Code pénal suisse

du 21 décembre 1937 (État le 22 novembre 2022)


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Art. 1

1. Pas de sanc­tion sans loi

 

Une peine ou une mesure ne peuvent être pro­non­cées qu’en rais­on d’un acte ex­pressé­ment réprimé par la loi.

BGE

83 IV 148 () from 14. September 1957
Regeste: Art.144 Abs. 1StGB. Begriff des Absetzenhelfens.

86 IV 92 () from 8. April 1960
Regeste: Art. 66 KUVG schliesst die Anwendung der Bestimmungen über den Betrug (Art. 148 StGB) und die Urkundenfälschung (Art. 251 StGB) nicht aus.

87 IV 1 () from 3. Februar 1961
Regeste: Art. 42 StGB; Verwahrung, Anrechnung der verbüssten Strafe bzw. der Untersuchungshaft auf die Mindestdauer. 1. Ist die Verwahrung ausgeschlossen, wenn die Freiheitsstrafe, an deren Stelle sie treten würde, bereits verbüsst ist (Erw. 2)? 2. Kann die verbüsste Strafzeit bzw. die Untersuchungshaft auf die dreijährige Mindestdauer gemäss Ziff. 5 Satz 1 angerechnet werden (Erw. 3)?

87 IV 115 () from 28. November 1961
Regeste: Art. 141 StGB. Die Anwendung dieser Bestimmung ist nicht auf die Aneignung körperlicher Sachen beschränkt. Der Unterschlagung macht sich auch schuldig, wer in Bereicherungsabsicht über ein Bankguthaben verfügt, das, wie er weiss, seinem Konto irrtümlich gutgeschrieben wurde.

91 IV 195 () from 17. September 1965
Regeste: Art. 191 Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 2 Abs. 5 StGB. Die Aufzählung der Erschwerungsgründe ist abschliessend und lässt daher auch keine Ausdehnung auf Stiefgrosskinder zu.

93 IV 93 () from 24. November 1967
Regeste: 1. Art. 174 Ziff. 2, 71 Abs. 2 und 3 StGB. Planmässigkeit der Verleumdung begründet weder ein Dauerdelikt noch ein fortgesetztes Delikt (Erw. 1). 2. Art. 173 f., 71 Abs. 3 StGB. Dauerdelikt. Ehrverletzung durch eine Strafanzeige ist kein Dauerdelikt (Erw. 2). 3. Art. 173 f., 71 Abs. 2, 1 StGB. Fortgesetztes Delikt. Blosse Prozessvorkehren in Prosequierung einer ehrenrührigen Strafanzeige sind nicht Fortsetzung der Ehrverletzung (Erw. 3).

95 IV 68 () from 23. Mai 1969
Regeste: 1. Art. 1 StGB. Vom Wortlaut abweichende Auslegung des Gesetzes (Erw. 3 a). 2. Art. 110 Ziff. 5 StGB. Urkunde. Hängt die Urkundenqualität ausschliesslich von der Beweiseignung ab, überhaupt nicht von der Beweisbestimmung? (offen gelassen; Erw. 1c). 3. Art. 252 StGB. Fälschung von Ausweisen. Müssen die in diesem Artikel genannten Papiere notwendig Urkunden gemäss Art. 110 Ziff. 5 StGB sein? (offen gelassen; Erw. 1 am Anfang). 4. Art. 251/252 Ziff. 1 Abs. 3 StGB. Gebrauch gefälschter Urkunden und Ausweise durch den Fälscher ist strafbar, sofern dieser für die Fälschung straflos blieb (Erw. 3 b und c).

95 IV 144 () from 31. Oktober 1969
Regeste: Art. 91 Abs. 3 SVG; Vereitelung der Blutprobe. Entscheidend ist, ob der Täter mit einer Blutprobe oder anderen Massnahmen rechnete oder rechnen musste.

96 I 24 () from 18. März 1970
Regeste: Kantonales Strafrecht und Strafprozessrecht. Art. 4 BV. Bedeutung der Bestimmung, wonach niemand gerichtlich verfolgt werden darf "ausser in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen" (Erw. 2). Nulla poena sine lege: - Strafnormen als zulässiger Inhalt von Verordnungen (Erw. 4a). - Zuständigkeit der luzernischen Gemeinden zum Erlass von Strafbestimmungen, insbesondere auf dem Gebiete der Lärmbekämpfung, mit der sich auch § 46 des luzern. EGzStGB befasst (Erw. 4b-d). Ein kantonales Strafgesetz, das für seinen Bereich die allgemeinen Bestimmungen des eidg. StGB als anwendbar erklärt, verweist damit, wie ohne Willkür angenommen werden kann, nicht auf die beim Erlass des kantonalen Gesetzes bestehenden, sondern auf die jeweils geltenden Bestimmungen des StGB (Erw. 6).

97 I 831 () from 22. Dezember 1971
Regeste: Disziplinarrecht der Anwälte. Verletzung des Berufsgeheimnisses. Der Entscheid, mit dem ein Anwalt disziplinarisch bestraft wird, ist kein Straferkenntnis im Sinne von Art. 268 Ziff. 3 BStP (Erw. 1). Verhältnis des kantonalen Disziplinarrechts zum eidgenössischen Strafrecht. Art. 321 StGB schliesst die disziplinarische Ahndung der Verletzung des Berufsgeheimnisses der Anwälte nicht aus (Erw. 2). Zum Begriff des Berufsgeheimnisses und der unzulässigen Offenbarung desselben (Erw. 4).

98 IV 199 () from 18. August 1972
Regeste: Art. 191 StGB. Nachfolgende Eheschliessung zwischen Täter und Opfer bildet keinen Strafbefreiungsgrund.

101 IB 154 () from 4. Juli 1975
Regeste: Art. 1 und 38 Ziff. 4 StGB. 1. Die Ausfüllung von Gesetzeslücken durch den Richter ist zugunsten des Angeklagten oder Verurteilten zulässig. 2. Wird ein bedingt Entlassener für Straftaten, die er teils innerhalb und teils ausserhalb der Probezeit begangen hat, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten als Gesamtstrafe verurteilt, so muss die zuständige Behörde vor einer auf Art. 38 Ziff. 4 Abs. 1 Satz 1 StGB gestützten Rückversetzung den Entscheid des urteilenden Richters darüber einholen, ob auf die während der Probezeit verübte Tat ein Strafanteil von über 3 Monaten entfällt.

101 IV 20 () from 24. Januar 1975
Regeste: Beginn der Verjährung bei Delikten, die den Eintritt einer objektiven Strafbarkeitsbedingung voraussetzen. Art. 71, 163-167 StGB. Wo Handlungen oder Unterlassungen nur verfolgt werden, wenn eine objektive Strafbarkeitsbedingung erfüllt ist, beginnt die Verfolgungsverjährung mit dem Tag, an dem die Handlungen oder Unterlassungen begangen werden, nicht mit dem Tag, an dem die objektive Strafbarkeitsbedingung eintritt. Anwendung dieses Grundsatzes auf Art. 163-167 StGB.

102 IV 103 () from 9. April 1976
Regeste: Art. 277bis BStP, Art. 303 Ziff. 1 StGB. 1. Ob der Täter wider besseres Wissen gehandelt habe, ist Tatfrage (Erw. 1). 2. Überprüfungsbefugnis des Kassationshofes. Sie erstreckt sich grundsätzlich auch auf Rechtsfragen, die weder im kantonalen Verfahren noch in der Nichtigkeitsbeschwerde aufgeworfen worden sind (Erw. 2). 3. Wer während eines bereits im Gange befindlichen Strafverfahrens an der falschen Anschuldigung festhält, macht sich dadurch nicht nach Art. 303 StGB strafbar (Erw. 3).

103 IA 95 () from 30. März 1977
Regeste: Art. 4 BV; kantonales Strafrecht. Verletzung des Grundsatzes nulla poena sine lege durch eine ausdehnende Auslegung des Begriffes Waffentragen auf den blossen Waffenbesitz.

103 IV 27 () from 4. Februar 1977
Regeste: Art. 110 Ziff. 5, Art. 148, Art. 246, Art. 251 StGB, Art. 14 und Art. 15 VStrR. 1. Die Meldungen der Metzger über die Zahl der durchgeführten Schlachtungen sind nicht dazu bestimmt und geeignet, die Wahrheit der Angaben zu beweisen (E. 2). 2. Das Einfuhrkontingent der Metzger stellt einen Vermögenswert dar. Die Erschleichung eines zu hohen Kontingents fällt analog zum sog. Prozessbetrug nicht unter Art. 148 StGB (E. 5b und c). 3. Wer mit einem falschen Stempel ein privates Beweiszeichen des Auslandes errichtet, begeht eine Urkundenfälschung im Sinne des Art. 251 Ziff. 1 StGB. Dem Umstand, dass die Strafbarkeit und die Strafdrohungen des 10. und 11. Titels nicht aufeinander abgestimmt sind, ist bei der Strafzumessung Rechnung zu tragen (E. 9b). 4. Formlosen schriftlichen Auskünften und Bescheinigungen von Privatpersonen kommt, wenn nicht besondere Gründe vorliegen, keine erhöhte Beweiskraft im Sinne des Urkundenbegriffs zu (E. 10). 5. Der Stempelabdruck des Exportstempels, der vom Eidgenössischen Veterinäramt an die zum Fleischexport nach England berechtigten Schlachthöfe abgegeben wird, ist ein amtliches Zeichen des Inlandes (Art. 246 StGB), das auch die Eigenschaft eines Beweiszeichens im Sinne des Art. 110 Ziff. 5 StGB aufweist. Wird durch missbräuchliche Verwendung eines echten Beweiszeichens eine Falschbeurkundung begangen, so finden die Bestimmungen über Urkundenfälschung Anwendung. Das Verbot der reformatio in peius gilt auch für die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde (E. 13).

103 IV 305 () from 20. Oktober 1977
Regeste: Art. 205 Abs. 2 RFP. Auch die Ausbildung zum Heissluftballonfahrer ist nur im Rahmen einer Ballonfahrschule zulässig (Erw. 3).

105 IA 63 () from 23. Mai 1979
Regeste: Art. 4 BV; Steuerstrafrecht. Das Legalitätsprinzip beherrscht sowohl das Straf- wie das Steuerrecht; und der Grundsatz nulla poena sine lege findet anerkanntermassen auch Anwendung im Steuerstrafrecht, weshalb es unhaltbar und somit willkürlich ist, einen Erben wegen Lücken in dem von der zuständigen Behörde gemäss Art. 581 ZGB errichteten Inventar in eine Steuerbusse zu verfällen, während diese Strafe nach dem Gesetz nur denjenigen Erben trifft, der ein unvollständiges Inventar, das im Hinblick auf eine Abgabeerhebung von der Steuerverwaltung errichtet worden ist (sog. inventaire juridique), nicht hat ergänzen lassen.

