Code de procédure pénale suisse
(Code de procédure pénale, CPP)

du 5 octobre 2007 (Etat le 1 juillet 2022)er


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Art. 429 Prétentions

1 Si le prévenu est ac­quit­té totale­ment ou en partie ou s’il béné­ficie d’une or­don­nance de classe­ment, il a droit à:

a.
une in­dem­nité pour les dépenses oc­ca­sion­nées par l’ex­er­cice rais­on­nable de ses droits de procé­dure;
b.
une in­dem­nité pour le dom­mage économique subi au titre de sa par­ti­cip­a­tion ob­lig­atoire à la procé­dure pénale;
c.
une ré­par­a­tion du tort mor­al subi en rais­on d’une at­teinte par­ticulière­ment grave à sa per­son­nal­ité, not­am­ment en cas de priva­tion de liber­té.

2 L’autor­ité pénale ex­am­ine d’of­fice les préten­tions du prévenu. Elle peut en­joindre à ce­lui-ci de les chif­frer et de les jus­ti­fi­er.

BGE

137 IV 352 (6B_365/2011) from 22. September 2011
Regeste: Schweizerische Strafprozessordnung, Übergangsrecht (Art. 448 und 453 Abs. 1 StPO), Entschädigung für Anwaltskosten bei Freispruch (Art. 426 und 430 Abs. 1 lit. a StPO). Anwendbarkeit der Schweizerischen Strafprozessordnung auf ein nach dem 1. Januar 2011 beurteiltes Entschädigungsgesuch (E.1.2). Hat ein Freigesprochener das Strafverfahren in rechtswidriger und schuldhafter Weise verursacht oder erschwert, kann eine Entschädigung für Anwaltskosten herabgesetzt oder verweigert werden (E. 2.1). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben (E. 2.4.1). Werden die Gerichtskosten der unterliegenden Partei auferlegt, ist grundsätzlich keine Entschädigung auszurichten. Bei Übernahme der Kosten durch die Staatskasse hat die beschuldigte Person einen Anspruch auf Entschädigung (E. 2.4.2).

139 IV 41 (1B_788/2012) from 5. Februar 2013
Regeste: Art. 3 EMRK, Art. 234 Abs. 1 und Art. 235 Abs. 1 StPO; Vollzug der Untersuchungshaft. Nicht jede Unregelmässigkeit bei der Untersuchungshaft (vorliegend ein 14-tägiger Aufenthalt in einer für eine Dauer von höchstens 48 Stunden ausgerichteten Zelle) rechtfertigt eine Haftentlassung (E. 2). Der Beschuldigte hat jedoch das Recht auf Prüfung der von ihm geltend gemachten schlechten Behandlung und gegebenenfalls auf unverzügliche entsprechende Feststellung (E. 3).

139 IV 102 (6B_310/2012) from 11. Dezember 2012
Regeste: Parteientschädigung der Privatklägerschaft bei Erlass eines Strafbefehls und Verweisung der Zivilforderungen auf den Zivilweg; Legitimation der Privatklägerschaft zur Einsprache gegen den Strafbefehl; Art. 353 Abs. 1 lit. g, Art. 354 Abs. 1 lit. b, Art. 416, Art. 432 Abs. 1 und Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO. Kommt es zu einer Verurteilung der beschuldigten Person durch Strafbefehl, obsiegt die Privatklägerschaft als Strafklägerin, weshalb sie für die ihr im Zusammenhang mit der Strafklage erwachsenen Kosten der privaten Verteidigung zu entschädigen ist (E. 4.3). Wird die Zivilklage auf den Zivilweg verwiesen, kann die Privatklägerschaft in ihrer Funktion als Zivilklägerin nicht als obsiegende und jedenfalls bei Erlass eines Strafbefehls auch nicht als unterliegende Partei gelten. Ausschliesslich mit der Zivilklage zusammenhängende Anwaltskosten oder anderweitige Auslagen der Privatklägerschaft, die einzig den Zivilpunkt betreffen, sind im Falle der Verweisung der Zivilklage auf den Zivilweg nicht im Strafverfahren zu entschädigen (E. 4.4). Die Privatklägerschaft ist als weitere Betroffene im Sinne von Art. 354 Abs. 1 lit. b StPO zur Einsprache legitimiert, wenn ihr im Strafbefehl eine Parteientschädigung ganz oder teilweise verweigert wurde (E. 5.2).

