Bundesgesetz über den Datenschutz

vom 19. Juni 1992 (Stand am 1. März 2019)


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Art. 9 Einschränkung des Auskunftsrechts

1Der In­ha­ber der Da­ten­samm­lung kann die Aus­kunft ver­wei­gern, ein­schrän­ken oder auf­schie­ben, so­weit:

a.
ein Ge­setz im for­mel­len Sinn dies vor­sieht;
b.
es we­gen über­wie­gen­der In­ter­es­sen Drit­ter er­for­der­lich ist.

2Ein Bun­des­or­gan kann zu­dem die Aus­kunft ver­wei­gern, ein­schrän­ken oder auf­schie­ben, so­weit:

a.
es we­gen über­wie­gen­der öf­fent­li­cher In­ter­es­sen, ins­be­son­de­re der in­ne­ren oder äus­se­ren Si­cher­heit der Eid­ge­nos­sen­schaft, er­for­der­lich ist;
b.
die Aus­kunft den Zweck ei­ner Stra­fun­ter­su­chung oder ei­nes an­dern Un­ter­su­chungs­ver­fah­rens in Fra­ge stellt.

3So­bald der Grund für die Ver­wei­ge­rung, Ein­schrän­kung oder Auf­schie­bung ei­ner Aus­kunft weg­fällt, muss das Bun­des­or­gan die Aus­kunft er­tei­len, aus­ser dies ist un­mög­lich oder nur mit ei­nem un­ver­hält­nis­mäs­si­gen Auf­wand mög­lich.

4Der pri­va­te In­ha­ber ei­ner Da­ten­samm­lung kann zu­dem die Aus­kunft ver­wei­gern, ein­schrän­ken oder auf­schie­ben, so­weit ei­ge­ne über­wie­gen­de In­ter­es­sen es er­for­dern und er die Per­so­nen­da­ten nicht Drit­ten be­kannt gibt.

5Der In­ha­ber der Da­ten­samm­lung muss an­ge­ben, aus wel­chem Grund er die Aus­kunft ver­wei­gert, ein­schränkt oder auf­schiebt.


1 Fas­sung ge­mä­ss Ziff. 3 des BG vom 19. März 2010 über die Um­set­zung des Rah­men­be­schlus­ses 2008/977/JI über den Schutz von Per­so­nen­da­ten im Rah­men der po­li­zei­li­chen und jus­ti­zi­el­len Zu­sam­men­ar­beit in Strafsa­chen, in Kraft seit 1. Dez. 2010 (AS 2010 3387 3418; BBl 2009 6749).

BGE

122 I 153 () from 19. Juni 1996
Regeste: Art. 4 BV, Einsicht in Psychiatrie-Krankengeschichte, Datenschutz. Das Patientenverhältnis in der Psychiatrischen Klinik Schlössli ist in bezug auf den Datenschutz öffentlichrechtlicher Natur. Es findet nicht das eidgenössische Datenschutzgesetz, sondern das kantonale Recht Anwendung (E. 2). Es sind keine Anzeichen für eine Unvollständigkeit der Krankengeschichte ersichtlich (E. 4). Das Abdecken der Informationen in der Krankengeschichte, die von Personen ausserhalb der Klinik stammen, hält vor dem kantonalen Recht stand (E. 5). Der nach Art. 4 BV garantierte Anspruch auf Einsicht in die Akten eines abgeschlossenen Verfahrens hängt von einem schutzwürdigen Interesse und von einer umfassenden Abwägung der entgegenstehenden öffentlichen und privaten Interessen ab (E. 6a). In Würdigung aller Umstände überwiegt im vorliegenden Fall das Interesse am Abdecken der Informationen von nicht zur Klinik stammenden Personen (E. 6b-6d).

123 II 534 () from 26. November 1997
Regeste: Art. 8 DSG; Art. 98 UVG; Auskunftsrecht einer Versicherten über ihre bei der Unfallversicherung vorhandenen Personendaten. Zuständigkeiten des Bundesgerichts bzw. des Eidgenössischen Versicherungsgerichts für Verwaltungsgerichtsbeschwerden bezüglich datenschutzrechtlicher Ansprüche gegen einen Unfallversicherer (E. 1). Der in Art. 8 DSG enthaltene Anspruch auf Auskunft über Personendaten besteht unabhängig von versicherungsrechtlichen Ansprüchen und kann selbständig geltend gemacht werden (E. 2). Die Modalitäten der Auskunft richten sich nach Datenschutzgesetz, nicht nach Art. 98 UVG bzw. Art. 123 UVV (E. 3).

