Costituzione federale
della Confederazione Svizzera

del 18 aprile 1999 (Stato 13 febbraio 2022)


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Art. 16 Libertà d’opinione e d’informazione

1 La li­ber­tà d’opi­nio­ne e d’in­for­ma­zio­ne è ga­ran­ti­ta.

2 Ognu­no ha il di­rit­to di for­mar­si li­be­ra­men­te la pro­pria opi­nio­ne, di espri­mer­la e dif­fon­der­la sen­za im­pe­di­men­ti.

3 Ognu­no ha il di­rit­to di ri­ce­ve­re li­be­ra­men­te in­for­ma­zio­ni, non­ché di pro­cu­rar­se­le pres­so fon­ti ac­ces­si­bi­li a tut­ti e di dif­fon­der­le.

BGE

125 I 227 () from 21. April 1999
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Zulässigkeit der kantonalen Initiative»Genève, République de Paix». Einheit der Materie (E. 3). Vereinbarkeit der Initiative mit dem übergeordneten Recht; grundsätzliche Erwägungen; Tragweite eines allgemeinen Vorbehaltes zugunsten des eidgenössischen Rechts (E. 4). Bei restriktiver Auslegung verstösst die Intitiativbestimmung, welche eine Intervention des Kantons bei «internationalen Institutionen» vorsieht, nicht gegen die aussenpolitischen Kompetenzen des Bundes (E. 5). Dass sich der Kanton für die Senkung des Militärbudgets einsetzen solle (E. 6), für die Rückwidmung von militärischem Gelände zu zivilen Zwecken (E. 7), für die Verlagerung von wirtschaftlichen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem militärischen auf den zivilen Sektor (E. 8) sowie für die Aufnahme von Gewaltopfern (E. 9), erscheint bundesrechtskonform. Zulässig ist auch die Förderung des Zivildienstes im Rahmen einer objektiven Informationspolitik und durch Einrichtung einer angemessenen Infrastruktur (E. 10). Unzulässig wäre hingegen ein Verzicht des Kantons auf jeglichen Einsatz von Truppen zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung auf dem kantonalen Territorium (E. 11) oder zur Gewährleistung der Sicherheit von internationalen Konferenzen (Assistenzdienst; E. 12).

126 III 512 () from 6. Oktober 2000
Regeste: Einsicht in das Grundbuch (Art. 970 und 970a ZGB). Wer im Sinne von Art. 970 Abs. 2 ZGB Einsicht in das Grundbuch oder das Erstellen eines Auszugs verlangt, hat grundsätzlich auch dann ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft zu machen, wenn sich die Auskunft auf Daten bezieht, die auf Grund von Art. 970a ZGB veröffentlicht worden sind (E. 4 und 5). Ein Journalist, der Indizien für Spekulationsgeschäfte einer Immobiliengesellschaft nennt und beabsichtigt, über deren Gebaren auf dem regionalen Immobilienmarkt zu berichten, hat Anspruch darauf, dass das zuständige Grundbuchamt ihm die Grundstücke bekannt gibt, welche die Gesellschaft in einer bestimmten Zeitspanne erworben hat (E. 6).

127 I 84 () from 23. April 2001
Regeste: Art. 10, 14 und 18 EMRK; Art. 16 und 35 Abs. 2 BV; Art. 84 Abs. 1 OG; Nutzung von im Anstaltsgebrauch stehenden Fahrzeugen durch Private zu Werbezwecken; Meinungsfreiheit; Zensurverbot. Vorliegen eines hoheitlichen Aktes im Sinne von Art. 84 Abs. 1 OG, wenn eine staatliche Intervention das Zustandekommen eines von einem Privaten anbegehrten privatrechtlichen Vertrages verhindert (E. 4a)? Kein (direkter) grundrechtlicher Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Fahrzeugs der städtischen Verkehrsbetriebe als Werbeträger zur Verbreitung einer Meinung. Differenzierung zwischen der Benützung öffentlichen Grundes und der Nutzung von Verwaltungsvermögen (E. 4b). Der Staat bleibt bei der Erfüllung seiner Aufgaben auch dann an die Grundrechte der Bürger gebunden, wenn er als Subjekt des Privatrechts auftritt. Tragweite des Gleichbehandlungsgebotes beim Zugang zu kommerziell genutzten öffentlichen Sachen (E. 4c). Zulässigkeit der Zurückweisung eines zur Anbringung auf der Aussenfläche eines Busses bestimmten Werbetextes, weil dieser von einem Teil des Publikums als Beleidigung empfunden werden könnte (E. 4d).

127 I 145 () from 27. Juni 2001
Regeste: Einsicht in archivierte Strafakten durch Drittpersonen; Informations- und Wissenschaftsfreiheit, Art. 16 und 20 BV. Kantonale Bestimmungen über die Archivierung (E. 2). Keine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltenteilung durch den Verordnungsgeber (E. 3). Grundzüge der Kommunikationsfreiheit (E. 4b); die Informations- und Wissenschaftsfreiheit räumen keinen generellen Anspruch auf Beschaffung von Informationen aus nicht allgemein zugänglichen Quellen (archivierten Akten während Schutzfrist) ein (E. 4c und 4d). Prüfung der Anwendung des kantonalen Archivrechts; Persönlichkeitsschutz von Verstorbenen, Angehörigen und Drittpersonen (E. 5).

127 I 164 () from 20. September 2001
Regeste: Verweigerung einer Demonstration anlässlich des Weltwirtschaftsforums 2001 in Davos; Meinungs- und Versammlungsfreiheit; Art. 16 und 22 BV, Art. 11 EMRK, Art. 21 UNO-Pakt II. Prüfungsprogramm bei Fehlen eines aktuellen Interesses; Beschränkung auf grundsätzliche Fragen (E. 1a und 6). Grundzüge der Meinungs- und Versammlungsfreiheit hinsichtlich Durchführung von Kundgebungen auf öffentlichem Grund: Bewilligungspflicht, Interessenabwägung unter Beachtung des ideellen Gehalts der Grundrechte, Anordnung von Auflagen und Bedingungen, Mitwirkungspflicht der Veranstalter (E. 3). Prüfung des Ersuchens unter dem Aspekt der Verkehrsverhältnisse und des Gefahrenrisikos (E. 4). Grundsätzlicher Anspruch, Kundgebungen auch auf Plätzen durchzuführen, die nicht im öffentlichen Eigentum stehen, hingegen dem Gemeingebrauch gewidmet sind (E. 5b). Beurteilung der zeitlichen Verschiebung einer Kundgebung (E. 5c).

128 I 167 () from 7. Mai 2002
Regeste: Abstrakte Anfechtbarkeit eines Polizeieinsatzbefehls, Gewährleistung hinreichenden Rechtsschutzes im Anschluss an einen Polizeieinsatz; Art. 84 Abs. 1 OG, Art. 13 EMRK. Anfechtbarkeit von Erlassen und Verwaltungsverordnungen im Allgemeinen (E. 4.3). Gewährleistung hinreichenden Rechtsschutzes im Anschluss an Realakte anlässlich eines Polizeieinsatzes; Ausschluss der abstrakten Anfechtbarkeit eines Polizeieinsatzbefehls (E. 4.5).