139 IV 168 (6B_651/2012) from 28. Februar 2013
Regeste: Art. 133 StGB; Raufhandel. Wer an einem Raufhandel teilnimmt, macht sich strafbar, unabhängig davon, ob er sich vor oder nach dem Tod oder der Verletzung eines Menschen daran beteiligt (E. 1.1).

139 IV 199 (6B_611/2012, 6B_693/2012) from 19. April 2013
Regeste: Entschädigung für die amtliche Verteidigung; Rechtsmittellegitimation der Staatsanwaltschaft; Rechtsmittelweg; Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG; Art. 81 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 lit. b, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 351 Abs. 1, Art. 381 f., Art. 394 lit. a, Art. 398 Abs. 1, Art. 422 Abs. 1 und 2 lit. a StPO. Die Staatsanwaltschaft kann die Höhe der Entschädigung für die amtliche Verteidigung mit Beschwerde in Strafsachen anfechten (E. 2). Entsprechend steht ihr auch der Rechtsmittelweg im Kanton offen (E. 4). Das Gericht hat über die Entschädigung des amtlichen Verteidigers im Sachurteil zu befinden. Die Staatsanwaltschaft und die anderen Parteien, die für die Kosten der amtlichen Verteidigung aufzukommen haben, müssen die Reduktion der Entschädigung im Berufungsverfahren verlangen, während sich der amtliche Verteidiger gegen die Höhe der Entschädigung mit Beschwerde zur Wehr setzen muss (E. 5).

139 IV 241 (6B_387/2013) from 8. Juli 2013
Regeste: Art. 310 StPO; Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO; Entschädigung bei Nichtanhandnahmeverfügung. Eine Entschädigung für die angemessene Ausübung der Verfahrensrechte im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO kommt auch im Falle einer Nichtanhandnahmeverfügung in Betracht (E. 1).

139 IV 261 (6B_151/2013) from 26. September 2013
Regeste: Art. 135 StPO; Entschädigung der amtlichen Verteidigung. Art. 135 Abs. 1 StPO regelt die Entschädigung der amtlichen Verteidigung mit Hinweis auf die anwendbaren Anwaltstarife des Bundes oder der Kantone. Sehen diese ein reduziertes Honorar vor, gelangt es unabhängig vom Prozessausgang zur Anwendung (E. 2).

141 IV 476 (6B_810/2014) from 18. August 2015
Regeste: Art. 429 Abs. 1 lit. a, Art. 432 Abs. 1 und 2 sowie Art. 436 Abs. 1 StPO; Einstellung des Verfahrens; Beschwerde der Privatklägerschaft; Entschädigung der beschuldigten Person im Beschwerdeverfahren. In BGE 139 IV 45 hat das Bundesgericht entschieden, dass es dem gesetzgeberischen Willen entspricht (vgl. Art. 432 Abs. 1 und 2 StPO), der Privatklägerschaft die Verteidigungskosten der beschuldigten Person aufzuerlegen, wenn nur die Privatklägerschaft die Berufung gegen einen erstinstanzlichen Freispruch erhebt. Diese Rechtsprechung ist restriktiv anzuwenden. Sie ist nur massgebend, wenn ein vollständiges gerichtliches Verfahren stattfand und der erstinstanzliche Entscheid einzig von der Privatklägerschaft weitergezogen wird. Hingegen ist sie nicht auf den Fall auszuweiten, bei welchem die Privatklägerschaft eine Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung erhebt (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 1).

142 IV 18 (6B_473/2015) from 2. Dezember 2015
Regeste: Art. 173 und Art. 178 Abs. 1 i.V.m. Art. 98 lit. a StGB; üble Nachrede begangen durch einen im Internet publizierten Text, Verfolgungsverjährung. Die üble Nachrede, begangen durch eine ehrverletzende Äusserung in einem Blog auf einer Internetseite, ist ein Zustandsdelikt (E. 2.3-2.6). Die Verfolgungsverjährung beginnt mit der Publikation (E. 2.7).

142 IV 42 (6B_958/2015) from 24. November 2015
Regeste: Art. 429 StPO; Entschädigung der beschuldigten Person, die über eine Rechtsschutzversicherung verfügt. Einer beschuldigten Person die Entschädigung bei Einstellung des Verfahrens alleine deswegen zu verweigern, weil sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, verstösst gegen Art. 429 StPO (E. 2).

