ziff. 3 URG. Dem Schallplattenfabrikanten steht kein ausschliessliches Recht zur öffentlichen Aufführung der von ihm hergestellten Schallplatten zu. Der dem Schallplattenfabrikanten durch Art. 4 Abs. 2 URG gewährte Schutz ist nicht urheberrechtlicher, sondern wettbewerbsrechtlicher Art (Erw. 1, 2). Ablehnung einer grammatikalischen Auslegung des Art. 4 Abs. 2 URG (Erw. 3). Einfluss der Aufhebung des Art. 21 URG durch die Revision von 1955 (Erw. 4). Der Schallplattenfabrikant schafft kein Kunstwerk i.S. des Urheberrechts (Erw. 5). Das Wettbewerbsrecht verschafft dem Schallplattenfabrikanten kein ausschliessliches Aufführungsrecht (Erw. 6, 7). Einfluss des BG vom 25. September 1940 betr. die Verwertung von Urheberrechten (Erw. 8). Rechtssicherheit und Billigkeit erfordern kein Aufführungsrecht des Schallplattenfabrikanten (Erw. 9).

88 II 116 () from 15. Februar 1962
Regeste: Vorkaufsrecht nach EGG; Anspruch auf einen Anteil am Gewinn im Falle des Weiterverkaufs der Liegenschaft vor Ablauf von 15 Jahren. 1. Die Vormerkung dieses Anspruchs kann auch nach der Eintragung des Erwerbers im Grundbuch noch verlangt werden. Gilt dafür eine Frist? (Frage offen gelassen). 2. Der Anspruch steht ausser dem frühern Verkäufer allen Personen zu, die zur Zeit des frühern Verkaufs nach Art. 6 Abs. 1 EGG neben dem Erwerber vorkaufsberechtigt waren. Sind auch die Personen gewinnanteilsberechtigt, auf welche der betreffende Kanton das Vorkaufsrecht in Anwendung von Art. 6 Abs. 2, Art. 7 und Art. 8 EGG ausgedehnt hat? (Frage offen gelassen). 3. Die Frist von 15 Jahren beginnt mit der Eintragung des Erwerbers im Grundbuch.

88 II 150 () from 18. Mai 1962
Regeste: Verlegung eines Wegrechts auf ein anderes Grundstück, das an das belastete angrenzt und dem gleichen Eigentümer gehört. Zulässigkeit und Voraussetzungen einer solchen Verlegung (analoge Anwendung von Art. 742 ZGB).

89 I 92 () from 20. März 1963
Regeste: Persönliche Freiheit. Blutuntersuchung im Ehelichkeitsanfechtungs- und im Vaterschaftsprozess. 1. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Beweisbeschluss, durch den die Blutuntersuchung angeordnet wird (Erw. 1). 2. Legitimation des dem Kind im Ehelichkeitsanfechtungsprozess bestellten Beistands, sich der Blutentnahme beim Kind zu widersetzen (Erw. 2). Rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Beistands? (Erw.5). 3. Die persönliche Freiheit wird durch das ungeschriebene Verfassungsrecht des Bundes gewährleistet (Erw. 3). 4. Die Blutentnahme für eine Untersuchung stellt einen Eingriff in die durch die persönliche Freiheit geschützte körperliche Unversehrtheit dar. Die Pflicht zur Hergabe von Blut in einem Zivilprozess darf daher nur beim Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage, nicht in Ausfüllung einer Gesetzeslücke angenommen werden (Bestätigung der Rechtsprechung) (Erw. 4).

89 I 303 () from 6. Juni 1963
Regeste: Wann ist ein auf Klage einer schweizerisch/ausländischen Doppelbürgerin in ihrem andern Heimatstaat ergangenes Scheidungsurteil in der Schweiz anzuerkennen? Art. 7 g und 7 h NAG. Ausfüllung von Gesetzeslücken. Art. 1 Abs. 2 und 3 ZGB. Tragweite des Art. 144 ZGB.Hat eine gebürtige Ausländerin bei der Heirat mit einem Schweizerbürger ihre angestammte Staatsangehörigkeit beibehalten, so ist die von ihr in ihrem andern Heimatstaat erlangte Ehescheidung gegen den in der Schweiz wohnhaften Ehemann von den schweizerischen Behörden anzuerkennen, - wenn die Ehefrau berechtigterweise (gemäss Art. 25 Abs. 2 und Art. 170 Abs. 1 ZGB) in ihrem andern Heimatstaat Wohnsitz genommen hatte (Erw. 2-4); - ebenso, wenn sie sich ohne solche Berechtigung in ihrem andern Heimatstaat dauernd niedergelassen hatte und ihr als Bürgerin mit gewöhnlichem Aufenthalt im dortigen Staatsgebiet ein Gerichtsstand für die Scheidungsklage zur Verfügung stand (Erw. 5); - dagegen nicht bei tatsächlichem Daueraufenthalt der Ehefrau in der Schweiz (Erw. 5). Vorbehalt der öffentlichen Ordnung der Schweiz (Erw. 6).

89 II 287 () from 17. Mai 1963
Regeste: Klage auf Feststellung einer Grundstücksgrenze. 1. Streitwert, bemessen durch Kapitalisierung des jährlichen Nutzens. Art. 36 Abs. 4 und 5 OG (Erw. 1). 2. Herrenlose Sachen. Privatrechtlicher Eigentumsanspruch. Intertemporales Recht. Art. 664 ZGB, Art. 1 und 17 ZGB'SchlT (Erw. 2 und 3). 3. Der Grenzregulierungsvertrag muss öffentlich beurkundet werden (Art. 657 und 669 ZGB). Auslegung eines Vergleichs. Tat- und Rechtsfrage (Erw. 4). 4. Rechtsmissbräuchliches Abgehen von einer früher bei Kenntnis der wesentlichen Umstände bekundeten Stellungnahme, auf die sich die andere Partei nach Treu und Glauben verlassen durfte. Art. 2 ZGB. (Erw. 5). 5. Was ist der Kultur nicht fähiges Land im Sinne von Art. 664 Abs. 2 ZGB? (Erw. 6).

89 II 321 () from 30. September 1963
Regeste: Kontrahieren des Stellvertreters mit sich selbst. - Anwendung der einschlägigen Grundsätze auf den Fall, dass der Direktor einer Aktiengesellschaft einen ihm unterstellten Prokuristen anweist, Forderungen der Gesellschaft zahlungs- oder sicherungshalber an ihn abzutreten (Erw. 4). - Das Kontrahieren mit sich selbst ist grundsätzlich verboten, aber ausnahmsweise zulässig, wenn der Vertreter dazu besonders ermächtigt wurde oder wenn die Natur des Geschäfts die Gefahr einer Benachteiligung des Vertretenen ausschliesst. Ist es bei reinen Erfüllungsgeschäften allgemein zulässig? (Frage offen gelassen, da kein solches Geschäft vorliegt.) Unzulässiges Selbstkontrahieren macht das betreffende Geschäft ungültig, sofern dieses nicht nachträglich vom Vertretenen genehmigt wird (Erw. 5). - Ermächtigung zum Kontrahieren mit sich selbst? Nachträgliche Genehmigung des Geschäfts? (Erw. 6). - Gefahr der Benachteiligung des Vertretenen wegen Interessenkollision (Erw. 7).

89 II 387 () from 10. Dezember 1963
Regeste: Schuldbrief und Gült; Einrede der Handlungsunfähigkeit des Schuldners; Schutz des gutgläubigen Dritterwerbers (Art. 872, 865/866 ZGB). Wer einen von einem Handlungsunfähigen errichteten Pfandtitel von diesem selber erwirbt, muss sich auch im Falle seiner Gutgläubigkeit die Einrede gefallen lassen, das Erwerbsgeschäft sei wegen der Handlungsunfähigkeit des Schuldners ungültig und vermöge ihm deshalb die im Titel verbrieften Rechte nicht zu verschaffen. Dagegen ist die Einrede, der Schuldner sei zur Zeit der Errichtung des Titels handlungsunfähig gewesen, gegenüber einem gutgläubigen spätern Erwerber (Dritterwerber) nicht zulässig.

90 I 137 () from 18. März 1964
Regeste: Art. 4 BV, Art. 9 BAU. Haftung für Schaden aus Aufschub von Umzugsterminen. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei Beschwerden wegen Verletzung des Art. 4 BV (Erw. 2). Art. 1 Abs. 2 ZGB ist nur beim Vorliegen echter Lücken des Gesetzes anwendbar (Erw. 3). Die Annahme, der Vermieter hafte dem neuen Mieter für den Schaden, der diesem aus dem (dem früheren Mieter bewilligten) Aufschub des Umzugstermins erwächst, lässt sich nicht auf Art. 9 BAU, dagegen ohne Willkür auf Art. 258 OR stützen (Erw. 3, 4).

90 II 135 () from 29. April 1964
Regeste: Tragweite der in Art. 6 ff. EGG vorgesehenen gesetzlichen Vorkaufsrechte. Intertemporales Recht. 1. Ein gesetzliches Vorkaufsrecht im Sinne von Art. 6 ff. EGG kann einem schon vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. Januar 1953) vereinbarten und im Grundbuche vorgemerkten Kaufsrecht eines Dritten nicht entgegengehalten werden - auch wenn das Kaufsrecht erst seit dem erwähnten Zeitpunkt, jedoch noch während der Dauer der Vormerkung, ausgeübt wird. - Art. 6 ff. EGG, 683 und 959 ZGB, 1, 2 und 3 sowie 17 und 18 des Schlusstitels des ZGB. (Erw. 3-5). 2. Gegen wen kann auf Zusprechung des Eigentums an einem Grundstück geklagt werden? - Art. 665 und 963 ZGB. (Erw. 2).

90 II 501 () from 1. Dezember 1964
Regeste: Zeitlicher Geltungsbereich des Kartellgesetzes. Art. 23 Abs. 1 KG (Erw. 1). Einfluss des Fehlens einer Kartellabrede auf die Klagemöglichkeit des von einer Wettbewerbsbehinderung Betroffenen (Erw. 2). Deliktshaftung bei einfacher Gesellschaft, Art. 544 OR; Haftung mehrerer Schädiger, Art. 50 OR. Voraussetzungen (Erw. 3). Kartellähnliche Organisation, Begriff des stillschweigenden gegenseitigen Abstimmens des Verhaltens. Art. 3 KG (Erw. 4). Klagemöglichkeiten des von unzulässiger Kartellmassnahme Betroffenen. Art. 6 KG (Erw. 6). Erfordernis einer erheblichen Wettbewerbsbehinderung. Art. 4 Abs. 1 KG (Erw. 8).

91 I 189 () from 31. März 1965
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Initiativrecht. Gegenstand und Voraussetzungen der staatsrechtlichen Beschwerde im Sinne des Art. 85 lit. a OG; aktuelles Interesse an der Beschwerdeführung (Erw. 1). Der Grosse Rat ist kraft seines allgemeinen Vorschlagsrechts auch dann befugt, einem Volksbegehren einen Gegenentwurf gegenüberzustellen, wenn die Kantonsverfassung das nicht ausdrücklich vorsieht (Erw. 2).

91 I 409 () from 26. Mai 1965
Regeste: Art. 88, 90 OG; Art. 4 BV, Eigentumsgarantie. 1. Ausnahmen vom Grundsatz der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger (Erw. I 1). 2. Der einzelne Bürger ist berechtigt, vorfrageweise eine Verletzung der Gemeindeautonomie geltend zu machen (Erw. I 2). 3. Der Nachbar ist befugt, gegen die Erteilung der Baubewilligung an einen Dritten staatsrechtliche Beschwerde zu erheben, sofern die Anwendung von kantonalen und gemeindlichen Bauvorschriften auf dem Spiele steht, die neben dem Gemeinwohl auch dem Schutze des Nachbars dienen (Änderung der Rechtsprechung). Zu diesen Vorschriften können auch Immissionsbeschränkungen gehören (Erw. I 3). 4. Die kantonale Verwaltung ist bei der Erstellung von Bauten für Verwaltungszwecke grundsätzlich an das Gemeindebaurecht gebunden. Ausnahmen hiervon (Erw. II).

91 II 44 () from 23. März 1965
Regeste: Der Gerichtsstand für die Arrestforderungsklage bestimmt sich unter Vorbehalt von Art. 59 BV und von Staatsverträgen nach kantonalem Recht. Internationales Obligationenrecht; Wahl des anwendbaren Rechtes durch die Vertragsparteien. Voraussetzungen der Gültigkeit, Zeitpunkt und Tragweite der Rechtswahl. Unter welchen Rechtsordnungen dürfen die Parteien wählen? Ihre Wahl ist auf jeden Fall dann anzuerkennen, wenn ihr ein vernünftiges Interesse an der Anwendung des gewählten Rechtes zugrunde liegt (Erweiterung der Rechtsprechung). Ein solches Interesse ist z.B. vorhanden, wenn sich die Parteien im Prozess auf die Anwendung der lex fori einigen.

91 II 100 () from 28. Januar 1965
Regeste: Verantwortlichkeit des Grundeigentümers. Art. 679 ZGB. Ausfüllung einer Lücke des Gesetzes durch den Richter. Art 1 Abs. 2 und 3 ZGB. Führen Bauarbeiten und -vorrichtungen (auch solche auf öffentlichem Boden) zu beträchtlicher Schädigung eines Nachbars infolge vonEinwirkungen, welche die Grenzen des ordentlichen Nachbarrechts (Art. 684 ZGB) überschreiten, jedoch als unvermeidlich während der Bauzeit zu dulden sind, so hat der bauende Eigentümer nach richterlichem Ermessen Ersatz zu leisten.

91 II 412 () from 10. Dezember 1965
Regeste: Eheschutz, Art. 169 ff. ZGB. Ist die Sperrung eines Grundbuchblattes als Sicherungsmassnahme zulässig? 1. Eheschutzmassnahmen nach Art. 169 ff. ZGB unterliegen nicht der Berufung an das Bundesgericht, wohl aber der Nichtigkeitsbeschwerde aus einem der in Art. 68 OG vorgesehenen Gründe. (Erw. 1). 2. Welche Massnahmen kann der Richter im Verfahren nach Art. 169 ff. ZGB treffen? (Erw. 2). 3. Kann der Richter die Sperrung eines Grundbuchblattes verfügen: a) als vorsorgliche Massnahme im Scheidungsprozess, gemäss Art. 145 ZGB? Frage offen gelassen; b) als Eheschutzmassnahme nach Art. 169 ff. ZGB, um einem Ehegatten die Benutzung einer ihm zugewiesenen Wohnung im Hause des andern Ehegatten zu sichern? Frage verneint. (Erw. 3). 4. Kann der Richter das einem Ehegatten im Verfahren nach Art. 169 ff. ZGB zuerkannte Recht auf Benutzung einer solchen Wohnungals persönliches Recht nach Art. 959 ZGB im Grundbuch vormerken lassen? (Erw. 4). 5. Kassatorische Wirkung der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 Abs. 1 lit. a OG. (Erw. 5).

92 III 1 () from 24. August 1966
Regeste: Das Verbot der Zwangsvollstreckung unter Ehegatten (Art. 173 Abs. 1 ZGB) gilt auch bei gerichtlich getrennter Ehe, und zwar auch dann, wenn die Trennung mehr als drei Jahre gedauert hat und sich mit Rücksicht auf die Gesetzgebung des Heimatstaates der Ehegatten nicht gemäss Art. 1 ZGB) gilt auch bei gerichtlich getrennter Ehe, und zwar auch dann, wenn die Trennung mehr als drei Jahre gedauert hat und sich mit Rücksicht auf die Gesetzgebung des Heimatstaates der Ehegatten nicht gemäss Art. 148 ZGB (oder entsprechenden Normen des ausländischen Rechtes) in eine Scheidung umwandeln lässt.