128 I 295 () from 28. März 2002
Regeste: Art. 8, 9, 16, 17, 26, 27, 36, 49 Abs. 1, 93, 105, 118 Abs. 2 lit. a BV; Art. 2 und 3 BGBM; Gesetz des Kantons Genf vom 9. Juni 2000 über die Werbung; abstrakte Normenkontrolle. Die Genfer Bestimmung, welche das Anbringen von Werbung für Tabak und für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 15 Volumenprozenten auf öffentlichem Grund sowie auf privatem Grund verbietet, der vom öffentlichen Grund her einsehbar ist, verstösst nicht gegen: - den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts, und zwar sowohl hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes im Bereich des Alkohols, der Lebensmittel sowie von Radio und Fernsehen (E. 3) als auch hinsichtlich derjenigen im Bereich des Binnenmarktes (E. 4); - die Pressefreiheit sowie die Meinungs- und Informationsfreiheit, soweit die geschäftsmässige Werbung in den Schutzbereich dieser Grundrechte fällt (E. 5a); - die Wirtschaftsfreiheit (E. 5b); - die Eigentumsgarantie (E. 6); - das Rechtsgleichheitsgebot und das Willkürverbot (E. 7). Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie und der Wirtschaftsfreiheit von kantonalen Bestimmungen, welche die Werbung auf privatem Grund, soweit von öffentlichem Grund her einsehbar, der Kontrolle durch die öffentliche Gewalt unterstellt (E. 8), sowie des Verbots von Werbung auf fensterlosen Gebäudefassaden (E. 9).

128 IV 201 () from 26. Juli 2002
Regeste: Harte Pornographie (Art. 197 Ziff. 3 StGB); Meinungsäusserungsfreiheit (Art. 10 EMRK). Die Bestrafung wegen des Vertriebes von pornographischen Magazinen und Videofilmen, die sexuelle Handlungen mit Gewalttätigkeiten bzw. mit menschlichen Ausscheidungen zum Inhalt haben, verstösst auch dann nicht gegen die Meinungsäusserungsfreiheit, wenn mit diesen Erzeugnissen ausschliesslich interessierte und eingeweihte Erwachsene bedient werden (E. 1). Art. 20 StGB. Rechtsirrtum verneint (E. 2). Urheberrechtsverletzung (Art. 67 Abs. 1 lit. e, lit. f und Abs. 2 URG); Verwendung zum Eigengebrauch (Art. 19 URG). Der Inhaber eines Geschäfts, der im Handel erhältliche Werkexemplare vollständig oder weitgehend vollständig vervielfältigt und die Kopien an Kunden zu deren Eigengebrauch veräussert, erfüllt den Tatbestand der Urheberrechtsverletzung (E. 3).

129 I 249 () from 27. Mai 2003
Regeste: Art. 29 Abs. 2 BV; Anspruch auf Akteneinsicht ausserhalb eines Verfahrens; Einsicht in die Ergebnisse einer Administrativuntersuchung. Anspruch auf Akteneinsicht ausserhalb eines Verfahrens (E. 3). Einsicht in die Akten einer Administrativuntersuchung, deren Ergebnisse aus unterschiedlichen Herrschaftsbereichen stammen (E. 4). Abwägung der für und gegen eine Einsichtnahme sprechenden Interessen. Den Interessen des im vorliegenden Fall persönlich Betroffenen stehen keine wesentlichen Interessen von privaten oder bediensteten Auskunftspersonen gegenüber (E. 5).

129 IV 6 () from 25. September 2002
Regeste: Art. 181 StGB (Nötigung); Art. 32-34 StGB (Rechtfertigungsgründe); Wahrnehmung berechtigter Interessen; Art. 20 StGB (Verbotsirrtum); Art. 48 Ziff. 2, Art. 63 StGB (Strafzumessung). Blockadeaktionen von "Greenpeace"-Aktivisten gegen die Kernkraftwerke Beznau, Gösgen und Leibstadt. Objektiver und subjektiver Tatbestand der Nötigung (E. 2). Prüfung der Rechtfertigungsgründe der Wahrnehmung berechtigter Interessen, der Notstandshilfe, der Putativnotwehr und der Gesetzespflicht (E. 3). Rechtswidrigkeit der Nötigung (E. 3.4-3.7). Voraussetzung für den Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen ist grundsätzlich, dass zuvor der Rechtsweg mit legalen Mitteln beschritten und ausgeschöpft worden ist. Die inkriminierte Handlung muss ein zum Erreichen des angestrebten berechtigten Ziels notwendiges und angemessenes Mittel darstellen und offenkundig weniger schwer wiegen als die Interessen, die der Täter zu wahren sucht. Dies gilt auch, wenn vermeintliche Missstände öffentlich gemacht werden sollen (E. 3.3). Verbotsirrtum (E. 4). Substanziierungsanforderungen der Nichtigkeitsbeschwerde (E. 5). Strafzumessung (E. 6).

130 I 369 () from 7. Juli 2004
Regeste: Anfechtbarkeit von polizeilichen Realakten, Verweigerung des Zugangs nach Davos gegenüber einem Journalisten anlässlich des Weltwirtschaftsforums 2001; Informationsfreiheit, Einschränkung von Grundrechten; Art. 10 Abs. 2, 16 f. und 36 BV, Art. 8, 10 und 13 EMRK. Die polizeiliche Hinderung des Zugangs nach Davos anlässlich des Weltwirtschaftsforums 2001 berührt den betroffenen Journalisten in der persönlichen Freiheit sowie in der Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit (E. 2). Wirksame Beschwerde bei der Regierung im Sinne von Art. 13 EMRK im Anschluss an polizeiliche Realakte (E. 6.1). Beurteilung des durch die polizeilichen Anordnungen bewirkten Grundrechtseingriffs im vorliegenden Fall: Abstützen auf die polizeiliche Generalklausel (E. 7.3); öffentliches Interesse (E. 7.4); Verhältnismässigkeit (E. 7.5).

130 I 388 () from 13. Oktober 2004
Regeste: Anspruch auf gerichtliche Überprüfung von polizeilichen Realakten; Verweigerung des Zugangs nach Davos gegenüber einem Journalisten anlässlich des Weltwirtschaftsforums 2001; Art. 5 und 29a BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Das Bundesverfassungsrecht räumt keinen Anspruch auf gerichtliche Überprüfung von Eingriffen in Grundrechte infolge polizeilicher Realakte ein, welche einem Journalisten anlässlich des Weltwirtschaftsforums 2001 den Zugang nach Davos verwehrten (E. 4). Die polizeilichen Realakte berühren den Journalisten im vorliegenden Fall nicht in einer civil right-Position; der Ausschluss einer gerichtlichen Überprüfung hält von Art. 6 Ziff. 1 EMRK stand (E. 5).

130 III 699 () from 7. September 2004
Regeste: a Art. 336 Abs. 1 lit. b OR; Arbeitsvertrag; missbräuchliche Kündigung; Ausübung eines verfassungsmässigen Rechts. Die Kündigung gegenüber einer Partei, die in Ausübung eines verfassungsmässigen Rechts eine Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag verletzt oder die Arbeit im Unternehmen in schwerwiegender Weise beeinträchtigt, ist nicht missbräuchlich. Dies gilt insbesondere für Arbeitnehmer, denen eine erhöhte Treuepflicht obliegt, wie namentlich den Angestellten von "Tendenzbetrieben", worunter Unternehmen zu verstehen sind, deren Zweck nicht hauptsächlich gewinnorientiert ist und die eine Tätigkeit mit geistigem oder intellektuellem Charakter ausüben, sei es politischer, konfessioneller, gewerkschaftlicher, wissenschaftlicher, künstlerischer, karitativer oder ähnlicher Art (E. 4).

131 III 480 () from 22. Juni 2005
Regeste: Urheberrecht; Zitatrecht; Urheberpersönlichkeitsrecht (Art. 11 und 25 URG). Voraussetzungen des Zitatrechts bei Sprachwerken (E. 2 und 3). Indirekter Eingriff in die Werkintegrität durch die unerlaubte Veröffentlichung eines Sprachwerkes in einer Zeitung (E. 4)?