105 III 92 () from 31. Mai 1979
Regeste: Art. 63 Abs. 1, 81 OG; Art. 19 VNB. Wird nur eine bestimmte Klausel des Nachlassvertrages einer Bank angefochten, ist es dem Bundesgericht verwehrt, von Amtes wegen zu prüfen, ob die allgemeinen Voraussetzungen der Bestätigung des Nachlassvertrages erfüllt seien (Änderung der Rechtsprechung) (E. 1). Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger im Nachlassvertrag. Sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht, dürfen die Klauseln des Nachlassvertrages weder die Höhe der eingegebenen Forderungen berühren noch den Anspruch der Gläubiger beeinträchtigen, gleiche Dividenden zu erhalten bzw. gemäss den gesetzlichen Bestimmungen aus dem Erlös der abgetretenen Vermögenswerte befriedigt zu werden. Unzulässigkeit einer Klausel in einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, durch die bezüglich Forderungen in ausländischen Währungen der Umwandlungstag festgelegt wird (E. 2 und 3).

105 IV 147 () from 8. Juni 1979
Regeste: Art. 121bis Abs. 1 Starkstromverordnung. Zum Anschluss an Hausinstallationen bestimmte elektrische Apparate, die Personen oder Sachen gefährden oder auf benachbarte Schwachstromanlagen störende Fernwirkungen ausüben können. Ein Inverkehrbringen nicht typengeprüfter derartiger Apparate liegt nicht vor, wenn sie an einer Ausstellung zu Marktforschungszwecken gezeigt werden, wohl aber, wenn sie zu Bemusterungszwecken einer Firma ohne fachkundiges Personal übergeben werden.

109 IV 121 () from 30. Mai 1983
Regeste: Art. 204, 58 Abs. 4 StGB; unzüchtige Veröffentlichung, Ersatzforderung des Staates. 1. Eine zurückhaltende Anwendung des Art. 204 Ziff. 1 StGB ist nur für diejenigen Fälle angezeigt, die nicht unter die eigentliche Pornographie fallen (E. 1). 2. Soweit die Einziehung der unzüchtigen Gegenstände nicht mehr möglich ist, steht dem Staat eine Ersatzforderung in der Höhe des Bruttoertrages aus dem "Pornohandel" zu (E. 2).

112 IA 107 () from 16. April 1986
Regeste: Art. 4 BV, Begründungspflicht; Grundsatz "nulla poena sine lege". 1. Aus Art. 4 BV folgt die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründungsdichte lässt sich aber nicht einheitlich festlegen. Sie ist vielmehr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles sowie der Interessen des Betroffenen im Blick auf die in der Rechtsprechung des Bundesgerichts entwickelten Grundsätze festzulegen (E. 2). 2. Das Prinzip "nulla poena sine lege" ist verletzt, wenn die Exekutive ein Verhalten untersagt und unter Strafe stellt, das der Gesetzgeber nicht verbieten wollte (E. 3).

116 IV 134 () from 2. März 1990
Regeste: Art. 141 StGB. Die Anwendung dieser Bestimmung ist nicht auf die Aneignung körperlicher Sachen beschränkt. Der Unterschlagung macht sich auch schuldig, wer in der Absicht unrechtmässiger Bereicherung über ein Guthaben verfügt, das, wie er weiss, seinem Konto irrtümlich gutgeschrieben wurde (Bestätigung von BGE 87 IV 115).

116 IV 312 () from 28. September 1990
Regeste: Art. 139 Ziff. 2 StGB; besonders gefährlicher Raub. 1. Den unbestimmten Rechtsbegriff der besonderen Gefährlichkeit überprüft das Bundesgericht grundsätzlich frei (E. 2c; Präzisierung der Rechtsprechung). 2. Bei der Auslegung des Begriffs der besonderen Gefährlichkeit ist der erhöhten Mindeststrafe und der Stellung dieses Qualifikationsgrundes zwischen jenen gemäss Ziffer 1bis sowie Ziffer 3 von Art. 139 StGB Rechnung zu tragen. Voraussetzung für die Bejahung der besonderen Gefährlichkeit bildet eine gegenüber dem Grundtatbestand erhebliche Erhöhung des Unrechtsgehalts der Tat (E. 2d). 3. Erfüllt das Verabreichen von nicht ganz harmlosen Schlafmitteln an ein Opfer, das sich dann selber überlassen wird, die Qualifikation? (E. 2f).

116 IV 343 () from 14. Juni 1990
Regeste: Art. 110 Ziff. 5 und Art. 251 StGB; Urkundenfälschung. Nicht die mittels eines Computers auf elektromagnetischen Datenträgern gespeicherten Daten als solche, sondern deren Erscheinungsbild in der Form des Ausdrucks oder der Bildschirmanzeige (sog. Output) können als Schriften und Zeichen im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB betrachtet werden und damit, soweit sie deren übrige Voraussetzungen erfüllen, Urkunden darstellen (Präzisierung der Rechtsprechung). Voraussetzungen, unter denen bei einer Bildschirmanzeige die für eine Schrift erforderliche Beständigkeit bejaht werden kann (E. 5b). Beweiseignung der Wiedergabe einer Gutschrift oder des Standes eines Bankkontos mittels Computerausdruck oder Bildschirmanzeige (E. 6).

117 IA 472 () from 14. November 1991
Regeste: Art. 2 ÜbBest. BV, Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit, Art. 10 und 11 EMRK, Datenschutz, Unschuldsvermutung; § 40 Abs. 4 des baselstädtischen Übertretungsstrafgesetzes (ÜStG); Vermummungsverbot. Das in § 40 Abs. 4 ÜStG statuierte Verbot, sich bei bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen Menschenansammlungen unkenntlich zu machen, verstösst nicht gegen Art. 2 ÜbBest. BV (E. 2). Das Vermummungsverbot stellt namentlich im Hinblick darauf, dass Ausnahmen bewilligt werden können, keinen unzulässigen Eingriff in die Meinungsäusserungs- und die Versammlungsfreiheit dar (E. 3). Es verletzt auch den Anspruch auf Datenschutz (E. 4b) und den Grundsatz der Unschuldsvermutung nicht (E. 4d).

117 IB 367 () from 15. November 1991
Regeste: Art. 114bis Abs. 3 BV, Art. 130 Abs. 1 BdBSt, Art. 6 Ziff. 2 EMRK; Steuerstrafrecht; Erbenhaftung; Unschuldsvermutung; Überprüfung von Bundesgesetzen. 1. Die Überprüfung von Bestimmungen des BdBSt auf ihre Verfassungsmässigkeit ist nach Art. 114bis Abs. 3 BV ausgeschlossen (E. 1). 2. Können Bestimmungen des BdBSt daraufhin geprüft werden, ob sie mit der EMRK übereinstimmen? (E. 2). 3. Die in Art. 130 Abs. 1 BdBSt verankerte Haftung der Erben für die vom Erblasser verwirkten Nachsteuern und Bussen verstösst nicht gegen die Unschuldsvermutung gemäss Art. 6 Ziff. 2 EMRK (E. 3-5).

117 IV 369 () from 9. April 1991
Regeste: 1. Art. 6 StGB. Verbrechen oder Vergehen von Schweizern im Ausland. Diese Bestimmung ist auch gegenüber einem Täter anwendbar, der das Schweizer Bürgerrecht nach der Verübung von Verbrechen oder Vergehen im Ausland erworben hat und wegen seines Schweizer Bürgerrechts nicht ausgeliefert werden kann (E. 3-7). 2. Art. 21 StGB. Versuchte Tat. Bestimmung des entscheidenden Schritts, von dem es in der Regel kein Zurück mehr gibt. Fall, in dem der entscheidende Schritt zur Verübung eines Mordes verneint wird (E. 8-10); Fall, in dem der entscheidende Schritt zur Verübung eines Raubes bejaht wird, obschon die Tat erst am folgenden Tag ausgeführt werden sollte (E. 11-12). 3. Art. 2 Abs. 2 StGB. Anwendung des milderen Rechts durch die letzte kantonale Instanz. Die "lex mitior" muss von einer kantonalen Kassationsinstanz (hier: des Kantons Tessin) angewendet werden, wenn diese nach ihrer Zuständigkeit - die ihr gestattet, aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der ersten Instanz, ohne Rückweisung an diese, in der Sache selber zu urteilen, den angefochtenen Entscheid zu ändern und das Gesetz anzuwenden (Art. 237 StPO/TI) - in diesem Sinne einem Sachrichter gleichgestellt ist. Dazu genügt, dass sie zur Überprüfung von Bundesrecht befugt ist (E. 13-15a); es ist unerheblich, ob sie die diesbezüglichen Rügen gutheisst oder abweist (E. 15b-c). Fall betreffend die Änderung von Art. 112 StGB zwischen dem Urteil der ersten und dem Entscheid der zweiten Instanz. 4. Art. 112 StGB. Mord. Ob eine Tötung als Mord im Sinne des neuen Art. 112 StGB zu qualifizieren sei, kann nur aufgrund der direkt mit der Tat zusammenhängenden Umstände entschieden werden; Prüfung der Umstände des konkreten Falles (E. 18-19). Die "besondere Skrupellosigkeit" gemäss dem Wortlaut des neuen Art. 112 StGB kann auch dann eine Verurteilung wegen Mordes rechtfertigen, wenn sie nicht durch "eine besondere Verwerflichkeit des Beweggrundes, des Zwecks der Tat oder der Art der Ausführung" manifestiert wird. Die Aufzählung in Art. 112 StGB nennt nur Beispiele. Fall, in dem ein Richter getötet wird, einzig um durch diese Tat zur Destabilisierung des Staates beizutragen (E. 17-19).

117 IV 404 () from 25. Oktober 1991
Regeste: Art. 69 StGB; Anrechnung der Untersuchungshaft. Von der Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Freiheitsstrafe gemäss Art. 69 StGB ist nur abzusehen, soweit der Beschuldigte - durch sein Verhalten nach der Tat - die Untersuchungshaft in der Absicht herbeigeführt oder verlängert hat, dadurch den Strafvollzug zu verkürzen oder zu umgehen (E. 2; Änderung der Rechtsprechung).

