Costituzione federale
della Confederazione Svizzera

del 18 aprile 1999 (Stato 13 febbraio 2022)


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Art. 49 Preminenza e rispetto del diritto federale

1 Il di­rit­to fe­de­ra­le pre­va­le su quel­lo can­to­na­le con­tra­rio.

2 La Con­fe­de­ra­zio­ne vi­gi­la sul ri­spet­to del di­rit­to fe­de­ra­le da par­te dei Can­to­ni.

BGE

89 I 389 () from 9. Oktober 1963
Regeste: Art. 84, 85 OG: Unzulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen kantonale Verfassungsvorschriften. Unzulässigkeit der Abstimmungsbeschwerde a) wenn eine Anordnung in Frage steht, welche vor der Abstimmung hätte angefochten werden können, b) wenn es an einer der Beschwerde vorausgegangenen kantonalen Entscheidung über das Abstimmungsverfahren fehlt.

93 I 350 () from 4. Oktober 1967
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde; Kultussteuer. 1. Da Art. 49 Abs. 6 BV kein unverzichtbares Recht gewährleistet, ist seine Verletzung im Anschluss an den Entscheid über die Kultussteuerpflicht zu rügen; die staatsrechtliche Beschwerde kann nicht erst gegen den Rechtsöffnungsentscheid geführt werden. 2. Kriterien für die Zugehörigkeit zu einer Religionsgenossenschaft. Formerfordernisse für den Austritt aus derselben.

97 I 116 () from 3. März 1971
Regeste: Staatsrechtliche Beschwerde. Voraussetzungen, unter denen mit dem Entscheid der letzten kantonalen Instanz auch derjenige der untern Instanz angefochten werden kann (Erw. 1). Legitimation juristischer Personen zur Beschwerde wegen Verletzung von Art. 49 BV? (Erw. 3 a). Bezeichnung von Privatschulen. Kantonale Vorschrift, wonach Privatschulen sich so zu bezeichnen haben, dass über ihren nichtstaatlichen Charakter kein Zweifel besteht. Verbot, eine private Schule zur Ausbildung von Pfarrern auf Hochschulstufe als "Freie Evangelisch-Theologische Hochschule" zu bezeichnen. Vereinbarkeit dieses Verbots mit Art. 49 BV (Erw. 3 b), 56 und 31 BV (Erw. 4) und.Art. 4 BV (Erw. 5)?

97 I 221 () from 2. Juni 1971
Regeste: Glaubens- und Kultusfreiheit (Art. 49 und 50 BV). Gestaltung der Bestattungsfeier. Staatsrechtliche Beschwerde. 1. Unzuständigkeit des Bundesgerichts zur Beurteilung von Beschwerden wegen Verletzung von Art. 53 Abs. 2 BV (Erw. 1a). 2. Ausnahme vom Grundsatz der kassatorischen Funktion der staatsrechtlichen Beschwerde (Erw. 1b) 3. Voraussetzungen, unter denen mit dem Entscheid der letzten kantonalen Instanz auch derjenige der untern Instanz angefochten werden kann (Erw. 3a). 4. Legitimation einer kirchliche Zwecke verfolgenden Körperschaft zur Beschwerde wegen Verletzung von Art. 50 BV. Wieweit kann sich eine solche Körperschaft auch auf Art. 49 BV berufen? (Erw. 3c). 5. Aus Art. 49 und 50 BV ergibt sich keine Pflicht der staatlichen Behörden, dafür zu sorgen, dass die Gestaltung der Bestattungsfeier dem letzten Willen des Verstorbenen entspricht (Erw. 4).

98 IA 405 () from 20. September 1972
Regeste: Kirchensteuer; Art. 49 Abs. 6 BV. Kirchensteuerpflicht auswärts wohnender Personen für Grundeigentum. Voraussetzung ist nicht die Mitgliedschaft in der betreffenden Kirchgemeinde, sondern nur die Zugehörigkeit zur gleichen Konfession (Bestätigung der Rechtsprechung).

100 IA 255 () from 13. Februar 1974
Regeste: Kirchensteuer; Art. 49 Abs. 6 BV. Besteuerung konfessionell gemischter Familien. 1. Die Haushaltbesteuerung ist zulässig, sofern nur ein der Kirchenzugehörigkeit der einzelnen Familienglieder entsprechender Bruchteil der vollen Steuer erhoben wird. (Bestätigung der Rechtsprechung.) 2. Die Haftung des konfessionsfremden Ehemannes für die Kirchensteuer seiner Ehefrau ergibt sich schon aus der familienrechtlichen Unterhaltspflicht. (Bestätigung der Rechtsprechung.)

101 IA 172 () from 17. Juni 1975
Regeste: Art. 4 BV und Meinungsäusserungsfreiheit; Entzug der Wahlfähigkeit eines Lehrers. 1. Verhältnis von strafrechtlicher Verurteilung und besonderer Verwaltungsmassnahme (E. 2). 2. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei disziplinarischen Massnahmen gegenüber kantonalen Beamten (E. 3). 3. Eine strafrechtliche Verurteilung kann die Funktion einer verwaltungsinternen Verwarnung erfüllen (E. 4). 4. Verhältnismässigkeit der disziplinarischen Massnahme (E. 5). 5. Strafrechtliche Schranken der Meinungsäusserungsfreiheit (E. 6).

101 IA 392 () from 5. November 1975
Regeste: Gemeindeautonomie, Art. 4 und 49 BV; Friedhofreglement. 1. Befugnis der Gemeindeexekutive zur Beschwerdeführung (E. 1). 2. Zu Unrecht verweigerte Genehmigung des autonomen Gemeinderechts? Kognition des Bundesgerichts (E. 2a). 3. Die Regelung, dass auf einem Friedhof als Grabmäler nur Kreuze zulässig sind, verletzt die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Eine solche Regelung hält vor diesem Grundrecht auch dann nicht stand, wenn durch eine Ausnahmebewilligung die Verwendung eines anderen Grabzeichens gestattet werden kann (E. 3b). 4. Verbot von Grabmälern aus Stein; Vereinbarkeit mit Art. 4 BV (E. 4).

102 IA 468 () from 6. Oktober 1976
Regeste: Kirchensteuerpflicht juristischer Personen; Art. 49 Abs. 6 BV, Art. 4 BV, Art. 9 EMRK. Die Kirchensteuerpflicht juristischer Personen ist mit Art. 49 Abs. 6 BV und Art. 4 BV grundsätzlich vereinbar (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung). Sie verstösst auch nicht gegen Art. 9 EMRK.

103 IA 191 () from 8. Juni 1977
Regeste: Gemeindeautonomie; Rechtsetzungsbefugnisse der bernischen Gemeinden auf dem Gebiete des Ladenschlusses (Abendverkauf). 1. Beginn der Beschwerdefrist bei Anfechtung eines dem fakultativen Referendum unterstehenden Erlasses; verfrühte Einreichung der Beschwerde (E. 1). 2. Engt der kantonale Gesetzgeber den von ihm einmal festgelegten Umfang der kommunalen Rechtsetzungsbefugnis nachträglich durch Gesetzesänderung ein, so liegt hierin keine Verletzung der Gemeindeautonomie, solange nicht in unmittelbar durch die Verfassung gewährleistete Rechtsetzungsbefugnisse eingegriffen wird (E. 3). 3. Eine Gemeinde kann im Rahmen einer Autonomiebeschwerde nicht die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte rügen (E. 4a). Hingegen kann sie sich auf gewisse allgemeine Verfassungsgrundsätze berufen (E. 4b).

104 IA 79 () from 8. Februar 1978
Regeste: Art. 49 BV; Austritt aus der Landeskirche. 1. Sind die kantonalen Verwaltungsbehörden von Bundesrechts wegen verpflichtet, die von ihnen zu vollziehenden kantonalen Erlasse akzessorisch auf ihre Bundesverfassungsmässigkeit zu prüfen? Frage offen gelassen (E. 2). 2. Formelle Erfordernisse, die an die Erklärung des Kirchenaustrittes gestellt werden dürfen: Eine kantonale Regelung, wonach der Austrittswille nach Ablauf einer gewissen Zeit (mindestens 30 Tage) seit Abgabe der ersten Erklärung durch eine zweite, beglaubigte Erklärung bestätigt werden muss, verstösst nicht gegen Art. 49 BV. Doch muss der Austritt rückwirkend auf den Zeitpunkt der ersten Erklärung wirksam werden (E. 3). 3. Eine kantonale Regelung, wonach der Austretende die Kirchensteuer noch für das ganze laufende Jahr zu bezahlen hat, verstösst gegen Art. 49 Abs. 6 BV. Die Kirchensteuer darf nur noch pro rata temporis bis zum Kirchenaustritt erhoben werden (E. 4). 4. Ausnahme vom Grundsatz der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 5).

107 IA 126 () from 19. Juni 1981
Regeste: Kirchensteuer, Art. 49 Abs. 6 BV. Die Bestimmung des glarnerischen Steuergesetzes, wonach diejenigen Personen, die keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehören, der Kirchgemeinde, in der sie Wohnsitz haben, die halbe Kirchensteuer bezahlen müssen, verstösst gegen Art. 49 Abs. 6 BV, da die Steuer für eigentliche Kultuszwecke auferlegt wird.

113 IA 107 () from 30. Juni 1987
Regeste: Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV. Gleicher Lohn für Mann und Frau. 1. Rechtsnatur der Gewährleistung, dass männliche und weibliche Arbeitnehmer Anspruch auf gleichen Lohn haben; Folgen für den Rechtsweg, die Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts und das Beschwerderecht des Arbeitgebers (E. 1). 2. Vergleich von Leistungen, die von Schauspielern verschiedenen Geschlechts erbracht werden. Wertgleichheit vorliegend bejaht (E. 3). 3. Anwendungsbereich von Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV. Umstände, die eine Abweichung von der Regel der Lohngleichheit rechtfertigen können (E. 4a). 4. Pflicht einer Theaterleitung, eine nebenberuflich tätige Schauspielerin, die im letzten Moment ausfällt, rasch und ohne Kostenüberschreitung zu ersetzen, als objektiver Umstand, der ein Abweichen vom Grundsatz der Lohngleichheit rechtfertigt (E. 4b).

113 IA 304 () from 13. November 1987
Regeste: Kultusfreiheit; Strafvollzug. 1. Verhältnis zwischen Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 49 Abs. 1 BV) und Kultusfreiheit (Art. 50 Abs. 1 BV) (E. 2). 2. Anforderungen an eine grundrechtskonform ausgestaltete Gottesdienstordnung im Strafvollzug (E. 3-5).

114 IA 129 () from 19. Februar 1988
Regeste: Art. 49 und 50 BV, Art. 9 EMRK; Schuldispensation für Laubhüttenfest der Weltweiten Kirche Gottes. Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit im Rahmen des Schulobligatoriums (E. 3). Benötigen Angehörige einer stark auf dem Alten Testament basierenden Religionsgemeinschaft pro Jahr insgesamt nicht mehr Tage Schuldispensation, als der Kanton Zürich den - meistbegünstigten - Angehörigen der jüdischen Religion zugesteht, so wird das Verhältnismässigkeitsgebot verletzt, wenn die Schuldispensation für 5 (oder, je nach Jahr, 6) aufeinanderfolgende Tage mit der Begründung verweigert wird, dass Schüler jüdischen Glaubens nie mehr als 4 aufeinanderfolgende Tage Schuldispensation beanspruchen müssen (E. 5).

114 IA 395 () from 29. Juni 1988
Regeste: Art. 82 lit. b und c des Tessiner Gemeindeorganisationsgesetzes vom 10. März 1987; Unvereinbarkeit des Amtes eines Mitglieds der Gemeindeexekutive mit dem Richteramt, bzw. jenes Amtes mit der Funktion des Geistlichen. 1. Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde (Art. 85 lit. a OG). a) Grundsatz und Besonderheit im Zusammenhang mit der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte des Bürgers (E. 3a). b) Die Unvereinbarkeit eines politischen Mandats mit bestimmten Funktionen oder bestimmten Ämtern kann im Rahmen einer gestützt auf Art. 85 lit. a OG erhobenen staatsrechtlichen Beschwerde geltend gemacht werden und zwar steht dieses Rechtsmittel nicht nur dem gewählten Bürger zu, der unmittelbar von der Unvereinbarkeitsklausel betroffen ist, sondern auch andern Bürgern, die sich damit gegen die Nichtbeachtung einer solchen Klausel oder unmittelbar gegen eine Norm, die eine solche Unvereinbarkeitsklausel einführt, zur Wehr setzen wollen (Bestätigung der Rechtsprechung) (E. 3b). 2. Kassatorische Natur und Pflicht zur Begründung der staatsrechtlichen Beschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG (E. 4). 3. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts im Bereich der abstrakten Normkontrolle (E. 5). 4. Unterscheidung zwischen Unvereinbarkeit und Unwählbarkeit; Fälle, in denen diese Unterscheidung von rein theoretischer Bedeutung ist; Zweck der Unvereinbarkeitsklausel (E. 6). 5. Prüfung der in Art. 82 lit. b und c des Gemeindeorganisationsgesetzes geregelten Unvereinbarkeit. a) Die Unvereinbarkeit des Amtes eines Mitglieds der Gemeindeexekutive mit dem Richteramt beruht auf ernsthaften und sachlichen Gründen und beschränkt die politischen Rechte des Bürgers nicht in unzulässiger Weise (E. 7). b) Hingegen beruht die Vorschrift, die die Unvereinbarkeit des geistlichen Standes mit dem Gemeindeexekutivamt regelt, nicht auf einem überwiegenden und entsprechend nachgewiesenen öffentlichen Interesse und verletzt die Rechtsgleichheit; sie lässt sich auch nicht mit Art. 75 BV rechtfertigen (E. 8).

116 IA 252 () from 26. September 1990
Regeste: Anbringen eines Kruzifixes in den Schulzimmern einer Primarschule; Gemeindeautonomie; Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 49 BV); Religionsneutralität des Schulunterrichts (Art. 27 Abs. 3 BV). 1. Zuständigkeit des Bundesgerichts zur Prüfung der Rüge der Verletzung der Religionsneutralität gemäss Art. 27 Abs. 3 BV im konkreten Fall (E. 1). 2. Zusammenfassung der Rechtsprechung über die Voraussetzungen, unter denen eine Gemeinde eine Verletzung ihrer Autonomie mittels staatsrechtlicher Beschwerde geltend machen kann, und über die zulässigen Rügen (E. 3). 3. Autonomie der Tessiner Gemeinden hinsichtlich des Anbringens von Kruzifixen in den Schulzimmern einer Primarschule (E. 4). 4. Tragweite der Glaubens- und Gewissensfreiheit und der Religionsneutralität des Staates (E. 5). 5. Tragweite des Prinzips der religiösen Neutralität öffentlicher Schulen (E. 6). 6. Das Anbringen eines Kruzifixes in den Schulzimmern einer Primarschule entspricht der in Art. 27 Abs. 3 BV gewährleisteten Religionsneutralität nicht (E. 7 und 8).

116 IA 316 () from 26. Oktober 1990
Regeste: Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung der Glaubens- und Gewissensfreiheit. Art. 88 OG und Art. 49, Art. 50 BV. Ein einzelner Bürger ist nicht legitimiert, mit staatsrechtlicher Beschwerde eine kantonale Gesetzesbestimmung anzufechten, nach welcher der Regierungsrat christlichen und jüdischen Religionsgemeinschaften, nicht aber andern religiösen Gemeinschaften administrative Vorteile gewähren darf.

117 IA 311 () from 20. September 1991
Regeste: Art. 49 und 50 BV, Art. 9 EMRK; genereller Schuldispens an Samstagen aus religiösen Gründen. Auch wenn die Verfassung bei der Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit bürgerliche Pflichten vorbehält, dispensiert dies nicht von der Verfassungsmässigkeit der Ausgestaltung dieser Bürgerpflichten. Der Kanton darf somit die religiösen Freiheiten nicht weiter einschränken, als dies auch vom öffentlichen Interesse geboten und verhältnismässig ist (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 1 und 2). Kriterien für die Überprüfung der Verfassungsmässigkeit eines Entscheides, mit dem gestützt auf die restriktive kantonale Gesetzgebung die generelle Freistellung vom Schulunterricht an Samstagen aus religiösen Gründen verweigert wird (E. 3 und 4). Entscheid aufgehoben, weil das Verwaltungsgericht in Verkennung der Rechtslage trotz erheblicher Zweifel an der Verhältnismässigkeit die erforderliche Prüfung der Verfassungsmässigkeit nicht vorgenommen hat (E. 5).

117 IA 472 () from 14. November 1991
Regeste: Art. 2 ÜbBest. BV, Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit, Art. 10 und 11 EMRK, Datenschutz, Unschuldsvermutung; § 40 Abs. 4 des baselstädtischen Übertretungsstrafgesetzes (ÜStG); Vermummungsverbot. Das in § 40 Abs. 4 ÜStG statuierte Verbot, sich bei bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen Menschenansammlungen unkenntlich zu machen, verstösst nicht gegen Art. 2 ÜbBest. BV (E. 2). Das Vermummungsverbot stellt namentlich im Hinblick darauf, dass Ausnahmen bewilligt werden können, keinen unzulässigen Eingriff in die Meinungsäusserungs- und die Versammlungsfreiheit dar (E. 3). Es verletzt auch den Anspruch auf Datenschutz (E. 4b) und den Grundsatz der Unschuldsvermutung nicht (E. 4d).

118 IA 46 () from 14. Februar 1992
Regeste: Art. 4, Art. 49 und Art. 50 BV, Art. 9 EMRK; staatlicher Beitrag aus dem Lotteriefonds an einen Verein. 1. Beginn der Rechtsmittelfrist für Dritte, die nicht Adressaten des angefochtenen Entscheids sind (E. 2). 2. Legitimation: allgemeine Grundsätze (E. 3a); Beschwerdelegitimation zweier Glaubensgemeinschaften gegen einen Beitragsbeschluss des Regierungsrats zugunsten eines privaten, in der Sektenproblematik tätigen Vereins, dessen Aktivitäten sich u.a. auch gegen die Beschwerdeführer richten; Legitimation gestützt auf das in Art. 49 und Art. 50 BV mitenthaltene Neutralitätsgebot des Staates bejaht (E. 3b). Vorliegen eines aktuellen praktischen Interesses (E. 3c). 3. Art. 49 und Art. 50 BV: Tragweite der Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit; keine Berufung auf diese Grundrechte, soweit damit die Tätigkeit des - nicht öffentliche Aufgaben wahrnehmenden - Vereins beanstandet wird (E. 4c und d). 4. Tragweite des Neutralitätsgebots des Staates (E. 4e, aa); das Gebot ist vorliegend durch die staatliche Unterstützung eines privaten Vereins nicht verletzt (E. 4e, bb). 5. Geltung des Legalitätsprinzips in der Leistungsverwaltung (E. 5b). Art. 5 des BG betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten (SR 935.51) als hinreichende gesetzliche Grundlage für Zuwendungen aus dem Lotteriefonds; auch kantonalrechtliche Voraussetzungen für Beitragsleistung sind vorliegend erfüllt (E. 5c).