131 IV 23 () from 6. Oktober 2004
Regeste: Art. 261bis Abs. 4 StGB, Art. 16 BV, Art. 10 EMRK, Art. 19 UNO-Pakt II; Rassendiskriminierung, Meinungsäusserungsfreiheit, politische Auseinandersetzung. Als Herabsetzung oder Diskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB erscheinen alle Verhaltensweisen, durch welche den Angehörigen einer Bevölkerungsgruppe aufgrund ihrer Rasse, Ethnie oder Religion die Gleichwertigkeit als menschliche Wesen oder die Gleichberechtigung in Bezug auf die Menschenrechte abgesprochen oder zumindest in Frage gestellt werden. Die Freiheit der Meinungsäusserung verbietet es, in der politischen Auseinandersetzung eine Herabsetzung oder Diskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 StGB leichthin zu bejahen. Den Tatbestand erfüllt nicht bereits, wer über eine geschützte Bevölkerungsgruppe etwas Unvorteilhaftes äussert, solange die Kritik im Gesamtzusammenhang sachlich bleibt und sich auf objektive Umstände stützt (E. 3).

132 I 256 () from 4. September 2006
Regeste: Verweigerung einer Kundgebung am 1. August 2006 in Brunnen; Art. 16 und 22 BV, Art. 11 EMRK. Legitimation einer einfachen Gesellschaft (E. 1.1). Grundsätze der Meinungs- und Versammlungsfreiheit hinsichtlich Durchführung einer Kundgebung auf öffentlichem Grund (E. 3 und 4.1). Behördliche Schutzmassnahmen vor drohender Gegendemonstration und ihre Grenzen (E. 4.3). Vor dem Hintergrund der konkreten Gegebenheiten hält die Verweigerung der Kundgebungsbewilligung vor der Verfassung stand (E. 4.4-4.7).

132 III 641 () from 22. Mai 2006
Regeste: Art. 28 ZGB; Persönlichkeitsverletzung durch die Übergabe von Unterlagen, in denen der Umfang des persönlichen Beitrags eines Chefarztes bei chirurgischen Eingriffen in Frage gestellt wird, an Medienschaffende. Ausschluss der Widerrechtlichkeit der Persönlichkeitsverletzung im Allgemeinen (E. 3). Die Bedienung eines freien Journalisten und des Schweizer Fernsehens SFDRS mit Unterlagen der genannten Art zu einem Zeitpunkt, da verschiedene medizinische Fachverbände und öffentliche Stellen schon seit beinahe zwei Jahren über die darin angesprochene Problematik informiert waren, stellt keine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung dar (E. 4-6).

134 IV 216 (6B_498/2007) from 3. April 2008
Regeste: Nötigung (Art. 181 StGB); Streikrecht (Art. 28 Abs. 3 BV, Art. 8 Abs. 1 lit. d UNO-Pakt I), Versammlungsfreiheit (Art. 22 BV, § 17 Abs. 1 KV/AG), Meinungsfreiheit (Art. 16 BV). Blockade des Verkehrs auf einer Autobahn im Rahmen eines Streiks. Nötigung im konkreten Fall bejaht (E. 4-6).

135 I 302 (1C_434/2008) from 28. September 2009
Regeste: Unterschriftensammlung für eine Volksinitiative auf öffentlichem Grund; Gemeindeautonomie. Zulässigkeit der Autonomiebeschwerde (E. 1). Die Begriffe des schlichten und gesteigerten Gemeingebrauchs sind kantonalrechtlich bestimmt; Umschreibung in Praxis und Lehre; es verletzt die Gemeindeautonomie nicht, in den umstrittenen Unterschriftensammlungen keinen gesteigerten Gemeingebrauch zu erblicken und eine Bewilligungspflicht zu verneinen (E. 3). Es besteht weder hinsichtlich der Wahrnehmung politischer Rechte noch zum Schutze von andern Grundrechtsausübungen ein hinreichendes verfassungsrechtliches Interesse, die umstrittenen Unterschriftensammlungen einer Bewilligungspflicht zu unterstellen (E. 4).

135 II 296 (2C_899/2008) from 18. Juni 2009
Regeste: Art. 16, 17, 26 und 93 Abs. 2 BV; Art. 59, 60, 107 Abs. 6 sowie Art. 110 Abs. 2 und 3 RTVG; rundfunkrechtliche Aufschaltpflicht für ein altrechtlich konzessioniertes privates Fernsehprogramm, welches neurechtlich keiner Konzession mehr bedarf und über keinen Leistungsauftrag verfügt ("Must carry"-Rules). Eine unter altem Recht konzessionierte Fernsehveranstalterin profitiert übergangsrechtlich von einem Zugangsrecht zu einem Netzwerk für die analoge Ausstrahlung ihres Programms nur, falls sie bereits altrechtlich in den Genuss einer Aufschaltverfügung gekommen ist (E. 2 und 3). Für den Erlass einer Aufschaltverfügung nach neuem Recht muss das Programm in besonderem Mass zur Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrags beitragen (E. 4.1-4.3). Ein Programm, welches trotz spezifisch schweizerischen Sportbeiträgen weiterhin in erheblichem Mass aus Produktionen besteht (Call-In, Erotik, Wahrsagerei), die keinen Mehrwert zum bestehenden Programmangebot bieten, genügt dieser Anforderung nicht (E. 4.4).

136 I 332 (8C_1065/2009) from 31. August 2010
Regeste: Art. 16 Abs. 2 BV; Art. 10 EMRK; Art. 19 UNO-Pakt II; Art. 116 BGG; § 49 des kantonalzürcherischen Gesetzes über das Arbeitsverhältnis des Staatspersonals; Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit eines öffentlich-rechtlichen Angestellten. Die gegenüber dem Dozenten einer staatlichen Hochschule wegen Verteilung eines Flugblattes an die Mitglieder des Kantonsrates verfügten Massnahmen - Verweis und Entzug einer Leitungsfunktion - stellen eine unzulässige Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit dar (E. 3).

136 II 399 (1C_522/2009) from 19. Mai 2010
Regeste: Art. 6 und 8 Abs. 1 BGÖ, Art. 15 RVOG, Art. 5 RVOV; Einsichtsrecht in die zwischen der Eidgenossenschaft und dem Generalsekretär eines Departements bzw. seinem Stellvertreter abgeschlossenen Abgangsvereinbarungen. Als einfache Beilagen zum Antrag an den Bundesrat, welche vor Eröffnung des Mitberichtsverfahrens erstellt wurden, unterliegen die Abgangsvereinbarungen nicht der Geheimhaltung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 BGÖ (E. 2).

136 IV 97 (6B_599/2010) from 26. August 2010
Regeste: Art. 92 StGB und Art. 36 Abs. 1 BV; Unterbrechung des Vollzugs von Strafen und Massnahmen; polizeiliche Generalklausel. Kognition des Bundesgerichts im Verfahren der Beschwerde gegen einen Entscheid, durch welchen die Unterbrechung des Vollzugs einer Strafe oder einer Massnahme verweigert wird (E. 4). Auslegung von Art. 92 StGB; Begriff der "wichtigen Gründe" (E. 5.1); Schranken des Ermessensspielraums der Vollzugsbehörde (E. 5.2). Problematik des länger dauernden Hungerstreiks eines Strafgefangenen; unter bestimmten Voraussetzungen kann die Strafvollzugsbehörde die Zwangsernährung anordnen, mit Rücksicht auf die Subsidiarität der Vollzugsunterbrechung aber nicht, solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass einer Gefahr für die Gesundheit des Betroffenen gegebenenfalls nicht durch Zwangsernährung begegnet werden kann (E. 6).

137 I 8 (1B_292/2010) from 23. Dezember 2010
Regeste: Medienfreiheit (Art. 17 BV); Filmaufnahmen in einer Strafanstalt mit einem Insassen. Die Durchführung eines Fernsehinterviews in einer Strafanstalt fällt unabhängig vom konkreten Inhalt des Beitrags in den Schutzbereich der Medienfreiheit (E. 2.5). Im Rahmen der gemäss Art. 36 BV vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Interessen an einem sicheren und geordneten Strafvollzug wie auch allfällige Beeinträchtigungen von Rechten Dritter gegen das entgegenstehende Interesse der Beschwerdeführer als Medienschaffende am Porträtieren eines Anstaltsinsassen abzuwägen (E. 2.6).