118 IA 137 () from 17. Juni 1992
Regeste: Art. 4 BV; Legalitätsprinzip im Bereich des kantonalen Strafrechts (extraterritoriale Anwendung von kantonalem Recht, Begründung der kantonalen Strafrechtshoheit nach dem "Auswirkungsprinzip"). Das bündnerische Jagdpolizeirecht verbietet unter gewissen Voraussetzungen das Verwenden von Motorfahrzeugen auf ausserkantonalem Gebiet zum Zweck der späteren Jagdausübung im Kanton Graubünden. Die Kollisionsregeln von Art. 3 und Art. 7 StGB ("Territorialitäts-" bzw. "Ubiquitätsprinzip") begründen keinen Anknüpfungsgrund für die entsprechende Strafnorm. Dennoch liegt keine unzulässige Ausdehnung der kantonalen Strafrechtshoheit auf ausserkantonale Sachverhalte vor. Das durch das bündnerische Jagdpolizeirecht geschützte Rechtsgut wird durch das inkriminierte Verhalten nämlich in erheblicher Weise berührt, so dass insofern eine ausreichende Binnenbeziehung besteht ("Auswirkungsprinzip").

118 IA 305 () from 9. Juli 1992
Regeste: Gewaltentrennung; persönliche Freiheit; Art. 4 und Art. 22ter BV; "nulla poena sine lege"; abstrakte Normenkontrolle der st. gallischen Waffenverordnung vom 5. Februar 1991. 1. Beschwerdeergänzung im zweiten Schriftenwechsel nach Art. 93 Abs. 3 OG (E. 1c). 2. Gewaltentrennungs- und Stimmrechtsbeschwerde (E. 1d). 3. Umfang der Prüfung kantonaler Bestimmungen durch den Verfassungsrichter bei einer abstrakten Normenkontrolle (E. 1f). 4. Bundesrechtliche Anforderungen an die Gesetzesdelegation (E. 2). Die in Art. 2 des st. gallischen Waffengesetzes vom 4. Januar 1972 zugunsten des Regierungsrates vorgesehene Übertragung der Befugnis, den Waffenbesitz und das Waffentragen zu regeln, hält den verfassungsrechtlichen Anforderungen stand (E. 3) und bildet eine hinreichende gesetzliche Grundlage, um die persönliche Freiheit, soweit sie durch die angefochtenen Bestimmungen überhaupt berührt wird, einzuschränken (E. 4). 5. Ausnahmen von der Pflicht, einen Waffentragschein zu besitzen (E. 5). 6. Es verstösst nicht an sich gegen die Eigentumsgarantie, verbotene Gegenstände einzuziehen oder durch den Betroffenen vernichten zu lassen, solange der Vollzug im Einzelfall den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (E. 6). 7. Die Strafbestimmungen der angefochtenen Waffenverordnung stützen sich auf ein Gesetz im formellen Sinne, welches Strafart und -mass hinreichend konkretisiert (E. 7).

118 IB 448 () from 13. Oktober 1992
Regeste: Französisches Ersuchen um internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Beidseitige Strafbarkeit; Insiderdelikte, Art. 161 StGB. Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit im allgemeinen (E. 3). Im vorliegenden Fall betrifft die vertrauliche Information die Beteiligung der Gruppe M. am Kapital der französischen Bank Société Générale. Die Ziff. 1 und Ziff. 2 von Art. 161 StGB sind in bezug auf die in Frankreich verfolgten Handlungen nicht unmittelbar anwendbar, da die vertrauliche Information nicht von Personen stammt, die mit der Société Générale verbunden sind, sondern von solchen, die zur Gruppe M. gehören (E. 4). Wegen ihrer Bedeutung ist die im vorliegenden Fall erfolgte Beteiligungsübernahme mit einer Gesellschaftsverbindung im Sinne von Art. 161 Ziff. 4 StGB vergleichbar. Die Ziff. 1 und 2 sind deshalb auf die der Gruppe M. zuzurechnenden Insider oder "Tippees" anwendbar (E. 5). Es ist unerheblich, dass die Aktien der Gruppe M. nicht börsenkotiert sind (E. 6a). Begriff der vertraulichen Tatsachen (E. 6b).

118 IB 547 () from 21. Dezember 1992
Regeste: Staatsvertrag zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten vom Amerika über die Rechtshilfe in Strafsachen; beidseitige Strafbarkeit; Insiderdelikte, Art. 161 und 162 StGB. 1. Anwendbares Recht (E. 1b), anfechtbarer Entscheid und Beschwerdebefugnis (E. 1c und d); Begriff des Gerichtsverfahrens im Sinne von Art. 1 Ziff. 1 lit. a RVUS (E. 2). 2. Art. 29 RVUS: Formerfordernisse, welchen das Rechtshilfebegehren genügen muss, und Begriff des "begründeten Verdachts" einer strafbaren Handlung gemäss Art. 1 Ziff. 2 RVUS (E. 3a); Bedingungen für die Anwendung von Zwangsmassnahmen (E. 3b). 3. Auslegung von Art. 161 Ziff. 1 und 3 StGB. In der Verringerung des Nettoertrages einer Gesellschaft während eines Vierteljahres kann weder eine Emission neuer Beteiligungsrechte noch eine Unternehmensverbindung noch ein "ähnlicher Sachverhalt von vergleichbarer Tragweite" im Sinne von Art. 161 Ziff. 3 StGB erblickt werden, und somit handelt es sich dabei auch nicht um eine vertrauliche Tatsache im Sinne von Art. 161 Ziff. 1 StGB. Die gegenteiligen Meinungen, welche in den parlamentarischen Beratungen vertreten wurden, sind unerheblich, da sie sich in der Gesetzesbestimmung nicht niedergeschlagen haben (E. 4). 4. Das Erfordernis der Strafbarkeit nach schweizerischem Recht (Art. 4 Ziff. 2 RVUS) ist ohne weiteres erfüllt, da im vorliegenden Fall für den Gegenstand des Ersuchens bildenden Sachverhalt Art. 162 StGB anwendbar ist (E. 5). 5. Spezialitätsgrundsatz (Art. 5 RVUS) und Verhältnismässigkeitsgrundsatz bei der Aktenherausgabe (E. 6b); Beschränkungen, denen die Anwesenheit von ausländischen Beamten oder Anwälten bei Untersuchungshandlungen unterliegt (E. 6c).

118 IV 405 () from 14. Dezember 1992
Regeste: Art. 19 Ziff. 1 Abs. 8 BetmG; öffentliche Bekanntgabe der Gelegenheit zum Erwerb oder Konsum von Betäubungsmitteln. Die öffentliche Bekanntgabe eines Verfahrens zur Herstellung oder Umwandlung von Drogen und die öffentliche Bekanntgabe bisher unbekannter Formen des Konsums von Drogen werden von den Strafbestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes nicht erfasst (E. 2; Änderung der Rechtsprechung).

119 IV 65 () from 12. Februar 1993
Regeste: Art. 3 Abs. 3 und 23 Abs. 6 ANAG, Art. 1 des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und Frankreich vom 23. Februar 1882 (SR 0.142.113.491). Verhältnis. Arrangement confidentiel entre la France et la Suisse au sujet de la situation des ressortissants de l'un des deux Etats résidant dans l'autre vom 1. August 1946. 1. Auf die staatsvertraglich vereinbarte Freizügigkeit und Inländergleichbehandlung können sich nur diejenigen Ausländer uneingeschränkt berufen, welche eine Niederlassungsbewilligung nach dem nationalen Recht besitzen. Der Niederlassungsvertrag steht in bezug auf die Angehörigen des Vertragspartners ohne Niederlassungsbewilligung unter dem Vorbehalt der inzwischen geschaffenen nationalen Fremdenpolizeigesetzgebung (E. 1; Bestätigung der Rechtsprechung). 2. Diese Beschränkung des Anwendungsbereichs des Niederlassungsvertrages ist sowohl völkerrechtlich als auch landesrechtlich zulässig. Bedeutung des - nicht veröffentlichten - Arrangement confidentiel vom 1. August 1946 (E. 2).

119 IV 242 () from 22. September 1993
Regeste: Art. 18 und 305bis Ziff. 1 StGB; Anlegen von Drogengeld, Vorsatz. Gegenstand der Geldwäscherei können alle Vermögenswerte sein, die aus einem Verbrechen herrühren; nicht erforderlich ist, dass sie weiteren Verbrechen dienen (E. 1b). Der Gesetzeswortlaut genügt dem Bestimmtheitsgebot (E. 1c). Das Anlegen von Geld, das aus qualifizierten Betäubungsmitteldelikten stammt, ist jedenfalls dann Geldwäscherei, wenn sich die Art und Weise, wie das Geld angelegt wird, von der einfachen Einzahlung von Bargeld auf ein Konto unterscheidet (E. 1d und e). Wissen um die verbrecherische Herkunft der Vermögenswerte; Inkaufnahme (E. 2).

120 IA 31 () from 26. April 1994
Regeste: Art. 6 Ziff. 2 EMRK und Art. 4 BV; Grundsatz "in dubio pro reo"; Bedeutung der Maxime bei der Feststellung der Täterschaft des Angeklagten (Präzisierung der Rechtsprechung). Rechtsgrundlage der Maxime "in dubio pro reo" (E. 2b). Inhalt und Tragweite des Grundsatzes (E. 2c). Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 2d).

120 IA 286 () from 25. November 1994
Regeste: Art. 31 BV und Art. 2 ÜbBest. BV; Konsumkreditwesen: Bernisches Gesetz über Handel und Gewerbe vom 4. November 1992 und Verordnung über das Gewähren und Vermitteln von Darlehen und Krediten vom 19. Mai 1993. Bei den angefochtenen bernischen Bestimmungen handelt es sich nicht um zivilrechtliche Normen, sondern um Beschränkungen öffentlichrechtlicher Art im Sinne von Art. 6 ZGB. Die Bundesgesetzgebung über das Konsumkreditwesen ist nicht abschliessend, weshalb die Kantone gestützt auf Art. 31 Abs. 2 BV in diesem Bereich öffentlichrechtliche Vorschriften gewerbepolizeilicher und sozialpolitischer Art erlassen können (E. 2). Öffentliches Interesse an öffentlichrechtlichen Schutzvorschriften gegen eine Überschuldung der Kreditnehmer bejaht (E. 3); die Begrenzung der Kredithöhe auf drei Bruttomonatssaläre und der Laufzeit von Konsumkreditverträgen auf maximal drei Jahre (36 Monate) (E. 4) sowie das Zweitkreditverbot und das Kreditaufstockungsverbot (E. 5) sind verfassungsrechtlich zulässig.