93 I 401 () from 9. November 1967
Regeste: Vaterschaftsklage. Sicherstellung von Unterhaltsansprüchen. Art. 87 OG; Art. 321 ZGB. 1. Die richterliche Verfügung, durch welche der Vaterschaftsbeklagte verpflichtet wird, i.S. von Art. 321 ZGB Unterhaltsbeiträge zu hinterlegen, kann mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV angefochten werden (Erw. 2). 2. Die Sicherstellungspflicht des Vaterschaftsbeklagten für mutmassliche Kosten des Unterhalts des Kindes ist auf drei Monate beschränkt (Erw. 4 und 5).

93 I 666 () from 10. November 1967
Regeste: Rückerstattung von Wohnbausubventionen des Bundes. 1. Zuständigkeit des Bundesgerichts nach Art. 110 OG (Erw. 1). 2. Die Rückerstattung eines Bundesbeitrages, der auf Grund des Bundesbeschlusses über Massnahmen zur Förderung der Wohnbautätigkeit vom 8. Oktober 1947 gewährt worden ist, kann auch noch verlangt werden, nachdem dieser Beschluss dahingefallen ist (Erw. 2). 3. Der Rückerstattungsanspruch unterliegt der Verjährung, obwohl eine gesetzliche Bestimmung hierüber fehlt. Beginn und Dauer der Verjährungsfrist (Erw. 3). 4. Die Rückerstattung eines Bundesbeitrages, der auf Grund einer verbindlichen Zusicherung ausgerichtet worden ist, kann nur gefordert werden, wenn der Widerruf der Zusicherung sich auf eine klare Rechtsgrundlage stützen lässt. Liegt eine Zweckentfremdung im Sinne des Art. 8 des Bundesbeschlusses vom 8. Oktober 1947 vor, wenn Wohnungen an Familien vermietet werden, deren Einkommen oder deren Vermögen einen bestimmten Höchstbetrag überschreitet? (Erw. 4).

93 II 204 () from 27. April 1967
Regeste: Vorkaufsrecht der Nachkommen gemäss Art. 12 des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG). Das Gemeinwesen erwirbt ein ganzes landwirtschaftliches Heimwesen, benötigt aber davon nur einen Teil zur Erfüllung öffentlicher (oder andrer in Art. 10 lit. b EGG genannter) Aufgaben: a) Das Vorkaufsrecht kann sich nur auf das ganze Rechtsgeschäft beziehen, nicht auf einzelne Teile des Heimwesens beschränkt werden (Erw. 5). b) Das Rechtsgeschäft als Ganzes ist dann dem Vorkaufsrecht entzogen, wenn es in überwiegendem Masse der Erfüllung einer der genannten Aufgaben dient (Erw. 6).

93 III 96 () from 6. Juli 1967
Regeste: Eigentumsvorbehalt; Konkurs des Erwerbers. 1. Erst vor Bundesgericht die Rückerstattung der Anzahlungen unter Abzug eines Mietzinses und einer Entschädigung für Abnützung zu verlangen (Art. 716 ZGB), ist nicht zulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. b OG; Erw. 1). 2. Ein im Ausland (Deutschland) durch formlose Abrede gültig begründeter Eigentumsvorbehalt an Sachen, die in die Schweiz verbracht werden und deren Erwerber hier wohnt, wird in der Schweiz nur anerkannt, wenn er gemäss Art. 715 ZGB am Wohnort des Erwerbers in das dafür bestimmte Register eingetragen wird (Erw. 2 a). Unter welchen Voraussetzungen in einem in der Schweiz durchgeführten Konkursverfahren die Aussonderung von unter Eigentumsvorbehalt verkauften, in der Schweiz liegenden Sachen verlangt werden kann, bestimmt sich nach schweizerischem Recht (Erw. 2 b). 3. Fristsetzung zur Aussonderungsklage an den Veräusserer, der im Konkurs des Erwerbers die Herausgabe der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sachen verlangt (Art. 242 Abs. 2 SchKG; Erw. 3). 4. Die Eintragung eines Eigentumsvorbehalts greift der Entscheidung des Richters über dessen Wirksamkeit nicht vor (Erw. 4). 5. Ein vor Übergabe der Kaufsache vereinbarter Eigentumsvorbehalt kann grundsätzlich auch nach der Übergabe noch eingetragen werden mit der Wirkung, dass das mit der Übergabe auf den Erwerber übergegangene Eigentum an den Veräusserer zurückfällt. Eintragung auf einseitiges Gesuch des Veräusserers; Art. 4 Abs. 1 und 4 EigVorbV (Erw. 5). 6. Ein Eigentumsvorbehalt, der erst nach der Eröffnung des Konkurses über den Erwerber eingetragen wird, ist in diesem Konkurs nicht zu beachten (Art. 197, 204 SchKG; Art. 715 ZGB; Erw. 6, 7).

95 I 322 () from 8. Oktober 1969
Regeste: Kantonale Handänderungssteuer; gesetzliche Grundlage. Ergänzt die rechtsanwendende Behörde den klaren Wortlaut einer Steuerbefreiungsvorschrift, indem sie auf Voraussetzungen abstellt, die im Gesetzestext nicht enthalten sind, dann ist dieses Vorgehen unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV von vornherein nicht zulässig, wenn es der Behörde darum geht, eine Gesetzeslücke zu füllen. Im Rahmen der blossen Gesetzesauslegung ist ein solches Abweichen vom klaren Wortlaut nur dann frei von Willkür, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass der Gesetzestext nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Anwendung dieser Grundsätze im Falle von § 4 lit. c des luzernischen Gesetzes betreffend die Handänderungsgebühren.

95 IV 68 () from 23. Mai 1969
Regeste: 1. Art. 1 StGB. Vom Wortlaut abweichende Auslegung des Gesetzes (Erw. 3 a). 2. Art. 110 Ziff. 5 StGB. Urkunde. Hängt die Urkundenqualität ausschliesslich von der Beweiseignung ab, überhaupt nicht von der Beweisbestimmung? (offen gelassen; Erw. 1c). 3. Art. 252 StGB. Fälschung von Ausweisen. Müssen die in diesem Artikel genannten Papiere notwendig Urkunden gemäss Art. 110 Ziff. 5 StGB sein? (offen gelassen; Erw. 1 am Anfang). 4. Art. 251/252 Ziff. 1 Abs. 3 StGB. Gebrauch gefälschter Urkunden und Ausweise durch den Fälscher ist strafbar, sofern dieser für die Fälschung straflos blieb (Erw. 3 b und c).

96 I 602 () from 25. September 1970
Regeste: Stempelabgaben. Die im letzten Satz von Art. 11 Abs. 1 lit. c StG vorgesehene Steuerfreiheit ist auf Darlehen beschränkt, die durch inländische Grundpfänder oder Grundpfandtitel sichergestellt sind.

96 III 126 () from 30. Oktober 1970
Regeste: Klage der Baupfandgläubiger gegen vorgehende Pfandgläubiger auf Ersatz des bei der Pfandverwertung in einer Grundpfandbetreibung oder in einem Konkurs erlittenen Verlusts aus dem Verwertungsanteil der Beklagten; örtliche Zuständigkeit (Art. 841 Abs. 1 ZGB, Art. 117 Abs. 1 und 132 VZG). Solche Klagen sind unabhängig davon, ob sie innert der vom Betreibungsamt bzw. von der Konkursverwaltung nach Art. 117 Abs. 1 VZG angesetzten Frist oder erst nach Ablauf dieser Frist eingeleitet werden, am Orte anzubringen, wo das Baugrundstück oder, wenn mehrere Grundstücke zusammen überbaut und verwertet wurden, der wertvollste Teil der Grundstücke liegt (Art. 51 Abs. 2 SchKG).

97 I 353 () from 28. April 1971
Regeste: Bauvorschriften zum Zwecke der Wahrung der baulichen Einheit und Eigenart einer Altstadt dienen nicht auch dem Nachbarschutz. Das blosse Vorhandensein einer Baute kann keine Einwirkungen i.S. von Art. 684 ZGB erzeugen (Bestätigung der Rechtsprechung (Erw. 1c).

97 II 185 () from 3. September 1971
Regeste: 1. Art. 48 OG. Gegen die richterliche Ablehnung, die Handelsregistereintragung des Fusionsbeschlusses einer AG vorsorglich zu untersagen, ist die Berufung nicht zulässig (Erw. I). 2. Art. 68 Abs. 1 lit. a OG. Nichtigkeitsbeschwerde gegen eine solche Ablehnung. Art. 706 OR und Art. 32 Abs. 2 HRegV enthalten keinen Anspruch auf vorsorgliche Untersagung der Handelsregistereintragung (Erw. II).

97 II 371 () from 18. November 1971
Regeste: Feststellungsklage (Art. 25 BZP). Interesse an sofortiger Feststellung. Voraussetzungen, unter denen auf Feststellung geklagt werden kann, obwohl eine Leistungsklage möglich wäre (Erw. 2). Leitungsdienstbarkeit; Verlegung der Leitung; Kostenpflicht. 1. Begründung einer Dienstbarkeit zulasten eines Grundstücks, das im Eigentum des Staates (eines Kantons) steht und entweder zum Finanzvermögen oder zum Verwaltungsvermögen oder zu den Sachen im Gemeingebrauch gehört (Art. 6, 664 Abs. 1, 944 Abs. 1 ZGB; Erw. 3). 2. Nichtigkeit eines Dienstbarkeitsvertrages wegen Fehlens der bundesrätlichen Bewilligung im Sinne von Art. 23 des BG betr. die eidg. Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902 (Erw. 4 Abs. 1). Kann eine Dienstbarkeit für eine unterirdische Starkstromleitung ohne Grundbucheintrag entstehen? (Art. 676 Abs. 2 und 3, 691 Abs. 2 und 3 ZGB; Art. 46 ElG; Erw. 4 Abs. 2). Einigung der Parteien darüber, dass die Frage, wer die Kosten der Verlegung zu tragen hat, auf Grund der Annahme zu beurteilen ist, das Durchleitungsrecht sei gültig begründet worden (Erw. 4 Abs. 3). 3. Die Verlegung von Leitungen, die Gegenstand einer frei vereinbarten Dienstbarkeit sind, wird trotz der missverständlichen deutschen Fassung von Art. 742 Abs. 3 ZGB in allen Punkten, namentlich auch hinsichtlich der Kosten, durch Art. 693 ZGB geregelt (Erw. 5). 4. Tragweite von Art. 693 Abs. 2 und 3 ZGB. Gesetzeslücke? Einschränkende Auslegung von Art. 693 Abs. 2 ZGB? (Erw. 6-8). Wann liegen besondere Umstände im Sinne von Art. 693 Abs. 3 ZGB vor? (Erw. 9-11).

98 IV 199 () from 18. August 1972
Regeste: Art. 191 StGB. Nachfolgende Eheschliessung zwischen Täter und Opfer bildet keinen Strafbefreiungsgrund.

99 IB 267 () from 4. April 1973
Regeste: Enteignung von Grundstücken zum Kraftwerkbau (Art. 46 WRG); vorsorglicher Grundstückerwerb zur Erstellung von Anlagen für die Flussschiffahrt; Enteignungsvertrag; Rückforderung gemäss Art. 102 ff. EntG. 1. Die Eidg. Schätzungskommission ist auch dann zur Beurteilung von Rückforderungsbegehren zuständig, wenn die fragliche Landabtretung mit einem sog. Enteignungsvertrag vereinbart worden ist (Erw. 1); 2. Voraussetzungen für die Rückforderung von Grundstücken, die im Hinblick auf die geplante Erstellung von Anlagen für die Flussschifffahrt abgetreten werden mussten und die innert Frist nicht zweckentsprechend verwendet werden (Erw. 2); 3. Zulässigkeit eines Begehrens um richterliche Feststellung, dass in einem solchen Fall zu gegebener Zeit gestützt auf Art. 102 Abs. 1 lit. b EntG zu entscheiden ist (Erw. 3); 4. Art. 24 WRG steht einem Rückforderungsverfahren gemäss Art. 102 ff. EntG nicht entgegen (Erw. 4); 5. Ist dem Enteigneten seinerzeit ein Ersatzgrundstück zugewiesen worden (Art. 18 Abs. 3 EntG), so kann die Rückübertragung der enteigneten Parzelle nur dann verlangt werden, wenn gleichzeitig das Ersatzgrundstück im ursprünglichen Zustand auf den Enteigner zurückübertragen wird (Erw. 5).

100 IB 137 () from 3. Mai 1974
Regeste: Stiftungsaufsicht. Anpassung der Statuten und Reglemente der Personalfürsorgeeinrichtungen an das neue Arbeitsvertragsrecht. 1. Treffen die Organe einer rechtsbeständigen Stiftung eine widerrechtliche Massnahme oder sind einzelne Bestimmungen der Stiftungsurkunde nicht mehr gesetzeskonform, so hat die Aufsichtsbehörde nicht nach Art. 88 Abs. 2 ZGB vorzugehen, sondern von ihrem Aufsichtsrecht im Sinne von Art. 84 Abs. 2 ZGB Gebrauch zu machen. Dabei ist die Aufsichtsbehörde befugt, unmittelbar einzugreifen und die Stiftungsorgane zur notwendigen Korrektur zu zwingen (Erw. I 2a). 2. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen der Aufsichtsbehörde über Stiftungen (Erw. I 2a). 3. Auslegung von Art. 7 Abs. 2 der Schluss- und Übergangsbestimmungen zum Zehnten Titel des OR, dem neuen Arbeitsvertragsrecht. Die Frist von fünf Jahren für die Anpassung der Statuten und Reglemente der bestehenden Personalfürsorgeeinrichtungen hat sowohl formelle als auch materielle Wirkung (Erw. III).

100 II 65 () from 20. Juni 1974
Regeste: Eheschutzmassnahmen. Gerichtsstand für Ausländer. Der im Ausland wohnende, zum Getrenntleben berechtigte Ehegatte eines in der Schweiz wohnhaften Ausländers kann am Wohnsitz des Beklagten auf Anordnung von Massnahmen zum Schutze der ehelichen Gemeinschaft klagen. Er braucht nicht nachzuweisen, dass er in seinem ausländischen Wohnsitzstaat kein in der Schweiz vollstreckbares Urteil erwirken kann.

103 IA 501 () from 4. Mai 1977
Regeste: Art. 4 BV; Baurecht (Fälligkeit von Perimeterbeiträgen). Auslegung und Anwendung einer Vorschrift, die einen unbestimmten Rechtsbegriff enthält.

103 IB 178 () from 27. Juli 1977
Regeste: Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland. 1. Vermächtnisnehmer mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland bedürfen wie eingesetzte Erben einer Bewilligung, um inländische Grundstücke im Rahmen des Erbganges erwerben zu können (E. 1). 2. Berechtigtes Interesse des Erwerbers im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a BB über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (E. 2). 3. Wirkungen der Verweigerung der Bewilligung auf das Vermächtnis (E. 3).

104 IA 240 () from 13. Oktober 1978
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Initiativrecht. 1. Sinn und Tragweite der in Art. 9 bern. KV vorgesehenen Frist zur Anordnung der Volksabstimmung über eine formulierte Initiative (E. 3). 2. Der Grosse Rat ist auch dann befugt, einer Initiative einen Gegenvorschlag gegenüberzustellen, wenn die Kantonsverfassung das nicht ausdrücklich vorsieht (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 3b). 3. Ohne gesetzliche Grundlage darf ein Gegenvorschlag auf Verfassungs- oder Gesetzesebene nicht vor der Initiative zur Abstimmung gebracht werden (E. 4).

105 III 92 () from 31. Mai 1979
Regeste: Art. 63 Abs. 1, 81 OG; Art. 19 VNB. Wird nur eine bestimmte Klausel des Nachlassvertrages einer Bank angefochten, ist es dem Bundesgericht verwehrt, von Amtes wegen zu prüfen, ob die allgemeinen Voraussetzungen der Bestätigung des Nachlassvertrages erfüllt seien (Änderung der Rechtsprechung) (E. 1). Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger im Nachlassvertrag. Sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht, dürfen die Klauseln des Nachlassvertrages weder die Höhe der eingegebenen Forderungen berühren noch den Anspruch der Gläubiger beeinträchtigen, gleiche Dividenden zu erhalten bzw. gemäss den gesetzlichen Bestimmungen aus dem Erlös der abgetretenen Vermögenswerte befriedigt zu werden. Unzulässigkeit einer Klausel in einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, durch die bezüglich Forderungen in ausländischen Währungen der Umwandlungstag festgelegt wird (E. 2 und 3).