137 I 16 (1C_322/2010) from 6. Oktober 2010
Regeste: Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Abs. 1 UNO-Pakt II; Art. 16 Abs. 3 BV; Art. 53 StGB; Prinzip der Justizöffentlichkeit; Informationsfreiheit; Anspruch auf Einsicht in eine rechtskräftige Einstellungsverfügung. Der in Art. 30 Abs. 3 BV verankerte Grundsatz der Justizöffentlichkeit konkretisiert für den Bereich gerichtlicher Verfahren die Informationsfreiheit gemäss Art. 16 Abs. 3 BV (E. 2.2). Art. 30 Abs. 3 BV findet auch auf Einstellungen nach Art. 53 StGB Anwendung (E. 2.3). Vorliegend ergibt sich das schutzwürdige Informationsinteresse aus der Kontrollfunktion der Medien (E. 2.4).

137 I 209 (1B_134/2011) from 14. Juli 2011
Regeste: Art. 17 und 36 BV, Art. 6 Ziff. 1 und Art. 10 EMRK, § 135 GVG/ZH, Art. 70 StPO; Medienfreiheit, Gerichtsberichterstattung über eine nicht öffentliche strafgerichtliche Hauptverhandlung. Der Berichterstatter, der sich der gerichtlichen Auflage für den Zugang zur Hauptverhandlung (hier: die Wahrung der Anonymität der Verfahrensbeteiligten) nicht unterzieht, darf davon ausgeschlossen werden (E. 4 und 5).

137 IV 313 (6B_143/2011) from 16. September 2011
Regeste: Art. 173 StGB; Art. 16 Abs. 2 BV, Art. 10 EMRK; üble Nachrede; Zulassung zum Wahrheitsbeweis; Meinungsäusserungsfreiheit. Einer Person zu unterstellen, sie habe Sympathien für das Nazi-Regime, ist selbst für einen Politiker ehrverletzend. Voraussetzungen von Art. 173 Ziff. 3 StGB für die Zulassung zum Entlastungsbeweis im Sinne von Art. 173 Ziff. 2 StGB (E. 2). Grenzen der Meinungsäusserungsfreiheit in der politischen Diskussion (E. 2.1.4 und 3).

138 I 274 (2C_415/2011) from 3. Juli 2012
Regeste: Aushängen von Plakaten im Bahnhof: öffentlich-rechtliche Angelegenheit; Benützung öffentlicher Sachen; Meinungsfreiheit; Zensurverbot; Art. 16 Abs. 2 und Art. 35 Abs. 2 BV; Art. 82 lit. a BGG. Die Regelung der Zulässigkeit und des Umfangs einer ausserordentlichen Nutzung der öffentlichen Sachen i.e.S. ist öffentlich-rechtlicher Natur (Art. 82 lit. a BGG; E. 1.1-1.4). Aushängen von Plakaten zu aussenpolitischen Themen stellt eine Form der Meinungsäusserung dar, die in den Schutzbereich der Meinungsäusserungsfreiheit fällt; die SBB sind grundrechtsgebunden (E. 2.2). Die SBB sehen vor, dass die öffentliche Sache i.e.S. auch ausserordentlich für die Plakatierung genutzt werden kann; das Ausscheiden von Plakatanschlagstellen muss durch die SBB aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung (einschliesslich der zweckmässigen Nutzung der öffentlichen Anlage) erfolgen. Sind die Stellen für den Plakataushang bezeichnet, so ist das einzelne Plakat nur noch unter polizeilichen Gesichtspunkten zu prüfen (E. 2.3). Ein generelles Verbot von Plakaten mit aussenpolitischen Themen ist nicht zulässig (E. 3.4). Das konkrete Plakat ist nicht zu beanstanden (E. 3.5).

138 II 267 (2C_790/2011) from 22. März 2012
Regeste: Art. 93 Abs. 2 BV; Art. 59 und 60 Abs. 1 lit. a und b RTVG; Zugang zu Verbreitungsinfrastruktur von Fernsehprogrammen ("Must-Carry"-Verpflichtungen); Aufschaltpflicht für das Jugendprogramm "joiz". Ausnahmsweise kann auch ein Sparten- oder Zielpublikumsprogramm in den Genuss einer Aufschaltverfügung nach Art. 60 Abs. 1 RTVG kommen, wenn es ein originelles und finanziell realisierbares Gesamtprogramm offeriert, das über die bestehenden Angebote hinaus in qualitativ und quantitativ relevanter Weise zur Erfüllung des verfassungsrechtlichen Leistungsauftrags für Radio und Fernsehen beiträgt und die bestehende audiovisuelle Medienlandschaft thematisch sinnvoll ergänzt (E. 2 und 3). Beurteilung des Jugendprogramms "joiz" (E. 4).

138 II 346 (1C_230/2011) from 31. Mai 2012
Regeste: Datenschutzgesetz, Art. 28 ff. ZGB; Gewährleistung des Persönlichkeitsschutzes bei der Publikation von Personendaten in Google Street View. Zuständigkeit des EDÖB (E. 3). Begriff der Personendaten in Bezug auf die in Google Street View verwendeten Bilder (E. 6.5). Datenschutzvorschriften für die Bearbeitung von Personendaten (E. 7). Konkretisierung des in Art. 28 ZGB gewährleisteten Persönlichkeitsschutzes durch das Datenschutzrecht, Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Recht am eigenen Bild (E. 8). Berücksichtigung allgemeiner datenschutzrechtlicher Grundsätze (E. 9). Interessenabwägung in Bezug auf die Frage, ob und inwieweit die Bearbeitungsmethoden insgesamt geeignet sind, die Persönlichkeit einer grossen Anzahl von Personen zu verletzen: Es wird in Kauf genommen, dass höchstens ca. 1 % der Bilder ungenügend anonymisiert ins Internet gelangen und darauf erkennbare Personen und Fahrzeugkennzeichen erst auf Anzeige der Betroffenen hin nachträglich manuell unkenntlich gemacht werden (E. 10.6 und 10.7). Pflicht zur effizienten, unbürokratischen und kostenlosen nachträglichen Anonymisierung (E. 10.6.3 und 14.4). Die vorgängige automatische Anonymisierung ist laufend dem Stand der Technik anzupassen (E. 10.6.5 und 14.1). Bei sensiblen Einrichtungen (Schulen, Spitälern, Altersheimen, Frauenhäusern, Gerichten und Gefängnissen etc.) ist vor der Aufschaltung im Internet die vollständige Anonymisierung von Personen und Kennzeichen vorzunehmen (E. 10.6.4 und 14.2). Bilder von Privatbereichen wie umfriedeten Höfen, Gärten usw., die dem Einblick eines gewöhnlichen Passanten verschlossen bleiben, dürfen ohne Zustimmung der Betroffenen grundsätzlich nicht veröffentlicht werden, soweit sie von einer Kamerahöhe von über 2 m aufgenommen wurden; Übergangsfrist von max. drei Jahren zur Entfernung bereits aufgeschalteter Bilder, die dieser Anforderung nicht entsprechen (E. 10.7 und 14.3). Pflicht, in den Medien generell über die Widerspruchsmöglichkeit und speziell über bevorstehende Aufnahmen und Aufschaltungen von Bildern zu informieren (E. 10.6.3, 11 und 14.4).

139 I 114 (1C_64/2013) from 26. April 2013
Regeste: Gebührenpflicht für den Zugang zu amtlichen Dokumenten durch Medienschaffende (Art. 16 Abs. 3 und Art. 17 BV; Art. 10 Abs. 4 lit. a und Art. 17 BGÖ, Art. 14-16 VBGÖ, Art. 3 Abs. 2 lit. a AllgGebV). Art. 10 Abs. 4 lit. a BGÖ verpflichtet den Verordnungsgeber, Rücksicht auf die besonderen Bedürfnisse der Medien zu nehmen. Diesem Auftrag ist bei der Gebührenfestsetzung (Art. 14 VBGÖ i.V.m. Art. 3 Abs. 2 lit. a AllgGebV) Rechnung zu tragen. Das öffentliche Interesse am Zugang der Medien zu amtlichen Dokumenten kann zu einem (ganzen oder teilweisen) Verzicht auf die Gebührenerhebung führen (E. 2-4).