120 IA 299 () from 25. November 1994
Regeste: Art. 2 ÜbBest. BV und Art. 31 BV; Gesetz vom 30. September 1991 des Kantons Neuenburg über die Handelspolizei und entsprechendes Ausführungsreglement vom 4. November 1992. Bei den angefochtenen neuenburgischen Bestimmungen handelt es sich nicht um zivilrechtliche Normen, sondern um Beschränkungen öffentlichrechtlicher Art im Sinne von Art. 6 ZGB. Die Bundesgesetzgebung über das Konsumkreditwesen ist nicht abschliessend, weshalb die Kantone gestützt auf Art. 31 Abs. 2 BV in diesem Bereich öffentlichrechtliche Vorschriften gewerbepolizeilicher und sozialpolitischer Art erlassen können (E. 2). Öffentliches Interesse an öffentlichrechtlichen Schutzvorschriften gegen eine Überschuldung der Kreditnehmer; Begriff der Überschuldung; Verfassungsmässigkeit des Verbots, den Kredit zu erneuern oder einen neuen zu gewähren, solange der Erstkredit nicht vollständig zurückbezahlt ist (E. 3). Verfassungsmässigkeit des Erfordernisses einer kantonalen Bewilligung für die gewerbsmässige Gewährung oder Vermittlung von Konsumkrediten (E. 4). Verfassungsmässigkeit der Vorschrift, wonach in der Werbung auf das kantonale Überschuldungsverbot hinzuweisen ist (E. 5).

120 IV 78 () from 28. Januar 1994
Regeste: Art. 366 Abs. 2 lit. b StGB; Ermächtigung zur Strafverfolgung. Auch gegenüber Mitgliedern von Gemeindeexekutiven und auch bei Übertretungen (E. 1a)? Art. 268 BStP. Begriff des Einstellungsbeschlusses (E. 1b). Art. 270 Abs. 6 i.V.m. Art. 265 Abs. 1 BStP und Art. 3 Ziff. 13 der Mitteilungsverordnung. Legitimation des Bundesanwalts zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde gegen Entscheide betreffend Widerhandlungen gegen das Umweltschutzgesetz (E. 1c). Art. 1 StGB; Art. 1, 7 11, 12 und 61 Abs. 1 lit. a USG; Art. 26a Abs. 1 der Luftreinhalte-Verordnung (LRV); Ziff. 71 und 72 des Anhangs 2 der LRV; Art. 3 Abs. 3 und 4 der Technischen Verordnung über Abfälle (TVA). Begriffe der Anlagen, Emissionen und Emissionsbegrenzungen. Das Verbrennen einer grösseren Menge Sperrgut auf einer - bewilligten oder sog. "wilden" - Deponie erfüllt den objektiven Tatbestand von Art. 61 Abs. 1 lit. a USG i.V.m Art. 12 Abs. 1 lit. c USG und Art. 26a Abs. 1 LRV (E. 2 u. 3). Die Abfallverbrennung im Freien ist jedenfalls dann nicht nach Art. 61 Abs. 1 lit. a USG strafbar, wenn es an einer Anlage im (allerdings weiten) Sinne von Art. 7 Abs. 7 USG fehlt (E. 4). Problematik der Gesetzestechnik in bezug auf die Strafbarkeit des Verbrennens von Abfällen im Freien (E. 5).

121 IV 109 () from 17. Februar 1995
Regeste: Art. 204 aStGB, unzüchtige Veröffentlichungen, und Art. 197 Ziff. 1 StGB, Pornographie. Live-Gespräche obszönen Inhalts, auch wenn sie telefonisch mitgehört werden können, stellen (im Unterschied zu entsprechenden Aufzeichnungen) keine unzüchtige Veröffentlichung bzw. pornographische Vorführung dar (E. 2c). Art. 25 StGB, Gehilfenschaft zur Pornographie. Der für die Einführung des sogenannten Telekiosks Verantwortliche der PTT macht sich der Gehilfenschaft zur unzüchtigen Veröffentlichung bzw. zur Pornographie schuldig, wenn er die für den Betrieb des Telekiosks notwendigen Einrichtungen zur Verfügung stellt im Wissen darum, dass damit pornographische Tonaufnahmen verbreitet werden, die Personen unter 16 Jahren zugänglich sind (E. 3). Art. 32 StGB, Rechtfertigung durch Gesetz. Das Gesetz verpflichtet die PTT nicht, ihre Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, wenn sie zur Begehung strafbarer Handlungen verwendet werden (E. 4). Art. 19 StGB, Irrtum über den Sachverhalt, und Art. 20 StGB, Rechtsirrtum. Der Verantwortliche für den Telekiosk, auf dessen illegalen Gebrauch hingewiesen und auf das Risiko der Strafbarkeit im Falle der Fortführung des illegalen Gebrauchs aufmerksam gemacht, kann sich weder auf Sachverhaltsirrtum (E. 5a) noch auf Rechtsirrtum (E. 5b) berufen.

121 IV 380 () from 8. Dezember 1995
Regeste: Art. 4bis und 49 BankG, Art. 21 BankV; Meldepflicht der Bank bei Grossrisiken (Klumpenrisiko). Auch bei einer bloss stimmenmässigen Beherrschung sind verbundene Gesellschaften und Personen als Einheit gemäss Art. 21 Abs. 5 BankV (in der bis Ende 1995 geltenden Fassung) zu behandeln (E. 2b/aa). Eine sogenannte Unterbeteiligung einer anderen Bank an einem Darlehen darf die federführende Bank nur dann von den ungedeckten Verpflichtungen der Darlehensnehmer abziehen, wenn die unterbeteiligte Bank das Risiko im Umfang der Unterbeteiligung tatsächlich und unbedingt abgelöst hat (E. 2b/bb). Fahrlässige Verletzung der Meldepflicht bejaht bei einem Bankdirektor, der die infolge eines Pfandaustausches entstandene Risikoverteilung nicht überprüfte (E. 2d).

122 IV 270 () from 26. September 1996
Regeste: Art. 87 Abs. 3 AHVG; Art. 76 Abs. 3 BVG; Zweckentfremdung bzw. Nichtüberweisung von Arbeitnehmerbeiträgen; letztmöglicher Überweisungszeitpunkt, Substraterhaltungspflicht. Art. 87 Abs. 3 AHVG und Art. 76 Abs. 3 BVG sind gleich auszulegen (E. 2a; Bestätigung der Rechtsprechung). Letztmöglicher Überweisungszeitpunkt und Substraterhaltungspflicht im Rahmen von AHVG (E. 2c) und BVG (E. 3b und c). Strafbar im Sinne dieser Bestimmungen ist ein Arbeitgeber, der es unterlässt, fällige Arbeitnehmerbeiträge im letztmöglichen Zeitpunkt zu überweisen, obwohl ihm das möglich gewesen wäre bzw. weil sich eine ihm vorwerfbare Verletzung der Substraterhaltungspflicht als für die Unterlassung kausal erweist (E. 2 und 3). Der Verantwortliche, der die Schuld der pflichtigen Aktiengesellschaft mit Hilfe einer persönlichen Kreditaufnahme im letztmöglichen Zeitpunkt bezahlt, ist nicht strafbar (E. 4).

123 I 1 () from 3. Februar 1997
Regeste: Art. 4 Abs. 1 BV, Art. 27 Abs. 2 BV; Lehrerbesoldung; Gesetzmässigkeitsprinzip; Rechtsgleichheit; Verhältnismässigkeitsprinzip. Bedeutung und Geltendmachung des Grundsatzes der Gesetzmässigkeit der Verwaltung (E. 2). Bestimmtheitsgebot für Besoldungsregelungen im öffentlichen Dienstrecht (E. 4). Ein mit der unterschiedlichen Vorbildung von Logopädinnen (Matura bzw. Lehrerpatent) begründeter Besoldungsunterschied von 8-9% verstösst nicht gegen Art. 4 Abs. 1 BV (E. 6). Auf Art. 27 Abs. 2 BV können sich die Schüler bzw. ihre Eltern berufen, aber nicht die Lehrer (E. 9). Das Verhältnismässigkeitsprinzip ist kein selbständiges verfassungsmässiges Recht (E. 10).

123 IV 29 () from 10. Januar 1997
Regeste: Art. 102 Ziff. 8 BV und Art. 10 BV; Art. 1, 2, 4 und 11 der Verordnung über den Erwerb und das Tragen von Schusswaffen durch jugoslawische Staatsangehörige; Art. 1 StGB; Art. 269 BStP. Der Kassationshof prüft im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde vorfrageweise, ob die Bestimmungen einer selbständigen Verordnung des Bundesrates den Anforderungen an eine verfassungsunmittelbare Polizeiverordnung genügen und somit rechtsbeständig sind (E. 2). Das Verbot des Tragens und Mitführens von Schusswaffen in der öffentlichkeit durch jugoslawische Staatsangehörige und die Androhung von Gefängnis alternativ zu Busse für dessen Missachtung genügten jedenfalls im April 1994 (Tatzeit) diesen Anforderungen (E. 3 und 4).

123 IV 225 () from 15. Dezember 1997
Regeste: Art. 1, 4, 38 Abs. 1 und 56 Abs. 2 LG; Art. 43 Ziff. 1 LV; Art. 35 Abs. 6 BV. Durchführung einer im Ausland veranstalteten, nach dem ausländischen Recht erlaubten lotterieähnlichen Unternehmung in der Schweiz. Wer in der Schweiz Personen zu einem Treffen im Ausland einlädt, an dem sie über eine ausländische Unternehmung nach dem Schneeballsystem informiert und zur Teilnahme daran angeworben werden sollen, erfüllt, auch bei Zulässigkeit der Unternehmung nach dem ausländischen Recht, den Straftatbestand der Durchführung einer durch das schweizerische Lotteriegesetz verbotenen Lotterie.

124 I 203 () from 3. Juli 1998
Regeste: Persönliche Freiheit (Recht des Gefangenen auf Bargeldbesitz; Zulässigkeit einer disziplinarischen Besuchssperre). Die verfassungsrechtlichen Schranken für Eingriffe in die Freiheitsrechte gelten auch bezüglich des Bargeldbesitzes von Gefangenen (E. 2b-c). Die Weisung der Direktion der kantonalen Strafanstalt Pöschwies vom 20. Februar 1995 betreffend das Mitführen von Bargeld bei Besuchen liegt im öffentlichen Interesse und stützt sich auf eine ausreichende gesetzliche Grundlage (E. 2d-f). Zulässigkeit von angemessenen Disziplinarsanktionen zur Durchsetzung der Weisung vom 20. Februar 1995. Das im vorliegenden Fall verhängte disziplinarische Besuchsverbot von einem Monat Dauer erscheint nicht als unverhältnismässiger Eingriff in die persönliche Freiheit des betroffenen Gefangenen (E. 4).