105 V 9 () from 9. März 1979
Regeste: Witwenrente (Art. 23 Abs. 1 lit. c AHVG). - Eine Ehefrau gilt nach dem Tode ihres Mannes so lange als Witwe, als sie nicht wieder heiratet. - Pflegekinder, die von einer früheren Witwe nach ihrer Wiederverheiratung an Kindes Statt angenommen wurden, gelten nicht als "Kinder der Witwe".

107 II 38 () from 3. Februar 1981
Regeste: Intertemporales bäuerliches Erbrecht. Die revidierte Fassung von Art. 621 ZGB findet nur Anwendung, wenn der Erblasser nach dem 15. Februar 1973 gestorben ist.

107 II 179 () from 24. Februar 1981
Regeste: Art. 706 OR. Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen. 1. Art. 46 OG. Vermögensrechtliche Streitigkeit (E. 1)? 2. Eine Aktionärgruppe hat auch dann ein schutzwürdiges Interesse, der Generalversammlung Vorschläge für Wahlen in den Verwaltungsrat unterbreiten zu können, wenn sie sich von politischen Motiven mitbestimmen lässt (E. 2). 3. Art. 708 Abs. 4 und 5 OR. Statutarische Zusicherung einer Vertretung im Verwaltungsrat; sie ist verletzt, wenn das Vorschlagsrecht auf eine Aktionärgruppe beschränkt oder der Vorschlag einer Gruppe nicht als verbindlich angesehen wird. Auslegung der Statuten (E. 3 und 4). 4. Verzicht einer Gruppe, die sich mit den Wahlen abfindet. Die Generalversammlung braucht nicht unterbrochen zu werden, damit eine Gruppe sich zuerst auf einen Vorschlag einigen könne (E. 5). 5. Gruppenvorschläge über streitige Verwaltungsratsmandate können nur vorbehältlich wichtiger Gründe verbindlich sein (E. 6).

108 IB 392 () from 28. Oktober 1982
Regeste: Kantons- und Gemeindebürgerrecht der Frau im Falle von Heirat. 1. Aufgrund seiner Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Zivilrechts, von der er durch Erlass des ZGB Gebrauch gemacht hat, ist der Bund zum Erlass von Vorschriften über die Beibehaltung oder den Verlust des Kantons- und Gemeindebürgerrechts der Frau im Falle von Heirat ausschliesslich zuständig. Den Kantonen fehlt daher eine entsprechende Kompetenz (E. 2). 2. Eine kantonale Regelung, die es der Frau ermöglicht, bei der Heirat ihr bisheriges Kantons- und Gemeindebürgerrecht beizubehalten, steht zudem materiell mit dem Bundesrecht in Widerspruch (E. 3).

108 II 204 () from 8. Juni 1982
Regeste: Rechtliche Wirkungen des Konkubinats. Keine analoge Anwendung der Grundsätze des ehelichen Güterrechts (E. 3). Bei der Auseinandersetzung nach Auflösung des Konkubinats ist Rechtsschutz zu gewähren (E. 3a und b). Ob und inwieweit die Regeln über die einfache Gesellschaft auf ein Konkubinatsverhältnis anwendbar sind, ist aufgrund der konkreten Umstände zu entscheiden (E. 4 und 5). Beurteilung des Klageanspruchs nach den Liquidationsbestimmungen der einfachen Gesellschaft (E. 6).

108 II 497 () from 22. Oktober 1982
Regeste: Stiftungsaufsicht; Konkurrenz zwischen zivilrechtlicher Klage und Anrufung der Aufsichtsbehörde. Verweigert eine Personalfürsorgestiftung austretenden Destinatären die Auszahlung der geltend gemachten Abgangsansprüche, können die Betroffenen zivilrechtliche Klage erheben oder, falls die Ansprüche offensichtlich ausgewiesen sind, bei der zuständigen Aufsichtsbehörde die Erteilung entsprechender Weisungen an die Stiftung verlangen. Sind jedoch die geltend gemachten Ansprüche nicht offensichtlich ausgewiesen, ist nur der Weg der gerichtlichen Klage offen.

109 II 81 () from 21. April 1983
Regeste: Art. 30 Abs. 1 ZGB. Namensänderung bei einer in der Schweiz wohnhaften geschiedenen Frau ausländischer Staatsangehörigkeit. Die Regierung des Wohnsitzkantons ist befugt, bei einem Ausländer eine Namensänderung in Anwendung des schweizerischen Rechts zu bewilligen, ohne dass sie sich darum zu kümmern hätte, ob ihr Entscheid im Heimatstaat des Gesuchstellers anerkannt werde.

109 II 130 () from 10. Mai 1983
Regeste: Art. 686 Abs. 4, 685 Abs. 4, 652 OR. Eintragung ins Aktienbuch und Bezugsrecht bei vinkulierten Namenaktien. Erwirbt eine Gesellschaft infolge Fusion (aufgrund eines ausländischen Gesetzes) vinkulierte Namenaktien, so kann sie sich unter den Voraussetzungen von Art. 686 Abs. 4 OR als Aktionärin ins Aktienbuch eintragen lassen (E. 2a-e) und gestützt darauf ihr Bezugsrecht ausüben, sofern sie es nicht verwirkt hat (Art. 652, 685 Abs. 4 OR) (E. 2f). Kein Bezugsrecht steht ihr als blosse Eigentümerin vinkulierter Namenaktien zu; Begriff des Bezugsrechts; Ablehnung der Spaltungstheorie (E. 3).

110 II 24 () from 16. Februar 1984
Regeste: Einführung einer dinglichen Surrogation auf dem Weg der Lückenfüllung. Nach einer Abnahme des Wertes eines Grundpfandes infolge Abbaus der Tierbestände oder Stillegung eines Betriebes im Sinne von Art. 19a lit. d LwG werden die Rechte der Pfandgläubiger am Beitragsanspruch ausgeübt, der dem Grundeigentümer gegenüber dem Bundesamt für Landwirtschaft zusteht.

110 II 293 () from 29. Mai 1984
Regeste: Rechtslage nach dem Erwerb vinkulierter Namenaktien infolge Erbgangs. 1. Lehnt die Aktiengesellschaft Personen, die vinkulierte Namenaktien geerbt haben, gestützt auf Art. 686 Abs. 4 OR als neue Aktionäre ab, so hat sie ihnen den wirklichen Wert der Aktien zu ersetzen (E. 2 und 4). 2. Kein Fall unerlaubten Erwerbs eigener Aktien nach Art. 659 Abs. 1 OR (E. 3a); unerlaubte Einlagerückgewähr im Sinne von Art. 680 Abs. 2 OR (E. 3b)? 3. Kein Erklärungs- oder Grundlagenirrtum der Gesellschaft wegen Unterschätzung des wirklichen Werts der Aktien (E. 5).

111 IB 227 () from 3. Juli 1985
Regeste: Art. 55 EntG; Zuständigkeit zur Beurteilung von Einsprachen gegen die Enteignung. Das Eidg. Militärdepartement ist nach Art. 55 EntG zuständig zum Entscheid über Einsprachen, die sich gegen Enteignungen für Waffenplatz-Projekte richten (E. 2a). Diese Regelung steht mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht in Widerspruch, da der Entscheid des Departementes im Verwaltungsgerichtsverfahren der Rechts- und Sachverhaltskontrolle durch das Bundesgericht unterstellt werden kann (E. 2e).

111 II 458 () from 19. November 1985
Regeste: Partei- und Prozessfähigkeit einer Stockwerkeigentümergemeinschaft in einem Prozess über Gewährleistung für Mängel am Gebäude (Art. 712l ZGB). 1. Die Stockwerkeigentümergemeinschaft kann Sachgewährleistungsansprüche aus Kaufverträgen in eigenem Namen nur dann geltend machen, wenn von seiten der einzelnen Stockwerkeigentümer die Forderungen vertraglich an die Gemeinschaft abgetreten worden sind (Art. 164 ff. OR) (Präzisierung der Rechtsprechung). 2. Vorgehen bei einer solchen Abtretung und deren Grenzen? Frage offengelassen.

111 V 357 () from 5. Juli 1985
Regeste: Art. 16 Abs. 1 KUVG. - Von Gesetzes wegen hat das Karenzjahr gemäss Art. 16 Abs. 1 KUVG jeder Nichtvertragsarzt zu bestehen (Erw. 3). - Nach dem Gesetz besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Befreiung vom Karenzjahr. Sehen die Vertragsparteien die Möglichkeit eines Erlasses vor, so sind ihrer Gestaltungsfreiheit durch das Willkürverbot Schranken gesetzt (Erw. 5). - Es ist einem Kassenverband unbenommen, eine grosszügige Erlasspraxis aufzugeben und künftig strengere Massstäbe anzulegen; einer Vorankündigung bedarf es hiefür nicht. Kein Vertrauensschutz für einen Nichtvertragsarzt, der in der Annahme, es werde weiterhin eine grosszügige Erlasspraxis gehandhabt, finanzielle Dispositionen getroffen hatte, die er in Kenntnis einer Praxisänderung möglicherweise unterlassen hätte (Erw. 6).

112 IB 39 () from 22. Januar 1986
Regeste: Gewässerschutz. Art. 20 GSchG. Einwandfreie Abwasserbeseitigung. Den Anforderungen von Art. 20 GSchG kann nicht einfach dadurch genügt werden, dass die Versorgung der streitigen Anlage mit Wasser untersagt wird (E. 3). Umweltschutz. 1. Anwendbarkeit des Bundesgesetzes über den Umweltschutz auf Fälle, die im Zeitpunkt seines Inkrafttretens hängig waren (E. 1c). 2. Anwendung von Art. 25 Abs. 1 USG vor Festsetzung der massgebenden Werte durch den Bundesrat (E. 4a). Ermittlung und Prüfung der mutmasslichen Lärmbelastung einer Liegenschaft durch eine kommunale Schiessanlage (E. 4b bis d). Raumplanung. Art. 24 Abs. 1 RPG. Ausnahmebewilligung für eine Schiessanlage ausserhalb der Bauzonen. Anerkennung der Standortgebundenheit einer kommunalen Schiessanlage (E. 5a) und Interessenabwägung zu ihren Gunsten (E. 5b).

113 IB 376 () from 13. November 1987
Regeste: Erweiterung eines Parkhauses mit Tankstelle durch neue Tanksäulen. RPG, USG, Tessiner Baugesetz vom 19. Februar 1973. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Rüge der Verletzung von Art. 9 USG (Art. 54 USG) und der staatsrechtlichen Beschwerde zur Rüge des Verstosses gegen das RPG (Art. 34 RPG) sowie gegen kantonales Recht (E. 2). 2. Für die Tankstelle eines nicht eigentlich als gross zu bezeichnenden Parkhauses ist jedenfalls so lange keine Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von Art. 9 USG vorzunehmen, als der Bundesrat die notwendigen Ausführungsvorschriften noch nicht erlassen und die Liste der dieser Prüfung unterliegenden Anlagen nicht veröffentlich hat (E. 4a). Auf die Zwecke und Ziele des Umweltschutzes ist aber auch in Anwendung des RPG Rücksicht zu nehmen (Art. 1 Abs. 2 lit. b, 3 Abs. 3 lit. b RPG) (E. 4b). 3. Art. 54 und 55 USG in Verbindung mit Art. 34 RPG. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bei Verletzung materiellrechtlicher Bestimmungen des USG? Frage offen gelassen, da auch das staatsrechtliche Verfahren zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgeht (E. 4c). 4. Anfechtbarkeit der Baubewilligung gemäss Tessiner Recht (E. 5). Die Rechtskraft einer Baubewilligung erstreckt sich nur auf das, was Gegenstand des Baugesuches war und von der zuständigen Behörde bewilligt wurde; hier ist zu berücksichtigen, dass die noch nicht rechtskräftig bewilligten Erweiterungsarbeiten die Fortsetzung der bereits vorgenommenen Änderungen bilden, welche aber planwidrig ausgeführt wurden (E. 6a). 5. Art. 27 und 36 RPG, Art. 1 Abs. 2 und 11 USG. Unvereinbarkeit des Projekts mit der Planungszone über dem Zentrum von Chiasso, deren Vorsorge-Funktion ein wesentliches Element zur Verwirklichung der Raumplanung und des Umweltschutzes bildet (E. 7b).

114 IA 191 () from 28. Juni 1988
Regeste: Rückgriff aus Haftung nach Zivilschutzgesetz und Militärversicherungsgesetz. Zuständigkeit. Für Schäden von Drittpersonen im Rahmen dienstlicher Verrichtungen des Zivilschutzes haften die durchführenden Gemeinwesen kausal. Regelung der Rückgriffsrechte und der Zuständigkeiten (E. 2a und b). Art. 49 MVG kommt nur zum Zuge, wenn der den Schaden verursachende Schutzdienstpflichtige direkt haftet (E. 2d); als reine Regressnorm vermag diese Bestimmung eine solche direkte Haftung nicht zu begründen. Die Auslegung des Zivilschutzgesetzes, insbesondere der Art. 77 ff. ergibt, dass die direkte Belangbarkeit des Zivilschutzpflichtigen im gleichen Masse wie diejenige des Wehrmannes nach Art. 22 Abs. 3 MO ausgeschlossen ist (E. 3).

114 IB 261 () from 16. Dezember 1988
Regeste: Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland. 1. Gemäss Art. 18 Abs. 1 und 2 BewG ("Lex Friedrich") darf der Handelsregisterführer die Eintragung einer Gesellschaft nur vornehmen, wenn die Bewilligungspflicht ohne weiteres ausgeschlossen ist (E. 2). In allen übrigen Fällen muss der Handelsregisterführer die Erwerber an die erstinstanzliche Bewilligungsbehörde verweisen, die allein für den Entscheid über die Bewilligungspflicht oder gegebenenfalls für die Bewilligung zuständig ist (E. 3). 2. Fehlt es an einem Ort des Grundstücks im Sinne von Art. 15 Abs. 2 BewG, so ist die zuständige Behörde diejenige des Ortes, wo die Gesellschaft ihren Sitz hat (E. 4).

114 II 230 () from 19. Mai 1988
Regeste: Verantwortlichkeit des Grundeigentümers (Art. 679 ZGB). Hat der bauende Grundeigentümer alle ihm zumutbaren Massnahmen ergriffen und lässt es sich trotzdem nicht vermeiden, dass mit den Bauarbeiten die Schranken des Eigentumsrechtes überschritten werden und der Nachbar eine Schädigung erleidet, so hat dieser Anspruch auf Schadenersatz unter der Voraussetzung, dass die Einwirkungen übermässig sind und die Schädigung beträchtlich ist. Ob dies in einem konkreten Fall zutrifft, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen und beruht im wesentlichen auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung des Ortsgebrauchs sowie der Lage und der Beschaffenheit der Grundstücke (Bestätigung der Rechtsprechung).

114 II 239 () from 11. Oktober 1988
Regeste: Partei- und Prozessfähigkeit sowie Aktivlegitimation der Stockwerkeigentümergemeinschaft im Prozess über Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln an gemeinschaftlichen Bauteilen (Art. 712l Abs. 2 ZGB). Stellungnahme zur Kritik an BGE 111 II 458 Nr. 88 und Bestätigung dieser Rechtsprechung.

114 II 353 () from 28. Oktober 1988
Regeste: Gerichtsstand für arbeitsrechtliche Streitigkeiten. Begriff des "Ortes des Betriebs" im Sinne von Art. 343 Abs. 1 OR.

114 II 404 () from 17. November 1988
Regeste: Bürgerrecht der verheirateten Frau; Art. 161 ZGB und Art. 8b SchlT ZGB. Art. 161 ZGB und Art. 8b SchlT ZGB beziehen sich nicht nur auf die Bürgerrechte, welche die Frau vor ihrer ersten Heirat besessen hat, sondern auch auf diejenigen, die sie als Witwe oder geschiedene Frau durch Einbürgerung erhalten hat. Die Frau kann sogar ein während einer früheren Ehe durch Einbürgerung erworbenes Kantons- und Gemeindebürgerrecht beibehalten, wenn sie bei der Wiederverheiratung kein Ledigenbürgerrecht besitzt.