139 I 129 (1C_390/2012) from 26. März 2013
Regeste: Einsicht in ein Urteil der Asylrekurskommission mit Bekanntgabe des Spruchkörpers, Grundsatz der Justizöffentlichkeit; Art. 30 Abs. 3 BV, Bundesgesetz über die Archivierung, Reglement über die Archivierung beim Bundesverwaltungsgericht. Einsichtsrecht in Archivgut während laufender Schutzfrist nach Archivierungsrecht (E. 3.2 und 3.4). Bedeutung der Justizöffentlichkeit im Allgemeinen und in Bezug auf den Teilgehalt der Urteilsverkündung im Besondern (E. 3.3). Die Urteilsbekanntgabe wird vom Archivierungsrecht nicht ausgeschlossen (E. 3.5). Umfang und Beschränkungen des Anspruchs auf Kenntnisnahme von Urteilen: Der Anspruch schliesst den Spruchkörper ein, lässt indes Anonymisierungen und Abdeckungen zu (E. 3.6). Im vorliegenden Fall ist das archivierte Urteil mit dem Spruchkörper in anonymisierter Form bekanntzugeben (E. 3.6).

139 I 306 (2C_1032/2012) from 16. November 2013
Regeste: Art. 10 EMRK; Art. 16 Abs. 2, Art. 17, 35 Abs. 2 sowie Art. 93 Abs. 3 BV; Art. 4-6, 94, 95 Abs. 3 lit. b und Art. 97 Abs. 2 lit. b RTVG; Grundrechtsbindung der SRG im Werbebereich; "Was das Schweizer Fernsehen totschweigt". Die Weigerung der SRG bzw. der publisuisse SA, eine Werbebotschaft auszustrahlen, kann mit Zugangsbeschwerde bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) angefochten werden; gegen deren Entscheid steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (E. 1). Bei ihrem privatrechtlichen Handeln im Werbebereich ist die SRG grundrechtsgebunden. Sie hat dabei insbesondere (auch) dem ideellen Gehalt der Freiheitsrechte Rechnung zu tragen. Die blosse Befürchtung, eine umstrittene (ideelle) Werbung könnte ihrem Ruf abträglich sein, stellt kein hinreichendes Interesse dar, die Ausstrahlung eines ihr gegenüber kritischen Werbespots zu verweigern, solange der Auftraggeber nicht widerrechtlich handelt (E. 3-5).

140 III 616 (4A_295/2014) from 28. November 2014
Regeste: Art. 19 URG; Vervielfältigungen durch Dritte im Rahmen des Eigengebrauchs; Umfang der zulässigen Vervielfältigung von Werkexemplaren. Beurteilung der Zulässigkeit eines Dokumentenlieferdienstes einer Bibliothek (E. 3.1-3.6). Art. 19 Abs. 2 URG schliesst die Weitergabe einer zulässigerweise erstellten Kopie an den Berechtigten durch Versendung per Post oder per E-Mail nicht aus (E. 3.4). Umfang der zulässigen Vervielfältigung durch Dritte (E. 3.5). Begriff der im Handel erhältlichen "Werkexemplare" nach Art. 19 Abs. 3 lit. a URG (E. 3.6).

141 I 201 (2C_1058/2014) from 28. August 2015
Regeste: Art. 13, 16 und 36 BV; gesetzliche Grundlage für Grundrechtseingriffe. Die unbefristete Auflage an einen Verfügungsadressaten, wonach er den Inhalt der Verfügung nur mit Zustimmung der FINMA herausgeben oder zugänglich machen darf, stellt einen schweren Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und die Meinungsäusserungsfreiheit dar. Die FINMA verfügt über keine ausreichende gesetzliche Grundlage für einen solchen Eingriff (E. 4).

141 I 211 (1B_169/2015, 1B_177/2015) from 6. November 2015
Regeste: Art. 16, 17 und 36 BV, Art. 69 ff. StPO, § 11 ff. AEV/ZH; Einschränkung der Gerichtsberichterstattung über eine öffentliche strafrechtliche Hauptverhandlung. Das vom Strafrichter gegenüber den Gerichtsberichterstattern unter Androhung von Ordnungsbusse ausgesprochene Verbot, bestimmte Informationen über den Angeklagten zu publizieren, war mangels hinreichender gesetzlicher Grundlage unzulässig (E. 3).

141 II 182 (2C_882/2014) from 13. April 2015
Regeste: Art. 16 Abs. 3 und Art. 93 BV; Art. 10 EMRK; Art. 3 lit. c und e, Art. 10 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 MWSTG; Art. 14 Ziff. 1 MWSTV; Art. 68 ff. RTVG; Radio- und Fernsehempfangsgebühren; Mehrwertsteuerpflicht. Rechtliche Grundlagen der Radio- und Fernsehempfangsgebühren (E. 2). Auch Leistungen, die sich der Staat zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe beschafft, können der Mehrwertsteuerpflicht unterliegen. Voraussetzung dazu ist, dass ein Leistungsaustauschverhältnis bzw. keine Subventionierung vorliegt (E. 3). Aufgrund der Entwicklung des Radio- und Fernsehrechts (E. 6.3) kann an der Qualifikation der Empfangsgebühr als Regalabgabe nicht festgehalten werden. Wer Radio- und Fernsehsendungen empfängt, nimmt ein verfassungsmässiges Recht wahr, womit keine Überlassung von Rechten im Sinne von Art. 3 lit. e MWSTG vorliegen kann (E. 6.4). Die Empfangsgebühr ist auch nicht die Gegenleistung für irgendeine andere vom Bund erbrachte Leistung (E. 6.5). Sie ist eher als Zwecksteuer oder Abgabe sui generis zu qualifizieren (E. 6.7). Die Empfangsgebühr untersteht nicht der Mehrwertsteuerpflicht (E. 6.9).

142 I 26 (1C_118/2015) from 8. Dezember 2015
Regeste: Bestimmung des Kantons Tessin zum Standort von Mobilfunkantennen; Gewaltenteilungsprinzip und Gemeindeautonomie; Einschränkung der Informationsfreiheit und der Wirtschaftsfreiheit (Art. 16 Abs. 3, 27 und 36 BV). Die angefochtene, von der Kantonsregierung erlassene Bestimmung verlangt die Festlegung des Standorts von Mobilfunkantennen innert einer Übergangsfrist von zehn Jahren. Dies verletzt das Gewaltenteilungsprinzip und die Gemeindeautonomie im Bereich der Raumplanung (E. 3.3-3.7). Möglichkeiten für Gemeinden und Kanton, den Standort von Mobilfunkanlagen mittels raumplanerischer Massnahmen und Bauordnung festzulegen (E. 4.2). Die umstrittene Regelung sieht ein Kaskadenmodell vor, welches undifferenziert auf das gesamte Kantonsgebiet anwendbar sein soll. Sie garantiert keine ausreichende Mobilfunkversorgung und ist nicht verhältnismässig zum Schutz bestimmter Wohnzonen in den einzelnen Gemeinden (E. 4.3-4.5).