124 IV 106 () from 3. April 1998
Regeste: Art. 270 Abs. 1 BStP; Legitimation der Staatsanwaltschaft zur Nichtigkeitsbeschwerde. Die Staatsanwaltschaft des Kantons ist legitimiert, auch zugunsten des Beschuldigten Nichtigkeitsbeschwerde zu führen (E. 1). Art. 197 Ziff. 3 StGB; Einfuhr harter Pornographie zum eigenen Konsum. Erwerb und Besitz harter Pornographie im Hinblick auf den eigenen Konsum sind nicht erfasst (E. 3b). Herstellung und Einfuhr harter Pornographie sind strafbar, auch wenn der Täter ohne Verbreitungsabsicht, etwa im Hinblick auf den eigenen Konsum, handelt (E. 3c).

124 IV 127 () from 30. April 1998
Regeste: Art. 286 StGB und 305 Abs. 1 StGB; Hinderung einer Amtshandlung; Selbstbegünstigung. Wer sich durch Flucht einer Ausweiskontrolle durch einen Polizeibeamten entzieht, um einer Strafverfolgung zu entgehen, macht sich der Hinderung einer Amtshandlung schuldig (Bestätigung der Rechtsprechung).

124 IV 286 () from 29. Oktober 1998
Regeste: Art. 1 Abs. 3 lit. d und Abs. 4, Art. 19 BetmG; Art. 1 StGB; Handel mit "Ecstasy"; "nulla poena sine lege". Ecstasy wird vom Betäubungsmittelgesetz erfasst. Die Bestrafung des Handels mit diesem Stoff verletzt den Grundsatz "nulla poena sine lege" nicht (E. 1). Art. 19 Ziff. 2 lit. b BetmG; Bandenmässigkeit. Mindestansätze einer Organisation beim Drogenhandel. Bandenmässigkeit auch im Lichte von BGE 124 IV 86 bejaht (E. 2). Art. 63 StGB; Strafzumessung. Strafe von 2 1/2 Jahren Zuchthaus für den Handel mit grossen Mengen Ecstasy. Angesichts der Umstände keine Ermessensüberschreitung der kantonalen Behörde (E. 4).

125 III 391 () from 30. September 1999
Regeste: Art. 91 Abs. 4 SchKG und 275 SchKG, Art. 324 Ziff. 5 StGB; Auskunftspflicht des Dritten, der Gewahrsam an Arrestgegenständen ausübt; Strafandrohung bei Verletzung dieser Pflicht. Die Auskunftspflicht des Dritten, der Gewahrsam an den Arrestgegenständen ausübt, entsteht erst mit Ablauf der Einsprachefrist des Art. 278 SchKG und, wenn Einsprache erhoben wird, erst mit dem Eintritt der Rechtskraft des Einspracheentscheides (E. 2). Das Betreibungsamt kann dem Dritten, der Gewahrsam an den Arrestgegenständen ausübt, nur Busse gestützt auf Art. 324 StGB androhen und nicht Haft und Busse gemäss Art. 292 StGB (E. 3).

125 IV 35 () from 18. Dezember 1998
Regeste: Verletzung der mit der Bewilligung verbundenen Bedingungen (Art. 46 Abs. 1 lit. c BankG); Legalitätsprinzip (Art. 1 StGB). Der Straftatbestand der Verletzung der mit der Bewilligung verbundenen Bedingungen erfasst Überschreitungen des in den Statuten der Bank umschriebenen Geschäftskreises nicht mit der nach dem Legalitätsprinzip erforderlichen Bestimmtheit. Rayonverletzungen können daher nicht in Anwendung von Art. 46 Abs. 1 lit. c BankG geahndet werden.

125 IV 148 () from 30. April 1999
Regeste: Art. 23 Abs. 1 al. 5 und Abs. 2 ANAG, Scheinehe. Die Vermittlung von Scheinehen mit dem Ziel, Ausländern zu einer Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz zu verhelfen, fällt weder unter Art. 23 Abs. 1 al. 5 ANAG noch unter Art. 23 Abs. 2 ANAG.

126 IV 5 () from 1. Februar 2000
Regeste: Art. 72 Ziff. 2 StGB; Unterbrechung der Verjährung. Unterbricht die Eröffnung des Strafverfahrens die Verjährung? Frage offen gelassen, da gleichzeitig mit der Eröffnung des Strafverfahrens ein Haftbefehl erlassen wurde und das Gesetz den Erlass eines Haftbefehls als Unterbrechungsgrund ausdrücklich nennt (E. 1). Art. 164 Ziff. 1 Abs. 3 und Ziff. 2 StGB; Gläubigerschädigung durch Vermögensminderung, Veräusserung von Vermögenswerten gegen eine Leistung mit offensichtlich geringerem Wert. Der Dritte, der die Vermögenswerte erwirbt, bleibt in den Grenzen der notwendigen Teilnahme straflos (E. 2).

126 IV 30 () from 17. Dezember 1999
Regeste: Art. 13e und Art. 23a ANAG. Die Missachtung einer fremdenpolizeilichen Verfügung betreffend Ausgrenzung oder Eingrenzung ist nur dann strafbar, wenn sich der Vollzug der Wegweisung des Ausländers als undurchführbar erweist. Massgebend sind insoweit die Verhältnisse im Zeitpunkt des Urteils (E. 1; Bestätigung der Rechtsprechung). Die Klausel betreffend die erwiesene Undurchführbarkeit des Wegweisungsvollzugs statuiert den Vorrang der Ausschaffung vor der Bestrafung und schränkt das strafprozessuale Legalitätsprinzip ein (E. 2).

126 IV 84 () from 1. März 2000
Regeste: Art. 24 ff. StGB, Art. 90 Ziff. 2 SVG, Mittäterschaft bei Verkehrsdelikten. Mittäter einer groben Verletzung von Verkehrsregeln kann auch sein, wer das Fahrzeug nicht selbst gelenkt hat; so im Besonderen derjenige, welcher die im Zusammenhang mit Versicherungsbetrügen vom Fahrzeuglenker verschuldeten Verkehrsunfälle mitgeplant und gewollt hat (E. 1 und 2).

126 IV 184 () from 18. August 2000
Regeste: Art. 27 Abs. 1 SVG, Art. 17, 19 und 30 Abs. 1 SSV. Wer in eine mit einem Fahrverbotssignal gekennzeichnete Strasse fährt, ohne dass eine in der Zusatztafel genannte Ausnahme vom Verbot gegeben ist, und auf der Strasse zudem parkiert, ist sowohl wegen Missachtung des signalisierten Fahrverbots als auch wegen Missachtung des sich aus der Signalisation ergebenden Parkverbots zu bestrafen.

126 IV 209 () from 17. August 2000
Regeste: Art. 141bis StGB; Unrechtmässige Verwendung von Vermögenswerten. Der Ausdruck "ohne seinen Willen" betrifft im Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs insbesondere Überweisungen, die dem Täter irrtümlich gutgeschrieben wurden, die, anders gesagt, für ein anderes Konto bestimmt waren (E. 2b). Eine Verwendung der Vermögenswerte ist dann "unrechtmässig", wenn sie darauf abzielt, den Geschädigten an der Geltendmachung seiner Rückforderungsansprüche zu hindern (E. 2c). In subjektiver Hinsicht ist erforderlich, dass der Täter in der Absicht gehandelt hat, sich unrechtmässig zu bereichern (E. 2d).

128 IV 272 () from 20. September 2002
Regeste: Art. 1 StGB, Art. 31 Abs. 2 und Art. 100 Ziff. 3 SVG; Grundsatz "nulla poena sine lege", Verantwortung des angetrunkenen Begleiters eines Lernfahrers. Der Begleiter eines Fahrschülers ist nicht ein gewöhnlicher Beifahrer; er ist an der Führung des Fahrzeugs beteiligt und macht sich als Führer strafbar, wenn er in angetrunkenem Zustand einen Fahrschüler begleitet (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 3).

129 IV 68 () from 3. Dezember 2002
Regeste: Art. 169 StGB; Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte. Wer dem Betreibungsbeamten, der einen gepfändeten Vermögenswert zum Zwecke der Verwertung abholen möchte, wahrheitswidrig erklärt, er habe den gepfändeten Vermögenswert veräussert und besitze ihn daher nicht mehr, erfüllt nicht den Tatbestand von Art. 169 StGB, da er durch diese Lüge nicht über den Vermögenswert verfügt (E. 2).

129 IV 119 () from 23. Dezember 2002
Regeste: Art. 125 StGB; Sorgfaltspflichtverletzung. Unterscheidung zwischen Begehungs- und Unterlassungsdelikt (E. 2.2). Der Direktor einer Firma, die Kontakte zwischen Sportveranstaltern und potentiellen Kunden vermittelt und entsprechende sportliche Aktivitäten organisiert, verletzt seine Sorgfaltspflicht, wenn er einen Sportveranstalter empfiehlt, der nicht über die notwendigen amtlichen Bewilligungen verfügt (E. 2.3 und 2.4).

129 IV 230 () from 6. August 2003
Regeste: Art. 144bis Ziff. 2 Abs. 1 StGB; Virentatbestand; Geben einer Anleitung zur Herstellung von datenschädigenden Programmen. Der objektive Tatbestand ist auch erfüllt, wenn die Anleitung nicht vom Täter selber erstellt worden ist (E. 3) und wenn sie nicht vollständig ist, aber spezifische und wesentliche Angaben zur Herstellung datenschädigender Programme enthält (E. 4). Eventualvorsatz im Hinblick auf die von einem Dritten begangene Datenschädigung genügt (E. 5).

129 IV 276 () from 8. September 2003
Regeste: Art. 221, 222 und 335 Ziff. 1 StGB; kantonale Strafbestimmungen im Bereich der Feuerpolizei. Zulässigkeit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde zur Rüge, kantonale Normen griffen in den vom Bundesstrafrecht abschliessend geregelten Bereich ein (E. 1). Befugnis der Kantone, die Missachtung von Vorschriften über die Brandbekämpfung mit Strafe zu bedrohen (E. 2).