118 IA 360 () from 22. September 1992
Regeste: Persönliche Freiheit; Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Haftbedingungen. 1. Anspruch auf vegetarische Gefängnisverpflegung sowie auf tägliche Bewegung im Freien. Verfassungskonforme Auslegung des Solothurner Vollzugsgesetzes vom 3. März 1991 und der Vollzugsverordnung vom 5. November 1991 (E. 3a/E. 3c). 2. Stellen disziplinarischer Arrest bzw. Einschliessung bis zu 10 Tagen eine strafrechtliche Sanktion im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK dar? Frage offengelassen, da nach Solothurner Prozessrecht eine richterliche Überprüfung jedenfalls gewährleistet ist (E. 3b).

119 IA 178 () from 18. Juni 1993
Regeste: Art. 49 BV und Art. 9 EMRK; Befreiung vom Schwimmunterricht aus religiösen Gründen. 1. Zuständigkeit des Bundesgerichts im Bereich der religiösen Verfassungsrechte (E. 1). 2. Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde von Eltern und Kind bei der Glaubens- und Gewissensfreiheit (E. 2). 3. Das Verbot des gemischtgeschlechtlichen Schwimmens von Kindern, das von strenggläubigen Angehörigen des Islams befolgt wird, fällt in den Schutzbereich der Religionsfreiheit nach Art. 49 BV und Art. 9 EMRK (E. 3 und 4). 4. Voraussetzungen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Verweigerung eines Dispenses vom Schwimmunterricht aus religiösen Gründen (E. 6-8).

119 IV 260 () from 27. Mai 1993
Regeste: Art. 57 Abs. 5 lit. b SVG, Art. 3b Abs. 3 VRV; Art. 49 BV und Art. 9 EMRK; Helmtragpflicht eines Motorfahrradfahrers; Glaubens- und Gewissensfreiheit. Verordnungen des Bundesrates sind vorfrageweise auf ihre Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit zu überprüfen (E. 2). Die Glaubens- und Gewissensfreiheit der Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Sikhs wird durch die Pflicht, einen Schutzhelm zu tragen, nicht beeinträchtigt (E. 3).

121 I 42 () from 18. Januar 1995
Regeste: Art. 84 ff. OG; Anfechtbarkeit von Aufsichtsentscheiden mit staatsrechtlicher Beschwerde. Entscheide, mit welchen auf eine Aufsichtsbeschwerde nicht eingetreten, diese abgewiesen oder ihr keine Folge gegeben wird, sind nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar (E. 2a; Bestätigung der Rechtsprechung). Aufsichtsrechtlicher Charakter eines Verfahrens vor dem Freiburger Staatsrat, in dem der Gesuchsteller die Beseitigung der religiösen Symbole aus den Gerichtsräumen des Kantons Freiburg verlangte (E. 2b-e). Art. 84 ff. OG; Art. 49 BV; Rechtsschutz gegen die Ausstattung der Gerichtssäle mit Kruzifixen. Soweit nicht ein Rechtssatz angefochten wird, ist als Anfechtungsobjekt der staatsrechtlichen Beschwerde ein individuell-konkreter, den Beschwerdeführer persönlich treffender Akt erforderlich. Grundsätzliche Anfechtbarkeit des Entscheids, die Hauptverhandlung eines Ehescheidungsprozesses nicht in einem Saal ohne Kruzifix durchzuführen (E. 3).

123 I 296 () from 12. November 1997
Regeste: Art. 27 Abs. 3 sowie Art. 49 BV und Art. 9 EMRK: Konfessionelle Neutralität der Schule, Glaubens- und Gewissensfreiheit einer Lehrerin. Das Schutzobjekt der Glaubens- und Gewissensfreiheit umfasst auch das in der religiösen Überzeugung gründende Tragen besonderer Kleidungsstücke. Die persönliche Freiheit kann dagegen nicht angerufen werden. Nicht einschränkbarer Kerngehalt der Glaubens- und Gewissensfreiheit (E. 2). Das gegenüber einer in einer öffentlichen Schule tätigen Lehrerin ausgesprochene Verbot, in der Schule eine nach ihrer Auffassung den Anforderungen des Korans entsprechende Kopfbedeckung zu tragen, stützt sich vorliegend auf eine genügende gesetzliche Grundlage (E. 3). Dieses Verbot entspricht einem überwiegenden öffentlichen Interesse (insbesondere der konfessionellen Neutralität und dem Religionsfrieden in der Schule) und ist verhältnismässig (E. 4).

124 I 247 () from 9. Juli 1998
Regeste: Art. 4 BV und Art. 49 BV, Art. 9 EMRK; Quellensteuer; gesetzliche Grundlage; Verjährung; Rechtsgleichheit; Glaubens- und Gewissensfreiheit. Verfassungsmässigkeit einer kantonalen Regelung, wonach der Steuerabzug an der Quelle die Kirchensteuer mit einbezieht, diese jedoch auf Gesuch dem Quellensteuerpflichtigen, der keiner staatlich anerkannten Kirche angehört, zurückerstattet wird: - Erfordernis der Grundlage in einem formellen Gesetz (E. 3 und 4); - Verjährung des Anspruchs auf Rückerstattung auch ohne ausdrückliche Bestimmung (E. 5); - Gebot der rechtsgleichen Behandlung (E. 6); - Glaubens- und Gewissensfreiheit (E. 7).

125 I 300 () from 7. Mai 1999
Regeste: Art. 53 Abs. 2 BV, Art. 49 BV und Art. 50 BV, Art. 9 EMRK und Art. 14 EMRK, Art. 18 UNO-Pakt II; Anspruch auf «ewige Todesruhe» auf einem öffentlichen Friedhof. Zuständigkeit des Bundesgerichts zur Beurteilung der Rüge einer Verletzung von Art. 53 Abs. 2 BV (E. 1a); aktuelles Interesse des Betroffenen an deren Behandlung (E. 1b). Weder aus dem Anspruch auf ein schickliches Begräbnis (Art. 53 Abs. 2 BV) noch aus der Religions- und Kultusfreiheit (Art. 49 u. 50 BV) ergibt sich ein Recht darauf, in einem öffentlichen Friedhof eine nach den Regeln des Islams ausgestaltete - insbesondere auf unbeschränkte Zeit garantierte - Grabstätte zugesichert zu erhalten (E. 2 u. 3). Soweit eine Zürcher Gemeinde freiwillig auch auswärts wohnhaften Personen Grabstätten gewährt, kann sie dieses Angebot im Rahmen des Gleichbehandlungsgebots und des Willkürverbots den ihr angezeigt erscheinenden Einschränkungen unterwerfen (E. 4).

125 I 347 () from 21. Juni 1999
Regeste: Art. 4 BV, Art. 27 BV und Art. 49 BV; Art. 9 EMRK; Konfessionelle Neutralität der Schule. Art. 27 Abs. 3 und Art. 49 BV verlangen eine konfessionelle Neutralität der öffentlichen Schule. Der Zugang zu einer öffentlichen Schule darf nicht von der Konfessionszugehörigkeit abhängig gemacht werden (E. 4). Selbst wenn konfessionelle Schulen zulässig wären, wäre es verfassungswidrig, nur den Angehörigen einer bestimmten Konfession den Unterricht in einer Minderheitensprache anzubieten (E. 5).

125 I 369 () from 30. Juni 1999
Regeste: Art. 2 ÜbBest. BV, Art. 2-8 UWG, Art. 4 BV und Art. 49 BV sowie Art. 9 EMRK; kantonales Übertretungsstrafrecht: Verbot des unlauteren oder täuschenden Anwerbens auf öffentlichem Grund und Ermächtigung der Polizei, Anwerbende wegzuweisen. Abstrakte Normenkontrolle. Beschwerdelegitimation eines Vereins «Scientology-Kirche» und seines Mitglieds (E. 1). Die kantonale Regelung ist kein gegen Art. 4 BV verstossendes Einzelfallgesetz (E. 3). Verhältnis der kantonalen Norm zum Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (E. 4). Die umstrittene Vorschrift kann einen Eingriff in die Religionsfreiheit bewirken. Sie ist im vorliegenden Fall nicht auf ihre Vereinbarkeit mit anderen Grundrechten zu prüfen (E. 5). Die Bestimmung ist nicht zu unbestimmt (E. 6), dient einem öffentlichen Interesse und kann verfassungs- und verhältnismässig ausgelegt und angewandt werden (E. 7).

126 I 76 () from 24. Februar 2000
Regeste: Art. 4 aBV (Rechtsgleichheit, Allgemeinheit der Steuer), Art. 80 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) (Zulässigkeit kantonaler Grundsteuern auf Liegenschaften von Personalvorsorgeeinrichtungen); Art. 2 ÜbBest. aBV. Eine kantonale Grundsteuer, die einzig auf Liegenschaften von Personalvorsorgeeinrichtungen erhoben wird, verletzt den Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung und lässt sich nicht auf Art. 80 Abs. 3 BVG abstützen (E. 2).

126 I 133 () from 7. Juni 2000
Regeste: Art. 31 aBV (Art. 27 BV); Art. 49 aBV (Art. 15 BV); Handels- und Gewerbefreiheit; Religionsfreiheit; Gemeindeautonomie (Art. 50 BV); Benützung des öffentlichen Grundes zu Sonderzwecken; gesteigerter Gemeingebrauch. Gemeindeautonomie und Prüfungsdichte (E. 2). Wer entgeltliche Leistungen vertreiben will und das damit allenfalls verbundene Missionierungsziel gegenüber dem anvisierten Publikum nicht klar zu erkennen gibt, muss in Kauf nehmen, dass seine Werbeaktionen nicht unter dem Gesichtspunkt der Religionsfreiheit gewürdigt, sondern als wirtschaftlich motiviert angesehen und nach den hiefür geltenden Regeln behandelt werden (E. 3). Ob die Handels- und Gewerbefreiheit ihre Schutzwirkung entfaltet, hängt nicht davon ab, ob und wieweit ein Gewerbetreibender auf die Benützung des öffentlichen Grundes angewiesen ist. Dies spielt erst bei der Interessenabwägung eine Rolle (E. 4d).

126 III 431 () from 24. Juli 2000
Regeste: Art. 5 Abs. 1 SchKG; Auswirkungen der Revision des SchKG im Bereich des Staatshaftungsrechts, zulässiges Rechtsmittel an das Bundesgericht. Vergleich zwischen dem alten und dem seit dem 1. Januar 1997 geltenden Staatshaftungsrecht (E. 1). Übergangsrecht; anwendbares Recht in einem Fall, in dem die als mangelhaft gerügte Zwangsverwaltung unter der Herrschaft des alten Rechts begann und nach dem 1. Januar 1997 endete (E. 2a und 2b). Kantonale Urteile über Staatshaftungsklagen nach Art. 5 Abs. 1 SchKG sind mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weiterzuziehen (E. 2c). Konversion der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 3).

127 I 60 () from 5. Juni 2001
Regeste: Art. 5 Abs. 1, Art. 9, 26, 49 Abs. 1 und Art. 127 Abs. 1 BV; Art. 69 Abs. 4 und Art. 112 f. KV/BE; Art. 106 SVG; Art. 61 Polizeigesetz/BE; Art. 25 und 27 Abs. 1 Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen; Kostenersatz für verkehrspolizeiliche Einsätze einer Gemeinde; Störer- und Verursacherprinzip. Tragweite des Prinzips der Gewaltentrennung und des Erfordernisses der gesetzlichen Grundlage bei kommunalen Abgaben (E. 2). Bedeutung des Gesetzmässigkeitsprinzips nach neuer Bundesverfassung (E. 3a); Tragweite der Eigentumsgarantie im Abgaberecht (E. 3b). Derogatorische Kraft des Bundesrechts: Vereinbarkeit einer kantonalen (bzw. kommunalen) Kostentragungsregelung für polizeiliche Verkehrsregelungseinsätze mit dem Strassenverkehrsrecht des Bundes (E. 4). Es ist nicht willkürlich, den Eigentümer, der seine Liegenschaft durch Mietvertrag für eine nicht zonenkonforme Nutzung zur Verfügung stellt, nach Massgabe des Störer- bzw. Verursacherprinzips zum teilweisen Kostenersatz für die dadurch nötigen Verkehrsregelungseinsätze zu verpflichten (E. 5). Tragweite des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, wenn es sich bei der nicht zonenkonformen Nutzung um den Betrieb einer Botschaft handelt (E. 6).

128 I 19 () from 19. Februar 2002
Regeste: Art. 9, 20, 27, 36, 49, 62 und 63 BV; Art. 5 ff. UFG; Art. 14 des Tessiner Gesetzes vom 3. Oktober 1995 über die Universität der italienischen Schweiz und über die Berufsschule der italienischen Schweiz (LUni/TI); Namensschutz für öffentliche Universitäten; Bewilligungspflicht für die Verwendung der Bezeichnung "Universität". Vereinbarkeit von Art. 14 LUni/TI mit dem Bundesrecht; die Kantone sind befugt, den Namensschutz für öffentliche Universitäten auf ihrem Gebiet zu regeln; insbesondere können sie, wie dies im Kanton Tessin der Fall ist, die Verwendung der Bezeichnung "Universität" durch private Bildungsinstitute einer Bewilligungspflicht unterstellen (E. 2). Die Bewilligungsauflage, dem Namen der Institution den Zusatz "privat" beizufügen, ist mit dem vom Gesetz verfolgten Schutzzweck vereinbar. Eine derartige Massnahme verletzt die angerufenen verfassungsmässigen Rechte nicht; sie lässt sich durch ein ausreichendes öffentliches Interesse - das Bestreben, jegliche Gefahr der Verwechslung mit der öffentlichen Universität zu vermeiden - rechtfertigen und ist verhältnismässig (E. 3). Nicht auf eine genügende gesetzliche Grundlage stützen lässt sich dagegen die Auflage, den Namen mit der präzisierenden Bezeichnung "nicht akkreditiert" zu ergänzen. Sie verletzt die Wirtschaftsfreiheit, auf welche sich der beschwerdeführende Verein berufen kann, da er nicht allein einen rein ideellen Zweck verfolgt, welcher in keinem Zusammenhang mit dem Einsatz von ökonomischen Mitteln stünde (E. 4).

128 I 92 () from 2. November 2001
Regeste: Art. 27 und 49 BV; Voraussetzungen zur Bewilligung der selbstständigen nichtärztlichen psychotherapeutischen Berufstätigkeit. § 22 des Zürcher Gesundheitsgesetzes verletzt Art. 27 BV nicht, indem er für die Zulassung zur selbstständigen nichtärztlichen psychotherapeutischen Berufstätigkeit ein abgeschlossenes Psychologiestudium voraussetzt (E. 2). Das Erfordernis des Psychologiestudiums verstösst nicht darum gegen den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts gemäss Art. 49 BV (in Verbindung mit dem Binnenmarktgesetz), weil einige Kantone dieses Erfordernis nicht kennen. Das Binnenmarktgesetz verlangt nicht, dass ein Kanton im Hinblick auf die Regelungen anderer Kantone die Anforderungen für die ursprüngliche Erteilung der Berufsausübungsbewilligung herabsetzen muss (E. 3). Erfordernis und Ausgestaltung einer Übergangsregelung. Die vom Kanton Zürich getroffene Übergangsregelung hält vor der Verfassung stand (E. 4).

128 I 102 () from 30. Januar 2002
Regeste: Art. 8, 9, 27, 49 Abs. 1 sowie Art. 127 Abs. 2 BV; Art. 132 Abs. 3 und Art. 142 KV/SO; Gesetz vom 9. Juni 1996 über das Gastgewerbe und den Handel mit alkoholhaltigen Getränken (Wirtschaftsgesetz); Verfassungsmässigkeit einer gastgewerblichen Patentgebühr. Verfassungsvorbehalt für kantonale Steuern (Art. 132 KV/SO); gesetzliche Grundlagen der Patentgebühren gemäss altem und neuem Wirtschaftsgesetz des Kantons Solothurn (E. 2). Akzessorische Normenkontrolle im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 3). Bei einer (nach Umsatz bemessenen) gastgewerblichen Jahrespatentgebühr handelt es sich um eine Gemengsteuer, woran der mit der Totalrevision des Wirtschaftsgesetzes einhergehende Wegfall von Bedürfnisklausel und Fähigkeitsausweis unter gleichzeitiger Anhebung der Obergrenze der Abgabe nichts ändert; sie verstösst weder gegen Art. 132 noch Art. 142 KV/SO (E. 4). Die Erhebung von Patentabgaben wird nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass sich die neue Bundesverfassung nicht mehr explizit für die Zulässigkeit kantonaler Gewerbesteuern ausspricht, wie dies in Art. 31 Abs. 2 aBV noch der Fall war (E. 5). Die angefochtene Patentabgabe stützt sich als Sondergewerbesteuer auf hinreichende sachliche Gründe; sie verstösst weder gegen die Wirtschaftsfreiheit, das Willkürverbot bzw. das Rechtsgleichheitsgebot, noch gegen die Grundsätze von Art. 127 Abs. 2 BV, soweit diese überhaupt auf Sondersteuern der vorliegenden Art anwendbar sind (E. 6).

128 I 254 () from 14. August 2002
Regeste: Art. 49 Abs. 1 BV; zuständige kantonale Behörde gemäss Art. 25 Abs. 2 RPG. Art. 25 Abs. 2 RPG verlangt im Interesse einer gesamtkantonal einheitlichen und rechtsgleichen Rechtsanwendung, dass sämtliche Gesuche für Bauvorhaben ausserhalb der Bauzone von einer kantonalen Behörde behandelt werden (E. 3). Art. 84 Abs. 1 des Berner Baugesetzes, der diese Kompetenz auf die (derzeit insgesamt 26) Regierungsstatthalter überträgt, erfüllt diese Anforderung nicht (E. 4).

128 I 295 () from 28. März 2002
Regeste: Art. 8, 9, 16, 17, 26, 27, 36, 49 Abs. 1, 93, 105, 118 Abs. 2 lit. a BV; Art. 2 und 3 BGBM; Gesetz des Kantons Genf vom 9. Juni 2000 über die Werbung; abstrakte Normenkontrolle. Die Genfer Bestimmung, welche das Anbringen von Werbung für Tabak und für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 15 Volumenprozenten auf öffentlichem Grund sowie auf privatem Grund verbietet, der vom öffentlichen Grund her einsehbar ist, verstösst nicht gegen: - den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts, und zwar sowohl hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes im Bereich des Alkohols, der Lebensmittel sowie von Radio und Fernsehen (E. 3) als auch hinsichtlich derjenigen im Bereich des Binnenmarktes (E. 4); - die Pressefreiheit sowie die Meinungs- und Informationsfreiheit, soweit die geschäftsmässige Werbung in den Schutzbereich dieser Grundrechte fällt (E. 5a); - die Wirtschaftsfreiheit (E. 5b); - die Eigentumsgarantie (E. 6); - das Rechtsgleichheitsgebot und das Willkürverbot (E. 7). Vereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie und der Wirtschaftsfreiheit von kantonalen Bestimmungen, welche die Werbung auf privatem Grund, soweit von öffentlichem Grund her einsehbar, der Kontrolle durch die öffentliche Gewalt unterstellt (E. 8), sowie des Verbots von Werbung auf fensterlosen Gebäudefassaden (E. 9).