125 II 321 () from 5. Juli 1999
Regeste: Art. 128 KVV, 8 DSG, 1 und 2 VDSG; Art. 63 VwVG; Einsicht des Versicherten in sein Krankenkassendossier. Der Versicherte hat grundsätzlich das Recht, gegen eine eventuelle Kostenbeteiligung, eine Kopie seines Dossiers zu erhalten. Er muss sich ohne sein Einverständnis nicht mit der Einsicht in das Dossier am Geschäftssitz des Versicherers oder einer nur mündlichen Auskunftserteilung begnügen (E. 3). Auferlegung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten (E. 4).

125 II 473 () from 1. September 1999
Regeste: Art. 4 BV; Art. 8 DSG und Art. 9 DSG; Anspruch auf Einsicht in interne Akten. Das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht gemäss Art. 8 DSG deckt sich nicht mit dem verfahrensrechtlichen Akteneinsichtsrecht gemäss Art. 4 BV (E. 4a). Der Auskunftsanspruch gemäss Art. 8 DSG erstreckt sich auch auf interne Akten in einem Verwaltungsverfahren (E. 4b). Voraussetzungen der Verweigerung der Akteneinsicht gemäss Art. 9 DSG. Die Einsicht in interne Akten in einem Verwaltungsverfahren darf nicht generell, d.h. ohne nähere Prüfung der fraglichen Dokumente verweigert werden (E. 4c).

138 I 6 (1C_289/2009) from 2. November 2011
Regeste: Recht auf Achtung des Privatlebens, Einsicht in Staatsschutzakten, indirektes Auskunftsrecht; Art. 8 und 13 EMRK, Art. 82 lit. a und Art. 83 lit. a BGG. Die Mitteilung des Abteilungspräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne von Art. 18 des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) kann im vorliegenden Zusammenhang nach Art. 82 lit. a BGG angefochten werden (E. 1.2). In Anbetracht der gerichtlichen Überprüfung durch den EGMR kann im Bereich der inneren und äusseren Sicherheit gestützt auf Art. 83 lit. a BGG auf die Beschwerde eingetreten werden (E. 1.3.2). Hinweise zur Beschaffung und Bearbeitung von Informationen im Bereich des Staatsschutzes und zum indirekten Auskunftsrecht nach BWIS (E. 3). Recht auf Achtung des Privatlebens im Sinne von Art. 8 Ziff. 1 EMRK (E. 4.1); Anforderungen an Eingriffe nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK in formeller und materieller Hinsicht (E. 4.2 und 4.3). Das BWIS stellt eine hinreichende Grundlage für die Beschaffung und Bearbeitung von Informationen und für den Aufschub der Einsicht in der Form des indirekten Auskunftsrechts dar (E. 5.2); es genügt den Bestimmtheitsanforderungen (E. 5.3), enthält Mechanismen zum Schutz der Grundrechte (E. 5.4), dient zulässigen Zwecken (E. 5.5) und erweist sich als verhältnismässig (E. 5.6). Recht auf wirksame Beschwerde im Sinne von Art. 13 EMRK (E. 6.1); Zulässigkeit von geheimer Überwachung und geheimer Aufbewahrung von Personendaten, Anforderungen an den Aufschub der Auskunft (E. 6.2). Die Ausgestaltung des indirekten Auskunftsrechts, die Beschränkung der Datenaufbewahrung und die parlamentarische Aufsicht stellen Mechanismen zum Schutz der Grundrechte dar (E. 7.1-7.3); Empfehlungen gegenüber den zuständigen Behörden im Rahmen der geheimen Überprüfung kommt verbindlicher Charakter zu (E. 7.4); Anforderungen an die Auskunftserteilung nach Dahinfallen der Geheimhaltungsinteressen (E. 7.5); gesamthaft hält die BWIS-Regelung vor Art. 13 EMRK stand; Rückweisung der Sache zu neuer Prüfung im Sinne der Erwägungen (E. 7.7).