129 IV 338 () from 27. Oktober 2003
Regeste: Art. 305ter Abs. 1 StGB; mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften. Wer im Auftrag eines andern Bargeld eines Dritten in grosser Menge aus dem Ausland in die Schweiz transportiert, hier in Schweizer Franken wechselt, auf ein Bankkonto einer von ihm beherrschten Unternehmung einzahlt, über welches er zeichnungsberechtigt ist, und es gemäss den Instruktionen des Auftraggebers auf Konten anderer Personen überweisen lässt, tätigt ein Finanzgeschäft und gehört daher zu dem von diesem Tatbestand erfassten Täterkreis (E. 2). Mangelnde Sorgfalt bei der Abklärung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten im konkreten Fall bejaht (E. 3). Art. 59 StGB; Einziehung von Vermögenswerten. Die als Entgelt für die Geldtransporte erlangten Provisionen unterliegen der Einziehung (E. 8).

130 IV 20 () from 10. März 2004
Regeste: Art. 260quater StGB in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 StGB; versuchte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit Waffen. Die versuchte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit Waffen ist strafbar (E. 2.3).

131 IV 16 () from 5. Oktober 2004
Regeste: Art. 197 Ziff. 1 und 3 StGB; Herstellung harter Pornographie zum eigenen Gebrauch. Wer kinderpornographisches Bildmaterial und pornographische Bilder mit Tieren durch gezieltes Herunterladen vom Internet auf einen Datenträger abspeichert, macht sich der Herstellung von harter Pornographie strafbar (E. 1.4).

131 IV 83 () from 10. November 2004
Regeste: Widerhandlung gegen das Ergänzungsleistungsgesetz (Art. 16 Abs. 1 ELG und Art. 24 ELV); Verjährung (Art. 71 StGB). Der Tatbestand des Art. 16 Abs. 1 ELG ist kein Dauerdelikt (E. 2.1). Die Meldepflicht gemäss Art. 24 ELV begründet keine Garantenpflicht (E. 2.1.3). Die Rechtsfigur der verjährungsrechtlichen Einheit wird aufgegeben (E. 2.4). Fallkonstellationen, in denen mehrere Tathandlungen nach wie vor verjährungsrechtlich eine Einheit bilden (E. 2.4.5).

132 IV 40 () from 6. Dezember 2005
Regeste: Gefährdung der Schwerverkehrsabgabe (Art. 20 Abs. 1 SVAG); Deklaration des mitgeführten Anhängers am Erfassungsgerät (Art. 17 Abs. 1 SVAV). Der Fahrzeugführer, der es in Missachtung von Art. 17 Abs. 1 SVAV vorsätzlich oder fahrlässig unterlässt, den mitgeführten Anhänger am Erfassungsgerät zu deklarieren, erfüllt den Straftatbestand der Abgabegefährdung gemäss Art. 20 Abs. 1 SVAG (E. 2).

132 IV 76 () from 31. März 2006
Regeste: Widerhandlung gegen das Lotteriegesetz (Art. 38 Abs. 1 LG); straffreies Einlegen in eine Lotterie (Art. 38 Abs. 2 LG); lotterieähnliche Veranstaltung nach dem Schneeballsystem (Art. 43 Ziff. 1 LV). Ein sog. "Schenkkreis", bei welchem den Teilnehmern gegen Leistung eines Einsatzes ein Gewinn in Aussicht steht, der nur erzielt werden kann, wenn es gelingt, weitere Personen zur Teilnahme am "Schenkkreis" durch Leistung eines Einsatzes zu veranlassen, ist eine Veranstaltung nach dem Schneeballsystem und damit eine lotterieähnliche Unternehmung im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 LV (E. 4). Die Durchführung einer solchen Veranstaltung ist strafbar. Die Leistung eines Einsatzes ist als solche nicht strafbar (E. 5).

134 IV 60 (6B_366/2007) from 17. März 2008
Regeste: a Art. 34 StGB, Geldstrafe/Bemessung. Grundlagen und Zweck der Geldstrafe im neuen Sanktionensystem (E. 4). Grundsätze zur Bemessung der Geldstrafe (E. 5). Einkommen, Vermögen, Lebensaufwand, Familien- und Unterstützungspflichten, persönliche Verhältnisse und Existenzminimum als Kriterien zur Bemessung von Geldstrafen (E. 6).

134 IV 121 (6B_347/2007) from 29. November 2007
Regeste: Art. 2 und 64 StGB, Ziff. 2 Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderung vom 13. Dezember 2002; Art. 7 Ziff. 1 EMRK; Art. 15 Abs. 1 UNO-Pakt II; Geltung des Rückwirkungsverbots für die Verwahrung. Das Rückwirkungsverbot gilt auch für die Verwahrung (E. 3.3.3). Das neue Recht ist hinsichtlich der Anordnung der Verwahrung und der Entlassung aus dieser Massnahme nicht strenger als das alte Recht. Die Schlussbestimmung der Änderung vom 13. Dezember 2002, welche die rückwirkende Anwendung des neuen Rechts auf noch nicht beurteilte Straftäter vorsieht, verstösst daher nicht gegen das Rückwirkungsverbot (E. 3.4).

134 IV 297 (6B_627/2007, 6B_629/2007) from 11. August 2008
Regeste: Verfolgungsverjährung; Beginn der Verjährung; Art. 71 aStGB, Art. 98 lit. a StGB. Für den Verjährungsbeginn ist nach dem Wortlaut des Gesetzes auf den Zeitpunkt der Tathandlung und nicht auf denjenigen des Erfolgseintritts der Straftat abzustellen (E. 4.1 und 4.2) mit der Konsequenz, dass Straftaten verjährt sein können, bevor der Erfolg eingetreten ist (E. 4.3). Dieses Ergebnis hält auch vor den Grundrechtsgarantien stand (E. 4.3.5).

134 IV 328 (6B_686/2008) from 16. Oktober 2008
Regeste: Verjährung von Zoll- und Mehrwertsteuerdelikten; Ruhen der Verjährung bei Verwaltungsstrafverfahren gegen mehrere Täter; Art. 2, 11, 62, 63 und 69 VStrR, Art. 129 ZG, Art. 88 Abs. 1 MWSTG, Art. 97 Abs. 1 lit. c und Art. 333 Abs. 6 StGB. Unter einem erstinstanzlichen Urteil, nach welchem eine Verjährung nicht mehr eintreten kann, sind verurteilende, nicht aber freisprechende Erkenntnisse zu verstehen (E. 2.1). Führt die Regelung von Art. 333 Abs. 6 StGB im Nebenstrafrecht dazu, dass für Übertretungen eine längere Verjährungsfrist als für Vergehen desselben Gesetzes gelten würde, reduziert sich die für die Übertretungen geltende Verjährungsfrist entsprechend (E. 2.1). Bei Verwaltungsstrafverfahren gegen mehrere Beteiligte, die gleiche oder sich überschneidende Sachverhalte betreffen, ruht während eines von einem der Beteiligten angehobenen Rechtsmittelverfahrens gegen die Festsetzung der Leistungspflicht die strafrechtliche Verjährungsfrist gegenüber allen Mitbeteiligten (E. 2.2 und 3).

137 IV 99 (6B_844/2010) from 25. Januar 2011
Regeste: Art. 57 Abs. 1 PBG; Art. 51 TG; Fahrt ohne Fahrausweis. Nach dem Inkrafttreten des Personenbeförderungsgesetzes (PBG) ist nicht strafbar im Sinne von Art. 57 Abs. 1 PBG, wer ohne gültigen Fahrausweis eine Strecke benützt, auf der er den Fahrausweis nicht selbst hätte entwerten müssen, und dadurch auch nicht einer an ihn gerichteten Verfügung im Sinne von Art. 57 Abs. 1 lit. b PBG zuwiderhandelt (E. 1).

138 IV 13 (6B_345/2011) from 17. November 2011
Regeste: Grobe Verletzung von Sitte und Anstand in der Öffentlichkeit (Art. 19 des Strafrechts des Kantons Appenzell A.Rh.), "Nacktwandern"; Gesetzgebungskompetenz der Kantone auf dem Gebiet des Übertretungsstrafrechts (Art. 335 Abs. 1 StGB); Bestimmtheitsgebot (Art. 1 StGB); persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV); Verbotsirrtum (Art. 21 StGB); Strafbefreiung wegen fehlenden Strafbedürfnisses (Art. 52 StGB). Die Kantone sind gestützt auf Art. 335 Abs. 1 StGB befugt, das "Nacktwandern" im öffentlichen Raum unter Strafe zu stellen (E. 3). Eine Norm, welche demjenigen Strafe androht, der "öffentlich Sitte und Anstand grob verletzt", ist hinreichend bestimmt (E. 4). Das "Nacktwandern" kann willkürfrei als grobe Verletzung von Sitte und Anstand qualifiziert werden (E. 5). Der Tatbestand setzt nicht voraus, dass der "Nacktwanderer" auf einen Menschen trifft, der dadurch in seinem Anstandsgefühl verletzt wird (E. 6). Verletzung des Grundrechts der persönlichen Freiheit verneint (E. 7). Verbotsirrtum verneint (E. 8). Keine Strafbefreiung wegen fehlenden Strafbedürfnisses (E. 9).

138 IV 258 (1B_432/2011) from 20. September 2012
Regeste: Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG, Art. 115 ff. StPO, Art. 90 Ziff. 1 SVG; Begriff des Geschädigten bei Verkehrsunfällen ohne Körperschaden. Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid wegen Rechtsverweigerung (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG): Verzicht auf das Erfordernis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils (E. 1.1). Geschädigtenstellung nach Art. 115 Abs. 1 StPO als Voraussetzung für die Berechtigung zur Beschwerde in Strafsachen als Privatkläger (E. 2.1). Als geschädigte Person gilt, wer Träger des Rechtsguts ist, das durch die fragliche Strafbestimmung vor Verletzung oder Gefährdung unmittelbar geschützt werden soll (E. 2.2-2.4). Übersicht über die unterschiedlichen Lehrmeinungen zum Rechtsgut, das mit Art. 90 Abs. 1 SVG geschützt wird (E. 3). Unmittelbar geschützt ist der reibungslose Ablauf der Fortbewegung auf öffentlichen Strassen. Individualinteressen wie Leib und Leben oder das Eigentum bzw. Vermögen werden nur mittelbar geschützt (E. 3.1, 3.2 und 4.1). Hat eine Person bei einem Verkehrsunfall ausschliesslich einen materiellen Schaden erlitten, so ist sie im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO nicht in ihren Rechten unmittelbar verletzt. Sie ist somit gestützt auf Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG nicht zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert (E. 4).