115 II 97 () from 7. April 1989
Regeste: Art. 190 ff. IPRG. Intertemporales Recht. Beschwerden gegen Schiedsentscheide: Ist der angefochtene Entscheid vor Inkrafttreten des IPRG gefüllt worden, so sind am 1. Januar 1989 bereits hängige Anfechtungsverfahren oder Rechtsmittel, die dagegen erst nachher eingelegt worden sind, noch nach bisherigem Recht zu behandeln.

116 II 63 () from 15. Januar 1990
Regeste: Vorkaufsrecht bei Stockwerkeigentum, das nach kantonalem Recht vor 1912 begründet wurde (Art. 3 und Art. 20bis SchlT ZGB). Kantonalrechtliches, vor 1912 begründetes Stockwerkeigentum untersteht mit Inkrafttreten der Änderung des ZGB vom 19. Dezember 1963 von Gesetzes wegen den neuen bundesrechtlichen Bestimmungen über das Stockwerkeigentum (Art. 20bis SchlT ZGB). Da diese kein gesetzliches Vorkaufsrecht vorsehen (Art. 712c Abs. 1 ZGB), besteht ein solches auch dann nicht mehr, wenn das kantonale Recht für das vor 1912 begründete Stockwerkeigentum ein solches kannte (E. 3). Als vereinbartes und damit wohlerworbenes Recht, in das nach Art. 1 SchlT ZGB mit einer Gesetzesänderung nicht eingegriffen werden darf, kann nur gelten, was tatsächlich auf diese Weise entstanden ist, nicht auch, was bloss hätte vertraglich geordnet werden können (E. 4).

116 II 145 () from 3. April 1990
Regeste: Arbeitsvertrag: Rückruf von einem Auslandeinsatz; fristlose Auflösung; Kündigungsfrist. - Wird ein Arbeitnehmer aufgrund eines vertraglichen Rückrufsrechtes des Arbeitgebers vorzeitig von einem Auslandeinsatz zurückgerufen, so entfällt sein Anspruch auf Zusatzleistungen des Arbeitgebers, die nur für die Dauer des Auslandeinsatzes vereinbart waren (E. 5). - Fristlose Auflösung des Arbeitsvertrages aus wichtigen Gründen (Art. 337 aOR). Setzt der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund, wenn er eine unrichtige Spesenabrechnung abliefert? (E. 6). - Verbot unterschiedlicher Kündigungsfristen (Art. 336 Abs. 2 aOR). Ein Verstoss dagegen liegt auch vor, wenn die in einer bestimmten Situation geltende Kündigungsfrist zwar für beide Parteien gleich lang ist, aber nur einer Partei das Recht zusteht, die Situation herbeizuführen, welche die Anwendbarkeit dieser Kündigungsfrist begründet, während sonst eine andere Frist oder eine feste Dauer des Vertragsverhältnisses gilt (E. 7).

116 II 209 () from 3. Mai 1990
Regeste: Zuständigkeit für Scheidungsklage. Intertemporales Recht (Art. 59 und 197 IPRG). 1. War die Scheidungsklage im Zeitpunkt rechtshängig, in dem das neue IPR-Gesetz in Kraft trat, so sind die schweizerischen Gerichte zuständig, wenn das alte oder das neue Recht einen schweizerischen Gerichtsstand vorsah bzw. vorsieht (E. 2b, aa und bb). 2. Der Rechtswechsel ist auch dann beachtlich, wenn er erst nach dem letzten kantonalen Entscheid und nach Einreichung der Berufung, aber vor der Beurteilung durch das Bundesgericht eintritt (E. 2b, cc).

116 II 411 () from 1. November 1990
Regeste: Art. 509 und Art. 510 ZGB. Abgrenzung zwischen Vernichtung und Widerruf einer letztwilligen Verfügung. Vernichtung durch Streichen. Streicht der Erblasser nachträglich eine Anordnung in einem Testament durch, so ist der entsprechende Teil der Verfügung aufgehoben, auch wenn die Streichung nicht in der Form der letztwilligen Verfügung erfolgt ist.

116 II 525 () from 9. Oktober 1990
Regeste: Kapitalerhöhung bei einer Aktiengesellschaft, Quorum (Art. 648 Abs. 1 OR). Ein qualifiziertes Quorum ist bei proportionaler Kapitalerhöhung über mehrere Aktienkategorien nicht notwendig, wenn bei Nichtausübung des Bezugsrechts die relative Stimmkraft des bisherigen Aktionärs nicht überproportional geschmälert wird.

116 II 657 () from 15. November 1990
Regeste: Tragweite des Bürgerrechtserwerbs der verheirateten Frau gestützt auf Art. 8b SchlT ZGB. 1. Soweit das Bürgerrecht minderjähriger Kinder in Frage steht, sind nur diese zur Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert, nicht aber ihre Eltern. Diese sind nur als gesetzliche Vertreter ihrer Kinder am Verfahren beteiligt (E. 1b). 2. Art. 8b SchlT ZGB verleiht nur der Schweizerin, die sich unter dem bisherigen Recht verheiratet hat, die Befugnis, ihr Ledigenbürgerrecht wieder anzunehmen. Ihre Kinder, die vor dem 1. Januar 1988 geboren wurden und das Schweizer Bürgerrecht der Mutter besitzen, können in den Erwerb des Ledigenbürgerrechts nicht einbezogen werden (E. 2-5).

116 II 700 () from 17. Dezember 1990
Regeste: Art. 339 Abs. 2, Art. 347a, Art. 350a Abs. 1 OR; Art. 2 Abs. 2 ZGB; Vereinbarung über Provisionsansprüche des Handelsreisenden, rechtsmissbräuchliche Berufung auf das Fehlen der Schriftform; Fälligkeit der Provisionsforderungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. 1. Die Berufung des Arbeitgebers auf den Formmangel einer bloss mündlich geschlossenen Vereinbarung über Provisionen kann auch dann rechtsmissbräuchlich sein, wenn daraus ein Anspruch des Handelsreisenden auf Vertragserfüllung entsteht (E. 3). 2. Da Art. 350a Abs. 1 OR nicht die Fälligkeit, sondern den Umfang der Provisionsguthaben regelt, ist es zulässig, die Fälligkeit der in Art. 339 Abs. 2 OR umschriebenen Forderungen durch schriftliche Abrede über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinauszuschieben (E. 4).

116 V 101 () from 28. Mai 1990
Regeste: Art. 7 Abs. 2 ELG: Kantonale Rechtspflege. Im Bereich der Ergänzungsleistungen ist ein zweifacher kantonaler Instanzenzug bundesrechtlich nicht unzulässig.

117 IA 175 () from 12. August 1991
Regeste: Art. 4 und Art. 58 BV; Art. 11 Abs. 1 des Tessiner Gesetzes über die Organisation der Rechtspflege (LOG). Durch den Gerichtsschreiber gefällter Entscheid. 1. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 2). 2. Tessiner Gerichtsordnung. In Zivilsachen hat der Gerichtsschreiber - ausser bei gesetzlichem Ausschluss oder Abwesenheit des Richters - keinerlei Rechtsprechungsbefugnisse (E. 3). 3. Darstellung der Tessiner Rechtsprechung zu Art. 11 Abs. 1 LOG (E. 4a). Im vorliegenden Fall stützt sich der angefochtene Entscheid auf eine unhaltbare Auslegung von Art. 11 Abs. 1 LOG (E. 4b). Diese Bestimmung darf nicht weit ausgelegt werden; trotzdem ist eine Gesetzeslücke auszuschliessen (E. 4c). 4. Die Verletzung von Art. 11 Abs. 1 LOG führt zur Nichtigkeit des Entscheids, die von der Rekursinstanz von Amtes wegen festzustellen ist (E. 5a-d).

117 II 90 () from 15. Januar 1991
Regeste: Art. 4 IPRG. Gerichtsstand des Arrestortes. Abgesehen vom "leeren" Arrest begründet jeder Arrest für die gesamte in der Prosequierungsklage geltend gemachte Forderung einen Gerichtsstand am schweizerischen Arrestort, sofern der Arrest für die gleiche Forderung bewilligt worden war (E. 3 und 4).

117 II 156 () from 24. Mai 1991
Regeste: Art. 264 OR und Art. 257 aOR; vorzeitige Rückgabe der Mietsache; Umstände, welche den Vermieter berechtigen, einen vom Mieter vorgeschlagenen Ersatzmieter abzulehnen. Der Vermieter darf einen Ersatzmieter ablehnen, der lediglich dazu bereit ist, einen erheblich niedrigeren als den bisherigen Mietzins zu zahlen. Das gilt auch dann, wenn der Mieter bereit ist, den Zinsunterschied bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer direkt an den Vermieter zu leisten.

117 II 359 () from 31. Oktober 1991
Regeste: Herabsetzung einer Unterhaltsersatzrente wegen verbesserter wirtschaftlicher Verhältnisse (Art. 151 Abs. 1 und Art. 153 Abs. 2 ZGB). 1. Die Herabsetzung einer Unterhaltsersatzrente im Sinne von Art. 151 Abs. 1 ZGB wegen verbesserter wirtschaftlicher Verhältnisse ist auch möglich, wenn die Scheidung noch vor dem Inkrafttreten des neuen Eherechts ausgesprochen worden ist (E. 4a). 2. Für die Herabsetzbarkeit ist es ohne Bedeutung, warum sich die wirtschaftliche Lage des oder der Berechtigten verbessert hat (E. 4b). 3. Eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des oder der Berechtigten kann demgegenüber nicht zu einer nachträglichen Erhöhung der Rente führen (E. 4c). 4. Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Unterhaltsersatzrente wegen verbesserter wirtschaftlicher Verhältnisse (E. 5). 5. Bei der Beurteilung der Einkommensverbesserung ist vom Einkommen des rentenberechtigten Teils auszugehen, das der Scheidungsrichter seinem Urteil zugrunde gelegt hat, auch wenn das tatsächlich erzielte Einkommen höher gewesen ist (E. 6).

117 IV 276 () from 21. Juni 1991
Regeste: Art. 204 StGB; unzüchtige Veröffentlichung, Kinovorführungen. Für Filme, die nicht unter die harte Pornographie fallen, ist die Toleranzgrenze aufgrund der gewandelten Anschauungen höher anzusetzen, sofern die Besucher im voraus auf Gegenstand und Charakter des Films aufmerksam gemacht werden und Jugendlichen der Zutritt untersagt ist (Änderung der Rechtsprechung).

118 II 139 () from 9. Juni 1992
Regeste: Anrechnung des während der Freistellung an einer neuen Stelle verdienten Lohnes (Art. 337c Abs. 2 OR). Erlauben die Umstände des Falles den Schluss nicht, dass die Parteien keine Anrechnung gewollt haben, muss von der Anrechnungspflicht ausgegangen werden; auf dem Weg der Lückenfüllung ist die Bestimmung über die Anrechnungspflicht bei der fristlosen Entlassung analog anzuwenden (E. 1).

118 II 157 () from 26. März 1992
Regeste: Franchisevertrag. 1. Grundsätzliches zur Rechtsanwendung auf Franchiseverträge (E. 2). 2. Keine Anwendung der zum Schutz des Mieters und des Pächters erlassenen Vorschriften auf einen Franchisevertrag, der ein bloss untergeordnetes miet- bzw. pachtvertragliches Element enthält (E. 3). 3. Steht der Franchisenehmer faktisch in einem ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis vom Franchisegeber wie ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber, so rechtfertigt sich die sinngemässe Anwendung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften. Das führt im vorliegenden Fall zur Zusprechung einer Entschädigung an den Franchisenehmer wegen missbräuchlicher Kündigung des Vertrages durch den Franchisegeber (E. 4).

118 II 459 () from 18. August 1992
Regeste: Urheberrecht; Dauer des Leistungsschutzes; unlauterer Wettbewerb (Art. 4 Abs. 2 und Art. 36 URG; Art. 5 lit. c UWG). 1. Die Rechte des Tonträgerherstellers nach Art. 4 Abs. 2 URG erlöschen nach fünfzig Jahren (E. 2-4). 2. Im Verhältnis zum Wettbewerbsrecht gehen die sondergesetzlichen Schutzvorschriften vor (E. 4a).

119 IA 59 () from 19. März 1993
Regeste: Höchstsatz für Konsumkreditkosten (Art. 2 ÜbBest. BV; Art. 31 BV). Ein kantonaler Höchstsatz für Konsumkreditkosten von 15% jährlich verstösst weder gegen die derogatorische Kraft des Bundeszivilrechts (E. 2-5) noch gegen die Handels- und Gewerbefreiheit (E. 6 und 7).

119 IB 216 () from 13. September 1993
Regeste: Art. 19 BMV: Aufhebung eines Zivilschutzraumes. Nur eine für den Zivilschutz vollständig unbrauchbar gewordene Einrichtung darf aufgehoben werden (E. 2). Unter dem Gesichtswinkel der heute geltenden Vorschriften bietet die streitige Baute noch einen genügenden Schutz, vor allem wenn ihre Nähe zum Genfersee in Betracht gezogen wird (E. 3).

119 II 46 () from 16. Februar 1993
Regeste: Einsichtsrecht des Gläubigers (Art. 704 aOR i.V.m. Art. 85 aHRegV, Art. 697h Abs. 2 OR; Art. 1 und 2 SchlT ZGB). Art. 704 aOR und Art. 697h OR sind materiell inhaltsgleich. Die Zuständigkeit des Richters gemäss Art. 697h Abs. 2 OR wurde nicht um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen aufgestellt. Nach dem in Art. 1 SchlT ZGB verankerten Grundsatz der Nichtrückwirkung ist deshalb das vor dem 1. Juli 1992 geltende Aktienrecht anwendbar (E. 1b).

119 II 177 () from 27. April 1993
Regeste: Internationales Privatrecht; Übergangsrecht; Gerichtsstandsvereinbarung (Art. 5 Abs. 1 und Art. 196 IPRG). 1. Die Wirkungen einer Gerichtsstandsvereinbarung unterstehen dem neuen Kollisionsrecht, soweit sie nach dem 1. Januar 1989 eingetreten sind (Art. 196 IPRG; E. 3b). 2. Ein nach Art. 5 Abs. 1 IPRG vereinbarter Gerichtsstand ist ausschliesslich, sofern die Vereinbarung keinen Vorbehalt zugunsten eines subsidiären Gerichtsstands enthält (E. 3d und e).

120 II 118 () from 8. April 1994
Regeste: Art. 328 Abs. 1 OR. Einsichtsrecht des Arbeitnehmers in seine Personalakte; Anwendbarkeit des Bundesgesetzes über den Datenschutz. Nichtanwendbarkeit des Datenschutzgesetzes im vorliegenden Fall, in dem das angefochtene Urteil vor dessen Inkrafttreten ergangen ist (E. 2). Bejahung eines grundsätzlichen Rechts des Arbeitnehmers auf Einsicht in seine Personalakte. Verneinung eines Einsichtsrechts in bestimmte Urkunden im konkreten Fall (E. 3).

120 II 393 () from 28. Oktober 1994
Regeste: Art. 697b OR, Art. 8 ZGB. Aktienrecht; Sonderprüfung. Berufungsfähigkeit des Entscheids über das Gesuch um Einsetzung eines Sonderprüfers (E. 2). Intertemporalrechtliche Zulässigkeit der Sonderprüfung in bezug auf Sachverhalte, die sich vor dem Inkrafttreten des neuen Aktienrechts ereignet haben (E. 3). Voraussetzungen, unter denen ein gesetzes- oder statutenwidriges Verhalten der Organe und ein dadurch verursachter Schaden glaubhaft gemacht sind; Geltungsbereich von Art. 8 ZGB in diesem Zusammenhang (E. 4).