142 IV 163 (6B_928/2014) from 10. März 2016
Regeste: Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO; Entschädigung der beschuldigten Person bei Freispruch; Verteidigungskosten. Das Anwaltshonorar bestimmt sich nach dem Entschädigungstarif des Gerichtsstands. Das Reglement des Bundesstrafgerichts über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren sieht einen Stundenansatz von Fr. 200.- bis Fr. 300.- als Anwaltshonorar vor (E. 3.1). Der (Zeit-)Aufwand der Verteidigung in Rechtsmittelverfahren ist getrennt von demjenigen des Vor- und Hauptverfahrens zu entschädigen (Art. 436 StPO) und ist nicht in der Entschädigung gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO enthalten (E. 3.2.2).

142 IV 237 (6B_1061/2014) from 18. April 2016
Regeste: Art. 429 Abs. 1 lit. b StPO; Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen. Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen, hat der Staat den gesamten Schaden wiedergutzumachen, der mit dem Strafverfahren in einem adäquaten Kausalzusammenhang steht (E. 1.3.1). Nicht erforderlich ist, dass die wirtschaftliche Einbusse der beschuldigten Person auf eine bestimmte Verfahrenshandlung zurückzuführen ist (E. 1.3.3). Auch der durch den Verlust der Arbeitsstelle entstandene Schaden ist grundsätzlich zu entschädigen (E. 1.3.4). Ansprüche auf Entschädigung und Genugtuung beurteilen sich grundsätzlich nach der im Zeitpunkt ihres Entstehens massgebenden Rechtsgrundlage. Es kann ausnahmsweise zulässig sein, den gesamten Anspruch nach dem neuen Recht zu beurteilen, sofern dieses für die beschuldigte Person nicht nachteiliger ist (E. 1.4). Die Strafbehörden tragen keine Verantwortung für ein Fehlverhalten anderer Behörden. Adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Strafverfahren und der sachlich nicht gerechtfertigten Entlassung eines Lehrers verneint (E. 1.5.3).

143 IV 293 (6B_648/2016) from 4. April 2017
Regeste: Art. 442 Abs. 4 StPO; Verrechnung; zuständige Behörde. Nicht nur die mit dem Inkasso beauftragte Behörde, sondern auch die Strafbehörde, ist zuständig, um die Verrechnung gemäss Art. 442 Abs. 4 StPO zu erklären. Bei der Verrechnung mit beschlagnahmten Vermögenswerten im Sinne von Art. 442 Abs. 4 StPO ist die Strafbehörde alleine zuständig (vgl. Art. 267 Abs. 3 und Art. 268 StPO) (E. 1).

143 IV 339 (6B_478/2016) from 8. Juni 2017
Regeste: Art. 215, 217 ff., 429 Abs. 1 lit. c StPO; Art. 51, 110 Abs. 7 StGB; Dauer der Einschränkung der Bewegungsfreiheit, welche einen Entschädigungsanspruch wegen ungerechtfertigten Freiheitsentzugs begründet. Erstreckt sich eine Anhaltung mit anschliessender vorläufiger Festnahme über eine Gesamtdauer von mehr als drei Stunden, stellt dies einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar und kann Entschädigungsansprüche zur Folge haben. Bei der Berechnung dieser Dauer ist die für eine allfällige formelle Einvernahme verwendete Zeit nicht zu berücksichtigen. Ausschlaggebend ist einzig die Dauer, während der sich der Betroffene den Behörden zur Verfügung halten muss (E. 3).

143 IV 373 (6B_934/2016) from 13. Juli 2017
Regeste: Art. 29 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 5 Abs. 1 StPO; Kaskade möglicher Folgen einer Verletzung des Beschleunigungsgebots; Bestätigung der Rechtsprechung. Die Folgen einer Verletzung des Beschleunigungsgebots sind meistens die Strafreduktion, manchmal der Verzicht auf Strafe oder, als ultima ratio in Extremfällen, die Einstellung des Verfahrens (E. 1.4.1). Ein Verzicht auf Verfahrenskosten oder deren Reduktion kommt ebenso wie eine Genugtuung nur in Frage, wenn die Verletzung des Beschleunigungsgebots derart schwer wiegt, dass das Verfahren einzustellen ist (Prinzip der Akzessorietät der Kosten; E. 1.4.2). Aufgrund der Andersartigkeit von Strafen und Massnahmen kann eine Strafreduktion auch dann eine angemessene Wiedergutmachung einer Verletzung des Beschleunigungsgebots darstellen, wenn sich die beschuldigte Person bereits im vorzeitigen Massnahmenvollzug befand (E. 1.4).