129 I 337 () from 25. September 2003
Regeste: Art. 34 Abs. 3 RPG, Art. 49 BV, Art. 2 und 3 des Bundesgesetzes über die Fuss- und Wanderwege, Art. 5 und 7 des Tessiner Gesetzes über die Fuss- und Wanderwege; Festlegung von Fusswegen im kommunalen Nutzungsplan. Die Festlegung von Fusswegen im kommunalen Nutzungsplan ist mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten (E. 1). Die Bundesgesetzgebung unterscheidet zwar zwischen Fusswegen und Wanderwegen, behandelt jedoch beide gemeinsam und in gleicher Weise. Art. 5 des kantonalen Gesetzes, der den Begriff des Fussweges weit umschreibt und auch die Verbindungswege zwischen Weilern, Majensässen und Alpgebäuden einbezieht, steht mit dem Bundesrecht nicht in Widerspruch (E. 3). Überprüfung des Wegverlaufs unter dem Gesichtswinkel des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit (E. 4).

129 I 346 () from 24. Juni 2003
Regeste: Art. 8, 9, 49, 127 Abs. 1 und 164 Abs. 1 lit. d BV; Art. 44 Abs. 1 KVG; Kanton Waadt: Dekret vom 19. Juni 2001 über die Verpflichtung der Patienten von Pflegeheimen, von Chronischkranken-Abteilungen der Krankenhäuser sowie von Behandlungs- und Rehabilitationszentren zur Leistung eines Beitrags an die Investitionskosten solcher Einrichtungen. Tarifschutz gemäss Art. 44 Abs. 1 KVG, Begriff und Inhalt. Gemäss der geltenden Rechtsordnung fallen die Aufenthaltskosten in Pflegeheimen, im Besonderen die Unterbringungskosten (einschliesslich der Gebäudeamortisationen), nicht unter die Gesetzgebung der obligatorischen Krankenversicherung und geniessen keinen Tarifschutz. Es verstösst demnach nicht gegen Art. 49 BV, die Heimbewohner zu einem Beitrag an die Infrastrukturkosten der Immobilien solcher Einrichtungen zu verpflichten (E. 3.2 und 3.3). Zusammenfassung der Rechtsprechung im Bereich der öffentlichen Abgaben; Unterschiede zwischen Vorzugslast und Kostenanlastungssteuer (E. 5.1). Die vom angefochtenen Dekret vorgesehene Abgabe trägt die Merkmale einer Kostenanlastungssteuer (E.5.2). Sie genügt den strengen Anforderungen von Art. 127 Abs. 1 BV jedoch nicht und verletzt somit das Legalitätsprinzip (E. 5.3). Die erwähnte Abgabe verletzt auch Art. 8 und Art. 9 BV (E. 6).

129 I 402 () from 14. Oktober 2003
Regeste: Zürcher Richtlinien für den straflosen Schwangerschaftsabbruch; Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 119 StGB. Vorrang des Bundesrechts (E. 2). Es ist mit der Bestimmung von Art. 119 Abs. 1 StGB nicht vereinbar, für einen Schwangerschaftsabbruch nach der 12. Woche über die ärztliche Begutachtung durch den behandelnden Arzt hinaus mittels kantonaler Richtlinien eine Zweitbeurteilung durch einen Facharzt zu verlangen, welcher eine schwerwiegende körperliche Schädigung oder eine schwere seelische Notlage der betroffenen Frau bestätigt (E. 3).

129 II 353 () from 26. Mai 2003
Regeste: Art. 23 Abs. 3 EpG; subsidiäre Haftung des Kantons für Schaden aus Impffolgen. Art. 23 Abs. 3 EpG stellt eine allgemeine Haftungsbestimmung dar, nach welcher die Kantone eingetretene Impfschäden von Bundesrechts wegen zwingend entschädigen müssen. Die Entschädigungspflicht besteht sowohl bei obligatorischen als auch bei freiwilligen von den Behörden empfohlenen Impfungen. Frage offen gelassen, ob (auch) das Bundesamt für Gesundheit entsprechende Impfempfehlungen abgeben kann (E. 3). Bei Art. 23 Abs. 3 EpG handelt es sich um eine so genannte Ausfalldeckung, die erst in Betracht fällt, wenn keine ausreichende Deckung von primär Ersatzpflichtigen (Arzt/Berufshaftpflichtversicherung, Sozialversicherungen) erlangt werden kann (E. 4).

129 IV 345 () from 17. Oktober 2003
Regeste: Art. 80 Abs. 2 VStrR; Fristen zur Einreichung kantonaler Rechtsmittel im Verwaltungsstrafverfahren. Die 20-tägige Frist des Art. 80 Abs. 2 VStrR ist zwingend. Die Kantone sind nicht befugt, längere Fristen einzuführen (E. 2.3).

130 I 82 () from 19. Februar 2004
Regeste: Art. 49 Abs. 1 BV; Art. 83 AsylG; Vorrang und Einhaltung des Bundesrechts; Kürzung von Fürsorgeleistungen für Asylsuchende. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Änderung des zürcherischen Sozialhilfegesetzes; Legitimation einer politischen Partei verneint (E. 1). Auch Ausländer können sich auf den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts berufen; Kognition; Inhalt und Tragweite des Grundsatzes (E. 2). Die in Art. 83 AsylG vorgenommene Aufzählung der Gründe, um Fürsorgeleistungen ganz oder teilweise ablehnen, kürzen oder entziehen zu können, ist nicht abschliessend. Die Kantone sind frei, zusätzliche Vorschriften im Dienste der Missbrauchsbekämpfung zu erlassen (E. 3). Die mit der Änderung des zürcherischen Sozialhilfegesetzes getroffene Regelung der Asylfürsorge verletzt den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts nicht (E. 4).

130 I 96 () from 23. Dezember 2003
Regeste: Art. 49 Abs. 1 BV; Art. 21 Abs. 1 SBBG; Art. 6 Abs. 1 aSBBG; Art. 10 Abs. 1 GarG; Art. 62d RVOG; Befreiung der Schweizerischen Bundesbahnen AG (SBB AG) von den kantonalen Steuern. Zulässigkeit der Besteuerung der SBB AG für Liegenschaften, die keine notwendige Beziehung zum Betrieb des Unternehmens haben. Unmassgeblichkeit der zu Art. 6 Abs. 1 aSBBG und Art. 10 Abs. 1 GarG entwickelten Rechtsprechung (vgl. BGE 103 Ib 257; BGE 111 Ib 6) bei Anwendung von Art. 21 Abs. 1 SBBG (E. 2 und 3).

130 I 156 () from 21. April 2004
Regeste: Art. 2c VoeB; Art. 3, 42 Abs. 2 und 95 Abs. 2 BV. Der Bund ist zuständig für den Erlass einer Kollisionsregel über das anwendbare Recht und die zuständige Behörde im Fall gemeinsamer Beschaffungen (E. 2). Als Hauptauftraggeberin im Sinn von Art. 2c VoeB gilt, wer sich am Projekt finanziell am stärksten beteiligt (E. 3).

130 I 169 () from 12. Mai 2004
Regeste: Art. 7 und 10 Abs. 2 BV; Umwandlung einer Busse in Haft; Verbot des Schuldverhafts. Das Verbot des Schuldverhafts fliesst sowohl aus dem Schutz der Menschenwürde gemäss Art. 7 BV als auch aus dem Recht auf persönliche Freiheit gemäss Art. 10 Abs. 2 BV (E. 2.2). Die Anrechnung einer Teilzahlung an die Prozess- und Betreibungskosten anstatt an die Busse ist unvereinbar mit dem Verbot des Schuldverhafts, sofern sie zur Folge hat, dass die Umwandlung der Busse in Haft zulässig wird (E. 2.3).

130 I 226 () from 1. Juli 2004
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Art. 57 ATSG; dringliches Gesetz, welches dem kantonalen Sozialversicherungsgericht erlaubt, mit drei Richtern zu urteilen, bis Beisitzer gewählt sind; Dringlichkeitsklausel. Obwohl die Kantonsverfassung dazu schweigt, findet das kantonale Sozialversicherungsgericht seine gesetzliche Grundlage unmittelbar im Bundesrecht, nämlich in Art. 57 ATSG (E. 2). Die Voraussetzung der Dringlichkeit ist erfüllt, da es um das Funktionieren der Rechtspflege und damit um das Verhindern von Rechtsverweigerungen geht (E. 3).

130 I 279 () from 13. Juli 2004
Regeste: Art. 49 Abs. 1 sowie Art. 27 BV; Art. 71 lit. c ArG; § 7 Abs. 1 und § 7a lit. d der basel-städtischen Ruhetags- und Ladenschlussverordnung vom 7. Dezember 1993 (Fassung vom 5. August 2003); § 11 Abs. 3 des basel-städtischen Ruhetags- und Ladenschlussgesetzes vom 13. Oktober 1993. Kantonale Ladenschlussvorschriften; verlängerte Öffnungszeiten; Voraussetzung der Einhaltung eines Gesamtarbeitsvertrages. Eine kantonale Ladenschlussvorschrift, wonach verlängerte Öffnungszeiten nur bei Beachtung eines Gesamtarbeitsvertrages in Anspruch genommen werden dürfen, verfolgt Ziele des Arbeitnehmerschutzes und ist mit der abschliessenden Ordnung des eidgenössischen Arbeitsgesetzes unvereinbar (Verstoss gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts); Aufhebung der angefochtenen Verordnungsbestimmungen und Feststellung der Verfassungswidrigkeit der ihnen zugrunde liegenden Gesetzesbestimmung (E. 2.3 und 2.5). Verfassungswidrigkeit auch infolge Unvereinbarkeit mit der bundesrechtlichen Regelung zur Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (E. 2.4)?

130 I 306 () from 31. August 2004
Regeste: Spitaltarifordnung; Privatpatiententarife. Ein gesamtschweizerisch tätiger Krankenversicherer ist von einer kantonalen Spitaltarifordnung zumindest virtuell betroffen und deshalb zu deren Anfechtung mit staatsrechtlicher Beschwerde legitimiert (E. 1). Zuschläge für Privatpatienten sind statthaft, wenn sie durch echte Mehrleistungen begründet sind. Im stationären Bereich bestehen diese in der luxuriöseren Hotellerie und in der freien Arztwahl (E. 2).

131 I 137 () from 11. Februar 2005
Regeste: Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 9 Abs. 1 und 2 BGBM, Submissionsgesetz des Kantons Bern; freihändige Vergebung unterhalb des Schwellenwertes, Anfechtbarkeit. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde; zulässige bzw. unzulässige Anträge (E. 1.1 und 1.2). Das angefochtene kantonale Urteil, welches entsprechend der kantonalgesetzlichen Ordnung die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen die freihändige Vergebung verneint, verstösst nicht gegen Art. 9 BGBM bzw. gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV). Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Eröffnung einer Beschwerdemöglichkeit bei freihändig durchgeführter Vergebung unmittelbar gestützt auf Art. 9 BGBM bzw. selbst ohne Grundlage im kantonalen Verfahrensrecht bestehen könnte (E. 2.1-2.7).

131 I 198 () from 9. März 2005
Regeste: Art. 8 und 49 Abs. 1 BV; Art. 88 OG; Art. 37 Abs. 3 KVG; Art. 26 Abs. 1 und Art. 30 HMG; §§ 19-21 des solothurnischen Gesetzes vom 10. September 2003 über die Einführung des Bundesgesetzes über Arzneimittel und Medizinprodukte; Arzneimittelabgabe durch Ärzte (Selbstdispensation); Legitimation der Apotheker zur staatsrechtlichen Beschwerde (abstrakte Normenkontrolle). Zur Anfechtung von Erlassen ist ein drohender Eingriff in rechtlich geschützte Interessen erforderlich, was auch bei der Geltendmachung einer Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes gilt (E. 2.1 und 2.3). Aus den einschlägigen bundesrechtlichen Bestimmungen (Art. 37 Abs. 3 KVG sowie Art. 26 Abs. 1 und Art. 30 HMG) allein lässt sich keine legitimationsbegründende Schutznorm im Sinne von Art. 88 OG zugunsten der Apotheker ableiten, um eine kantonal-gesetzliche Regelung betreffend die Arzneimittelabgabe durch Ärzte anfechten zu können (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2.5). Fehlende Legitimation auch nach Massgabe der Grundsätze zur Anfechtung von Erlassen wegen rechtsungleicher Begünstigung Dritter (sog. AVLOCA-Praxis; E. 2.6).

131 I 223 () from 10. Dezember 2004
Regeste: Art. 27 und 49 Abs. 1 BV; Art. 88 OG; Art. 5 Abs. 1 FZA; Art. 18 Anhang I FZA; Art. 12 und 17 BGFA; Art. 321 StGB; Art. 2 lit. a und 10 der Verordnung über die Rechtsschutzversicherung; Wirtschaftsfreiheit; Verbot der Vereinbarung und Vermittlung von Prozessfinanzierungen; Beschwerdelegitimation einer ausländischen juristischen Person als Dienstleistungserbringer. Berufung auf die Wirtschaftsfreiheit durch ausländische juristische Person (E. 1.1). Das eidgenössische Anwaltsgesetz (BGFA) regelt die Berufspflichten der Anwälte abschliessend (E. 3.4). Die Bestimmung in einem kantonalen Anwaltsgesetz, welche die Vereinbarung und Vermittlung von Prozessfinanzierungen regelt und sich nicht nur auf Anwälte bezieht, stellt keine Berufsregel für Anwälte dar; daher ist insoweit keine Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts gegeben (E. 3.6 und 3.7). Prüfung, ob das Verbot der Vereinbarung und Vermittlung von Prozessfinanzierungen mit der Wirtschaftsfreiheit vereinbar ist (E. 4). Verhältnis zu den anwaltlichen Berufspflichten, namentlich der Unabhängigkeit, der Treue- und der Schweigepflicht (E. 4.5 und 4.6).

131 I 242 () from 9. März 2005
Regeste: "Kleine Appellation" nach dem Zivilprozessrecht des Kantons Basel-Stadt; aufschiebende Wirkung; derogatorische Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV). Richtet sich die "kleine Appellation" gegen einen Entscheid betreffend Mieterausweisung und Wirksamkeit der ausserordentlichen Vermieterkündigung (Kompetenzattraktion gemäss Art. 274g OR), muss ihr von Bundesrechts wegen die aufschiebende Wirkung erteilt werden, wenn andernfalls dem Mieter die Möglichkeit genommen wird, den kantonalen Rechtsmittelentscheid mit Berufung beim Bundesgericht anzufechten (E. 2 und 3).

131 I 291 () from 20. April 2005
Regeste: Art. 85 lit. a, 84 Abs. 1 lit. a und 93 OG; Art. 13-16, 66, 72 Abs. 1 und 3 StHG; vorläufige Vorschriften durch die Kantonsregierung betreffend den Vermögenssteuerwert von Liegenschaften; Prinzip der Gewaltenteilung. Abgrenzung von Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a OG und Verfassungsbeschwerde nach Art. 84 Abs. 1 lit. a OG bei der Rüge der Verletzung des Prinzips der Gewaltenteilung (E. 1.1). Befugnis und Verpflichtung der Kantonsregierung gemäss Art. 72 Abs. 3 StHG, vorläufige Vorschriften zu erlassen, wenn das zur Regelung zuständige Kantonsparlament nicht rechtzeitig auf den 1. Januar 2001 eine dem Steuerharmonisierungsgesetz entsprechende Rechtslage geschaffen hat (E. 2). Prüfung einer gestützt auf Art. 72 Abs. 3 StHG erlassenen Regelung, wonach Schätzungen des Vermögenssteuerwertes von Liegenschaften, die vor Ablauf der Frist des Art. 72 Abs. 1 StHG durchgeführt wurden und die den Anforderungen dieses Gesetzes nicht genügen, in erster Linie mittels pauschaler prozentualer Erhöhungen angepasst werden sollen (E. 3.1-3.4).

131 I 333 () from 31. Mai 2005
Regeste: Art. 26, 27 und 49 BV; Gemeindereglement zur Benützung von Wohnungen, die mit Unterstützung der Stadt Lausanne erstellt oder renoviert worden sind. Art. 11 des Gemeindereglementes erlaubt den Behörden, für 15 % der Wohnungen in jedem subventionierten Gebäude die Mieter zu bestimmen. Diese Regelung steht weder mit dem Bundesrecht (E. 2) noch mit der Eigentumsgarantie (E. 3) oder der Wirtschaftsfreiheit (E. 4) im Widerspruch.

131 I 377 () from 27. Mai 2005
Regeste: Art. 8 BV; Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; Art. 9 Abs. 4 StHG; Besteuerung des Eigenmietwerts; Rechtsgleichheit; Rügeprinzip; Bundesrechtswidrigkeit des basel-landschaftlichen Pauschalabzugs für Mietkosten. Eine gesetzliche Regelung, welche die Rechtsgleichheit in der Eigen mietwertbesteuerung für gewahrt erklärt, wenn den beiden (deutlich unterschiedlich grossen) Gruppen von Wohneigentümern einerseits und Mietern andererseits insgesamt je die gleich grosse Summe unbesteuerten Einkommens gewährt wird, verstösst gegen Art. 8 BV (E. 3). Das basel-landschaftliche System der Eigenmietwertbesteuerung (Pauschalabzug zugunsten der Mieter zwecks Ausgleichs des Steuervorteils, den die Eigentümer aus den viel zu tiefen Eigenmietwerten ziehen) ist bundesrechtswidrig; Rügeprinzip (E. 4).

131 I 394 () from 8. August 2005
Regeste: Art. 80 Abs. 1 ATSG, Art. 8 und 49 BV; Befreiung von der Handänderungssteuer; derogatorische Kraft des Bundesrechts, Gleichbehandlung. Altes und neues Recht betreffend die Steuerbefreiung der SUVA (E. 3.3). Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Steuern sowie Wesen der Handänderungssteuer (E. 3.4). Gleichbehandlung mit den durch das kantonale Recht befreiten Einrichtungen (E. 4).

132 I 97 () from 18. April 2006
Regeste: Art. 27 und 36 BV, Art. 3 BGBM; Verfassungsmässigkeit einer kommunalen Marktordnung, insbesondere der Bestimmung betreffend den gesteigerten Gemeingebrauch. Kriterien für die Auswahl von Interessenten für Marktstände, wenn der verfügbare Platz nicht ausreicht, um alle Gesuche zu berücksichtigen (E. 2). Art. 2 Abs. 2 des Reglements, der eine Rangordnung nach der geografischen Herkunft der Interessenten festlegt und damit in wettbewerbsverzerrender Weise stets dieselben Personenkreise bevorzugt, ist mit der Wirtschaftsfreiheit und dem Binnenmarktgesetz nicht vereinbar (E. 3).

132 I 282 () from 18. Oktober 2006
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Art. 27 und 94 BV; Art. 66 KV/GE; Gültigkeit der Volksinitiative IN 126 "Energie-Eau: notre affaire!". Falls nach kantonalem Recht das Parlament nur bei offensichtlichen Verletzungen des höherrangigen Rechts eingreift, prüft das Bundesgericht die Beschwerdesache nicht mit einer weiteren Kognition (E. 1.3). Die inhaltliche Aufteilung der Initiative wirft ein redaktionelles Problem auf, welches aber deren Gültigkeit nicht berührt (E. 2). Die Einrichtung eines rechtlichen Monopols für die Elektrizitätsversorgung zugunsten eines öffentlichen Versorgungsbetriebs (Services Industriels de Genève) steht nicht offensichtlich im Widerspruch zum höherrangigen Recht (E. 3).