142 I 121 (1C_230/2015) from 20. April 2016
Regeste: Art. 10 Abs. 2, Art. 16 Abs. 1 und 2, Art. 22, Art. 31 Abs. 1 und 4 sowie Art. 36 Abs. 1 und 2 BV; Art. 5 Ziff. 1, Art. 10 sowie 11 EMRK; polizeiliche Festhaltung eines potenziellen Teilnehmers einer bevorstehenden unbewilligten Demonstration. Die rund zweieinhalbstündige Festhaltung des Beschwerdeführers im Rahmen einer polizeilichen Einkesselung sowie die anschliessende knapp dreieinhalbstündige Festhaltung zur sicherheitspolizeilichen Überprüfung stellten gesamthaft betrachtet einen Freiheitsentzug im Sinne von Art. 31 BV dar und waren mit einer Einschränkung in die Bewegungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und allenfalls die Meinungsfreiheit verbunden (E. 3.1). Gesetzliche Grundlage für die polizeiliche Festhaltung (E. 3.2 und 3.3). Die Festhaltung des Beschwerdeführers lag im öffentlichen Interesse (E. 3.4) und war unter den gegebenen Umständen verhältnismässig (E. 3.5). Der mit der Festhaltung des Beschwerdeführers verbundene Freiheitsentzug war im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. b und c EMRK gerechtfertigt (E. 3.6).

142 II 313 (1C_296/2015) from 18. Mai 2016
Regeste: Art. 5 Abs. 2, Art. 17 und Art. 180 Abs. 2 BV, Art. 3, 4, 5, 6 Abs. 1 sowie Art. 7 Abs. 1 lit. d BGÖ; Zugang zu Informationen der Eidgenössischen Steuerverwaltung gestützt auf das Prinzip der Öffentlichkeit der Verwaltung. Gemäss dem Öffentlichkeitsgesetz des Bundes besteht ein subjektiver Anspruch auf Zugang zu den amtlichen Dokumenten von Verwaltungseinheiten des Bundes unter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen. Das Verhältnis des Transparenzgebots zu besonderen Vertraulichkeitsregeln lässt sich nicht generell festlegen, sondern ist von Fall zu Fall zu ermitteln. Abzuwägen sind die sich gegenüberstehenden Interessen im Einzelfall (E. 3). Tragweite des Vorbehalts der aussenpolitischen Interessen und der internationalen Beziehungen der Schweiz bei Informationen über den Umfang der internationalen Amtshilfe in Steuersachen (E. 4 und 5).

143 I 147 (1C_502/2015) from 18. Januar 2017
Regeste: a Art. 16 Abs. 1 und 2 und Art. 22 BV; Meinungs- und Versammlungsfreiheit im Zusammenhang mit der Auferlegung von Kosten bei Kundgebungen auf öffentlichem Grund. Auferlegung von Kosten als Grundrechtseingriff (E. 3.1). Grundzüge der Meinungs- und Versammlungsfreiheit bei Kundgebungen auf öffentlichem Grund (E. 3.2). Abschreckungswirkung bzw. Einschüchterungseffekt ("chilling effect") bei der Ausübung dieser ideellen Grundrechte (E. 3.3).

143 I 194 (1B_349/2016, 1B_350/2016) from 22. Februar 2017
Regeste: Art. 16, 17, 30 Abs. 3 und 36 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 14 UNO-Pakt II; Art. 69 und 70 StPO; § 11 Abs. 2 AEV/ZH; Ausschluss der Medien von der Berufungsverhandlung und Urteilseröffnung. Die rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung des Grundsatzes der Justizöffentlichkeit gebietet, einen Ausschluss des Publikums und der Medienschaffenden in gerichtlichen Strafverfahren nur sehr restriktiv, mithin bei überwiegenden entgegenstehenden Interessen, zuzulassen (E. 3.1). Zur Wahrung gewichtiger Anliegen des Kinder-, Jugend- oder Opferschutzes kommt eine Zugangsverweigerung nur dann in Frage, wenn sich weniger weitgehende Einschränkungen als zweckuntauglich erweisen; sie ist auf diejenigen Verfahrensabschnitte zu beschränken, in denen schwergewichtig besonders sensible Umstände thematisiert werden, die in der Öffentlichkeit auszubreiten den betroffenen Personen nicht zugemutet werden kann (E. 3.6.1). Im vorliegenden Fall verletzte der vollständige Ausschluss der akkreditierten Gerichtsberichterstatterinnen und -erstatter von der Berufungsverhandlung und mündlichen Urteilsverkündung den Grundsatz der Justizöffentlichkeit und die Medien- und Informationsfreiheit, zumal die Interessen am Schutz der Privatkläger nicht gegen die Interessen der Medienschaffenden an der Informationsbeschaffung bzw. -verbreitung und an einer wirksamen Justizkontrolle aufzukommen vermochten (E. 3.6 und 3.7).

143 IV 193 (6B_610/2016) from 13. April 2017
Regeste: Rassendiskriminierung (Aufruf zu Hass oder Diskriminierung, Art. 261bis Abs. 1 StGB; Herabsetzung oder Diskriminierung, Art. 261bis Abs. 4 erster Teilsatz StGB). Tatbestandsmässigkeit der Schlagzeile "Kosovaren schlitzen Schweizer auf!" eines Inserats bejaht, das für die Unterstützung der Volksinitiative "Masseneinwanderung stoppen!" warb und die Umsetzung der Volksinitiative "Ausschaffung krimineller Ausländer" forderte (E. 1-4).

144 I 50 (2C_499/2015) from 6. September 2017
Regeste: Art. 28 BV, Art. 11 EMRK, Art. 22 UNO-Pakt II, Art. 8 UNO-Pakt I, ILO-Übereinkommen Nr. 87 und 98, insb. Art. 3 ILO-Übereinkommen Nr. 87; Regierungsbeschluss, welcher den Gewerkschaften grundsätzlich den Zutritt zu den Gebäuden verbietet, die der Staat - ausser als deren Eigentümer - auch als Arbeitgeber verwaltet, und welcher die Ausübung gewerkschaftlicher Tätigkeiten im Gebäudeinnern bestimmten Bedingungen unterwirft. Inhalt und Tragweite der Koalitionsfreiheit gemäss Art. 28 BV, besonders in Bezug auf die Tätigkeiten der Gewerkschaften (E. 4.1). Hinweis auf die Normen des internationalen Rechts, welche diese Freiheit ebenfalls schützen (E. 4.2). Darstellung der (nicht einhellig vertretenen) Auffassung der Lehre zur Frage des Zutrittsrechts der Gewerkschaftsvertreter zu den Gebäuden einer Unternehmung sowie der "abgeleiteten Rechte", welche die Internationale Arbeitsorganisation als unabdingbar erachtet, um die Ausübung der Koalitionsfreiheit effektiv sicherzustellen (E. 4.3). Das Urteil 6B_758/2011 vom 24. September 2012 ist hier nicht massgeblich, weil das Recht auf Zugang zum Arbeitsort öffentliche Gebäude und nicht privaten Grund betrifft (E. 5.1-5.3). Der Staat muss unter anderem die Gewerkschaften in die Lage versetzen, dass sie ihre Aktivitäten tatsächlich frei gestalten können (E. 5.3.2), im Einklang mit den Verpflichtungen des internationalen Rechts, namentlich der ILO-Übereinkommen Nr. 87 und 98; wie weit diese self-executing-Charakter haben, ist nicht entscheidend, da sie sich teilweise mit Art. 11 EMRK und Art. 22 UNO-Pakt II überschneiden (E. 5.3.3). Zugehörigkeit der Gebäude der Kantonsverwaltung zum Verwaltungsvermögen des Staates und Modalitäten betreffend den gewöhnlichen Gebrauch und/oder den ausserordentlichen Gebrauch der öffentlichen Güter (E. 6.2.1). Der Staat muss die Grundrechte einhalten (E. 6.3). Das Recht auf Zutritt zu den Verwaltungsgebäuden ist ein wesentlicher Teilgehalt der Koalitionsfreiheit (E. 5.3.3.1, 5.3.3.2 und 5.4). Wenngleich das hier beanstandete System, welches den Gewerkschaften den Zutritt zu den Verwaltungsgebäuden grundsätzlich verweigert, und welches die Ausübung von gewerkschaftlichen Tätigkeiten im Gebäudeinnern bestimmten Bedingungen unterwirft, von einem relevanten öffentlichen Interesse getragen wird (E. 6.4.1), stellt es dennoch einen übermässigen Eingriff in die Koalitionsfreiheit dar. Es ist somit unverhältnismässig und wird aufgehoben. Einladung an die betreffenden Parteien, auf dem Verhandlungsweg eine Einigung zu suchen, sowie Beispiele für zulässige Massnahmen (E. 6.4.2 und 6.4.3).