138 III 425 (4A_688/2011) from 17. April 2012
Regeste: Art. 2 Abs. 2 lit. c, Art. 8 und 9 aAbs. 3 (in der seit 1. Dezember 2010 geltenden Fassung: Abs. 4) DSG, Art. 2 ZGB. Verpflichtung einer Bank zur Auskunftserteilung über bankinterne Personendaten betreffend Kunden. Anwendungsbereich des Datenschutzgesetzes im Vorfeld eines Zivilprozesses, namentlich wenn der Vorwurf einer verpönten Beweisausforschung erhoben wird, und Verhältnis zur Möglichkeit, eine vorsorgliche Beweisaufnahme zu beantragen (E. 4). Prüfung, ob das Auskunftsbegehren im Lichte der Ziele des Datenschutzgesetzes in zweckwidriger und damit rechtsmissbräuchlicher Weise ausgeübt wird (E. 5). Eigene überwiegende Interessen des Inhabers der Datensammlung, die eine Verweigerung der Auskunft rechtfertigen, sind in casu nicht dargetan (E. 6).

141 III 119 (4A_406/2014, 4A_408/2014) from 12. Januar 2015
Regeste: Art. 8 Abs. 5, Art. 9 Abs. 1 und 4 DSG, Art. 1 Abs. 3 VDSG, Art. 47 BankG; Verpflichtung einer Bank, ihren (ehemaligen) Angestellten über die sie betreffenden persönlichen Daten, die an die amerikanischen Behörden übermittelt wurden, schriftlich Auskunft zu erteilen. Die Bank (Inhaberin der Datensammlung) kann sich vorliegend nicht auf eine Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinne (vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG) berufen, um gegenüber den Angestellten die Herausgabe von Kopien der strittigen Daten zu verweigern (E. 5). Ein überwiegendes Interesse Dritter im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. b DSG fehlt (E. 6). Eine Interessenabwägung im Sinne von Art. 9 Abs. 4 DSG ergibt, dass im vorliegenden Fall das Interesse der Angestellten, eine Kopie der strittigen Daten zu erhalten, dasjenige der Bank überwiegt, das Auskunftsrecht der Angestellten einzuschränken (E. 7). Frage offengelassen, ob ausser den in Art. 1 Abs. 3 VDSG vorgesehenen Fällen andere Ausnahmen vom Grundsatz der schriftlichen Auskunftserteilung in Betracht kommen, nachdem die Bank keinen konkreten Umstand geltend macht, der einer Herausgabe einer Kopie der streitbetroffenen Daten entgegenstünde (E. 8).

144 I 126 (1C_598/2016) from 2. März 2018
Regeste: Speicherung und Aufbewahrung von Randdaten der Telekommunikation. Streitgegenstand bildet die verwaltungsrechtliche Frage, ob die Speicherung und Aufbewahrung von mit dem Fernmeldeverkehr verbundenen Randdaten konform mit der Verfassung bzw. der EMRK sind (E. 2.2). Art. 15 Abs. 3 des bis zum 28. Februar 2018 geltenden Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (aBÜPF) verpflichtete die Fernmeldedienstanbieter - gleich wie das heute geltende BÜPF -, die für die Teilnehmeridentifikation notwendigen Daten sowie die Verkehrs- und Rechnungsdaten ihrer Kunden zu speichern und während sechs Monaten aufzubewahren (E. 3). Die Speicherung und die Aufbewahrung von Randdaten stellen einen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen dar, insbesondere in das Recht auf Achtung des Privatlebens, das den Anspruch auf informationelle Selbstbestimmung miteinschliesst (E. 4). Die Intensität dieses Grundrechtseingriffs ist allerdings zu relativieren: Die gespeicherten Daten betreffen nicht den Inhalt der Kommunikation und werden von den Fernmeldeunternehmen weder gesichtet noch miteinander verknüpft; für einen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden müssen die qualifizierten gesetzlichen Voraussetzungen der Strafprozessordnung erfüllt sein (E. 5). Art. 15 Abs. 3 aBÜPF bildete für die Randdatenspeicherung eine hinreichende gesetzliche Grundlage (E. 6). Die Randdatenspeicherung und -aufbewahrung dient namentlich der Aufklärung von Straftaten; damit liegt ein gewichtiges öffentliches Interesse vor (E. 7). Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen sehen wirksame und angemessene Garantien zum Schutz vor Missbrauch und behördlicher Willkür vor. Unter diesen Rahmenbedingungen ist auch die sechsmonatige Aufbewahrungsdauer verhältnismässig (E. 8).

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