120 III 131 () from 25. Oktober 1994
Regeste: Verwertung von im Prozess liegenden Forderungen (Art. 122, 125, 132 SchKG und Art. 1 Abs. 2 ZGB). Im Prozess liegende Forderungen stellen keine Vermögenswerte "anderer Art" im Sinne von Art. 132 SchKG dar. Sie sind deshalb grundsätzlich öffentlich zu versteigern, wenn keine Forderungsüberweisung nach Art. 131 SchKG zustande kommt. Das SchKG enthält diesbezüglich auch mit Blick auf den möglicherweise unbefriedigenden Versteigerungserlös solcher Forderungen keine Lücke, die nach Art. 1 Abs. 2 ZGB vom Gericht gefüllt werden könnte.

121 III 142 () from 20. April 1995
Regeste: Summarisches Konkursverfahren (Art. 231 Abs. 2 und 3 SchKG). Im summarischen Konkursverfahren darf keine ausseramtliche Konkursverwaltung eingesetzt werden.

121 III 210 () from 28. Juni 1995
Regeste: Gültigkeit eines unter altem Recht für eine Dauer von 30 Jahren abgeschlossenen Kaufrechtsvertrages; Art. 683 Abs. 2 aZGB; neuer Art. 216a OR; im Verlaufe des Verfahrens vor kantonaler Instanz aufgehobene Bestimmung; Übergangsrecht. Nach der Rechtsprechung bezieht sich die zehnjährige Frist von Art. 683 Abs. 2 aZGB einzig auf die dingliche Wirkung des Vertrages; es ist den Parteien jedoch unbenommen, ein Kaufsrecht auf unbestimmte Dauer zu begründen. Der neue Art. 216a OR hingegen sieht vor, dass ein Kaufsrecht höchstens für zehn Jahre abgeschlossen und im Grundbuch vorgemerkt werden kann (E. 2). Ob der neue Art. 216a OR auf den konkreten Fall rückwirkend anzuwenden ist, kann offenbleiben, weil der Berechtigte das Grundstück vor Inkrafttreten dieser Bestimmung erworben hat und demnach einzig Art. 683 Abs. 2 aZGB anwendbar ist (E. 3).

121 III 219 () from 25. April 1995
Regeste: Genehmigte und bedingte Kapitalerhöhung bei der Aktiengesellschaft. Kompetenzverteilung zwischen Generalversammlung und Verwaltung in bezug auf den Entscheid über Entzug oder Einschränkung des Bezugs- bzw. Vorwegzeichnungsrechts (Art. 650 Abs. 2 Ziff. 8, Art. 651 Abs. 3, Art. 652b, 653, 653b und c, 698 Abs. 2 Ziff. 6 und Art. 704 Abs. 1 Ziff. 6 OR). Verhältnis von Gesetzesauslegung, inbesondere teleologischer Reduktion, zur Lückenfeststellung (E. 1d/aa). Grundsätzliche Zulässigkeit der Kompetenzdelegation an den Verwaltungsrat hinsichtlich des Entscheids über den Ausschluss vom Bezugs- oder Vorwegzeichnungsrecht (E. 1 u. 5). Anforderungen an die Konkretisierung der Entzugsgründe im Delegationsbeschluss der Generalversammlung (E. 2 u. 5). Finanzierung von Übernahmen und Beteiligungen als wichtiger Grund für den Bezugsrechtsausschluss (E. 3). Zulässigkeit der Kompetenzdelegation an den Verwaltungsrat, über die Verwendung entzogener oder nicht ausgeübter Bezugsrechte zu entscheiden (E. 4).

121 III 324 () from 14. August 1995
Regeste: Kommanditgesellschaft; Wiedereintragung im Handelsregister (Art. 181, 592 Abs. 2, Art. 604, 608 Abs. 1, Art. 610 Abs. 2 und Art. 619 OR). Übernimmt eine neu gegründet Aktiengesellschaft Aktiven und Passiven einer Kommanditgesellschaft, so haftet sie gemäss Art. 181 Abs. 2 OR solidarisch mit dieser während zwei Jahren (E. 2). In diesem Fall, der nicht von Art. 610 Abs. 2 OR erfasst wird, haftet der Kommanditär solidarisch mit der Aktiengesellschaft für die Schulden der aufgelösten Kommanditgesellschaft, wobei seine Haftung auf den Betrag der Kommanditsumme beschränkt ist. Daraus ergibt sich, dass ein Gläubiger der im Handelsregister gelöschten Kommanditgesellschaft kein Interesse an ihrer Wiedereintragung geltend machen kann (E. 3).

121 V 165 () from 22. Mai 1995
Regeste: Art. 11 Abs. 1, 2 und 4 AVIV: Ermittlung der Beitragszeit. Begriff des Beitragsmonats bei unregelmässig arbeitenden Versicherten; Anwendungsbereich von Art. 11 Abs. 2 AVIV. Art. 37 Abs. 3 und 3bis AVIV: Bemessungszeitraum für den versicherten Verdienst. - Der Begriff "Monate" meint in Art. 37 Abs. 2 AVIV Beitragsmonate, in Art. 37 Abs. 3bis AVIV hingegen Kalendermonate. - Art. 37 Abs. 3bis AVIV setzt einen besonderen, in der Art des Arbeitsverhältnisses angelegten Grund für die Lohnschwankungen voraus. - Annahme einer vom Richter auszufüllenden unechten Lücke bejaht, da die Festsetzung des Bemessungszeitraumes nach Art. 37 Abs. 3 AVIV (unter Berücksichtigung von Art. 11 AVIV) zu einem verfassungswidrigen Ergebnis (Art. 34novies BV) führen würde. - Wenn bei den letzten zwölf Monaten im Sinne von Art. 37 Abs. 3bis AVIV jene Monate unberücksichtigt bleiben, in denen der Versicherte keine Beschäftigung ausübte, wird Bundesrecht nicht verletzt.

122 I 253 () from 20. Mai 1996
Regeste: Staatsrechtliches Beschwerdeverfahren (Art. 83 ff.); Gesetzeslücke; Waffengleichheit (Art. 6 EMRK). Das Fehlen einer sogenannten "Anschlussbeschwerde" im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren kann weder als Gesetzeslücke (E. 6a-b) noch als Verstoss gegen den aus Art. 6 EMRK abgeleiteten Grundsatz der Waffengleichheit betrachtet werden (E. 6b-d).

122 III 414 () from 7. November 1996
Regeste: Familienname des Kindes (Art. 270 Abs. 1 ZGB). Nach dem klaren, nicht auslegungsbedürftigen Wortlaut von Art. 270 Abs. 1 ZGB erhält das Kind miteinander verheirateter Eltern deren Familiennamen. Entspricht dieser dem väterlichen Nachnamen, so können die Eltern nicht verlangen, dass das Kind unter dem Nachnamen der Mutter in das Geburtsregister eingetragen wird (E. 2). Zwischen Art. 270 Abs. 1 ZGB sowie den Art. 8 und 14 EMRK besteht keine Divergenz (E. 3).

123 III 1 () from 21. November 1996
Regeste: Art. 4 BV; Art. 163 und Art. 176 ZGB, Schranke der finanziellen Leistungskraft bei der Festsetzung der Unterhaltsrente im Eheschutzverfahren. Das Privatrecht bestimmt den Inhalt von vorsorglichen Massnahmen (E. 3a). Art. 163 Abs. 1 ZGB verpflichtet den Eheschutzrichter, die Unterhaltsbeiträge der Familie des Rentenschuldners (E. 5) in der Regel (E. 3e) so festzusetzen, dass diesem noch derjenige Teil seines Einkommens verbleibt, den er zur Deckung seines Existenzminimums braucht (E. 3b/aa). Die Schranke der finanziellen Leistungskraft des Rentenschuldners bildet für alle familienrechtlichen Unterhaltspflichten die Regel (E. 3b/bb). Dass der Rentengläubiger den Ausfall zu tragen hat, ist Folge der gewählten Rollenverteilung in der Ehe (Art. 163 Abs. 2 ZGB) und kann nicht unter Hinweis auf die Rechtsgleichheit und die Gleichstellung der Geschlechter in Frage gestellt werden (E. 3c). Die geschilderte Regel steht im Einklang mit dem internationalen Recht und ist auch dem Entwurf des neuen Ehescheidungsrechts zugrundegelegt worden (E. 3d). Das Existenzminimum muss dem Rentenschuldner auch dann belassen werden, wenn Kinderalimente zuzusprechen sind (E. 3b/bb und E. 5).

123 III 152 () from 27. Februar 1997
Regeste: Art. 9d SchlT ZGB, Art. 206 Abs. 1 und 209 Abs. 3 ZGB; güterrechtliche Auseinandersetzung im Zusammenhang mit einem Grundstück. Das neue Ehegüterrecht ist gemäss Art. 9d Abs. 1 SchlT ZGB auch anwendbar, wenn im Zusammenhang mit einem Grundstücksverkauf vor dem 1. Januar 1988 die Berechnung der Ersatzforderungen anderer Gütermassen (Art. 206 und 209 ZGB) zu prüfen ist (E. 5b). Da für die Berechnung der Ersatzforderung nach Art. 209 Abs. 3 ZGB auf den Verkehrswert im Zeitpunkt der Veräusserung abzustellen ist, erübrigt sich eine Hinzurechnung nach Art. 208 ZGB (E. 5c). Die Arbeitsleistung eines Ehegatten, die zur Werterhöhung eines Vermögensgegenstandes führt, rechtfertigt eine entsprechende Ersatzforderung der Errungenschaft des betreffenden Ehegatten gegenüber der Gütermasse, welcher der Vermögensgegenstand angehört (E. 6a). Haben das Eigengut und die Errungenschaft eines Ehegatten den Erwerbspreis aufgebracht, erfolgt die güterrechtliche Zuordnung der Liegenschaft nach dem Grundsatz des Übergewichtes des Beitrages; der anderen Gütermasse steht nach Art. 209 Abs. 3 ZGB eine Ersatzforderung zu. Ist an der Finanzierung zusätzlich ein Drittkredit beteiligt, ist dieser zum Zweck der Aufteilung allfälliger Mehr- oder Minderwerte auf die beteiligten Gütermassen anteilsmässig aufzuteilen (E. 6b).

123 III 292 () from 26. Juni 1997
Regeste: Übervorteilung; partielle Unwirksamkeit eines wucherischen Vertrages; Ermittlung des objektiven Missverhältnisses zwischen den Austauschleistungen eines Mietvertrages (Art. 21 OR). Auch im Bereich wucherischer Verträge kann die verpönte Äquivalenzstörung geltungserhaltend behoben werden (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 2). Der Wucherer kann sich im Fall der Bejahung eines Übervorteilungstatbestandes nicht auf die totale Unwirksamkeit des wucherischen Vertrages zufolge Irrtums berufen (E. 3). Begriff der Notlage (E. 5). Bei der Beurteilung der Frage, ob im konkreten Fall ein objektives Missverhältnis zwischen den Austauschleistungen besteht, bildet Bewertungsgegenstand das vertraglich Vereinbarte. Zu vergleichen sind Leistung und Gegenleistung nach ihrem objektiven Wert zur Zeit des Vertragsschlusses (E. 6).

123 III 445 () from 20. November 1997
Regeste: Keine gemeinsame elterliche Gewalt der Eltern nach der Scheidung (Art. 297 Abs. 3 ZGB); Bemessung des Besuchsrechtes (Art. 273 ZGB). Bestätigung der Rechtsprechung, wonach gemäss Art. 297 Abs. 3 ZGB die gemeinsame elterliche Gewalt beider Elternteile nach der Scheidung ausgeschlossen ist (E. 2). Ist in einer Scheidungskonvention ein ausgedehntes Besuchsrecht vereinbart worden, kann deren Genehmigung nicht allein mit der Begründung verweigert werden, die Konvention gehe weiter als das nach kantonaler Praxis übliche Besuchsrecht; vielmehr ist zu prüfen, ob die vorgeschlagene Regelung im konkreten Fall mit dem in Art. 273 ZGB vorgesehen "Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr" und insbesondere mit dem Kindeswohl vereinbar ist (E. 3).

123 III 473 () from 18. Juli 1997
Regeste: Art. 739 Abs. 2 OR; Widerruf des Auflösungsbeschlusses einer Aktiengesellschaft. Der Widerruf des Auflösungsbeschlusses durch die Generalversammlung ist so lange zulässig, als noch nicht mit der Verteilung des Gesellschaftsvermögens begonnen worden ist (Änderung der Rechtsprechung).

123 V 290 () from 16. Dezember 1997
Regeste: Art. 41 Abs. 3 KVG; Art. 97 ff., Art. 128 OG. Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung von Art. 41 Abs. 3 KVG sind sozialversicherungsrechtlicher Natur im Sinne von Art. 128 OG und daher letztinstanzlich durch das Eidg. Versicherungsgericht zu beurteilen. Art. 41 Abs. 3, Art. 42 Abs. 1 und 2 KVG; Art. 103 lit. a, Art. 132 OG; Art. 98a Abs. 3 OG. Partei im Streit um die Differenzzahlung nach Art. 41 Abs. 3 KVG ist neben dem Wohnkanton als Pflichtigem in erster Linie der Versicherte als Schuldner der Vergütung der vom Spital erbrachten Leistungen (System des Tiers garant). Parteistellung kommt auch dem Versicherer zu, wenn er gemäss Vereinbarung mit dem Spital die gesamte Vergütung schuldet oder wenn er als Garant dem Spital die Rechnung bezahlt hat (System des Tiers payant). Art. 41 Abs. 3 KVG; Art. 80 ff. KVG. Die Regelung der Zuständigkeit und des Verfahrens zur Geltendmachung und allenfalls gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Wohnkanton des Versicherten aufgrund von Art. 41 Abs. 3 KVG ist grundsätzlich Sache der Kantone. Dabei handelt es sich um selbständiges kantonales Verfahrensrecht, dessen Verletzung grundsätzlich nicht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gerügt werden kann. Art. 41 Abs. 3 KVG; Art. 132 und 134 OG; Art. 156 OG. - Bei der Differenzzahlung des Wohnkantons nach Art. 41 Abs. 3 KVG handelt es sich um zweckgebundene finanzielle Leistungen im Sinne des Subventionsrechts, welche nicht unter den Begriff der Versicherungsleistungen nach Art. 132 OG fallen. - Bestätigung der Praxis, wonach dem unterliegenden Kanton keine Gerichtskosten aufzuerlegen sind. Art. 41 Abs. 3 KVG; Art. 25 Abs. 2 lit. e, Art. 34 Abs. 1, Art. 49 Abs. 1 und 4 KVG; Art. 39 Abs. 1 und Art. 41 Abs. 1 Satz 1 KVG. Die Ausgleichspflicht des Wohnkantons besteht grundsätzlich auch, wenn der Versicherte in der halbprivaten oder privaten Abteilung untergebracht ist; es genügt, dass das Spital bzw. die betreffende Abteilung als Leistungserbringer im Sinne von Art. 39 Abs. 1 KVG zugelassen ist und die Behandlung in einem ausserkantonalen Spital aus medizinischen Gründen notwendig war. Grundlage für die Bemessung der Differenzzahlungspflicht des Wohnkantons bilden die Tarife für die allgemeine Abteilung für ausserkantonale Patienten und für die Einwohner des Kantons, in dem das Spital liegt.