144 I 126 (1C_598/2016) from 2. März 2018
Regeste: Speicherung und Aufbewahrung von Randdaten der Telekommunikation. Streitgegenstand bildet die verwaltungsrechtliche Frage, ob die Speicherung und Aufbewahrung von mit dem Fernmeldeverkehr verbundenen Randdaten konform mit der Verfassung bzw. der EMRK sind (E. 2.2). Art. 15 Abs. 3 des bis zum 28. Februar 2018 geltenden Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (aBÜPF) verpflichtete die Fernmeldedienstanbieter - gleich wie das heute geltende BÜPF -, die für die Teilnehmeridentifikation notwendigen Daten sowie die Verkehrs- und Rechnungsdaten ihrer Kunden zu speichern und während sechs Monaten aufzubewahren (E. 3). Die Speicherung und die Aufbewahrung von Randdaten stellen einen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen dar, insbesondere in das Recht auf Achtung des Privatlebens, das den Anspruch auf informationelle Selbstbestimmung miteinschliesst (E. 4). Die Intensität dieses Grundrechtseingriffs ist allerdings zu relativieren: Die gespeicherten Daten betreffen nicht den Inhalt der Kommunikation und werden von den Fernmeldeunternehmen weder gesichtet noch miteinander verknüpft; für einen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden müssen die qualifizierten gesetzlichen Voraussetzungen der Strafprozessordnung erfüllt sein (E. 5). Art. 15 Abs. 3 aBÜPF bildete für die Randdatenspeicherung eine hinreichende gesetzliche Grundlage (E. 6). Die Randdatenspeicherung und -aufbewahrung dient namentlich der Aufklärung von Straftaten; damit liegt ein gewichtiges öffentliches Interesse vor (E. 7). Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen sehen wirksame und angemessene Garantien zum Schutz vor Missbrauch und behördlicher Willkür vor. Unter diesen Rahmenbedingungen ist auch die sechsmonatige Aufbewahrungsdauer verhältnismässig (E. 8).

144 I 170 (1C_461/2017) from 27. Juni 2018
Regeste: Art. 9, 16 und 36 BV, Art. 11 Abs. 3 und Art. 21 Abs. 1 und 2 KV/SO, Informations- und Datenschutzgesetz des Kantons Solothurn; Zugang zu Unterlagen der IV-Stelle zu den Ergebnissen externer medizinischer Gutachten über die Arbeitsunfähigkeit von Gesuchstellern für IV-Leistungen. Verfassungs- und gesetzesrechtliche Regelung des Aktenzugangs im Kanton Solothurn. Die Auslegung des kantonalen Gesetzes durch das Verwaltungsgericht ist nicht willkürlich. Insbesondere ist es nicht unhaltbar, zu verlangen, dass das schutzwürdige Interesse am Aktenzugang umso grösser sein muss, je erheblicher der Aufwand für die Zugangsgewährung ausfällt. Die gesetzliche Grundlage für den Grundrechtseingriff ist daher nicht zu beanstanden. Hingegen besteht ein erhebliches Interesse am Aktenzugang. Das kantonale Verfassungsrecht beschränkt den Informationsanspruch nicht auf öffentlich zugängliche Akten und das Gesetz schliesst auch Verwaltungsjustizakten nicht vom Zugangsanspruch aus. Eine Verweigerung des Aktenzugangs kann mithin nur in Betracht fallen, wenn ein so ausserordentlicher Aufwand zu bewältigen wäre, dass der Geschäftsgang der Behörde dadurch erheblich beeinträchtigt bzw. nahezu lahmgelegt würde. Rückweisung der Streitsache an das Verwaltungsgericht zur Prüfung, ob diese Voraussetzung erfüllt ist oder nicht (E. 6-8).

144 I 281 (1C_211/2016, 1C_212/2016) from 20. September 2018
Regeste: Art. 13 Abs. 2, 16, 22, 27, 49 Abs. 1 BV; Kanton Tessin; Gesichtsverhüllungsverbot im öffentlichen Raum. Die Tessiner Gesetze über die Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum und über die öffentliche Ordnung sehen eine abschliessende Liste mit Ausnahmen zum Gesichtsverhüllungsverbot vor. Politische, gewerbliche oder Werbeveranstaltungen kommen auf dieser Liste nicht vor (E. 3.4). Im Lichte der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 117 Ia 472) erscheint das so formulierte Verbot unter dem Blickwinkel der Meinungsfreiheit, der Versammlungsfreiheit und der Wirtschaftsfreiheit als unverhältnismässig (E. 5.3 und 7). Um es mit diesen Grundrechten vereinbar zu machen, wird der Grosse Rat die Gesetze ergänzen und zusätzliche Ausnahmen für die betreffenden Veranstaltungen vorsehen müssen (E. 5.4.3- 5.5 und 7.4). Das im Gesetz über die öffentliche Ordnung vorgesehene Gesichtsverhüllungsverbot verstösst weder gegen den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts (E. 4) noch gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (E. 6). Die Vereinbarkeit der neuen Bestimmungen mit der Religionsfreiheit wurde nicht bestritten und daher vom Bundesgericht nicht geprüft (E. 3).

144 II 77 (1C_428/2016) from 27. September 2017
Regeste: Art. 13 Abs. 2 BV; Art. 7 Abs. 1 und Art. 9 BGÖ; Art. 19 Abs. 1bis DSG; Gesuch um Einsicht in die in der Neuen Ereignisdatenbank (NEDB) enthaltenen Einträge über Gefährdungen und Störungen der 26 wichtigsten Schweizer Transportunternehmen. Damit ein Geheimhaltungstatbestand nach Art. 7 Abs. 1 BGÖ greift, muss die bei einer Zugangsgewährung drohende Verletzung öffentlicher oder privater Interessen ernsthaft sein und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten; eine eigentliche Interessenabwägung ist dabei nicht vorzunehmen. Enthält ein amtliches Dokument indes Personendaten, die sich nicht anonymisieren lassen, ist gemäss Art. 19 Abs. 1bis DSG (bzw. Art. 7 Abs. 2 BGÖ) eine umfassende Güterabwägung vorzunehmen (E. 3). Dabei können dem Transparenzinteresse neben privaten Interessen am Schutz der Privatsphäre bzw. der informationellen Selbstbestimmung auch gewichtige öffentliche Anliegen gegenübergestellt werden, die der Zugangsgewährung zuwiderlaufen und nicht von einer Ausnahmebestimmung im Sinne von Art. 7 f. BGÖ erfasst werden (E. 5.7). Frage offengelassen, ob sich öffentliche Unternehmungen im Bereich der Wahrnehmung konzessionierter öffentlicher Aufgaben auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung berufen können (E. 5).

145 IV 23 (6B_805/2017) from 6. Dezember 2018
Regeste: Art. 261bis Abs. 4 zweiter Satzteil StGB, Art. 16 BV und Art. 10 EMRK; Rassendiskriminierung, Leugnung von Völkermord, Beweggrund; Freiheit der Meinungsäusserung. Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 zweiter Satzteil StGB setzt in subjektiver Hinsicht einen diskriminierenden Beweggrund voraus (E. 2.3). Hinweis auf das Urteil des EGMR Perinçek gegen Schweiz und Anwendung der entsprechenden Beurteilungskriterien zur Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit auf den konkreten Fall (E. 5).