143 IV 495 (6B_47/2017) from 13. Dezember 2017
Regeste: Art. 433 StPO; Rechtsnatur der Entschädigung für die notwendigen Aufwendungen der Privatklägerschaft im Verfahren; Schadenszins. Die auf Art. 433 Abs. 1 StPO gestützte Entschädigung bezweckt nicht den Ersatz des von der Privatklägerschaft als Folge der strafbaren Handlung erlittenen Schadens, sondern die Rückerstattung ihrer Aufwendungen. Ebenso wie bei der Entschädigung gestützt auf Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO fallen bei der Entschädigung gemäss Art. 433 Abs. 1 StPO keine Zinsen an (E. 2.2.4).

144 IV 1 (6B_735/2016) from 24. Oktober 2017
Regeste: Art. 70 StGB; Art. 376 StPO; selbständiges Einziehungsverfahren; Einziehung zukünftiger wirtschaftlicher Vorteile. Voraussetzungen des selbständigen Einziehungsverfahrens, insbesondere wenn dieses nach dem Strafverfahren durchgeführt wird (selbständige Einziehung nach dem Strafverfahren; E. 4.1). Eine Einziehungsverfügung im Sinne von Art. 70 Abs. 1 StGB kann auch zukünftige, zeitlich und quantitativ genügend bestimmbare wirtschaftliche Vorteile, nicht aber einfache Gewinnaussichten oder Anwartschaften, betreffen (E. 4.2). In diesem Zusammenhang ermöglicht es die in Art. 70 Abs. 5 StGB vorgesehene Befugnis des Gerichts, den Umfang der einzuziehenden Vermögenswerte zu schätzen, auf die ausdrückliche Bezifferung des Betrags zu verzichten, wenn der Vermögenswert genügend präzise abgegrenzt und bestimmt werden kann (E. 4.4). Wenn die Einziehung der zukünftigen wirtschaftlichen Vorteile unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze bereits im Strafverfahren hätte verfügt werden können, ist die selbständige Einziehung nach dem Strafverfahren mit dem Grundsatz ne bis in idem nicht vereinbar und kann nicht angeordnet werden (E. 4 und 5).

144 IV 207 (6B_1099/2017) from 1. Mai 2018
Regeste: Art. 429 Abs. 1 StPO; Entschädigung. Die Strafbehörde hat im Endentscheid über die Entschädigung der beschuldigten Person zu befinden. Unterlässt sie dies, so hat sich die beschuldigte Person dagegen auf dem Rechtsmittelweg zu wehren (E. 1.7).

144 IV 212 (6B_956/2017) from 18. April 2018
Regeste: Art. 442 Abs. 4 StPO; Art. 120 ff. OR; Verrechnung. Befugnis der Vollzugsbehörde zur Verrechnung von Forderungen aus einer Geldstrafe und den Verfahrenskosten mit aus einem anderen Strafverfahren resultierenden Ansprüchen derselben beschuldigten Person auf Entschädigung für deren Verteidigungskosten (E. 2).

144 IV 386 (6B_18/2018) from 20. September 2018
Regeste: Art. 93 Abs. 2 lit. a SVG, Art. 68 Abs. 5 VRV, Art. 7 VTS; Kombination eines leichten Sattelschleppers mit einem Sattelanhänger, die den Vorschriften betreffend Gewicht nicht entspricht. Art. 68 Abs. 5 VRV muss im Zusammenhang mit Art. 7 Abs. 4 und 6 VTS ausgelegt werden (E. 2.2). Sattelanhänger dürfen an leichten Sattelschleppern nur mitgeführt werden, wenn das im Fahrzeugausweis eingetragene Gesamtgewicht der Fahrzeugkombination nicht überschritten wird. Ein nicht betriebssicheres Fahrzeug liegt vor, wenn die Kombination diesen Vorschriften nicht entspricht. Es setzt nicht voraus, dass der Zug überladen ist (E. 2.2.3).

145 IV 23 (6B_805/2017) from 6. Dezember 2018
Regeste: Art. 261bis Abs. 4 zweiter Satzteil StGB, Art. 16 BV und Art. 10 EMRK; Rassendiskriminierung, Leugnung von Völkermord, Beweggrund; Freiheit der Meinungsäusserung. Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 zweiter Satzteil StGB setzt in subjektiver Hinsicht einen diskriminierenden Beweggrund voraus (E. 2.3). Hinweis auf das Urteil des EGMR Perinçek gegen Schweiz und Anwendung der entsprechenden Beurteilungskriterien zur Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit auf den konkreten Fall (E. 5).