139 I 72 (2C_484/2010) from 29. Juni 2012
Regeste: Art. 30, 32 und 96 BV, Art. 6 und 7 EMRK, Art. 15 UNO-Pakt II, Art. 2 Abs. 1bis, Art. 4 Abs. 2, Art. 7 Abs. 1 und 2 lit. b, Art. 26 ff. und 49a KG. Kartellrechtliche Sanktionen nach Art. 49a KG haben einen strafrechtlichen bzw. strafrechtsähnlichen Charakter. Die Garantien von Art. 6 und 7 EMRK sowie Art. 30 und 32 BV sind bei solchen Sanktionen anwendbar (E. 2). Anforderungen von Art. 6 EMRK können in einem Kartellsanktionsverfahren auch erst im Verwaltungsgerichtsverfahren erfüllt werden; Anforderungen an die Kognition des Verwaltungsgerichts (E. 4). Frage der genügenden Bestimmtheit von Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b KG für Sanktionen nach Art. 49a KG (E. 8). Relevanter Markt und marktbeherrschende Stellung (E. 9). Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen als missbräuchliches Verhalten (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b KG; E. 10).

139 I 180 (6B_182/2013) from 18. Juli 2013
Regeste: Art. 1, 74 f., 81 Abs. 1 und Art. 90 Abs. 3 StGB, Art. 7 und 10 BV, Art. 7 Ziff. 1 EMRK; Arbeitspflicht im Straf- und Massnahmenvollzug. Die Verpflichtung des Gefangenen zur Arbeit gilt unabhängig von seinem Alter (E. 1). Sie verletzt weder Bundes- noch Verfassungsrecht (E. 2). Die Arbeitspflicht für Eingewiesene gemäss Art. 90 Abs. 3 StGB dient dem Vollzug der Massnahme und stellt keine zusätzliche Bestrafung dar (E. 3).

140 IV 67 (6B_715/2012) from 6. Februar 2014
Regeste: Rassendiskriminierung (Herabsetzung; Art. 261bis Abs. 4 erste Hälfte StGB). Tatbestandsmässigkeit der Äusserungen "Sauausländer" und "Dreckasylant" verneint (E. 2).

141 IV 279 (6B_1029/2014) from 23. Juni 2015
Regeste: Art. 86 Abs. 1 lit. c HMG; Abgabe von Heilmitteln. Abgeben im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. c HMG ist das Übertragen eines verwendungsfertigen Heilmittels an den Endverbraucher. Endverbraucher ist, wer das Heilmittel an sich selbst, Drittpersonen oder Tieren anwendet. Keine Abgabe im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn der Tierhalter seinen Tieren Arzneimittel verabreicht (E. 1.3.3 und 1.4.2).

141 IV 360 (1B_175/2015) from 10. August 2015
Regeste: a Art. 12 BV und Art. 268 StPO; Beschlagnahme zur Kostendeckung. Bei der Beschlagnahme zur Kostendeckung müssen die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten berücksichtigt und Vermögenswerte ausgenommen werden, die nach den Art. 92-94 SchKG nicht pfändbar sind (Art. 268 Abs. 2 und 3 StPO). Diese Prüfung trägt dem Verhältnismässigkeitsprinzip und dem Grundrecht auf Gewährleistung des Existenzminimums Rechnung (E. 3.1).

141 IV 444 (6B_615/2015) from 29. Oktober 2015
Regeste: Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen gegen eine Einstellungsverfügung einer Person, die geltend macht, durch ein gegenüber einer kantonalen parlamentarischen Untersuchungskommission abgelegtes falsches Zeugnis in ihrer Ehre verletzt worden zu sein; Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 5 BGG; Art. 307, 309 und 335 Abs. 2 StGB. Die Ehre als ein durch Art. 307 StGB sekundär geschütztes Rechtsgut? Frage offengelassen (E. 3.2). Art. 307 und 309 StGB sind als bundesrechtliche Normen nicht anwendbar auf Aussagen eines Zeugen, welcher durch eine kantonale parlamentarische Untersuchungskommission vernommen wird (E. 3.3-3.5). Verweist das kantonale Recht auf Art. 307 und 309 StGB, sind die Bestimmungen lediglich unter dem Titel ergänzenden kantonalen Rechts anwendbar. In diesem Fall schützen die Normen weder private Interessen, insbesondere die Ehre, noch durchbrechen sie die bundesrechtlichen Schranken (Strafantragserfordernis und Antragsfrist), welche dem Schutz der Ehre gesetzt sind (E. 3.6). Beschwerdelegitimation vorliegend verneint (E. 3.7).

143 II 297 (2C_180/2014) from 28. Juni 2016
Regeste: Art. 2 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1-4, Art. 49a Abs. 1 KG; Art. 5 Abs. 1, Art. 96 BV; Art. 7 EMRK; Art. 23 Abs. 1 und 2 FHA; grundsätzlich erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung von Abreden nach Art. 5 Abs. 3 und 4 KG; Abreden, die in Art. 5 Abs. 3 und 4 KG aufgeführt und nach Art. 5 Abs. 1 KG unzulässig sind, unterliegen der Sanktion nach Art. 49a Abs. 1 KG. Grundlagen des Auswirkungsprinzips nach Art. 2 Abs. 2 KG und dessen völkerrechtliche Zulässigkeit (E. 3 und 8). Erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs auf einem Markt: Auslegung und Inhalt des Begriffs "Erheblichkeit"; Abreden nach Art. 5 Abs. 3 und 4 KG erfüllen danach grundsätzlich das Kriterium der Erheblichkeit nach Art. 5 Abs. 1 KG (E. 5.1-5.3). Auslegung des Begriffs "Beeinträchtigung"; es genügt, dass Abreden den Wettbewerb potentiell beeinträchtigen können (E. 5.4). Auslegung von Art. 5 Abs. 4 KG und dessen Anwendung auf den Sachverhalt. In casu liegt eine vertikale Vertriebs-Wettbewerbsabrede mit einem absoluten Gebietsschutz i.S. von Art. 5 Abs. 4 KG vor (E. 6). Eine Rechtfertigung durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gelingt nicht (E. 7). Sanktionierung nach Art. 49a KG: Die Passage "unzulässige Abreden nach Artikel 5 Absätze 3 und 4" in Art. 49a Abs. 1 KG verweist auf die in den beiden Absätzen aufgeführten Abreden (Bezugnahme auf den Abredetyp; E. 9.4). Art. 49a Abs. 1 KG verletzt Art. 7 EMRK nicht (E. 9.3 und 9.5). Sanktionierung in casu (E. 9.6 und 9.7).

143 IV 361 (6B_360/2016, 6B_361/2016) from 1. Juni 2017
Regeste: Art. 222 Abs. 1 StGB; fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst. Die beiden Beschuldigten hatten je zwei Feuerwerksraketen gezündet. Eine dieser vier Raketen verursachte eine Feuersbrunst. Es konnte nicht ermittelt werden, welcher der beiden Beschuldigten die brandauslösende Rakete gezündet hatte. Die Vorinstanz ging von einer gemeinsam vorgenommenen Gesamthandlung aus und verurteilte beide Beschuldigten wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst (E. 4.5). Die beiden Beschuldigten hatten zwar gemeinsam beschlossen, Feuerwerksraketen zu zünden. Im Übrigen blieb es aber jedem von ihnen überlassen, beim Anzünden der jeweiligen Rakete die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten zu beachten. Die fehlende Möglichkeit, einem von zwei Beschuldigten eine sorgfaltswidrige Erfolgsverursachung nachzuweisen, kann nicht zur Annahme einer strafrechtlichen Gesamtverantwortung führen (E. 4.9-4.11).

144 I 242 (6B_252/2017) from 20. Juni 2018
Regeste: Art. 6 OBG i.V.m. Art. 32 Abs. 1 und 35 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK; Unschuldsvermutung, nemo tenetur; Art. 6 OBG i.V.m. Art. 1, 102, 105 und 333 StGB, Art. 6 und 7 EMRK; Haltereigenschaft und Halterhaftung juristischer Personen für Übertretungen des Strassenverkehrsrechts; Legalitätsprinzip. Die in Art. 6 OBG statuierte Pflicht des seine Täterschaft bestreitenden Fahrzeughalters, den tatsächlichen Fahrzeugführer zu nennen oder die Busse zu bezahlen, verletzt weder die Unschuldsvermutung noch das Recht, sich nicht selber zu belasten (E. 1). Fahrzeughalter im Sinne von Art. 6 OBG können auch juristische Personen sein (E. 2). Art. 6 OBG enthält keine den allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches vorgehende, ausdrückliche Rechtsgrundlage zur Ausdehnung der Strafbarkeit von Unternehmen auf Übertretungen im Bereich des Strassenverkehrsrechts (E. 3).

144 II 194 (2C_63/2016) from 24. Oktober 2017
Regeste: Art. 5 Abs. 1-4, Art. 39, Art. 49a KG; Art. 33 Abs. 1 VwVG; Art. 7 EMRK; Art. 2-6 SVKG; Art. 11 Abs. 3 lit. a und b VKU; grundsätzlich erhebliche Wettbewerbsbeeinträchtigung von Abreden nach Art. 5 Abs. 3 und 4 KG; Abreden, die in Art. 5 Abs. 3 und 4 KG aufgeführt sind und nach Art. 5 Abs. 1 KG unzulässig sind, unterliegen der Sanktionierung nach Art. 49a KG (Bestätigung von BGE 143 II 297); Kriterien und Bemessung der Sanktionierung. Zulässigkeit einer den Wettbewerb erheblich beeinträchtigenden Abrede: Bestätigung von BGE 143 II 297 (E. 4.3); Anwendung auf den konkreten Fall (E. 4.4 und 4.5). Tatbestand von Art. 49a Abs. 1 KG und Subsumtion: Bestätigung von BGE 143 II 297 (E. 5.3); Anwendung auf den konkreten Fall (E. 5.4). Rechtsfolge von Art. 49a Abs. 1 KG (Sanktionierung): Kriterien für die Sanktionsbemessung und für die Ermittlung des Basisbetrags (E. 6.2). Prüfung der Kriterien für die Ermittlung des Basisbetrags im konkreten Fall (relevanter Markt: E. 6.3; Schwere und Art des Verstosses: E. 6.4).