132 II 188 () from 7. Februar 2006
Regeste: Art. 5 Abs. 2, Art. 33 und 34 RPG; Entschädigung für materielle Enteignung und Heimschlag, bundesrechtliche Anforderungen an das kantonale Verfahren. Die Frage der Entschädigung für materielle Enteignung und für den Heimschlag als Folge einer Planungsmassnahme im Sinne des RPG ist im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen (E. 1.3). Rechtsmittelordnung im Kanton Obwalden (E. 3.1). Bundesrechtliche Anforderungen an das kantonale Verfahren (E. 3.2 und 3.3). Das nach dem kantonalen Recht zur Verfügung stehende Klageverfahren zur Geltendmachung der Entschädigung genügt den Anforderungen gemäss Art. 33 Abs. 2 RPG nicht (E. 3.4). Folgen für das kantonale Verfahren allgemein (E. 3.5) und für die vorliegende Angelegenheit (E. 3.6).

133 I 110 () from 28. März 2007
Regeste: Art. 85 lit. a OG; Gültigkeit der kantonalen Volksinitiative "Fumée passive et santé", welche das Rauchen in öffentlichen Räumen und Anlagen verbieten lassen möchte; Art. 10 Abs. 2, 34 Abs. 2, 36 und 49 Abs. 1 BV. Die redaktionelle Änderung des Initiativtextes durch den Genfer Grossen Rat steht im Einklang mit der Kantonsverfassung und entspricht dem Willen der Initianten (E. 3). Die Initiative verletzt die Bundesgesetzgebung über den Arbeitnehmerschutz nicht (E. 4). Es ist fraglich, ob das verfassungsmässige Individualrecht der persönlichen Freiheit einen Anspruch gewährleistet, in öffentlichen Räumen und Anlagen zu rauchen. Die Frage kann hier aber offenbleiben (E. 5). Die mit der Initiative vorgeschlagene Verfassungsbestimmung erscheint ausreichend präzise (E. 6); sie verfolgt ein offensichtlich im öffentlichen Interesse liegendes Ziel (E. 7.1) und trägt auch dem Verhältnismässigkeitsgebot ausreichend Rechnung, zumal Ausnahmen vom Rauchverbot in der Ausführungsgesetzgebung vorgesehen werden können (E. 7.2-7.5). Der zugelassene Initiativtext ist nicht irreführend (E. 8).

133 I 206 () from 1. Juni 2007
Regeste: Art. 8 Abs. 1, 49 Abs. 1, 127 Abs. 2 BV; Art. 88 OG; Verfassungsmässigkeit der degressiven Obwaldner Steuertarife; Eintretensfragen; Folgen festgestellter Verfassungswidrigkeit. Legitimation zur Anfechtung von Steuertarifen mit staatsrechtlicher Beschwerde (E. 2). Unzulässigkeit der Beschränkung der Anfechtung auf einzelne Tarifpositionen oder Teile des Tarifs (E. 3). Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV; E. 4). Tarifautonomie der Kantone (E. 5). Besteuerungsgrundsätze gemäss Art. 127 Abs. 2 BV und deren Bedeutung für die Kantone (E. 6). Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als allgemeines Konzept, welches der Konkretisierung bedarf (E. 7.1 und 7.2); das Leistungsfähigkeitsprinzip aus finanzwissenschaftlicher Sicht (E. 7.3); Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips anhand der rechtlichen Grundordnung (E. 7.4). Progressive, proportionale und degressive Steuertarife (E. 8.1). Anforderungen, die das Leistungsfähigkeitsprinzip an die Tarifgestaltung stellt, und Kognition des Bundesgerichts bei der Überprüfung von Steuertarifen (E. 8.2). Degressive Tarife im Besonderen (E. 8.3). Der neue Obwaldner Einkommenssteuertarif widerspricht dem allgemeinen Rechtsgleichheitsgebot und dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (E. 9). Weder Gründe des Steuerwettbewerbs (E. 10) noch andere fiskalische oder ausserfiskalische Zielsetzungen (E. 11) vermögen den verfassungsrechtlichen Mangel zu beheben. Gleiche Beurteilung bezüglich des neuen Obwaldner Vermögenssteuertarifs (E. 12). Folgen der festgestellten Verfassungsverletzung (E. 13).

133 I 286 () from 7. August 2007
Regeste: Trennung Jugendlicher von Erwachsenen in der Untersuchungshaft, Jugendstrafprozessordnung des Kantons Basel-Stadt und Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht, Vorrang des Bundesrechts; Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 10 Ziff. 2 lit. b UNO-Pakt II, Art. 37 lit. c KRK. Die als staatsrechtliche Beschwerde erhobene Beschwerde gegen den Erlass der Jugendstrafprozessordnung wird als Beschwerde gemäss Art. 82 lit. b BGG entgegengenommen (E. 1). Zulässigkeit der Beschwerde gegen kantonale Erlasse im Allgemeinen (E. 2). Die Jugendstrafprozessordnung, welche in Ausnahmefällen die gemeinsame Unterbringung von Jugendlichen und Erwachsenen während der Untersuchungshaft vorsieht, ist mit dem Jugendstrafgesetz nicht vereinbar (E. 3 und 4). Das Jugendstrafgesetz sieht für die Trennung der Jugendlichen von den Erwachsenen keine Übergangsfrist vor (E. 5).

133 III 639 (5A_433/2007) from 18. September 2007
Regeste: Art. 106 Abs. 2 BGG; Rügeprinzip. Der Anwendungsbereich entspricht demjenigen der früheren staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte und es gelten die gleichen Begründungsanforderungen; desgleichen sind neue tatsächliche und rechtliche Vorbringen grundsätzlich unzulässig (E. 2).

134 I 23 (9C_83/2007, 9C_84/2007) from 15. Januar 2008
Regeste: Art. 82 lit. b und Art. 87 BGG; Art. 8, 9, 26 und 49 Abs. 1 BV; Art. 1 und 88-98 FusG; Art. 61 und 62 BVG, Art. 51 Abs. 5 und Art. 65d Abs. 2 BVG; IAO-Übereinkommen Nr. 98, 150 und 154; Gesetz vom 12. Oktober 2006 über die staatlichen Vorsorgeeinrichtungen des Kantons Wallis (GVE); abstrakte Normenkontrolle; derogatorische Kraft des Bundesrechts. Gegen das GVE kann direkt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben werden (E. 3). Das GVE, welches u.a. die Umwandlung der registrierten privatrechtlichen Stiftung "Vorsorgekasse für das Personal des Staates Wallis" in ein unabhängiges Institut des öffentlichen Rechts und eine Erhöhung des Pensionsalters vorsieht, verletzt die folgenden Gesetze, Bestimmungen oder Grundsätze nicht: das Fusionsgesetz (E. 6.2); die sich auf Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen beziehende Bestimmung des Art. 65d Abs. 2 BVG (E. 6.3); das Anhörungsrecht gemäss Art. 51 Abs. 5 BVG und die IAO-Übereinkommen Nr. 98, 150 und 154 (E. 6.4); den Grundsatz von Treu und Glauben gemäss Art. 9 BV, namentlich den daraus und aus der Eigentumsgarantie gemäss Art. 26 BV abgeleiteten Grundsatz des Schutzes wohlerworbener Rechte (E. 7); das Willkürverbot (Art. 9 BV; E. 8); das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV; E. 9).

134 I 125 (1C_158/2007) from 31. März 2008
Regeste: a Kantonale Zuständigkeitsordnung zum Vollzug des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS), Art. 49 Abs. 1 BV. Die kantonale Zuständigkeitsordnung, wonach die Kantonspolizei und die Stadtpolizeien von Zürich und Winterthur zur Anordnung von Massnahmen gemäss BWIS befugt sind, hält vor dem Bundesrecht stand (E. 2).

134 I 269 (8C_184/2008) from 3. Oktober 2008
Regeste: Art. 9 und 49 Abs. 1 BV; Art. 356 ff. OR; Gesetzgebung des Kantons Genf in Sachen Arbeitslosigkeit; Vernehmlassungsverfahren vor der Verabschiedung des Ausführungsreglements; Minimallöhne für Solidaritätsbeschäftigungen ("emplois de solidarité"); Gesamt- und Normalarbeitsverträge; abstrakte Normenkontrolle. Art. 53 des Gesetzes des Kantons Genf in Sachen Arbeitslosigkeit: Konsultation der Sozialpartner vor der Verabschiedung oder Abänderung der Ausführungsbestimmungen. Die Verletzung dieser Bestimmung bei der Verabschiedung des Ausführungsreglements vom 23. Januar 2008 zum Gesetz in Sachen Arbeitslosigkeit stellt angesichts der konkreten Umstände keinen genügend schweren Mangel dar, um die Aufhebung des Reglements in seiner Gesamtheit zu bewirken (E. 3). Art. 45G des Gesetzes: Bestimmung der Minimallöhne für Solidaritätsbeschäftigungen ("emplois de solidarité") auf dem ergänzenden Arbeitsmarkt. Das Ausführungsreglement vom 23. Januar 2008 ist mit dieser Bestimmung vereinbar und die Minimallöhne wurden im für diesen Zweck vorgesehenen besonderen Verfahren festgelegt (E. 4 und 5). Vorrang des Bundesrechts: Die in Art. 43 des Ausführungsreglements festgelegten Minimallöhne widersprechen den die Gesamt- und Normalarbeitsverträge betreffenden Art. 356 ff. und 359 ff. OR nicht (E. 6).

134 I 293 (2C_73/2008) from 26. September 2008
Regeste: Art. 49 Abs. 1 BV; Art. 38, 44 und 92 Abs. 1 Ziff. 1a SchKG; Art. 641a und 896 ZGB; persönliche Freiheit; Eigentumsgarantie; Änderung des thurgauischen Gesetzes vom 5. Dezember 1983 über das Halten von Hunden. Die angefochtene Bestimmung im kantonalen Hundegesetz, welche den Einzug eines Hundes bzw. dessen Fremdplatzierung als Mittel zur Durchsetzung der finanziellen Verpflichtungen des Hundehalters vorsieht, stellt keine in den Regelungsbereich des Schuldbetreibungsrechts eingreifende, unmittelbar der Vollstreckung der Geldleistungspflicht dienende Massnahme, sondern ein indirektes Druckmittel im Sinne eines administrativen Rechtsnachteils dar (E. 3 und 4.1); kein Verstoss gegen das bundesrechtliche Pfändungs- und Retentionsverbot von Heimtieren (E. 4.2). Vereinbarkeit dieser Massnahme mit der persönlichen Freiheit und der Eigentumsgarantie (E. 5).

134 IV 97 (6B_341/2007) from 17. März 2008
Regeste: a Art. 34, 37, 40 StGB; Wahl der Sanktionsart. Nach der Konzeption des neuen Rechts stellt die Geldstrafe im Bereich der leichteren und mittleren Kriminalität die Hauptsanktion dar. Geldstrafe und gemeinnützige Arbeit sind gegenüber der Freiheitsstrafe mildere Sanktionen (E. 4).

134 V 208 (9C_589/2007) from 17. April 2008
Regeste: Art. 19 Abs. 3 BVG und Art. 20 BVV 2 (in den bis Ende 2004 gültig gewesenen Fassungen); Art. 46 der st. gallischen Verordnung vom 5. September 1989 über die Versicherungskasse für das Staatspersonal (VVK/ SG); Umfang der Hinterlassenenleistung an die geschiedene Person. Art. 46 Satz 1 VVK/SG, wonach sich die Ansprüche der geschiedenen Ehegatten "in Voraussetzung und Höhe nach den Vorschriften des BVG über die Ansprüche der geschiedenen Frau" richten, beschränkt den Anspruch auf Hinterlassenenleistungen auf die Minimalleistungen gemäss BVG, d.h. 60 % der obligatorischen BVG-Rente des verstorbenen Ex-Ehegatten (E. 3). Die - in casu gestützt auf Art. 46 Satz 2 VVK/SG anwendbare - Kürzungsregelung des Art. 20 Abs. 2 BVV 2 erlaubt die Anrechnung nur solcher Leistungen, welche durch den Tod des geschiedenen, unterhaltspflichtigen Ehegatten ausgelöst bzw. beeinflusst werden. Die AHV-Altersrente ist daher nicht bzw. lediglich im Umfange einer allfälligen, durch den Todesfall bedingten Erhöhung anrechenbar (E. 4).

135 I 28 (9C_914/2007) from 12. Dezember 2008
Regeste: Art. 11 Abs. 1 und 2, Art. 48 Abs. 2 und Art. 50 Abs. 2 sowie Art. 51 Abs. 5 BVG; Art. 34quater Abs. 3 aBV und Art. 113 BV, Art. 49 Abs. 1 BV; § 1 Abs. 1 lit. b des kantonalen Gesetzes vom 30. August 2006 über die Zuger Pensionskasse; Versicherung des gemeindlichen Lehrpersonals bei der Vorsorgeeinrichtung des Kantons. Die Gemeinden sind befugt, zur Durchführung der beruflichen Vorsorge ihres Personals eine eigene Vorsorgeeinrichtung zu errichten oder sich zu diesem Zweck einer registrierten Vorsorgeeinrichtung, beispielsweise jener des betreffenden Kantons, anzuschliessen. Eine kantonalrechtliche Regelung, welche den Anschluss einer Gemeinde mit dem gesamten oder allenfalls einem Teil ihres Personals - i.c. Lehrerinnen und Lehrer an den kommunalen Schulen - an eine bestimmte Vorsorgeeinrichtung vorschreibt, ist bundesrechtswidrig (E. 5).

135 II 12 (2C_15/2008) from 13. Oktober 2008
Regeste: Art. 89 Abs. 1 BGG; Art. 2 Abs. 4 und 5, Art. 3 Abs. 1 und 2 sowie Art. 4 BGBM; Zulassung einer ausserkantonalen Psychotherapeutin zur selbständigen Berufsausübung im Kanton Zürich nach Massgabe der Vorschriften des Ortes der Erstniederlassung. Legitimation des Kantons zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; Betroffenheit in schutzwürdigen eigenen hoheitlichen Interessen in Bezug auf die allgemeine Würdigung des geltend gemachten binnenmarktrechtlichen Zulassungsanspruches (E. 1.2.1 und 1.2.2). Darlegung der Vertretungsbefugnisse (E. 1.2.3). Grundsatz des freien Marktzugangs nach Massgabe der Herkunftsvorschriften im Bereich der gewerblichen Niederlassung gemäss revidiertem Binnenmarktgesetz (E. 2.1). Prüfung der Gleichwertigkeit kantonaler Marktzugangsordnungen im Sinne von Art. 2 Abs. 5 BGBM (E. 2.4). Bejahte Gleichwertigkeit der Zulassungsregelungen betreffend die selbständige Ausübung des Psychotherapeutenberufs in den Kantonen Graubünden und Zürich (E. 2.5).

135 II 78 (1C_383/2008) from 21. Januar 2009
Regeste: Art. 12b Abs. 1 NHG; Art. 9 BV; Einsprachefrist bzw. Dauer der öffentlichen Auflage; Wahrung von Treu und Glauben. Aus der Entstehungsgeschichte von Art. 12b Abs. 1 NHG ergibt sich, dass diese Bestimmung kantonale Einsprache- und Auflagefristen von weniger als 20 Tagen verbietet. Die kantonalen Behörden müssen die kantonale Gesetzgebung und Praxis an das Bundesrecht anpassen, indem sie Fristen von mindestens 20 Tagen vorsehen (E. 2). Wahrung von Treu und Glauben bei der Änderung der kantonalen Rechtsprechung in Bezug auf die Einsprachefrist (E. 3).

135 III 127 (5A_20/2008) from 30. September 2008
Regeste: Kollokationsklage im Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Art. 321 Abs. 1 i.V.m. Art. 250 Abs. 1 SchKG); Sistierung. Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen und Beschwerdegründe (E. 1). Für die Kollokation ist einzig der Ausgang des Kollokationsprozesses und nicht derjenige eines in Belgien pendenten Prozesses massgebend. Die Sistierung des Kollokationsprozesses kommt daher nur in Betracht, wenn sie mit dem verfassungsmässigen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist vereinbar ist (E. 2-4).

135 IV 27 (6B_522/2008, 6B_523/2008) from 27. November 2008
Regeste: Verfahrensrechtliche Umsetzung der Wiedergutmachung (Art. 53 StGB). Wird das bewirkte Unrecht umgehend ausgeglichen, kann die Untersuchungsbehörde von einer Strafverfolgung absehen. Ist die Strafverfolgung bereits im Gang, kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen oder von einer Überweisung an das Gericht absehen. Sind die Wiedergutmachungsvoraussetzungen erst im Gerichtsverfahren gegeben, ist ein Schuldspruch bei gleichzeitigem Strafverzicht auszufällen (E. 2).

135 V 124 (9C_781/2008) from 25. März 2009
Regeste: Art. 89 Abs. 1 und 2, Art. 56 Abs. 1 und 2 sowie Art. 32 Abs. 1 KVG; Art. 116 und 139 OR; Art. 46 Abs. 1 und Art. 83 Abs. 2 SchKG; sachliche und örtliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts zur Beurteilung der Aberkennungsklage eines Leistungserbringers. Ein einzelrichterlicher Nichteintretensentscheid mangels örtlicher oder sachlicher Zuständigkeit ist im Verfahren nach Art. 89 KVG unzulässig (E. 3). Das Schiedsgericht nach Art. 89 KVG ist sachlich zuständig zur Beurteilung der Aberkennungsklage eines Leistungserbringers betreffend eine vom Krankenversicherer auf dem Betreibungsweg geltend gemachte Forderung gestützt auf eine Vereinbarung im Zusammenhang mit einer behaupteten Verletzung des Gebots der wirtschaftlichen Behandlung (Art. 56 Abs. 1 und 2 sowie Art. 32 Abs. 1 KVG), auch wenn die Vereinbarung alle Merkmale einer Neuerung im Sinne von Art. 116 OR aufweist (E. 4.3.1). Der Gerichtsstand nach Art. 89 Abs. 2 KVG (Kanton, in welchem die ständige Einrichtung des Leistungserbringers liegt) geht dem Gerichtsstand des Betreibungsortes nach Art. 83 Abs. 2 SchKG vor (E. 4.3.2). Fristwahrung durch Klage beim örtlich unzuständigen Gericht (Art. 139 OR analog; E. 5).

135 V 134 (8C_97/2008) from 29. Januar 2009
Regeste: Art. 49 Abs. 1 BV; Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG; Art. 310 in Verbindung mit Art. 315 Abs. 1 ZGB; § 15 Abs. 2 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürich vom 14. Juni 1981 (SHG); § 19 Abs. 3 und § 20 Abs. 1 der Verordnung vom 21. Oktober 1981 zum SHG (SHV). Die Sozialhilfebehörde ist an den (bundesrechtskonform gefällten) Entscheid der zuständigen Vormundschaftsbehörde zur Unterbringung eines unmündigen Kindes in einem Heim gebunden. Sie kann gestützt auf kantonalrechtliche Sozialhilfebestimmungen die Übernahme der Kosten der angeordneten Massnahme nicht verweigern (E. 3 und 4).

136 I 220 (8C_212/2009) from 15. April 2010
Regeste: Art. 49 BV; Art. 64a und 65 KVG; Art. 31 Abs. 1 und 2 des Einführungsgesetzes des Kantons Glarus vom 7. Mai 2006 zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (in der seit 1. Januar 2008 geltenden Fassung); Prämienverbilligung. Eine kantonale Regelung, gemäss welcher Prämienverbilligungsbeiträge mit Steuerschulden verrechnet werden können, ist mit der Zielsetzung des KVG nicht vereinbar und daher bundesrechtswidrig (E. 6.4.3).