123 V 310 () from 19. Dezember 1997
Regeste: Art. 41 Abs. 3 KVG; Art. 103 lit. a und Art. 132 OG. Beschwerdelegitimation einer (privaten, nicht öffentlichen oder öffentlich subventionierten) Klinik bzw. ihres Rechtsträgers bejaht im (erstmaligen) Streit zwischen einem Versicherten, welcher aus medizinischen Gründen in diesem Spital stationär behandelt wurde, und dem Wohnkanton, der die teilweise Übernahme der Hospitalisationskosten nach Art. 41 Abs. 3 KVG verweigert mit der Begründung, diese Bestimmung komme lediglich bei öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern zur Anwendung. Art. 41 Abs. 3 KVG; Art. 49 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1, Art. 41 Abs. 1 Satz 1 KVG. Die Ausgleichspflicht des Wohnkantons bei teilstationärer oder stationärer Behandlung von Kantonseinwohnern in einem ausserkantonalen Spital aus medizinischen Gründen besteht nur bei Inanspruchnahme eines öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals. Begibt sich der Versicherte in ein privates, nicht öffentliches oder nicht öffentlich subventioniertes Spital, entfällt die teilweise Kostenübernahmepflicht des Kantons. Es liegt weder eine im Rahmen freier richterlicher Rechtsfindung zu füllende (echte) Lücke vor noch bleibt Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Auch besteht kein Anlass, eine allfällige Verfassungswidrigkeit des Art. 41 Abs. 3 KVG, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Handels- und Gewerbefreiheit, zu prüfen, da ein richterliches Eingreifen aufgrund der Komplexität der sich stellenden rechtlichen sowie wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen ausser Betracht fällt.

124 III 259 () from 25. Mai 1998
Regeste: Art. 98a OG; Art. 927 Abs. 3 OR; Art. 14 der Verordnung über die Gebühren für das Handelsregister; Rechtsschutz in Handelsregistersachen; Instanzenzug; Kosten. Art. 98a OG verlangt auch in Handelsregistersachen zwingend eine gerichtliche Kontrolle (E. 2). Eine kantonale Rechtsmittelordnung, welche in Handelsregistersachen zunächst eine administrative und anschliessend eine richterliche Aufsicht vorsieht, ist nicht bundesrechtswidrig (E. 3). Die Spruchgebühr im kantonalen Rechtsmittelverfahren bemisst sich ausschliesslich nach Art. 14 der Verordnung über die Gebühren für das Handelsregister (E. 4).

124 III 266 () from 13. Januar 1998
Regeste: Art. 80 Abs. 1 URG; Geltung des neuen Rechts für Werke, die vor dessen Inkrafttreten geschaffen worden sind. Die in Art. 80 URG angeordnete Rückwirkung des neuen Rechts bezieht sich nicht auf Werke, die nach früherem Recht urheberrechtlich geschützt waren, deren Schutzdauer aber vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts abgelaufen war.

124 III 337 () from 15. Juni 1998
Regeste: Art. 839 Abs. 3 ZGB; Sicherheitsleistung. Kann ein zum Verwaltungsvermögen der Eidgenossenschaft gehörendes Grundstück nicht mit einem Bauhandwerkerpfandrecht belastet werden, so ist die Eidgenossenschaft deswegen nicht zur Leistung einer Sicherheit verpflichtet (E. 6a-c).

125 II 113 () from 8. Januar 1999
Regeste: Art. 18 DBG; Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit; Kapitalgewinnbesteuerung; Liegenschaftenhandel. Als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gelten auch Gewinne aus der Veräusserung von Vermögensgegenständen, insbesondere Liegenschaften, wenn die Veräusserung nicht im Rahmen der gewöhnlichen Verwaltung des eigenen Vermögens erfolgt. Die Kapitalgewinnsteuerpflicht besteht auch, wenn die selbständige Erwerbstätigkeit nicht in Form einer Unternehmung ausgeübt wird (E. 5; Weiterführung der bisherigen Praxis zu Art. 21 Abs. 1 lit. a BdBSt). Bei der Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit verbleiben die nicht privat genutzten Vermögensgegenstände im Geschäftsvermögen. Sie gehen durch den blossen Zeitablauf nicht ins Privatvermögen über; die bei der späteren Veräusserung erzielten Gewinne werden als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit besteuert (E. 6).

125 II 238 () from 8. April 1999
Regeste: Art. 67a IRSG; unaufgeforderte Übermittlung von Informationen und Beweismitteln. Die unaufgeforderte Übermittlung von Informationen und Beweismitteln gemäss Art. 67a IRSG stellt eine Rechtshilfemassnahme dar (E. 4), welche nicht direkt mit Beschwerde angefochten werden kann (E. 5). Eine richterliche Überprüfung der unaufgeforderten Õbermittlung ist jedoch möglich, soweit die Beschwerde gegen die Schlussverfügung im Rechtshilfeverfahren offen steht, in welchem Auskünfte oder Beweismittel unaufgefordert übermittelt wurden (E. 6a und b). Die unaufgeforderte Übermittlung im Sinne von Art. 67a IRSG - die informell erfolgen kann - muss jedoch in allen Fällen mit einer schriftlichen Mitteilung an die Behörden des ausländischen Staates verbunden werden; eine Kopie dieser Mitteilung sowie das Protokoll gemäss Art. 67a Abs. 6 IRSG müssen in allen Fällen unverzüglich dem Bundesamt für Polizeiwesen als Aufsichtsbehörde übermittelt werden (E. 6c und d). Die Personen, über welche Informationen übermittelt wurden, können diese Mitteilungen weder separat anfechten noch deren Zustellung verlangen (E. 6e).

125 III 123 () from 16. Februar 1999
Regeste: Doppelaufruf; Schicksal davon erfasster Mietverträge (Art. 261 OR und Art. 142 SchKG). Der Doppelaufruf ist sowohl bei vorgemerkten als auch bei nicht eingetragenen, langfristigen Mietverträgen zulässig (E. 1a-d). Solche Mietverträge fallen mit dem Doppelaufruf nicht dahin, sondern gehen auf den Erwerber über. Dieser kann unbesehen dringenden Eigenbedarfs auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen (E. 1e).

125 III 154 () from 15. Dezember 1998
Regeste: Kollokationsklage; Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung; Rangordnung der Gläubiger (Art. 146 SchKG, 219 SchKG; Art. 2 Abs. 3 der Schlussbestimmungen der Gesetzesänderung vom 16. Dezember 1994 [AS 1995 1306]). Die Frage der Geltungsdauer der nach altem Recht vorgesehenen, im neuen Recht eingeschränkten Privilegien gemäss Art. 146 und Art. 219 SchKG bedarf nicht bloss im Konkurs sowie im Pfändungsverfahren, sondern ebenso im Nachlassverfahren notwendigerweise der übergangsrechtlichen Regelung; Grundsätze der Lückenfüllung (E. 3a). Im Nachlassverfahren, das eine Art Vollstreckungsersatz darstellt, zeitigt die Bewilligung der Nachlassstundung, durch welche das Verfahren eröffnet wird, gleichartige Wirkungen wie Konkurseröffnung und Pfändungsvollzug. Aus diesem Grunde ist zwingend der Zeitpunkt der Bewilligung der Nachlassstundung und nicht jener der Genehmigung des Nachlassvertrages dafür entscheidend, ob eine Forderung nach der alten oder neuen Privilegienordnung zu kollozieren ist (E. 3b und 3c).

125 III 209 () from 23. März 1999
Regeste: Art. 161 ZBG und Art. 271 ZGB; Verfassungsmässigkeit und EMRK-Konformität des zivilgesetzlichen Bürgerrechtserwerbs durch Heirat und kraft Abstammung. In Zivilstandssachen ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (E. 2). Die zivilgesetzlichen Bestimmungen über den Bürgerrechtserwerb durch Heirat und kraft Abstammung widersprechen dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter (E. 3 und 4), sind für Verwaltungsbehörden und Gerichte aber gleichwohl massgebend (E. 5). Der Erwerb eines Kantons- und Gemeindebürgerrechts fällt weder in den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens noch in denjenigen der Ehefreiheit, so dass das Diskriminierungsverbot der EMRK nicht mit Erfolg angerufen werden kann (E. 6).

125 III 277 () from 28. Juni 1999
Regeste: Arbeitsvertrag; Streikrecht; Missbräuchliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses infolge Streiks (Art. 336 OR). Bejahung eines Streikrechts im schweizerischen Arbeitsrecht (E. 2). Ein Streik ist rechtmässig, wenn er von einer tariffähigen Organisation getragen ist, durch Gesamtarbeitsvertrag regelbare Ziele verfolgt, nicht gegen die Friedenspflicht verstösst und verhältnismässig ist (E. 3b). Die Teilnahme an einem rechtmässigen Streik verletzt den Arbeitsvertrag nicht; dieser ist in seinen Hauptpflichten suspendiert. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bildet der Streik das ausschlaggebende Motiv für die Kündigung, ist sie missbräuchlich (E. 3c).

125 V 245 () from 28. Mai 1999
Regeste: Art. 29sexies Abs. 1 AHVG; Art. 52e AHVV. Pflegekindverhältnisse geben keinen Anlass zur Anrechnung von Erziehungsgutschriften.

126 II 71 () from 19. November 1999
Regeste: Art. 2 lit. d, Art. 10 Abs. 2 lit. d, Art. 11 Abs. 1 lit. a-c, Art. 35, Art. 36 BEHG (SR 954.1); Art. 3 Abs. 5, Art. 38 Abs. 1 lit. c, Art. 39 Abs. 1 lit. a Ziffer 1 BEHV (SR 954.11); Art. 23bis und 23quinquies BankG (SR 952.0); Auflösung von Gesellschaften, die ohne Bewilligung Effektenhandel betreiben, bzw. Liquidation der Zweigniederlassung eines ohne Bewilligung tätigen ausländischen Effektenhändlers. Vorliegend sind die Kriterien für die Annahme eines Effektenhändlers bzw. der Zweigniederlassung eines ausländischen Händlers im Sinne des BEHG (E. 5a) erfüllt (E. 5b/bb bis 5b/dd). In Bezug auf die Auflösung von Gesellschaften, die ohne Bewilligung Effektenhandel betreiben, weist das BEHG eine echte Lücke auf. Diese ist durch analoge Anwendung der Regeln zu schliessen, welche die Rechtsprechung für Gesellschaften entwickelt hat, die ohne Bewilligung im Bankengeschäft tätig sind. Die Massnahmen gemäss Art. 36 BEHG können daher auch gegen Effektenhändler ergriffen werden, die ohne Bewilligung handeln (E. 6e). Verletzung der Informations- (E. 7a), der Sorgfalts- (E. 7b) und der Treuepflicht (E. 7c) gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. a bis c BEHG sowie fehlende Gewährleistung einer einwandfreien Geschäftstätigkeit im Sinne von Art. 10 Abs. 2 lit. d BEHG (E. 7d). Die sofortige Auflösung der beschwerdeführenden Gesellschaften verletzt das Verhältnismässigkeitsprinzip nicht (E. 8).

126 II 111 () from 24. März 2000
Regeste: Art. 17, 34 und 35 BEHG; Art. 31 BEHV; Art. 23bis und 23quater BankG; Art. 30 Abs. 2 lit. e VwVG; Zulässigkeit der Einsetzung eines Beobachters zur Abklärung der banken- oder börsenrechtlichen Bewilligungspflicht einer Tätigkeit. Zusammenfassung der Rechtsprechung zu den Aufsichtskompetenzen der Eidgenössischen Bankenkommission (E. 3). Zulässigkeit der Einsetzung eines Beobachters sowie Umfang der diesem zur Abklärung des Sachverhalts eingeräumten Befugnisse (E. 4 u. 5). Anspruch auf rechtliches Gehör im Verfahren vor der Eidgenössischen Bankenkommission (E. 6 u. 7).

126 II 495 () from 17. November 2000
Regeste: Art. 9 und 80e lit. b IRSG; Art. 69 BStP; Anwaltsgeheimnis; Zulässigkeit kantonaler Rechtsmittel gegen Zwischenentscheide im Rechtshilfeverfahren; Entsiegelung und Durchsuchung von bei einem Anwalt beschlagnahmten Daten. Ein Entscheid über die Entsiegelung von Daten, die zum Zwecke der Rechtshilfe beschlagnahmt worden sind, ist ein Zwischenentscheid im Rechtshilfeverfahren (E. 3). Die Aufzählung von unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteilen in Art. 80e lit. b Ziff. 1 und 2 IRSG ist abschliessend (E. 5a - d). Enthält ein Datenträger auch Daten, die dem Anwaltsgeheimnis unterliegen, so muss der Entsiegelsrichter selbst jene Daten ausscheiden, die durch das Anwaltsgeheimnis geschützt sind. Eine Zwischenverfügung des Entsiegelsrichters, welche die Ausscheidung durch die Rechshilfe- und Untersuchungsbehörden anordnet, greift in das Anwaltsgeheimnis ein (E. 5e/aa). Sie ist trotzdem nicht selbständig anfechtbar (E. 5e/bb-dd).

126 III 49 () from 9. Dezember 1999
Regeste: Art. 287 Abs. 1 ZGB; Kinderunterhaltsvertrag: Genehmigung durch die Vormundschaftsbehörde und Wirkungen der Vereinbarung vor der Genehmigung. Ein mündlich und für in der Schweiz mit ihrer Mutter lebende Kinder geschlossener Unterhaltsvertrag, mit dem in einem ausländischen Scheidungsurteil festgesetzte Unterhaltsbeiträge deutlich heraufgesetzt worden sein sollen, muss von der dafür zuständigen Vormundschaftsbehörde in der Schweiz nach Art. 287 Abs. 1 ZGB genehmigt werden (E. 2a und b). Die Genehmigungspflicht besteht auch dann, wenn mit dieser Vereinbarung bei unverändertem Bedarf der Kinder einzig Beiträge für sie erhöht worden wären (E. 2c bis e). Die Arrestprosequierungsklage, mit der um Zuspruch verarrestierter Unterhaltsbeiträge in der Höhe des behaupteten Vertrages ersucht wird, ist abzuweisen, weil aus einem noch nicht genehmigten Unterhaltsvertrag nicht auf Erfüllung geklagt werden kann (E. 3).

126 III 129 () from 7. Dezember 1999
Regeste: Erschöpfungsgrundsatz im Patentrecht. Parallelimporte patentrechtlich geschützter Produkte. Die Frage der Zulässigkeit von Parallelimporten im Patentrecht ist weder im nationalen noch im für die Schweiz geltenden internationalen Recht geregelt, weshalb von einer echten Lücke auszugehen ist (E. 1-3). Die traditionelle schweizerische Rechtsauffassung, die Rechtsvergleichung sowie eine Abwägung der betroffenen Interessen sprechen für den Grundsatz der nationalen Erschöpfung im Patentrecht, zumal die Unterschiede zwischen Marken- und Urheberrecht einerseits und Patentrecht anderseits eine einheitliche Behandlung der Erschöpfungsfrage nicht als zwingend erscheinen lassen (E. 4-8). Auf patentrechtliche Einfuhrmonopole kann das Kartellrecht Anwendung finden (E. 9).

126 V 14 () from 10. Februar 2000
Regeste: Art. 41 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a KVG: Leistungspflicht bei ambulanter Behandlung. - Zum Begriff "am Wohn- oder Arbeitsort der versicherten Person oder in deren Umgebung" als räumlicher Bereich mit voller Kostenübernahme bei ambulanter Behandlung im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. - Das Gesetz beschränkt "die Umgebung" nicht auf das Kantonsgebiet, in welchem der Wohn- oder Arbeitsort der versicherten Person liegt.

126 V 119 () from 12. April 2000
Regeste: Art. 68 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 UVG; Art. 22a VwVG: Fristenstillstand. Der in Art. 22a VwVG geregelte Fristenstillstand ist auf die Frist zur Einsprache gegen Verfügungen sämtlicher Unfallversicherer anwendbar.

128 III 82 () from 26. November 2001
Regeste: Kündigung eines Mietvertrages nach Zwangsvollstreckung; Erstreckung des Mietverhältnisses nach Doppelaufruf (Art. 142 SchKG, Art. 272 OR). Der Ersteigerer einer Liegenschaft wird durch den Zuschlag im Zwangsvollstreckungsverfahren Eigentümer und kann ein bestehendes Mietverhältnis kündigen, auch wenn er noch nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist (E. 1). Der Ersteigerer, der ein Grundstück in einer Zwangsvollstreckung mit Doppelaufruf erwirbt, kann einen langfristigen Mietvertrag ausserordentlich auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen (BGE 125 III 123 ff.). Auch bei einer Kündigung nach einem Doppelaufruf kann das Mietverhältnis unter der Voraussetzung von Art. 272 ff. OR erstreckt werden (E. 2).