145 IV 94 (6B_822/2018) from 7. Dezember 2018
Regeste: Entschädigung bei Freispruch infolge Schuldunfähigkeit (Art. 429 StPO). Die beschuldigte Person, die als Folge ihrer Schuldunfähigkeit freigesprochen wurde, hat Anspruch auf eine Entschädigung gemäss Art. 429 StPO (E. 1). Diese Entschädigung kann herabgesetzt oder verweigert werden, wenn die betroffene Person die Kosten des Verfahrens in Anwendung von Art. 419 StPO vollständig oder teilweise trägt (E. 2).

146 IV 231 (6B_491/2020) from 13. Juli 2020
Regeste: Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO; Anspruch auf Genugtuung bei ungerechtfertigtem Freiheitsentzug. Eine Anhaltung gefolgt von einer Festnahme, die sich auf eine Gesamtdauer von mehr als drei Stunden erstreckt, stellt einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar, der Entschädigungsansprüche zur Folge haben kann (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2.3.2). Ein Freiheitsentzug von über 18 ½ Stunden begründet einen Entschädigungsanspruch (E. 2.4). Eine erhebliche Darstellung in den Medien kann auch ohne Namensnennung eine Persönlichkeitsverletzung darstellen. Sie ist grundsätzlich geeignet, einen Entschädigungsanspruch zu begründen (E. 2.6.1), ebenso die Verletzung des Beschleunigungsgebots (E. 2.6.2).

146 IV 258 (6B_1406/2019) from 19. Mai 2020
Regeste: Art. 251 Ziff. 1 StGB; Falschbeurkundung (inhaltlich unrichtiger Kaufvertrag). Ein in einfacher Schriftform abgefasster Vertrag mit unrichtigem Inhalt erfüllt den Tatbestand der Falschbeurkundung grundsätzlich nicht, da ihm keine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt, soweit nicht besondere Garantien dafür bestehen, dass die beiden übereinstimmend abgegebenen Erklärungen der Vertragsparteien ihrem wirklichen Willen entsprechen (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 1.1 und 1.2). Anwendung im konkreten Fall (E. 1.2). Die Tatsache, dass das Dokument vom Buchhalter des Verkäufers erstellt wurde, genügt nicht, damit ihm eine erhöhte Glaubwürdigkeit im Sinne der Rechtsprechung zukommt (E. 1.2.4). Ein simulierter Kaufvertrag stellt auch keine Falschbeurkundung dar, wenn er einzig dazu dienen sollte, die Ehefrau des Verkäufers im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung zu täuschen (E. 1.2.5-1.2.7).

146 IV 332 (6B_130/2020) from 17. September 2020
Regeste: Art. 429 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 StPO; Entschädigungsanspruch bei Verfahrenseinstellung. Wird ein Strafverfahren eingestellt, hat die beschuldigte Person gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO Anspruch auf eine Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verteidigungsrechte. Gemäss Art. 429 Abs. 2 StPO muss die Strafbehörde den Entschädigungsanspruch von Amtes wegen prüfen. Sie hat die Parteien zur Frage mindestens anzuhören und gegebenenfalls aufzufordern, ihre Ansprüche zu beziffern und zu belegen. Die beschuldigte Person trifft insofern eine Mitwirkungspflicht. Fordert die Behörde die beschuldigte Person auf, ihre Ansprüche zu beziffern und reagiert diese nicht, kann von einem (impliziten) Verzicht auf eine Entschädigung ausgegangen werden (E. 1.3). Eine Entschädigung kann in einem späteren Verfahrensschritt nicht mehr geltend gemacht werden (E. 1.4).

147 IV 47 (6B_582/2020) from 17. Dezember 2020
Regeste: a Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG; Art. 426 Abs. 2, Art. 433 Abs. 1 lit. b StPO; Beschwerdelegitimation der Privatklägerschaft bezüglich der Kostentragungspflicht einer beschuldigten Person, deren Verfahren eingestellt wurde. Das rechtlich geschützte Interesse der Privatklägerschaft ist gegeben, weil der Entscheid über die Kostentragung die Entschädigungsfrage präjudiziert (E. 4.1).

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