136 I 241 (1C_491/2009) from 2. Juni 2010
Regeste: Art. 178B KV/GE; Genfer Gesetz betreffend Verbot, in öffentlichen Räumen zu rauchen; Art. 95 lit. c BGG. Art. 178B KV/GE betreffend den Schutz vor Passivrauchen räumt keine direkt anrufbaren verfassungsmässigen Rechte ein (E. 2.2 und 2.3). Das Bundesgericht prüft lediglich unter dem Gesichtswinkel der Willkür, ob das kantonale Ausführungsgesetz der Verfassungsbestimmung entspricht (E. 2.4 und 2.5). Das Gesetz erlaubt in den öffentlichen Restaurationsbetrieben Fumoirs, allerdings unter Bedingungen, sodass das von der Verfassungsnorm verfolgte Ziel der öffentlichen Gesundheit nicht beeinträchtigt wird (E. 3).

137 I 31 (1C_428/2009) from 13. Oktober 2010
Regeste: Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen; Art. 10 Abs. 2, Art. 22, Art. 32 Abs. 1, Art. 36 und 49 Abs. 1 BV, Art. 5 Ziff. 1 und Art. 6 Ziff. 2 EMRK, Art. 82 lit. b BGG. Die Bestimmungen des Konkordates über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen (Konkordat) können mit Beschwerde nach Art. 82 lit. b BGG angefochten werden (E. 1.3). Die im Konkordat vorgesehenen Massnahmen (Rayonverbot, Meldeauflage und Polizeigewahrsam) sind polizeilicher Natur (E. 3 und 4). Sie sind mit dem Bundesrecht vereinbar (E. 4) und halten vor der Unschuldsvermutung stand (E. 5). Die Massnahmen beeinträchtigen die persönliche Freiheit und die Versammlungsfreiheit. Das Konkordat stellt eine verfassungsgemässe Grundlage für die Grundrechtseingriffe dar (gesetzliche Grundlage, öffentliches Interesse, Verhältnismässigkeit; E. 6). Der Polizeigewahrsam als Massnahme zur Durchsetzung von Rayonverboten lässt sich unter die von der EMRK zugelassenen Freiheitsbeschränkungen subsumieren (E. 7). Die Empfehlung von Stadionverboten hält vor der Verfassung stand (E. 8).

137 I 167 (2C_230/2010) from 12. April 2011
Regeste: Art. 8 Abs. 1 und 2, Art. 13 Abs. 1 und 2, Art. 27 und 49 Abs. 1 BV; Art. 8 EMRK; DSG; Gesetz des Kantons Genf vom 17. Dezember 2009 über die Prostitution; Rechtsgleichheit und Nichtdiskriminierung, Privatsphäre (Datenschutz) und Wohnsitz, Wirtschaftsfreiheit, Vorrang des Bundesrechts. Darstellung und Konkurrenz der angerufenen verfassungsmässigen Rechte (E. 3). Das gesetzliche Erfordernis, wonach der Betreiber eines Prostitutionsunternehmens oder einer Begleitagentur das vorgängige Einverständnis des Hauseigentümers erlangen muss, um dort seinen Betrieb führen zu können, verstösst gegen die Wirtschaftsfreiheit (E. 4). Verfassungskonforme Auslegung der dem Betreiber auferlegten Verpflichtung, jeglichen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung zu verhindern bzw. zu vermeiden (E. 6), der von den Behörden in den Betrieben durchgeführten Kontrollen (E. 7) und, unter dem Blickwinkel der gesetzlichen Grundlage sowie der Verhältnismässigkeit, des Umgangs mit den prostitutionsbezogenen Personendaten (E. 9). Verfassungsmässigkeit der dem Betreiber gemachten Verpflichtung, ein internes und laufend auf den neuesten Stand gebrachtes Verzeichnis der in seinem Unternehmen tätigen (männlichen oder weiblichen) Prostituierten und der anerbotenen Dienstleistungen zu führen (E. 5). Die der Prostitution eigenen Besonderheiten rechtfertigen Erfassungsmassnahmen und Meldepflichten, die nicht gegen die Verfassung verstossen (E. 8).

137 III 1 (5A_521/2010) from 4. November 2010
Regeste: Art. 264 ff. ZGB; Zustimmung der Eltern zur Adoption; Untersuchungsgrundsatz. Weder die Adoption einer mündigen Person noch die Adoption eines Kindes, das während des Adoptionsverfahrens mündig wird, bedürfen der Zustimmung der Eltern. Der Eintritt der Mündigkeit während der Rechtsmittelfrist ist von der oberen kantonalen Instanz zu berücksichtigen (E. 2-5).

137 III 238 (5A_162/2011) from 19. April 2011
Regeste: Art. 75 Abs. 2, Art. 114 und 130 Abs. 2 BGG. Seit dem 1. Januar 2011 sind die Beschwerde in Zivilsachen und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nur noch gegen einen kantonalen Entscheid eines oberen Gerichts zulässig (E. 2).

137 IV 269 (1B_77/2011) from 15. Juli 2011
Regeste: a Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. e und Art. 89 Abs. 1 BGG; Verfahren betreffend die Ermächtigung zur Strafverfolgung von Behördenmitgliedern und Beamten, Rechtsnatur, bundesgerichtliches Rechtsmittel, Ausschlussgrund, Beschwerdelegitimation des Kantons. Das Ermächtigungs- stellt ein Verwaltungsverfahren dar. Daher ist insoweit grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben (E. 1.3.1). Der Ausschlussgrund nach Art. 83 lit. e BGG kommt bei kantonalen Staatsbediensteten, welche nicht Mitglieder der obersten Vollziehungs- und Gerichtsbehörden sind, nicht zur Anwendung (E. 1.3.2). Allgemeine Beschwerdebefugnis des Kantons nach Art. 89 Abs. 1 BGG bejaht, da sich der angefochtene Entscheid nachteilig auf das Funktionieren staatlicher Organe auswirken konnte und der Kanton damit in einem wichtigen öffentlichen Interesse erheblich betroffen war (E. 1.4).

138 I 356 (8C_844/2011) from 23. August 2012
Regeste: Art. 9 Abs. 1 lit. b, Art. 13 und 71 lit. b ArG; §§ 2 und 10 des kantonalzürcherischen Gesetzes über die ärztlichen Zusatzhonorare (Honorargesetz); derogatorische Kraft des Bundesrechts. Die Entschädigungen, welche ein dem ArG unterstellter Oberarzt des Universitätsspitals Zürich aus Honorarpools nach dem Honorargesetz und dem Regierungsratsbeschluss 4094/1990 bezogen hat, sind nicht an den Lohn für geleistete Überzeit (d.h. über die Arbeitszeit von 50 Stunden gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. b ArG hinausgehende Tätigkeit) anzurechnen. Das gegenteilige Verständnis von Spital und kantonalem Verwaltungsgericht verstösst gegen Art. 13 und 71 lit. b ArG und damit gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (E. 5).

138 I 378 (2C_485/2010) from 3. Juli 2012
Regeste: Art. 27, 51 Abs. 2, Art. 94, 98 Abs. 3, Art. 189 Abs. 4 BV; Art. 1 ff. VVG; Art. 2 VAG; Versicherungsabkommen Schweiz-EU; Wirtschaftsfreiheit; Zulässigkeit einer unternehmerischen Tätigkeit des Staates im Allgemeinen und der Kantonalen Sachversicherung Glarus (Glarnersach) im Besondern; Prüfungsbefugnisse des Bundesgerichts nach Gewährleistung einer Kantonsverfassung durch die Bundesversammlung. Überprüfung einer Kantonsverfassung (E. 5). Tritt ein staatliches Unternehmen mit gleichen Rechten und Pflichten wie ein privater Unternehmer und im Wettbewerb zu diesem auf, so entsteht den Privaten bloss ein weiterer Konkurrent, was keine Einschränkung der individualrechtlichen Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) darstellt, solange das private Angebot durch die staatliche Massnahme nicht geradezu verdrängt wird (E. 6.2). Mit dem Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (Art. 94 Abs. 4 BV) ist eine unternehmerische Tätigkeit des Staates vereinbar, sofern eine formell-gesetzliche Grundlage besteht, die Tätigkeit im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist und der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität gewahrt bleibt (E. 6.3). Die Ausdehnung des Tätigkeitsgebietes der Glarnersach entspricht dem Willen des Gesetzgebers des Kantons Glarus (E. 7), was im vorliegenden Zusammenhang ein genügendes öffentliches Interesse darstellt, zumal dieses jedenfalls nicht rein fiskalischer Natur ist (E. 8). Die Wettbewerbsneutralität der unternehmerischen Staatstätigkeit verbietet systematische Quersubventionierungen zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereich (E. 9.1-9.3). Eine öffentliche Versicherungsanstalt untersteht auch im Wettbewerbsbereich nicht dem Versicherungsaufsichtsgesetz (E. 9.5). Keine Verletzung des Versicherungsabkommens Schweiz-EU (E. 10). Versicherungsverträge im Wettbewerbsbereich unterliegen dem Versicherungsvertragsgesetz (E. 11.2).

138 I 435 (2C_698/2011) from 5. Oktober 2012
Regeste: Art. 3, 44, 48, 49 Abs. 1, Art. 104 und 118 Abs. 2 lit. a BV; Art. 82 lit. b, Art. 87, 89 und 101 BGG; Art. 1 ff. BetmG; Art. 169 ff. LwG; Westschweizer Konkordat vom 29. Oktober 2010 über Anbau und Handel von Hanf; abstrakte Normenkontrolle; Zulässigkeit; Vorrang des Bundesrechts. Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Westschweizer Konkordat vom 29. Oktober 2010 über Anbau und Handel von Hanf (E. 1). Nur das Bundesgericht ist zuständig für eine abstrakte Normenkontrolle eines Konkordats; das kantonale Verfassungsgericht kann lediglich gegen den kantonalen Beitritt zum Konkordat angerufen werden (E. 1.3 und 1.4). Beschwerdefrist und Beschwerderecht (E. 1.5 und 1.6). Sofern das Konkordat Verletzungen des Bundesrechts im Bereich der Betäubungsmittel und des Landwirtschaftsrechts vorbeugen soll und es zudem die gleichen Ziele wie der Bundesgesetzgeber verfolgt, verletzt es - obwohl nicht Hanf als Betäubungsmittel geregelt worden ist - den Vorrang des Bundesrechts und ist demnach aufzuheben (E. 3).

138 I 454 (2C_269/2012) from 27. Oktober 2012
Regeste: aArt. 7 EnG, Art. 7 und 7a EnG (in Kraft seit 1. Januar 2009); Art. 49 Abs. 1 und Art. 89 BV; § 18 Abs. 1 EnG/LU; abschliessende Bundesregelung betreffend die Verpflichtung zur Vergütung von dezentral erzeugter Energie durch Elektrizitätsverteilwerke. Darstellung der bisherigen Rechtsprechung (E. 3.2). Die Anwendung der kantonalen Norm von § 18 EnG/LU, die Elektrizitätsverteilwerke zur Vergütung von dezentral erzeugter Energie verpflichtet, verstösst gegen bundesrechtliche Vorgaben. Anders noch als die Regelung von aArt. 7 EnG weisen die am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Art. 7 und 7a EnG abschliessenden Charakter auf. Zusätzliche Vergütungskomponenten, die durch kantonale Behörden angeordnet und sich auf die Elektrizitätstarife auswirken würden, haben damit keinen Raum mehr (E. 3.4-3.6).

138 I 468 (2C_518/2012) from 23. November 2012
Regeste: Art. 49 Abs. 1 und Art. 91 Abs. 1 BV; Art. 5, 6, 14 und 22 StromVG, Art. 4 StromVV; Art. 7a EnG; Bundesrechtswidrigkeit von kommunalen (oder kantonalen) Preisbestimmungen bzw. eines Genehmigungsvorbehalts nach Inkrafttreten des Stromversorgungsgesetzes. Mit der neuen Stromversorgungsgesetzgebung ist die in einem Konzessionsvertrag festgehaltene Kompetenz des Gemeinderates Wangen, die Tarife für die Energielieferung einer privatrechtlichen Netzbetreiberin zu genehmigen, bundesrechtswidrig geworden; die Festlegung der Elektrizitätstarife ist mit Ausnahme der Abgaben und Leistungen an Gemeinwesen abschliessend bundesrechtlich geregelt (E. 2.3-2.8).

138 II 398 (2C_796/2011) from 10. Juli 2012
Regeste: Art. 39, 41, 41a, 46, 49 und 51 KVG; Art. 58a-58e KVV; Art. 8, 9, 27, 46, 49, 94 und 117 BV; abstrakte Normenkontrolle; Spitalfinanzierung; Änderung des Anwendungsgesetzes des Kantons Tessins vom 26. Juni 1997 zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG/TI). Darstellung der früher gültigen bundesrechtlichen Regelung im Bereich der Finanzierung von Spitalbehandlungen zulasten der obligatorischen Krankenversicherung (Finanzierung der Anstalten; E. 2.2.1 und 2.2.2) sowie der wesentlichen, durch die Gesetzesänderung vom 21. Dezember 2007 eingeführten Neuerungen (Finanzierung der Leistungen; E. 2.3.1-2.3.3). Aufgrund einer entstehungszeitlichen Analyse des veränderten KVG stimmt die durch das Tessiner Gesetz vorgesehene Mengenbegrenzung (E. 3) mit Art. 39 KVG (E. 3.3.1-3.3.3), Art. 58a-58e KVV (E. 3.4) und Art. 46 sowie 49 KVG (E. 3.5) überein. Er ist mit dem Gebot der Rechtsgleichheit vereinbar (E. 3.6) und verstösst weder gegen das Willkürverbot (E. 3.7), noch gegen Art. 41 und 41a KVG (freie Spitalwahl; E. 3.8) oder die Wirtschaftsfreiheit (E. 3.9). Die durch das kantonale Recht für den Fall eines Verstosses gegen die gesetzlichen Vorschriften eingeführten Rechtsfolgen erscheinen auf den ersten Blick nicht als unzulässig (E. 3.10.1 und 3.10.2); insbesondere verletzt es Art. 46 KVG nicht, wenn Leistungen in degressivem Ausmass zurückerstattet werden, wenn sie den zugeteilten Höchstleistungsumfang überschreiten (E. 3.10.3). Bei bundesrechtskonformer Auslegung verstossen der Begriff des Globalbeitrags (E. 4), die Zulassungsbeschränkungen gegenüber Versicherten mit Zusatzversicherung (E. 5), die Investitionsbegrenzung (E. 6), die Planungskriterien "Mindestzahl von Fällen und Nutzung von Synergien" (E. 7) wie auch die Frage der Mindestzahl von Personen in Ausbildung und die Voraussetzung, dass die üblichen Arbeitsbedingungen eingehalten werden (E. 8), weder gegen das KVG noch gegen die genannten Verfassungsgrundsätze. Der Miteinbezug des Kantons in die Tarifverhandlungen stimmt mit dem Bundesrecht überein (E. 9).

138 II 557 (2C_199/2012) from 23. November 2012
Regeste: Art. 103 FusG, Art. 24 Abs. 3 und 3quater StHG; Handänderungssteuer bei Umstrukturierungen. Art. 103 FusG ist eine direkt anwendbare Norm des Bundesrechts; sie bedarf keiner Konkretisierung durch das kantonale Recht und dieses kann nicht von ihr abweichen (E. 4.2). Lediglich der Begriff der "Umstrukturierung" ist im Handänderungssteuerrecht zu verwenden, unter Ausschluss der übrigen Kriterien, welche das StHG für die Befreiung von den direkten Steuern aufstellt (E. 5.2). Der Begriff der Umstrukturierung im Sinn von Art. 24 Abs. 3 StHG umfasst die Fusion, die Spaltung und die Umwandlung, nicht aber die Vermögensübertragung; diese ist in Art. 24 Abs. 3quater StHG geregelt (E. 6.1 und 7.3). Die im Wortlaut von Art. 24 Abs. 3quater StHG enthaltene Beschränkung auf gewisse Gesellschaftsformen (E. 7.2) steht dem grundlegenden Ziel des FusG entgegen, die Flexibilität der Unternehmen bei der Wahl ihrer Rechtsform zu erhöhen (E. 7.5). Der Begriff des Konzerns gemäss Art. 663e OR gebietet nicht, Art. 24 Abs. 3quater StHG einzig auf Konzerne anzuwenden, die aus Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften bestehen (E. 7.4). Eine Vermögensübertragung zwischen zwei Gesellschaften des gleichen Konzerns ist auch von der Handänderungssteuer befreit, wenn die übernehmende Gesellschaft eine Vorsorgestiftung ist (E. 7.5).

138 V 481 (9C_214/2012) from 22. Oktober 2012
Regeste: Art. 10 Abs. 2 lit. a und Art. 21 Abs. 1 ELG; Begrenzung der anrechenbaren Ausgaben bei Aufenthalt in einem (ausserkantonalen) Pflegeheim. Der vom Wohnsitzkanton (hier: Tessin) vorgesehene Höchstbetrag für Tagestaxen ist auf die Festsetzung der anerkannten Ausgaben einer Versicherten anwendbar, die sich in einem spezialisierten Pflegeheim in einem andern Kanton (hier: Zürich) aufhält, welcher einen höheren anrechenbaren Betrag kennt (E. 5.6). Mit Art. 10 Abs. 2 lit. a ELG vereinbar ist, wenn ein Kanton die zu berücksichtigenden Aufenthaltskosten in einer Weise begrenzt, dass im Regelfall nur die Sozialhilfeabhängigkeit von Pensionären verhindert wird, die in einer von ihm selber anerkannten Einrichtung betreut werden (E. 5.7).

139 I 195 (1C_561/2013) from 10. Juli 2013
Regeste: Art. 34, 39 und 49 BV; Stimmrechtsverletzung in Bezug auf eine Vorlage zur Neuregelung des Proporzwahlverfahrens für den Kantonsrat. Zulässigkeit der Beschwerde gegen eine Abstimmungsvorlage des Kantonsrats, nach welcher ein als bundesverfassungswidrig beurteiltes Wahlverfahren beibehalten werden soll (E. 1.3). Möglichkeiten der Ausgestaltung des Proporzwahlverfahrens für den Kantonsrat (E. 3.1). Die umstrittene Abstimmungsvorlage ist unzulässig, weil sie darauf ausgerichtet ist, die Einführung eines bundesverfassungskonformen Proporzwahlverfahrens zu verhindern (E. 4).