128 III 305 () from 20. Juni 2002
Regeste: Anrechnung nachträglich zugesprochener IV-Kinderrenten an die Kinderunterhaltsbeiträge; Übergangsrecht. Unter den Voraussetzungen des Art. 285 Abs. 2bis ZGB vermindern sich die Kinderunterhaltsbeiträge von Gesetzes wegen im Umfang der ab 1. Januar 2000 ausbezahlten IV-Kinderrenten (E. 2a und 3). Die für die Zeit bis Ende 1999 ausbezahlten IV-Kinderrenten, die bei der Festlegung des Kinderunterhalts nicht berücksichtigt wurden, sind gemäss Art. 285 Abs. 2 ZGB zusätzlich zu den Unterhaltsbeiträgen geschuldet; diese Kumulation entfällt erst mit der Abänderung der Kinderunterhaltsbeiträge im Verfahren nach Art. 286 Abs. 2 ZGB (E. 2b, 4-6). Vorbehalten bleibt das Verbot des Rechtsmissbrauchs (E. 8b).

129 III 559 () from 26. August 2003
Regeste: Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung; Verwendung eines Liquidationsüberschusses. Legitimation des Nachlassschuldners zur Beschwerde gegen eine provisorische Verteilungsliste, zulässige Rügen und Prüfungsbefugnis der Aufsichtsbehörden (E. 1). Ein Liquidationsüberschuss nach Deckung der kollozierten Forderungen dient zur Bezahlung der Zinsen, die die Gläubiger für die Zeit nach der Bewilligung der Stundung hätten verlangen können, wenn es nicht zum Abschluss des Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung gekommen wäre. Vorbehalten bleibt der Nachlassvertrag, in dem die Verzinslichkeit der Forderungen für den Fall eines Aktivenüberschusses ausgeschlossen wird (E. 2-5).

129 V 90 () from 18. Oktober 2002
Regeste: Art. 61 KVG; Art. 163 Abs. 1, Art. 166 Abs. 1 und 3 ZGB: Haftung des einen Ehegatten für Beitragsschulden des andern gegenüber dessen Krankenversicherer. Die solidarische Haftung des für Beitragsschulden belangten Ehegatten im Sinne von Art. 166 Abs. 1 und 3 ZGB tritt nach Einführung der obligatorischen Krankenversicherung ungeachtet dessen ein, ob das der Beitragsforderung zugrunde liegende Versicherungsverhältnis während des ehelichen Zusammenlebens oder im Hinblick auf familiäre Bedürfnisse begründet worden ist (Änderung der Rechtsprechung in BGE 119 V 16).

129 V 345 () from 23. Mai 2003
Regeste: Art. 16 AHVG; Art. 41bis AHVV: Verwirkungsfrist für Verzugszinsen auf ausstehenden AHV/IV/EO-Beiträgen. Die Verwirkungsfrist für Verzugszinsen auf ausstehenden AHV/IV/EO-Beiträgen richtet sich nach derjenigen für die Hauptforderung und beträgt demnach fünf Jahre.

130 III 241 () from 12. Dezember 2003
Regeste: Art. 585 f. ZGB, Art. 297 Abs. 4 SchKG; Einleitung eines neuen Prozesses und Verrechnung während eines Verfahrens des öffentlichen Inventars, das zur konkursamtlichen Liquidation der Erbschaft führt. Die Frage betreffend das Erfordernis der Dringlichkeit - wie von Art. 586 Abs. 3 ZGB für die Anstrengung eines neuen Prozesses während der Dauer des Inventars verlangt - wird mit Beendigung des Letzteren während des hängigen Prozesses gegenstandslos (E. 2). Für die Verrechnung, die von einem Gläubiger des Erblassers im Laufe des Verfahrens eines öffentlichen Inventars vorgenommenen wurde, welches der konkursamtlichen Liquidation der Erbschaft vorausging, ist die im SchKG für die Nachlassstundung vorgesehene Regelung analog anwendbar (E. 3).

130 V 111 () from 6. Januar 2004
Regeste: Art. 122 und 142 ZGB; Art. 22 und 25a FZG; Art. 73 BVG: Sachliche Zuständigkeit. Die sachliche Zuständigkeit des Sozialversicherungsgerichts zur Teilung von Austrittsleistungen im Scheidungsfall erstreckt sich auch auf Streitigkeiten mit Freizügigkeitseinrichtungen (Erw. 3).

130 V 237 () from 13. Februar 2004
Regeste: Art. 277 ZGB; Art. 22 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 lit. a AVIG; Art. 33 Abs. 1 AVIV sowie Rz C53 des Kreisschreibens des seco über die Arbeitslosenentschädigung (KS-ALE) (je in der seit 1. Juni 2002 geltenden Fassung). Rz C53 KS-ALE, wonach im Rahmen der Taggeldfestsetzung die Unterhaltspflicht gegenüber Kindern gemäss Art. 276 ff. ZGB höchstens bis zum 25. Altersjahr anzuerkennen sei, ist nicht gesetzmässig. Eine absolute zeitliche Begrenzung der Unterhaltspflicht auf das vollendete 25. Altersjahr besteht zivilrechtlich nicht.

130 V 263 () from 5. April 2004
Regeste: a Art. 3a Abs. 4 und 6, Art. 3b Abs. 1 lit. b, Art. 5 Abs. 1 lit. b ELG; Art. 16c Abs. 1 ELV: Einbezug der Einnahmen und Ausgaben der Kinder in die Ergänzungsleistungsberechnung. Ob ein Kind, das zu einer Rente berechtigt, bei der Berechnung der jährlichen Ergänzungsleistung des Anspruchstellers ausser Betracht fällt, ist auf Grund einer Vergleichsrechnung festzustellen, bei welcher die einzelnen Positionen nach Massgabe der üblichen Regelung einzusetzen sind, die bei Einbezug der Einnahmen und Ausgaben von Kindern einerseits und bei deren Ausserachtlassung andererseits gilt. Daher ist bei der Rechnung ohne Einbezug des Kindes ein Mietzinsanteil nach Art. 16c ELV zu berücksichtigen (Erw. 5.2).

131 III 33 () from 14. September 2004
Regeste: Art. 271a Abs. 1 lit. d OR; Kündigungsschutz während eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens. Die Vermieterkündigung, die in diesem Zeitraum erfolgt, ist unabhängig davon anfechtbar, ob sie tatsächlich missbräuchlich ist (E. 1-3).

131 III 327 () from 22. Februar 2005
Regeste: Übergangsrechtliche Behandlung der Anfechtungsklagen gemäss SchKG. Hat die massgebende Pfändung bzw. die Konkurseröffnung nach dem 1. Januar 1997 stattgefunden, findet für die Anfechtungsklagen i.S.v. Art. 286-288 SchKG das neue Recht Anwendung.

131 III 535 () from 6. Juli 2005
Regeste: Art. 336 OR; missbräuchliche Kündigung; im Gesetz nicht ausdrücklich genannter Missbrauchsfall. Entlassung einer Kaderperson, welcher kein Vorwurf gemacht werden kann, um das Ansehen des Arbeitgebers zu wahren, welches durch widerrechtliche Handlungen eines Mitarbeiters im von der entlassenen Kaderperson geleiteten Dienst beeinträchtigt wurde (E. 4).

131 V 97 () from 21. März 2005
Regeste: Art. 112 BV; Art. 1 (in der bis Ende 2002 geltenden Fassung), 3 und 9 AHVG; Art. 17 und 20 Abs. 3 AHVV; Art. 2 Abs. 2 ZGB: Rechtsmissbräuchliche Geltendmachung der Versicherungspflicht in der Alters- und Hinterlassenenversicherung. An einer Kommanditgesellschaft sind mehrere hundert ausländische Anleger beteiligt, wobei die Beteiligung auch im Hinblick auf spätere Renten der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) erfolgt ist, da die Stellung als Kommanditär sozialversicherungsrechtlich eine selbstständige Erwerbstätigkeit darstellt. Weil hier der AHV die Funktion eines reinen Finanzanlageobjekts zugedacht ist, das unter Ausnutzung der versicherungstechnischen Solidarität eine möglichst grosse individuelle Rendite erwirtschaften soll, liegt Rechtsmissbrauch vor. Die Teilhaber können sich nicht auf das Recht zur Aufnahme in die AHV berufen. (Erw. 4.3)

132 V 236 () from 28. März 2006
Regeste: Art. 122 Abs. 1 ZGB; Art. 22 FZG: Massgebende Ehedauer für die Aufteilung des Vorsorgeguthabens bei Scheidung. Die Ehe dauert bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsurteils. (Erw. 2)

133 III 105 () from 21. Dezember 2006
Regeste: Art. 71 aZGB, Art. 75a ZGB, Art. 1-4 SchlT ZGB; persönliche Haftung der Vereinsmitglieder für Vereinsschulden; Übergangsrecht. Darstellung der allgemeinen übergangsrechtlichen Prinzipien gemäss den Art. 1 und 2 SchlT ZGB (E. 2.1) sowie der gesetzgeberischen Entwicklung, die zur Einführung des neuen Art. 75a ZGB geführt hat (E. 2.2). Die persönliche Haftung der Mitglieder eines Vereins, der unter altem Recht gegründet worden ist, für Schulden dieses Vereins, die vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts entstanden sind, richtet sich nach Art. 71 aZGB, da Art. 75a ZGB keine Bestimmung darstellt, die um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen im Sinne von Art. 2 SchlT ZGB aufgestellt worden ist (E. 2.3).

133 V 607 () from 19. September 2007
Regeste: Art. 23 Abs. 1 FZG (in der bis 31. Dezember 2004 in Kraft gewesenen Fassung); Anspruch auf freie Stiftungsmittel bei unfreiwilliger Auflösung des Arbeitsvertrages. Die bei der Verteilung der freien Stiftungsmittel nach BGE 128 II 394 zu beachtenden Grundsätze gelten nicht nur bei Teil- oder Gesamtliquidationen, sondern allgemein bei Ausschüttungen (E. 4.2.3). Anwendung dieses Grundsatzes auf den Fall von während einer Übergangsfrist ausgeschütteten transition benefits (E. 4.3).

134 III 224 (4A_317/2007) from 9. Januar 2008
Regeste: a Internationales Privatrecht. Übergangsrecht zum IPRG. Anknüpfung des Aussenverhältnisses bei der Stellvertretung (E. 3).

134 III 366 (4A_231/2007) from 6. März 2008
Regeste: Internationales Privatrecht über den internationalen Konkurs (Art. 166 ff. IPRG); Prozessführungsbefugnis einer ausländischen Konkursmasse. Die Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets kann in der Schweiz nicht vorfrageweise verlangt werden (E. 5.1). Eine ausländische Konkursmasse, die in der Schweiz nicht vorgängig die Anerkennung des im Ausland ausgesprochenen Konkursdekrets erwirkt hat, ist nicht befugt, in der Schweiz eine materiellrechtliche Klage gegen einen angeblichen Schuldner des Konkursiten zu erheben (E. 9).

134 III 529 (4A_21/2008) from 13. Juni 2008
Regeste: Unerlaubte Handlung (Art. 41 Abs. 1 OR); Art. 3-10 GwG als Schutznormen? Die Bestimmungen des Geldwäschereigesetzes (GwG) bezwecken nicht den Schutz individueller Vermögensinteressen. Die für einen ausservertraglichen Haftpflichtanspruch nach Art. 41 Abs. 1 OR erforderliche Widerrechtlichkeit lässt sich nicht unmittelbar aus dem Verstoss gegen eine Sorgfalts- oder Verhaltenspflicht des GwG ableiten (E. 4).

134 V 369 (9C_874/2007) from 20. August 2008
Regeste: Art. 15 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 FZV; Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG; begünstigte Personen für Hinterlassenenleistungen. Eine Lebensgemeinschaft im Sinne von Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG und Art. 15 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 FZV können auch Personen gleichen Geschlechts bilden (E. 6.3). Eine ständige ungeteilte Wohngemeinschaft bildet kein begriffsnotwendiges (konstitutives) Element für eine Lebensgemeinschaft im berufsvorsorgerechtlichen Sinne (E. 7.1).

135 II 1 (2C_306/2008) from 12. November 2008
Regeste: Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG, Art. 7 Abs. 1, Art. 17 Abs. 2, Art. 9 Abs. 3 und 4 ANAG; ausländerrechtliche Auswirkungen der Nichtigerklärung einer Einbürgerung. Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (E. 1). Mit der Nichtigerklärung der Einbürgerung wird die davon betroffene Person ausländerrechtlich, unter Vorbehalt allfälliger Untergangsgründe, in die gleiche Rechtsstellung wie vor der Einbürgerung versetzt (E. 3). Eine aufgrund der Ehe mit einem Schweizer erworbene Niederlassungsbewilligung erlischt nicht automatisch mit dem Wegfall der Ehe, sondern fällt nur dahin, wenn ein ausländerrechtlicher Untergangstatbestand vorliegt. Insbesondere ist ein Widerruf der Bewilligung nur zulässig, wenn die spezifischen ausländerrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind (E. 4).

135 III 14 (5A_284/2008) from 2. Oktober 2008
Regeste: aArt. 39 Abs. 1 Ziff. 5, Art. 171 ff. SchKG; Änderung des Anwendungsbereichs der Konkursbetreibung und übergangsrechtliche Folgen. Über das geschäftsführende Mitglied einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist nach dem 1. Januar 2008 kein Konkurs zu eröffnen (E. 3-5).

135 V 106 (8C_241/2008) from 25. März 2009
Regeste: Art. 66 Abs. 1 IVV; Art. 70 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 ATSG; Art. 12 Abs. 1 IVG (bis Ende 2007 gültig gewesene Fassung); Befugnis des Krankenversicherers, eine Person bei der Invalidenversicherung anzumelden. Wenn der obligatorische Krankenpflegeversicherer aufgrund seiner Vorleistungspflicht (Art. 70 Abs. 2 lit. a ATSG) Behandlungskosten übernommen hat und sich die versicherte Person entgegen Art. 70 Abs. 3 ATSG nicht für die entsprechenden Leistungen bei der Invalidenversicherung anmeldet, ist der Krankenversicherer seinerseits befugt, die Anmeldung vorzunehmen (E. 6).

135 V 163 (9C_920/2008) from 16. April 2009
Regeste: Art. 52 und Art. 56a Abs. 1 BVG (je in der bis Ende 2004 gültig gewesenen Fassung); Art. 169 Abs. 1 OR; Wirkung von Verjährungsverzichtserklärungen nach Zession der auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche; Verjährung des Haftungs- und Regressanspruchs des Sicherheitsfonds (Art. 56a Abs. 1 BVG). Wer die auf Art. 52 BVG gestützten Ansprüche zessionsweise erwirbt, kann sich auf eine Verjährungsverzichtserklärung, die der Schuldner dem ursprünglichen Gläubiger abgegeben hat, berufen (E. 4.4). Die entsprechenden Verjährungsverzichtserklärungen haben keine Wirkung auf die Ansprüche gemäss Art. 56a Abs. 1 BVG (E. 5.2). Das Gesetz regelt die Frage nicht, innert welcher Frist der Sicherheitsfonds den Haftungs- und Regressanspruch (Art. 56a Abs. 1 BVG) klageweise geltend zu machen hat. Diese echte Lücke (E. 5.3) ist dahingehend zu schliessen, dass - in Analogie zu Art. 52 Abs. 3 AHVG - eine Verjährungsfrist von fünf Jahren ab Leistung der Zahlungen des Sicherheitsfonds gilt (E. 5.5). Frage offengelassen, ob die Frist mit jeder einzelnen oder gesamthaft mit der letzten Zahlung des Sicherheitsfonds zu laufen beginnt (E. 5.6).