146 I 30 (4A_179/2019) from 24. September 2019
Regeste: Art. 30 Abs. 3 BV; Art. 54 ZPO; Justizöffentlichkeit; Zivilprozess. Vergleichsgespräche im Zivilprozess, in denen das Gericht mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beilegung des Streits zwischen den Parteien vermittelt, gelten nicht als Gerichtsverhandlung respektive Verhandlung im Sinne von Art. 30 Abs. 3 BV und Art. 54 Abs. 1 ZPO und sind daher nicht öffentlich (E. 2).

146 I 145 (1C_37/2019) from 5. Mai 2020
Regeste: Art. 25a VwVG; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Gesuch um Erlass einer Verfügung über Realakte im Zusammenhang mit dem Klimaschutz; Zulässigkeit des Nichteintretens der Gesuchsadressaten. Der Begriff der Handlungen im Sinne von Art. 25a VwVG ist weit auszulegen und umfasst neben individuell-konkreten Realakten grundsätzlich auch generell-abstrakte (E. 4.2). Über den Gesetzeswortlaut hinaus kann auch behördliches Unterlassen gerügt werden (E. 4.1). Trotz des weiten Begriffsverständnisses kann sich die Frage stellen, ob - wie im vorliegenden Fall - gestützt auf Art. 25a VwVG eine Reihe von staatlichen Massnahmen zu einer bestimmten Problematik gefordert werden kann. Anträge auf eine bestimmte Gestaltung aktueller Politikbereiche sind nach dem schweizerischen Verfassungsrecht grundsätzlich auf dem Weg der demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten einzubringen (E. 4.3). Das Berührtsein in Rechten gemäss Art. 25a VwVG setzt voraus, dass die gesuchstellende Person mit einer gewissen Intensität in der persönlichen Rechtssphäre betroffen ist (E. 4.1 und 4.4). Die Beschwerdeführerinnen sind - wie die restliche Bevölkerung auch - durch die gerügten Unterlassungen nicht mit hinreichender Intensität in den angerufenen (Grund-)Rechten betroffen. Ihr Begehren ist als Popularbeschwerde zu beurteilen und nach Art. 25a VwVG, der einzig den Individualrechtsschutz gewährleistet, unzulässig (E. 5). Gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK muss die Rechtsauffassung, dass der strittige Anspruch nach innerstaatlichem Recht besteht, zumindest vertretbar ("arguable") sein (E. 6.1). Dies ist vorliegend nicht der Fall (E. 6.2).

147 I 280 (1C_377/2019) from 1. Dezember 2020
Regeste: Unterlassungs- und Feststellungsgesuche betreffend Funk- und Kabelaufklärung (Art. 38 ff. NDG); Anspruch auf materielle Beurteilung der Gesuche (Art. 25 Abs. 1 DSG; Art. 13 EMRK). Bei der Funk- und Kabelaufklärung werden Personendaten bearbeitet, unabhängig davon, ob Informationen durch den NDB gespeichert werden (E. 6.1). Die Beschwerdeführenden sind potenziell in gleicher Weise von der Funk- und Kabelaufklärung betroffen wie alle Kommunikationsteilnehmer (E. 6.2.2). Speziell betroffen sind Medienschaffende sowie Anwälte und Anwältinnen (E. 6.2.3). Das Recht auf wirksame Beschwerde gemäss Art. 13 EMRK kann bei geheimen Überwachungsmassnahmen eingeschränkt oder aufgeschoben werden, wenn überwiegende Geheimhaltungsinteressen dies rechtfertigen und das System insgesamt mit Art. 8 EMRK vereinbar ist (E. 7.1). Dies muss von einer unabhängigen Instanz innerstaatlich überprüft werden können (E. 7.2). Für die "Opferstellung" i.S.v. Art. 34 EMRK genügt nach der EGMR-Rechtsprechung die hinreichende Wahrscheinlichkeit, einer geheimen Überwachung ausgesetzt zu sein, wenn es nicht möglich oder zumutbar ist, Beschwerde gegen konkrete Überwachungsmassnahmen zu ergreifen (E. 7.2.2). Die Beschwerdeführenden werden durch die Funk- und Kabelaufklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 8 EMRK und Art. 13 BV) tangiert (E. 8). Sie haben keine Möglichkeit, Kenntnis von sie betreffenden Massnahmen der Funk- und Kabelaufklärung zu erhalten (E. 9.2) und sind daher darauf angewiesen, das System der Funk- und Kabelaufklärung in der Schweiz auf seine Verfassungs- und EMRK-Konformität überprüfen zu lassen. Dies stellt keine abstrakte Normenkontrolle dar: Gegenstand der Prüfung ist nicht das Gesetz als solches, sondern die (vermutete) Erfassung von Daten der Beschwerdeführenden (E. 9.3). Auf die Gesuche ist daher grundsätzlich nach Art. 25 Abs. 1 DSG i.V.m. Art. 13 EMRK einzutreten (E. 9.4).

147 IV 65 (6B_440/2019) from 18. November 2020
Regeste: Art. 28 Abs. 1 StGB; Strafbarkeit der Medien; keine Anwendbarkeit von Art. 28 Abs. 1 StGB beim "Teilen" und Kommentieren eines fremden Beitrags auf Facebook. Grundsatz der exklusiven Strafbarkeit des Autors bei Mediendelikten (E. 5.1-5.3). Der in Art. 28 Abs. 1 StGB verankerte Begriff des "Mediums" umfasst nicht nur sämtliche Kommunikationsträger, sondern auch Kommunikationsmittel (E. 5.4.1-5.4.3). Die Anwendbarkeit von Art. 28 Abs. 1 StGB erfordert zunächst, dass das Medienerzeugnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Das gilt grundsätzlich für Beiträge auf Social Media-Plattformen, soweit sie nicht durch persönliche Einstellungen nur für einen beschränkten Personenkreis verfügbar sind (E. 5.4.4). Die Anwendbarkeit von Art. 28 Abs. 1 StGB bedingt zusätzlich, dass sich die strafbare Handlung in der Veröffentlichung erschöpft. Art. 28 Abs. 1 StGB privilegiert dabei alle innerhalb der für das Medium typischen Herstellungs- und Verbreitungskette tätigen Personen. Der weite Medienbegriff setzt voraus, dass im Einzelfall geprüft werden muss, wer Teil der medientypischen Kette ist. Vorliegend verneint beim "Teilen" und Kommentieren eines fremden bereits veröffentlichten Beitrags auf Facebook (E. 5.5 und 5.6).

147 IV 145 (6B_601/2020) from 6. Januar 2021
Regeste: a Art. 292 StGB, Art. 70 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 80 Abs. 3 StPO; formelle Gültigkeitsvoraussetzungen und Tragweite eines Beschlusses, welcher den Zugang von Gerichtsberichterstattern zu einer unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Verhandlung unter der Strafandrohung des Art. 292 StGB nur bedingt zulässt. Wird eine Gerichtsverhandlung gestützt auf Art. 70 Abs. 1 StPO unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt, kann der Zutritt der Gerichtsberichterstatter zu den Verhandlungen nach Art. 70 Abs. 3 StPO zwecks Wahrung berechtigter Interessen und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit mit bestimmten Auflagen verbunden werden, deren Nichteinhalten zum Ausschluss von der Verhandlung führen kann. Der Vorentscheid, welcher den Medienvertretern, die zu Verhandlungen unter teilweisem Ausschluss der Öffentlichkeit zugelassen sind, die Berichterstattung über bestimmte Informationen untersagt, ist ein verfahrensleitender Beschluss (Art. 80 Abs. 3 StPO), der weder gesondert ausgefertigt noch begründet werden muss, sondern im Protokoll vermerkt und den Parteien in geeigneter Weise, insbesondere auch mündlich, eröffnet werden kann. Diese Mitteilungsmodalitäten und die fehlende Rechtsmittelbelehrung vermögen die Gültigkeit des mit der Strafandrohung im Sinne von Art. 292 StGB versehenen Beschlusses, welcher einem superprovisorischen Entscheid ähnelt, nicht in Frage zu stellen (E. 1).

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