139 I 242 (2C_912/2012) from 7. Juli 2013
Regeste: Art. 49 BV; Art. 8 BV; Art. 4 des Bundesgesetzes zum Schutz vor Passivrauchen (PaRG); § 34 des Gesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 15. September 2004 über das Gastgewerbe (GGG/BS); § 16 der Verordnung des Kantons Basel-Stadt vom 12. Juli 2005 zum Gastgewerbegesetz (VGGG/BS). Frage der Zulässigkeit eines kantonalen Verbots von bedienten Raucherräumen; Verein "Fümoar". Bundesrechtliche Minimalregelung zum Schutz vor Passivrauchen (Art. 1-3 PaRG; E. 2.1). Art. 4 PaRG sieht vor, dass die Kantone strengere Vorschriften "zum Schutz der Gesundheit" erlassen können. § 34 GGG/BS statuiert ein Bedienungsverbot in abgetrennten Raucherräumen und geht damit über die bundesrechtliche Minimalregelung hinaus (E. 2.2 und 2.3). § 34 GGG/ BS wurde von der Vorinstanz weder willkürlich ausgelegt noch verstösst die kantonale Regelung gegen die bundesstaatliche Kompetenzordnung (Art. 49 BV; E. 3). Die Lokalität der Beschwerdeführerin ist öffentlich zugänglich im Sinne von § 16 VGGG/BS; sie kann sich nicht wirksam von den kantonalen und bundesrechtlichen Vorgaben der Passivrauchschutzgesetzgebung befreien (E. 4). § 34 GGG/BS verstösst nicht gegen Art. 8 Abs. 1 und 2 BV (E. 5). Die hohe Mitgliederzahl des Vereins "Fümoar" oder die Tatsache, dass ein Teil der Bevölkerung mit der Gesetzgebung zum Schutz vor Passivrauchen nicht einverstanden ist, kann die Gerichte nicht davon entbinden, das Gesetz anzuwenden. Zusammenfassung (E. 6 und 7).

139 III 98 (5C_2/2012) from 17. Dezember 2012
Regeste: Art. 450 Abs. 1 ZGB; Beschwerde beim zuständigen Gericht; Regelung im Kanton Zürich. Der Zürcher Bezirksrat darf im zivilrechtlichen Bereich als Gericht im materiellen Sinn anerkannt und vom kantonalen Recht als Beschwerdeinstanz gegenüber Entscheiden der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde bezeichnet werden (E. 3 und 4).

139 III 182 (4A_607/2012) from 21. Februar 2013
Regeste: a Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG; Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Ob Art. 116 Abs. 1 ZPO dem kantonalen Recht erlaubt, das Zusprechen einer Parteientschädigung auszuschliessen, stellt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (E. 1.1-1.3).

139 III 195 (5A_492/2012, 5A_493/2012) from 13. März 2013
Regeste: Art. 49 Abs. 1 BV, Art. 91, 96 und 251 ZPO, GebV SchKG; Entscheide des Arrestgerichts. Rechtsgrundlagen von Streitwert, Spruchgebühr und Parteientschädigung in Arrestsachen (E. 4).

139 III 252 (4A_655/2012) from 25. Februar 2013
Regeste: Art. 72 Abs. 2 lit. b und Art. 75 Abs. 2 BGG; Haftung des Staates für die Tätigkeit von Spitalärzten; Rechtsweg, Erfordernis des doppelten kantonalen Instanzenzugs. Die Beschwerde in Zivilsachen steht offen gegen in Anwendung von kantonalem öffentlichem Recht ergangene Entscheide über die Verantwortlichkeit für rechtswidrige Handlungen von in öffentlichen Spitälern angestellten Ärzten (E. 1.1-1.5; Bestätigung der Rechtsprechung). In diesen Fällen hat das kantonale Recht, wenn sie ab dem 1. Januar 2011 entschieden wurden, ein Rechtsmittel an ein oberes Gericht zuzulassen. Die Kantone bleiben jedoch frei in der Bestimmung der ersten Instanz (E. 1.6).

139 IV 121 (1B_7/2013) from 14. März 2013
Regeste: Legitimation der Privatklägerschaft zur Anfechtung eines Haftentlassungsentscheids (Art. 382 Abs. 1 StPO, Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG); Orientierung der Angehörigen des Opfers über die Haftentlassung (Art. 117 Abs. 3 i.V.m. Art. 214 Abs. 4 StPO). Die Privatklägerschaft ist nicht berechtigt, einen Entscheid über die Entlassung aus der Untersuchungshaft anzufechten. Dies gilt auch dann, wenn vom Inhaftierten eine Gefahr für das Leben anderer Personen ausgeht (E. 4). Angehörige des Opfers, die im Strafverfahren Zivilansprüche geltend gemacht haben, sind von einer erfolgten Aufhebung der Untersuchungshaft zu informieren (E. 5).

140 I 218 (2C_123/2013) from 16. Dezember 2013
Regeste: Art. 3, 27, 49 Abs. 1, Art. 94 und 117 BV; Art. 32, 35, 39, 49a und 56 KVG; Übereinstimmung mit dem übergeordneten Recht (KVG und Wirtschaftsfreiheit) einer kantonalen Bedürfnisklausel, wonach der Erwerb von medizinischen Grossgeräten im stationären oder ambulanten, öffentlichen oder privaten Bereich bewilligungspflichtig ist. Die kantonale Regelung, die - unter Berücksichtigung des im Kanton bestehenden medizinischen Bedürfnisses - den Erwerb von medizinischen Grossgeräten, vorliegend ein CT-Scan oder ein MRT, der Bewilligungspflicht unterwirft, um einerseits die Gesundheit der Patienten zu schützen (grundsätzlich in der Zuständigkeit der Kantone verbleibende Aufgabe) und andererseits die Gesundheitskosten besser zu kontrollieren (vom Bund nicht erschöpfend geregelt), verletzt den Grundsatz des Vorranges des Bundesrechts nicht; Durchlässigkeit zwischen den privaten Finanzierungssystemen (ausserhalb Spitalplanung) und dem KVG betreffend medizinische Grossgeräte (E. 5). Vorliegend verletzt die Verweigerung des Kantons, die Inbetriebnahme eines MRT und eines CT-Scan durch eine nicht in die kantonale Spitalplanung einbezogene Klinik zu bewilligen, weder die Wirtschaftsfreiheit noch den Grundsatz der Wirtschaftsordnung noch die Gleichbehandlung direkter Konkurrenten (E. 6).

140 I 353 (1C_653/2012) from 1. Oktober 2014
Regeste: Art. 13 Abs. 1 und Art. 123 Abs. 1 BV, Art. 8 EMRK; Polizeigesetz des Kantons Zürich; verdeckte Vorermittlung, Chatroom-Überwachung, Schutz des Post- und Fernmeldeverkehrs. Zuständigkeit der Kantone zur Regelung der präventiven Polizeitätigkeit, die nicht an einen Tatverdacht anknüpft und sich nicht auf die Strafprozessordnung des Bundes stützt (E. 5). Übersicht über die Regelung der verdeckten Vorermittlung und der Informationsbeschaffung im Internet gemäss dem Polizeigesetz (E. 6). Verdeckte Vorermittlung: Die kantonale Bestimmung (§ 32e PolG/ZH) bezieht sich auf schwere Delikte im Sinne von Art. 286 Abs. 2 StPO. Für die Durchführung wird auf die Art. 151 und 287-298 StPO verwiesen. Damit wird verhindert, dass die verdeckten Vorermittler als "agents provocateurs" tätig werden. Die Regelung entspricht den rechtsstaatlichen Anforderungen in Bezug auf die richterliche Genehmigung sowie die Verfahrensrechte und den Rechtsschutz der betroffenen Personen (E. 7). Chatroom-Überwachung: § 32f Abs. 2 PolG/ZH lässt die Überwachung der Kommunikation auf virtuellen Kommunikationsplattformen zu, die nur einem beschränkten Benutzerkreis zugänglich sind (sog. Closed User Groups). Eine solche Informationsbeschaffung kann mit einem Eingriff in die Privatsphäre und in das Fernmeldegeheimnis verbunden sein (E. 8.4). Sie betrifft grundsätzlich alle Benutzer dieser Kommunikationsmittel. Es handelt sich um eine sehr weit gehende Überwachungsmethode, die das Sammeln und Auswerten von Informationen aus den Privatbereichen einer Vielzahl von Personen erlaubt, gegen die überhaupt kein Verdacht für rechtswidriges Verhalten vorliegt (E. 8.7.2.1). Die Bestimmung ist mit dem Verhältnismässigkeitsprinzip nicht vereinbar, weil keine richterliche Genehmigung der Überwachung vorgeschrieben ist, keine nachträgliche Mitteilung an die Betroffenen erfolgt und ihnen auch kein Rechtsschutz gewährt wird (E. 8.7.2.4). Hinweis auf die Bestimmungen der StPO zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (E. 8.8).

140 II 46 (2C_10/2013) from 10. Januar 2014
Regeste: Art. 18 Abs. 1, Art. 20a Abs. 1, Art. 27 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c sowie Art. 71 lit. c ArG, Art. 5 Abs. 2 Bundesgesetz über die Förderung der Beherbergungswirtschaft, Art. 41 Abs. 2 aArGV 2, Art. 25 ArGV 2; Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen; Ausnahmen zu Gunsten von Betrieben in Fremdenverkehrsgebieten, die der Befriedigung spezifischer Bedürfnisse der Touristen dienen. Bundesrechtliche Regelung: Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit; Ausnahmen zu Gunsten der Betriebe in Fremdenverkehrsgebieten (E. 2.1). Vorbehalt der kantonalen und kommunalen Polizeivorschriften über die Sonntagsruhe und über die Öffnungszeiten von Betrieben, die dem Detailverkauf dienen (E. 2.5). Begriff des Betriebs im Fremdenverkehrsgebiet, der der Befriedigung spezifischer Bedürfnisse der Touristen dient (E. 2.2, 2.3 und 5.1). Insbesondere zum Begriff Fremdenverkehrsgebiet (wo der Betrieb gelegen sein muss): Relevanz der statistischen Daten über die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus (E. 3 und 4) und Tragweite der Qualifikation als Fremdenverkehrsgebiet im Sinne des Bundesgesetzes über die Förderung der Beherbergungswirtschaft (E. 5.1). Fall der Zweigniederlassung Murten der Migros Genossenschaft (E. 5.2).

140 II 520 (2C_477/2012) from 7. Juli 2014
Regeste: Art. 4 Abs. 1 lit. f HMG; Art. 30 HMG; Art. 24 Abs. 1 lit. b HMG; Art. 26 Abs. 1 HMG; Art. 27 Abs. 2 lit. c HMG; Art. 29 Abs. 2 lit. g VAM; § 17 des ehemaligen zürcherischen Gesetzes über das Gesundheitswesen; § 25a des zürcherischen Gesundheitsgesetzes; Art. 33 HMG. Frage der Zulässigkeit eines Vertriebssystems zur Medikamentenabgabe mit Zahlungen an Ärztinnen und Ärzte, die nicht über eine kantonale Bewilligung zur Medikamentenabgabe verfügen. Leitprinzipien der Medikamentenabgabe; Bewilligungserfordernisse bei der direkten Medikamentenabgabe und beim Versandhandel (E. 3.1-3.4). Frage der Bewilligungspflicht im strittigen Vertriebssystem (E. 4.2): Bewilligungserfordernis im Falle fehlender personeller Trennung bei Verschreibung und Abgabe (E. 4.2.2. und 4.2.3). Frage der Zulässigkeit des Entschädigungsmodells (E. 5): kantonale Kompetenzen zum Vollzug von Art. 33 HMG (E. 5.1); Auslegung von Art. 33 HMG (E. 5.2.1-5.2.4) und Anwendung in casu (E. 5.3).

140 III 59 (4C_3/2013, 4C_4/2013) from 20. November 2013
Regeste: Art. 360a OR; Normalarbeitsvertrag mit Mindestlohn; Lohndumping. Ermittlung einer wiederholten missbräuchlichen Unterbietung der orts-, berufs- oder branchenüblichen Löhne (E. 10).

140 V 227 (8C_223/2013) from 10. April 2014
Regeste: Art. 6 und 7 FamZG; Anspruch auf Familienzulagen; Kumulation. Das Verbot der Kumulation von Familienzulagen bei konkurrierenden Ansprüchen erwerbstätiger Ehepartner findet nur auf gleichartige bundes- oder kantonalrechtliche Zulagen Anwendung. Familienzulagen, die internationale Organisationen in der Schweiz mit Vorrechten und Immunitäten internationalen öffentlichen Rechts ihren Angestellten gewähren, fallen daher nicht unter dieses Verbot (E. 3.3).

140 V 233 (8C_837/2013) from 8. Mai 2014
Regeste: Art. 15 Abs. 2 FamZG; Art. 1 FamZG in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 ATSG; Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes des Kantons Bern vom 11. Juni 2008 über die Familienzulagen (KFamZG). Art. 4 Abs. 2 KFamZG ist bundesrechtswidrig (E. 3 und 4).

140 V 574 (9C_422/2014) from 23. Dezember 2014
Regeste: Art. 55a KVG; Einschränkung der Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenversicherung; Ausführungsverordnung des Kantons Genf; abstrakte Normenkontrolle. Die Kantone sind weitgehend autonom, die Anzahl der Ärzte festzulegen, die in ihrem Gebiet zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zugelassen werden; bei entsprechendem Bedürfnis können sie von den in Anhang 1 VEZL festgelegten Höchstzahlen abweichen (E. 6).

141 I 78 (2C_1194/2013, 2C_645/2014) from 30. März 2015
Regeste: Art. 8 Abs. 1, Art. 127 Abs. 2 und Art. 129 Abs. 2 BV; Art. 53 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1bis und Art. 57b Abs. 1 StHG; reduzierte Steuersätze bei strafloser Selbstanzeige gemäss Art. 309e und 314e des Steuergesetzes des Kantons Tessin vom 21. Juni 1994; "kantonale Steueramnestie". Legitimation zur Anfechtung eines kantonalen Erlasses, mit dem ein Steuertarif geändert wird; Bestätigung der Rechtsprechung, wonach die im betreffenden Kanton ansässigen Steuerpflichtigen zur Beschwerde befugt sind (E. 3.1 und 3.2). Ausstandsgründe, wenn ein ehemaliger nebenamtlicher Bundesrichter Beschwerde erhebt; Bestätigung der Rechtsprechung, wonach die blosse Kollegialität unter Gerichtsmitgliedern keine Ausstandspflicht begründet (E. 3.3). Die Einführung reduzierter Steuersätze bei strafloser Selbstanzeige verletzt die entsprechenden Bestimmungen des StHG, und die Anwendung dieser Steuersätze kann nicht durch Anrufung von Art. 129 Abs. 2 BV gerechtfertigt werden (E. 7). Verstoss der Einführung reduzierter Steuersätze bei strafloser Selbstanzeige gegen Art. 8 Abs. 1 und Art. 127 Abs. 2 BV und Unmöglichkeit, die Verletzung dieser Bestimmungen gestützt auf allgemeine finanzpolitische Ziele zu rechtfertigen; deren Verwirklichung hätte einschneidende Folgen für die Anwendung der gesamten Tarife und würde offensichtlich jene begünstigen, die Steuern hinterzogen haben (E. 9).

141 II 113 (2C_1131/2013) from 31. März 2015
Regeste: Art. 83 lit. f und Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG; Art. IX und XV GPA; Art. 12bis Abs. 1 und Art. 13 lit. a IVöB; Art. 3, 5 und 9 Abs. 2bis BGBM; öffentliches Beschaffungswesen; Rechtmässigkeit der Durchführung eines Einladungsverfahrens wegen Dringlichkeit; Beschwerdebefugnis der Eidgenössischen Wettbewerbskommission (WEKO). Interkommunales Vergabeverfahren in Bezug auf die Einführung einer verbrauchsabhängigen "Sackgebühr" für Siedlungsabfälle. Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung in Bezug auf die "Gründe äusserster Dringlichkeit", aufgrund welcher die ausschreibende Behörde von einem offenen Vergabeverfahren absehen kann. Beschwerdebefugnis der WEKO, um festzustellen zu lassen, ob ein Entscheid den Zugang zum Markt in unzulässiger Weise beschränkt (E. 1). Anwendbares Recht und Beschwerdegegenstand (E. 3 und 4). Nichteinhalten der Bedingungen, unter welchen die ausschreibende Behörde - aus Gründen der Dringlichkeit - ein freihändiges Verfahren hätte einleiten dürfen (E. 5). Verletzung der Ausschreibungsregeln und des Transparenzgebots (E. 6). Feststellung der unberechtigten Marktbeschränkung durch das Bundesgericht (E. 7).

141 II 307 (2C_919/2014, 2C_920/2014) from 21. August 2015
Regeste: Art. 89, 95 und 110 BGG, Art. 3, 5 und 9 Abs. 2bis BGBM. Öffentliches Beschaffungsrecht; Einladungsverfahren; Beschwerdebefugnis der Anbieterin, die an einem Einladungsverfahren teilgenommen hat; Rechtsanwendung von Amtes wegen. Zulässigkeit des Einladungsverfahrens (E. 5). Die Beschwerdelegitimation richtet sich auch für das kantonale Verfahren mindestens nach Art. 89 BGG. Das schutzwürdige Interesse, welches die Legitimation begründet, besteht dabei im praktischen Nutzen, der sich ergibt, wenn die Beschwerdeführerin mit ihren Anliegen obsiegt. Sind die Voraussetzungen von Art. 89 BGG erfüllt, ist die Beschwerdeführerin mit sämtlichen in Art. 95 BGG vorgesehenen Rügen zum Verfahren zugelassen. Diese allgemeinen Regeln gelten auch im Beschaffungsrecht (E. 6.1- 6.4). Muss das gesamte Verfahren wiederholt werden, könnte die im Einladungsverfahren unterlegene Anbieterin ein neues Angebot einreichen und ihre Chancen auf den Zuschlag erhöhen sich; es entsteht ihr ein praktischer Nutzen. Sie ist deshalb befugt, die Durchführung eines offenen Verfahrens zu beantragen. Tritt das kantonale Gericht auf die Beschwerde ein, hat es das Recht von Amtes wegen anzuwenden und muss offensichtliche rechtliche Mängel bei der Wahl des Vergabeverfahrens selbst ohne entsprechende Rüge der Beschwerdeführerin beseitigen (E. 6.5-6.8).

141 V 455 (9C_233/2015) from 2. Juli 2015
Regeste: Art. 49 BV; Art. 42a KVG; Art. 1 VVK. Die Abgabe der Versichertenkarte für die obligatorische Krankenpflegeversicherung ist durch das Bundesrecht abschliessend geregelt. Das Prinzip des Vorrangs des Bundesrechts ist verletzt, wenn der Krankenversicherer sich auf das kantonale Recht beruft, um sich seiner Verpflichtung zu entziehen, die Karte auszustellen (E. 6).

142 I 16 (2C_297/2014) from 9. Februar 2016
Regeste: Art. 49 BV; Art. 29 HFKG; Art. 14 Abs. 2 LUSI/TI; Art. 4 RLUSI/TI; Schutz der universitären Bezeichnungen, wie er im Gesetz des Kantons Tessin über die Università della Svizzera italiana, über die Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana und über die Forschungsinstitute sowie im zugehörigen Reglement vorgesehen ist; Vorrang und Beachtung des Bundesrechts. Art. 29 Abs. 1 HFKG sieht vor, dass die Hochschule oder die andere Institution des Hochschulbereichs mit der institutionellen Akkreditierung das Recht erhält, in ihrem Namen die Bezeichnung "Universität", "Fachhochschule" oder "Pädagogische Hochschule" oder eine davon abgeleitete Bezeichnung zu führen, wie insbesondere "universitäres Institut" oder "Fachhochschulinstitut". Der Inhalt dieser Norm ist nicht abschliessender Natur und belässt den Kantonen die Möglichkeit, im Bereich der Bezeichnung universitärer Schulen weitere Bestimmungen zu erlassen. Der Vorbehalt zugunsten der Kantone ist in sprachlicher Hinsicht von erheblicher Bedeutung (E. 7 und 8). Der Schutz der Bezeichnungen "accademia/accademico", "ateneo", "alta scuola" und "facoltà", wie ihn das Recht des Kantons Tessin vorsieht, trägt dem Sinn und Geist des Bundesrechts Rechnung und verletzt Art. 49 BV nicht. Dies gilt nicht für den Schutz der Bezeichnungen "campus" und "college" (E. 9).