136 II 263 (1C_284/2009, 1C_288/2009, 1C_290/2009) from 8. Juni 2010
Regeste: Entschädigungsansprüche für übermässige Lärmbelastung durch Flugverkehr; Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit; umweltschutzrechtliche Ansprüche der von übermässigen Fluglärm-Immissionen betroffenen Grundeigentümer. Stichtag für die (Un)Vorhersehbarkeit der Fluglärm-Immissionen im Einzugsbereich der schweizerischen Landesflughäfen ist der 1. Januar 1961. Die starke Zunahme der Ostanflüge seit 2001 aufgrund der Beschränkungen des deutschen Luftraums führt nicht zu einer Neufestsetzung dieses Stichdatums (E. 7). Unabhängig von der Vorhersehbarkeit der übermässigen Fluglärmbelastungen stehen den Betroffenen Ansprüche auf umweltschutzrechtliche Schallschutzvorkehren zu Lasten des Verursachers zu. Notwendigkeit der koordinierten Anwendung von Enteignungs-, Umwelt- und Raumplanungsrecht (E. 8).

136 III 6 (5A_333/2009) from 4. Dezember 2009
Regeste: Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB; Bauhandwerkerpfandrecht; Gerüstbau. Die Montage eines Gerüsts, das nicht eigens für einen bestimmten Bau hergestellt wurde und auf einer anderen Baustelle wieder verwendet werden kann, ist keine Arbeit, für die ein Bauhandwerkerpfandrecht beansprucht werden kann. Für eine Änderung dieser Praxis bestehen keine ernsthaften sachlichen Gründe (E. 2-6).

136 III 96 (4A_347/2009) from 16. November 2009
Regeste: Art. 335b und 336b OR; missbräuchliche Kündigung während der Probezeit; Frist zur schriftlichen Einsprache bei verkürzter Kündigungsfrist. Die Einsprache gegen eine missbräuchliche Kündigung während der Probezeit ist auch bei verkürzter Kündigungsfrist längstens bis zu deren Ende zu erheben, soweit dies möglich und zumutbar ist (E. 2 und 3).

136 III 334 (4A_163/2010) from 2. Juli 2010
Regeste: Versicherungsvertrag bezüglich Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall; Verletzung der Anzeigepflicht; Art. 6 VVG (Fassung vor dem 1. Januar 2006). Zusammenfassung der Grundsätze über die Verletzung der Anzeigepflicht bei Abschluss eines Versicherungsvertrags (E. 2). Erheblichkeit einer Tatsache für die Beurteilung der Gefahr. Im zu beurteilenden Fall ist die gelegentliche Konsumation einiger Cannabis Joints mehr als zehn Jahre vor Abschluss des Versicherungsvertrags keine erhebliche Tatsache, um die versicherte Gefahr zu beurteilen (E. 2.4). Berufung darauf, der Schaden sei vor Abschluss des Vertrags eingetreten (Art. 9 VVG) (E. 3).

137 V 90 (8C_238/2010) from 7. April 2011
Regeste: Art. 3 Abs. 2 UVG; Unfall in der Nachdeckungsfrist. Erleidet eine versicherte Person in der 30-tägigen Nachdeckungsfrist einen Unfall, so ist sie für dessen Folgen auch dann versichert, wenn sie vor dem Unfall bereits eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte (E. 5).

138 III 497 (5A_68/2012) from 16. Mai 2012
Regeste: Art. 578 ZGB; Art. 285 ff. SchKG; erbrechtliche und paulianische Anfechtungsklagen im Zusammenhang mit einem Erbverzichtsvertrag zugunsten der eigenen Nachkommen. Anfechtbar gemäss Art. 578 ZGB ist nur die Ausschlagung, nicht auch ein Erbverzichtsvertrag (E. 3). Frage des Rechtsmissbrauches (E. 4). Frage des Herabsetzungsanspruches (E. 5). Der Erbverzichtsvertrag zugunsten der eigenen Kinder ist weder Schenkung noch unentgeltliche Verfügung im Sinn von Art. 286 SchKG (E. 6). Ausführungen zur Absichtspauliana (E. 7).

138 III 659 (4A_189/2012) from 2. Oktober 2012
Regeste: a Art. 216a OR; Art. 1, 2 und 3 SchlT ZGB; Befristung von Kaufsrechten; intertemporales Recht. Die in Art. 216a OR vorgesehene gesetzliche Befristung ist nicht anwendbar auf Kaufsrechte, die vor Inkrafttreten dieser Bestimmung (1. Januar 1994) vereinbart wurden (E. 3).

140 II 289 (2C_873/2013) from 25. März 2014
Regeste: Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG; Weiterbestehen des Anspruchs auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für den Ehegatten, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht. Nach grammatikalischer, entstehungsgeschichtlicher, systematischer und teleologischer Auslegung von Art. 50 Abs. 1 lit a AuG können für die Berechnung der dort genannten Dreijahresfrist mehrere kürzere Ehegemeinschaften nicht zusammengerechnet werden. Eine Gesetzeslücke, die durch richterliche Rechtsschöpfung zu füllen wäre, liegt nicht vor (E. 3.1-3.7). Die Voraussetzung einer mindestens dreijährigen Ehegemeinschaft und einer erfolgreichen Integration müssen für einen Anspruch nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG ausserdem kumulativ erfüllt sein (E. 3.8).

140 III 206 (4A_363/2013) from 28. April 2014
Regeste: Ausgabe von Partizipationsscheinen bei der Genossenschaft. Die Ausgabe von Partizipationsscheinen ist bei der Genossenschaft (Art. 828 ff. OR) nach geltendem Recht unzulässig (E. 3).

140 III 404 (4A_475/2013) from 15. Juli 2014
Regeste: Art. 8 UWG, Art. 1-4 SchlT ZGB; Verwendung missbräuchlicher Geschäftsbedingungen; Übergangsrecht. Sind Verträge, die vor Inkrafttreten des revidierten Art. 8 UWG abgeschlossen wurden, nach dem neuen Recht zu beurteilen? Frage verneint hinsichtlich einer Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, gemäss der sich das Vertragsverhältnis noch vor dem 1. Juli 2012 automatisch verlängert hat (E. 3 und 4).

141 III 1 (5A_199/2014) from 27. November 2014
Regeste: Art. 105 Ziff. 4 ZGB; Art. 1 und 2 sowie 7 Abs. 2 SchlT ZGB; Rückwirkung. Der Eheungültigkeitsgrund von Art. 105 Ziff. 4 ZGB wirkt nicht zurück auf Ehen, welche vor Inkrafttreten dieser Norm geschlossen worden sind (E. 4).

141 III 43 (4A_238/2014) from 19. Januar 2015
Regeste: Organisationsmängelverfahren. Ein rechtskräftiger Auflösungsentscheid nach Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR kann nicht gestützt auf Art. 195 SchKG widerrufen werden (E. 2).

141 IV 298 (6B_791/2014) from 7. Mai 2015
Regeste: Art. 119a BGG und Art. 410 ff. StPO; Revision eines Strafbefehls der Bundesanwaltschaft. Das Bundesgericht ist in analoger Anwendung von Art. 119a BGG für die Behandlung von Revisionsgesuchen gegen Strafbefehle der Bundesanwaltschaft zuständig (E. 1).

142 II 136 (1C_256/2014 und andere) from 17. März 2016
Regeste: Enteignungsentschädigung wegen direkten Überflugs; Umfang und Berechnung des Minderwerts, insbesondere wenn nur ein Teil des Grundstücks überflogen wird (Art. 16 ff. EntG). Übersicht über den Streitstand (E. 2). An der bundesgerichtlichen Praxis, wonach der Eigentümer einer direkt, in geringer Höhe überflogenen Parzelle auch für den fluglärmbedingten Minderwert entschädigt wird, unabhängig von der Vorhersehbarkeit der Immissionen, ist festzuhalten (E. 3.4). Zu entschädigen ist grundsätzlich der Minderwert des gesamten Grundstücks und nicht nur des direkt überflogenen Teils (E. 3.5). Ausnahmen von diesem Grundsatz können sich bei Parzellen rechtfertigen, die mit mehreren Wohnbauten überstellt oder sehr gross sind (E. 3.6). Der fluglärmbedingte Minderwert von Ertragsliegenschaften darf auch in Gemeinden mit abendlichen und nächtlichen Ostanflügen nach dem hedonischen Modell ESchK berechnet werden (E. 4). Rechtfertigung und Berechnung eines Zuschlags zur Abgeltung der lärmunabhängigen Aspekte des direkten Überflugs (E. 7).

142 III 329 (4A_553/2015) from 10. März 2016
Regeste: Art. 261 Abs. 1 OR; Art. 779c ZGB; Übergang des Mietverhältnisses beim Heimfall einer im Baurecht erstellten Baute? Der Heimfall gemäss Art. 779c ZGB bei Untergang des Baurechts ist keine Veräusserung im Sinne von Art. 261 Abs. 1 OR (E. 4). Auch eine analoge Anwendung von Art. 261 Abs. 1 OR kommt - jedenfalls wenn der Heimfall für den Mieter voraussehbar ist - nicht in Betracht, womit der Mietvertrag nicht auf den Grundeigentümer übergeht (E. 5).

143 III 425 (5A_396/2015) from 22. Juni 2017
Regeste: Art. 607 ff. und Art. 610 ff. ZGB; Grundsätze des Erbteilungsrechts und Erbteilungsregeln; Befugnisse des Teilungsgerichts. Übersicht zu den Grundsätzen des Erbteilungsrechts und den gesetzlichen Erbteilungsregeln. Oberste Richtlinie des Teilungsrechts ist die Anspruchsgleichheit der Erben. Das Teilungsgericht ist an die gesetzlichen Bestimmungen insbesondere über die Bildung von Losen sowie über die Zuweisung und den Verkauf einzelner Sachen gebunden. Es ist folglich nicht befugt, Lose oder einzelne Sachen direkt nach eigenem Ermessen einem der Erben zuzuweisen, wenn sich die Erben darüber nicht einig sind und erblasserische Teilungsvorschriften fehlen (E. 4-6).

143 III 453 (5A_648/2016) from 3. Juli 2017
Regeste: Art. 178 ZPO; Begriff der Echtheit einer Urkunde. Art. 178 ZPO betrifft nur die Echtheit im engeren Sinne, also die Frage, ob die Urkunde von derjenigen Person stammt, die als Urheber erkennbar ist. Art. 178 ZPO betrifft jedoch nicht die inhaltliche Richtigkeit der Urkunde (E. 3).

143 V 446 (8C_430/2017) from 19. Dezember 2017
Regeste: Art. 6 MVG; Art. 1 Abs. 1 lit. g Ziff. 6 MVG (in der bis 30. Juni 1994 gültig gewesenen Fassung); Spätfolgen von Gesundheitsschäden bei Jugend+Sport (J+S)-Anlässen. Die Militärversicherung ist leistungspflichtig für nach dem 1. Juli 1994 aufgetretene Spätfolgen von vor diesem Datum bei J+S-Anlässen eingetretene Gesundheitsschäden (E. 2 und 3).

144 III 29 (5A_853/2016) from 26. Oktober 2017
Regeste: Art. 818 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB; Art. 140 SchKG; tatsächlich geschuldete Zinsen, die beim Schuldbrief pfandgesichert sind: Zinsen der Grundforderung oder Zinsen der Schuldbriefforderung? Zusammenfassung der Grundsätze bezogen auf einen Schuldbrief im Falle einer Sicherungsübereignung. Art. 818 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB hat die Zinsen aus der Schuldbriefforderung zum Gegenstand, doch kann der Gläubiger diese nur dazu verwenden, um sich für die auf die Grundforderung entfallenden Zinsen bezahlt zu machen (E. 4).

144 III 285 (4A_576/2017) from 11. Juni 2018
Regeste: Art. 140b PatG; Voraussetzungen für die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats. Bezeichnet das Grundpatent nur einen von zwei Wirkstoffen, kann ein Erzeugnis nach der Arzneimittelzulassung nicht als ergänzendes Schutzzertifikat beansprucht werden, wenn es aus zwei Wirkstoffen zusammengesetzt ist (Änderung der Rechtsprechung; E. 2). Auswirkung der Rechtsprechungsänderung auf ein bereits formell rechtskräftig erteiltes ergänzendes Schutzzertifikat (E. 3).

144 IV 97 (6B_171/2017) from 15. Februar 2018
Regeste: Art. 162 und 178 lit. f StPO; Verfahrensstellung nach rechtskräftiger Verurteilung in einem getrennten Verfahren. Eine Person, die in einem getrennten Verfahren für die abzuklärende oder eine damit in Zusammenhang stehende Straftat rechtskräftig verurteilt wurde, ist grundsätzlich in analoger Anwendung von Art. 162 ff. StPO als Zeuge oder Zeugin einzuvernehmen (E. 2 und 3).

145 III 109 (5A_841/2017) from 18. Dezember 2018
Regeste: Art. 64 Abs. 1bis IPRG; internationale Zuständigkeit für den Ausgleich von Vorsorgeansprüchen gegenüber einer schweizerischen Einrichtung der beruflichen Vorsorge; zeitlicher Anwendungsbereich des neuen Rechts. Auslegung von Art. 64 Abs. 1bis IPRG; Anerkennbarkeit eines bereits vor Inkrafttreten der Revision rechtskräftig gewordenen ausländischen Scheidungsurteils in Bezug auf den Ausgleich von Vorsorgeansprüchen gegenüber einer schweizerischen Einrichtung der beruflichen Vorsorge (E. 4 und 5).

146 I 105 (2C_209/2017) from 16. Dezember 2019
Regeste: Art. 10 Abs. 2 Bst. a DBA CH-LU; Art. 31 f. VRK; Art. 8 und 9 BV; Verwaltungsverordnungen (Kreisschreiben etc.); Auslegung; Vertrauensschutz; Anforderungen an Praxisänderungen; Gleichbehandlung im Unrecht. Bedeutung von Verwaltungsverordnungen für die gerichtliche Auslegung des internen Rechts und des Völkerrechts (E. 4.1 und 4.2). Kein Anspruch auf Schutz des Vertrauens in eine Verwaltungsverordnung, wenn die Behörde die Einhaltung weder individuell zugesichert, noch anderweitig ein besonderes Vertrauen geweckt hat (E. 5.1). Nach Treu und Glauben sind Praxisänderungen zu Fragen der Zulässigkeit von Rechtsmitteln vorgängig anzukündigen. Hingegen kein allgemeiner Vertrauensschutz gegen Änderungen der materiellen Praxis (E. 5.2.1). Behörden müssen aus Gründen der Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit die eigene und die Praxis übergeordneter Instanzen befolgen, solange nicht ernsthafte sachliche Gründe eine Praxisänderung gebieten. Keine Befolgungspflicht für das Bundesgericht hinsichtlich der Praxis einer untergeordneten Instanz, wenn es die Rechtsfrage frei überprüfen kann (E. 5.2.2). Ausnahmsweise Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Praxis einer untergeordneten Instanz durch das Bundesgericht im Einzelfall nur unter den Voraussetzungen des Anspruchs auf Gleichbehandlung im Unrecht, vorliegend verneint (E. 5.3 und 5.4).

146 II 111 (2C_151/2017 und andere) from 16. Dezember 2019
Regeste: a Art. 105 Abs. 3 DBG; örtliche Zuständigkeit für Veranlagung, wenn Sitz und tatsächliche Verwaltung der juristischen Person auseinanderfallen. Obschon der Ort der tatsächlichen Verwaltung im interkantonalen Verhältnis das Hauptsteuerdomizil darstellt, kommt ihm im Rahmen von Art. 105 Abs. 3 DBG nicht automatisch Vorrang gegenüber dem Sitz zu. Die betroffenen Kantone haben sich vielmehr über den Veranlagungsort für die direkte Bundessteuer zu verständigen und gegebenenfalls die Eidgenössische Steuerverwaltung anzurufen (E. 2.3.1-2.3.7).

146 III 169 (5A_457/2018) from 11. Februar 2020
Regeste: Art. 125 und 276a ZGB; Unterhaltsbeitrag zugunsten des Ex-Ehegatten. Auch mit Inkrafttreten des Art. 276a Abs. 2 ZGB geht die Unterhaltspflicht gegenüber dem Ex-Ehegatten weiterhin derjenigen gegenüber dem volljährigen, in Ausbildung stehenden Kind vor (E. 2.2 und 4).

 

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