144 IV 217 (6B_483/2016) from 30. April 2018
Regeste: Art. 49 Abs. 1 StGB; Konkurrenzen (Gesamtstrafenbildung). Die Bildung einer Gesamtstrafe in Anwendung des Asperationsprinzips nach Art. 49 Abs. 1 StGB ist nur möglich, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt. Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen (teilweise) abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht. Geld- und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB (sog. "konkrete Methode"; Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2.2, 3.3 und 3.4). Eine Gesamtstrafe in Anwendung des Asperationsprinzips setzt in Abgrenzung zum Absorptions- und Kumulationsprinzip voraus, dass das Gericht die (hypothetischen) Einzelstrafen sämtlicher Delikte (zumindest gedanklich) gebildet hat. Die Ausfällung einer Einheitsstrafe im Sinne einer Gesamtbetrachtung aller zu beurteilenden Delikte ist nicht möglich (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3.5). Der Gesetzgeber hat die Konkurrenzen in Art. 49 StGB abschliessend geregelt. De lege lata ist es weder möglich, eine Gesamtfreiheitsstrafe aus Geld- und Freiheitsstrafen noch aus mehreren Geldstrafen zu bilden (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 3.6).

145 IV 114 (6B_1314/2016, 6B_1318/2016) from 10. Oktober 2018
Regeste: Art. 1 und Art. 47 (in den ab 1. Juli 2004 und ab 1. Januar 2009 geltenden Fassungen) BankG; Unterstellung unter das Bankkundengeheimnis durch eine Tätigkeit für ein ausländisches Bankinstitut, welches einen Teil von Vermögensverwaltungsdienstleistungen einer schweizerischen Bank erbringt? Anwendbare Fassungen von Art. 47 BankG (E. 3.1). Zum Anwendungsbereich des BankG (E. 3.2). Persönlicher Geltungsbereich von Art. 47 Abs. 1 lit. a BankG (E. 3.3): Verhältnis des persönlichen und sachlichen Geltungsbereichs (E. 3.3.2). Prüfung der Eigenschaft eines "Angestellten" (E. 3.3.3) oder "Beauftragten" (E. 3.3.4) im Sinne dieser Strafbestimmung. Da im konkreten Fall weder das eine noch das andere zutrifft, entfällt eine Prüfung des räumlichen Geltungsbereichs (E. 3.4). Für einen Schuldspruch wegen Verletzung des Geschäftsgeheimnisses (Art. 162 StGB) bleibt kein Raum (E. 4).

145 IV 320 (6B_509/2018) from 2. Juli 2019
Regeste: Art. 19b Abs. 1 und 2 BetmG; Vorbereitungshandlungen im Zusammenhang mit einer geringfügigen Menge Cannabis. Art. 19b Abs. 1 BetmG, der die Strafbarkeit ausschliesst, wenn nur eine geringfügige Menge eines Betäubungsmittels für den eigenen Konsum vorbereitet wird, ist auch auf Jugendliche anwendbar (E. 1).

145 IV 329 (6B_49/2019) from 2. August 2019
Regeste: Art. 22 SpoFöG, Art. 1 StGB; Doping, Legalitätsprinzip. Der Begriff "Dopingzweck" wird vom Gesetzgeber und allgemeinen Sprachgebrauch hinreichend bestimmt und die Strafnorm in Art. 22 SpoFöG verletzt das Legalitätsprinzip nicht (E. 2.3.2). Art. 22 SpoFöG ist auch ausserhalb von Wettkämpfen anwendbar (E. 2.4.2).

145 IV 470 (6B_383/2019, 6B_394/2019) from 8. November 2019
Regeste: Art. 260ter StGB; kriminelle Organisation; Terrorismus; Legalitätsprinzip. Das Vorliegen einer kriminellen Organisation im Sinne von Art. 260ter StGB verlangt nicht für jeden Einzelfall den Nachweis einer der Organisation zuzurechnenden kriminellen Tat (E. 4.6). Grundsätze und historische Auslegung von Art. 260ter StGB. Die "Liberation Tigers of Tamil Eelam"-Bewegung gilt als Urheber diverser terroristischer Anschläge. Die Bewegung wurde in der Schweiz jedoch nie als terroristische Organisation eingestuft; dieser nahe stehende Gruppierungen konnten hier während Jahren Propaganda betreiben und finanzielle Mittel akquirieren (E. 4.7). Für Personen, die zugunsten der Bewegung Gelder und Güter/Hilfsmittel sammelten, war unter dem Blickwinkel des Legalitätsprinzips nicht vorhersehbar, dass sie sich nach Art. 260ter StGB strafbar machen könnten (E. 4.8).

145 IV 513 (6B_878/2018) from 29. Juli 2019
Regeste: Art. 2 lit. a, Art. 2a, Art. 19 Abs. 1 lit. a und d BetmG; Art. 1 Abs. 2 lit. a BetmVV-EDI und Anhang 5; Art. 1 StGB; Gesamt-THC-Gehalt von Cannabis; Legalitätsprinzip. Als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes werden unter anderem abhängigkeitserzeugende Stoffe des Wirkungstyps Cannabis bezeichnet. Der Gesetzgeber verweist zur Konkretisierung auf ein Verzeichnis des EDI (vgl. Art. 2 lit. a und Art. 2a BetmG), was das Bestimmtheitsgebot nicht verletzt. Gesetz und Verordnung legen die Messart des Gesamt-THC-Gehalts nicht fest. Dies verletzt das Legalitätsprinzip und das Bestimmtheitsgebot nicht. Beim Gesamt-THC-Gehalt handelt es sich um die Summe von THC und THC-Carbonsäure (E. 2.3).

146 II 217 (2C_985/2015) from 9. Dezember 2019
Regeste: Art. 7 Abs. 1 und 2, Art. 49a KG; Art. 7 EMRK; Art. 2-6 SVKG; Art. 5 Abs. 2, Art. 11 Abs. 3 lit. a und b der Verordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen; Voraussetzung und Missbräuchlichkeit einer Kosten-Preis-Schere; gesetzliche Grundlage; Kriterien und Bemessung der Sanktionierung. Missbräuchlichkeit einer Kosten-Preis-Schere (E. 5): strukturelle Voraussetzungen einer Kosten-Preis-Schere (E. 5.2); wettbewerbsrelevantes Verhalten ist die unzureichende Marge (E. 5.3), die mit einem Kosten-Preis-Vergleich beim marktbeherrschenden Unternehmen zu eruieren ist (E. 5.4); Nachweis einer missbräuchlichen Kosten-Preis-Schere (E. 5.5); zeitliche Dimension des Kosten-Preis-Vergleichs (E. 5.7). Rechtsanwendung: Art. 7 Abs. 1 KG ist verletzt (E. 6). Prüfung alternativer gesetzlicher Grundlagen (E. 7). Tatbestand von Art. 49a Abs. 1 KG und Subsumtion (E. 8): Abgleich zwischen Art. 7 EMRK und Art. 7 Abs. 1 KG (E. 8.3); Subsumtion (E. 8.5). Rechtsfolge von Art. 49a Abs. 1 KG (E. 9): Ermittlung (E. 9.2) und Erhöhung des Basisbetrags (E. 9.3); mildernde Umstände (E. 9.4).

147 I 57 (2C_92/2019) from 31. Januar 2020
Regeste: Art. 34 FINMAG; Art. 6, Art. 7 EMRK; Art. 14 Abs. 3 lit. g UNO-Pakt II; Art. 32 Abs. 1 BV. Die finanzmarktrechtliche Publikationsanordnung qualifiziert nicht als eine strafrechtliche Anklage bzw. eine Strafe im Sinne der Art. 6 und 7 EMRK. Entstehungsgeschichte der finanzmarktrechtlichen Publikationsanordnung (E. 2.1 und 2.2). Die Publikationsanordnung im neueren Recht der EU (E. 2.3). Abgrenzung verwaltungsrechtlicher und strafrechtlicher Sanktionen im Recht der EU im Lichte der Kompetenzabgrenzungen zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten (E. 2.4). Wandel der Reputationssanktion zu einem Instrument der Markttransparenz (E. 3). Die Realdurchsetzung der innerstaatlichen verwaltungsrechtlichen Ordnung über repressive verwaltungsrechtliche Sanktionen (E. 4.2). Abgrenzung repressiver verwaltungsrechtlicher Sanktionen von strafrechtlichen Sanktionen anhand der "Engel-Kriterien" (E. 4.3). Unschuldsvermutung und nemo-tenetur (E. 5.1). Vorliegen einer strafrechtlichen Anklage (Art. 6 EMRK) bzw. einer Strafe (Art. 7 EMRK) in Anwendung der "Engel-Kriterien" (E. 5.2). Eine auf Art. 34 FINMAG gestützte und angemessen zu befristende Publikation einer Unterlassungsanweisung erfüllt keines der "Engel-Kriterien", weshalb ein auf Erlass dieser Sanktion gerichtetes Verwaltungsverfahren keine strafrechtliche Anklage im Sinne von Art. 6 EMRK darstellt (E. 5.3-5.5).

147 II 72 (2C_149/2018) from 4. Februar 2021
Regeste: Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, 2 und 4, Art. 49a KG; Art. 7 EMRK; Art. 2-6 SVKG; Art. 13 Abs. 2 und Art. 18 Abs. 2 PBV; Art. 37 VGG i.V.m. Art. 49 lit. c VwVG; gesetzliche Grundlage einer abgestimmten Verhaltensweise; Anwendung auf eine Preisempfehlung. Gesetzliche Kriterien der abgestimmten Verhaltensweise (Abstimmung, Marktverhalten, Kausalzusammenhang); Abgrenzung zu Vereinbarungen und Parallelverhalten (E. 3). Preisempfehlung als abgestimmte Verhaltensweise (E. 4). Subsumtion des Verhaltens unter Art. 4 Abs. 1 KG (E. 5): Abstimmung, Marktverhalten (Befolgungsgrad), Kausalität, Bezwecken oder Bewirken einer Wettbewerbsbeschränkung. Unterscheidung zwischen zwei Arten von Befolgungsgraden (E. 5.3). Unzulässigkeit der Abrede nach Art. 5 Abs. 1 KG: Erheblichkeit, da die Empfehlung als Festpreisabrede wirkt (E. 6); keine Rechtfertigung durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz (E. 7). Sanktion (E. 8). Preisbekanntgabeverordnung bildet keine Rechtfertigungsgrundlage für Verhalten (E. 8.4.4); Sanktionsbemessung ist Ermessenssache, was die Vorinstanz, aber nicht das Bundesgericht überprüfen kann (E. 8.5).

 

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