142 I 99 (2C_689/2015) from 31. März 2016
Regeste: Art. 27, 29 Abs. 1, Art. 76 Abs. 2 und 4, Art. 94 Abs. 4 BV; Art. 60 Abs. 3bis WRG; die revidierten Bestimmungen zur Sondernutzungskonzession nach dem Wassernutzungsrecht des Kantons Uri, insbesondere zur Konkurrenzsituation bei der Verleihung der Konzession, sind bundesrechtlich nicht zu beanstanden (abstrakte Normenkontrolle). Grundsatzkompetenz des Bundes zur Regelung der Wassernutzung bei gleichzeitiger Gewässerhoheit der Kantone. Diese sind daher befugt, die öffentlichen Gewässer entweder selber zu nutzen oder das Recht zur Nutzung konzessionsweise an Dritte zu verleihen. Keine bundesrechtliche Pflicht, vor der beabsichtigten Konzedierung des Nutzungsrechts eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen (E. 2.2). Kein Rechtsanspruch der Interessenten auf Erteilung der Sondernutzungskonzession und daher keine Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf das Verfahren der Konzessionserteilung (E. 2.3). Die Gewässerhoheit stellt ein kantonales Regal dar, weshalb die Verfügungsmacht über die öffentlichen Gewässer vom Anwendungsbereich der Wirtschaftsfreiheit ausgenommen ist. Die Konzedierung liegt im pflichtgemässen Ermessen der Konzessionsbehörde (E. 2.4). Die konkrete Ausgestaltung der Konzessionserteilung nach der revidierten Gewässernutzungsverordnung des Kantons Uri vom 19. November 2014 entspricht den bundesrechtlichen Vorgaben, namentlich was die Befristung von Konkurrenzofferten (E. 3), die Berücksichtigung des öffentlichen Wohls, insbesondere das Kriterium der Beteiligung der öffentlichen Hand (E. 4), das Verfahren und die Zuständigkeit betrifft (E. 5). Verhältnis von abstrakter und konkreter Normenkontrolle (E. 4.3.5).

142 II 100 (1C_139/2015 und andere) from 16. März 2016
Regeste: Baubewilligungen in lärmbelasteten Gebieten (Art. 22 USG, Art. 31, 32 und 39 Abs. 1 LSV); "Lüftungsfensterpraxis"; Koordination mit der Raumplanung (Art. 1 Abs. 2 lit. abis, Art. 3 Abs. 3 lit. abis und Art. 8a Abs. 1 lit. c und e RPG). Unabhängig von bestehenden Erschliessungs- oder Sondernutzungsvorschriften ist im Baubewilligungsverfahren stets zu prüfen, ob die Immissionsgrenzwerte an allen im Baugesuch vorgesehenen lärmempfindlichen Räumen eingehalten werden (Art. 22 USG; E. 2). Nach der sogenannten Lüftungsfensterpraxis genügt es, wenn die Immissionsgrenzwerte nicht an allen, sondern mindestens an einem (zum Lüften geeignetem) Fenster jedes lärmempfindlichen Raums eingehalten werden; Meinungsstand und bisherige Rechtsprechung (E. 3). Die "Lüftungsfensterpraxis" widerspricht dem geltenden Umweltschutzrecht (E. 4), insbesondere würde dadurch der vom Gesetzgeber gewollte Gesundheitsschutz ausgehöhlt (E. 4.4 und 4.5). Wichtigen Anliegen der Raumplanung, namentlich der Siedlungsverdichtung und -entwicklung nach innen, kann auf dem Wege der Ausnahmebewilligung Rechnung getragen werden (Art. 31 Abs. 2 LSV; E. 4.6).

142 II 369 (2C_6/2016) from 18. Juli 2016
Regeste: Ist die Aargauische Pensionskasse bei der Vergabe von Unterhaltsarbeiten an Liegenschaften ihres Anlagevermögens dem kantonalen Vergaberecht unterstellt? Beurteilung der Frage nach Staatsvertrags-, Bundes-, und kantonalem Recht. Zulässigkeit der Beschwerde (E. 1.1-1.4). Beschwerdelegitimation der Aargauischen Pensionskasse im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG bejaht (E. 1.5). Kognition und Rügen (E. 2). Eine Unterstellung unter das Vergaberecht ergibt sich nicht bereits aus dem Staatsvertragsrecht (E. 3). Das kantonale Recht kann den subjektiven Geltungsbereich des Vergaberechts weiter fassen als das Staatsvertrags-, Bundes- und interkantonale Recht. Es ist nicht willkürlich, die Pensionskasse als Anstalt des Kantons in Bezug auf die streitbetroffenen Aufträge dem kantonalen Vergaberecht zu unterstellen (E. 4). Die Unterstellung verstösst nicht gegen die derogatorische Kraft des Bundesrechts (Art. 49 BV) bzw. nicht gegen Art. 111 und Art. 113 BV, ebenso wenig gegen das BVG (E. 5). Frage der Grundrechtsträgerschaft (Art. 27 BV) der Pensionskasse offengelassen, da die Aargauische Pensionskasse mehrheitlich nicht im Wettbewerb tätig ist (E. 6). Gerichtskosten: Submissionsrechtliche Angelegenheiten gelten als Fälle mit Vermögensinteresse (Art. 68 Abs. 1 und 4 BGG), auch wenn es bloss um die Frage geht, ob das Beschaffungsrecht anwendbar ist (E. 7).

142 II 425 (8C_90/2016) from 11. August 2016
Regeste: Art. 8 Abs. 1 und Art. 49 Abs. 1 BV; Art. 16c Abs. 2 EOG; § 20 Abs. 1 und § 22 der Verordnung des Grossen Rates des Kantons Thurgau vom 18. November 1998 über die Besoldung des Staatspersonals (Besoldungsverordnung). Eine Arbeitnehmerin, welche die Mutterschaftsentschädigung nach Art. 16c Abs. 2 EOG aufgeschoben hat und in der Zeit bis zur Entlassung ihres Kindes aus dem Spital aus gesundheitlichen Gründen selbst voll arbeitsunfähig ist, hat Anspruch auf Lohnersatz wie bei Krankheit; § 22 Besoldungsverordnung widerspricht dem Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 8 Abs. 1 BV und dem Vorrang des Bundesrechts nach Art. 49 Abs. 1 BV (E. 4-6).

142 V 513 (8C_138/2016) from 6. September 2016
Regeste: Art. 9 und 12 BV; Sozialhilfegesetz und Sozialhilfeverordnung des Kantons Zürich: Anrechnung eines Konkubinatsbeitrages im Sozialhilfebudget. Dem erweiterten SKOS-Budget des nicht unterstützten Konkubinatspartners sind sämtliche Einnahmen (Erwerbseinkommen oder Ersatzeinkommen einschliesslich Ergänzungsleistungen) gegenüberzustellen. Resultiert ein Einnahmenüberschuss, ist dieser bei stabilem Konkubinat im Budget der antragstellenden Person vollumfänglich als Einnahme (Konkubinatsbeitrag) anzurechnen. Dies verletzt - auch im Vergleich zu verheirateten Paaren - weder das Rechtsgleichheitsgebot noch das Willkürverbot und auch nicht das Recht auf Existenzsicherung (E. 5).

143 I 109 (2C_62/2015) from 2. September 2016
Regeste: Art. 49 Abs. 1, 81a, 87 und 92 BV; Art. 15 und 28 PBG; Art. 36 LTPG/GE; Vorrang des Bundesrechts; Zuständigkeit des kantonalen Gesetzgebers zur Festsetzung der Tarife der Genfer Verkehrsbetriebe. Vorrang des Bundesrechts (E. 4.2). Frage offengelassen, ob Art. 87 und 92 BV dem Bund eine ausschliessliche oder konkurrierende Kompetenz im Bereich des Transportwesens einräumen (E. 5). Die Änderung von Art. 36 LTPG/GE, der dem Grossen Rat die Kompetenz einräumt, den Tarif der Genfer Verkehrsbetriebe festzusetzen, verletzt das PBG nicht (E. 6).

143 I 129 (1C_225/2016) from 14. Dezember 2016
Regeste: Art. 8 Abs. 2 BV, Art. 43 KV/FR; Ungültigerklärung einer kantonalen Volksinitiative - als Verfassungsinitiative in Form der allgemeinen Anregung - durch den Grossen Rat des Kantons Freiburg wegen Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Erfordernis der Vereinbarkeit kantonaler Volksinitiativen mit dem übergeordneten Recht (E. 2.1); Auslegungsregeln für die Prüfung der Gültigkeit einer Volksinitiative (E. 2.2). Prüfung der freiburgischen kantonalen Volksinitiative "Gegen die Eröffnung eines Zentrums 'Islam und Gesellschaft' und eine staatliche Imam-Ausbildung an der Universität Freiburg"; Verletzung des Diskriminierungsverbots (Art. 8 Abs. 2 BV), weil das mit der Initiative angestrebte Verbot nur auf eine einzige der Religionen abzielt, denen im Kanton Freiburg die öffentlich-rechtliche Anerkennung versagt ist; die Initiative lässt sich nicht verfassungskonform auslegen, insbesondere weil sich ihr Titel und ihr Text ausdrücklich und ausschliesslich auf den Islam beziehen; hinzu kommt, dass die Argumentation der Initianten ein überwiegendes Gewicht auf Gründe legt, die sich gegen den Islam richten (E. 2.3). Auch wenn die Initiative als allgemeine Anregung ausgestaltet ist, kann sie deswegen nicht in einem weiteren Sinne interpretiert werden, ohne dass damit der Wille der Unterzeichner missachtet würde; aus dem gleichen Grund entfällt auch die Möglichkeit einer Teilungültigkeit (E. 2.4).

143 I 272 (2C_756/2015) from 3. April 2017
Regeste: Art. 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 und 2, Art. 189 Abs. 1 lit. e BV; Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG; Art. 83 und 84 KV/ZH; § 3 Abs. 2 Satz 2 und § 177 GG/ZH in der Fassung vom 20. April 2015; Normenhierarchie auf kantonaler Ebene; abstrakte (hauptfrageweise) Normenkontrolle. Vorrang einer Kantonsverfassung gegenüber dem übrigen kantonalen und dem kommunalen Recht (E. 2.2). Bedeutung der Schulgemeinden und der politischen Gemeinden (Einwohnergemeinden) nach dem Staatsrecht des Kantons Zürich (E. 2.3). Art. 84 Abs. 2 KV/ZH verlangt für den Zusammenschluss einer Schulgemeinde mit einer politischen Gemeinde, dass seitens der Schulgemeinde die Mehrheit der Stimmenden zustimmt. Diese Regelung begründet eine kantonale, durch den Bund gewährleistete Garantie zugunsten der Schulgemeinden. Solche sind daher vor Bundesgericht legitimiert, gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 und § 177 des revidierten Gemeindegesetzes vorzugehen, das diese Mitwirkung ausschliesst (E. 2.4). § 3 Abs. 2 Satz 2 und § 177 GG/ZH entziehen sich jeder verfassungskonformen Auslegung, weshalb sie aufzuheben sind (E. 2.5).

143 I 403 (2C_774/2014) from 21. Juli 2017
Regeste: Art. 27, 28 Abs. 1, 36, 49 Abs. 1, 94, 110 und 122 BV; Art. 71 ArG; ELG; Art. 4 AVEG; Art. 342 und 356 ff. OR; Art. 34a KV/NE; abstrakte Normenkontrolle des Gesetzes des Kantons Neuenburg vom 28. Mai 2014 zur Änderung des Gesetzes über die Beschäftigung und die Arbeitslosenversicherung (LEmpl/NE); Verfassungs- und Rechtmässigkeit eines kantonalen Minimallohns. Eine Gesetzesänderung, die für den Kanton Neuenburg einen Mindestlohn bestimmt mit dem Ziel, allen Arbeitnehmenden einen angemessenen Lebensstandard zu ermöglichen, ohne dass sie Sozialhilfe beanspruchen müssen, und die Armut zu bekämpfen, ist keine wirtschafts-, sondern eine sozialpolitische Massnahme. Sie verstösst nicht gegen den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (E. 5.1-5.5). Vereinbarkeit des kantonalen Gesetzes mit dem individualrechtlichen Gehalt der Wirtschaftsfreiheit (E. 5.6 und 5.7) und der Koalitionsfreiheit vor dem Hintergrund der Gesetzgebung über die Gesamtarbeitsverträge (E. 6). Die Einführung eines minimalen Stundenlohns auf kantonaler Ebene verletzt den Vorrang des Bundesrechts weder im Hinblick auf das private noch das öffentliche Arbeitsrecht (E. 7).

143 II 694 (2C_70/2017) from 28. September 2017
Regeste: Art. 127 Abs. 3 BV; Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG; Aufschub der Grundstückgewinnsteuer zufolge Ersatzbeschaffung; interkantonale Zuordnung der Besteuerungskompetenz; Anwendung der Einheitsmethode auch auf reinvestitionsnahe Handänderungen. Gemäss der bundesgerichtlichen Praxis sieht Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG keine Mindesthaltedauer von fünf Jahren als Voraussetzung für eine dauernde und ausschliessliche Selbstnutzung vor und sind die Kantone auch nicht befugt, in dieser Hinsicht zusätzliche Anforderungen an einen Steueraufschub bei einer Ersatzbeschaffung zu stellen (BGE 143 II 233). Ebenso ist bezüglich der interkantonalen Zuordnung der Besteuerungskompetenz auf die Statuierung einer (fünfjährigen) Mindesthaltedauer und mithin auf die partielle Anwendung der sog. Zerlegungsmethode zu verzichten. Vielmehr gelangt auch bei reinvestitionsnahen Handänderungen die Einheitsmethode zur Anwendung. Dies bedeutet, dass das Recht zur Besteuerung des latenten Steuersubstrats bei einem Abreissen der Ersatzbeschaffungskette auch in diesen Fällen insgesamt und ausschliesslich dem Zuzugskanton bzw. dem letzten von mehreren Zuzugskantonen zukommt. Vorbehalten bleibt einzig das Rechtsmissbrauchsverbot (E. 4).

143 III 10 (4A_234/2016) from 19. Dezember 2016
Regeste: Haftung des unentgeltlichen Rechtsbeistands (Art. 61 Abs. 1 OR; Art. 12 lit. b und g BGFA). Der unentgeltliche Rechtsbeistand haftet der vertretenen Person für einen allfälligen Schaden nach den Regeln des Bundesprivatrechts. Das kantonale Recht kann diese Regelung nicht abändern und stattdessen eine ausschliessliche Staatshaftung für den Fall einer Sorgfaltspflichtverletzung durch den unentgeltlichen Rechtsbeistand vorsehen (E. 3).

143 III 473 (5A_88/2017) from 25. September 2017
Regeste: Art. 316 Abs. 1 ZGB; Pflegekinderbewilligung; Beschwerdelegitimation; kantonales Recht. Erklärt ein Kanton eine andere Behörde als die Kindesschutzbehörde zur Erteilung von Pflegekinderbewilligungen für zuständig, regelt er auch umfassend das Verfahren. Dass danach die Mutter von Kindern, die in einer Pflegefamilie untergebracht werden, zur Beschwerde gegen die Erteilung der Pflegekinderbewilligung nicht legitimiert ist, verletzt kein Bundesrecht (E. 2).

143 V 451 (8C_285/2017) from 21. November 2017
Regeste: Art. 48 Abs. 1 und 3, Art. 49 Abs. 1 BV; Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG; Art. 4 lit. d IVSE; Unterstützungswohnsitz eines in einem ausserkantonalen Heim untergebrachten Kindes. Wird in einer interkantonalen Vereinbarung die Anwendung von Bundesrecht vorgesehen, handelt es sich beim verwiesenen Recht um (inter-)kantonales Recht im Sinne von Art. 48 Abs. 3 und Art. 49 Abs. 1 BV (E. 9.3). Entgegen Art. 4 lit. d IVSE bestimmt sich der Unterstützungswohnsitz eines dauernd fremdplatzierten Kindes nach Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG und nicht nach dem infolge Verweises in Art. 4 lit. d IVSE als (inter-)kantonales Recht geltenden Art. 25 ZGB (E. 9.4).

144 I 113 (8C_162/2018) from 4. Juli 2018
Regeste: Art. 8, 9 und 49 Abs. 1 BV; aArt. 39 des Reglementes des Staatsrates des Kantons Freiburg vom 14. März 2016 für das Lehrpersonal, das der Direktion für Erziehung, Kultur und Sport untersteht (LPR; in der bis Ende April 2018 in Kraft gewesenen Fassung). Die vorinstanzliche Auslegung von aArt. 39 LPR, wonach Ferien, die in den Mutterschaftsurlaub fallen, in der unterrichtsfreien Zeit vor- oder nachbezogen werden können, verstösst weder gegen das Gebot der rechtsgleichen Behandlung (Art. 8 BV) noch gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV) oder gegen das Gebot des Vorrangs und der Einhaltung von Bundesrecht (Art. 49 BV) (E. 5-8).

144 I 281 (1C_211/2016, 1C_212/2016) from 20. September 2018
Regeste: Art. 13 Abs. 2, 16, 22, 27, 49 Abs. 1 BV; Kanton Tessin; Gesichtsverhüllungsverbot im öffentlichen Raum. Die Tessiner Gesetze über die Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum und über die öffentliche Ordnung sehen eine abschliessende Liste mit Ausnahmen zum Gesichtsverhüllungsverbot vor. Politische, gewerbliche oder Werbeveranstaltungen kommen auf dieser Liste nicht vor (E. 3.4). Im Lichte der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 117 Ia 472) erscheint das so formulierte Verbot unter dem Blickwinkel der Meinungsfreiheit, der Versammlungsfreiheit und der Wirtschaftsfreiheit als unverhältnismässig (E. 5.3 und 7). Um es mit diesen Grundrechten vereinbar zu machen, wird der Grosse Rat die Gesetze ergänzen und zusätzliche Ausnahmen für die betreffenden Veranstaltungen vorsehen müssen (E. 5.4.3- 5.5 und 7.4). Das im Gesetz über die öffentliche Ordnung vorgesehene Gesichtsverhüllungsverbot verstösst weder gegen den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts (E. 4) noch gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (E. 6). Die Vereinbarkeit der neuen Bestimmungen mit der Religionsfreiheit wurde nicht bestritten und daher vom Bundesgericht nicht geprüft (E. 3).

144 II 281 (2C_94/2018) from 15. Juni 2018
Regeste: Keine Haftung des Staates, wenn ein Fahrschüler an der Führerprüfung mit dem Auto der Fahrschule einen Schaden am Prüfungsfahrzeug und an einem Strassensignal verursacht, dem Prüfungsexperten aber nicht nachgewiesen werden kann, dass dieser pflichtwidrig eine Unterlassung begangen hat, welche den eingetretenen Schaden abgewendet hätte. Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten betreffend Staatshaftung; Verhältnis zur Beschwerde in Zivilsachen (E. 1). Keine willkürliche Verneinung der Staatshaftung nach kantonalem Recht (E. 3). Keine Haftung des Kantons nach Art. 58 SVG für Schäden am Prüfungsfahrzeug (Art. 59 Abs. 4 lit. a SVG; E. 4.2) sowie für Schäden am Strassensignal, da er nicht Halter des Fahrzeugs ist (E. 4.3). Keine Haftung des Kantons als Unternehmer nach Art. 71 SVG (E. 4.4). Keine Haftung aus Lückenfüllung (E. 4.5).

144 IV 240 (6B_982/2017) from 14. Juni 2018
Regeste: Art. 104 Abs. 2 StPO; weitere Behörde, der Parteirechte eingeräumt werden können. Der Begriff der Behörde nach Art. 104 Abs. 2 StPO ist grundsätzlich in einem eingeschränkten Sinn zu verstehen. Nicht massgebend ist, ob die Organisation öffentlichrechtlich oder privatrechtlich organisiert ist. Entscheidend ist vielmehr, dass ihr die Erfüllung einer dem Gemeinwesen zustehenden öffentlichrechtlichen Aufgabe übertragen wurde, dass ihr hierbei hoheitliche Befugnisse zukommen, dass die Geschäfts- und Rechnungsführung für ihre öffentlichen Aufgaben unter staatlicher Aufsicht steht, mithin dass die Organisation genügend in das Gemeinwesen eingebunden ist und dass ihre öffentlichrechtliche Tätigkeit durch den Staat abgegolten wird (E. 2).

144 V 236 (9C_161/2018) from 23. Juli 2018
Regeste: Art. 49 Abs. 1 BV; Art. 62 Abs. 1 BVG; § 22 Abs. 4 lit. b des kantonalen Gesetzes über die Pensionskasse Kanton Solothurn (PKG); abstrakte Normenkontrolle. I.c. stellen die Auflösung der Rückstellung für die Anpassung der Renten an die Teuerung (E. 3) und die vorgesehene Verwendung der dadurch frei gewordenen Mittel (E. 4) keine Zweckentfremdung von Vorsorgevermögen dar. § 22 Abs. 4 lit. b PKG ist bundesrechtskonform.

145 I 26 (8C_228/2018) from 22. Januar 2019
Regeste: Art. 82 lit. b BGG; Art. 65 Abs. 1bis KVG; abstrakte Kontrolle von § 2a Abs. 1 und Abs. 2 der Prämienverbilligungsverordnung des Kantons Luzern in der für das Jahr 2017 gültig gewesenen Fassung; Einkommensgrenze für Prämienverbilligung. Die im Kanton Luzern für das Jahr 2017 auf Fr. 54'000.- festgesetzte Einkommensgrenze zur Verbilligung der Krankenkassenprämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung hält vor Bundesrecht nicht stand. Selbst unter Achtung der diesbezüglichen Autonomie der Kantone ist es mit Sinn und Geist von Art. 65 Abs. 1bis KVG, der für untere und mittlere Einkommen eine Prämienverbilligung für Kinder und junge Erwachsene in Ausbildung vorsieht, nicht vereinbar, wenn die kantonal festgesetzte Einkommensgrenze knapp über der Schwelle von den unteren zu den mittleren Einkommen liegt und somit nur ein verschwindend kleiner Teil der mittleren Einkommen in den Genuss einer Prämienverbilligung kommt. § 2a Abs. 1 und Abs. 2 der Prämienverbilligungsverordnung des Kantons Luzern entziehen sich einer mit Bundesrecht vereinbaren Auslegung und sind daher, zusammen mit Abs. 4 dieser Bestimmung, aufzuheben (E. 8.3).

145 I 73 (1C_188/2018) from 13. Februar 2019
Regeste: Art. 4 und 5 Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten, Art. 17 und 27 UNO-Pakt II, Art. 2 FZA, Art. 6 und 8 EMRK, Art. 8, 9, 13, 24, 26, 27, 29, 29a und 30 BV; abstrakte Kontrolle des Neuenburger Gesetzes über Lagerplätze fahrender Gemeinschaften (LSCN). Konventions- und verfassungsrechtlicher Rahmen zum Schutz fahrender Gemeinschaften (E. 4). Das LSCN begründet keine Ungleichbehandlung zwischen den fahrenden Gemeinschaften und der sesshaften Bevölkerung (E. 5.2); es verletzt das Diskriminierungsverbot nicht, indem es Plätze für den Aufenthalt und die Durchreise von "schweizerischen fahrenden Gemeinschaften" und Plätze für die Durchreise von "anderen fahrenden Gemeinschaften" vorsieht (E. 5.3). Das LSCN ist sowohl mit der Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) als auch mit der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) vereinbar (E. 6). Die Räumung eines rechtswidrigen Lagers - vorgesehen in den Art. 24 bis 28 LSCN - verletzt weder den Schutz der Privatsphäre (Art. 13 BV) noch die Niederlassungsfreiheit (Art. 24 BV) noch die Allgemeinen Verfahrensgarantien (Art. 29 BV) noch die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) noch die gerichtlichen Verfahrensgarantien (Art. 30 BV) (E. 7).

145 I 183 (5C_2/2017) from 11. März 2019
Regeste: Art. 27, 49 und 94 BV, Art. 404 ZGB; abstrakte Kontrolle der (neuen) Art. 31a bis 31d des Gesetzes des Kantons Neuenburg vom 27. Juni 2017 zur Änderung des Gesetzes über die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden; Entschädigung der unabhängigen Privatbeistände; Wahrung der Wirtschaftsfreiheit und des Grundsatzes des Vorrangs des Bundesrechts. Kategorien von Beiständen; Darstellung des Systems der Entschädigung der Beistände im Kanton Neuenburg unter Herrschaft des bisherigen und des neuen Rechts (E. 3). Keine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit (E. 4). Grundsätze für die Entschädigung des Beistandes; zulässige kantonale Tarifmodelle; Vereinbarkeit des auf Pauschalen mit Mindest- und Höchstbeträgen beruhenden Tarifsystems des Kantons Neuenburg mit dem Bundesrecht (Art. 404 ZGB); Verletzung des Grundsatzes des Vorrangs des Bundesrechts, soweit der neue Tarif die Möglichkeit, die Grundentschädigung in Fällen zu erhöhen, in denen sie mit Blick auf den tatsächlichen Aufwand des Beistands als unangemessen erscheint, auf maximal 30 % begrenzt (E. 5).

145 IV 10 (6B_726/2018) from 29. Januar 2019
Regeste: Art. 77b StGB; Voraussetzungen für die Bewilligung der Halbgefangenschaft; Vorrang von Bundesrecht. Mit Art. 77b StGB hat der Gesetzgeber die Kriterien für die Bewilligung der Halbgefangenschaft abschliessend festgelegt, ohne den Kantonen Raum für restriktivere Regelungen zu lassen. Kantonale oder interkantonale Bestimmungen dürfen die Gewährung der Halbgefangenschaft daher nicht davon abhängig machen, dass die verurteilte Person in der Schweiz über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, da sich eine solche Voraussetzung nicht aus Art. 77b StGB ergibt. Die Behörden können das Fehlen einer Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz höchstens bei der Beurteilung berücksichtigen, ob beim Verurteilen Fluchtgefahr besteht (E. 2).

145 V 128 (9C_435/2018) from 14. Februar 2019
Regeste: Art. 35, 39, 41, 49 und 49a KVG; Art. 58a-e KVV; Art. 5, 27, 36 und 49 BV. Erinnerung an die Rechtsprechung, wonach ein Kanton eine Mengenbegrenzung festlegen kann im Rahmen von Leistungsaufträgen an Spitäler, welche sich auf der kantonalen Spitalliste im Sinne von Art. 39 Abs. 1 lit. e KVG finden (E. 6.2). Im vorliegenden Fall betreffen die im Neuenburger Recht vorgesehenen Mengenbegrenzungen Spitäler, die ausserhalb des Kantons gelistet sind (E. 6.1). Es handelt sich um ausserhalb der in Art. 39 Abs. 1 lit. d KVG umfassend geregelten Spitalplanung ergriffene Massnahmen, welche dem Bundesrecht widersprechen (E. 7.1).

145 V 255 (8C_453/2018, 8C_455/2018) from 7. Mai 2019
Regeste: Art. 75 UVG; Art. 98 UVV; Wahl des Versicherers für das Personal öffentlich-rechtlicher Körperschaften. Neu geschaffene Verwaltungs- und Betriebseinheiten müssen die Wahl des Versicherers nach Art. 98 Abs. 2 UVV spätestens einen Monat vor der Aufnahme der Tätigkeit treffen. Eine Unvereinbarkeit des UVV mit übergeordnetem Bundesrecht ist nicht erkennbar (E. 4-7).

145 V 380 (9C_221/2019) from 7. Oktober 2019
Regeste: Art. 25 Abs. 2 lit. a, Art. 25a Abs. 1, 3, 4 und 5 Satz 2 (Abs. 5 in der bis 31. Dezember 2018 gültig gewesenen Fassung), Art. 35 Abs. 2 lit. k, Art. 39 Abs. 3 und Art. 50 KVG; Art. 33 lit. b, h und i KVV; Art. 7, 7a, 8 und 9 KLV; Beschluss des Regierungsrats des Kantons Solothurn RRB Nr. 2016/1186 vom 27. Juni 2016; Methode zur Ermittlung des Pflegebedarfs in Pflegeheimen für die Einstufung in die Pflegestufen. Im Bereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung sah das Verordnungsrecht des Bundes im hier massgeblichen Zeitraum bis Ende Februar 2017 kein schweizweit einheitliches Verfahren für die Ermittlung des Pflegebedarfs in Pflegeheimen vor. Der Regierungsrat des Kantons Solothurn verhielt sich nicht bundesrechtswidrig, indem mit RRB Nr. 2016/1186 vom 27. Juni 2016 entsprechende, auf dem Pflegebedarfssystem RAI/RUG, Version CH-Index 2016, basierende kantonale Ansätze ab 1. Juli 2016 festgelegt wurden ("Höchsttaxen stationäre und teilstationäre Angebote im Bereich Pflege [Alters- und Pflegeheime]"; E. 3-8; vgl. auch Urteil 2C_333/2012 vom 5. November 2012).

146 I 20 (2C_1005/2018) from 22. August 2019
Regeste: Art. 8 EMRK und Art. 2 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK (ZP 1 EMRK); Art. 13 Abs. 1, 19 und 62 Abs. 2 BV; § 135 des Schulgesetzes vom 4. April 1929 des Kantons Basel-Stadt (Schulgesetz/BS); häuslicher Privatunterricht (Homeschooling); Vereinbarkeit von § 135 Schulgesetz/BS mit dem Bundesrecht. Rechtsgrundlagen des häuslichen Privatunterrichts im Kanton Basel-Stadt (E. 3). Art. 19 i.V.m. Art. 62 Abs. 2 BV gewährt keinen Anspruch auf privaten Einzelunterricht (E. 4; Bestätigung der Rechtsprechung). Das Erziehungsrecht der Eltern fällt zwar in den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 BV und 8 Ziff. 1 EMRK, es steht jedoch unter Vorbehalt des kantonalen Schulrechts und des Kindeswohls (E. 5.1 und 5.2). Ein Anspruch auf häuslichen Privatunterricht ergibt sich weder aus Art. 8 EMRK i.V.m. Art. 2 ZP 1 EMRK noch aus einem anderen Staatsvertrag. Es besteht derzeit kein Anlass, einen solchen Anspruch gestützt auf Art. 13 Abs. 1 BV anzuerkennen. Folglich verstossen selbst sehr restriktive Regelungen des häuslichen Privatunterrichts wie jene des Kantons Basel-Stadt nicht gegen den verfassungsmässigen Anspruch auf Schutz des Privat- und Familienlebens. Es ist Sache der Kantone, unter Beachtung von Art. 19 und 62 Abs. 2 BV zu regeln, ob und in welchem Umfang Homeschooling zugelassen werden soll (E. 5.3-5.5).

146 I 70 (1C_441/2018) from 14. November 2019
Regeste: Art. 26 Abs. 1, Art. 27 Abs. 1, Art. 36, Art. 49 Abs. 1, Art. 109 Abs. 1, Art. 122 Abs. 1 BV; kommunale Bestimmungen zum preisgünstigen Wohnungsbau; abstrakte Normenkontrolle; Vorrang von Bundesrecht; Eigentumsgarantie; Wirtschaftsfreiheit. Grundsätze der abstrakten Normenkontrolle (E. 4). Die in die Bauordnung der Stadt Bern aufgenommenen Bestimmungen zur Sicherstellung eines genügenden Angebots an preisgünstigen Mietwohnungen sind mit dem Grundsatz des Vorrangs von Bundesrecht vereinbar (E. 5). Sie lassen sich so auslegen und umsetzen, dass mit ihrer Anwendung grundsätzlich keine ungerechtfertigten Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit oder die Eigentumsgarantie verbunden sind (E. 6).

146 II 309 (2C_300/2019) from 31. Januar 2020
Regeste: Art. 7 Abs. 3 BGFA; Art. 21 LPAv/VD; Bedingungen für die Eintragung in das kantonale Register für Anwaltspraktikanten. Art. 7 Abs. 3 BGFA ist so auszulegen, dass für die Anmeldung zum Anwaltspraktikum ein Bachelorabschluss im Schweizer Recht erforderlich ist, unabhängig davon, ob die betroffene Person über einen entsprechenden Masterabschluss verfügt. Der fragliche Bachelorabschluss kann von einer Universität in einem Staat stammen, der mit der Schweiz ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Diplomen abgeschlossen hat. Der ausländische Bachelorabschluss muss jedoch mit jenem der Schweiz gleichwertig sein, damit gewährleistet ist, dass die betreffende Person über ausreichende Grundkenntnisse verfügt um die Tätigkeit als Anwaltspraktikant bzw. als Anwaltspraktikantin auszuüben (E. 4).

146 III 377 (5A_175/2020) from 25. August 2020
Regeste: Art. 439 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB; Anrufung des Gerichts bei ärztlich angeordneter fürsorgerischer Unterbringung; interkantonale Zuständigkeit. Für die Beurteilung der Beschwerde gegen die ärztlich angeordnete fürsorgerische Unterbringung ist interkantonal das Gericht am Ort, wo die Unterbringung angeordnet wurde, zuständig (E. 3-6).

147 I 183 (1C_105/2019) from 16. September 2020
Regeste: Art. 34 und Art. 35 Abs. 2 und 3 BV; § 48 Abs. 2 lit. a der Verfassung vom 23. März 2005 des Kantons Basel-Stadt; Vereinbarkeit der kantonalen Volksinitiative "Grundrechte für Primaten" mit übergeordnetem Recht. Gründe für die Ungültigerklärung einer kantonalen Volksinitiative im Kanton Basel-Stadt (E. 5). Grundsätze der Überprüfung der materiellen Rechtmässigkeit einer kantonalen Volksinitiative (E. 6.1 und 6.2). Verhältnis kantonaler Grundrechte zu den Grundrechten der Bundesverfassung und der EMRK (E. 8.1). Vereinbarkeit kantonaler Grundrechte für bestimmte Tiere mit übergeordnetem Recht (E. 8.2-8.4). Für die Beurteilung der materiellen Rechtmässigkeit der Initiative ist unter den gegebenen Umständen vom Wortlaut der Initiative auszugehen und nicht auf den subjektiven Willen der Initiantinnen und Initianten abzustellen (E. 9.1-9.3).

147 I 241 (2C_283/2020) from 5. Februar 2021
Regeste: Art. 213 ff. ZPO; Art. 6 ff. der Verordnung über die Mediation in Zivil-, Straf- und Jugendstrafsachen des Kantons Freiburg vom 6. Dezember 2010 (MedV/FR); Mediation; Bewilligung der Ausübung; Rechtsprechung und Organisation der Gerichte; unentgeltliche Rechtspflege; derogatorische Kraft des Bundesrechts. Darstellung der rechtlichen Vorschriften des Kantons Freiburg, welche die justizförmige Tätigkeit des Mediators in Zivilsachen einer Bewilligungspflicht unterwerfen (E. 3). Die Kantone haben die originäre Kompetenz, die justizförmige Tätigkeit von Mediatoren in Zivilsachen zu regeln (E. 5.1). Aus Art. 213 ff. ZPO folgt jedoch, dass die Kantone das Recht zur Ausübung dieser Funktion nicht von der vorgängigen Erteilung einer Bewilligung abhängig machen dürfen (E. 5.2-5.8). Möglichkeit für einen Kanton, eine Liste mit Personen zu führen, die im Bereich der Mediation qualifiziert sind, und die Kosten für Mediationsverfahren nur zu übernehmen, wenn sich die Parteien an eine dieser Personen wenden (E. 5.7.6 und 5.7.7). Praktische Auswirkungen dieser Grundsätze (E. 6).

147 I 308 (1C_43/2020) from 1. April 2021
Regeste: Art. 87 Abs. 1 und Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG, Art. 78 Abs. 1 BV, Übereinkommen vom 3. Oktober 1985 zum Schutz des baugeschichtlichen Erbes in Europa (sog. Granada-Übereinkommen); Rechtmässigkeit von kantonalen Bestimmungen über den Denkmalschutz (abstrakte Normenkontrolle). Legitimation zur Erlassbeschwerde von Eigentümern von geschützten und potentiell schützenswerten Gebäuden im Kanton im Zusammenhang mit neuen kantonalen Bestimmungen über den Denkmalschutz (E. 2). Kognition des Bundesgerichts bei der abstrakten Normenkontrolle (E. 3). Tragweite der Kompetenzbestimmung der Bundesverfassung im Bereich des Heimatschutzes (E. 4). Rechtsnatur des Granada-Übereinkommens und Bedeutung der darin an den Gesetzgeber gerichteten Handlungspflichten im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle (E. 5 und 6). Vereinbarkeit der konkret angefochtenen kantonalen Bestimmungen über die Denkmalpflege mit dem Granada-Übereinkommen (E. 7).

147 IV 27 (1B_545/2019) from 14. Oktober 2020
Regeste: Art. 13, Art. 49 Abs. 1 und Art. 123 Abs. 1 BV; Art. 171 Abs. 1 und 2 lit. a und b, Art. 248 Abs. 1 und Art. 264 Abs. 1 lit. c StPO; Art. 321 Ziff. 2 und 3 StGB; Arztgeheimnis als Entsiegelungs- und Durchsuchungshindernis; Entbindung vom Berufsgeheimnis; Verhältnis des Bundesrechts zu kantonalen gesundheitsrechtlichen Verwaltungsvorschriften. Kantonale Verwaltungsnormen (wie etwa das schaffhausische Gesundheitsgesetz) dürfen die bundesgesetzlichen Vorschriften über den Schutz der Berufsgeheimnisse und über die strafprozessualen Editions- und Zeugnispflichten nicht unterlaufen. Dies gilt namentlich für die in Art. 171 Abs. 2 lit. b StPO i.V.m. Art. 321 Ziff. 2 StGB abschliessend geregelten Modalitäten einer Entbindung vom Berufsgeheimnis. Mangels einer gesetzeskonformen Entbindung vom Arztgeheimnis verletzte der hier angefochtene Entsiegelungsentscheid das Bundesrecht (Bestätigung und Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3 und 4).

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